von Magic_1
Der Sonntag (30.10.) begann mit einem tollen Sonnenaufgang. Hogwarts war auch um halb zehn Uhr morgens noch relativ still, weil die meisten Schüler lange ausschliefen. Sarah hatte sich warm verpackt schon früh nach draußen begeben und hatte einen langen Spaziergang hinter sich gebracht. Hagrid stand draußen in seinem Garten und schnitt einen seiner größten Kürbisse entzwei, anscheinend wollte er wieder seine berühmt berüchtigten Kürbiskekse backen. Oben im Astronomieturm waren gerade McGonagall und Moody damit beschäftigt, eine Art Wintergarten zu errichten und einen Kamin aufzubauen, damit es der wachhabende Auror ein wenig wärmer hatte.
Wieder sah Sarah auf den See, ihr Atem war durch die eiskalte Morgenluft zu sehen und das gefrorene Gras knisterte unter ihren Füßen. Der gestrige Abend war sehr schön gewesen, und ihr guter Freund und Mentor hatte sogar einen Preis gewonnen. Sarah schmunzelte. Der mürrische, arrogante Trankmischer hatte sich von einem hässlichen, um sich beißenden Ganter in einen eleganten, schönen und, für seine Verhältnisse, begehrenswerten Schwan verwandelt. Ihr war nicht entgangen, wie verschiedene Mädchen ihm hinterher gesehen hatten. Was er jetzt wohl darüber dachte? Auch überlegte Sarah fieberhaft, wie sie die Annäherung zwischen ihm und Harry zustande bringen sollte. Die beiden hassten sich, sehr sogar! Und das mit Hingabe! Grübelnd ging sie den Hang hoch zu den Menhiren am Tor. Hier fühlte sie sich stark genug, ihren entstandenen Zukunftsängsten zu trotzen. Noch einmal drehte sie sich im Steinkreis um und sah auf die Landschaft Hogwarts. Es war einfach wunderschön hier. Doch diese Schönheit wurde von dem dunklen Lord überschattet, dem sie früher oder später gegenüber zu stehen hätte. Sie würde für Hogwarts ihr Leben geben, wenn es darauf hinauf laufen sollte. Alles was zählte, war Voldemort zu besiegen, damit alle, ob in dieser oder der Muggel-Welt, wieder in Frieden leben könnten. Ohne Diskriminierung durch solche, die meinten, etwas Besseres zu sein, und dass nur weil sie angeblich „Reinblüter“ wären.
Auch Snape, der ebenfalls, soviel sie wusste, ein Reinblut war und nur ihr Freund sein wollte, auch ihn wollte sie beschützen. Ihm eine Chance auf ein neues, sorgenfreies Leben schenken. Wer weiß, vielleicht lernte er doch noch eine Frau kennen, die ihm mehr zusagen würde und mit der er glücklich werden könnte? Sie wünschte ihm diese Zukunftsaussicht. Was zählte da schon ein einziges, kurzes Leben? Ihr Leben? Sie konnte und musste irgendwie für Frieden sorgen, und dafür gab sie es gerne hin.
Eine sorgenfreie Zukunft für alle.
Egal, was das für eine unscheinbare Sarah Hagemann bedeutete.
Auf sie lauerte der Tod, mit großer Sicherheit sogar. Aber das hatte sie nicht zu kümmern, ihre Angst, ihre Sorgen, ihre Wünsche zählten nicht. Hatten nie gezählt. Waren bedeutungslos, unerfüllbar. So würde sie auch ihre Eltern nicht wiedersehen, weil Sarah zur Sicherheit der Barriere in Hogwarts bleiben musste. Der Abschied in Worthing war gewiss ein Abschied für immer gewesen. Einige Tränen brannten in den Augen, die sie sofort unterdrückend wegwischte. Sie ballte kräftig die Fäuste zusammen.
Eine Riesenverantwortung lastete auf ihren Schultern. Die Hexe wollte sich ihr stellen und musste dafür den Kopf hochhalten, den anderen Zuversicht vermitteln, Hoffnungen wecken, hatte tapfer zu sein. Durfte keine Schwächen zeigen und einfach so aufgeben. So viel hing davon ab!
Selbst ihren Briefen hatte sie nichts von ihrem inneren Aufruhr anhaften lassen. Sie atmete tief durch und sagte fest entschlossen mit geballter Faust vor der Brust in Richtung Wald: „Ich werde weitermachen, Voldemort! Was auch immer dabei mit mir geschieht! Gemeinsam bringen wir dich zu Fall!“ Die aufkommende Angst verdrängte sie, wie so oft in letzter Zeit. Daraufhin wandte Sarah sich dem Tor zu, blieb aber verdutzt stehen. Irgendetwas glänzte da vor ihr auf...
In der Mitte des Steinkreises stand wie eh und je ein kleiner Sockel, und als sie näher trat, konnte sie auf seiner Oberfläche neben den Sternkreisen ein viergeteiltes, leuchtendes Symbol erkennen, was vorher ihres Erachtens nicht dort eingemeißelt gewesen schien. Sie konnte sich jedenfalls nicht daran erinnern. Aber es sah trotzdem so aus, als wenn es schon seit Jahrhunderten dem Stein angehörte. Das Leuchten aus den Vertiefungen verschwand. Dann konnte sie es genauer erkennen: Eine Schlange, einen Löwen, einen Dachs und einen Adler, die vier Tiersymbole der Häuser Hogwarts mit einem Kreis in der Mitte, der alle verband. Die gesamte Vertiefung war groß genug, dass etwas Handgroßes darin gelegen haben musste, denn die vier Zeichen waren durch Verstrebungen miteinander verbunden.
Sie zog ihren Handschuh aus und strich stirnrunzelnd mit den nackten Fingern über den eiskalten Sockel. Ihre Hand leuchtete unwillkürlich gleißend hell auf. Sie konnte merkwürdigerweise ihre rechte Hand nicht ruckartig von dem Symbol ziehen, so hielt sie die andere schnell vor das Gesicht. Mit einem Mal hörte sie für den November untypisch balzendes Vogelgezwitscher und sie öffnete verwundert über die plötzliche Wärme die Augen. Sie stand noch immer an den Menhiren, doch es war später Frühling, der Berghang war in ein sattes Grün getaucht und Blütenblätter flogen ihr um die Nase. Auch die Sonne war sehr viel kräftiger und wärmte ihr Gesicht. Und dann spürte sie etwas warmes, metallisches an ihren Fingern. Der Wind frischte auf und es war ihr, als flüsterte ihr jemand zu:
Wenn Du Lob, Anmerkungen, Kritik etc. über dieses Kapitel loswerden möchtest, kannst Du einen Kommentar verfassen.
Zurück zur Übersicht - Weiter zum nächsten Kapitel