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Fanfiction

Bruised and Broken - Teil I - Final Face Off

von solvej

One more thing before we start the final face off
I will be the one to watch you fall*


[Placebo – Infra-Red]

~oOo~


Die von Alter und Ruß geschwärzten Mauern des halb eingestürzten Gebäudes ragten düster einige Meter vor Harry empor und zeichneten sich scharf gegen den dunkelblauen, sternengespickten Himmel ab. Das Haus, wenn man es noch so nennen konnte, war größer, als Harry erwartet hatte. Es schien zumindest von vorne mindestens doppelt so breit wie das der Dursleys, und rundherum erstreckte sich etwas, was einmal ein weitläufiger Garten gewesen sein musste, der zur Straße hin, von der er gekommen war, von einer niedrigen Mauer abgegrenzt wurde. Diese Mauer war offenbar das einzige noch Intakte hier, wenngleich von dem schmiedeeisernen Tor, das einst die Einfahrt verschlossen hatte, nur noch eine schief in den Angeln hängende Hälfte übrig war.

Das Haus zu finden hatte ihm ein wenig Schwierigkeiten bereitet – allein schon die ‚Flucht‘ vor den Weasleys... Seit Bills und Feurs Hochzeit, die mittlerweile eine Woche zurücklag, wohnte er im Fuchsbau, und mit seiner Abreise dorthin hatte er auch endgültig Abschied von den Dursleys genommen. Nicht, dass ihn das in irgendeiner Weise getroffen hätte, aber es war auf jeden Fall ein bedeutender Schritt in seinem Leben gewesen.

Am frühestmöglichen Termin, nämlich heute, seinem Geburtstag, hatte er dann im Ministerium endlich die Apparierprüfung abgelegt, die ihm, nach allem was er mit Dumbledore erlebt hatte, nicht mehr schwer gefallen war. Er bemühte sich allerdings, möglichst nicht an seinen alten Schulleiter zu denken. Der Schmerz war noch zu frisch, das Loch, das dieser hinterlassen hatte, einfach zu groß, um es so schnell wieder stopfen zu können. Vorübergehend übte er sich in Verdrängung; einer Technik, die er schon nach Sirius’ Tod nahezu zur Perfektion gebracht hatte. Es blieb nur dieses dumpfe Bewusstsein, dass irgendetwas an dem schönen Bild, das er sich zurechtgelegt hatte, nicht richtig war.

Nach seiner Prüfung war er dann mit Ron (der bei seinem zweiten Versuch nun ebenfalls bestanden hatte) und dessen Vater in den Fuchsbau zurückgekehrt, und hatte sich wenig später in dem allgemeinen Trubel, der sowieso immer dort herrschte, heimlich aus dem Staub gemacht. Er wollte nicht, dass Ron und Hermine ihn begleiteten, zumindest noch nicht. Diese erste Rückkehr zu seinem persönlichen ‚Ort des Verhängnisses‘ musste er allein hinter sich bringen, das schien ihm vollkommen logisch. Außerdem hatte er nicht gewollt, dass Ginny noch auf dumme Ideen käme – genauer, ihn womöglich auch begleiten zu wollen, das sähe ihr nur zu ähnlich. Ihre Trennung lag ihm, neben diversen anderen etwa tonnenschweren Lasten, ohnehin noch schwer im Magen, und er hatte die vergangene Woche über alles getan, um ihr möglichst aus dem Weg zu gehen, was sich teilweise aber als nahezu unmöglich herausgestellt hatte.

Ein beißender Schmerz vermischte sich in seiner Brust mit Wut, Liebe, Enttäuschung und noch so einigen anderen Emotionen zu einem bunten Strudel, in dem er zeitweise selbst nicht mehr ausmachen konnte, was wohin gehörte. Was er allerdings wusste, war, was er nun zu tun hatte. Mit einer grimmigen Entschlossenheit hatte er sich zu seinem ersten Ziel auf der langen Strecke, die noch vor ihm lag aufgemacht: Godric’s Hollow.

Sobald sich die Gelegenheit ergeben hatte, war er also in den kleinen Ort appariert, in dem einmal sein Zuhause gewesen sein sollte. Er hatte sich bis zu dem Anwesen durchgefragt und war dabei des Öfteren skeptisch beäugt worden, was ihn allerdings weder weiter verwundert, noch auch nur im Geringsten aufgehalten hatte. Schließlich war er auf eine beidseitig von Birken gesäumte, verlassen wirkende Straße am Rande des Dorfes gelangt. Lange Minuten des Entlangwanderns vergingen, ohne jegliches Anzeichen weiterer menschlicher Erschließung. Scheinbar führte sie ins Nichts. Fast im selben Moment, in dem Harry dieser Gedanke durch den Kopf geschossen war, passierte er eine sanfte Biegung und die Reihe der Bäume wurde auf einer Seite unterbrochen. Statt ihrer setzte dort die niedrige Steinmauer an, die das Anwesen der Potters umschloss.

Zögerlich begann Harry, das Haus von links zu umrunden. Teilweise lagen ihm dabei größere Steinbrocken im Weg, die wahrscheinlich einmal Teile der Außenmauer gebildet hatten und die er dann mühsam überklettern musste. Prinzipiell ähnelte das Ganze mehr einem Hindernislauf als einer Hausbesichtigung, und mehr als nur einmal hätte er sich fast ein Bein gebrochen, als er über irgendetwas stolperte. Auf der von der Straße abgewandten Seite angekommen, blieb er stehen und nahm in allen Einzelheiten in sich auf, was da vor ihm lag.

Die gepflasterte Fläche direkt vor ihm musste einmal eine Terrasse gewesen sein. Er versuchte, sich vorzustellen, wie sie einmal ohne all den Schutt und Dreck, der sie jetzt fast vollkommen bedeckte, ausgesehen haben mochte. Es gelang ihm nicht. Dahinter, wo einmal die Terassentür gewesen sein mochte, klaffte nun ein riesiges Loch in der Wand, teilweise versperrt von brandgeschwärzten Dachbalken, die an dieser Stelle in die Tiefe gekracht waren. Harry richtete seinen Blick zum ersten Mal nach oben. Vom Dachstuhl war tatsächlich kaum mehr etwas übrig, nur einzelne Teile des verwitterten Gebälks ragten noch in die Dunkelheit, wie die verwesenden Rippenknochen eines steinalten Skeletts.
Harry schauderte unwillkürlich.

Während die Ostseite, von der er gekommen war, trotz diverser Schäden noch einigermaßen heil zu nennen war, glich die westlich gelegene eher einem Steinbruch als einem Haus. Die Ecke des Gebäudes war gänzlich in sich zusammengestürzt und so weit er durch die Lücke ins Innere sehen konnte, gab es an dieser Stelle auch keinen ersten Stock mehr. Die Zwischendecke war herunter gekracht und bedeckte nun in Trümmerform den Boden, damit wurde der Raum unpassierbar. Harry trat näher an den Hohlraum heran, ohne das Haus aber wirklich zu betreten, und kniff die Augen zusammen, um besser hinein sehen zu können. Weiter hinten schien vom oberen Stockwerk noch Einiges vorhanden zu sein, obwohl sich Harry im Stillen fragte, wie die bröckelnden Mauern die Last eigentlich noch tragen konnten. Als sich seine Augen an die kargen Lichtverhältnisse gewöhnt hatten, konnte er sogar zertrümmerte Einrichtungsstücke erkennen. Wie alles waren sie bedeckt von einer zentimeterdicken Staubschicht und dem rötlichen Puder, das aus den zerschmetterten Dachziegeln entstanden war. Zwischen all dem Unrat wuchsen aus dem vermoderten Holz einige spärliche, genügsame Pflanzen, die trotzig der Verwesung und dem Verfall Widerstand leisteten.

Harry ging weiter, so lange, bis er wieder beim Vordereingang des Hauses stand. Noch einmal ließ er den Blick, über das, was einmal die Fassade gewesen war, gleiten. In seinen besseren Zeiten musste das hier ein stattliches Bauwerk gewesen sein, darauf ließen die Überreste der reichen Außenverzierung und die beinahe prunkvolle Bauweise schließen. An der Rückwand, fiel Harry wieder ein, hatte er auch etwas gesehen, was einmal ein ausladender Balkon gewesen sein mochte. Ob hier einmal die Eltern seines Vaters gewohnt hatten, bevor die junge Generation der Potters Einzug gehalten hatte? Angeblich waren sie ja recht vermögend gewesen. Was war eigentlich mit ihnen passiert? Harry wurde jetzt erst klar, dass er nie danach gefragt hatte. Zu sehr hatte er sich immer auf das Leben seiner Eltern konzentriert, dabei hätte Sirius es ihm sicher sagen können. Eine jähe Übelkeit durchzuckte ihn bei der Erinnerung an seinen Paten und rasch zwang er seine Gedanken wieder in die antrainierten Bahnen, die weit an seinen diversen Verlusten vorbeiführten.

Harry kniff kurz die Augen zusammen und lauschte, aber er hörte nichts, als das ferne Zirpen der Grillen (aus irgendeinem Grund schien sich in der näheren Umgebung kein lebendiges Wesen außer ihm aufhalten zu wollen) und das leise Knarren, das der Wind in den Dachbalken verursachte. Aber er glaubte, irgend etwas zu spüren, das nicht hierher gehörte, konnte jedoch nicht sagen, woher dieser Eindruck kam. Er erinnerte sich, wie Dumbledore in der Höhle an der Küste die Magie an bestimmten Stellen erfühlen konnte. War es das? Harrys Mundwinkel zuckte nervös – das kannte er bereits. Es war das einzige äußerliche Zeichen, das von seiner Trauer zurückgeblieben war, alles andere unterdrückte er erfolgreich, oder er lenkte sich ab. Mit dieser Reise nach Godric’s Hollow, zum Beispiel. Er war sich nicht ganz im Klaren darüber, wohin sein emotionaler Zustand noch führen sollte, wahrscheinlich wusste er nicht einmal, dass etwas damit nicht stimmte. In letzter Zeit war es ihm nur auf die Nerven gefallen, dass Hermine mehrmals versucht hatte, ihn auf sein Gefühlsleben anzusprechen, er hatte das jedoch jedes Mal erfolgreich abgeblockt. Sie hatte es irgendwann aufgegeben und sich darauf beschränkt, ihm über den Rand ihres Buches hinweg pausenlos sorgenvolle Blicke zuzuwerfen. Ein Grund mehr, warum er alleine hier her gekommen war.

Er atmete tief durch. ‚Jetzt oder nie‘, sagte Harry sich, denn wenn er noch länger zögern würde, könnte sein ungutes Gefühl ihn womöglich zum Umkehren bewegen. Er hob die Hand, und kaum, dass seine Finger die morsche Tür aus vom Wetter gezeichneten Holz berührten, schwang diese auf, ohne auch nur den geringsten Laut von sich zu geben. Harry warf einen letzten, beunruhigten Blick über die Schulter, und trat dann mit entschlossenem Ausdruck über die Schwelle.

Im Inneren des Hauses roch es muffig, und es herrschte eine seltsame Art von Dunkelheit, in der er sich zwar noch gut orientieren konnte, die aber beinahe körperlich von ihm Besitz ergriff. Er schüttelte den Kopf bei diesem Gedanken. Jetzt war nicht der Zeitpunkt, seine Nerven wegzuschmeißen. „Lumos“, flüsterte er, und schon erhellte ein schwacher Lichtschein aus der Spitze seines Zauberstabs die nähere Umgebung.

Er stand in einer großzügigen Diele, auf deren linker Seite eine breite, geschwungene Treppe in den ersten Stock führte. Das Geräusch seiner Tritte wurde von der dicken Staubschicht fast völlig verschluckt, und jedes Mal, wenn er seinen Fuß auf den Boden setzte, wirbelte eine kleine Wolke auf. Ihm gegenüber führte eine Türe – oder das, was davon übrig war – in ein großes Zimmer, rechter Hand lagen zwei kleinere, die, noch intakt, wahrscheinlich in andere Räume führten. Die Treppe nach oben wirkte noch stabil, so als könnte sie zumindest eine Person geringeren Gewichts – die er ja ohne Zweifel war – noch tragen.

Probehalber hob er unter einiger Anstrengung einen größeren Stein vom Boden auf und warf ihn auf die Stufen. Mit einem lauten Krachen, dessen Echo noch sekundenlang durch das tote Gemäuer hallte, schlug er auf. Staub und Splitter stoben in alle Richtungen davon und Harry bedeckte sich hastig mit dem linken Arm das Gesicht. Aber die Treppe hielt stand. Die gröberen Staubkörnchen sanken schnell wieder zu Boden, aber die feinsten blieben in der Luft hängen und bildeten einen unangenehmen, grauen Nebel, der Harry jeden Atemzug zur Qual werden ließ. Er beschloss spontan, die Erkundung des oberen Stockwerks auf später zu verschieben, und beeilte sich, durch die große Tür am anderen Ende der Halle den nächsten Raum zu erreichen.

Die Luft war dort eindeutig besser: Das Zimmer, groß genug um darin bequem einen Walzer tanzen zu können, wenn man von seinem Zustand einmal absah, erstreckte sich bis zur anderen Seite des Hauses. Es war jenes, das den zusätzlichen Eingang zur Terrasse verpasst bekommen hatte, insofern verfügte es wirklich über genug Frischluft. Er fand hier nicht mehr, als was er schon erahnt hatte. Zerstörte Möbel, deren Holz verquollen und Lack längst abgesplittert war; mehr Trümmer und Schmutz; keinen Horkrux.

Harrys Mundwinkel zuckte wieder. Unwillkürlich fasste er sich an die Lippen, sie waren spröde und rissig. Er glaubte sich zu erinnern, dass sie noch weicher gewesen waren, als er mit Ginny zusammen war. ‚Ist das nicht irgendwie unlogisch?‘, fragte er sich einen Moment lang, bevor ihn die kleine, klugscheißerische Stimme, die sich manchmal in seinem Kopf zu Wort meldete, darauf hinwies, dass er die letzten Wochen bei den Dursleys in erster Linie damit verbracht hatte nachzudenken (im Grunde ergebnislos) und dabei auf seiner Unterlippe herum zu beißen (mit dem Effekt, sich selbst zu verstümmeln).

Über ihm knarrte es laut und vernehmlich. Sofort spannte sich Harrys Körper in nervöser Erwartung an, er duckte sich und seine Augen flogen hektisch über seine Umgebung auf der Suche nach Deckung. Sie fanden keine. Er verharrte in seiner aktuellen Position und lauschte angestrengt. Für einige Sekunden schloss er die Augen und versuchte den Raum zu hören – Fledermäuse taten das ja auch. Er glaubte, durch den Wind draußen die Wände erhorchen zu können. Aber ansonsten – Stille.

Langsam, als fürchte er das, was er gleich sehen würde, öffnete er wieder – Millimeter für Millimeter – die Augen. Aber alles sah noch genauso aus wie vorher. Er fand sich nicht inmitten einer Horde mordlustiger Todesser wieder, die ihm an den Kragen wollte, sondern in einem verwüsteten Raum, dessen Bild sich kein Stückchen verändert hatte. Er blickte nach oben; dorthin, wo er den Ursprung des Knarrens vermutete, aber da war nur Decke, sonst nichts.

‚Ein Auge wie Moody müsste man haben‘, überlegte er halblaut, verwarf diese Idee allerdings schnell wieder, da sie voraussetzte, zunächst ein echtes zu verlieren. Er beschloss – weniger aus Überzeugung, sondern weil ihm einfach nichts anderes übrig blieb, wenn er nicht demnächst panisch die Flucht ergreifen wollte – dass alte Mauern es nun einmal an sich hatten, gelegentlich ungewöhnliche Geräusche von sich zu geben, und dass das gar keinen Anlass zur Beunruhigung darstellte. Abgesehen natürlich von der Möglichkeit, dass das ganze Gebäude in sich zusammenbrechen und Harry unter sich begraben könnte.

Er runzelte die Stirn. Diese Vorstellung gefiel ihm auch nicht besonders. Er hatte plötzlich den Drang, aus diesem Zimmer wieder herauszukommen, besah es sich also der Form halber noch etwas genauer, hob einige Trümmer auf dem Boden an, wobei er allerdings nichts ungewöhnliches entdeckte, und beeilte sich dann, es wieder in Richtung Flur zu verlassen. Das einzig Merkwürdige war die Abwesenheit von jeglichem Getier, dass sich normalerweise an unbewohnten Orten herumtrieb.

Eine weitere Tür hatte von dem Raum, den er eben verlassen hatte, in ein anderes Zimmer geführt, aber wenn Harry den groben Grundriss, den er sich zuvor bei der Umrundung des Hauses eingeprägt hatte, richtig im Kopf hatte – und er war sich sicher, dass dem so war – dann führte diese zu dem vollkommen eingestürzten Zimmer an der Südwestecke. Dieses zu erkunden und dabei womöglich von einem Stück Dach erschlagen zu werden erschien ihm momentan als weniger verlockend.

Er fand sich also in der Diele und vor der Entscheidung zwischen zwei weiteren Türen wieder. Kurzerhand und ohne zu wissen warum, entschied er sich für die rechte. Es brauchte einiges an Kraft um sie zu öffnen, und in Harrys Armen begann es schon unangenehm zu kribbeln, als sie endlich ein wenig nachgab. Mit einem letzten Ruck sprang sie schließlich ganz auf. Im selben Moment sah Harry, dass der Aufwand sich nicht gelohnt hatte: Das hier war offenbar eine gewöhnliche Besenkammer.

Enttäuscht ließ er seine Hand vom Türgriff sinken und griff stattdessen wieder nach seinem Zauberstab, um zu sehen, ob er vielleicht bei Licht mehr entdecken würde. In dem Augenblick, in dem er zum wiederholten Male an diesem Abend „Lumos“ flüsterte, wurde ihm schmerzlich bewusst, dass all das Gezerre eben nicht nur umsonst, sondern auch noch unnötig gewesen war. Wofür war er denn ein Zauberer, verdammt? Am liebsten hätte er sich jetzt mit der flachen Hand gegen die Stirn geschlagen, aber er verzog nur das Gesicht zu einer gequälten Grimasse, und ließ zur Entschädigung die andere Tür auf magische Weise aufspringen.

Dahinter lag ein kleiner, leerer Durchgangsraum. Harry durchquerte ihn mit wenigen Schritten und fand sich dann in einem weiteren Zimmer ohne besondere Auffälligkeiten wieder. Langsam wurde das etwas frustrierend; alles hier schien, wie ein gewöhnliches, baufälliges Haus, nicht wie ein magischer Ort, der zum Schauplatz brutaler Gräueltaten geworden war und an dem der Schrecklichste aller Zauberer möglicherweise einen Splitter seiner Seele versteckt hatte.

Seufzend drehte Harry sich wieder um, um zum Ausgangspunkt seiner Erkundungen – der Diele – zurückzukehren, da war ihm als würde er dort einen Schatten vorbeihuschen sehen. Sein Herzschlag setzte für eine Sekunde aus, nur um dann ungefähr doppelt so schnell, wie es wahrscheinlich gesund gewesen wäre, wieder einzusetzen. Harrys Herz schlug so hart gegen seine Rippen, dass er glaubte, man müsse es meilenweit hören. Er wagte nicht, zu atmen.

‚Nur ein Tier, nur ein Tier‘, sagte er sich im Geiste ununterbrochen vor, während er vorsichtig wieder Luft holte. Er legte die linke Hand auf seine Brust und fühlte, wie das unruhige Klopfen sich wieder auf normale Geschwindigkeit verlangsamte. Die Rechte umklammerte, für den Notfall, kampfbereit seinen Zauberstab.
Es vergingen mehrere Minuten, bis er sich Schritt für Schritt wieder in Richtung Eingangshalle vortastete. Seit wann war er eigentlich so schreckhaft? Ärgerlich über sich selbst schüttelte er energisch den Kopf.
‚Seit du weißt, dass jetzt wirklich keiner mehr da ist, der dir im Ernstfall den Hals retten kann, vielleicht?‘.Schon wieder diese Klugscheißerstimme in seinem Kopf! Harry wurde aber das unangenehme Gefühl nicht los, dass sie damit sogar Recht haben könnte.

Er zögerte kaum, als er aus dem Durchgangszimmer in die Eingangshalle trat. Er hob die Hand, damit der Lichtschein weiter reichte, und ließ seinen Blick über den Boden schweifen. Da waren nur seine eigenen Fußabdrücke. Der Saum seines schwarzen Umhanges (seines Schulumhanges, nebenbei bemerkt, den er sich vor seinem Verschwinden zu „Tarnungszwecken“, wie er sich selbst sagte, hastig über seine Muggelkleidung geworfen hatte) hatte manchmal den Boden gestreift und Muster ergeben, die ihn entfernt an die Fährte erinnerten, die eine Schlange im Sand hinterließ.

Moment mal. Seine Fußabdrücke verliefen einen halben Meter weiter links! Seine Augen weiteten sich unmerklich, während sein Blick die Spur zu verfolgen suchte, aber sie verlief sich im Nichts.

„Nein!“, sagte er laut in die gespenstische Stille des Hauses hinein, nur um einen vertrauten Klang zu haben, an dem er sich festhalten konnte, um nicht die Nerven zu verlieren.
Schon Sekunden später kam ihm seine Panik lächerlich vor. Die Angst versickerte so schnell, dass Harry sich gar nicht mehr sicher war, ob sie wirklich da gewesen war. Was zurückblieb war tiefe Trauer, Verzweiflung, und eine Menge Ratlosigkeit. Erschöpft ließ er sich auf die unterste Treppenstufe fallen.

Wieder einmal wurde ihm bewusst, dass er tatsächlich keine Ahnung hatte, wie er die Horkruxe zerstören und Voldemort besiegen sollte. Niemand hatte eine Ahnung, was er durchmachte, kein Mensch auf dieser schnöden Welt konnte auch nur annähernd nachvollziehen, in welcher Lage er sich befand. Harry fühlte sich in diesem Moment furchtbar allein, und seufzte tief.

‚Nein‘, sagte er sich wieder. Er wollte in dieser Situation nicht auch noch im Selbstmitleid versinken und sich die Lage schwärzer ausmalen als sie war. Er war nicht allein, er hatte Freunde, deren Anwesenheit, wie er sich jetzt wieder erinnerte, er freiwillig verschmäht hatte. Und es war ja auch nicht so als ob … oder doch? Eigentlich konnte wirklich niemand nachvollziehen, in welcher Lage er sich befand! Harry fühlte seine eben ein wenig aufgekeimte Tatkraft wieder sinken.

Entmutigt ließ er die Schultern hängen. Wozu das alles? Wahrscheinlich würde er ohnehin demnächst sterben, alles was er jetzt noch tat, gab dem Unvermeidlichen nur noch ein bisschen Aufschub. Er überlegte, ob er wohl das Glück haben würde, einen schnellen Tod zu genießen, oder ob Voldemort ihn vorher noch bis zur Besinnungslosigkeit foltern würde. Wahrscheinlich letzteres. Womöglich würde er, wäre da nicht eine gewisse Prophezeiung, die seine baldigstes Ableben erforderte, sogar so enden, wie Nevilles Eltern.

Ein sehr unangenehmes Gefühl breitete sich bei diesem Gedanken in Harrys Magengegend aus. Wäre er gerade nicht so überaus beschäftigt damit gewesen, sich furchtbar leid zu tun, hätte er dieses Gefühl vielleicht sogar als schlechtes Gewissen erkannt; weil er im Selbstmitleid versumpfte; weil er in der Lage wäre, etwas zu tun; weil es durchaus Menschen auf der Welt gab, denen es auch schlecht, wenn nicht noch schlechter ging, als ihm, dem tragischen, jungen Helden.

Doch auch so löste dieses Bauchgefühl etwas aus, und jene Überlegungen, wenn sie auch nicht seine vordergründigen Gedanken beherrschten, streiften zumindest sein Unterbewusstsein. Ohne es zu merken, hatte er sich auf seinem Platz auf der untersten Treppenstufe wieder ein bisschen aufgerichtet, und zeichnete mit der Spitze seines Zauberstabs kleine Kreise in den Staub auf dem Boden. Neville glaubte an ihn, das wusste er. Damals, in der 5. Klasse, als alle Welt ihn für verrückt gehalten hatte, hatte Neville ihm auch Vertrauen entgegen gebracht. Es waren nur ein paar schlichte Worte gewesen, mit denen er Harry seine Loyalität bekundet hatte, aber die hatten ihn damals enorm aufgebaut.

Er überlegte fieberhaft, was genau sein Mitschüler damals zu ihm gesagt hatte, aber er konnte sich nicht mehr erinnern. Alles, was er momentan wusste, war, dass dessen Vertrauen in ihn kein Stück gesunken war. So viele glaubten an ihn und Harry wollte sie nicht enttäuschen. Aber er wusste nicht, wie er das anstellen sollte, ohne eine Hand, wie die Dumbledores, die ihn führte, oder zumindest die Richtung wies.

Einer nach dem anderen waren ihm die Menschen genommen worden, die er liebte, und in manchen Fällen – seine Kiefer verkrampften sich beim Gedanken an seine Eltern – hatte er nicht einmal die Chance gehabt, sie zu lieben. Er hob eine Hand und fuhr vorsichtig mit dem Fingern über das Treppengeländer neben ihm. An der Wand war es noch intakt, in Richtung Raum war es niedergerissen. Sie hatten das hier auch berührt.

Er versuchte sich vorzustellen, wie Lily und James hier gelebt hatten, wie sie hier glücklich gewesen waren und wie sie das Treppengeländer berührten, das auch er gerade kalt unter seinen Händen fühlte. Aber so sehr er sich auch anstrengte – es gelang ihm nicht. Langsam stand er auf und begann beinahe bedächtig die Stufen zu erklimmen.

Er wusste nicht genau, was er hier oben eigentlich zu entdecken gedachte. Ein zum Treppenhaus hin offener Gang verlief auf zwei Seiten um die Diele herum, von welchem aus vier Türen in verschiedene Zimmer führten. Eine davon war aus den Angeln gerissen und lag, halb auseinander gebrochen, mitten im Raum. Ein bisschen so, als hätte hier jemand einen Reductor-Fluch gegen die Tür gejagt und anschließend wären mehrere Leute darüber gestiegen. Es war die, die in Richtung des eingestürzten Raumes lag.

Harry durchfuhr ein heißer Schock, als er langsam den Zusammenhang zu erkennen begann. Er schluckte hart, sein Mund war auf einmal völlig ausgetrocknet und sein Hals schmerzte. Er musste ein paar Mal blinzeln, um wieder scharf sehen zu können, und wusste dabei nicht, ob das daran gelegen hatte, dass ihm womöglich Tränen in die Augen gestiegen waren, oder ob seine Augen einfach genauso ausgetrocknet waren, wie seine Kehle. Er glaubte einen Moment, an der Luft, die er zu atmen versuchte, würgen zu müssen und fürchtete zu ersticken.

Er wandte sich hastig ab und keuchte, der Sauerstoff durchflutete seinen Körper, wie eine angenehm prickelnde Welle und hinterließ ein Gefühl, als wäre er einer schrecklichen Gefahr gerade noch entkommen.

Stur blickte er an dem klaffenden Loch in der Wand vorbei, aber das Bild hatte sich geradezu in seine Netzhaut eingebrannt. Der leere Türrahmen, dahinter ein Zimmer, dessen seitliche Wand halb eingerissen war. Weiter hinten ein Loch – kein Boden, keine Wände mehr, nichts als Schwärze.

Harry betrat übereilt ein anderes Zimmer, es war vollkommen leer, und bot nicht die geringste Attraktion, abgesehen von einem klaffenden Loch in der Decke. Harry legte für einen Moment den Kopf in den Nacken und sah hinaus auf den samtschwarzen Sommernachtshimmel, der sich arglos mit glühwürmchenhaften Sternen geschmückt hatte und nur von ein paar wenigen grauen Wolkenschleiern getrübt wurde. Herein wehte ein lauer Nachtwind, der Grasgeruch und Grillenzirpen mit sich trug, und der so gar nicht zur Situation passen wollte.

Eben wollte er sich umdrehen, als er von unten ein Geräusch hörte. Diesmal war er sich sicher – es war da, es war keine Einbildung. Harry hielt den Atem an und sein Herz begann schon wieder zu rasen, aber diesmal zwang er sich, ruhig zu bleiben. Vorsichtig, als befürchte er, sich durch einen zu lauten Atemzug zu verraten, sog er außergewöhnlich langsam Luft durch die Nase ein und kam sich dabei kurz vor, wie ein Raubtier auf der Jagd, das versuchte, seine Beute zu wittern. Oder wie die Beute, die versuchte, das herannahende Raubtier zu wittern...

Behutsam begann er, sich in Richtung Gang vorzutasten, und setzte dabei sachte einen Fuß vor den anderen, um nur ja kein Geräusch zu machen. Kurz vor der Tür hielt er inne und lauschte angestrengt. Irgendetwas ließ ihn ahnen, dass der andere – oder die andere? Die unangenehme Vorstellung von Bellatrix Lestrange durchfuhr ihn – in diesem Augenblick das Gleiche tat. Er musste nur lange genug ausharren, irgendwann würde sich sein Verfolger schon verraten.

Er konzentrierte sich darauf, ruhig ein- und auszuatmen, und hoffte, sein Herzschlag würde sich dadurch wieder normalisieren. Die rechte Hand hielt den Zauberstab so fest umklammert, dass er anfing zu schwitzen und den Stab für einen Augenblick wegstecken musste, um sich die Handfläche an seinem Mantel abzuwischen, damit er nicht in Gefahr lief, ihn entgleiten zu lassen. Ein wenig fühlte er sich dabei an damals erinnert, als er Cho Chang gefragt hatte, ob sie mit ihm zu Weihnachtsball gehen wollte. Er verspürte beim Gedanken an sie den Drang, die Augen zu verdrehen, ließ es aber zu Gunsten der ungeteilten Aufmerksamkeit sein.

Seine Hand war auch wieder voll einsatzfähig, und er fühlte eine Woge der Erleichterung, dass er nicht in jenem unbewaffneten Moment hinterrücks angefallen worden war. Er warf einen gehetzten Blick über die Schulter, aber hinter ihm war nichts, was ihm gefährlich werden könnte, außer jemand käme durch eins der scheibenlosen Fenster geklettert oder vom Dach direkt ins Zimmer gehüpft.

Harry wartete. Minuten vergingen, aber ihm schien es, als wären es Stunden, in denen er an den Türrahmen gepresst dastand und lauschte. Bis er endlich wieder etwas hörte. Vorsichtige Schritte, und es klang, als bewegten sie sich aus einem der Zimmer im Erdgeschoß in Richtung Eingang. Millimeterweise bewegte Harry sich den Türrahmen entlang vorwärts in Richtung Korridor, jede Faser seines Körpers angespannt, und er wagte es kaum, zu atmen. Endlich war er auf dem Gang, und konnte einen Blick nach unten riskieren, obwohl er fast fürchtete, was er dort sehen würde.

Eine einzelne Gestalt, kaum zu erkennen, weil ihr Umhang so schwarz wie die Umgebung und die Kapuze tief ins Gesicht gezogen war, stand dort und besah sich gerade jene enttäuschend leere Besenkammer. Immer wieder warf sie scheinbar nervöse Blicke in alle Richtungen, woraus Harry schloss, dass sein Verfolger ebenfalls keine Rückendeckung hatte. Er zog sich ein wenig in den Schatten zurück, als die verhüllte Person kurz den Kopf hob, und mit einem Blick das obere Stockwerk streifte, aber sie bemerkte Harry nicht. Dieser hatte dafür wiederum die Chance verpasst, den anderen zu erkennen. Aber im Grunde war das auch egal, denn dieser war sicher nicht hier, um mit Harry Tee zu trinken und über das Wetter zu plaudern.

In dem Moment, als der Kapuzenmensch mit eiligen Schritten die freie Fläche im Flur in Richtung Treppe überquerte, ergriff Harry – ohne jeglichen Plan, wie immer – die Gelegenheit am Schopf, sprang aus seinem Versteck hervor und brüllte ein (weniger imposant als er eigentlich erhofft hatte) klingendes „Stupor!“. Der Fluch traf aber, und ihm war noch, als hörte er einen kurzen Laut der Überraschung, bevor der verhüllte Körper in sich zusammensank und reglos auf dem Boden liegen blieb.

Harry zählte langsam bis zehn. Alles blieb ruhig.

Er stieg die Treppe hinunter, das schwarze Bündel am Boden immer fixiert, seinen Zauberstab noch kampfbereit in der Hand. Die Person konnte nicht groß sein, zumindest nicht größer als er, und war, wie es schien, auch nicht gerade füllig. Sie lag zusammengekrümmt und mit dem Gesicht nach unten, das einzige Stück Haut, das Harry sehen konnte, war eine blasse, schmale Hand mit abgekauten Fingernägeln, deren Griff noch halb um einen Zauberstab aus hellem Holz geschlossen war. Harry bückte sich, und nahm den Zauberstab an sich, darauf bedacht, die weiße Hand dabei nicht zu berühren. Unschlüssig stand er neben dem scheinbar leblosen Körper am Boden, und wusste nicht, ob er nicht einfach hier verschwinden sollte, falls weitere Verfolger auftauchen sollten.

Die Möglichkeit, dass er hier jemanden erwischt haben könnte, der auf seiner Seite stand, kam ihm erst jetzt in den Sinn, allerdings wusste er auch nicht, wer das sein könnte. Ron oder Hermine hätten sich zu Erkennen gegeben, außerdem hätte er seine Freunde erkannt – wenn schon nicht an der Hand, dann zumindest an ihren Zauberstäben. Und das hier war keiner davon, obwohl er Harry vage bekannt vorkam, und diese Tatsache beunruhigte ihn noch mehr. Wahrscheinlich sollte er einfach nachsehen, aber trotzdem rührte er sich noch nicht vom Fleck.

Langsam schob er den fremden Zauberstab in die Tasche seines Umhangs. Er ging einen Schritt weiter, bis er neben dem Oberkörper des Betäubten stand. Dann hob er einen Fuß und stieß ganz leicht mit der Schuhspitze gegen dessen Schulter. Nichts geschah, kein Zucken, kein Laut. Es war, als hätte er einen Komapatienten angestupst, der aus dem Bett gefallen war. Harry holte tief Luft, setzte den Fuß wieder an und schob, bis der reglose Körper am Boden auf den Rücken rollte, und Harry sein schneeweißes Gesicht mit den blassen Lippen und den dunklen Ringen unter den Augen offenbarte. Der Junge am Boden sah so krank aus, dass Harry ihn wirklich für tot gehalten hätte, wenn er es nicht besser gewusst hätte. Verwirrt trat er zwei Schritte zurück, stolperte gegen die unterste Treppenstufe und ließ sich, der Einfachheit halber, da seine Beine sonst ohnehin innerhalb der nächsten zwei Sekunden nachgegeben hätten, erneut darauf sinken.

‚Scheiße,‘ dachte Harry, ‚Malfoy.‘


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