von FeuerflĂĽgel
Die drei schafften es erst eine Stunde später, sich auf den Weg nach Godrics Hollow zu machen. Harry hatte es von Anfang an geplant, sich ein Mal seine frühere Heimat anzusehen, das Grab seiner Eltern zu besuchen und sich den Platz anzuschauen, auf dem einmal das Haus gestanden hatte. Und vielleicht fand er auch einen Hinweis auf eines der Horkruxe..?
“Ach und vergesst nicht, genügend zu essen und begebt euch nicht unnötig in Gefahr und...” sagte Mrs. Weasley besorgt.
“Ja, Mum.” sagte Ron ein wenig genervt, als ihn seine Mutter schon zum fünften Mal umarmte. Dann umarmte sie auch noch Hermine und Harry.
“Wir apparieren doch, oder?” fragte Hermine hoffnungsvoll, denn das Fliegen war einer der wenigen Bereiche, in denen sie einfach nur grottenschlecht war.
“Ich... Oh, na gut, Hermine, schau mich nicht so an. Wir apparieren.” sagte Harry. Zum Glück hatte er vor wenigen Tagen zusammen mit Ron seine Appariererlaubnis erhalten. Warum, um Gottes Willen, konnte er seiner besten Freundin so wenig abschlagen? Sie gingen zu der Stelle, an der man dis- oder apparieren konnte. Noch ein letztes Mal drehte sich Harry zum Fuchsbau um. Wenn er es nicht schaffte, wenn er nicht... Vielleicht würde er das Haus nie wieder sehen, in dem er sich genauso zu Hause fühlte, wie in Hogwarts...
“Harry, kommst du?” fragte Ron leise, er schien zu wissen, was Harry empfand.
“Ja, ich komme.”
Wenige Sekunden später waren sie in Godrics Hollow. Es war neblig und kalt, doch Harry kümmerte es nicht. Sofort bemerkte er viele kleine Häuser, die unverkennbar Zauberern gehörten, denn solche Gegenstände gebrauchte ganz gewiss kein Muggel : ein Briefkasten mit rasiermesserscharfen Zähnen stand vor einem grünen Haus mit schiefen Dach und auf dem anderen stand ein Kessel, aus dem grüner Dunst wabberte.
“Ich dachte, hier würden auch Muggel leben?” sagte Hermine verwirrt. Harry sah sich um. Es gab hier auch Häuser, die aussahen, als gehörten sie Muggeln, doch sie waren ganz offensichtlich verlassen und manche waren zerstört.
“Ja, eigentlich schon.” sagte Harry stirnrunzelnd.
“Was läuft hier? Mir gefällt es hier nicht, Harry. Lass uns wieder abhauen.” sagte Ron, seine Stimme war mindestens eine Oktave höher als sonst.
“Ron.”, sagte Hermine und versuchte dabei verständnisvoll zu klingen, “Wir bleiben hier. Lass Harry doch die Chance, das Grab seiner Eltern zu besuchen.”, dann wandte sie sich zu Harry um.
“Was denkst du, was hier passiert ist?” Harry sah zu den zerstörten Häusern und sah ihr dann offen ins Gesicht.
“Voldemort war hier. Oder zumindest seine Anhänger.” Hermine und Ron sahen sich ängstlich um, nur Harry blieb ruhig. Auf jeden Fall war nicht Voldemort hier. Er hätte es gespürt.
“Da kommt jemand.”
Eine Frau mit gelbblondem, verfilztem Haar, Filzpantoffeln und Morgenmantel kam mit gezĂĽcktem Zauberstab auf sie zu.
“Was wollt ihr hier? Wer seid ihr?” fragte sie misstrauisch und richtete den Zauberstab direkt auf Harrys Herz.
“L.. Lassen Sie das lieber.” stotterte Ron.
“Ich lasse mir von dir nichts vorschreiben, Freundchen!”, sagte die Frau gereizt und schwang ihren Zauberstab wie ein Schwert, “Was wollt ihr?”
“Wir sind... Also wir...” fing Hermine an, wurde jedoch von Harry unterbrochen.
“Können Sie uns sagen, wo Lilly und James Potter gelebt haben?” Die Frau sah ihn nun noch misstrauischer an.
“Was?”
“Können Sie uns sagen, wo Lilly und James Potter gelebt haben?” wiederholte Harry ein wenig lauter.
“Warum wollen Sie das w... Ach du MEINE GÜTE! H... H.. .Harry P.. Potter! Hier, in Godrics Hollow! ACH DU MEINE GÜTE!” rief sie plötzlich, als sie die Narbe auf Harry Stirn erblickte. Es war Harry unangenehm, er kam mit dem Ruhm, besonders in letzter Zeit, immer noch nicht zurecht.
“Ähm.. Ja... Also können Sie es mir nun sagen, oder nicht? Ansonsten suchen wir es einfach -”
“Aber nein! Natürlich! Ich zeige es Ihnen, Mr. Potter! Kommen Sie, kommen Sie! Und Ihre Freunde natürlich auch! Ihre Freunde sind auch meine Freunde!” sagte Frau aufgeregt und hastete sofort den Hang hinauf. Harry, Ron und Hermine folgten der Frau, die sich als Melissa McCalfin vorstellte (“Aber bitte, Mr. Potter, nennen Sie mich doch Melissa!”) .
Nachdem sie eine viertel Stunde gelaufen waren, kamen sie an einem hübschen kleinen Häuschen an. Hermine beugte sich zu Harry hinüber und flüsterte:
“War das Haus nicht zerstört?” Harry antwortete nicht. Auf merkwürdige Art und Weise kam ihm dieses Haus sehr bekannt vor.
“Da ist es, Mr. Potter. Nachdem wir erfahren hatten, dass du- weißt- schon -wer angeblich gestorben wäre, was er ja offensichtlich nicht ist, “sagte Melissa gefrustet, “haben alle Hexen und Zauberer in diesem Dorf das Haus wieder aufgebaut. Mit allem, was wir an Einrichtung und so gefunden haben. Und es ist mit einem Zauber belegt. Nur Sie, Harry, können das Haus betreten und drei weitere Menschen, die Ihre Vertrauten sind. Sonst niemand. Gehen Sie ruhig rein.”
Harry öffnete langsam das Gartentor und schritt, gefolgt von Hermine und Ron, auf die Tür zu. Und kaum war er auch nur zehn Meter entfernt, öffnete sie sich. Als er das Haus betrat, erwachten in Harry wiederstreitende Gefühle. Einerseits kam ihm alles so bekannt vor und doch fremd. Er war wieder zu Hause.
Am nächsten Morgen erwachte Harry schweißgebadet. Seine Narbe brannte wie Feuer. Sie hatte schon seit langem nicht mehr geschmerzt, doch heute... Plötzlich ertönte lautes Gekicher aus dem Nachbarzimmer.
“Nein, Ron, nicht! Lass das!” quiekte Hermine.
“Oh, doch, jetzt werde ich dich von oben bis unten abknutschen!” Harry sprang aus dem Bett und blieb unschlüssig stehen. Hatte er ernsthaft geglaubt, dass er das Recht hatte, dort einfach reinzustürmen, nur weil es ihm nicht so gut passte, das Ron und Hermine... ein Paar waren? Er zog sich an und ging in Gedanken versunken hinunter in die Küche. Seine Narbe schmerzte immer noch. Irgendetwas musste Voldemort so aufgeregt haben, dass seine Gefühle durch den Okklumentikschild durchgedrungen waren. War es etwa der Traum, den er gehabt hatte...?
“Morgen Harry.” sagte Ron gut gelaunt, als er mit Hermine händchenhaltend in die Küche kam.
“Morgen.” brummte Harry. Er sah Hermine an. Plötzlich lief sie rot an und ließ Rons Hand los. Ron wollte gerade etwas sagen´, als er Harrys blasses Gesicht sah.
“Hey, wa... Harry, was ist los?”
“Na ja, nichts wichtiges. Meine Narbe schmerzt ein wenig. Geht sicher gleich vorbei... Wie soll es eigentlich weitergehen? Ich würde sagen, wir gehen heute zu dem Grab meiner Eltern und machen uns dann auf den Weg, um eins der Horkruxe zu finden.” wechselte Harry das Thema.
“Ja, das können wir machen. Aber deine Narbe hat doch so lange nicht mehr geschmerzt, oder?” fragte Hermine besorgt.
“Ja, schon, aber ich denke nicht, dass es etwas zu bedeuten hat. Ist schon wieder vorbei.” Damit war das Thema erledigt und Harry musste sich noch im Stillen ärgern, wie Ron Hermine mit dem Frühstück fütterte.
Der Friedhof war kalt und trostlos. Harry entdeckte viele frisch aufgeschüttete Gräber und Menschen, die weinend an den jeweiligen Gräbern standen. Bald fanden die Drei das Grab der Potters. Es war aus Marmor und auf dem Grabstein stand:
Hier ruhen Lilly und James Potter.
Geb.12.04. und 05.10. 1970; gest. 08.06.1995
Ihre Liebe wird alle Zeit bei uns sein.
Noch nie hatte Harry seine Familie so vermisst wie jetzt. Plötzlich wurde ihm mit aller Wucht klar, dass er alleine war. Und dann spürte er ganz unerwartet Hermines an in seiner. Sie war so warm und... Halt, was dachte er jetzt schon wieder?! Sie war Rons Freundin und er durfte nicht... Durfte nicht einmal so etwas denken.. Schnell zog er seine Hand zurück. Gott sei Dank schien Ron nichts bemerkt zu haben, er starrte unentwegt auf einen grauen Grabstein, nicht weit weg von dem der Potters.
“Harry, was stand noch mal auf dem Zettel in dem gefälschte Horkrux?” flüsterte er.
“Dass das Horkrux schon geklaut worden ist und -” fing Harry an, wurde jedoch von Ron unterbrochen.
“Nein, ich meine, mit welchen Buchstaben wurde unterschrieben?”
“R.A.B. Wieso?”
“Hier steht nämlich Regulus A. Black.” Harry wirbelte herum. Er rannte zu Ron und tatsächlich: Regulus A. Black! Es passte alles zusammen! Er hätte von den Horkruxen wissen können, er war ein Todesser, er war wenige Tage nachdem er auf die anderen Seite gewechselt und war ermordet worden...
“Seht mal her, Jungs. Da ist was reingeritzt. Andere Sprache, andere Buchstaben, kann ich nicht entziffern.” sagte Hermine, als sie den Grabstein näher betrachtete. Auch Ron sah sich die Einkerbungen an. Er konnte es auch nicht lesen.
“Harry, sieh dir das auch mal an.” Harry gehorchte und begutachtete den Stein. Aber Merkwürdigerweise....
“Seid ihr euch sicher, dass ihr das nicht lesen könnt?” fragte Harry.
“Ja.” sagten Beide gleichzeitig.
“Also, ich kann es lesen.” sagte Harry stirnrunzelnd.
“Wie.. Was... Und... Und was steht dort?” fragte Hermine völlig perplex. Und Harry las:
Ich habe das Horkrux noch rechtzeitig zerstört. Ich weiß auch, wo sich das dritte Horkrux befindet. Denken Sie nach, Mr. Potter. Ich habe das Wissen, selbst im Grab.
“Woher weiß der meinen Namen? Wieso kann nur ich das lesen? Hast du eine Ahnung, Hermine?” fragte Harry völlig verwirrt.
“Oh, ja... Ich habe mal etwas darüber gelesen... Es sind Nachrichten, die man so verändern kann, dass sie nur eine bestimmte Person lesen kann. Allem Anschein nach hat Regulus Black irgendwie schon vorher gewusst, dass du die Horkruxe zerstören willst und hat das auf seinen Grabstein gemeißelt, bevor er gestorben ist...” sagte Hermine nachdenklich.
“Soll das heißen, er hat sich seinen eigenen Grabstein gemacht?” fragte Ron angeekelt. Hermine warf ihm zum ersten Mal seit langem einen vernichtenden Blick zu.
“Was er wohl mit: “Ich habe das Wissen, selbst im Grab” meint?” fragte Harry nachdenklich.
“Ist doch ganz klar: er ist mit dem Wissen um dieses Horkrux gestorben.” sagte Ron.
“Das ergibt keinen Sinn... Das hätte er nicht extra auf den Stein schreiben brauchen...”
“Ich denke, er wollte, dass du ihn ausbuddelst.” unterbrach Hermine ihn.
“Wa... Sag mal Hermine, Harry kann doch nicht ein Grab ausbuddeln. Wir sind doch hier in einem Friedhof und keinem Sandkasten, wo jeder, der gerade Lust hat rumgraben kann!” rief Ron entrüstet.
“Tja, wir müssen es ja nicht am Tag machen...” sagte Hermine mit einem schelmischen Grinsen.
“Harry, sie ist total verrückt geworden. Ich liebe sie zwar, aber sie ist total verrückt geworden...”
“Es wäre eine Idee.” sagte Harry nachdenklich, ohne auf Ron zu achten.
“Jetzt ist er auch noch durchgeknallt!”
“Wir machen es. Heute Nacht.” sagte Harry entschlossen, Hermine nickte zufrieden und Ron schien den Tränen nahe.
“Warum musste ich mir so einen Freund aussuchen? Warum musste ich mich in eine Verrückte verlieben?” jammerte Ron. Es war dunkel, kurz vor Mitternacht.
“Halt endlich die Klappe, Ron.” sagte Harry entnervt, sein Freund jammerte schon seit Stunden. Alle Drei waren unter dem Tarnumhang und nun standen sie direkt vor dem Grab von Regulus A. Black. Hermine schlüpfte aus dem Tarnumhang und sagte:
“Na dann mal los.”, deutete mit dem Zauberstab auf das Grab und sofort lag das Grab frei.
“Harry, da liegt ein Bann drüber. Wahrscheinlich hat er einen Freund beauftragt ihn mit diesem Zauber zu belegen. Ich denke, da kannst nur du ran.” Harry nickte und kletterte kurzerhand in das Erdloch, indem ein Sarg lag.
“Das - ist- so - eklig.” sagte Ron abgehackt. Harry öffnete den schwarzen Sarg und blickte hinein. Sofort wurde ihm schlecht und er musste einen Schritt zurückgehen.
“Was ist los, Harry?” fragte Hermine ängstlich.
“Nichts.” Er ging wieder auf das Skelett zu.
“Hermine, was soll ich denn jetzt machen?”
“Wühl in den Taschen, durchsuch ihn!”
“Das - ist - so -eklig.” sagte Ron wieder. Nach einigen Minuten, in denen Harry die Taschen durchwühlte, entdeckte er ein Medaillon in der Hand des Toten. Er öffnete die Finger unter größtem Ekel und holte es hervor.
“Ich habs.” brachte Harry gerade noch hervor, kletterte heraus und lies sich neben Ron ins Gras plumpsen. Hermine schloss das Grab wieder und ging zu den Beiden.
“Mensch, Jungs, ausruhen könnt ihr euch später. Na los, runter, unter den Tarnumhang!” sagte Hermine energisch.
Eine halbe Stunde später saßen die Drei wieder in der Küche. Ron starrte vor sich hin und hielt einen Tee in der Hand.
“Also, dann mach es schon auf, Harry!” sagte Hermine aufgeregt. Harry öffnete es und ein kleiner Zettel fiel heraus, es war die gleiche Schrift, wie in dem falschen Medaillon, dass nicht das Zeichen von Slytherin trug. Harry überflog den Text.
“Und?” auch Ron schien nun aus seinem Trance ähnlichen Zustand erwacht zu sein. Harry las ihnen laut vor:
Sehr geehrter Mr. Potter,
Wenn Sie diese Nachricht lesen, bin ich wahrscheinlich schon längst tot. Voldemort hätte mich nie am Leben gelassen, nach dem, was ich getan habe. Aber ich bereue nichts. Ich habe herausgefunden, dass Voldemort Horkruxe verwendet, um nicht zu sterben. Ich habe bereits das Horkrux zerstört, dass sie in der Hand halten. Ich weiß auch von einem anderem, aber ich bin nicht mehr dazu gekommen, es zu zerstören. Es befindet sich in der Nähe vom Riddle Haus. Es ist der Kelch von Helga Huflepuff. Vernichten Sie es, vernichten Sie die Anderen und vor allem: Vernichten Sie Lord Voldemort.
Hochachtungsvoll
Regulus A. Black
Stille. Und dann sprach Hermine.
“Wann werden wir aufbrechen?” Harry sah sie dankbar an und sagte:
“So schnell wie möglich. Morgen früh.” Seine Freunde nickten zustimmend.
“Wir sollten jetzt noch ein wenig schlafen. Gute Nacht ihr Zwei.” sagte Harry und ging völlig in Gedanken versunken nach Oben.
“Gute Nacht Harry.” flüsterte Hermine.
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