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Das zweite Leben des Severus Snape - Nicht gefangen und nicht frei

von käfer

Snape nahm den Brief, entschuldigte sich und ging nach oben. So ein amtliches Schreiben las er besser nicht in dieser Runde. Mit zitternden Händen öffnete er den Umschlag und zog den Inhalt heraus. Es war ein vorgedrucktes, mit exakten Buchstaben von Hand ausgefülltes Formular mit dem Titel „HAFTBEFEHL“. Snapes Nachtisch wollte sich auf den Weg nach oben machen. Er öffnete das Fenster, schluckte mehrmals und gewann nach einigen Minuten so viel Fassung zurück, dass er weiterlesen konnte.
„Beschuldigt wird:
Severus Joe Snape
Geboren….“
(Seine persönlichen Daten überflog Snape, die stimmten; bei solchen Dingen gab es im Ministerium keine Schlamperei)
„Wegen 1) vorsätzlicher Tötung
2) Ausübung schwarzer Magie
3) Mitgliedschaft in einer schwarzmagischen Vereinigung.
Die diesbezügliche gerichtliche Verhandlung findet am 5. Mai 20.., 9.00 Uhr im Großen Saal des Zaubereiministeriums statt.“
Snape sah zweimal hin, aber der folgende, vorgedruckte Satz „Der Beschuldigte ist sofort festzunehmen und bis zur Verhandlung nach Askaban zu verbringen.“ war wirklich durchgestrichen. Statt dessen stand darunter:
„Dem Beschuldigten wird gegen folgende Auflagen gestattet, in Freiheit zu bleiben:
1) Der Beschuldigte hat sich aller zwei Tage bis 12.00 Uhr im Aurorenbüro, Zi. 309, zu melden, erstmalig einen Tag nach Zustellung dieses Schreibens.
2) Dem Beschuldigten ist es gestattet, sich innerhalb von London frei zu bewegen.
Das Verlassen des Stadtgebietes darf nur in Begleitung eines Auroren und nach vorheriger Genehmigung durch den Leiter des Aurorenbüros erfolgen.
Reisen ins Ausland sind dem Beschuldigen grundsätzlich verboten.
3) Der Beschuldigte hat sich in der Zeit bis zum Prozess und während des Prozesses einwandfrei zu betragen. Es ist ihm verboten, in der Öffentlichkeit
Alkohol zu trinken
Reden zu halten
Aufsehen zu erregen
4) Der Beschuldigte hat diesen Haftbefehl bei sich zu tragen, sobald er seine Unterkunft verlässt.
5) Zuwiderhandlungen gegen die in den Punkten 1 bis 4 genannten Auflagen haben eine sofortige Inhaftierung zur Folge.“
Ganz klein gedruckt, kaum lesbar stand noch unter dem Schreiben: „Der Beschuldigte hat das Recht, einen Anwalt zu seiner Verteidigung zu benennen.“ Pff, einen Anwalt! Selbst wenn er jemanden finden würde, der ihn verteidigen würde – Snape konnte keinen Anwalt bezahlen, und freipauken könnte ihn sowieso keiner. Er warf den Haftbefehl auf den Tisch. Das war das Ende. Er würde sich nicht dem demütigenden Prozess und der Gefangenschaft in Askaban aussetzen. „Niemand kann dich verurteilen und bestrafen“ – da war Dumbledore wohl etwas sehr naiv gewesen. Jetzt wehte ein anderer Wind; mit den Todessern wurde kurzer Prozess gemacht, man ließ keine Gnade walten. Erstaunlich nur, dass sein Prozess erst so spät angesetzt war, bis zum 5. Mai waren es noch fast acht Wochen. Grabbe, Goyle, Lestrange, der junge Nott waren längst verurteilt, andere warteten in Askaban auf ihre Verhandlung. Warum ließ man ihn draußen schmoren? Wollten die ihn quälen, weil er damals freigesprochen worden war? Aber das waren doch viele andere auch, die jetzt längst wieder im Knast hockten… Vielleicht wusste ja Tonks was, immerhin hatte die ihn angezeigt.
Vor allen Dingen musste er aber zu Potter und sich sein Giftröhrchen wiederholen. Oder er folgte seinem ursprünglichen Plan, in der Nacht zu verschwinden; auf jeden Fall sollten die Auroren morgen vergeblich auf ihn warten.
Snape spitzte die Ohren. Von unten her, aus dem Salon, klang es nach Party. Da wolle er auf keinen Fall stören. Aber vielleicht kam er jetzt ungehindert aus dem Haus und konnte in die Nokturngasse gehen. Snape legte Dumbledores Aufzeichnungen ordentlich auf einen Stapel, die Familienfotos obendrauf, daneben sein Geständnis und den Haftbefehl. Dann griff er nach der Tasche und schlich aus dem Zimmer. Ohne ein Geräusch zu verursachen, kam er bis zur vorletzten Stufe. Doch als er seinen Fuß auf die letzte setzte, stand wie aus dem Nichts Potter vor ihm. „Wohin auch immer Sie gehen wollen, Sir, bitte, tun Sie es nicht, bleiben Sie hier.“
„Was meinst du, Potter, was mir die Eule gebracht hat? Den Haftbefehl. Aber ich habe keine Lust auf Askaban. Gib mir mein Röhrchen, oder lass es sein, morgen früh werde ich nicht mehr unter den Lebenden weilen.“ - „Das dürfen Sie nicht tun! Vielleicht werden Sie ja freigesprochen.“ – „Träum weiter, Junge.“ Snape wollte Potter beiseite schieben, aber der packte ihn mit aller Kraft, ein Vorbeikommen war unmöglich. „Nein,“ presste Potter hervor, „hören Sie, es ist noch gar nichts entschieden. Sie bekommen einen fairen Prozess, wirklich.“ Snape schnaubte verächtlich. „Doch, glauben Sie mir. Tonks musste Sie melden, sie wäre sonst ihren Job für immer losgeworden. Aber es gibt genügend Leute, die für Sie aussagen…“ – wieder ein Schnauben – „ich habe für Sie gebürgt, Professor Lupin, Mr. und Mrs. Weasley, Hermine und – auch Tonks.“ Snape zog die Augenbrauen hoch. Potter fuhr fort: „Wir wissen inzwischen die ganze Wahrheit und wir sind nicht die einzigen.“
Harry hatte losgelassen, Snape witterte seine Chance und wollte an ihm vorbei zur Tür huschen, doch Harry erwischte ihn am Umhang. „Sir, ich mache Ihnen einen Vorschlag. Ich muss auf jeden Fall zu dem Prozess gehen, ich habe mich als Zeuge gemeldet. Das Röhrchen mit dem Gift nehme ich mit. Wenn Sie wider Erwarten verurteilt werden, sollen Sie es haben. Werden Sie freigesprochen, vernichte ich es. Bis zum Prozess können Sie hier bleiben, danach sehen wir weiter. Als Gegenleistung für Kost und Logis möchte ich – Nachhilfe in Sachen Zaubertränke.“ Potter streckte die rechte Hand aus. Snape zögerte. Sollte er einschlagen? Schließlich drehte er sich um und rannte die Treppe hinauf. In seinem Zimmer angekommen, sank er auf den Stuhl und starrte durchs Fenster in die Dunkelheit.
Die Tür ging auf, Molly Weasley kam herein, trat hinter ihn und legte ihm die Hände auf die Schultern. „Severus“, sagte sie zu seinem Spiegelbild im Fenster, willst du dich wirklich vor der Verantwortung drücken?“ Snape rührte sich nicht. Molly fuhr fort: „Wenn du dich jetzt davonstiehlst, ist es wie ein Schuldgeständnis. Warum willst du die Möglichkeit nicht nutzen, der Öffentlichkeit die Wahrheit zu sagen?“ „Ich habe Dumbledore umgebracht. Das ist die Wahrheit, daran kann auch die fairste Verhandlung nichts ändern“, sagte Snape mit tonloser Stimme.
„Aber nur wenige Leute wissen, WARUM du das getan hast. Die Öffentlichkeit muss einfach die wirklichen Zusammenhänge erfahren und die Leute müssen das von dir selber hören. Vielleicht…“ Molly zögerte erst, sprach aber doch weiter. „Vielleicht haben die Leute vom Zauberergamot ja Verständnis.“ - „Niemals.“
Molly begann, ganz sanft Snapes Schultern zu massieren. Eine wohltuende Wärme ging von ihren Händen aus. „Versuche es wenigstens. Albus Dumbledore würde bestimmt nicht wollen, dass du Selbstmord begehst. Er hat doch jedem eine zweite Chance gegeben. Die Verhandlung ist deine Chance für einen ganz neuen Anfang.“ Voller Bitterkeit antwortete Snape: „Für einen neuen Anfang – in einem finsteren Loch in Askaban. Nein, nein, nochmals nein. Die werden mir ´lebenslänglich´ aufbrummen und mich dann im Loch vergessen. Da gehe ich besser vorher.“ – „Severus, woher nimmst du diese absolute Sicherheit, dass du eingesperrt wirst? Bist du ein Hellseher, dass du Entscheidungen kennst, bevor sie getroffen werden?“ Langsam drehte Snape sich um und sah Molly ins Gesicht. „Meinst du wirklich, die lassen mich laufen?“ Er schüttelte den Kopf. Bedächtig sagte Molly: „Man kann nie wissen, wie der Zauberergamot sich entscheidet. Es ist aber doch ein gutes Zeichen, dass sie dich nicht gleich eingesperrt haben wie alle anderen.“ Sie holte tief Luft.
„Severus, du hast doch schon so oft den schwierigsten Weg für dich gewählt, warum nicht auch diesmal?“ Molly packte seine Schultern, schüttelte ihn ein bisschen. „Wir werden dich nicht alleine lassen, wir helfen dir, wieder zu dir selbst zu finden. Aber du musst es wollen, hörst du?“ Verwundert sah Snape zu ihr hinauf. So hatte er Molly Weasley noch nie gesehen. Er spürte in seinem Innersten, dass Molly es ernst meinte, dass es ihr um ihn selbst ging und nicht um irgendwelche Dinge, die er für sie tun sollte. Lange sahen sie sich schweigend an. Dann sagte Molly: „Wenn die vom Ministerium den Haftbefehl per Eule schicken, dann heißt das, dass du bis zur Verhandlung frei bleibst. Haben sie dir irgendwelche Auflagen erteilt?“ Snape fand nicht die Kraft, zu sprechen. Er hielt Molly den Brief hin. Molly las und schaute ihm wieder in die Augen. Hätte Snape gewusst, wieviel Angst und Verzweiflung darin standen, hätte er die Lider geschlossen. Es war nie seine Art gewesen, Gefühle zu zeigen.
„Würde es dir helfen, wenn jemand von uns, Arthur oder ich oder jemand anderes morgen mitgeht ins Aurorenbüro?“ Kaum sichtbar nickte Snape. „Komm du morgen mit, bitte.“ Fast flehend flüsterte er diese Worte. Ohne Vorwarnung packte Molly seinen Kopf, zog ihn an ihre üppigen Brüste und strich ihm sanft übers Haar. Snape fühlte sich so ausgelaugt, dass er sich nicht dagegen wehren konnte, einen Augenblick später nicht mehr wehren wollte. Er genoss es wie ein kleiner, trauriger Junge, der von seiner Mutter getröstet wurde.
Nach eine Weile machte Snape sich von Molly Weasley los, sah sie an, wollte etwas sagen und wusste nicht, was. Molly ging aus dem Zimmer, kam aber kurz darauf mit einem Becher wieder herein. „Das ist ein Schlaftrunk. Denk´ noch mal über alles nach. Wenn du dich jetzt selbst umbringst, hat Voldemort am Ende über dich gesiegt.“

Lange nachdem Molly gegangen war, dass Snape noch starr auf seinem Stuhl. „Wenn du dich jetzt selbst umbringst, hat Voldemort über dich gesiegt.“ Immer wieder kreiste Mollys letzter Satz in seinem Hirn herum. Vor langer Zeit hatte Snape sich geschworen, sich von Voldemort nicht unterkriegen zu lassen. Molly hatte recht, wenn er sich umbrachte, blieb Voldemort der grinsende Sieger. – „Denk´ nur nicht, dass du mir entkommst!“ – dies hatte Voldemort ihm noch zugerufen, bevor er zusammengebrochen war und sich vor Schmerzen gekrümmt hatte. Er, Severus Snape, lebte noch, er war entkommen. Den Triumph, ihn tot zu sehen, wollte er dem Geist des Dunklen Lords und seinen überlebenden Anhängern nicht gönnen. Er würde pünktlich zur Verhandlung erscheinen; wenn er hinterher ins Gefängnis musste, konnte er immer noch sein Gift schlucken. Vielleicht hatte aber auch Potter recht und er wurde freigesprochen. Vielleicht …
Entschlossen stand Snape auf, nahm den Schlaftrunk in die Hand, setzte den Becher an die Lippen und hielt inne. Nein, es musste ohne Drogen gehen, wozu hatte er gelernt, seinen Geist zu leeren? (Der Becher würde ja nicht ausreißen, er konnte später immer noch einen Schluck nehmen.)
Snape zog sich die Decke über die Ohren. Im Halbschlaf spürte er ncoh einmal, wie Molly ihm über den Kopf gestrichen hatte. Er meinte, ihren Duft in der Nase zu haben und achlief fest ein. Im Traum war er wieder ein ganz kleines Kind. Der größere Nachbarsjunge hatte ihm sein Lieblingsauto weggenommen. Snape war hinterhergerannt, hingefallen und hatte sich das Knie aufgeschlagen. Die Mummy verband ihm die Wunde und tröstete ihn. Merkwürdig war nur, dass seine Mummy plötzlich die Gesichtszüge von Molly Weasley hatte…

Vogelgezwitscher weckte Snape. Er schlug die Augen auf, gähnte, reckte sich und suchte nach der Uhr. Du liebe Güte, schon fast 9.00 Uhr! Er wurde ja allmählich zum Langschläfer! Ohne Eile stand Snape auf, öffnete das Fenster und sog die frische Luft ein. Erstaunlich, wie viele Vögel es hier, mitten in London, doch gab!
Mit lautem Knurren machte sich Snapes Magen bemerkbar. Nach einer heißen Dusche und in frischen Kleidern fühlte er sich einigermaßen gewappnet für den Tag. In der Küche war Molly Weasley gerade dabei, Möhren zu schaben. „Ah, guten Morgen, Severus. Ich hoffe, du konntest einigermaßen schlafen und hast keinen Brummschädel von meinem Schlummertrunk?“ Besorgt sah Molly ihn an. Eine warme Welle durchflutete Snape und er lächelte ganz kurz, bevor er antwortete: „ Ich hab´ das Zeug gar nicht gebraucht. Demzufolge habe ich keinen Brummschädel, dafür aber einen Brummbärenhunger.“ Häh, was hatte er da gerade gesagt? „Brummbärenhunger“? Den Ausdruck hatte er nicht mehr gebraucht, seit er fünf war! Womit hatte Molly ihn verhext? Snape schüttelte über sich selber den Kopf. Dann setzte er sich ohne ein weiteres Wort an den Tisch und verspeiste schweigend das üppige Frühstück, das Molly ihm im Stabumdrehen zurechtgezaubert hatte.
Nun musste er eigentlich aufbrechen und sich im Aurorenbüro melden, aber ein zentnerschweres Gewicht hielt ihn auf dem Stuhl fest. Molly legte ihm die Hand auf den Arm. „Wollen wir gehen?“ Das Gewicht verschwand, Snape stand auf. „Ich gehe allein, lass nur“, sagte er rauer als beabsichtigt. Molly runzelte die Brauen und musterte ihn mit besorgtem, zweifelnden Gesichtsausdruck. Snape machte einen Schritt auf Molly zu, hob die Hände, ließ sie aber gleich wieder sinken und sagte leise: „Danke für gestern Abend. Du hast recht mit allem, was du gesagt hast.“ Lauter und mit fester Stimme fuhr er fort: „Ihr braucht mich nicht mehr zu bewachen, ich werde zu der Verhandlung gehen und alle Fragen beantworten, die man mir stellt. Was danach kommt, steht auf einem anderen Blatt.“
Damit drehte er sich um, ging mit betont festen Schritten aus dem Haus und apparierte zum Besuchereingang des Zaubereiministeriums. Die übliche Prozedur im magischen Lift brachte er noch einigermaßen ruhig hinter sich, doch in der Eingangshalle angekommen, bekam er weiche Knie. Snape sah sich um. Alles war noch so, wie er es von früheren Besuchen her kannte. Jetzt, am späten Vormittag, herrschte lebhaftes Kommen und Gehen von Besuchern. Vor dem Wachmann hatte sich einen kleine Schlange gebildet. Widerstrebend stellte Snape sich an. Während vorn der Wachmann endlos mit einer älteren Hexe mit scharfgeschnittenen Gesichtszügen diskutierte, äugte Snape hinter seiner Kapuze hervor auf die Leute um ihn herum. Der eine oder andere warf ihm einen erstaunten Blick zu, manche tuschelten, aber die meisten beachteten ihn überhaupt nicht. Zu seiner Erleichterung entdeckte er keine bekannten Gesichter. Umso größer war jedoch Snapes Schrecken, als er an der Reihe war und in dem Sicherheitszauberer Patrick O´Rafferty erkannte – einen Schüler aus jener Gryffindor-Klasse, die ihm zu Beginn seiner Lehrer-Laufbahn quasi den Krieg erklärt hatte, weil er im Gegensatz zu seinem vertrottelten Vorgänger Herman Hector Ordnung und Disziplin forderte. Auch O´Rafferty stutzte, fasste sich aber schnell wieder. „Guten Tag, Professor Snape. Bitte nennen Sie ihren vollständigen Namen sowie die Abteilung und den Mitarbeiter, den Sie besuchen werden.“ Mit einer Feder in der Hand sah O´Rafferty Snape erwartungsvoll an. Der musste sich große Mühe geben, damit seine Stimme gleichmütig klang, als er sein Ziel nannte. „Was wollen…“, begann O´Rafferty, besann sich aber auf seine Pflichten und führet die üblichen Prozeduren mit dem Magischen Dedektor und dem Zauberstab-Analysator durch.
Uff, die erste Hürde wäre genommen. Snape studierte die Wegweiser, dann betrat er einen Lift nach oben. Eine üppige, stark geschminkte Blondine huschte gerade noch herein, ehe sich die Türen schlossen. Snape drückte sich in die Ecke. Die Blondine starrte ihn eine Weile ins Gesicht, dann ließ sie ihre Blicke ungeniert auf ihm herumwandern. Ihr schimmernder bordeauxroter Umhang glitt ein wenig zur Seite, darunter trug sie ein schwarzes Samt-Top mit überaus großzügigem Ausschnitt. Snape wurde es heiß. Die Frau rückte immer näher an ihn heran, er wurde von einer dicken Wolke schweren, süßlichen Parfüms eingehüllt. Ein Gong erinnerte ihn daran, saß man in der 3. Etage angekommen war. Snape schob sich an der Frau vorbei, dabei spürte er ihre Hand in seiner Umhangtasche. Aufatmend verließ er den Lift und sah in seiner Tasche nach. Einen Zettel hatte sie ihm hineingesteckt, mit der Adresse einer Nachtbar darauf. Die „Flamingo-Bar“ in der Engen Gasse existierte also noch! Früher, als junger Spund, war Snape dort gewesen, weil die Mädchen in der Bar nicht viel quatschten, sondern schnell zur Sache kamen – und billig waren. Später war ihm alles primitiv und schmuddelig vorgekommen und er hatte sich anderswo ausgetobt. Die schmierige Blondine verlockte ihn absolut nicht, dem Lokal jemals wieder einen Besuch abzustatten. Den Fetzen Papier warf Snape in den nächsten Papierkorb.

Vor dem Zimmer 309 standen mehrere, teilweise recht schräg aussehende Gestalten herum. Ein großes Schild neben der Tür wies Snape darauf hin, dass er von der Rolle in der Plastebox daneben eine Nummer abreißen musste und erst in das Zimmer durfte, wenn der Ausrufer über der Tür seine Nummer nannte. Brav nahm Snape sein Schnipsel. „0815“ stand darauf. In dem Moment ertönte eine Art Trompetensignal, ein Papageienkopf schnellte aus einem Loch oberhalb der Tür hervor und krächzte: „802 bitte, 802 bitte, 802!“ Ein ungepflegter, schlachsiger Mann in schmutzigen, geflickten Kleidern löste sich von der Wand und trat durch die Tür. Snape seufzte und schaute sich im Gang um. Ganz hinten standen ein Kaffeeautomat und einer mit Sandwiches und Süßigkeiten. Eine verschrumpelte, zahnlose Hexe grinste Snape über ihren Kaffeebecher hinweg an. „Biste neu hier?“ Snape nickte. „Wa hast´n verbrochen?“ - „Geht niemand was an.“
Snape ging auf die andere Seite, weit weg von der Alten. Der Sinn stand ihm überhaupt nicht nach Ganoven-Konversation. Ein paar der Wartenden grinsten; Snape hoffte, dass es schnell vorwärts gehen würde, aber Nr. 802 blieb fast 20 Minuten in dem Raum. Das konnte ja heiter werden. Und das alle zwei Tage – puh!!! Übermorgen würde Snape sich etwas zu lesen mitbringen. Vielleicht hatte Potter ja eine Zeitung, hinter der er sich verstecken konnte. Diese prüfenden Blicke, die die anderen dauernd auf ihn warfen, waren äußerst unangenehm.
Je später es wurde, umso zweifelhafter sahen die Gestalten aus, die ankamen. Und alle ließen ihre Blicke mit deutlichen Missfallen von oben nach unten über Snape wandern, bevor sie sich zu den anderen schrägen Vögeln gesellten.
Nach anderthalb Stunden Wartezeit war Snape endlich an der Reihe. Hinter einer hohen hölzernen Barriere saß eine schwarz gekleidete, ältere Hexe. Sie hatte das Haar zu einem straffen Knoten aufgesteckt: Auf einer spitzen Nase saß eine altmodische Brille. Ihr Gesicht war voller Falten, der Mund ausgesprochen schmal. Die ganze Erscheinung erinnerte Snape irgendwie an Minerva McGonagall. Die Kehle war ihm wie zugeschnürt und er hatte größte Schwierigkeiten, „Guten Tag“ zu sagen. Die Hexe sah ihn scharf an und genauso scharf klang ihr Gruß. „Ähem, ich möchte mich melden.“ – „Name?!“ – „Severus Snape.“ – „Derzeitige Anschrift?!“ – Grimmauld Place 12, London, bei Potter.“ Die Hexe zog eine Augenbraue in die Höhe, genau wie Minerva McGonagall es immer getan hatte. – „Meldegrund?!“ Snape reichte den Haftbefehl über die Barriere. „Sieh an“, sagte die Beamtin und schrieb etwas in eine Liste. Dann reichte sie ihm den Haftbefehl zurück. „Bringen Sie den bitte immer mit, wenn Sie sich melden. Auf Wiedersehen.“ - „Wiedersehen.“
Schnell raus hier, raus, raus, raus! Ohne die restlichen Wartenden auch nur mit einem Blick zu beachten, stürmte Snape zu den Aufzügen. Er hatte Glück, bei einem öffneten sich gerade die Türen. Nichts wie rein und weg an die frische Luft! Rumms! Snapes Lauf wurde plötzlich gebremst. „He, passen Sie doch auf, wo Sie hinrennen! – „Oh, ähm, äh, Entschuldigung. Meine Schuld, Verzeihung.“ Er trat zur Seite. Die Frau, die Snape fast umgerannt hätte, schüttelte vorwurfsvoll den Kopf, dann zuckte sie zusammen, wurde rot und rannte ihrerseits davon. Rötliche Haare, grüne Augen, Sommersprossen – das Gesicht kam Snape irgendwie bekannt vor.
Obwohl er im Aufzug allein war, hatte er ein Gefühl von drückender Enge. Kalte Schweißtropfen sammelten sich auf Snapes Stirn, er hatte weiche Knie. „Reiß´ dich zusammen, alter Schwächling!“ schimpfte Snape mit sich selber. Als er in die Einganghalle trat, tanzten schwarze Flecken vor seinen Augen, in den Ohren summte es. Bloß nicht hier umkippen! Er sah sich nach einer Sitzgelegenheit um, aber die einzige Bank weit und breit war besetzt. Häh, saß dort nicht Professor Thunderstorm, sein Lehrer für Angewandte Magie am Magical Arts College in Cambridge? Aber der war doch schon damals, als Snape studiert hatte, uralt gewesen, er konnte es nicht sein…
Snape ging in die Hocke und nestelte an seinem Schuhband. Dabei konzentrierte er sich ganz auf die Atmung; das Schwindelgefühl ließ nach. Snape nahm sich noch den zweiten Schuh vor, dann stand er langsam auf und bewegte sich zum Ausgang. Das plätschernde Wasser am Brunnen der Magischen Geschwister erinnerte ihn daran, dass er furchtbaren Durst hatte. Eiskaltes Ginger Ale und ein kleiner Imbiss wären jetzt nicht schlecht… Er machte ein paar Schritte in Richtung Kantine, blieb dann abrupt stehen. In der Ministeriumskantine bekam man nichts geschenkt, aber Geld hatte er keins mehr. Snape rannte zur Toilette – Glück gehabt – niemand drin! Mit einem kleinen Zauber sorgte er dafür, dass es so blieb, holte seine Brieftasche heraus und suchte alle Fächer ab, aber mehr als ein paar alte Zettel fand er nicht. Nacheinander kontrollierte er sämtliche Taschen seiner Kleidung – nichts, nicht mal ein Kupferstück, kein Muggel-Penny, gar nichts. Sch… (die folgende zweiminütige Schimpfkanonade geben wir lieber nicht wieder.) Schließlich drehte Snape den Wasserhahn auf und trank ein paar Schlucke. Danach hatte er wieder einen klaren Kopf.
Sein nächstes Ziel hieß Gringotts. Auch wenn er wusste, dass sein Verließ leer war - er musste es mit eigenen Augen sehen. Vielleicht lag ja doch noch eine Galleone in der Ecke. Je näher er dem Verließ kam, umso schwerer fiel es ihm, die Ruhe zu bewahren. Der Kobold schob den Riegel zurück, Snape trat ein – der Boden sah war frisch gefegt.
In der Kreditabteilung machte man ihm klar, dass er nichts borgen konnte, wenn er nichts zum Verpfänden hatte. Der Kobold zuckte bedauernd mit den Schultern, Snape musste gehen. Bloß weg aus der Winkelgasse! Auf dem Weg zum Apparierplatz kam ihm Lupin entgegen und ging unmittelbar an ihm vorbei, ohne ihn jedoch zu bemerken. Verlor er jetzt langsam den Verstand, dass er überall bekannte Gesichter sah? Doch da hörte er hinter sich Tonks´ Stimme: „Hier bin ich, Remus, hier hüben, huhu!“ Snape atmete tief durch, es war wohl doch Lupin gewesen. Im Schaufenster von Flourish & Blotts hing ein Plakat, das einen Vortrag eines gewissen Professor Thunderstorm zum Thema „Neue Erkenntnisse über alte Magie“ ankündigte. In einer Ecke stand, dass Thunderstorm in Kürze seinen 130. Geburtstag feiern würde. Also war es wohl doch Thunderstorm gewesen, der im Zaubereiministerium auf der Bank gesessen hatte. Die Hexe in der Meldestelle war vielleicht mit Minerva McGonagall verwandt, Minerva hatte ab und an ihre riesige Sippe erwähnt. Wer aber war die Rothaarige im Aufzug???
Snape musste den Gedanken an sie beiseite schieben, er hatte ein anderes Problem zu lösen: er brauchte Geld. Potters Angebot war zwar nicht schlecht, aber so ganz von ihm abhängig sein wollte Snape nicht. Nacheinander ging er in Gedanken alle Bekannten durch, aber niemand schuldete ihm noch was. Er musste sich einen Job suchen, doch wer würde schon einen ehemaligen Lehrer einstellen, der mit einem Haftbefehl wegen Mordes in der Tasche herumlief?
Gerade eben war er doch am Schwarzen Brett vorübergegangen, oder? Tatsächlich! Snape drehte sich um und ging die drei Schritte zurück. Unter der Rubrik „Job-Angebote“ hingen nur zwei Pergamentstücken. Helmet´s Apotheke suchte einen Tränkekundigen und Flourish & Blotts brauchten stundenweise einen Ladengehilfen und Boten. Die Stelle in der Apotheke wäre genau das Richtige! Und schon war Snape unterwegs dorthin. Er wartete mehrere Minuten, bis er allein im Laden war, dann fasste er sich ein Herz und sagte: „Sie suchen doch einen Tränkekundigen. Ich möchte mich um die Stelle bewerben.“ - „Welche Ausbildung und Berufserfahrung haben Sie?“ – „Ich bin Tränkemeister erster Ordnung und war jahrelang Lehrer für Zaubertränke in Hogwarts.“ Verwundert fragte Mrs. Helmet: „Und warum wollen Sie hier arbeiten? Hogwarts macht doch wieder auf.“ Snape überlegte, was er sagen sollte. Die Apothekerin fragte: „Wer sind Sie überhaupt?“ – „Mein Name ist Snape.“ Sofort wurde Mrs. Helmets Miene eisig. „Ach so, deshalb. Tut mir Leid, Sir, aber jemanden mit IHRER Vergangenheit kann ich nicht einstellen.“ - „Na, dann, auf Wiedersehen.“ Snape drehte sich um und ging. Ihm war, als hätte er einen Faustschlag in die Magengrube bekommen. Sollte er es im Buchladen versuchen?
„Ah, Professor Snape, schön, Sie mal wieder hier zu sehen. Was darf´s denn sein?“ Mr. Blotts kam auf Snape zugestürzt. Der hätte am liebsten nach dem Tränkejournal gefragt, doch er riss sich zusammen und antwortete: „Der Job als Ladengehilfe.“ Blotts brach in lautes Gelächter aus. „Der Witz ist gut, Snape!“
Düster antwortete Snape: „Ich mache keine Witze. Ich brauche dringend einen Job, egal, was.“ Der Buchhändler wurde wieder ernst und frage: „So schlimm?“, Snape nickte. „Dann kommen Sie mal mit nach hinten.“ Aufatmend folgte Snape Blotts in das kleine Büro hinter dem Laden. Zwanzig Minuten später sah die Welt etwas besser aus. Snape hatte den Job. Flourish und Blotts konnten ihm für die Arbeit als Ladenfeger und Bücherbote nur ein paar Sickel zahlen, aber es war besser als ganz auf Harry Potter angewiesen zu sein. Und – beim Einstellungsgespräch war Snapes Vergangenheit mit keiner Silbe zur Sprache bekommen, obwohl die Buchhändler mit Sicherheit Bescheid wussten.
Snape machte sich auf den Weg zum Grimmauld Place 12. Sein Magen knurrte; hoffentlich fand er wenigstens einen der Hauselfen vor. Er hatte Glück, Winky hantierte in der Küche. Binnen kurzem stand vor Snape ein Teller Curryhuhn mit Reis. Als er nach dem Essen auf dem Weg nach oben war, kam Potter nach Hause. „Ähm, Potter, Ihr Angebot von gestern Abend – was machen Sie, wenn ich ablehne?“ Harry antwortete unsicher: „Nichts. Sie müssen nicht hier bleiben, wenn sie nicht wollen. Ich dachte nur, Sie hätten keine Wohnung mehr – und kein Geld, und wollte ihnen helfen. Und wenn Sie uns Nachhilfe geben, hab´ ich gedacht, dann müssen Sie sich nicht allzu verpflichtet fühlen mir gegenüber…“ Snape überdachte noch einmal seine Alternativen – alle nicht verlockend. Nach den Monaten in dem kalten Loch von Voldemort erschien ihm Potters Haus wie ein Paradies. Er schritt auf den Jungen zu und streckte die rechte Hand aus. Potter schlug ein. „O.K. Sie geben uns Unterricht und dürfen dafür hier wohnen, solange Sie wollen.“
„Abgemacht.“ Snape drehte sich schnell um und eilte in sein Zimmer. Potter sollte nicht sehen, dass er gerührt war und sich schämte. Er hätte es nie für möglich gehalten, dass das Verhältnis zwischen einem Potter und ihm jemals von etwas anderem als Hass bestimmt sein könnte.
An der Türklinke steckte der Tagesprophet. Snape setzte sich in den Sessel und las. Auf der Titelseite waren die Namen von Todessern angegeben, die man aufgespürt und festgenommen hatte. Sein eigener Name stand nicht dabei, vielleicht war er gestern schon erwähnt worden. Auf der dritten Seite allerdings fiel ihm das Wort „Wolfsbann-Trank“ in die Augen. In einem Artikel über das St. Mungo´s tauchte sein Name auf. „…ist es Severus Snape zu verdanken, dass die Opfer von Fenrir Greyback und Co. wieder auf ein einigermaßen normales Leben hoffen dürfen…“ Von Harry Potter stand kein Wort in dem Artikel, alles war sachlich und vollkommen richtig dargestellt. Snape staunte nicht schlecht, denn geschrieben war dieser Artikel von Rita Kimmkorn.

Nach einer Woche hatte Snape einen gewissen Lebensrhytmus gefunden. Morgens bereitete er den „Unterricht“ vor, dann ging er zu Flourish und Blotts, sortierte Bücher, schrieb Listen, machte Botengänge. Nachmittags arbeitete er mit Potter, Ginny Weasley, Hermine Granger und Neville Longbottom die wichtigsten Tränke durch; sie diskutierten Rezepte, probierten die eine oder andere Neuerung aus. Dann ging er noch einmal ins Geschäft, um Kunden zu beliefern. Als letztes fegte er den Laden, besser gesagt, er ließ den Besen arbeiten. Abends las er meistens in Dumbledores Aufzeichnungen. Eine Mappe enthielt einige sehr persönliche Notizen und mehrere Briefe von Daisy Dumbledore an ihren Bruder. Anscheinend war Daisys Verlobung mit Harold Prince die Ursache für das Zerwürfnis zwischen den Geschwistern gewesen. Albus hatte Harold für einen Luftikus und Taugenichts gehalten – in ihrem letzten Brief gestand Daisy ein, dass er Recht gehabt hatte.
Ins Aurorenbüro ging Snape immer so früh wie möglich; kurz nach 8.00 Uhr waren nur wenige Leute dort, die schrägen Gestalten kamen nicht vor um 10.
Dann und wann schlich sich das Bild der grünäugigen Hexe aus dem Aufzug in seine Gedanken. Er war sich sicher, ihr schon mal begegnet zu sein, konnte sich aber nicht daran erinnern, wann und wo das gewesen sein könnte.
Aber wenn Snape abends alleine im Bett lag und alles im Haus ruhig und finster war, griff die Angst mit kalten Fingern nach seinem Herzen. Was würde der Prozess bringen? Welche Fragen würden sie ihm stellen? Würde man ihm „lebenslang“ aufbrummen?
So manche Nacht lag Snape wach, starrte an die Decke und dachte über sein bisheriges Leben nach. Immer wieder kreisten seine Gedanken um die Frage, warum er sich damals Voldemort angeschlossen hatte.


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