von SarahBlack
"Hermine?"
Jemand rüttelte Hermine an der Schulter. Sie kam langsam wieder zur Besinnung. Was war geschehen? Vorsichtig öffnete Hermine die Augen. Wieso lag sie auf dem Boden? Da fiel es ihr wieder ein. Das Buch, der rasende Schmerz und dann die Dunkelheit. Scheinbar war ihr ein schweres Buch auf den Kopf gefallen. Hermine richtete sich langsam auf.
"Soll ich dich zu Madam Pomfrey bringen?", fragte die Stimme neben ihr.
Hermine sah neben sich und bemerkte Draco, der sie besorgt ansah. Was hatte der hier verloren?
"Nein, es geht schon", antwortete Hermine.
"Bist du sicher?", fragte Draco.
Hermine nickte. Sie stand auf, schwankte und landete auf dem Boden.
"Warte, ich helfe dir", sagte Draco. Seit wann war er so nett?
Draco fasste Hermine an der Hand und zog sie hoch. Er half ihr, sich auf den nächsten Stuhl zu setzten.
"Was ist passiert?", fragte Hermine.
"Keine Ahnung", sagte Draco. "Ich kam in die Bibliothek und sah dich bewusstlos neben dem Regal liegen."
Hermine nickte.
"Wieso hast du mir geholfen?", wollte sie wissen.
"Ich konnte dich doch nicht einfach hier liegen lassen", sagte Draco verwirrt über ihre Frage.
"Ich bin eine Gryffindor", erklärte Hermine, "meine Eltern sind Muggel und du hasst mich. Ist das nicht Grund genug?"
"Aber ich hasse dich nicht", sagte Draco.
"Ach nein?", fragte Hermine. "Wieso nennst du mich dann andauernd 'Schlammblut'? Oder versuchst, mich zu verhexen? Oder warum machst du mit den anderen Slytherins so blöde Witze über mich?"
"Wann habe ich dich das letzte Mal 'Schlammblut' genannt?", wollte Draco wissen. "Wann habe ich mich zuletzt über dich lustig gemacht oder versucht, dich zu verfluchen?"
Hermine überlegte. Sie konnte sich nicht erinnern, wann Draco das letzte Mal eine fiese Bemerkung gemacht hatte. Anfang des Schuljahres vielleicht. Aber in letzter Zeit war er eigentlich recht nett zu ihr gewesen.
Hermine sah ihn schweigend an. Sie bemerkte kaum, dass Draco mit einer ihrer Haarsträhnen spielte. Sie starrte ihn einfach nur an. Er sah ziemlich gut aus, das musste sie zugeben. Himmel, sie sprach von Malfoy. Dem Slytherin, den sie über alles hasste. Was war bloß in sie gefahren, dass sie ihn gutaussehend nannte? Und wieso nannte sie ihn in Gedanken plötzlich Draco?
Dracos Hand wanderte zu ihrem Nacken. Sein Gesicht näherte sich ihrem. In Hermines Bauch kribbelte es plötzlich. Ihr Verstand schaltete ab und sie gab einem inneren Gefühl nach. Und dieses Gefühl wollte Draco. Und er wollte sie scheinbar auch. Ihre Lippen berührten sich. Erst vorsichtig, dann zielstrebig. Hermine seufzte. Himmel, konnte der Junge gut küssen. Wieso konnte dieser Moment nicht ewig anhalten? Langsam lösten sich ihre Lippen voneinander. Draco starrte Hermine an, er war rot geworden.
"Tut mir Leid", stotterte er. "ich wollte nicht..."
Dann drehte er sich um und rannte so schnell er konnte aus der Bibliothek.
"Draco, warte doch", rief Hermine ihm hinterher, doch er hörte sie nicht.
Hermine rieb sich ihren Kopf. Sie hatte auf einmal unerträgliche Kopfschmerzen. Irrte sie sich, oder hatte sie gerade Malfoy geküsst? Nein, sie irrte sich nicht. Sie hatte es tatsächlich zugelassen. Aber wieso? Sie hasste Malfoy. Mehr als jeden anderen aus Hogwarts. Wahrscheinlich lag es an ihrem Kopf. Sie war wohl ein wenig verwirrt, immerhin war es ein schweres Buch, das auf ihren Kopf gefallen war.
- - -
"Hermine, ist alles in Ordnung?", fragte Harry.
Die drei Freunde saßen zusammen im Gemeinschaftsraum der Gryffindors. Hermine sah auf. Sie bemerkte, dass Ron und Harry sie besorgt ansahen.
"Klar, wieso nicht?", fragte sie.
"Du siehst ein wenig merkwürdig aus", meinte Ron. "Hast du dich wieder mit den Arbeiten übernommen?"
"Nein, es ist alles in Ordnung, mir geht es gut", sagte Hermine.
Doch das entsprach nicht ganz der Wahrheit. Noch immer hatte sie Kopfschmerzen und außerdem fragte sie sich die ganze Zeit, wieso sie es zugelassen hatte, dass ausgerechnet Malfoy sie küsste. Doch ausnahmsweise fand Hermine keine Antwort auf eine Frage.
"Ist irgendetwas passiert?", fragte Harry nun. "Du kannst es uns sagen, wir sind doch deine Freunde."
"Okay", gab Hermine nach. "In der Bibliothek ist mir ein Buch auf den Kopf gefallen und ich war kurz ohnmächtig. Draco hat mich gefunden und mir aufgeholfen. Mir geht es schon wieder besser."
"Draco?", wiederholte Ron angewidert. "Seit wann nennst du Malfoy beim Vornamen?"
"So schlimm ist er gar nicht", sagte Hermine zu ihrer eigenen Ãœberraschung. "Er war wirklich besorgt um mich, als er mich gefunden hat."
"Malfoy besorgt?", fragte Ron. "Er ist ein Slytherin. Wahrscheinlich hat er dir was vorgespielt. Wer weiß, was er schon wieder plant."
"Ron, ich merke es, ob mir jemand etwas vorspielt oder es ernst meint", sagte Hermine gereizt. "Und Draco war ernsthaft besorgt."
"Hermine, wie dick war das Buch, das dir auf den Kopf gefallen ist?", wollte Harry wissen.
"Kein Ahnung, wieso?", fragte Hermine.
"Weil du gerade von Malfoy sprichst, als wenn er jemand Normales wäre", erklärte Harry. "Bist du sicher, dass es dir gut geht?"
"Ja, es geht mir gut", fauchte Hermine. "Was ist so schwer daran zu glauben, dass Malfoy besorgt ist? Vielleicht ist er gar nicht so schlimm, wie ihr denkt."
Damit stand sie auf und ging wütend in den Mädchenschlafsaal.
"Das muss wirklich ein sehr dickes Buch gewesen sein", vermutete Ron. "Wenn sie glaubt, Malfoy könnte nett sein."
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