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Fanfiction

Harry Potter und das Geheimnis seiner Ahnen - ...Opfer

von Eosphoros

27. ...Opfer


"Ich werde nicht hier warten und darauf hoffen, dass Dumbledore mir die Wahrheit sagt. Hast du denn nicht bemerkt, dass er immer noch etwas verschweigt?", zischte Harry.

Sie hatten vor etwa zwei Stunden Dumbledores Büro verlassen und waren in den Gemeinschaftsraum gegangen. Doch Harry hatte nicht schlafen können. Also war er aus seinem Bett gekrochen, hatte sich wieder angezogen und war mit dem Tarnumhang ins Kaminzimmer geschlichen. Gerade, als er den Gryffindorturm durch das Portrait verlassen wollte, hatte sich Ginny aus einem der Sessel erhoben und Harry zur Rede gestellt. Offenbar hatte das Mädchen ebenfalls nicht schlafen können. Nun standen sich beide mit wütend blitzenden Augen gegenüber.

"Du hast keine andere Wahl, Harry. Glaubst du, dass du nach dieser Traumattacke noch nächtliche Spaziergänge unternehmen solltest?"

"Ginny! Es geht mir gut!", fauchte Harry leise. Er hatte es satt, dass ihm jeder, jetzt sogar noch Ginny, vorschreiben wollte, was er zu tun und zu lassen hatte. Er war kein kleines Baby mehr, sondern sechzehn, sogar ein Jahr älter als Ginny. Und nun stand sie mit einem Buch in der Hand vor ihm und wollte ihn aufhalten. Dabei war es wichtig, sehr wichtig sogar, dass er umgehend zu Dumbledore kam. Ihm brannten noch mindestens ein Dutzend Fragen auf der Zunge und der Direktor war abgesehen von Tante Artemis der einzige, der sie beantworten konnte. Doch seine Tante konnte er nicht aufsuchen. Sie wohnte im Dorf, wahrscheinlich bei Madam Rosmerta und so verrückt war Harry nun auch wieder nicht, bei Nacht das Schloss zu verlassen. Der erste Schock nach der Ankündigung, sein Urahne sei der Lehrer der Gründer gewesen, war verflogen. Eigentlich hätte er so etwas wie Stolz empfinden müssen, doch das tat er nicht. Slytherin war einer der mächtigsten Schwarzmagier gewesen, den es je in der Geschichte der Zaubererwelt gegeben hatte, mal ganz abgesehen von Voldemort. Er war wütend, zornig und enttäuscht. Hatte seine Tante ihm nicht erzählt, dass die Lilienwoods ausgesprochen nette, liebe und hilfsbereite Menschen gewesen waren? Hatte sie nicht auch gesagt, dass sie sogar eine der letzten Feen in ihre Familie geholt hatten?

Nach dem Gespräch mit Dumbledore und seiner Tante, nach dieser obskuren Ankündigung, hatte er begonnen nachzudenken und war zu dem Schluss gelangt, dass nicht alles in seiner Familie, der Familie Lilienwood, so rein war, wie es den Anschein hatte. Die Sequenz eines Traumes fiel ihm ein, den er vor diesem letzten gehabt hatte. Hatte sein Vater sich nicht für das Erbe der Lilienwoods geschämt? Allmählich verstand Harry. Seine erste Empörung, so unverständlich sie vielen auch gewesen sein musste, stützte sich auf dieses ungute Gefühl, das ihn heimlich und unbemerkt beschlichen hatte.

Artemis Lilienwood hätte mit ihrem Ansehen und mit ihren Kontakten es durchaus schaffen können, ihm ein besseres Leben zu ermöglichen. So hätte sie ihm sogar die Gelegenheit gegeben, sich nach und nach in der Welt der Magie einzuleben. Die Frage war, ob sie es tatsächlich auch gewollt und versucht hatte.

"... du im Augenblick keine Kopfschmerzen hast und dir nicht schwindelig ist, geht es dir noch lange nicht gut!", fauchte Ginny flüsternd zurück und warf das Buch dumpf auf den nächsten Tisch. Harry stutzte leicht. Er hatte Ginny nicht wirklich zugehört, sondern war seinen düsteren Gedanken gefolgt.

Harry rollte mit den Augen. Er holte Luft und wollte ihr gerade klar machen, dass er keinen Babysitter brauchte, als er hörte, wie jemand die Treppen hinunterkam. Er packte die Schwester seines besten Freundes an den Schultern und zog sie in eine Ecke des Gemeinschaftsraumes, die schattig und weit ab vom Kamin lag. Er presste sie an die Wand und versuchte den Tarnumhang, soweit es möglich war, über sich und das Mädchen zu drapieren. An Ginnys Augen sah er, dass sie den Raum aufmerksam musterte. Irgendwie irritierte ihn ihre Nähe, ihren hastig gehenden Atem spürte er nur allzu deutlich an seiner Kehle.

°
°

Ginny brauchte wenig Schlaf, worum Hermine sie beneidete. Also hatte sie es sich - um ihre Mitschülerinnen nicht zu stören - mit einem Buch im Gemeinschaftsraum bequem gemacht und überbrückte die Zeit, die ihr bis zu ihrer Schlafenszeit noch bliebt, mit etwas Sinnvollem. Zudem befürchtete sie, dass es einen gewissen Jemand ebenfalls nicht im Bett halten würde.

Dann hatte Ginny geglaubt ihren Augen nicht zu trauen, als sie Harry leise die Treppe hinunterkommen sah. Ihr Instinkt hatte sie also nicht getäuscht, er wollte sich hinausschleichen. Es passte in Harrys Verhaltensmuster. Ein Wunder war es außerdem nicht, schließlich erfuhr man nicht jeden Tag, dass die eigene Familie ein Geheimnis hütete, das so spektakulär war, wie das der Lilienwoods. Ginny jedenfalls hatte es total genial gefunden, dass ausgerechnet Harrys Urur... - sie wusste gar nicht wie viel mal Ur notwendig waren, um den Verwandtschaftsgrad darzustellen - der Meister der Gründer gewesen sein sollte. Es wunderte sie nur, warum dies nirgends in den Geschichtsbüchern zu finden war, denn es war doch mehr als interessant zu erfahren, wer die Gründer ausgebildet hatte. Doch war es nicht meistens so, dass die Lehrer in Vergessenheit gerieten, wenn ihre Schüler sie überflügelten?

Nun presste Harry sie an die Wand; dabei hatten sie gerade so wunderbar gestritten und sie war dabei gewesen zu gewinnen.

Ginny war verärgert und zudem irritiert. Sie war ihm so nahe, wie sie es sich immer gewünscht hatte. Harry bräuchte nur seinen Kopf etwas zu ihr herabbeugen und schon würden sich ihre Lippen berühren. Doch er tat es nicht. Konzentriert drapierte er den Tarnumhang um sie beide und schien hinter sich zu lauschen. Ginny spürte einen Teil ihres Atems, der an Harrys Kehle abprallte und erschauderte. Diese Nähe war einfach nichts für sie. Sie verwirrte sie und das mochte sie gar nicht leiden. Ob sie es schaffte, ihn zu ignorieren? Aufgeregt fixierte Ginny den sichtbaren Teil der Treppe, nicht nur um zu sehen, wen es nachts auch nicht in den Betten hielt, sondern auch um sich von Harry abzulenken.

Das Geräusch, das sie beide erschreckt hatte, kam langsam näher. Ein Schatten tauchte auf und ihm folgte kurz darauf ein zweiter. Ginny konnte nicht genau erkennen, um wen es sich handelte. Als jedoch beide Gestalten an den Kamin herantraten, sich umarmten und küssten, wollte sie aufkeuchen. Noch bevor sie genau wusste, was geschah, hatte Harry seine Lippen auf ihren Mund gepresst. Es war nur ein kurzer Augenblick, doch er genügte, um Ginny zum Schweigen zu bringen.

Ihr Streit war vergessen. Als sich seine Lippen langsam von ihren lösten, musterte sie ihn verdutzt, erregt und noch immer verwirrt, aber keineswegs verärgert. Ihre Blicke trafen sich und wie von einem Magneten angezogen, küsste Harry sie erneut. Ginny war selig und vergaß die beiden eng umschlungenen Gestalten am Kamin.

°
°

Trotz der mangelnden Beleuchtung hatte er Ginny nicht aus den Augen gelassen. Ihr kaum erkennbares Mienenspiel faszinierte ihn. Harry spürte es genau, als Ginny den Mund öffnete um aufzukeuchen. Er tat das einzig Richtige, wie er fand. Brachten die Typen in den Filmen, die Tante Petunia - verdammt, hatte sie ihn nicht gebeten, ihr zu schreiben? - so gern schaute, hysterische Frauen durch einen Kuss zum Schweigen? Es gab nur ein Problem, Ginny war nicht hysterisch. Dennoch glaubte er, es tun zu müssen. Seine Lippen berührten nur leicht ihren Mund. Die nächste Sekunde schien kaum zu vergehen. Er erkannte das irisierende Glänzen ihrer Augen vor sich und küsste sie erneut, länger und fordernder, erfreut darüber, dass sie seinen Kuss erwiderte.

Doch mit einem Mal wurde ihm flau im Magen. Es, nein, er, der Kuss, fühlte sich gut und... irgendwie... richtig an. Es war so anders, Ginny und nicht Hermine zu küssen. Es prickelte, als hätte er in einem Ameisenhaufen gesessen und die meisten der Tierchen noch nicht aus der Kleidung entfernen können. Atemlos streichelte Harry Ginnys Wange und wünschte sich, sie ewig küssen zu können.

Doch dann hörte er seinen Namen und war wieder in der Realität.

"Ich mache mir ernsthaft Sorgen, Ron!"

Harry stutzte. Darum hatte Ginny aufgekeucht. Ron und Hermine hatten sich zu einem geheimen, nächtlichen Stelldichein vor dem Kamin verabredet. Ein Stelldichein wie er und sie vor nicht allzu langer Zeit gehabt hatten. Ein leichter Hauch Eifersucht regte ich in ihm, doch dann dachte er an Ginny und die Eifersucht verflog, als wäre sie nie vorhanden gewesen.

"Ich weiß, Herminchen" - was für ein scheußlicher Spitzname, dachte Harry bei sich - "aber Harry ist stark. Das ist ja nicht das erste komische Erlebnis, das er hat", versuchte Ron sie ungeschickt zu trösten. Obwohl Harrys Aufmerksamkeit auf das Gespräch der beiden Freunde gerichtet war, hatten er und Ginny wieder begonnen sich zu küssen. Es schien auch ihr zu gefallen, denn ihre Hand strich sacht über seinen Rücken, die Wirbelsäule entlang bis hinunter zum Hosenbund, wo sie regungslos verharrte. Harry fühlte sich verwegen, als er mit seinem Finger ihren Hals liebkoste und leicht, nur andeutungsweise, auch über ihren Ausschnitt fuhr.

"Ich glaube nicht, dass Harry zufällig diese Träume hat." Hermine klang resigniert und Ron amüsiert, als er meinte: "Willst du etwa sagen, dass jemand sie ihm schickt?"

"Ronald Weasley, ich weiß nicht, was daran so amüsant sein soll!", fauchte sie leise.

Harry war nicht sehr begeistert, dass auch Ginnys Aufmerksamkeit geweckt war. Das Gespräch der Freunde würde sie nur in ihrer Meinung bestätigen, er solle sich nicht alleine herumtreiben. Sie stellte sich auf die Zehen, umklammerte seine Schultern und spähte über diese hinweg zu den Freunden hinüber, um aufmerksamer lauschen zu können.

Voldemort formten ihre Lippen und Harry konnte nur nicken. Auch er war überzeugt, dass sein Erzfeind hinter seinen Träumen steckte. Es wäre ja nicht das erste Mal gewesen, dass sich dieser Zugang zu seinem Verstand verschaffte, warum sollte er es jetzt nicht über Träume versuchen? Eigentlich hatte Harry bereits seit dem zweiten Traum-Vorfall nicht mehr an einen Zufall geglaubt und seit dem Gespräch mit Dumbledore war er gänzlich davon überzeugt, dass es sich um alles andere als einen Zufall handeln konnte. Da Ginny erneut Voldemort mit den Lippen formte und ihn vorwurfsvoll mit ihrem Und-du-willst-ohne-Begleitung-herummarschieren-Blick musterte, platzte ihm der Kragen.

"Ja, ja, ja, verdammt, ich weiß!", entfuhr es ihm eine Spur zu laut. Ron und Hermine schraken zusammen und sahen aus, als wären sie nur knapp einem dreiköpfigen Hund entkommen. Ihre Tarnung war dahin. Es musste grotesk wirken, zwei Menschen gegenüberzustehen, von denen lediglich die Köpfe und gut ein Drittel ihrer Körper sichtbar waren. Der Tarnumhang war durch ihr kleines Herumgeschmuse verrutscht. Doch während Ron und Hermine in Nachtwäsche am Kamin standen, waren sie beide komplett angekleidet, als wären sie noch gar nicht im Bett gewesen. Harry zog mit einem Ruck den Tarnumhang gänzlich zur Seite und machte sich auf Vorwürfe gefasst.

"Was", begann Ron auch prompt und deutete entsetzt auf Harry, "treibst du hier unten mit Harry?!" Ginny postierte sich vor Harry, deutete auf Hermine und klang wie ein Papagei, als sie den Tonfall ihres Bruders nachahmte: "Was treibst du hier unten mit Hermine?"

Hermine lief rot an und Harry grinste amüsiert in ihre Richtung. Als sich ihre Augen trafen, schmunzelte das Mädchen zurück. Die beiden verstanden sich und fanden absolut nichts Verwerfliches an dem, was nachts im Gemeinschaftsraum geschah. Warum nicht mal eben ein nächtliches Treffen, es wäre ja nicht das erste.

"Du... du... knutscht mit Harry!", stotterte Ron entsetzt, als hätte er seine Schwester mit Voldemort persönlich erwischt oder noch schlimmer mit Krät... ähm... Wurmschwanz.

"Wie du siehst!", fauchte Ginny zurück und legte betont einen Arm um Harrys Hüfte und eine Hand auf seine Brust. "Du triffst dich doch auch heimlich mit Hermine."

Harry fühlte sich allmählich unwohl. Eigentlich sollte die Schwester des besten Freundes tabu sein, doch er wollte in diesem Moment lieber nicht herausfinden, ob Ron zu der handgreiflichen Sorte Bruder gehörte oder zur toleranten. Also versuchte Harry sich aus der Affäre zu ziehen und meinte:

"Leute, lasst uns das später regeln. Ich geh dann mal." Er packte seinen Tarnumhang und wollte ihn wieder überwerfen, als Ginny einen Zipfel des Stoffes zu fassen bekam und lautstark protestierte:

"Oh nein! Wenn du glaubst, ich würde es zulassen, dass du allein in Hogwarts herumschleichst, dann hast du dich geirrt, mein Lieber! Ich komme mit!"

Harry stöhnte auf und suchte in Ron und Hermine jemanden, der ihm Recht gab. Doch seine beiden anderen Freunde waren scheinbar der gleichen Meinung wie Ginny. Hermine hatte die Arme vor der Brust verschränkt und die Augenbrauen missbilligend zusammengezogen. Ron schnappte nach Luft und tat, als bräche es ihm das Herz, da Harry ihn offenbar absichtlich ausgeschlossen hatte.

"Ich komme mit", wiederholte Ginny und versuchte, sich unter dem Zipfel des Umhangs zu verschanzen.

"Wenn ihr zwei noch einen Moment wartet, komme ich auch mit!", beschloss Hermine und machte sich auf den Weg in den Schlafsaal, doch ein empörter Ausruf Rons ließ sie am Treppenabsatz anhalten.

"Nicht ohne mich, wenn du glaubst, ich lasse dich mit diesem Casanova..." - das "Na hör mal" Harrys ignorierte Ron geflissentlich - "mitgehen, dann irrst du dich."

"Jetzt reicht's aber", rief Harry und zuckte unter einem dreifachen "Pscht" zusammen. "Jetzt reicht's aber", wiederholte er flüsternd. "Ich werde mich nicht mit euch zu viert unter diesen Umhang quetschen!", zischte er. "Außerdem dauert es viel zu lange, jetzt noch darauf zu warten, bis ihr zwei euch fertig gemacht habt. Ich gehe alleine und damit basta."


°
°

Fünf Minuten später verließen Ginny und Harry, dichter als nötig unter dem Tarnumhang aneinander gedrängt, den Gemeinschaftsraum und ließen nicht nur eine verschlafen nörgelnde Fette Dame, sondern auch zwei schmollende Freunde zurück. Wie Ginny es geschafft hatte, dass Harry sie doch mit auf seinen nächtlichen Ausflug nahm, wusste er im Endeffekt selbst nicht mehr. Tatsache war und blieb, dass sich dieses bezaubernde Wesen jetzt sehr dicht hinter ihm befand und richtig gut roch. Krampfhaft hielt Harry die Karte der Herumtreiber vor sich und kontrollierte den Weg, den sie vor sich hatten.

Konzentrier dich Junge, dachte Harry bei sich und fühlte sich merkwürdigerweise nicht länger durch das ewige Imperius in seinem Kopf belastet. Es schien in weite Ferne gerückt zu sein, einem Echo gleich, das seine Kraft eingebüßt hatte. Er versuchte sich abzulenken und bereitete sich innerlich schon einmal darauf vor, dem Direktor sein nächtliches Erscheinen zu erklären.

Harry hatte es sich in den Kopf gesetzt, noch einmal mit Albus Dumbledore zu reden. Er wusste durch die Karte des Herumtreibers, dass sich der Direktor in der Nähe des Krankenflügels aufhielt, wahrscheinlich, um Lunas Zustand besser begutachten zu können. Also lenkte Harry seine Schritte Richtung Madam Pomfreys Refugium.

"Harry?", flüsterte Ginny leise. Er brummte nur, um ihr zu zeigen, dass er ganz Ohr war. "Wohin gehen wir eigentlich?"

"Krankenflügel", wisperte er zurück.

Schweigen.

"Warum?", fragte Ginny nach einer Weile. Die Sorge in ihrer Stimme war trotz des Flüsterns nicht zu überhören.

"Ich will mit Dumbledore reden. Ich muss mehr erfahren."

Harry spürte, dass Ginny nickte. Er fühlte ihre kalte Hand an seiner und drückte sie dankbar. Für einen Augenblick ließ er die Karte unbeachtet. Als sie beinahe sie die Tür zum Krankenzimmer erreicht hatten, hörten sie Stimmen aus der gegenüberliegenden Richtung kommen, die gedämpft durch den Umhang an Harrys Ohr drangen. Er stoppte. Rasch versteckten er und Ginny sich hinter einer der Säulen, die den Eingang der Krankenstation zierten. Er löschte die Karte und verstaute sie in seiner Hosentasche.

Zwei Gestalten eilten zielstrebig auf Harry und Ginny zu. Harry schwitzte und spürte, wie Ginny vor Aufregung leicht zitterte. Er hätte sie vorwarnen müssen, dass sich ihr Vater in Hogwarts befand. Die Karte log niemals.

"Wir haben Sie heute nicht mehr erwartet Arthur. Kommen Sie rasch. Der Direktor ist noch immer am Bett der armen Miss Lovegood. Das Mädchen ist vollkommen fertig mit den Nerven. Sie haben übrigens Glück, dass ich noch wach bin. Sie sehen nicht gut aus, wenn ich das sagen darf", plapperte Madam Pomfrey. Der besorgte, leicht vorwurfsvolle Krankenschwester-Ton war nicht zu überhören.

Harry blickte auf Ginny und sah ihre glänzenden Augen direkt vor sich. Doch nicht ihn sah sie an, sondern ihren Vater. Mr Weasley blieb vor der Tür zum Krankenflügel stehen und seufzte tief. Er ließ seine Schultern hängen und sein Gesicht war von Sorgen gezeichnet. Er war nie ein besonders stattlicher Mann gewesen, von hohem hageren Wuchs zwar, neigte er dazu leicht gekrümmt zu gehen, um über seine Größe hinwegzutäuschen.

"Poppy, ich hatte wenig Schlaf in den letzten vier Wochen. Es gibt Neuigkeiten, und ich befürchte es sind keine guten", erklärte er kurz. Dann öffnete er die Tür und betrat den Krankenflügel. Poppy schüttelte entkräftet den Kopf und flüchtete sich in ihr eigenes Reich, wo sie hoffte, wenigstens eine Nacht etwas Schönes zu träumen. Ein ruhiger Schlaf würde es nicht werden. Ähnlich einer Katze, schien sie nur mit einem Auge und einem Ohr zu schlafen, um sofort zur Stelle sein zu können, wenn sie gebraucht wurde.

Harry nutzte die Gelegenheit, nahm Ginny bei der Hand und glitt durch den Türspalt, bevor Mr Weasley die Tür schließen konnte. Rasch verbargen sie sich hinter einem Vorhang, der zwei der Betten voneinander trennte, um den Patienten wenigstens etwas Privatsphäre einzuräumen. Ihnen bot sich ein rührender Anblick.

Der würdige Albus Dumbledore war im Sessel, den er dicht an Lunas Bett herangezogen hatte, eingenickt. Sein Kopf ruhte auf seiner Brust, die Brille saß schief auf seiner Nase und seine schlanken Hände lagen gefaltet auf seinem Bauch. Arthur Weasley räusperte sich und ohne sich umzuwenden, begrüßte Dumbledore den Besucher mit Namen.

"Arthur, so früh hätte ich Sie nicht erwartet. Es gibt also Neuigkeiten?" Er schnippte mit den Händen und sein zweiter Sessel erschien. Doch Arthur schüttelte nur den Kopf und schritt auf die Fensterfront zu. Den Sessel ließ er unbeachtet.

"Mehr als Sie ahnen, Albus. Wir haben eine Spur Rea gefunden. Von Mister leider nicht. Es ist, als hätte ihn der Erdboden verschluckt."

Harry spitzte hinter dem Vorhang die Ohren.

"Wir wissen, dass Rea in Alexandria angekommen ist, und wir wissen auch, dass sie die Stadt wieder verlassen hat. Mein Kontaktmann hat bestätigt, dass eine Frau, auf die ihre Beschreibung passt, in Begleitung eines Mannes gesehen wurde. Wir haben uns eine Beschreibung von diesem Mann geben lassen... und... nun ja, es gefällt mir ganz und gar nicht."

Harry pellte sich derweil aus dem Umhang und drückte ihn Ginny in die Hand. Er trat an den Rand des Vorhangs und spähte in den Raum hinein. Er blickte auf Dumbledores Rücken und versuchte eine mentale Sperre gegen den Direktor aufzubauen. Je später sie von ihm erwischt wurden, desto mehr erfuhren sie. Harrys Konzentration war auf die Sperre und auf das Gespräch beider Männer gerichtet. Er schwitzte vor Anstrengung. Unbewusst tätschelte er Ginny die Hand, die sie Halt suchend in seinen Arm gekrallt hatte. Nie hatte sie ihren Vater so aufgeregt und verzweifelt erlebt.

"Arthur", ertönte die beruhigende Stimme Dumbledores. "Die Nachrichten werden nicht besser, wenn sie unausgesprochen bleiben." Noch hatte der Direktor die beiden Lauscher also nicht bemerkt. Das war ein eindeutiges Zeichen dafür, dass Dumbledore an seine Grenzen gestoßen war.

"Ich weiß. Die Beschreibung ... nun, es muss sich dabei... also... es spricht alles dafür, dass es sich... um Sirius Black handeln muss." Jetzt war es raus.

Dumbledore sprang mit einer Geschwindigkeit, die für sein Alter beachtlich war, aus dem Sessel und warf ihn beinahe um. Harry schnappte nach Luft und fühlte einen Schmerz in seinem Arm. Ginny hatte ihm, um nicht vor Überraschung aufzuschreien, ihre Nägel tiefer in den Arm gegraben, als beabsichtigt.

"Ist das sicher!", rief Dumbledore aus und eilte an Arthurs Seite. Als dieser resigniert nickte, lehnte sich der Direktor mit dem Rücken ans Fensterbrett. Er hatte die Augen geschlossen und die Stirn in seiner Hand vergraben.

"Bei Merlin, das hätte niemals geschehen dürfen!" Er klang resigniert. Dann hob er die Lider und sein Blick fiel auf Harry, der halb verborgen hinter dem Vorhang stand.

"Harry!", wisperte er. Die Überraschung stand ihm ins Gesicht geschrieben. Harry musterte die beiden Zauberer mit unbewegter Miene und trat einen Schritt auf sie zu. "Ich habe dich nicht hereinkommen hören", setzte Dumbledore fort.

Harry zog Ginny hinter dem Vorhang hervor und deutete mit dem Kinn auf das Stoffbündel in ihren Armen.

"Vaters Tarnumhang", war alles, was er als Erklärung hervorbrachte. "Was ist mit Sirius?", fragte Harry wie nebenbei und versuchte Arthur Weasleys wütende Blicke zu ignorieren. Er war sich im Klaren darüber, dass es Ginnys Vater nicht gern sah, dass seine Tochter zu nachtschlafender Zeit mit einem Jungen herumstreunte, auch wenn es sich bei diesem um Harry Potter handelte oder vielleicht gerade deswegen.

"Harry, wir sollten morgen darüber reden. Jetzt ist nicht die Zeit dafür!", schlug der Direktor mit einer Stimme vor, die keinen Widerspruch duldete.

Doch der Teenager ignorierte den Unterton und fuhr fort: "Nein, nicht morgen, nicht übermorgen, jetzt! Er ist mein Pate! Wenn er noch lebt, habe ich ein Recht darauf, es zu erfahren!" Harry hatte leise gesprochen, doch Ginny kannte ihn und wusste, wie zornig er tatsächlich war.

"Professor...", begann das Mädchen, doch wurde es rüde durch den Vater unterbrochen.

"Was dich betrifft, GinevraMolly Weasley, du wirst sofort und ohne Umschweife in dein Bett verschwinden! Ob ich deiner Mutter von deinem nächtlichen Treiben erzähle, werde ich mir noch überlegen!"

Ginny setzte einen trotzigen Blick auf und meinte schnippisch: "Ich werde bei Harry bleiben. Schließlich wissen wir etwas, das du noch nicht weißt, Vater!" Sie biss sich auf die Lippen.

Arthur schnappte hörbar nach Luft und wollte seine Tochter zurechtstauchen, doch Albus Dumbledore kam ihm zuvor. "Miss Weasley, ich hoffe, Sie haben einen plausiblen Grund für Ihr Verhalten und für Ihren Tonfall!"

Harry musterte seine Freundin verblüfft und erkannte den Kampfgeist in ihrem Blick. Obwohl es gänzlich unangebracht war, musste er grinsen. Da standen sie nun, zwei Teenager, Zauberer und Hexe in der Ausbildung und zwei gestandene Herren der Zaubererinnung und warfen sich Blicke zu, die Kontrahenten in einem Duell alle Ehre gemacht hätten.

Ginny schlug als erste die Augen nieder. Dann musterte sie die schlafende Luna, als würde sie sich fragen, wie viel Schlafpulver sie wohl bekommen haben musste, um von dem Geplänkel nicht wach geworden zu sein.

"Ich...", begann Ginny stotternd und fixierte Lunas bleiches Gesicht förmlich. Dann schluckte sie und nahm allen Mut zusammen. Sie schritt auf den Direktor zu und versuchte den Vater zu vergessen, der mit rot glänzenden Wangen und geballten Fäusten seine ungehorsame Tochter anstarrte. Harry fühlte sich unwohl, doch die Neugierde siegte. Ein Seitenblick auf Mr Weasley zeigte ihm, dass es diesem ähnlich ging. Mühsam zwang er seine Fragen über Sirius zurück. Sein Herz schlug bis zum Hals vor Aufregung über diese Neuigkeit. Sirius lebt!, dachte er bei sich. Doch eine Stimme in seinem Hinterkopf warf gleichzeitig die Frage auf, ob es noch der Sirius sein mochte, den er kannte.

"Ich... war nicht dabei, als Luna, Ron, Hermine und Neville es entdeckten, weil ich Harry gefolgt bin. Aber wir wussten, dass Rea nach Alexandria wollte, und wir wussten auch, dass die Reise nur eine Woche dauern sollte. Nachdem sie nicht wieder aufgetaucht war, haben wir begonnen, Recherchen über ihren Verbleib anzustellen und wir sind... wir haben... na ja, uns von Madam Pince mit sämtlichen wichtigen Muggelzeitungen versorgen lassen. Wir haben alle Schlagzeilen durchgekramt, ob etwas Ungewöhnliches geschehen wäre, was zwar nicht eindeutig magisch, aber dennoch ungewöhnlich genug erschien. Und heute sind Hermine und die anderen drei auf eine kurze Mitteilung gestoßen. Hermine..." Ginny kramte einen Zettel heraus, den sie dem Direktor zeigte.

"Hermine hat mir die Kopie gegeben, bevor wir in die Schlafsäle gegangen sind. Sie meinte, dass es durchaus einen Zusammenhang zwischen Reas Verschwinden und diesem Mann geben könnte, weil er im Hafen von Alexandria gefunden wurde und offensichtlich nicht eines natürlichen Todes gestorben ist. Wir wollten morgen eigentlich weiter nachforschen, um festzustellen, ob der Mann ein Zauberer war. Hermine vermutet, dass er durch Magie getötet wurde. Ich bin der gleichen Ansicht."

Ginny holte tief Luft und sah verlegen ihren verblüfften Vater an.

Albus musterte den Zettel und las stumm den Artikel. Ginny sah erwartungsvoll zum Direktor auf, doch der ließ sich nicht anmerken, ob er mit den Ansichten der Mädchen übereinstimmte. Dann reichte er Arthur die Kopie, der beim Lesen immer blasser wurde.

"Professor?", fragte Ginny zaghaft nach.

Albus lächelte wie nur ein stolzer Lehrer zu lächeln vermochte, der gerade feststellte, wie gut seine Schüler das, was er ihnen beigebracht hatte, anzuwenden vermochten.

"Die Mühe braucht ihr euch nicht zu machen. Hermine hat Recht. Der Mann war ein Zauberer. Arthur, Sie sollten den Minister unverzüglich darüber informieren, dass Karim Ben Mustafa Ibn Halef Akim bereits seit fünf Wochen tot ist. Ich denke, er wird sich sofort mit der Internationalen Zauberervereinigung in Verbindung setzen wollen, um einen neuen Hüter auszuwählen."

Arthur nickte, fuhr seiner Tochter stolz und liebevoll über die Wangen, als wäre er niemals zornig gewesen, und verschwand.

"Wer war das? Und was hat er mit Sirius zu tun?", fragte Harry und war sich dessen bewusst, das beide Fragen wohl kaum einen Zusammenhang haben könnten.

"Er war Hüter der Bibliothek von Alexandria und meines Wissens nach der beste Kenner alter Mysterien. Rea muss ihn aufgesucht haben, um mehr..."

"... über die Manipulation der Sphären zu erfahren? Das wissen wir bereits", unterbrach Ginny den Direktor leise. Harry beobachtete, wie Professor Dumbledore blass wurde und seine Hände am Fensterbrett Halt suchten. Dann packte er Ginny und Harry bei den Schultern. Seine schlanken kräftigen Finger übten so starken Druck aus, dass Ginny schmerzhaft das Gesicht verzog.

"Was wisst ihr noch darüber?!" Misstrauen schwang in der Stimme des Direktors mit, das weder Harry noch Ginny gerechtfertigt fanden.

Vor Schreck, den unerschütterlichen Mann so zu sehen, bekam Ginny keinen Laut heraus, sodass Harry antwortete: "Nur das, was auch Sie schon wissen. Wir haben mit Professor McGonagall schon darüber geredet. Nur das kann der Grund für Remus' komisches Verhalten sein. Ginny hat in einem Buch einen Hinweis gefunden, dass Agrippa in der Bibliothek von Alexandria alte Schriften übersetzt hat und sie hat mit Professor Lupin darüber gesprochen. Daraufhin ist sie ja nach Alexandria gereist. Professor McGonagall meinte zwar, dass es keinen Zauberer gibt, der stark genug sei, die Macht so lange aufrechtzuerhalten, wie es notwendig ist. Aber wir denken, dass Narzissa Malfoy es versucht, um von Askaban abzulenken. Sie sehen, wir haben nichts Unrechtes getan, sondern nur unseren Verstand angestrengt."

Zufrieden sah Harry, wie sich das Misstrauen aus der Miene des Direktors verflüchtigte und sich sein Griff lockerte. Albus zog eine Augenbraue hoch und musterte seine zwei Schüler in einer Mischung aus Amüsiertheit, Skepsis und Stolz.

"Eure Fähigkeit, Schlüsse zu ziehen wird immer besser. Ihr habt nicht so ganz Unrecht. Ich bin der gleichen Ansicht. Jemand versucht, besser gesagt, ist dabei, die Sphären zu manipulieren. Aus welchem Grund sei erst einmal dahingestellt. Die Mystery-Abteilung des Ministeriums ist auf der gleichen Spur, schon seit Wochen, wie Rea Lupin mir sagte. Leider ist etwas Unvorhergesehenes passiert, sodass wir..."

"Sie meinen, dass Anton Mister überführt worden ist, ein Todesser zu sein?", unterbrach Ginny erneut. Der Direktor schüttelte nur den Kopf, als wollte er sagen: 'Bleibt diesen Kindern denn nichts verborgen?' Nun war es an Harry eine Augenbraue hochzuziehen und seine Freundin verdattert anzustarren.

"Wieso weiß ich nichts davon?", rief er und stemmte die Hände in die Hüften.

"Du standest, wie du dich erinnern wirst, im kalten Wasser. Und während du und Professor Dumbledore über das Wesen der Magie geredet habt - jaha ich weiß davon -, hat Hermine mich über das Neueste informiert. So einfach ist das. Entschuldige" - sie klang sarkastisch - "dass ich dich nicht gleich informiert habe!"

Harry zuckte zusammen.

"Also wenn dieser Mister Rea auf die Spur gesetzt hat und nun aber als Anhänger Voldemorts enttarnt wurde, bleibt die Frage, was die Absicht Misters war, ausgerechnet seine beste Agentin mit diesem Auftrag zu betrauen", dachte Ginny laut nach.

Dumbledore schüttelte nur den Kopf. Er war wirklich stolz auf diese vier jungen Leute, doch manchmal trieben sie ihn zur Weisglut. Nichts, aber auch gar nichts machten sie sich aus Autoritäten.

Mit einem Mal seufzte Harry auf und ließ sich auf das nächste freie Krankenbett fallen. Dort blieb er auf dem Rücken liegen. "Es ist einfach zu viel auf einmal. Man erfährt nicht jeden Tag, dass der eigene Ururur...was-auch-immer-Ahn, der Lehrer Slytherins gewesen ist. Das muss ich erst verdauen. Dann scheint Rea offenen Auges in eine Falle getappt zu sein und nun soll auch noch Sirius seine Finger mit im Spiel haben...Apropos...", unterbrach sich Harry und richtete sich auf. "Was ist mit ihm? Lebt er noch? Wieso meldet er sich nicht?" Mühsam zwang Harry die aufkommenden Emotionen nieder.

Dumbledore seufzte nun seinerseits. "Es ist schwer, euch etwas vorzumachen. Ich grüble schon die ganze Zeit, was Anton dazu bewogen hatte, Rea zu beauftragen. Ich komme auf keine plausible Erklärung." Albus seufzte erneut. Es war gar nicht so leicht Ratlosigkeit zuzugeben, doch es zeugte von Größe, es dennoch zu tun. Die Kinder waren schon seit geraumer Zeit in der Lage, zu verstehen, wann er ihnen etwas vormachte und das beunruhigte ihn ebenso, wie es ihn auch mit Stolz erfüllte. Er trat zu Luna ans Bett, musterte sorgenvoll das bleiche Gesicht des Mädchens und lauschte auf seinen flachen Atem.

"Ginny und du", fuhr er fort, "habt gehört, dass jemand Sirius erkannt hat und dieser Mann, von dem ich noch nicht weiß, ob es tatsächlich Sirius Black ist, ist in Begleitung Reas gesehen worden. Mehr wissen wir auch nicht, Harry, du musst mir glauben!"

Harry nickte wieder. Merkwürdigerweise glaubte er dem Direktor und meinte: "Gut, aber wie kann das sein! Wie kann jemand von den Toten wiederkehren?" Skurrile Bilder von Hollywood animierten Zombies geisterten durch Harrys Kopf und er tat sich schwer, sich vorzustellen, dass sein Pate einem solchen Monster gleichen sollte.

Ein Keuchen ließ die in Gedanken versunkenen Besucher der Krankenstation aufhorchen. Offenbar ließen die Betäubungsmittel nach und Luna begann unruhig zu werden. Rasch beugte sich der Direktor zu dem Mädchen hinunter und ergriff seine suchende Hand. Leicht öffnete es die Augen und starrte den Direktor abwesend an, ohne ihn wirklich wahrzunehmen. Das Blau Lunas großer, häufig so verträumt blickender Augen war nahezu gänzlich durch die geweiteten Pupillen verdeckt.

"Es ist Black", keuchte Luna kaum hörbar. "Er weiß, wo das Blut floss. Er weiß, wer es tat. Er weiß, wo einer den anderen töten wird und er weiß, dass es geschieht, er weiß immer, wann es geschieht. Wir werden Freunde verlieren. Er kam von den Toten zurück, er wandelte unter ihnen und er... Er..."

Bevor Luna mehr sagen konnte, zuckte sie gepeinigt zusammen und fiel erneut in einen tiefen Schlaf. Harry starrte geschockt auf das Mädchen und spürte, wie Ginny sich vor Entsetzen dichter an ihn drängte. Er versuchte sie zu beruhigen und drückte sie fest an sich.

Albus richtete sich auf. Sein Gesicht wirkte müde und faltig. Er war alt und die Jahre, die er bereits gegen das Böse kämpfte, schienen schwerer auf seinen Schultern zu lasten als sonst. "Armes Mädchen", flüsterte er und strich ihm über die eingefallenen Wangen. "Luna ist nicht kräftig genug, um das Los einer Seherin zu tragen. Ich wünschte ihr Vater wäre schon hier."

Ginny schluckte. "Wird sie... sterben?" Harry konnte nur schweigend das schlafende Mädchen mustern. Er hatte Luna nie wirklich ernst genommen. Sie war für ihn wie für die meisten anderen auch einfach nur Loony gewesen, etwas durchgeknallt, aber mit dem Herzen auf dem richtigen Fleck.

Dumbledore zuckte am Rand der Ratlosigkeit die Schultern. "Ich weiß es nicht. Nur eines ist sicher, wenn mir nicht bald etwas einfällt, sieht es nicht nur für Miss Lovegood sehr schlecht aus."

Harry öffnete den Mund um noch etwas zu sagen. Doch der Direktor hob abwehrend die Hand und meinte mit sanfter müder Stimme: "Ich weiß, dir liegen wegen deiner Familie eine Reihe von Fragen auf der Zunge, doch ich bin jetzt nicht dazu bereit, sie dir zu beantworten. Es ist die Nacht, sie lastet uns allen schwer auf dem Gemüt. Später, Harry, später. Geht schlafen ihr zwei, geht schlafen!"

Und noch ehe sie wussten, was sie taten, waren Ginny und Harry wieder auf dem Weg in den Gemeinschaftsraum. Antworten hatten sie nicht bekommen, dafür aber mehr erfahren, als ihnen lieb war.

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°

Der Morgen brach an. Er war klar, kalt und wunderschön. In Hogwarts regten sich die ersten Schüler in ihren Betten und kämpften gegen den inneren Wunsch an, liegen zu bleiben und noch die obligatorischen fünf Minuten zu schlafen. Ginny und Harry hatten nur eine sehr kurze Nacht gehabt. Nachdem sie den Krankenflügel mit der Gewissheit verlassen hatten, dass Sirius Black tatsächlich lebte und aus dem Reich hinter dem Vorhang zurückgekehrt war, hatten sie noch lange im Gemeinschaftsraum Händchen haltend vor dem Kamin gesessen und sich über Luna, Sirius und allem, was auf sie eingestürzt war, Gedanken gemacht.

Letztendlich war Ginny in Harrys Armen eingeschlafen und erst als das Feuer im Kamin ausgegangen war, hatte er sie geweckt und sie hatten sich zu Bett begeben. Dass sie nun alles andere als frisch aussahen, war verständlich. Sie versäumten es nicht, Ron und Hermine zu berichten, was sie erfahren hatten.

Wenn die Nachrichten einen Ãœberraschungsfaktor hatten, dann war es Hermines Aufkeuchen und die Panik in ihren Augen.

"Sirius ist zurück? Aber das kann nicht sein, das darf nicht sein!", hatte sie ununterbrochen gewispert. Harry war pikiert, denn durch die Rückkehr seines Paten hatte sich doch sein sehnlichster Wunsch erfüllt; alles andere war ihm nicht wichtig.

Erst Ginnys Hinweis, dass er nicht erwarten könne, dass jemand ohne sichtbare Veränderung aus einem solchen Abenteuer herauskäme, hatte ihn in seinem Enthusiasmus gebremst. Stimmte doch Ginnys Einwurf mit seiner verborgenen Angst überein, einem anderen Sirius gegenüberstehen zu müssen, wenn es denn zu einem Zusammentreffen kommen sollte.

"Ich weiß!", hatte Harry nur sagen können, was auch stimmte. Heimlich hatte er sich in einer Unterrichtspause in den Schlafraum geschlichen und aus seinem Schrankkoffer Sirius' Spiegel hervorgekramt. Er war milchig weiß, als würde er Nebel widerspiegeln und sich nicht um das scheren, was er tatsächlich zu reflektieren hatte.

Sirius!, formten seine Gedanken. Der Nebel schien hin und her zu wabern, aber kein Sirius erschien.
"Sirius!", flüsterte er und schüttelte den Spiegel. "Wenn du lebst, dann sag doch was!", flehte er. Doch nichts geschah. Frustriert verstaute Harry den Spiegel unter seinem Kopfkissen und versuchte den Tag, ohne Gedanken an seinen Paten zu überstehen.


Die Stunden dümpelten vor sich hin. Sie wollten und wollten nicht vergehen. Es herrschte eine hintergründige, nahezu greifbare Spannung. Es war beinahe wie die Ruhe vor dem Sturm. Selbst die Slytherins, die sich von einer solchen Stimmung in der Regel nicht beeindrucken ließen, flüsterten nur in den Pausen und sogar in der Großen Halle dämpften sie ihre Stimmen. Einzig und allein Draco Malfoy legte dieselbe Arroganz an den Tag wie sonst auch.

Die Lehrer waren ebenso unkonzentriert wie die Schüler. Letztere wussten nicht, dass Professor Dumbledore das gesamte Lehrerkollegium bereits über die neuen Erkenntnisse unterrichtet hatte und die Erwachsenen nunmehr damit beschäftigt waren, Lösungen für Probleme zu finden, die sie nicht wirklich kannten.

An regulären Unterricht war nicht zu denken. Selbst der Direktor schleppte in der Schule einen Packen mit Rollen herum, die er auf Severus Snape und Minerva McGonagall verteilte. Dass Harry sich von seiner Tante, die sich den ganzen Tag auf dem Schulgelände aufhielt und immer genau dort auftauchte, wo er sich gerade befand, belästigt fühlte, hob seine und die Stimmung seiner Freunde nicht sonderlich.

Endlich war auch Mr Lovegood aufgetaucht, der seine Tochter nicht einen Moment aus den Augen ließ. Er las ihr vor, erzählte ihr Geschichten, die von seltsamen Geschöpfen handelten, berichtete ihr von der Mutter, die sie nur so wenig kannte, doch Luna reagierte nicht. Das Mädchen schlief und wenn es die Augen geöffnet hatte, war deren Blick weit in die Ferne gerichtet. Entsetzen zeichnete sich in ihren feinen Gesichtszüge ab. Hin und wieder murmelte sie etwas in sich hinein, schrak vor einer imaginären Feuersbrunst zurück, sank erschöpft in die Kissen und schlief wieder ein.

Den Höhepunkt dieses missratenen Tages bildete wahrlich Rons und Ginnys Vater, der gegen Abend wieder in der Schule erschien und den Direktor zu sprechen wünschte. Harry befand sich gerade in Dumbledores Büro, um seine erste reguläre Stunde in Okklumentik zu bekommen, als Arthur ohne Vorankündigung hereinstürmte.

"Sie haben die zerfetzte Leiche eines Kindes gefunden, Albus. Ich befürchte, das Mädchen ist einem Werwolf zum Opfer gefallen. Und nach ersten... Harry!"

Arthur hatte seinen Bericht begonnen, sobald er die Schwelle des Büros übertreten hatte. Er hatte Harry, der in einem übergroßen Ohrsessel saß, erst bemerkt, als er direkt vor Dumbledores Schreibtisch stehen geblieben war. Nun stutzte er, erbleichte und unterbrach seine Rede.

Doch Harry setzte fort: "... Vermutungen, hat Remus das Mädchen getötet!"



~ tbc ~


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