von Sáthien
Mein Name ist Maria Schulz. Ich spreche meinen, zugegebenermaßen sehr gewöhnlichen Namen, seit einiger Zeit wieder mit einem gewissen Stolz und vor allem mit Erleichterung aus. Mein Name ist so durchschnittlich, wie ich und so viele andere in meinem Alter. Auch mein Aussehen ist nicht herausragend. Ich bin weder hübsch, noch hässlich, nicht übermäßig dünn, oder dick. Ich wiege gerade so viel, dass sich ein kleiner Rettungsring um meinen Bauch bilden kann und mein Hintern beim Gehen ein wenig wabbelt. Ich betrachte ihn so oft ich kann mit allergrößter Erleichterung, so wie den Rest von mir, im Spiegel.
Jetzt werden sich bestimmt einige fragen, weshalb ich ständig vor dem Spiegel stehe. Bin ich etwa eitel oder hoffnungslos in mich selbst verliebt?
Die Antwort lautet: „Nein.“ Wenn ich nicht ein paar Mal am Tag zum Spiegel gehe, bekomme ich regelmäßig Panikattacken. Was ist, wenn sie zurück sind? Was ist, wenn ich plötzlich wieder so aussehe wie zu der Zeit? Sind meine Augen noch normal?
Doch jedes Mal, wenn ich dieser Tage davor stehe, sehe ich mich, so wie ich aussehen soll, mit mausbraunem Haar, graublauen Augen, die müde unter Schlupfliedern hervorgucken und einem kleinen Doppelkinn, das man besonders gut bewundern kann, wenn ich Rollkragenpullover trage. Erst wenn ich das alles sehe, bin ich beruhigt und kann für die nächsten Stunden normal weiterleben.
Höre ich da jemanden „Zwangserkrankung“ murmeln?
Selbst das wäre mir recht. Alles was nicht perfekt oder bewundernswert ist, nehme ich mit Kusshänden an. Meine etwas krakelige Schrift, die von einem normalen Bleistift, der von etwas zu dicken Fingern geführt wird, geschrieben wird. Meine nur mittelmäßigen schulischen Leistungen. Meine Dickköpfigkeit, die mir nicht immer Freunde macht. Meine miserablen Kochkünste. Diese lange Narbe an meinem Oberschenkel, die von irgendeinem Unfall meiner Kindertage herrührt. Der Pickel an meiner Stirn, der fröhlich vor sich hin wuchert.
Dies alles macht mich furchtbar glücklich. „Warum?“, werden sich jetzt vielleicht einige fragen. „Das ist doch alles total normal, was soll einen daran denn glücklich machen?“
Auf solche Antworten antworte ich meist nur äußerst selten und ungern. Doch ich habe vor einer Weile beschlossen, meine furchtbaren Erfahrungen nieder zu schreiben, sie mit anderen zu teilen, um mir die Angst aber auch die Erleichterung von der Seele schreiben. Die Geschichte, die ich euch nun also erzählen möchte, ist so schrecklich, wie sie unglaublich ist, und doch ereignet sie sich viel zu oft, an anderen Stellen, zu anderen Zeiten. Und doch gehört sie, wohl oder übel, zu meinem Leben dazu.
Ich nenne sie: „Hilfe, ich bin eine Mary Sue!“
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