von SarahBlack
"Hallo Ginny", sagte Hermine, während sich die jüngere Freundin zu ihr an den Tisch setzte.
"Hallo", erwiderte Ginny.
"Willst du nicht zum Abendessen?", fragte Hermine.
"Später", sagte Ginny. "Vorher wollte ich dich noch etwas fragen."
"Was denn?", fragte Hermine.
"Ein Junge hat mich gefragt, ob ich beim nächsten Hogsmeade-Wochenende mit ihm zusammen hingehen möchte."
"Ist doch toll", sagte Hermine.
"Ja, aber er hat mir gesagt, dass er mich ziemlich gerne mag", erklärte Ginny. "Und ich weiß nicht, wie ich mich ihm gegenüber verhalten soll. Ich weiß nicht, ob ich ihn einfach nur nett finde, oder ob mehr daraus werden könnte. Ich bin mir über meine Gefühle nicht so im Klaren und ich will ihm keine falschen Hoffnungen machen."
"Verhalte dich ihm gegenüber ganz normal", meinte Hermine. "Sag ihm, dass du dir nicht ganz sicher bist."
Hermine wunderte sich, warum plötzlich alle Tipps in Sachen Liebe von ihr haben wollte. So erfahren war sie auf diesem Gebiet doch auch nicht.
"Ich werde ihm gegenüber wahrscheinlich total nervös sein", sagte Ginny. "Ich war vor einem halben Jahr mal in ihn verliebt, aber da war er nicht interessiert."
"Ah, jetzt weiß ich, wen du meinst", sagte Hermine und grinste.
Hermine konnte sich nur allzu gut daran erinnern, dass Ginny vor einem halben Jahr für Seamus Finnigan geschwärmt hatte. Seamus war zu dieser Zeit allerdings hinter Parvati Patil her gewesen und hatte sich nicht für andere Mädchen interessiert.
"Ihr zwei würdet wirklich ein tolles Paar abgeben", meinte Hermine.
"Und wenn ich plötzlich merke, dass ich ihn doch nicht mehr so toll finde?", fragte Ginny unsicher.
"Das merkst du bestimmt schnell", sagte Hermine. "Triff dich mit ihm in Hogsmeade und amüsier dich gut. Wenn du merkst, dass du doch nicht auf ihn stehst, sag es ihm. Er muss damit klarkommen."
"Danke, Hermine", Ginny gab der Freundin einen Wangenkuss. "Ich geh dann mal zum Abendessen."
Hermine sah Ginny lächelnd hinterher. Sie hoffte, dass das mit Ginny und Seamus klappte. Nach Dean Thomas und Terry Boot hatte sie einfach ein bisschen Glück verdient.
"Wieso warst du nicht beim Abendessen?", fragte Ron, der mit Harry zu Hermines Tisch kam.
"Ich hatte keinen Hunger", erklärte Hermine nun auch ihm.
"Aber du hast doch gesagt, dass wir uns beim Abendessen sehen", meinte Ron beleidigt.
"Tut mir Leid", etnschuldigte sich Hermine.
"Schon okay", sagte Ron abwinkend. "Harry, hast du Lust auf 'ne Partie Zauberschach?"
Hermine sah zu, wie Ron und Harry neben ihr Schach spielten. Allerdings sah sie nicht wirklich hin. In Gedanken war sie wieder bei Malfoy. Sie war so wütend auf ihn. Wie konnte er nur so gemein sein? Sie hatte wirklich geglaubt, er könnte nett sein. Sie hatte gerade angefangen, ihre Meinung zu ihm zu überdenken. Und da musste er sie so sehr enttäuschen.
"Hermine, willst du auch mal 'ne Runde spielen?", fragte Ron.
"Was?", fragte Hermine, die in Gedanken noch bei Malfoy war.
"Ob du auch 'ne Partie Schach spielen möchtest", wiederholte Ron.
"Nein danke", sagte Hermine. "Schach ist nicht so mein Ding."
Hermine sah durch den Gemeinschaftsraum. Ihr Blick fiel zum Eingang, durch den Ginny soeben geklettert war.
"Hallo Ginny", rief Hermine und winkte der Freundin zu.
Ginny kam zu den Dreien herübergelaufen.
"Willst du dich nicht zu uns setzen?", fragte Hermine.
"Geht nicht. Ich hab Colin versprochen, dass ich ihm bei seinem Aufsatz für Zauberkunst helfe", erklärte Ginny und schnitt eine Grimasse.
"Schade", meinte Hermine.
"Vielleicht hab ich nachher noch ein bisschen Zeit", sagte Ginny. "Bis dann."
Hermine sah ihr hinterher. Ginny setzte sich neben Colin Creevey zu einer Gruppe Sechstklässler an den Tisch.
"Wollt ihr nicht mal was Anderes machen?", fragte Hermine als Harry und Ron ihre dritte Partie Schach spielten.
"Was denn zum Beispiel?", wollte Ron wissen.
"Keine Ahnung", sagte Hermine. "Etwas Anderes eben."
"Lernen zum Beispiel?", fragte Ron genervt.
"Das meinte ich nicht", sagte Hermine. "Aber wie oft wollt ihr denn noch Schach spielen?"
"So oft, bis ich auch mal gewinne", meinte Harry.
"Dann müssen wir aber noch ziemlich oft spielen", Ron grinste.
"Was soll das denn heißen?", fragte Harry empört.
"Ach, nichts", Rons Grinsen wurde breiter.
Hermine holte eine Rolle Pergament, ein Tintenfass und ihre Feder aus der Tasche, die sie nach dem Unterricht neben den Tisch gestellt hatte.
"Du willst doch jetzt nicht wirklich Hausaufgaben machen, oder?", fragte Ron entsetzt.
"Irgendwann muss ich sie ja machen", entgegnete Hermine und begann zu schreiben.
"Wir haben doch noch drei Tage Zeit, bis wir den Aufsatz abgeben müssen", sagte Ron.
"Ja, und in diesen drei Tagen werden wir noch eine Menge andere Hausaufgaben aufbekommen", erklärte Hermine. "Dann bin ich froh, wenn ich das hier schon gemacht habe."
"Hermine hat Recht", gab Harry schließlich zu.
Ron stöhnte genervt auf.
"Warum muss Snape uns immer so viel aufgeben?", meckerte er.
"Ich dachte, du würdest im Moment mal ein bisschen lernen?", fragte Hermine.
"Ja, schon", sagte Ron. "Aber Zaubertrankaufsätze gehören nicht dazu."
"Zaubertränke ist dein schlechtestes Fach, Ron", erinnerte Hermine ihn. "Dann solltest du gerade da deine Hausaufgaben machen."
"Ist ja schon gut", sagte Ron abwehrend.
Hermine sah zufrieden zu, wie Harry und Ron mit ihrem Zaubertränke-Aufsatz anfingen. Dann wandte sie sich wieder ihrer Arbeit zu. Sie war schon seit drei Minuten mit dem selben Satz beschäftigt. Es fiel ihr so schwer, sich zu konzentrieren und nicht an ihre Wut auf Draco zu denken.
"Was ist los?", fragte Harry, der bemerkt hatte, dass Hermine nicht weiterschrieb.
"Ach nichts", log Hermine.
Ein paar Minuten schwiegen die drei und es war nur das Kratzen ihrer Federn zu hören. Ab und zu kamen Gesprächsfetzen der anderen Gryffindors zu ihnen herüber.
"Ich kann das nicht", sagte Harry und knüllte das Pergament zusammen, um es dann anschließend ins Feuer zu werfen.
"Du musst dich richtig darauf konzentrieren!", ermahnte Hermine ihn.
Innerlich musste sie grinsen. Sie schaffte es nicht, sich von Malfoy abzulenken und erzählte Harry etwas von Konzentration.
"Das versuche ich ja", sagte Harry genervt. "Aber es klappt eben nicht."
"Harry hat Recht", sagte Ron zustimmend. "Ich kann mich auch nicht wirklich darauf konzentrieren."
"Wir sollten ins Bett gehen", schlug Hermine vor. "Heute wird das sowieso nichts mehr. Wir können die Aufsätze ja auch noch morgen schreiben."
"Super Idee", nickte Ron.
"Aber jeder schreibt seinen Aufsatz selber", sagte Hermine streng. "Ich lasse euch nicht bei mir abschreiben."
Ron sah Hermine enttäuscht an.
"Was hast du denn erwartet?", wollte Hermine wissen.
"Genau das", gab Ron zu. "Du lässt uns nie abschreiben."
"Wie sollt ihr denn sonst lernen?", fragte Hermine.
"Hast ja Recht", sagte Ron besänftigend. "Wie immer."
Die drei stiegen die Treppe zu ihren Schlafsälen hoch. Hermine verabschiedete sich von den Jungen, dann ging sie in den Mädchenschlafsaal der Siebtklässlerinnen. Sie zog sich ihr Nachthemd an und ließ sich erschöpft in ihr Bett fallen. Wenn sie geglaubt hatte, sie könnte gleich einschlafen, hatte sie sich getäuscht. Sie lag noch lange Zeit wach und dachte darüber nach, wie sehr Malfoy sie enttäuscht hatte.
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