von Dr. S
Draco starrte angewidert auf das Gebäude, er dachte gar nicht daran, das als Haus zu bezeichnen, in dem er seine Weihnachtsferien verbringen würde. Es sah aus, als würde es jeden Augenblick zusammenbrechen.
„Geh schon, Hermine!“, sagte Ginny von hinten und schob Draco über die Türschwelle.
Ehe er sich richtig umsehen konnte wurde er von Mrs. Weasley gepackt und fast erdrückt.
„Hermine! Du siehst so hübsch aus!“, sagte sie und drückte jetzt Harry.
Draco verstand nicht was diese Frau meinte. Seit sich Ron so an ihn rangeschmissen hatte, hatte er aufgehört sich so rauszuputzen.
„Komm, wir gehen die Koffer in mein Zimmer bringen.“, sagte Ginny und ging die Treppe hoch.
Draco rollte mit den Augen, als er Ginnys Zimmer betrat. Es war nicht größer als eine Besenkammer, hatte dafür aber eine schöne Aussicht.
„Wo schlaf ich noch mal?“, fragte Draco und sah sich weiter um. Mit jedem Schritt knarrte der Boden unter seinen Füßen so laut, das er Angst hatte, er würde gleich, mit samt dem Boden, nach unten krachen.
„Wie immer mit mir in einem Bett.“, sagte Ginny und fing an auszupacken.
Draco verzog angewidert die Mundwinkel. Jetzt sollte er auch noch mit einem halbnackten Mädchen im selbem Bett schlafen? In einem Zimmer war schon nicht einfach. Hermine fand das bestimmt äußerst amüsant, sonst hätte sie ihn dieses kleine Detail nicht verschwiegen.
„Was? Würdest du lieber mit Harry und Ron in einem Zimmer schlafen?“, fragte Ginny schmunzelnd.
Draco wollte sich das zwar nicht eingestehen, aber eigentlich würde er wirklich lieber mit Potter und seinem Kumpel in einem Zimmer schlafen. „Schlafen die auch in einem Bett?“, fragte er leicht grinsend.
„Wer weiß… Vielleicht rutschen sie zusammen, wenn ihnen kalt wird!“, sagte Ginny lachend.
Aber Draco fand das irgendwie gar nicht komisch… Wenn das Jahr zu Ende war und er seinen Körper wieder hatte, sollte er dem Wiesel mal erzählen, wen er so toll gefunden hatte. Aber sollte er Potter auch erzählen, dass er mit seiner Freundin in einem Bett geschlafen hatte?
*
„Hermine! Wach auf, es gibt Geschenke!“, hörte Draco Ginnys Stimme am Weihnachtsmorgen rufen.
Total zerknautscht öffnete er die Augen und richtete sich auf. Draco hatte die letzten Tage kaum geschlafen. Ginny war immer kalt gewesen und sie wollte sich an ihn kuscheln, was er gerade soeben noch verhindern konnte.
„Hier, das ist von Ron. Bin mal gespannt, was er dir schenkt.“, sagte Ginny und warf Draco ein kleines, rosa Päckchen zu.
Geschickt fing er es auf und überlegte ernsthaft, ob er Hermines Geschenke öffnen sollte. Er zuckte kurz mit den Schultern und riss das Papier lieblos ab.
„Nicht schon wieder…“, sagte Ginny grinsend und beugte sich zu Draco um das kleine Fläschchen Parfüm zu betrachten. Da sie immer noch ihr Nachthemd trug, wendete Draco schnell den Blick von ihrem Ausschnitt.
„Stinkt auch genau so, wie das letzte…“, sagte er und warf das Parfüm in Hermines Koffer. Dann machte er sich über die anderen Geschenke her. Harry hatte Hermine irgendein fettes Buch geschenkt und Ginny hatte ihr eine relativ hübsche Haarspange gekauft.
„Danke.“, sagte Draco im Namen von Hermine.
Ginny fiel ihm um den Hals und Draco musste erstmal schlucken. „Hermine, das ist so schön!“, sagte sie und betrachtete ein Armband mit vielen kleinen Schnatzen, die sogar die Flügel bewegten.
Draco verzog die Mundwinkel. Er fand das Armband abscheulich.
„Von wem ist das?“, fragte Ginny und deutete auf ein kleines, blaues Päckchen.
Draco hob es verwundert hoch und Ginny drehte das Schild um, damit sie den Namen lesen konnte.
„Malfoy? Wieso schenkt der dir was?“, fragte sie entsetzt.
„Keine Ahnung…“, sagte Draco wahrheitsgemäß. Er hatte nichts für Hermine besorgt. Warum sollte er auch. Trotzdem konnte er sich ein kleines Lächeln nicht verkneifen.
„Du wirst ja ganz rot!“, sagte Ginny kichernd.
„Was? Quatsch.“, sagte Draco und warf das Päckchen ungeöffnet in den Koffer.
„Willst du's denn nicht aufmachen?“, fragte Ginny verwirrt.
„Nee, nachher ist das was Verfluchtes…“, sagte er.
„Oh, ich glaub das nicht.“, sagte Ginny, aber ihr Lächeln erstarb bei Dracos Blick.
*
Draco war am Abend raus in den Garten geflohen. Das blöde Wiesel hatte das ganze Haus mit Mistelzweigen dekoriert und Mrs. Weasley hörte diese scheiß Musik von Celestina Warbeck.
Er saß auf einem Stein, betrachtete den Mond und fragte sich, was Hermine in diesem Moment gerade machte. Er konnte sich gut vorstellen, wie sie sich ganz allein in seinem Zimmer verkrochen hatte und etwas las oder versuchte Gespräche mit den Hauselfen anzufangen.
Gedankenverloren strich er über seine Wange. Es war, als könnte er den Kuss immer noch spüren.
„Was machst du hier?“ Harry setzte sich neben ihn.
Schnell ließ Draco die Hand sinken, aber Harry sah ihn schon blöd grinsend an.
„Ich bin vor den Mistelzweigen geflohen.“, sagte Draco.
„Ich find die Idee gar nicht schlecht.“, lachte Harry.
„Jaah, klar! Du darfst ja auch die ganze Zeit deine Freundin knutschen.“, sagte Draco genervt.
„Ich dachte immer, du magst Ron.“, sagte Harry und klang plötzlich ganz ernst.
Draco antwortete nicht. Jetzt durfte er auch noch Psychogespräche mit Potter führen.
„Hermine, was ist los mit dir? Ist es wegen Malfoy?“, bohrte Harry weiter.
„Was!?“, quiekte Draco und sprang auf. „Ich mein, was soll mit ihm sein?“, fügte er hinzu und setzte sich wieder, um nicht in Harrys grinsendes Gesicht zu schauen.
„Hm, erstmal das mit seiner Krawatte und dann gibt ihr dir einen Kuss und sagt er würde dir das schulden. Ist schon merkwürdig, oder?“ Harry schaute Draco durchdringend an.
„Ich…“ Draco war zu verwirrt um weiter zu reden. Er hatte Hermine ja nur ein Küsschen auf die Wange gegeben um sich zu bedanken und das mit der Krawatte konnte er Harry ja nicht erklären. Warum sollte er Harry überhaupt was erklären? Das Hermine ihm einen Kuss auf die Wange gegeben hatte und das, nachdem sie nicht gerade friedlich auseinander gegangen waren, konnte er sich ja nicht mal selbst erklären. Draco wollte es sich zwar nicht eingestehen, aber es hatte ihm trotzdem gefallen.
Harry nahm seine Hand. „Wenn du ihn magst, dann kannst du mir das ruhig sagen.“
„Wie kommst du darauf, ich würde den mögen?“, fragte Draco und war wirklich geschockt.
„Aha!“, sagte Harry und zeigte mit dem Finger auf Draco. „Deine Reaktion bestätigt meinen Verdacht, Hermine!“
Draco merkte wie er knallrot wurde. „Wenn, also wenn… ich, na ja…“, stotterte er.
„Hermine, ich will ganz ehrlich zu dir sein.“, sagte Harry und Draco schreckte auf. Er redete hier mit Potter über sein Gefühlsleben! Das war zu absurd… „Draco Malfoy ist ein Arschloch!“
„Na, danke.“, sagte Draco und stieß Harry unsanft in die Seite.
„Du kennst doch seine Ansichten über Muggelgeborene. Selbst wenn er dir Hoffnungen gemacht hat…“, redete Harry weiter.
„Du denkst er würde das nicht riskieren.“, beendete Draco Harrys Satz.
„Malfoy riskiert nie was. Der sichert sich immer irgendwo ab.“, sagte Harry.
Draco staunte nicht schlecht. Potter kannte ihn ziemlich gut.
„Aber wenn dich das trotzdem nicht abschreckt, dann solltest du wenigstens Ron sagen, das du nichts mehr von ihm willst.“, meinte Harry und lächelte Draco an.
„Ich hab ihm das mehr als deutlich gesagt, ja!“, regte Draco sich auf. „Der will das einfach nicht verstehen.“
Harry bemühte sich verzweifelt nicht zu lachen.
„Jaah, lach mich ruhig aus, Potter! Aber ich schlaf mit deiner Freundin in einem Bett!“, sagte Draco.
„Wenn du willst können wir Ginny und Ron gerne austauschen.“, sagte Harry ernst.
Draco prustete los und Harry stimmte mit ein.
„Komm, lass uns wieder rein gehen.“, sagte Harry nach einer Weile.
Später am Abend, Ginny schlief schon, stand Draco auf und kramte das Geschenk von Hermine aus ihrem Koffer. Er drehte es ein paar Mal in der Hand und legte es schließlich doch zurück. Er war ein Malfoy. Er riskierte nichts.
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Er hat also doch ihre Geschenke geöffnet... Mensch, Dray!
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