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Fanfiction

Harry Potter und der Zirkel der Zauberer - Kapitel 18 Am Wendepunkt der Gezeiten

von Reaver

Der Krankenflügel roch nach Krankheit, Fäulnis und Tod, als Harry zusammen mit Ginny eintrat. Hinter ihnen schloss Verity wieder leise die Tür. Es dauerte einen Moment, bis sich seine Augen an das schwache Dämmerlicht gewöhnt hatten, das hier herrschte. Die Fenster waren, obwohl draußen bereits die Nacht hereingebrochen war, mit schweren Decken verhängt worden, durch die kein Lichtstrahl drang. Eine einzelne Kerze flackerte im Dunkeln und verbreitete ihren warmen rötlichen Schein.
Eine dunkle Gestalt hockte neben einem der Betten. Leises Flüstern drang zu Harry herüber, der seine Schritte langsam dort hinüber lenkte. Je näher er kam, desto durchdringender wurde der Gestank. Neben ihm würgte Ginny und auch Harry fühlte einen Brechreiz in sich aufsteigen. Bilder von Verwesung huschten durch seinen Geist, die ihn auf das kommende vorbereiten sollten.
Sie taten es nicht. Mit einem letzten entschlossenen Schritt trat er an das Bett. Ginny keuchte erschrocken auf, dann würgte sie und drehte sich weg. Harry stand einfach nur wie angewurzelt da, unfähig einen klaren Gedanken zu fassen, von Ekel und Abscheu geschüttelt. Mit aller Kraft musste er sich dazu zwingen nicht einen Schritt rückwärts zu machen, um diesem Anblick zu entkommen.
Im Bett vor ihm lag Snape, er musste es sein, obwohl ihn nicht mehr viel mit dem Mensch, der er mal gewesen war verband. Harry verstand nicht, wie die Natur so grausam sein konnte ihn nicht sterben zu lassen. Die Haut glänzte wächsern und war von unwirklicher Bewegung erfüllt, als würde sie langsam zerfließen. An einigen Stellen glitzerte rohes blutiges Fleisch, aus dem brauner Schleim und Eiter liefen. Mit Schrecken erkannte Harry, dass es Würmer waren, die sich durch das Fleisch des Mannes fraßen, langsam aber unersättlich.
„Bei...“, stöhnte Harry, während er sich eine Hand auf den Mund legt um nicht zu erbrechen. Sirius, der neben seinem alten Schulkameraden hockte schüttelte langsam den Kopf. Er wirkte ausgelaugt, müde und in seinem Gesicht spiegelte sich so etwas wie Furcht wider. Harry hatte den Eindruck, als hätte er eben etwas in seinem Umhang verschwinden lassen.
Snapes Hakennase existierte nicht mehr, statt dessen gähnte ein blutiger Krater in seinem entstellten Gesicht. Büschelweise war ihm das Haar ausgefallen und Schorf bedeckte den grindigen Schädel. Das einzig lebendige waren Severus' Augen, die wach unter den rot entzündeten Lidern hervor glitzerten.
Bei allem, was seinem Körper angetan worden war muss Snape sein Ende bei Bewusstsein ertragen. Harry vergaß von einer auf die andere Sekunde jede Abneigung gegen seinen ehemaligen Lehrer. Dieser Mann war bereits gestorben.
„Kein schöner Anblick oder?“, krächzte Severus schwach. Eine schwarze Flüssigkeit quoll aus seinem Mundwinkel und sickerte ins Kissen.
„Was ist mit ihnen geschehen?“, fragte Harry keuchend, der bei dem Gestank das Gefühl hatte keine Luft mehr zu bekommen.
„Ein Fluch, der mein Fleisch zerstört, aber meinen Geist unbeschadet lässt.“, kam die schwache Antwort.
Harry streckte sofort seinen Geist aus, ertastete die Magie, die durch Snapes geschundenen Körper floss. Ein dunkles Wesen sprang ihm förmlich entgegen. Es ernährte sich von jedem Lebensfunken, der noch in den Tiefen seines Wirtes ruhte, tötete ihn aber nicht. Dunkle Finger hatten sich in das faulige Fleisch gekrallt, sandten ihre Pestilenz durch jede Ader, jeden Knochen, bis in den hintersten Winkel von Snapes Körper. Der Schatten erstickte alles Leben und verwandelte es in etwas Unheiliges, das nicht unter der Sonne existieren durfte. Der Fluch erinnerte Harry mehr an einen von Menschenhand geschaffenen bösen Geist, der von seinem ehemaligen Lehrer Besitz ergriffen hatte.
Harry sammelte etwas von seiner Magie und riss mit aller Kraft eine der dunklen Schattenhände aus dem Fleisch. Snape schrie auf, verkrampfte sich, spuckte Blut und fiel in die Kissen zurück. Mit Schrecken vernahm Harry ein abscheuliches Lachen in seinem Kopf, kaum menschlich, sondern absolut fremdartig. Aus dem Schatten wuchsen unzählige weitere Hände hervor, gruben sich tief in den Leib ihres Opfers, saugten das Leben aus ihm heraus, um sich selber zu nähren.
„Nein nicht.“, stammelte Severus. „Lass mich sterben, aber vorher.“ Er brach ab hustete, wobei ein dunkler Auswurf auf der Decke landete. „Er, der Grindelwald der Welt hinter den Spiegeln, wird Menschen und Bestien gegen euch führen, aber noch hat er nicht die Macht um sich gesammelt, die er braucht.“ Schwer atmend schloss er die Augen, sammelte Kraft um seine letzten Worte mit den Lippen zu formen. Madam Pomfrey eilte herbei, eine reich verzierte Flasche in den Händen. Mit einer geübten Bewegung ließ sie die silbrige Flüssigkeit in Snapes Kehle rinnen. Sofort schlug er wieder die Augen auf.
„Harry er fürchtet dich, nicht als Gegner, denn du bist ihm nicht gewachsen, nicht einmal seinen Lehrlingen, sondern das wofür du stehst.“ Wieder machte er eine Pause. Mit jedem Wort, das über seine aufgedunsenen Lippen kam verließ ihn auch ein weiterer Funken Leben.
„Ich sah das Ende. Nichts wird von unserer Welt übrigbleiben, wenn wir ihm nicht seiner mächtigsten Waffe berauben. Das Gegenstück zum allsehenden Auge! Sie gehören zusammen, zwei Ecksteine unserer Welten. Vereinige Licht ... und ... Dunkelheit.“ Sein Atem wurde flacher, das Licht seiner Augen schimmerte nur noch kraftlos und matt.
Harry schluckte, dann fuhr Snape aus den Kissen hoch. Qualvoll hustend und würgend erbrach er sich auf das Bett. Harry sprang auf, um keinen Spritzer von dem Erbrochenen abzubekommen. Würmer wimmelten in der dunklen Brühe. Harry würgte ebenfalls, konnte aber den Krampf in seiner Kehle niederkämpfen. Es kostete ihn übermenschliche Kraft, nicht sofort wegzulaufen, vor etwas zu fliehen, das nicht in ihre Welt gehörte, das zu schrecklich war um es mit Begreifen bezwingen zu können. Dieser Tot war einfach unwürdig.
„Lass mich ins Licht.“, flehte Snape mit fast erstickter Stimme.
Harry schloss die Augen, als sich eine Träne aus seinem Augenwinkel löste. Phönixtränen!
„Fawkes wir brauchen dich, dich und dein Licht!“, rief Harry laut in den Raum hinein. Sofort wurde er mit hellem, lodernden Feuer beantwortet. Mitten im Raum erwachte eine Stichflamme zum Leben, begleitet von einem überirdisch schönen Gesang. Mit einem kräftigen Schlag seiner Schwingen tauchte Fawkes auf, so schön und anmutig wie eh und je. Elegant landete der Phönix auf Snapes Bett, während er ihn mit seinen ruhigen, wissenden Augen musterte. Tief in Severus Seele drang der Blick, erforschte die unzähligen Abgründe, die zeit und Wunden geschlagen hatten.
Schließlich glitzerte eine einzelne Träne in Fawkes‘ Auge, rann das herrliche Gefieder hinunter und landete auf Snapes Wange. Das Fleisch darunter schien zu verkochen. Flammen züngelten an den Rändern der Wunde, bis sie sich in grauem Rauch verloren.
Snape schrie vor Schmerz auf, aber es war nicht er, sondern der Fluch, der sich in seinen Körper gekrallt hatte, unwillig loszulassen. Nach endlosen Sekunden verebbte der Schrei, hallte aber schrecklich in den Köpfen der Anwesenden nach.
„Nein, er hat mein Fleisch mit bösem getränkt. Nichts kann mich mehr retten.“, hustete Severus mit der Stimme eines Mannes, der aufgegeben hat. Es war keine Kraft zum kämpfen übrig, kein Mut um Widerstand zu leisten.
Fawkes sah ihn an, fast vorwurfsvoll. Langsam beugte sich der Phönix zu Snapes Gesicht hinab und streichelte mit dem glänzenden Schnabel über seine Wange, deren Fleisch lose vom Knochen hing. Leise ertönte eine Melodie. Die Kerze begann höher zu flackern, die Flamme fast weiß. Das Lied erfüllte den ganzen Raum, sowie die Herzen jener, die es hörten. Harry wusste nicht, ob die Luft wärmer wurde oder sich der Schrecken aus seinem Herzen zurück zog.
Immer lauter ertönte die Melodie, schwoll an und ab, formte sich zu einem neuen Lied, bis sogar die Fensterscheiben mitzuschwingen schienen.
Dann er schien er.
Direkt aus der Kerzenflamme heraus schoss ein weiterer Phönix. Es war ein gewaltiges Tief, mehr als dreifach so groß wie Fawkes. Majestätisch setzte es auf dem gefliesten Boden auf, während es die gewaltigen Schwingen eng an den Körper legte. Seine Federn schimmerten im Licht fast golden und es sah aus, als würde der Vogel in einem eigenen Licht leuchten, reiner als das der Sonne.
Die Augen des Feuervogels waren so alt wie die Welt selbst. Er stand einfach nur da, aber mit einem Blick ergründete er sofort die tiefsten Geheimnisse eines jeden von ihnen. Niemand konnte dem unheimlichen Blick lange standhalten, sondern schlug bald die Augen nieder. Sämtliche Erinnerungen, selbst jene, die vergraben und vergessen zu sein schienen drängten wieder ans Tageslicht. Schöne, furchtsame, schreckliche und alltägliche Augenblicke wechselten sich in Sekundenschnelle in Harrys Geist ab. Ein Sturm aus Bildern und Gefühlen von Momenten, die ihn zu dem gemacht hatten, was er heute war, brach über ihn herein.
Snape wand unter Qualen, als der Phönix seine weiten Schwingen über ihm ausbreitete. Flammen tanzten die Federn entlang und tropften wie geschmolzenes Gold hinab auf den geschundenen Körper, begleitet von der überirdisch schönen Melodie, die aus den Kehlen der beiden Vögel drang. Beißender Rauch stieg auf, dick, schwarz und ölig. Severus zitterte am ganzen Leib, schrie mit schrecklich schriller Stimme, bis er schließlich die Augen verdrehte und erschlaffte. Das goldene Feuer brannte den Fluch aus ihm heraus. Fast weiß glühten die Flammen, ließen den Krankenflügel in reinem Licht erstrahlen. Einem Licht, das keinen Schatten zuließ.
Eine schemenhafte Gestalt erhob sich in dem Rauch, der aus dem Körper des ehemaligen Todessers aufstieg. Unzählige, zu Krallen geformte Hände griffen nach den Umstehenden. Eine widerliche Fratze, die Mundwinkel zu einem hämischen Grinsen verzogen, wurde in den Schwaden sichtbar.
Harry prallte zurück, als er die Züge erkannte. Grindelwald. Er war es eindeutig, aber war sein Gesicht kaum mehr menschlich, sondern von einem Leben, das nur aus Zorn, Hass und Wahnsinn bestand entstellt. Der Besucher aus der Welt auf der dunklen Seite des Spiegels.
Der Phönix fegte die Gestalt aus Rauch und Schatten mit einer Bewegung seiner Schwingen hinweg. Sie verging, wurde von Wind und Luft aus dem Fenster hinaus getragen, einen Schrei auf den Lippen, der niemals gehört werden würde.
Vor ihnen auf dem Bett lag Snape, die Augen geschlossen und wieder so, wie sie ihn kannten. Der blutige Krater hatte wieder Hakennase Platz gemacht und die Haut war unversehrt, auch wenn sie gräulich schimmerte. Sein Gesicht war magerer, als Harry es in Erinnerung hatte. Die Wangenknochen zeichneten sich deutlich ab.
„Wir sollten ihn schlafen lassen, also raus mit euch!“, flüsterte Madam Pomfrey, die sofort wieder in ihre alte Rolle zurückgefunden hatte. Zwar war sie bleich, aber das waren sie alle. Was sie gesehen hatten war nicht für sterbliche Augen bestimmt gewesen.
„Die Zeit wird zeigen, ob das Feuer ihn retten kann.“, hörte Harry eine Stimme wie dicht neben seinem Ohr. Sie war ihm unbekannt, hatte aber einen wunderschönen melodischen Klang, als wäre sie Teil eines großen Liedes.
Verwundert drehte er sich um. Hinter ihm stand der riesige Feuervogel, den Kopf wie amüsiert leicht schräg gelegt. Seine tiefen dunklen Augen blickten in die Harrys und noch weiter, viel weiter in ihn hinein.
„Warst du das?“, wollte Harry sagen, dachte es dann aber nur.
„Natürlich.“, kam die Antwort sofort in der warmen Stimme wie zuvor. „Die Heilerin hat Recht ihr solltet ihm Ruhe gönnen. Sein Schicksal liegt nicht mehr in unseren Händen, aber wenn sein Leben enden sollte, so kann er in Würde aus der Welt scheiden. Was dich angeht Harry Potter, so werden wir uns bald wiedersehen. Ein Sturm zieht herauf, der mit den ersten Sonnenstrahlen des neuen Tages losbrechen wird.“
Das letzte Wort des Phönix war noch nicht verklungen, da verschwand er auch schon in einer gewaltigen Stichflamme. Zurück blieb nur eine golden schimmernde Schwanzfeder, die das Licht der Kerze reflektierte. Es sah aus, als würde sie leuchten.
Vorsichtig streckte Harry seine Hand aus. Leicht strich er über die Feder. Sie war warm, weich und sobald seine Finger sie berührten konnte er das Lied des Phönix hören, leise und nur, wie aus weiter Ferne, aber sogleich wurde ihm wärmer ums Herz.
„Nun aber raus hier!“, zischte Madam Pomfrey ärgerlich und schob sie zur Tür hinaus.
Erleichtert atmete Harry auf, als er die kühle frische Luft einatmete. Er hatte das Gefühl aus einer dunklen, stickigen Gruft heraus wieder ins Freie zu treten. Immer noch weigerte sich sein verstand zu begreifen, was er eben gesehen hatte. Es gab Kräfte auf dieser Welt, die weit über das von Menschen wahrnehmbare hinaus gingen. Noch lange waren nicht alle Geheimnisse ergründet. Die Magie steckte in allen Wesen, die Mutter Natur erschaffen hatte. So tief war sie darin verwurzelt, dass sich Harry mit einem Mal klein und unbedeutend vorkam.
Schweigend gingen sie den Gang entlang. Die Stille war irgendwie heilsam, vor allem weil Harry keine passenden Worte einfielen, die dem, was sie eben gesehen hatten gerecht werden würden. Aber eins hatte er begriffen. Mit jeder Sekunde, die das Tor zur Welt hinter den Spiegeln offen bleiben würde, starb ihre Welt. Noch hatte sie Kraft sich der Bedrohung entgegenzustellen, aber irgendwann würde sie sich der fremdartigen Macht geschlagen geben.
Wie von selbst hatten ihn seine Schritte zurück zum Gryffindor Turm gelenkt. Durch die hohen Fenster glitzerten die Wasser des schwarzen Sees empor, tief und unergründlich. Der Mond stand nahezu voll am Himmel und der silberne Glanz legte sich über die Welt und verwandelte sie in silbernes Glas. Müde stützte sich Harry auf die Fensterbank, die Augen in die Ferne gerichtet, ohne jedoch etwas zu sehen. Sein Blick wanderte durch Erinnerungen, suchte nach einem verborgenen Detail, das alle Fragen, die ihn so quälten beantworten würde.
Eine Wolke schob sich vor den Mond. Dunkelheit schlug wie eine Woge über ihn herein. Harry fuhr sich mit einer Hand über die Augen. Seine Lider waren schwer, schienen Tonnen zu wiegen aber er wusste, dass kein Schlaf kommen würde. Dazu waren alle seine Gedanken in viel zu großer Aufruhr. Rastlos trieben sie hierhin und dorthin, weckten ziellos Erinnerungen und Gefühle.
Harry ballte die Hand zur Faust. Es gab so viele Fragen, Fragen die nach einer Antwort verlangten, sie er nicht liefern konnte.
„Es ist eine schöne Nacht, nicht wahr?“, sprach plötzlich eine Stimme neben ihm. Sie gehörte Verity, die leise neben ihn getreten war. Der Blick ihrer dunklen Augen war auf die Wasser des schwarzen Sees gerichtet. Fast schien es so, als spiegelten sich die Reflexionen darin wieder. Ein unheimlicher, aber auch anziehender Anblick. Der Mond beleuchtete nur ihre linke Gesichtshälfte, während die andere in tiefen Schatten verborgen lag.
„Das ist sie.“, antwortete Harry mit Verspätung.
„Ich frage mich wie viele Menschen gerade ebenfalls zum Himmel empor blicken und die Sterne betrachten. Sie sind schon immer da gewesen und werden es auch sein. Ich denke sie sind etwas, das den Menschen Hoffnung gibt, da, auch wenn sich alles verändert es Dinge gibt, die sich nicht ändern lassen.“, murmelte Verity leise, während sie mit ihren Händen über das schwarze glänzende Haar strich.
„Ich weiß im Moment nicht mehr, was ich denken soll. Zu viele meiner Hoffnungen haben sich nicht erfüllt. Der Tod wurde zu unserem ständigen Begleiter und Mut und Hoffnung kann ich nur anderen geben, niemals mir selbst.“, entgegnete Harry bitter.
„Der Tod ist unser einziger Begleiter im Leben, der uns von Anfang bis Ende über die Schulter sieht. Seine Umarmung wird die letzte sein, die wir spüren werden, denn sie gehört zum Leben.“, entgegnete sie nach einer Minute des Schweigens.
Harry sah auf uns blickte in ihre Augen, betrachtete die geschwungenen Augenbrauen, die spitze edel geschnittene Nase und ihre Lippen, die immer leicht zu lächeln schienen. Irgendwie hatte er das Gefühl sie zu kennen, einem fehlenden Stück seines Herzens begegnet zu sein.
„Wer bist du eigentlich Verity? Sind wir uns schon einmal begegnet?“, fragte er schließlich.
Sie legte kurz den Kopf schief und trommelte mit den Fingern auf der Fensterbank. Die Geräusche hallten unnatürlich laut durch den Gemeinschaftsraum, der aber im Moment nur von ihnen beiden und Sirius bevölkert wurde. Harrys Pate saß in einem hohen Sessel so weit von ihnen entfernt, wie es nur ging. Irgendwie schien ein dunkles Geheimnis seine Schultern hinab zu drücken.
„Harry, wahrscheinlich siehst du eine andere Person in mir, deren Schatten dich fast dein ganzes Leben lang begleitet hat.“, antwortete Verity. Stoff raschelte, als sie ihre Hände wieder in den Falten ihres Gewandes verschwinden ließ.
„Was meinst du damit?“, fragte Harry verwirrt.
„Ich stamme zum Teil aus der gleichen Familie wie Tom Riddle.“, brachte sie mit einem Seufzen hervor.
„Das geht doch gar nicht. Toms Mutter ist im Kindbett gestorben!“
„Ich entstamme nicht den Riddles, sondern der gleichen Familie, der auch sein Vater angehörte. Das magische Talent wurde von Mutter zu Tochter weitergegeben, aber es entwickelte sich nicht immer. Meine Mutter war zum Beispiel keine Hexe.“, erklärte Verity flüsternd.
„Ja ich denke, irgendwie hast du ein bisschen Ähnlichkeit mit Tom Riddle, als er jung war.“, meinte Harry, der versuchte die Information zu verarbeiten.
„Hoffentlich fange ich nicht auch an Menschen zu ermorden herrschsüchtig zu werden.“, sprach sie grinsend.
„Nein, sonst muss ich noch jemanden aus dieser Familie aufhalten.“ Harry lachte, aber es klang gezwungen. Schnell verstummte er wieder. Jetzt war nicht der Augenblick für gespielte Fröhlichkeit.
„Wirst du nicht müssen.“, erwiderte sie knapp und ohne Lächeln.
Harry stand stumm am Fenster, neben ihm Verity, die wenigstens zum Teil die Saat seines ehemaligen Widersachers in sich trug. Es gab aber keine scharfe Grenze mehr zwischen Gut und Böse, Richtig und Falsch. Sie ging fließend in einander über, ohne, dass er es klar erkennen konnte. Sie bekämpften den Feind mit den gleichen Mitteln, die auch er einsetzte. Ein kräftezehrendes Ringen Feuer gegen Feuer und ohne Chance, dass einer nachgeben würde.
Es war eine Prüfung ihrer Entschlossenheit, der Entschlossenheit einer ganzen Welt, jedes denkenden und fühlenden Lebewesens.
Das Rascheln von Stoff ließ Harry aus seinen Gedanken hochschrecken. Verity hatte es ebenfalls gehört und beide drehten sich zu Sirius um, der sich langsam erhoben hatte. Nur das Glänzen seiner Augen konnte Harry in den Schatten erkennen, aber trotzdem konnte er den Zwiespalt darin lesen. Es war als würde sein Geist den Teil erspüren, den seine Augen nicht mehr sehen konnten.
„Lebe wohl Harry.“, sprach Sirius mit merkwürdig weicher Stimme. Wieder erschien es, als trage er eine schwere Last und die Worte hatten einen dunklen, endgültigen Klang.
„Was?“, stotterte Harry. Sein Pate wandte sich ab und verschwand durch das Loch aus dem Gemeinschaftsraum. „Nein!“, rief er laut aus. Mit wenigen Schritten gelangte er zur Rückwand des Gemäldes, stemmte es auf und sprang hindurch.
Sirius Schritte erklangen über ihm auf der Treppe, die sich höher und höher wand, bis hinauf in den höchsten Turm von Hogwarts. Ein Blitz durchzuckte seine Gedanken. Bilder von Flammen beherrschten seinen Geist, die aus einer Erinnerung entsprungen. Es war die Vision, die Cassandra ihnen gezeigt hatte. Das Auge in der Hand von Sirius auf das die ersten Strahlen des neuen Tages trafen, lodernd und hell.
„Sirius tu es nicht!“, schrie Harry zu seinem Paten hinauf, der die Treppe hinauf rannte. Seine Schritte hallten durch das sonst stumme Treppenhaus, schnell hintereinander, aber es kam keine Antwort.
Seine Beine brannten vor Anstrengung, als er endlich auf der obersten Zinne von Hogwarts ankam. Sirius stand mit dem Rücken zu ihm an der Brüstung, die Unterarme auf dem kalten Stein aufgestützt. Im Osten hinter den Bergen erhellte ein erster Hauch der Dämmerung den dunkelblauen Nachthimmel. Ein kalter Wind zerrte an Harrys Haaren und Umhang. Heuland brachen sich die Böen an den Türmen des Schlosses, rüttelten mit unsichtbaren Fäusten an Fenstern und Dächern.
„Sirius.“, keuchte er. Sein Atem ging stoßweise.
„Warum bist du gekommen?“, fragte Sirius leise. Der Wind riss ihm die Worte von den Lippen und verzerrte sie fast bis zur Unkenntlichkeit.
„Was hat dir Snape gesagt?“, entgegnete Harry, stemmte sich gegen die Böen und stellte sich neben ihn an die Brüstung. Unter ihm lagen die nächtlichen Dächer von Hogwarts, schlafend und stumm.
„Harry, der lauernde Schatten nimmt nun Gestalt an. Mit jedem Tag sammelt er Kraft, bis er einen Schlag führt, der alles hinweg fegt, was ihm im Weg steht. Jeder hat seine Aufgabe, sein Schicksal und meines wird sich nun erfüllen.“, sprach Sirius, die Augen nach Osten gerichtet, dorthin wo die ersten Strahlen der Sonne, noch versteckt hinter Türmen aus Fels, das Firmament empor kletterten.
„Du willst das Auge vernichten, nicht wahr?“
„Ja, das ist mein Weg, den ich gehen muss und der mein Leben fordern wird.“ Die Worte waren nur geflüstert aber die Endgültigkeit, die ihnen innewohnte war erschreckender als jeder Schrei.
„NEIN!“, brüllte Harry, ergriff Sirius an den Schultern und begann ihn zu schütteln. „NEIN! Es wird niemand mehr sterben! Hörst du niemand mehr! Ich tausche nicht dein Leben gegen das von Snape oder irgend jemand anderen!“
Mit erstaunlicher Kraft ergriff Sirius seine Handgelenke und löste sie von seinen Schultern. Ihre Blicke trafen sich für endlose Sekunden.
„Diese Welt ist nicht mehr mein Zuhause. Ich war schon einmal tot. Die Zeit hier war nur geliehen, von dir. Ich hoffe ich habe dich bis jetzt so gut unterstützt wie ich konnte.“
„Nein.“, stöhnte Harry flehend. Eine Träne lief über seine Wange, hinab auf den dunklen Stoff seines Umhangs. „Ich will nicht wieder allein gelassen werden.“ Seine Knie fühlten sich plötzlich weich an, unfähig sein Gewicht zu tragen. Mit einem erstickten Schluchzer fiel er zu Boden.
„Alleine?“, fragte Sirius verwundert, während er neben ihm niederkniete. „Du wirst nie alleine sein.“ Harry ließ sich in seine Arme sinken. Tränen rannen über sein Gesicht, Tränen der Trauer, der Wut und der Hilflosigkeit. „Denk an die Menschen, die dich lieben und die immer bei dir sein werden. Allen voran Ron, Hermine und vor allem Ginny. Sie liebt dich über alles, mehr als ihr eigenes Leben. Ich sehe es in ihren Augen. Sie wird dich immer begleiten, egal wo du hinführen wirst.“
Harry schüttelte sich, versuchte die Tränen zu unterdrücken, aber es gelang ihm nicht. Selbst als er sich Ginnys Gesicht vorstellte, wie sie ihn immer anlächelte, verspürte er nur eine immer tiefere Trauer.
„Ich will einfach nicht, dass du wieder gehst. Nicht schon wieder.“, schluchzte er, die Hände in den Stoff von Sirius‘ Mantel gekrallt.
„Ich werde immer bei dir sein, bei deinen Eltern da drinnen.“, flüsterte sein Pate und legte seine Hand auf Harrys Brust. „Bewahre mich in deinem Herzen.“
Harry schloss die Augen. Er kam sich so machtlos vor, egal, was er tat er war nicht in der Lage jene, die ihm etwas bedeuteten zu schützen. Wozu war er überhaupt ein Magier? Zu viele waren schon gestorben, einfach aus ihrer Mitte gerissen worden, plötzlich, ohne Abschied. Das schlimmste war das Bewusstsein, dass es immer so weitergehen würde, bis entweder sie oder der Feind zerschlagen am Boden liegen würden. Selbst ein Sieg würde dann wie eine bittere Niederlage schmecken.
„Sieh, die Sonne geht auf.“, sprach Sirius und richtete sich langsam wieder auf.
Harry biss die Kiefer so fest zusammen, dass dünne Schmerzenspfeile bis in seinen Kopf hinein schossen. Langsam öffnete er die Augen. Gerade kletterte der glühende Ball voll flammender Wut die Flanke des Berges empor und erhellte alles mit seinem strahlenden Licht. Der Schatten der Nacht floh in dunkle Ecken. Die dunklen Wasser des schwarzen Sees funkelten wie geschmolzene Edelsteine.
„Sirius...“, begann Harry noch einmal, aber seine Stimme versagte. Er fühlte sich schwach und elend, wie ein Sklave des Schicksals.
„Es ist meine Entscheidung und der Tod ist nichts, wovor man sich fürchten muss. Nun geh, denn deine Zeit ist noch nicht gekommen. Spare deine Kräfte für einen Kampf, den du gewinnen kannst. Leb wohl.“, verabschiedete sich Sirius, der letzte der Blacks.
Harry blickte in die Augen seines Paten. Sie ungetrübt von Furcht oder Zweifel, sondern erhellt von Entschlossenheit und Mut, aber auch traurig. Wieder sammelten sich Tränen in Harrys Augen. Ein letztes mal umarmte er ihn, am liebsten hätte er seinen Paten nie mehr losgelassen.
„Harry, nicht alle Tränen sind von Übel. Vergiss mich nicht.“, flüsterte er und schob Harry von sich weg. Der Wind heulte klagend um sie herum, während die Sonne sich langsam auf ihren Weg über den Himmel machte.
Harry stolperte rückwärts. Ein eiserner Ring schnürte sich um seinen Brustkorb, nahm ihm Atem und Stimme. Mit kalten klammen Fingern hielt er sich am steinernen Türrahmen fest um nicht zu stürzen. Es war Unrecht! Stimmen schrien in seinem Kopf durcheinander. Unfähig einen klaren Gedanken zu fassen drehte er sich um, ging einen Schritt die Treppe hinab und blieb wieder stehen.
Sirius blickte ihm nach, ein sanftes Lächeln auf den Lippen. Furchtlos stand er da, ergeben in sein Schicksal, das durch seine eigenen Entscheidungen gelenkt worden war.
Harrys Mund zuckte. „Leb Wohl“, formten seine Lippen, ohne die Worte auszusprechen, dann floh er. Immer zwei Stufen auf einmal nehmend rannte er die Wendeltreppe hinab. Es war eine Flucht, ohne zu wissen was ihn verfolgte. Schweiß rann ihm aus sämtlichen Poren, aber dennoch zitterte er vor Kälte. Ein Sturm der Gefühle jagte durch seinen Geist, blockierte seine Gedanken und verschleierte seine Sicht. Vor ihm endete die Treppe. Keuchend blieb Harry an den rauhen Stein gelehnt stehen.
„Harry!“, rief jemand ihm zu, aber er verstand keine Stimme. Kein passendes Gesicht tauchte in seinen Gedanken dazu auf, nur eine verschwommene Maske aus dichtem Nebel.
„Harry! Was ist los, wir haben dich gesucht und... Bei Merlin was ist geschehen?“ Die Worte ergaben keinen Sinn. Es waren wirre Laute, die in einer Welt aus Nebel und Schatten umher trieben, ohne Bedeutung und Ziel.
Jemand berührte ihn an der Schulter und langsam klärten sich seine Gedanken wieder. Es war als fänden sie den Weg zurück in die reale Welt, hinaus aus dem Alptraum, in dem sie gefangen gewesen waren.
„Ginny, es ist wegen Sirius, er...“, stammelte Harry, brach ab und schüttelte den Kopf.
„Was ist mit ihm?“, fragte Ginny alarmiert.
Harry hieb mit der Faust gegen den Stein. „Er zerstört das Auge.“, antwortete Harry knapp.
„Aber...“
„Wir werden ihn nicht wiedersehen.“
Ginny öffnete den Mund um etwas zu sagen, während ihre Augen sich ungläubig weiteten, als sie die Worte begriff. Verstört blickte sie die Treppe hinauf, die Harry hinunter gerannt war.
„Und du lässt das zu?“, rief sie schließlich fassungslos, wandte sich um und wollte die Treppe hinauf rennen. Harry packte blitzschnell ihr Handgelenk.
„Ja und nein.“, erwiderte er. „Es liegt außerhalb meiner Macht und es war seine Entscheidung. Er hat seine Gründe.“
„Ja aber...“ Verständnislos schüttelte sie den Kopf, den Blick fast flehend nach oben gerichtet, als würde Sirius gleich wieder die Treppe hinab steigen.
„Ich weiß.“, flüsterte Harry und zog Ginny zu sich heran. „Niemand kann alle Absichten erkennen, aber für ihn war das, was er tat das Richtige.“ Tränen sammelten sich nun auch in ihren Augen.

Die Erde wurde wie von einem Donnerschlag erschüttert gerade, als Harry, gefolgt von Ginny, Ron und Hermine aus dem Schloss hinaus traten. Die Sonne strahlte von Himmel und ihr Licht fing sich im allsehenden Auge, das von Sirius‘ Händen in die Höhe gehalten wurde. Flammenzungen reckten sich dem flammenden Stern am Himmel entgegen, wanderten über die Arme von Harrys Paten, dessen Mantel und Haare im Wind flatterten.
Unheimliche Stimmen erfüllten die Luft, wie ein Flüstern im Wind, nur durchdringender. Es hörte sich an, als wäre der Welt eine eigene Stimme verliehen worden, die aus jedem Lebewesen zu ihnen sprach.
„Was geschieht da?“, fragte Ron mit offenem Mund.
Dunkelrote Flammen umspielten den Turm. Alles Licht wurde von der schwarzen Kugel aufgesogen, selbst die Sonne verblasste, als befände sie sich hinter einem grauen Regenschleier. Die unheimlichen Stimmen wurden lauter und drängender. Es war eine Sprache, die älter als diese Welt war, aber von jedem verstanden wurde. Sie heulte mit dem Wind, prasselte mit dem Regen und rauschte mit den Blättern der Bäume.
Inzwischen hatten sich viele andere Magier draußen eingefunden. Mit schreckensbleichen Gesichtern deuteten sie hinauf zum Turm, an dessen Spitze ein neuer schwarzer Stern stand, umgeben von einer Korona aus lodernden Flammen.
Harry spürte, wie die Ströme der Magie sich in die Kugel hinein wanden. Dort herrschte Chaos. Ein Platz, an dem die Gesetze der Natur nicht mehr von Bedeutung waren. Ein Ort, der überall und nirgends war.
Der Himmel verlor seinen Glanz, die Sonne verschwand hinter sich windenden Schatten, lebendig, aber auf eine Art und Weise, die kein Mensch begreifen konnte. Sie nährten sich von Helligkeit und Licht, von Glück und Zuversicht, Hoffnung und Mut.
„Er hat das Böse über uns gebracht!“, schrie einer der Zauberer auf, die sich auf dem Rasen vor dem Schloss versammelt hatten. Niemand hörte ihm zu. Wie gebannt starrte jeder hinauf zum Turm. Der Schrecken hatte eine ganz eigene Faszination, den Hauch des Unbegreiflichen.
Licht stach in Harrys Augen. Es war hell, strahlend, selbst durch die geschlossenen Lider brach die Woge hindurch. Harry spürte Kraft, uralte starke Magie. Tief in ihm rührte sich etwas, doch erstarb es, als er den Blick zum Himmel hob. Neben dem schwarzen Stern strahlte nun eine zweite Sonne. Das andere Auge, das sie aus der anderen Welt in diese gebracht hatten. Die beiden Kugeln begannen einander zu Umkreisen, die Ecksteine einer Welt, Gut und Böse, Licht und Dunkelheit.
Ein scharfer Wind schlug Harry ins Gesicht. Die beiden Sterne begannen einander zu umkreisen, schneller und schneller. Die Stimmen im Wind wurden lauter, drängender und wiederholten immer die selben Sätze. Nun begriff Harry, dass es die Stimme von Sirius war. Unheimlich verstärkt sprach sie mit den Böen, mit der Luft, die ihnen entgegen schlug.
Es war eine Beschwörung in einer Sprache, die schon lange tot und vergessen geglaubt war. Immer lauter schrie Harry Pate die Worte heraus und immer schneller wirbelten die beiden Kugeln umeinander herum. Die Flammen vermischten sich mit dem strahlenden Licht.
Ein letzter Schrei, der in tausend Kehlen überging.
Licht und Dunkelheit berührten sich. Es herrschte Stille. Jedes Geräusch wurde ausgelöscht, dann schwappte Helligkeit und Schatten über Harry hinweg. Flammen züngelten an den Dächern von Hogwarts und Trümmer regneten in den Hof hinab. Er wurde von den Füssen gerissen und landete im Gras, dessen Spitzen sich in der Hitze kräuselten, bevor sie ein Eisfilm überzog.
Von einem Moment auf den anderen war der Spuk vorbei. Eine Wunde in ihrer Welt hatte sich wieder geschlossen. Die Dächer dampften und vom Turm blieb nicht mehr als eine rauchende Ruine. An einigen Stellen glühte der Stein noch. Sie hatten mit Kräften gespielt, die sie niemals kontrollieren konnten.
„Die Dunkelheit ist das Tor ins Licht. Das Leiden beschreibt den Weg zur Schönheit und Im Sterben entspringt die Quelle zum Leben.“, sprach Verity, den Blick in das makellose blaue Auge des Himmels gerichtet. „Das war es, was Sirius in der alten Sprache gerufen hat. Die Balance ist wiederhergestellt.“
Mit Ausdruckslosen Augen betrachtete Harry den Turm. Keine Beerdigung, kein Grabmal für den letzten der Blacks. Langsam legte er sich eine Hand aufs Herz. Dies würde von nun an sein Zuhause sein. Im Herzen jener, die an ihn geglaubt und nie vergessen würden.
„Sirius.“, schluchzte Ginny leise. Sie war im Gras sitzen geblieben, das nun wieder von der richtigen Sonne beschienen wurde.
„Wir werden ihn niemals vergessen.“, sprach Ron und half seiner Schwester wieder auf die Füsse.
Harry wandte sich schweigend ab. Langsam trugen ihn seine Schritte hinab zum schwarzen See, dessen Ufer von weißen Grabmählern gesäumt wurde. Der Sturm hatte begonnen, so wie der Phönix prophezeit hatte. „Im Sterben entspringt die Quelle zum Leben.“, flüsterte er vor dem Grab Dumbledores. Ein weiteres Opfer hatte ihre Gemeinschaft nun zu beklagen. Eine Träne rann aus seinem Auge hinab und benetzte den weißen Marmor, der im Sonnenlicht funkelte. Es war ein schöner Morgen, der mit Feuer und Schatten begonnen hatte. „Die Quelle zum Leben.“
Sein Opfer wird nicht vergebens gewesen sein, schwor sich Harry. Egal wie sehr sich die Schlinge des Feindes auch um sie herum zuziehen wird, niemals wird sie uns ersticken können. Hier, am Wendepunkt der Gezeiten holen wir zum Schlag aus.
„Harry.“, sprach Ginny ihn vorsichtig an.
„Es ist ok.“, meinte Harry. „Es war seine Entscheidung. Nun lasst uns dafür sorgen, dass sein Tod nicht sinnlos war.“
Hermine und Ron standen etwas abseits neben Verity, die wie immer eine Ruhe ausstrahlte, die Harry nicht begreifen konnte. Mit undeutbarem Blick schaute sie zu den Bergen hinüber.
„Lasst uns ihn nicht vergessen.“, bat Harry leise.
„Natürlich nicht.“, antwortete Ron trocken. „Und jetzt lass mal diesem Mistkerl von zweitem Grindelwald ordentlich zeigen wo es langgeht!“
Harry grinste gegen seinen Willen. Ron war einfach ein gnadenloser Optimist, aber um vorwärts zu blicken war es vielleicht nötig die Realität etwas rosiger zu betrachten, als sie war.
„Du hast Recht zeigen wir es dem!“, rief Harry zustimmend.
„Ja!“, schloss sich Ginny an und ballte die Fäuste.
Hermine zog lächelnd die Augenbrauen hoch.
Rauchschwaden trieben träge über das Gras, als sie zurück zum Schloss gingen. Es roch brandig und die Ruine des Turms strahlte immer noch Hitze ab. Hogwarts war verwundet, aber es war eine Wunde, die sich wieder schließen würde, wenn sie siegreich blieben. Sie hatten dem Feind einen Schlag versetzt, ihm eine mächtige Waffe genommen, aber die Klauen und Zähne seiner Diener blieben so tödlich wie bisher. Ihm stand nun nicht mehr die Macht des Auges zur Verfügung, doch sein Schrecken hatte nichts von seiner Kraft verloren.
Nun kam es auf alle atmenden Wesen dieser Welt an: Muggel wie Zauberer und die bisher verborgen gebliebenen magischen Wesen.
Fragen stürmten auf Harry ein, als er durch das Schlossportal trat. Risse zogen sich die Wände empor und verästelten sich wie die Zweige hoher Bäume. Selbst einige der dicken Bodenplatten waren geborsten. Die Halle war voller Menschen und Zentauren.
Harry erkannte Lupin, der mit gesenktem Kopf auf der Treppe saß. Er hatte wieder seinen alten Freund verloren, den letzten seiner alten Schulfreunde, der ihrer Sache treu geblieben war. Mit traurigen Augen blicke er auf, von den Rufen der Anwesenden aus seinen Gedanken gerissen. Harry blickte in seine Augen. Es waren Abgründe der Trauer. Langsam schüttelte Lupin den Kopf, stand auf und schlurfte die Treppe empor.
„Es ist alles in Ordnung!“, rief Harry über den Lärm in der Halle hinweg. „Wir haben dem Feind einen schweren Schlag versetzt! Wenn es eine Zeit zum kämpfen gab, dann ist sie jetzt!“
Es herrschte augenblicklich Stille. Alle Augen waren auf ihn gerichtet.
„Harry Potter, wir haben unseren Anführer gefunden. Wir werden dir folgen, bis zum Ende.“, ertönte die tiefe Stimme von Bane. Der riesige Zentaure neigte respektvoll den Kopf.
„Bis zum Ende!“, rief ein junger Zauberer neben Harry und reckte die Hand mit dem Zauberstab in die Höhe. „Bis zum Ende!“
Der Ruf wurde aufgenommen, bis er aus hundert Kehlen auf einmal erscholl. Lauter und lauter schwoll der Jubel an, fegte mit dem Wind durch die Wipfel der Bäume des verbotenen Waldes, über die verschneiten Wiesen, bis in das Herz des Feindes hinein, um die eine Botschaft zu überbringen: „Licht fürchtet keine Dunkelheit.“
„Du hast es geschafft Harry. Du hast ihre Herzen berührt und ihnen Mut und Hoffnung gegeben.“, flüsterte Hermine, während sie die Treppe hinaufstiegen.
„Ja, aber ich behalte keine für mich.“, antwortete Harry und fuhr sich mit den Händen durchs Haar. Er war müde. Die durchwachte Nacht forderte nun ihren Tribut.
„Traumwanderung.“, murmelte Ron der fetten Dame entgegen, woraufhin sie aufklappte.
„Ich frage mich warum sie immer noch auf diese alte Regel besteht.“, meinte Ginny. „Es sind doch gar keine Schüler da.“
„Sie hat es nie anders kennengelernt.“, antwortete Hermine, die mit einem Lächeln das warme Feuer im Kamin betrachtete. Die Kälte hockte wie eine Spinne mit einem Netz aus Eis in Hogwarts. Durch jede Ritze kroch die Winterluft hinein und ließ die Bewohner frösteln.
„Und sie ist ein Gemälde.“, bemerkte Harry auf dem Weg zum Schlafsaal. Sorgfältig schloss er die Tür hinter sich, bevor er einen Beutel aus rotem Leinen unter seinem Bett hervor zog. Jetzt war die Zeit gekommen. Vorsichtig strichen Harrys Finger über den kalten, golden glänzenden Stahl von Helm und Harnisch. Godric‘s Rüstung, mehr Kunstwerk und Symbol, als Schutz, aber es mochten noch einige verborgene Kräfte darin schlummern.
Mit entschlossenem Gesicht stülpte Harry sich den Helm über den Kopf.


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Manchmal ist es auch sehr schade, dass eine Figur verschwindet und im nächsten Band nicht mehr vorkommt. Dazu zählt beispielsweise Gilderoy Lockhart, den ich sehr mochte, weil er so furchtbar eitel war und ich mir einen Spaß daraus machte Leute aus dem Showbusiness mit seiner Charakterisierung zu veralbern.
Rufus Beck