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Fanfiction

Das zweite Leben des Severus Snape - Ăśberraschungen, Erkenntnisse, Einsichten III - Der Weihnachtsball

von käfer

Hofaufsicht war noch nie Snapes Lieblingsbeschäftigung gewesen, schon gar nicht im November. Es hatte geschneit, knöchelhohe nasse Pappe bedeckte den Boden. Eifrig in alle Richtungen spähend drehte Severus flotter als sonst seine Runden auf dem Hof.
Der neue Pullover, der gar nicht so billig aussah, wie er gewesen war und die dicken Socken wärmten zwar, aber der Parka unter dem Umhang schränkte Severus´ Beweglichkeit ein und die uralten, knapp knöchelhohen Schuhe weichten langsam durch. Es wurde allerhöchste Zeit, dass er sich Wintersachen zulegte. Drachenlederstiefel und rosaroten Pantherpelz wie Lockhart trug, konnte er sich nicht leisten, aber er würde auch nicht in Imitaten herumlaufen wie George Bligh. Für derbe, strapazierfähige Rindslederboots und einen gefütterten wollenen Umhang müsste das Geld aber noch reichen, das er sich von der Bank geborgt hatte.
Severus wurde jäh aus seinen Gedanken gerissen. Ein Schneeball flog. Das war verboten und musste auf Anweisung des Ministeriums bestraft werden. „Au!“ Der Schneeball hatte unter den Kindern offenbar ein Ziel gefunden. „Fünfzig Punkte Abzug für…“, aber dort, wo der Schneeball hergekommen war, stand nur Gilderoy Lockhart – und steckte mit Unschuldsmiene die Hände in die Taschen. Rufe von rechts lenkten Snapes Aufmerksamkeit zu der Schülergruppe. Eine Gestalt lag am Boden; Snape eilte hin. Es war eine Zweitklässlerin, die von allen Lehrern nur „Flitwicks Sorgenkind“ genannt wurde. Das Mädchen war furchtbar mager, immer blass und beinahe ständig krank. Jetzt lag sie halb auf der Seite, halb auf dem Rücken im Matsch, das Gesicht hätte sich vom Schnee kaum abgehoben, wäre nicht Blut aus ihrer Nase gelaufen. Sie atmete schwach, ihr Herz schlug unglaublich schnell. Snape schickte jemanden voraus zu Madam Pomfrey, beschwor eine Trage herauf, bettete das Mädchen in Stabiler Seitenlage darauf und ließ sie langsam in Richtung Krankenflügel schweben.
Ohne Aufforderung folgten ihm die anderen, jemand sagte, dass Monica einen Schneeball mitten ins Gesicht bekommen hatte und umgekippt war wie ein Brett. „Wer hat geworfen?“, fragte Severus. Erst herrschte betretendes Schweigen, dann flüsterte ein Junge: „Das war Mr. Lockhart, ich habe es genau gesehen.“ – „Ich auch, ich auch“, meldeten sich zwei Mädchen zu Wort. Diese drei schickte Snape zur Schulleiterin. Dorthin ging auch er, nachdem er das noch immer bewusstlose Kind bei Madam Pomfrey abgeliefert hatte.
Später stellte Severus Lockhart persönlich zur Rede. Der setzte eine trotzige Miene auf und schob die Unterlippe vor. „Warum soll ich nicht mal einen Schneeball werfen, das macht doch Spaß!“ Snape musste wieder einmal bis zehn zählen, ehe er ruhig weiterreden konnte. „Du warst doch dabei, als Professor Sprout uns von dem Vorfall an dieser Muggelschule berichtet hat. Und wenn es für die Schüler verboten ist, mit Schneebällen zu werfen, müssen wir Erwachsenen Vorbild sein. Sie sind doch erwachsen, oder, Mr. Lockhart?“
Lockhart plusterte sich auf: „Natürlich bin ich erwachsen, was denken Sie denn!“ – „Dann benehmen Sie sich auch wie ein Erwachsener und nicht wie ein Schulanfänger!“ Lockhart brummte etwas Unverständliches und schwänzte für den Rest des Tages seine Arbeit.
Von offizieller Seite kam Lockhart wieder nur mit einer Verwarnung davon; Pomona Sprouts Bitte, diesen offenbar psychisch kranken Mann von der Schule weisen zu dürfen, wurde höchstministeriell abgelehnt.

Nicht besonders gut gelaunt und nur getrieben von der Notwendigkeit, sich warme Sachen zu besorgen, machte Snape sich nach Feierabend auf den Weg nach London. Zu seiner Beruhigung existierte das mittelgroße Schuhgeschäft noch, in dem er früher immer eingekauft hatte. Die Preise hatten sich nicht wesentlich nach oben bewegt und bald war ein Paar passender Schuhe gefunden. Severus probierte, die Stiefel passten wie maßgefertigt, waren gut gefüttert und schön weich, am liebsten hätte er sie gleich anbehalten. Er quetschte sich an einem streitenden Pärchen und ein paar kichernden jungen Mädchen vorbei zur Kasse. Der junge Bursche dort war irgendwie fassungslos. „A-aber Sir, warum wollen Sie die gleichen Schuhe zweimal kaufen? Sie waren doch erst vor zehn Minuten hier!“
Snape kam sich verschaukelt vor. „Wie bitte? Vor zehn Minuten? Da war ich noch – „, er konnte gerade so verhindern, dass er ´daheim in Hogwarts` sagte. „Da bin ich gerade aus dem Bus gestiegen.“ Der Typ guckte noch blöder. Ach ja, hier in der Nähe gab es ja gar keine Bushaltestelle. Peinlich. Da ging Snape ein Licht auf. „Höchstens – vor zehn Minuten war vielleicht mein Bruder hier. Wir ähneln uns so, dass man uns schon öfters verwechselt hat. Das wäre ja ein Ding, wenn er die gleichen Stiefel gekauft hätte.“
Jetzt lachte der Bursche. „Kann schon sein, dass Ihr Bruder vor ein paar Minuten hier war. Da war einer, der sah wirklich genauso aus wie Sie, hatte auch so einen dunklen Parka an…“ Die Leute in der Schlange murrten, der Bursche beeilte sich endlich mit dem Kassieren und Severus verließ das Geschäft ein bisschen besser gelaunt, als er es betreten hatte.
Bei Madam Malkins in der Winkelgasse hatte er auch Glück, sie hatte das Gewünschte in seiner Größe vorrätig und das auch noch einigermaßen preiswert. Jetzt konnte der Winter kommen.
Severus beschloss, gleich noch die letzten Weihnachtsgeschenke für Joe und Bessy zu besorgen, alles andere hatte er längst beisammen.
Am Schaufenster von Bea´s Beauty-Shop blieb Severus stehen und überlegte, dass er auch eine Kleinigkeit für Elly besorgen könnte. Im Laden konnte er sich dann gar nicht entscheiden. Das eine kam ihm zu schäbig vor, das andere war für seinen ohnehin schon überstrapazierten Geldbeutel viel zu teuer; außerdem wusste er überhaupt nicht, was Elly bevorzugte. Gerade hatte er sich entschieden, Elly kein Geschenk zu schicken, sondern nur die originelle Karte zu schreiben, die er spontan in dem Laden neben dem Schuhgeschäft gekauft hatte, da fiel sein Blick auf das Regal mit den Shampoos. Und dort sprangen ihm Flaschen mit Lockharts Bild ins Auge. „Es war schon immer mein Traum, eine eigene Serie von Haarpflegeprodukten zu entwickeln.“ Diesen Satz hatte Severus noch von Lockharts erstem „Gastspiel“ in Hogwarts im Ohr. Er betrachtete die Flaschen. Von jeder strahlte Lockharts Gesicht, eingerahmt von einer Flut perfekt gepflegter goldfarbiger Locken. Das glänzende, kraftvolle Haar war das einzige, was Snape insgeheim an Lockhart bewunderte. Irgendwoher musste das doch kommen. Severus glaubte nicht, dass Gilderoy Lockhart wirklich die Rezeptur für das Zeug entwickelt hatte, er würde wohl bloß seinen Namen hergegeben haben – und hatte sicher nicht schlecht damit verdient.
Kurz entschlossen kaufte Severus eine Flasche Shampoo mit der Aufschrift „Garantierte Abhilfe bei stark fettendem Haar“. Danach war er völlig blank, zum Glück war morgen Zahltag. Ein halbes Gehalt ist besser als gar keines, dachte Severus und apparierte nach Hogwarts, wo er sich mit einem steifen Grog die Glieder aufwärmte, ehe er Willy nach etwas Essbarem in die Küche jagte.

Vorsichtshalber probierte Severus das neue Shampoo erst am Samstagmorgen aus – glücklicherweise, wie sich herausstellen sollte.
Er betrachtete das Etikett genau, eine Gebrauchsanweisung gab es nicht, also schäumte er sich den Kopf wie gewöhnlich ein. Nach ein paar Sekunden begann das Zeug auf der Kopfhaut zu brennen wie Feuer. Schleunigst spülte Severus das Shampoo wieder heraus, aber das Brennen blieb noch eine ganze Weile erhalten. Nach dem Trocknen stand das Haar vom Kopf ab wie ein alter Besen und fühlte sich an wie Stroh. Eine Stunde später begann die Kopfhaut furchtbar zu jucken und Schuppen rieselten auf die Schultern herab.
Severus sperrte sich in seiner Wohnung ein, Willy musste ihm Essen bringen und Besorgungsgänge machen. Ansonsten versuchte der Hauself, sich möglichst unsichtbar zu machen. Er liebte seinen Herrn zwar abgöttisch, aber wenn der vor sich hin fluchte und mit Gegenständen warf, zog Willy es vor, außer Schusslinie zu bleiben.
Voller Verzweiflung wühlte Severus in den Büchern seiner Großmutter, weil er sich deutlich erinnern konnte, dass in einem Schönheitstipps gestanden hatte. Spät am Abend musste Willy lossausen und einige seltsame Dinge besorgen – am anderen Morgen sahen Snapes Haare aus wie immer, nur die Schuppen rieselten noch stundenlang.
Snape ärgerte sich über sich selbst. Eigentlich hätte er doch wissen müssen, dass dort, wo „Lockhart“ draufstand, nichts wirklich Brauchbares drin sein konnte.

GlĂĽcklicherweise war am Montagmorgen auf Snapes Kopf alles beim Alten und er wagte sich wieder unter die Menschen.
Am Nachmittag griff Severus sich ein paar Bücher und brachte sie in die Bibliothek. Er hatte gehofft, Elly Greystone allein anzutreffen, aber die Schüler wuselten nur so durcheinander. Zu dumm, ausgerechnet heute hatte er sowohl den Dritt- als auch den Siebtklässlern umfangreiche Literaturstudien aufgetragen. Elly kreiselte zwischen den Kindern herum und hatte kaum Zeit, ihm die ausgelesenen Bücher abzunehmen.
Gelegenheit zu einem kleinen Gespräch war erst am Donnerstag, als Severus wie gewöhnlich oben an der großen Treppe Aufsicht schob. Elly fragte ihn, ob er am Wochenende gar nicht da gewesen sei, sie hätte sich gewundert, dass er nicht beim Essen war. Severus druckste herum. Jede(n) andere(n) hätte er mit „was geht dich meine Wochenendbeschäftigung an“ oder ähnlichem abgespeist, aber bei Elly konnte er das einfach nicht. Verschämt gestand er ihr die Wahrheit. Elly musterte sein Haar mit kritischen Blicken und sagte dann überraschenderweise: „Ich habe das Zeug von Lockhart auch schon ausprobiert – frag´ lieber nicht nach dem Ergebnis. Ich frage mich so langsam, ob dieser Mensch überhaupt etwas anderes kann als Blödsinn machen.“ Sie eilte davon, ohne auf Severus´ Antwort zu warten. Unmittelbar darauf kam Phillipp Kirby kraftvoll aus dem Korridor geschritten und spurtete Elly hinterher. Severus knirschte mit den Zähnen.-

Nach dem Abendessen trieb es Severus ins Freie. Es hatte endlich aufgehört zu schneien, die Luft war klar und rein. Als er nach einem knapp zweistündigen Marsch ins Schloss zurückkehrte, herrschte Stille in den Gängen. Severus beschloss, im Lehrerzimmer noch einmal an den Aufsichtsplan zu schauen, um vor unliebsamen Überraschungen sicher zu sein. Nein, es war alles beim Alten, er stand nur für Sonntagnachmittag drin.
Auf dem Rückweg ließen ihn gedämpfte Stimmen innehalten. Severus spitzte die Ohren. Zwei männliche Wesen unterhielten sich. Da – die Bürotür von George Bligh stand offen. Snape machte leise noch drei Schritte, dann hörte er das Wort „Lupin“ und blieb stehen. Das war doch Gilderoy Lockhart, der dort sprach! „… sieht krank aus … kann kaum gerade stehen…ist bleich geworden… zittert… nicht konzentrieren… ICH habe schon gestern seinen Unterricht übernommen….Lupin… Gefahr für die Schüler… er jemanden beißt?“
Snape stockte der Atem.
Bligh antwortete: „Schreib alles auf“, darauf Lockhart: „Hier, der Bericht ist längst fertig.“
Bligh: „Um so besser. Es wird Zeit, dass dieser Lupin hier verschwindet.“ – „Und Snape gleich mit.“ - „Eins nach dem anderen. Aber…aufpassen, … nicht wie lange ich meine Hand noch über dich halten kann.“
Das wurde hier also gespielt! Geräuschlos, aber ganz schnell stieg Severus zum Büro der Schulleiterin hoch. Er hatte Glück, Pomona saß noch am Schreibtisch, auch Fairbanks war anwesend. Die beiden schienen über etwas zu beraten, Severus kümmerte sich nicht darum. Seinen Zorn nur mühsam hinunterkämpfend berichtete er atemlos von dem eben Gehörten.
Statt einer Antwort reichte ihm die Direktorin ein Schriftstück mit dem Siegel des Zaubereiministeriums. Severus starrte darauf und verstand nur „Bahnhof“. Aber die krakelige Unterschrift kannte er – Dolores Umbridge, Schulinspektorin.
„Am Montag haben wir Gilderoy Lockhart die fristgemäße Kündigung ausgesprochen. Das ist die Antwort des Zaubereiministeriums.“
Severus las noch und noch einmal, ehe er verstand. „… verbleibt Mr. Lockhart als Assistent der Schulleitung und offizieller Beobachter das Zaubereiministeriums an der Hogwarts-Schule… genießt Kündigungsschutz… Kündigung damit unwirksam.“
Severus keuchte, kalter Schweiß stand auf seiner Stirn. „Setz dich“, forderte Frederick Fairbanks ihn auf, „Setz dich, beruhige dich und überlege mit uns, was wir machen können.“
„Weiß der Zaubereiminister eigentlich, was seine Schulinspektorin so treibt? Vielleicht sollten wir Scrimgeour mal einladen.“
„Daran haben wir auch schon gedacht, der Brief ist unterwegs“, sagte Professor Sprout müde. „Aber es wird nichts nützen, wir haben uns doch schon so oft beschwert.“ Nach einer Weile fügte sie hinzu: „Manchmal wünsche ich mir, dass Lockhart sich etwas zu Schulden kommen lässt, was einen fristlosen Rauswurf rechtfertigt.“
Fairbanks sah Severus streng an. „Wage bloß nicht, irgendwie nachzuhelfen. Das kommt raus, die warten doch nur darauf, dir was anzuhängen. Vergiss nicht, dass du auf Bewährung bist.“
Professor Sprout mahnte: „Pass bloß auf, dass mit dem Wolfsbann-Trank alles glatt geht und jeder seine Dosis bekommt. Ich habe irgendwie ein ungutes Gefühl, auch Hella Moresee spürt Unheil heraufziehen.“
„Wenn ich es nicht schon anders erlebt hätte, würde ich solche Voraussagen für hohles Geschwätz halten“, sagte Severus und setzte hinzu: „Wahrscheinlich ist es besser, wenn ich gleich mal mit Remus rede.“ Fairbanks zog die Brauen hoch, als er „o.k.“ sagte.
Remus Lupin war zu dieser Stunde bestimmt in seiner Wohnung. Severus schickte ihm ein Memo durch den Kamin, wenig später klopfte er an Snapes Büro. Severus hatte nur eine einzige Kerze brennen und Tür und Fenster mit schwarzen Tüchern verhängt. Kein Licht sollte nach außen dringen und nach ein paar Zaubersprüchen würde auch kein Lauscher etwas hören können.
Lupin breitete die „Karte des Herumtreibers“ auf Snapes Schreibtisch aus und studierte sie eine Weile, ehe er fragte, was los sei. Severus hatte sich wieder so weit gefasst, dass er sachlich und emotionslos von seinen Beobachtungen und dem anschließenden Gespräch im Direktionsbüro berichten konnte. Lupin nahm das Ganze überaus ruhig auf, er hatte mit so etwas schon länger gerechnet. „Wenn Lockhart allerdings behauptet, er hätte meinen Unterricht übernommen, ist das eine glatte Lüge. So schlimm bin ich nicht dran, dass ich DEN unterrichten lassen müsste.“
Danach berieten die beiden noch eine Weile darüber, wie man den Spionen aus dem Weg gehen könnte. Remus Lupin wollte versuchen, mit dem Zaubereiminister persönlich zu sprechen. Vielleicht ergab sich ja nach der nächsten Sitzung des Zauberergamots eine Möglichkeit. Und Severus hatte eine gute Idee, wie man den „Assistenten der Schulleitung“ für eine Weile beschäftigen könnte – die Rollen mit den Strafregistern lagen noch so, wie Potter sie nach seiner letzten Strafarbeit gelassen hatte…
Severus ließ sich von Willy den Becherbitter bringen. „Magst du was, um den harten Brocken zu verdauen?“ Remus war einverstanden. Severus goss ein, sie prosteten sich zu und tranken.
„Daran könnte man sich gewöhnen“, meinte Remus nach dem Probeschluck, lehnte aber ein zweites Glas ab. „So viel vertrage ich nicht. Und einer wie ich muss doppelt aufpassen.“ Severus verstand, nickte und hatte eine Idee, die er beim nächsten Treffen der „Forschungsgruppe Wolfsbiss“ vortragen wollte.
Nach einem Blick auf die Karte gingen die beiden Lehrer gemeinsam in ihren Wohnflügel und suchten geräuschlos ihre Quartiere auf.

Bei einer günstigen Gelegenheit am Freitagmorgen unterrichtete Severus die Direktorin von dem Gespräch am Vorabend. Sie fand die Idee mit den Sortier- und Schreibarbeiten gar nicht so schlecht und bereitete gleich die Umsetzung vor.
Nach dem Mittagessen schloss Severus sich im Labor ein und begann mit dem Wolfsbann-Trank. Nachdem alles soweit fertig war und der Löffel mit dem 77minütigen Rühren begonnen hatte, ging Severus zur Tür hinaus, scheinbar zu den Lehrerwohnungen. In Wahrheit flitzte er zum verborgenen Zugang des Geheimen Tränkelabors und von dort über die Geheimtreppe wieder nach unten in das „offizielle“ Labor neben seinem Büro. Hinter dem Vorhang, der das Waschbecken verbarg, wartete Snape – und wurde belohnt. Leise und schnell ging die Tür auf und jemand trat herein – beinahe unsichtbar mit dem „Dissentius“-Zauber. Nur ein Flimmern verriet die Umrisse der Person, die sich dem Kessel näherte.
„Halt!“ Snape sprang zwischen den Kessel und den Eindringling, schwang den Zauberstab – und George Bligh wurde sichtbar. Aber es war zu spät, etwas war schon im Kessel gelandet.
„Was wollen Sie hier?“, fauchte Severus.
„Nun, ähm, ich wollte nur mal sehen, was Sie hier treiben. Kontrolle sozusagen.“
„Dazu sind Sie gar nicht befugt. Gehen Sie.“ Viel zu bereitwillig und dazu noch grinsend ging Bligh.
Severus fischte ein Döschen aus dem Kessel, aber das zerfiel vor seinen Augen. Auch gut, es gab andere Möglichkeiten. Eine Schnellprobe ergab, dass Bligh Zucker in den Sud gegeben hatte. Mist, der Trank war wertlos.
Fünf Minuten später war Willy mit einem Schreiben unterwegs zum Zaubereiminister und Severus begann in einem frischen Kessel erneut mit der anstrengenden Arbeit. Und er fragte sich, was erwachsene Menschen zu solchen Kindereien trieb.

Anfang Dezember redeten alle nur noch von dem bevorstehenden Weihnachtsball. Das heißt, im Lehrerzimmer sprach davon nur einer. Lockhart überlegte anscheinend rund um die Uhr, was er wohl anziehen würde und erklärte sich bereit, den Kollegen bei der Kleiderwahl beratend zur Seite zu stehen. Ohne Erfolg, versteht sich. Über die Kleiderfrage machte Severus sich keine Gedanken, er besaß ohnehin nur einen einzigen festtauglichen Umhang und kein Geld für einen neuen. Vielmehr fragte er sich, ob es ihm gelingen würde, Elly zum Tanzen aufzufordern.
Vorher allerdings hatte Elly noch einen freien Samstagnachmittag. Ohne dass sie sich verabredet hatten, traf Severus sie auf dem Weg zu Madam Puddifoot. Elly lächelte ihn an, ihre Freude über die Begegnung schien echt zu sein. Gemeinsam setzten sie sich an einen Tisch in der äußersten Ecke. Mit einem wissenden Grinsen servierte Madam Puddifoot Kaffee und Kuchen; bald waren die beiden in ein Gespräch vertieft. Severus erzählte von dem Schuhkauf (er hatte inzwischen herausgefunden, dass Niclas tatsächlich genau die gleichen Schuhe gekauft hatte), dann berichtete er von Blighs letzten „Aktivitäten“.
Elly war empört. „Das ist doch die Höhe! Wenn du mich fragst, steckt da noch viel mehr dahinter, als wir ahnen. Diese Umbridge hat doch hier schon mal die Schulleiterin gespielt und würde es garantiert gerne wieder machen. Na, wenn das passiert, kündige ich auf der Stelle.“
„Ich auch“, sagte Severus spontan und Elly antwortete zu seiner Verblüffung: „Remus, Pomona, Filius und Frederick haben das gleiche gesagt. Da könnten wir glatt eine eigene Schule aufmachen.“
Severus grinste bei dem Gedanken, dass Umbridge mit Lockhart und Bligh alleine dastehen wĂĽrde, hielt das Ganze aber doch fĂĽr undurchfĂĽhrbar.
„Ich will eigentlich nicht mehr weg hier, Hogwarts ist mein Zuhause.“
„Meins auch“, seufzte Elly. Severus sah, dass sie mit den Tränen kämpfte. „Kummer mit deiner Tochter?“, fragte er und Elly berichtet, dass sie auf ihre Briefe an Diane einen einzigen Satz als Antwort erhalten hatte: „Misch dich nicht in mein Leben ein.“
Von einer Bekannten hatte Elly erfahren, dass Diane Ende Oktober ein Kind bekommen hatte. „Nicht einmal das hat sie mir mitgeteilt. Ich mache Weihnachten noch einen letzten Versuch der Aussöhnung. Ich werde einfach hingehen und sie besuchen. Je nachdem, was passiert, werde ich Maßnahmen ergreifen oder auch nicht.“
Severus kam nicht mehr zum Antworten, Phillipp Kirby stand plötzlich am Tisch. „Na, hallo, Elly, was treibt dich denn hierher? Ist es gestattet?“ – „Nein“, sagte Severus scharf, aber Kirby setzte sich trotzdem zu ihnen. „Ich komme gerade vom Training und dachte mir, dass eine Tasse Kaffee jetzt nicht schlecht wäre. Möchtest du auch was?“ Elly erwiderte kalt: „Nein, danke, ich bin schon fertig mit Kaffeetrinken.“ Severus winkte Madam Puddifoot, bezahlte für Elly und sich und ging ohne ein weiteres Wort im Sturmschritt fort. So lange Severus es noch hören konnte, schwafelte Kirby über einen Anfänger, den er im Fitnessstudio getroffen hatte.
Am Waldrand zügelte Severus seinen Schritt, ging den Pfad noch ein paar Meter und blieb dann hinter einem Baum stehen. Es dauerte gar nicht lange, da tauchte Elly auf. Ihr Gesicht drückte Verärgerung aus, ihr Schritt war schnell und wütend. Severus trat hinter dem Baum hervor und der Wald um ihn herum wurde hell, so sehr strahlte Elly bei seinem Anblick. Severus wurde warm ums Herz.
Als der Weg breiter wurde, fanden sch ihre Hände. Severus wagte es nicht, seinen Arm um Elly zu legen, obwohl er das gern getan hätte. Schweigend gingen sie bis zur Schule.

In seiner kleinen Wohnung nahm Severus sofort einen Geruch wahr, der dort nicht hingehörte, ihm aber ziemlich bekannt vorkam. Dieses widerliche, süßliche Zeug benutzte doch nur einer! Severus schnupperte noch einmal, es gab keinen Zweifel. Da entdeckte er auf dem Fußboden ein Fetzchen goldfarbigen, seidigen Stoff. Er schnupperte daran. Eindeutig! Im nächsten Moment hörte er ein Schluchzen aus seinem Wohnzimmer und riss die Tür auf. „Willy! Was zum Teufel geht hier vor!?!“
Snape erstarrte. Sein Lesesessel und der Schreibtisch waren an die Wand gerückt, der kleine Esstisch in der anderen Ecke ebenfalls. Über den ganzen Boden ausgebreitet lagen goldene, pinkfarbige, giftgrüne, himmelblaue und burgunderrote Stoffstücke, mittendrin saß eine schluchzende, völlig aufgelöste Hauselfe. Willy versuchte gerade, ihr mit einem Taschentuch, das Severus als sein Eigentum erkannte, die Nase zu putzen. „Willy!“
Der Hauself sprang auf und sah seinen Meister zitternd an, ließ dann die Ohren hängen und senkte den Kopf. „Verzeihung, Meister, Verzeihung. Aber Sissy hier ist meine Freundin, und ich versuche, ihr zu helfen.“
Zwischen Schluchzern presste das Häufchen Unglück auf dem Boden hervor: „Ich – muss – meinem Meister – so viele – neue – Sachen – nähen, - dass ich kaum – noch die Nadel halten kann. Für den – Weihnachtsball – will er – etwas ganz tolles. Und er – er – er ist mit nichts zufrieden.“
Sissy sprang auf und hieb sich mit dem Schürhaken auf den Kopf. „Böse Sissy. Redet schlecht von ihrem Meister.“ Bumm. Severus musste all seine Kraft aufbieten, um der Elfe das Eisen zu entwinden. Er hielt sie hoch und musterte sie. So ein dürres Geschöpf hatte er noch nie gesehen; das schmutzige Hogwarts-Geschirrtuch schlackerte nur so an ihr herum. Überall am Körper hatte sie violette Flecken und Beulen.
Severus sah von Sissy zu Willy und wieder zurück. Hauselfen konnten ein unglaubliches Pensum bewältigen, aber dieses Exemplar hier war eindeutig überarbeitet. Davon sollte Hermine Granger mal erfahren…
Willy war zu einer Kugel geschrumpft und schielte unter dem Arm hervor auf seinen Meister, bereit, alle Befehle auf der Stelle auszufĂĽhren, oder aber sich selber zu bestrafen.
Severus setzte Sissy ab, die sich sofort wieder mit den Stoffen beschäftigte und gleich darauf erneut zu schluchzen anfing. Da hatte Snape eine Idee. Er ging zum Bücherregal und wühlte einige Zeit darin herum. Ganz unten fand er, was er gesucht hatte – eine „Historie der magischen Mode“ aus den 1920er Jahren. Ein bisschen boshaft grinsend blätterte er darin und hielt Sissy schließlich die kolorierte Abbildung eines Neureichen Zauberers aus dem 18. Jahrhundert hin. „Versuch´s mal damit. Wenn ihm das nicht gefällt, sind hier noch andere Modelle drin. Aber jetzt verschwindet aus meiner Wohnung. Es gibt genug leere Räume, in denen ihr nähen könnt. Aber vorher, Willy, wird gründlich gelüftet, klar!“
„J---j---ja, Meister“, stotterte der kleine Elf, „k-k-k-keine Strafe, Meister?“ – „Nein, noch nicht. Aber wenn ich in einer Stunde nicht alles in Ordnung finde, kannst du dir schon mal was überlegen!“
Severus nahm eine Zeitschrift und ging bis zum Abendessen in sein BĂĽro.

In den letzten Tagen vor dem Weihnachtsball nervte Lockhart alle mit der Kleiderfrage und versuchte festzulegen, wer mit wem tanzen sollte. Er selber wollte „selbstverständlich“ mit der Bibliothekarin gehen; Severus Snape kam in seinen Plänen überhaupt nicht vor. Snape unterdrückte ein Grinsen; Elly hatte ihm einen Walzer versprochen.
Drei Tage vorher bot Lockhart Tanzstunden an, für die Schüler kostenlos, die Lehrer sollten bezahlen. „Für dich gebe ich gern eine Extra-Stunde, Severus“, bot er mit einem falschen Lächeln an und war zutiefst beleidigt, als Snape „Nein, danke, kein Bedarf“ sagte. (Dass Severus seine Tanzschritte mit einer Puppe übte, die eigentlich eine Bettdecke war, brauchte niemand zu wissen.)
Ohne die Aussicht auf einen Tanz mit Elly Greystone wäre Severus gar nicht zu dem Ball gegangen. So aber warf er sich etwas widerwillig „in Schale“ und ging in die Große Halle. Das kribbelnde Gefühl unguter Vorahnungen nistete sich in seinem Magen ein, ohne dass er eine Ursache erkennen konnte.
Als Severus die Große Halle betrat, wimmelte es dort bereits von festlich gekleideten Menschen. Die Mädels hatten wohl wieder versucht, einander auszustechen, eine war schöner als die andere. Schade, dass es alles Schülerinnen waren…
Lockhart stolzierte herum und ordnete da etwas, gab dort einem Hauselfen eine Anweisung, inspizierte hier die Tische. Severus konnte sich ein schadenfrohes Grinsen nicht verkneifen. Sissy hatte ihm genau das Kostüm des protzenden Möchtegern-Fürsten genäht, der in Wahrheit nur ein alberner Narr gewesen war… Einige Jungs kicherten bei Lockharts Anblick und flüsterten boshafte Bemerkungen.
Während Severus langsam durch die Halle zu seinem Platz ging, ließ er seine Augen schweifen und suchte Elly – vergebens. Nur Phillipp Kirby (in viel zu enger Kleidung) war zu sehen, der offensichtlich auch jemanden suchte.
Der Ball begann mit einem Tusch, die Direktorin sprach ein paar Worte und eröffnete dann mit Frederick Fairbanks und einem Walzer den Tanz. Elly Greystone war noch immer nicht da. Missmutig saß Severus am Tisch und beobachtete die Tänzer. Ihrem Gesicht nach zu urteilen, wurde Victoria Vector wohl von Lockhart öfters auf den Fuß getreten, Wilhelma Raue-Pritsche und Paul Montague tanzten auffallend eng. Bei den Schülern war von steif-hölzern bis gekonnnt-elegant alles zu sehen.
Bei passender Gelegenheit erlöste Severus Victoria aus Lockharts Fängen, Rock´n Roll tanzen konnte er noch von seiner wilden Zeit in Cambridge her recht gut. Victoria strahlte zwar beim Tanzen, antwortete aber auf seine Einladung zu einem Glas Sekt in schnippischem Ton: „Das könnte dir so passen, mich erst mit Alkohol benebelt und gefügig machen und dann in dein Bett zerren. Ihr Männer wollt doch alle nur das eine.“
Und schon war sie weg. Severus wusste genau, dass jedes Wort von ihm nur noch Ă–l in ihr Feuer gieĂźen wĂĽrde, auch wenn es absolut der Wahrheit entsprach, dass er null Interesse an der knochigen Zahlenhexe hatte.
Die Frau seiner Träume hatte mehr Kurven aufzuweisen. Nur, wo war sie? Es sah Elly gar nicht ähnlich, ihm einen Tanz zu versprechen und dann nicht zu kommen. Das unheilverkündende Kribbeln machte sich wieder bemerkbar. Severus erinnerte sich daran, dass er Elly zuletzt beim Frühstück gesehen hatte und da war sie ziemlich blass gewesen. Da war doch was nicht in Ordnung! Er beschloss, auf der Stelle nachzusehen und verließ den Saal auf dem kürzesten Weg durch die Seitentür hinter dem Hohen Tisch. Dort sah er Madam Pomfrey, die ihr nachtblaues Abendkleid schon wieder gegen die Schwesterntracht getauscht hatte, zu einer besorgt dreinsehenden Pomona Sprout sprechen.
„…Flüssigkeitsverlust, … hätte schon heute Nachmittag zu mir kommen sollen…“, schnappte er auf. Der uralte, meist wirkungsvolle Schnürsenkeltrick musste wieder einmal herhalten. „… nur eine Darmgrippe. Jetzt schläft sie erst einmal, spätestens übermorgen haben Sie Ihre Bibliothekarin wieder. Aber wenn es wirklich die Darmgrippe ist, die jetzt draußen rumgeht, können wir uns auf einiges gefasst machen…“
Das war es also, was seinen Magen kribbeln ließ! Elly war krank geworden. Severus machte sich Vorwürfe, dass er nicht früher nach ihr gesehen hatte. Ihm war nach einem Whisky zumute, aber so etwas hatte er nicht in seinen Vorräten. Deshalb ging er zum Haupteingang wieder in die Große Halle hinein und betrat die Bar, die für die Lehrer und erwachsenen Schüler eingerichtet war.
Hier herrschte ein furchtbares Gedränge, anscheinend hatten sich etliche gerade Siebzehnjährige vorgenommen, ihre Freundinnen betrunken und gefügig zu machen.
Halb schob Severus sich durch, halb wurde er geschoben, bis er endlich vorn am Tresen angelangt war – und genau neben dem nicht mehr ganz nüchternen George Bligh zu stehen kam. Der Appetit auf Whisky war Severus schlagartig vergangen, aber zurück konnte er auch nicht mehr. Also doch schnell einen Drink und dann nichts wie weg hier.
Er drehte ihm den Rücken zu und tat so, als hätte er Bligh nicht bemerkt, aber der sprach ihn doch an: „Hallo, Sevrus, hass tus auch geschafft, su eim Wissgi su kommen?“
Severus reagierte nicht, er nahm einen Schluck aus seinem Glas. Eine Hand landete auf seiner linken Hinterbacke und blieb dort, auch als Severus einen Fuß breit nach rechts trat. Er streifte die Hand ab, fühlte aber bald wieder, dass er befummelt wurde. Suchte da jemand seine Brieftasche? Der würde aber enttäuscht sein, Severus hatte nur ein paar Münzen in der vorderen Tasche stecken.
„Sag ma, warum gehste nie ma auf ein Bier mit mir? Immer bistu mit diesem Lubin unterwegs. Habt ihr was miteinander?“
Jäh drehte Severus sich um. Die Hand war erst mal weg. „Spinnst du? Wir sind nur Kollegen und alte Schulkameraden. – Im übrigen, du solltest aufhören zu trinken, deine Zunge ist schon ganz schön schwer.“
„Lass mich doch, das Leben is schwer genuch. Das müssestu doch auch wissen, du bistoch auf Bewährung? Ich könn-te da was machen, aber dafür müsstestu mir schonn ein Gefalln dun.“
Die warme Hand war wieder da und kroch langsam an Severus Oberschenkel auf und ab und bewegte sich nach vorn. Verdammt, wer war das? „Nein“, schnappte Snape, „ich lasse mich nicht kaufen.“ –„Ach, komm schon, du stehst doch auf Männer wie mich, oder?“
Snape hatte die Hand gepackt – es war die Rechte von Bligh. Angewidert schleuderte er den Arm von sich und flog mit einem Magischen Sprung über die Köpfe der anderen Barbesucher zum hinweg zum Ausgang. Dort prallte er beinahe auf Pomona Sprout, rief ihr zu: „Du solltest Bligh ins Bett schaffen, er ist besoffen“ und hetzte wie ein gejagtes Tier in seine Wohnung, die er hinter sich verriegelte und verrammelte.

Am Sonntagmorgen wurde Snape wie erwartet noch vor dem Frühstück von der Direktorin zur Rede gestellt. „War dir schlecht gestern Abend oder was ist passiert, dass du im Magischen Sprung aus der Bar getürmt bist? Es gab ziemliches Aufsehen und Gerede.“ – „Ich bin geflüchtet, BEVOR etwas passieren konnte. Mehr sage ich dazu nicht. Vielleicht fragst du ja mal George Bligh – falls der sich noch erinnern kann.“
Erstaunlicherweise gab Pomona Sprout sich damit zufrieden. Severus lieĂź sich das FrĂĽhstĂĽck schmecken und sah in die Runde.
Von den Schülern saßen im wesentlichen die kleineren an den Tischen, die nicht zum Ball gedurft hatten. Die wenigen Großen wirkten unausgeschlafen und kaputt. Von den Lehrern fehlten Bligh, der wohl noch seinen Rausch ausschlief und Susan Sinistra. Victoria Vector trank gerade ein Glas Orangensaft zu ihrem Müsli. Sie wurde rot und senkte den Kopf, als sie Severus´ Blick spürte.
Am Angestelltentisch saß Kirby in seiner traditionellen Sonntagstracht – knallenges T-Shirt zur Stretch-Jeans – alleine, der leere Teller von Poppy Pomfrey verschwand gerade; Lockhart war wie üblich noch nicht da. Kirby sah ständig zwischen Ellys leerem Platz und Severus hin und her, die Miene finster, die Brauen zusammengezogen.
Beim Essen überlegte Severus, wie er diesen Sonntag herumbringen konnte. Falls wirklich eine Darmgrippe-Welle im Anmarsch war, wäre etwas Vorbeugung angebracht. Aber als allererstes musste der Brief an Bessy auf die Reise geschickt werde, den hatte er doch glatt im Umhang vergessen. Auf dem Weg in die Eulerei hörte Severus Fetzen eines Gespräches von ein paar Hufflepuff-Schülern, die bei ihm die Alarmglocken schrillen ließen. Anscheinend war schon halb Hufflepuff aus dem Rennen…

In „Kräuterweibleins Heilbuch“ fand er ganz schnell, was er suchte. Die Frage war nur, ob er ausreichend Birkenporlinge in seinem Vorrat hatte.
Severus klemmte sich den alten Wälzer unter den Arm und marschierte ins Labor. Getrocknete Birkenporlinge waren noch da, ein ganzes Glas voll, aber das würde einen Sud für allerhöchstens zwanzig Leute ergeben. Snape las das Rezept zweimal durch, sauste dann in die auffallend leere Bibliothek und wühlte sich durch die Pilzbücher, bis er den Abschnitt über die Anwendung von Birkenporlingen in Magie und Heilkunde gefunden hatte. Wenn man die getrockneten Pilze zu Pulver zerrieb und den Sud filterte, erzielte man die zehnfache Wirkung. Nach einer Stunde angestrengter Arbeit hatte er die hartgetrockneten Schwämme pulverisiert und nach einer weiteren Stunde war der Magenheilsud fast fertig, er musste nur noch gefiltert werden. In diesem Moment klopfte es, ein Hauself kam mit einer Nachricht von Madam Pomfrey. „Haben Sie noch Birkenporlinge in Ihrem Vorrat? Wir haben eine Darmgrippe-Epidemie an der Schule. P.P.“
Severus grinste und schrieb als Antwort: „Birkenporlinge sind alle, aber ein Heil- und Vorbeugungstrank steht in zehn Minuten zur Verfügung. S.S.“ Dann filterte er den Sud und füllte etliche Flaschen ab. Ehe er zur Krankenstation ging, nahm er selber einen ordentlichen Löffel voll von dem bitteren Zeug.
Ganz gegen die Gepflogenheiten flitzten die Hauselfen heute am Tage mit Eimern und Lappen durch die Schule, es gab wohl eine Menge sauberzumachen.
In der Krankenstation übergab er Poppy Pomfrey die Flaschen, sie seufzte erleichtert auf – und drückte ihm einen Kuss auf die Wange.
„Mrs. Greystone liegt hinter dem dritten Vorhang rechts“, sagte Madam Pomfrey noch, dann machte sie sich mit einem Korb voller Löffel und Severus` Flaschen auf den Weg zu den Schülern. Severus stand wie betäubt da. Woher wusste Poppy Pomfrey, dass er vorhatte, Elly zu besuchen?
Etwas befangen schob Severus den Vorhang beiseite und lugte in das Abteil. Elly lag da, das Gesicht fast so weiß wie das Kissen, die Nase spitz, aber sie erstrahlte bei Severus´ Anblick.
„Hallo! Tut mir leid, dass ich dich gestern sitzen lassen musste.
Mir ging´s so dreckig, dass ich nicht mal daran gedacht habe, dir Bescheid zu geben.“
„Ich hätte dich abholen sollen, dann hätte ich eher Bescheid gewusste – und dir wäre vielleicht eher geholfen worden.“
Elly grinste. „Ach ja, die Sätze mit ´hätte´. Mach dir bloß keine Vorwürfe. Ich kann normalerweise ganz gut auf mich selber aufpassen und du bist mir gegenüber zu nichts verpflichtet. Aber jetzt erzähl doch mal, was losgewesen ist. Was hat Pfau Gilderoy denn eigentlich angehabt? Muss ja ganz was tolles gewesen sein, so wie er vorher getan hat.“
Severus beschrieb das Kostüm. Elly kicherte und schüttelte den Kopf. „Wo hat er das bloß hergehabt?“ – „Aus einer ´Historie der Magischen Mode´, Abschnitt 18. Jahrhundert.“
„Hey, du weißt aber genau Bescheid. Ich kann mir aber nicht vorstellen, dass Lockhart dir das erzählt hat.“
„Hat er auch nicht, und ich glaube, es ist besser, er erfährt nie, dass ich es war, der seiner Hauselfe das Bild gezeigt hat.“
Elly prustete los. „Von mir wird Lockhart nichts erfahren, versprochen. Und was war sonst noch los? Ich will alles wissen. Wie war die Musik? Wer hat mit wem getanzt? Wann war Schluss?“
Severus grinste schief. „Letzteres weiß ich nicht, ich bin ziemlich zeitig geflohen.“ Und er erzählte von Victoria Vector und George Bligh.
„Ich habe schon lange vermutet, dass Bligh andersrum gestrickt ist. Jetzt hat er sich – wenn auch unfreiwillig - geoutet.“
„Falls er sich daran erinnern kann! George hatte ganz schön was intus und eine ziemlich schwere Zunge.“
„In vinum veritas“, zitierte Elly, Severus ergänzte: „In seinem Fall war´s Whisky.“
Sie plauderten noch eine Weile über ihre Pläne für Weihnachten. Elly wollte ihre Tochter besuchen und dann nach Hogwarts zurückkehren, Severus war bei Niclas eingeladen.
Am Montagmorgen waren alle wieder auf den Beinen, mit einer Ausnahme: Gilderoy Lockhart hatte einen Krankenschein für die ganze Woche vorgelegt. Dummerweise stand im Tagespropheten vom Dienstag ein Bericht über eine Lesung, die er am Montag gehalten hatte, als er angeblich mit starken Bauchschmerzen im Bett gelegen hatte. Professor Sprout schrieb die nächste Kündigung – und musste sie auf Druck von Umbridge wieder rückgängig machen.


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