Forum | Chat | Galerie
 
Startseite | Favoriten
Harry Potter Xperts
Harry Potter Xperts
Startseite
Newsarchiv
Link us
Sitemap
Specials
Shop
Buch 7
Buch 6
Buch 5
Buch 4
Buch 3
Buch 2
Buch 1
Lexikon
Lustige Zitate
Gurkensalat
Hörbücher
Harry, A History
Steckbrief
Biographie
Werke
Erfolgsgeschichte
Interviews
Bilder
Harry Potter & Ich
JKRowling.com
Film 7, Teil 1 & 2
Film 6
Film 5
Film 4
Film 3
Film 2
Film 1
Schauspieler
Autogramme
Galerie
Musik
Videospiele
Downloads
Lesetipps
eBay-Auktionen
Webmaster
RSS-Feed
Geburtstage
Gewinnspiele
Twitter
Fanart
Fanfiction
User-CP
Quiz
Währungsrechner
Forum
F.A.Q.
Ãœber uns
Geschichte
Impressum

Fanfiction

Luciana Bradley und die Sammlungen der Väter - Zurück im Grimmauldplatz

von Picadelly

„LAUFT LAUFT LAUFT!!“ Dieser Befehl drang klar und deutlich an Lucianas Ohren, obwohl bei den ahnungslosen Passanten um sie herum die schiere Panik ausgebrochen zu sein schien und sie von angsterfülltem Geschrei umgeben waren. Der Ruf kam aus der Richtung links von ihnen, aus einer weiteren Entfernung, doch sie konnte nicht einmal die eigene Hand vor Augen erkennen, auch wenn der helle Halbmond am sternenklaren Himmel über ihnen zu sehen war. Es war ähnlich düster wie die Nächte in Hogwarts, das in der schottischen Berglandschaft, mitten im Nirgendwo, weder von eigener Beleuchtung, noch dem Lichtsmog einer Stadt erhellt wurde. Zudem hatte sie gerade noch auf einer gut beleuchteten Straße gestanden.

„Brillen nicht vergessen“, kam es von Xaong, irgendwo von dort, wo das Tor des Zauns stehen musste. Luciana kramte eilends in der Tasche ihres Cardigans und setzte sich die Brille auf die Nase.

„Woohoow“, entkam es ihr und ja, diese Sicht war wirklich ein Staunen wert. Lediglich durch die Gläser sah sie wie bei Tageslicht, nur, dass die Umgebung den Eindruck eines ganz besonders wolkenverhangenen Herbsttages machte. Das Gewöhnungsbedürftige dabei war nur, dass alles außerhalb der Brillensichtfläche vollkommen Nachtschwarz blieb und dieses Paradoxon schmeckte ihrem überforderten Sehnerv überhaupt nicht. Snape und Wire, die Luciana nun klar und deutlich vor sich stehen sah, hatten ihre Brillen ebenfalls aufgesetzt, genau wie Xaong, die sich gerade mit irgendeinem flachen Gegenstand an dem Schloss des Tors zu schaffen machte.

KLICK und damit sprang das besagte Tor eine Sekunde später auf.

„WEGTRETEN!“ Xaong beeilte sich, mit einem Hechtsprung den Eingang frei zu machen und keinen Moment zu früh - Rund zwei Dutzend Gestalten, mit Gewehren im Anschlag und Sturmhauben auf dem Kopf, die ihre kompletten Gesichter verdeckten, rannten in geduckter Haltung an ihnen vorbei auf den Vorhof des Palastes. Eine Sekunde später hätte sich Luciana, zusätzlich zu der Brille, ein ordentlich dichtes Paar Ohropax gewünscht, denn genau da brach der ohrenbetäubende Lärm von Schüssen los.

„Mit der zweiten Welle geht es rein.“ Huch, wann war Matthews neben ihr aus dem Boden gewachsen? Und mit ihm zwei vermummte Männer? Ãœber diese Frage hatte sie keine Gelegenheit mehr nachzudenken, weil die erwähnte 'zweite Welle' schon über die Straße hinter ihnen angestürmt kam. Matthews schnappte sich Lucianas Arm und mit ein paar schnellen Schritten fand sie sich in einem Chaos aus Kugelhagel und umherfliegenden Bärenfellmützen wieder.

Vor ihnen hatte sich die erste Welle breit gefächert über den gesamten Vorhof verteilt und schoss alles nieder, was nicht zur UOWV gehörte oder eine übergroße Hakennase im Gesicht hatte. Die Wachen konnten einem schon fast leidtun - mit vollkommen umherirrenden Gliedern und verwirrten Gesichtsausdrücken, in denen nicht selten die blanke Panik stand, versuchten sich die Männer ihren Weg durch die totale Dunkelheit zu bahnen und gleichzeitig dabei die Angreifer ausfindig zu machen. Was, selbstredend, ein völlig unmögliches Unterfangen darstellte.

„Kein Blutvergießen, mh?!“, zischte Snape, welcher dicht links neben ihr lief, äußerst angepisst mit massivst düsterer Miene.

„Betäubungsgeschosse, Mr Snape“, antwortete Matthews und war trotz des Laufschritts nicht ein bisschen außer Atem. „Wenn sich die Herrschaften beim zu Boden fallen das Knie aufschürfen sollten, dürfen Sie gerne einen Beschwerdebrief an Doktor Steinhardt schreiben.“

Snape sah nicht so aus, als würde er in Betracht ziehen, diesem Angebot nach zu kommen.

„Oh, die waren schneller als erwartet“, kommentierte Matthews plötzlich und Luciana folgte seinem Blick, über ihre Gruppe hinweg, zum äußersten Rand des Vorhofes.

Sie hatten fast den Durchgang zum Innenhof des Palastes erreicht, doch die letzten Meter sahen plötzlich gar nicht mehr so nah aus, bei dem Bollwerk einer Front, die sich in rasanter Geschwindigkeit genau auf sie zu bewegte.

Die Grenadier Guards vor dem Buckingham Palast hatten vielleicht keine sonderlich große Herausforderung für ihre Sicherheitseinheit dargestellt, aber die knapp fünfzig Männer, die weder mit aufwändiger Uniform, noch mit turmhohen PETA-Albträumen auf den Köpfen, sondern mit höchst moderner Sondereinsatzausrüstung ausgestattet waren und nicht die Nettigkeit besaßen, bloß mit Betäubungsmunition zu schießen, ja diese könnten ein kleines Problemchen für sie werden. Zumal sie schon von ihrem Standpunkt aus erkennen konnte, dass einige von ihnen nicht durch die Dunkelheit gehandicapt waren, da sie Nachtsichtgeräte trugen. Und wie gefährlich ihre scharfe Munition war, bekam sie einen Wimpernschlag später heraus, als Matthews neben ihr sich mit einem lauten „FUCK“ an den Oberarm fasste.

Gerade als sie sich ein Stück nach vorne beugte, um die Wunde näher zu inspizieren, wurde sie mit einem wohlbekannten, schraubstockartigen Griff am Oberarm gepackt und hinter einen Rücken gezogen, wobei sich der Rücken vor ihrer Nase gleich in Bewegung setzte.

„In den Hauseingang, sofort!“, schrie Snape über den ohrenbetäubenden Lärm von Schüssen hinweg und das ließ sich die kleine Gruppe nicht zweimal sagen.

Xaong machte sich an dem Türschloss zu schaffen, sobald sie diesen erreicht hatte. Währenddessen hatte sich ein Teil der ersten Truppe hinter ihnen in einem Halbkreis um den Eingang formiert, den sie nun, mit allem was ihre Betäubungsgewehre hergaben, vor der immer näher kommenden Sicherheitseinheit des Königshauses, verteidigten.

Luciana verkniff es sich Snape darauf aufmerksam zu machen, dass sein Griff um ihren Arm ihr langsam, aber sicher, die Blutzufuhr abschnürte und sie schon jetzt kaum noch ihre Fingerspitzen spüren konnte, denn der Tränkeprofessor machte einen äußerst gestressten Eindruck. Zumindest insoweit sie dies aus ihrer Position heraus beurteilen konnte, da er sie immer wieder vehement hinter sich zog, sobald sie sich auch nur ein kleines Stückchen aus seinem Windschatten herausbewegte, um sich einen besseren Ãœberblick verschaffen zu können.

Das nächste 'Klick' in dieser Nacht bescherte ihnen den zweiten freien Zugang. Als Vorhut betrat Matthews (der sich in der kurzen Zeit vor dem Eingangsbogen mit einem Stück Stoff den Arm verbunden hatte; laut ihm war er ?nur` von einem Streifschuss getroffen worden) mit einem seiner Männer den Durchgang zum Vorhof, dahinter Xaong und Wire, dicht gefolgt von Snape und Luciana (die in ihrer Reihenfolgenpositionierung eh nicht viel zu melden hatte, da die Hand des Professors bald Miete an ihren Oberarm abtreten müsste, wenn das so weiter ging) und als Nachhut der zweite Sicherheitsmann.

Der innen gelegene Hof des Palasts lag in vollkommener Stille da. Die Schüsse waren in den Schallgeschützten Mauern nur dumpf zu hören und nicht ein Mensch begegnete ihnen auf dem Weg in den Westflügel. Sobald Luciana den roten Teppich unter ihren Füßen zu spüren bekam (die Eingangstür war übrigens nicht verschlossen gewesen - anscheinend machte man sich innerhalb des Palastes wenig Sorgen um unbefugte Herumtreiber), beugte sie sich etwas näher an Snape heran.

„Ich denke ab hier kann ich alleine laufen.“

Der Druck um ihren Arm wurde nicht ein bisschen weniger.

„Sie bleiben hinter mir, verstanden, Miss Bradley?“

„Ja, Sir.“

Und endlich, endlich entließ er sie aus seinem Klammergriff. Das Blut in ihrem Arm brauchte den gesamten Treppenaufgang in das erste Stockwerk, den ersten Flur und den White Drawing Room, bis es auch in den letzten Finger ihrer Hand zurückgeflossen war. Bei Zeiten würde sie sich Snape noch einmal zu dem Thema zur Brust nehmen, dachte sie sich zähneknirschend und fragte sich gleichzeitig, ob sie ihre vierhundert Milliliter Prellungssalbe schon verbraucht hatte - was nach dem letzten Schuljahr mit Mr Schraubstockhand gar nicht so unwahrscheinlich sein durfte.

Im Thronsaal hatte Luciana allerdings schon wieder alle mürrischen Gedanken für Snape über Bord geworfen, da ihr seine Erzählung von den Kronleuchtern und dessen verborgene Funktion derart glasklar in den Sinn kam, dass sie schnell die zwei Schritte zu ihm aufholte. Dieses Mal war es an ihr seinen Oberarm als Parkbox für ihre Hand zu missbrauchen.
„Nichtzauberndarfnichtzaubernkeinemagiebloßkeinenfunken“, murmelte sie leise in einem Mantra vor sich her und dabei schien der Saal gleich dreimal so lang, als sie ihn in Erinnerung hatte.

„Vielleicht sollte ich Ihnen auftragen genau das zu tun, wo Sie doch eine ausgeprägte Schwäche dafür haben, genau das Gegenteil von dem zu machen, was man Ihnen sagt, Miss Bradley.“

Damit kassierte sich Snape einen Stoß von ihrer Faust in seine Flanke (welcher jedoch mit sehr wenig Kraftaufwand von ihr ausgeführt worden war). Sein empörter Gesichtsausdruck über diesen tätlichen Angriff lenkte sie sogar von der Tatsache ab, dass sie gerade unter einem ganz besonders bedrohlich ausschauenden Kronenleuchter hindurch gingen.

Snape bekam seinen Arm wieder, sobald sie die Schwelle von dem Thronsaal zu der Galerie überschritten hatten und ganz als wolle sie seine Bemerkung Lügen strafen, positionierte sie sich wieder hinter ihn, die ganze Strecke, bis sie ihr Ziel im Green Drawing Room erreichten.

Bei dem ganzen Theater, welches sie über die Nacht hinweg, bis zu diesem Zeitpunkt veranstaltet hatten, war es schon fast enttäuschend einfach, den geheimen Durchgang am Kamin zu öffnen. Xaong griff lediglich rechts unter einen Sims, zog an einem Mechanismus und schon bewegte sich die Wand, wenn auch schwerfällig, bis ein Gang dahinter freigelegt war. Alle Köpfe wandten sich auf einmal zu Luciana um.

Oh, sie hatte ja einen Job bei diesem Ausflug zu erledigen. Mit einem tiefen Durchatmen und ein paar Sekunden der Stille, sammelte sie nochmals alle Beschreibungen und Worte von Rennoc in ihrem Gedächtnis zusammen, sortierte diese in der korrekten Reihenfolge und betrat dann als erstes den Weg zu den royalen Privatgemächern - Snape stahl Matthews ungefragt und mit einem dreisten Wegabschneiden den zweiten Platz.

*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*

Nach der ersten Abbiegung brauchte Luciana sich nicht doppelt und dreifach in ihrem Hirn absichern, ob sie auch die richtige Richtung eingeschlagen hatte, denn anscheinend hatte Sir Rennoc, mit seiner Einschätzung ihrer 'Phantasie'-Begabung betreffend, voll ins Schwarze getroffen.
Obwohl sie diese Korridore vor ihr noch nie betreten hatte, war es ihr, als kenne sie jede Wandvertäfelung und jeden Zierstreifen an den Wänden, genau wie jede geschlossene Tür, an der sie achtlos vorbeilief. Natürlich war das vor allem den ausführlichen Worten des Bibliothekars zu verdanken, aber trotzdem war sie ein klein wenig stolz darauf, ab der Hälfte des Weges ihre Schritte sogar noch etwas beschleunigen zu können. Tatsächlich hätte dieser Weg Stunden in Anspruch nehmen können, wenn man keinerlei Auskunft darüber besaß, hinter welcher Tür welcher Raum liegen würde und welche Abbiegung der rund fünf Kreuzungen die Richtige war. Diese Gänge führten nämlich nicht nur zu den royalen Privatgemächern, sondern ebenso zu dem Flügel des Hauspersonals, dem Weg zur Küche und einigen Ausgängen, die nicht für die Öffentlichkeit zugänglich waren. Allerdings hatte Sir Rennoc all dies nur beiläufig erwähnt und Luciana hatte, von dem Weg, der ihr eingebläut worden war abgesehen, keinen blassen Schimmer wie es in den verbliebenen Teilen des Palastes aussah.

Hier und da kamen sie an einer Tür vorbei, die einen Spalt oder ganz offen stand, dabei bot sich ihnen immer und immer wieder das Bild von vollkommen verlassenen Räumen. Bis Luciana mit einer Vollbremsung vor einer Tür zu ihrer Linken stehen blieb und dieser unangekündigte Halt eine kleine Massenkarambolage nach sich zog. So viel dazu, dass Luciana genau dies Snape mehr als nur einmal vorgehalten hatte …

„Das Lesezimmer Ihrer Majestät“, bemerkte sie und drückte die Gold verzierte Klinke herunter. Dahinter lag ein mittelgroßer Raum, etwa halb so groß wie der Green Drawing Room, der mit allerhand altertümlichen Möbelstücken ausgestattet war. Dazu gehörten ein urig aussehender Sessel mit passendem Hocker, ein Sekretär an der rechten Wand zwischen zwei deckenhohen Fenstern und ein mächtig alt scheinender Schreibtisch, auf dem penibel angerichtete Schreibutensilien standen. Auf dem Teppich lagen, in einem geordneten Durcheinander, überall verteilt Hundekörbchen herum, die glücklicherweise alle leer zu sein schienen. Und wo sie gerade beim Thema leer und verlassen war - im Allgemeinen war es seltsam ruhig auf dem Weg gewesen und gerade in diesem Raum fiel die absolute Stille ganz besonders auf. Wenn eine fremde Personengruppe mit unbekannter Absicht gewaltsam in das Königshaus eindrang, konnte man dann nicht davon ausgehen, das absolute Chaos in der unmittelbaren Umgebung der Blaublütigen vorzufinden? Auf der anderen Seite hatte Luciana gar nicht darauf geachtet, ob die britische Flagge auf dem Palast gehisst gewesen war, ergo, war die Königin überhaupt im Palast?

„Nicht anfassen!“, kam es plötzlich von Snape, schräg hinter ihr. Sie drehte sich auf dem Absatz um und sah Wire, wie er gerade in der Bewegung innehielt, um den Rahmen eines Landschaftsgemäldes zu berühren.

„Das wäre aber schlecht“, bemerkte Luciana und deutete auf das Bild. „Genau dahinter ist der Tresor.“

„Sind Sie ein Zauberer, Mr Wire?“, fragte Snape und durchschritt den Raum, bis er mit einem beachtlichen Abstand vor dem Gemälde stehen blieb.

„Eh, ja?“

„Dann rate ich Ihnen zurückzutreten, wenn Sie an Ihrem Leben hängen.“

Adrenalinjunkie hin oder her, Wire schien diese Warnung ernst zu nehmen und trat gleich mehrere Schritte zur Seite.

„Ist hier einer unter den Anwesenden, der keine magische Begabung hat?“ Oh, Snape hatte nicht einmal den, wie sie fand, abfälligen Begriff 'Muggel' benutzt - andererseits war ein Werwolf oder Vampir, streng genommen, auch kein Muggel und Snape schon beinahe so Korrektheitsverliebt wie ihr Pate. In dem Lesezimmer gingen gleich drei Hände hoch.

„Schön“, schnarrte Snape, „damit wäre diese Mission noch nicht vollends gescheitert.“

„Aber ich bin der einzige Experte für Tresorschlösser“, warf Wire ein und zuckte dabei ratlos mit den Schultern.

„Miss Xaong“, diese trat ein paar Schritte hervor. „Sie machen mir einen recht kompetenten Eindruck. Denken Sie es wäre Ihnen möglich unter der Anleitung von Mr Wire seine Arbeit zu verrichten?“ Xaong nickte. Seit wann hatte Snape hier eigentlich das Kommando übernommen? Genau das schien sich zumindest Matthews zu denken, der sich gerade schnaubend in den königlichen Sessel fallen ließ und seine Füße, inklusive Schmutz verkrusteter Springerstiefel, auf dem gepolsterten Hocker davor ablegte.

Von dem Vorschlag, Xaong den Tresor öffnen zu lassen, bis zum tatsächlichen Erfolg, verging eine geschlagene Viertelstunde. Das mochte sich vielleicht nicht nach einer sonderlich langen Zeitspanne anhören, aber wenn man in diesen Minuten nichts Besseres zu tun hatte, als aus einem der Fenster auf die Straße zu schauen, welche sich immer und immer weiter mit bewaffneten Gestalten anfüllte (die auch Reihenweise zu Boden fielen, jedoch schienen die Briten irgendwo einen Sondereinsatzkommando-Klonautomaten herumstehen zu haben), war es eine schweißtreibende Ewigkeit. Und Wires endlose, zweideutige Kommentare über Xaongs 'talentierte Fingerchen' waren ebenfalls wenig hilfreich für ihr angespanntes Nervenkostüm.

Das dritte 'Klick' in dieser Nacht ließ Luciana demnach einen Stein vom Herzen fallen. Sie riss sich vom Anblick des Straßengefechts unter ihr los und trat vor den Schreibtisch, hinter dem der nun geöffnete Tresor in der Wand eingelassen war.

„Das rote Album, es müsste das Zweite von links sein, oberste Reihe“, gab Luciana an und einen Augenblick später zog Xaong ein Album mit rotem Ledereinband hervor. Dieses legte sie auf dem Schreibtisch ab. Einen ganzen Moment herrschte angespannte Stille, dann:

„Miss Bradley, soll Miss Xaong jetzt auch noch Ihren Part übernehmen?“ Snape.

„Aber ich dachte ich sollte wegen dem Magiezeugs-„

„Der Schutzzauber beschränkt sich lediglich auf das Gemälde und den Tresor, das Album können Sie bedenkenlos anfassen.“ Pah, und jetzt sah er sie an, als hätte sie das wissen müssen.

Luciana beugte sich über die Tischplatte und zögerte einen Moment den Ledereinband mit ihren Fingern zu berühren. Sicher, Snape war anscheinend Experte auf diesem Gebiet, aber wieso sollte er sich nicht auch einmal irren? Vielleicht war sein Spürsinn vor lauter magischen Schranken und Schutzzauber aufspüren derart überstrapaziert, dass er den 'es-zerreisst-dich-sofort-und-auf-der-Stelle' Fluch über dem Buch gar nicht bemerkt hatte?

„Ein klein wenig Vertrauen müssen Sie mir schon entgegenbringen, Miss Bradley“, kommentierte er dann, während seine Mimik dabei einmal mehr undefinierbar schien.

Luciana zog das Album zu sich heran, schlug es in derselben Bewegung auf und es passierte - nichts. Snapes Lippen kräuselten sich zu so etwas wie einem amüsierten Lächeln, wenn auch kaum erkennbar.

Mit einem leichten Augenverdrehen machte sie sich an die Arbeit. Aberhunderte von verschiedenster Briefmarken rauschten an ihrem Blickfeld vorbei, während sie, wie Rennoc es beschrieben hatte, bis kurz hinter die Mitte des Albums blätterte. Und tatsächlich - sie legte den Einband geräuschvoll auf den Schreibtisch ab, mit der flachen Hand hielt sie das Buch auf - oben, ganz rechts war sie, die Blaue Mauritius. Wegen der die halbe Hauptstadt Englands im Dunkeln lag und gerade vermutlich im totalen Chaos versank. Klein, im Verhältnis zu anderen Exemplaren in diesem Album und vollkommen unscheinbar. Sie war nicht einmal besonders hübsch, zumindest nicht für Lucianas Geschmack, allerdings ging es hier ja auch nicht um Ästhetik.

Zwischen Daumen und Zeigefinger fischte sie das kleine, bedruckte Stück Papier aus seiner Halterung, nahm zwei weitere Finger hinzu und -

Ratsch

„Ein dezentes Durchstechen mit einer Nadelspitze hätte es auch getan“, bemerkte Snape trocken. Die Mauritius segelte derweil zweigeteilt auf die Oberfläche des Schreibtischs.

„Das ist kein Hor-„,

„Das kann ich sehen, Miss Bradley“, zischte Snape und blickte bedeutungsschwer zu den anderen. Die übrigens allesamt nicht den Eindruck machten zu verstehen, worüber sie eigentlichen sprachen. Und da ging Luciana ein Licht auf - sie und der Professor waren natürlich die einzigen, die über die Horkruxe Bescheid wussten, für alle weiteren Anwesenden dieser Mission war das Ziel vollkommen unbekannt. Das klang logisch, vor allem bei der ganzen Geheimniskrämerei, von der sowohl ihr Pate, als auch Dumbledore riesen Fans zu sein schienen. Trotzdem hätte man sie auf diese Geheimhaltungssache aufmerksam machen können.

„Ich gehe mal davon aus, wir sind fertig hier?“, fragte Matthews und erhob sich aus dem Sessel. Xaong und Wire kramten gerade das Spezialwerkzeug in ihre Rucksäcke zusammen, als plötzlich Stimmengewirr hinter der geschlossenen, zweiten Tür des Lesezimmers zu ihnen durchdrang.

Luciana hielt in ihrer Bewegung inne (sie wollte gerade die Teile der Briefmarke wieder zusammenlegen und so ins Album stecken, dass dies sicher keinem aufgefallen wäre) und sah Snape mit geweiteten Augen an.

„Das ist unser Fluchtweg“, flüsterte sie und deutete auf die Tür, von wo aus die Stimmen immer lauter wurden - und ganz und gar nicht nach ihren Sicherheitsleuten oder einer der Royals klangen.

„Das heißt wohl Umplanung“, bemerkte Snape wenig hilfreich, aber wenigstens genauso leise, „und wir nehmen den Weg, den wir gekommen sind.“

„Aber das ist doch jetzt alles Seitenverkehrt“, protestierte Luciana, doch es half alles nichts. Snape bugsierte sie zu dem Eingang, durch den sie gekommen waren, Wire und Xaong warfen sich ihre Rucksäcke über und sie verschwanden, keinen Moment zu früh, aus dem Lesezimmer, da dieses anscheinend gerade von einer Mannschaft britischer Sicherheitsklone gestürmt wurde.

Der Professor und sie bildeten dabei die Vorhut, dahinter ein etwas ächzender Matthews (der 'Streifschuss' schien ihm doch etwas zuzusetzen) und danach folgte der Rest, allesamt im Laufschritt. Wie Luciana bereits befürchtet hatte, machte ihr der seitenverkehrte Rückweg einige Probleme - zum Glück hatte sich Snape offenbar den Hinweg so gut eingeprägt, dass sie an jeder Kreuzung nur kurz Halt machen mussten, um sich einen Ãœberblick über ihre Position zu verschaffen. Zwar hatten sie und er an einer Stelle so etwas wie einen waschechten Streit über Links oder Rechts, welcher aber von Xaongs schüchternem „Ich glaube es war links“ (Luciana hatte triumphierend gegrinst, Snape geschnaubt) schnell beendet worden war.

Auf dem Innenhof befand sich noch immer keine Sterbensseele, dafür gab es einen Hindernislauf über all die umherliegenden, bewusstlosen Grenadier Guards und Sicherheitsleute des Königshauses vor dem Palast. Der gesamte Platz vor den Toren und um die Victoria Statue lag vollkommen verlassen da - Luciana hatte angenommen, bei den Gefechten, die sie aus dem Fenster des Lesezimmers hatte beobachten können, eine tobende Schlacht vorzufinden, stattdessen hatte sich absolute Stille ausgebreitet. Irgendwo in weiter Entfernung waren ein paar Schreie zu vernehmen, hier und da meinte sie zudem zerbrechendes Glas zu hören, aber ansonsten nichts. Vereinzelnd lagen auch auf der Zufahrtstraße alle paar Meter ein ausgeknockter Sicherheitsmann, doch -

„Sind das Hufe?“ Einer von Matthews Männern, der zum ersten Mal in dieser Nacht einen Ton von sich gegeben hatte. Die Gruppe blieb stehen, gerade als sie die ausgeschaltete Ampel zum Eingang des Green Parks erreicht hatten. Und tatsächlich - wenn man sehr genau hinhörte waren da Geräusche zu hören, die Hufeisen auf Asphalt nahe kamen. Allerdings hoffte Luciana inständig, dass sich der Mann geirrt hatte, immerhin müssten das eine Menge Hufe und zudem verdammt schnelle -

„Scheiße!“, fluchte Matthews auf und yap, das hätte man nicht besser ausdrücken können. Mit einer Drehung um die eigene Achse erspähte Luciana aus sämtlichen Richtungen Dutzende von Reitern, selbst aus dem Green Park schienen sie sich zu nähern. Und in der gesamten Umgebung gab es keine Spur von auch nur einem der Sondereinsatzleute ihres Paten.

Selbst Snape schienen die Ideen ausgegangen zu sein, zumindest dem verzweifelt-angepisstem Ausdruck seines Gesichts zu entnehmen, laut dem er sich wohl schon im Geiste die Nacht im Tower verbringen sah. Nein, das hatte sie wohl falsch interpretiert, denn der Herr hatte gerade eben seinen Zauberstab gezückt. Okay, vielleicht mochten sie sich nicht hinter den Mauern des Palastes befinden und hier draußen würde es auch keine Kronleuchtergeschosse hageln, aber trotzdem befanden sie sich noch auf Appariersperrzone und es mit knapp hundert bewaffneten Männer zu Pferd aufzunehmen, schien ihr doch ein sehr hoffnungsloses Unterfangen zu sein.

Wie sich Professor Snape im Angesicht dieser schier aussichtlosen Lage geschlagen hätte, würde sie jedoch nie erfahren, denn just in diesem Moment brach das Geheul eines mächtig lauten Motors durch das Klappern der Hufe und das Licht eines Scheinwerfers erleuchtete die Straße. Obwohl, was hieß hier erleuchtete, es fühlte sich mehr an wie eine Explosion auf der Retina.

„Brillen runter!“, rief Xaong und darauf hätte sie nicht aufmerksam machen müssen, derart schnell flogen die Sehhilfen. Noch immer blitzte ein schieres Sternenmeer in Lucianas Sichtfeld auf, doch dahinter war schemenhaft eines der Militärfahrzeuge zu erkennen, die sich kurz nach Eintreffen in London von ihnen an einer Straßenkreuzung getrennt hatten. Mit quietschenden Reifen kam der grüne Laster vor ihnen zum Stehen -

„HOCH, HOCH, HOCH!“, kam ein lauter Schrei aus dem Innenraum des Fahrzeugs (ob das derselbe Schreihals wie zu Beginn der Mission gewesen war?).

Schnell setzten sich alle in Bewegung und liefen auf die offene Ladefläche des Lasters zu. Luciana hatte noch nicht ganz das Heck mit ihrer Hand berührt (an dem sie sich hatte hochziehen wollen), als sie zwei Hände an der Hüfte packten und sie auf die Ladefläche hoben. Bei der Dunkelheit und noch immer sehr eingeschränkter Sicht von der Nachtsichtbrille vs. Scheinwerfer, konnte sie ihren Helfer zwar nicht sehen, aber da sich Snape einen Moment später neben sie auf die Bank des Lasters setzte, stellte dies kein großes Rätsel dar.

Nachdem auch Wire als Letzter (zumindest mit dem Oberkörper) ins Fahrzeug gestiegen war, schlug einer der vermummten Gestalten, die schon vorher auf der Ladefläche gesessen hatten, mit der flachen Hand gegen das Fahrerhaus. Mit geräuschvollem Start setzte sich der Laster wieder in Bewegung und die Insassen mussten sich an den Bänken, auf denen sie saßen, festhalten, damit niemand durch den Laderaum flog.

Luciana konnte im Vorbeifahren die Reiter auf ihren Pferden sehen, die es gerade geschafft hatten dem Wagen auszuweichen. Ein paar von ihnen zeigten sich sogar besonders engagiert und versuchten die Verfolgung aufzunehmen, was aber auch der Letzte von ihnen nach ein paar Abbiegungen aufgab.

„Richten Sie Ihrem Fahrer aus“, sagte Snape an einen der Insassen neben ihn gewandt, nachdem der Reiter aus ihrem Sichtfeld verschwunden war, „dass er mich und Miss Bradley am Rande von Soho absetzen soll.“

„Soho?“, fragte Luciana verwirrt. „Ich dachte ich würde mit den anderen zurück nach Deutschland reisen.“

„Hat Ihnen Ihr Pate nicht ausgerichtet, dass im Anschluss der Mission eine Ordenssitzung ansteht?“

„Nein, das hat er anscheinend versäumt“, grummelte sie zähneknirschend und richtete ihren Blick wieder auf die Straße.

*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*

„Die hätten uns auch gleich am Grimmauldplatz rausschmeißen können“, bemerkte Luciana genervt, nachdem sie nun geschlagene zwanzig Minuten durch die lahmgelegten, unbeleuchteten Straßen von London liefen - natürlich in einem Snape angepassten Tempo, was nichts anderes bedeutete, als ein Schritt er, zwei für sie.

„Was genau geht Ihnen bei der Definition geheimes Hauptquartier nicht in den Schädel, Miss Bradley?“, sagte Snape und übertraf damit ihren genervten Tonfall um Längen.

„Musste es denn gleich ein ganz anderer Stadtteil sein?“

Darauf bekam sie keine Antwort mehr, denn der Professor war viel zu abgelenkt von den drei Gestalten, gegenüber auf dem Bürgersteig, die gerade mithilfe eines Backsteins die Schaufensterscheibe eines Elektronikfachhandels einschlugen. Kaum, dass die drei durch das zerbrochene Glas in den dahinterliegenden Verkaufsraum gestiegen waren, zückte Snape seinen Zauberstab. Im nächsten Augenblick erschienen an der Stelle, an der vor einem Moment noch die letzten Scherbenreste in der Glasfassung gehangen hatten, massive Gitterstäbe, in einem Abstand, durch den man nicht mal einen Babyschädel hindurch bekommen hätte. Luciana prustete schadenfroh auf.

Beim Näherkommen hatte sie dann freie Sicht (soweit man in der Dunkelheit davon sprechen konnte) auf die Männer, oder besser gesagt Bürschchen, in Kapuzenpullovern, die derart beschäftigt mit dem Einpacken von Ware in große Sporttaschen waren, dass sie die Sperre vor ihrem Fluchtweg nicht einmal zu bemerken schienen. Und schon waren Luciana und Snape an dem Geschehen vorbeigelaufen.

„Ihr Pate wird sich für das Chaos verantworten müssen, was er in dieser Nacht angerichtet hat.“

„Ich denke wir wissen beide, dass das nicht passieren wird“, sagte Luciana und holte im Laufschritt zu Snape auf. Dieser schwieg zu ihrem Einwand, was sie als Zustimmung wertete.

„Sir, mal ganz unter uns“, Snape warf ihr im Laufen einen skeptischen Blick zu. „Nein ernsthaft, das sind nur meine eigenen Schlüsse dazu.“

„Wozu, Miss Bradley? Ich habe weder die Zeit noch die Nerven Ihnen jedes Wort aus der Nase zu ziehen.“

„Wie ich Gabriel und die Aktionen der UOWV über die letzten Jahre kennengelernt habe - also, das, was ich mitbekommen habe und aus den Berichten für den Orden weiß - jedenfalls war das heute Nacht nicht bloß eine Mission, um an den vermeintlichen Horkrux zu kommen.“

Diese Aussage veranlasste Snape sein Tempo zu drosseln und kein Wunder, immerhin waren sie gerade in die Straße eingebogen, in dem das Haus des Orden stand - demnach blieb nicht mehr viel Zeit für irgendwelche Mutmaßungen, die nicht für die Ohren anderer bestimmt waren.

„Welches Ziel sollten sie, Ihrer Meinung nach, noch verfolgt haben?“

Luciana zögerte einen Moment. Immerhin war sie kurz davor, internes Wissen über die Arbeit ihres Paten an jemanden auszuplaudern, den dieser auf den Tod nicht ausstehen konnte und vor allem nicht zwei Zentimeter über den Weg traute. Aber das galt nicht für sie. Darüber hinaus hatte sie schon eine ganze Weile das nagende Gefühl im Hinterkopf gehabt, dieses, nicht ganz offiziell erlangte Wissen mit jemandem von dem Orden zu teilen. Im Bestfall mit einer Person, die in der Lage sein würde, diese Informationen ohne viel Erklärung zu begreifen und die vielleicht mehr über die Konsequenzen der Handlungen ihres Paten verstand, als sie sich selbst derzeit zusammenreimen konnte.

„Im letzten Monat gab es reichlich Diskussionen im Bunker, wie man die nicht magische Welt vor Vol-„, gereiztes Aufstöhnen von Snape, „dem Schwarzen Führer warnen könnte.“

Mittlerweile waren sie vor dem Treppenaufgang zum Grimmauldplatz stehen geblieben - der Professor hatte dabei eine äußerst angespannte Körperhaltung eingenommen.

„Selbst Ihr Pate müsste sich darüber im Klaren sein, was es für uns alle bedeuten würde, wenn er die strengen Regeln des Geheimhaltungsabkommens der gesamten Zaubererwelt brechen würde.“

„Und die wurden heute Nacht ja auch gar nicht gebrochen.“

„Soweit ich das bisher beurteilen kann, nein.“

„Aber Gabriel beschwert sich schon seit Jahren darüber, dass sich die nicht magische Welt heutzutage vollkommen abhängig von der Technik gemacht hat und man den ?da oben` mal zeigen sollte, wie hilflos sie eigentlich sind. Und das heute war ein Paradebeispiel dafür, was passiert, wenn diese Technik plötzlich nicht mehr funktioniert. Ich meine, mal ehrlich, man hätte auch mit weniger Aufwand an die Briefmarke kommen können, also muss er einen Hintergedanken gehabt haben. Und so einen Totalausfall hat es in diesem Ausmaß in den letzten Jahren nirgendwo gegeben, vor allem nicht in der unmittelbaren Umgebung des Königshauses.“

„Bis heute“, bemerkte Snape nachdenklich.

„Bis heute“, sagte Luciana und nahm die ersten Stufen zum Hauseingang. „Sicher wird in dieser Nacht eine Menge Schaden entstehen“, dabei dachte sie an die drei Einbrecher, oder die vielen verlassenen Autos auf den Straßen, an denen sie im Slalom vorbeigefahren waren, die die ein oder andere Beule davon getragen haben mussten, weil plötzlich die Motoren ausgefallen waren und alles in Dunkelheit gelegen hatte, „aber zumindest sollte ab morgen auch im allerletzten Kopf die Botschaft angekommen sein, die Gabriel so dringend herausposaunen wollte. Mit dem kleinen Hinweis darauf, dass ein unbekannter Feind vor der Tür steht. Und dass sie verdammt kreativ werden müssen, um etwas gegen ihn ausrichten zu können.“

Luciana griff nach dem Türklopfer, doch es war gar nicht mehr nötig diesen zu benutzen. Kaum, dass sie ihn berührt hatte, wurde die Eingangstür auch schon aufgerissen und im nächsten Moment fand sie ihr Gesicht in etwas furchtbar weiches gedrückt wieder, das nach Bratkartoffeln und Putzmitteln roch.

„Bei Merlin, ich habe mir solche Sorgen um dich gemacht“, kam es einen Kopf über ihr von Molly Weasley. „Wie kann man nur auf die Idee kommen, ein Kind auf so eine gefährliche Mission zu schicken und dann auch noch auf die Straßen von so einer großen Stadt, mitten in der Nacht!“

Luciana schob ihren rechten Arm zwischen dem Oktopus Griff von Mrs Weasley hindurch und deutete hinter sich.

„Wr ncht alln, Prssor Snpe wr mt“, versuchte sie sagen, so deutlich wie es die Umstände den Mund voller Kleidungsberge und Weasley-Mama-Bär zu haben, zuließen.

„Mit einer Schülerin eine Ordensmission machen“, der Professor hatte schon ganz andere Dinge mit dieser Schülerin gemacht, dachte sich Luciana und glücklicherweise wurde das plötzlich auftretende Kichern von ihr ebenfalls erstickt, „da habe ich auch noch ein Wörtchen mit dir zu reden, Severus!“

„Ich wäre dir in der Tat sehr dankbar, wenn du mir zukünftige Unterredungen, diese Thematik betreffend, mit Doktor Steinhardt abnehmen würdest, Molly“, entgegnete Snape kühl und betrat ebenfalls den Hausflur, nachdem Mrs Weasley Luciana endlich aus der Umklammerung entlassen hatte.

„Dem habe ich heute Morgen schon ein Heuler geschickt, gleich nachdem ich von dieser Schnapsidee gehört habe.“

Au weia, und das, wo Gabriel kein Geschrei ertragen konnte, ausgenommen natürlich es war sein Eigenes. Die guten Absichten von Mrs Weasley einmal dahingestellt; ausbaden dürfte es letztendlich sie selbst.

„Mrs Weasley, ich weiß es wirklich zu schätzen, dass Sie sich Sorgen machen“, begann Luciana vorsichtig, wobei sie sich auf dem Weg durch den Flur, hinunter in die Küche machten, „aber bitte vergessen Sie dabei nicht, dass ich volljährig bin und ab übernächsten Monat auch in der nicht magischen Welt keinen Vormund mehr brauche. Ich kann sehr gut Entscheidungen für mich selbst treffen.“

„Ach Kindchen, das habe ich in deinem Alter auch gedacht“, sagte Mrs Weasley, „und mit dieser … dieser Person als Patenonkel kannst du es auch gar nicht besser wissen.“

Die große Standuhr im Flur zeigte zwei Uhr dreiunddreißig an. Zu spät, oder zu früh, je nachdem wie man es nahm, um darüber einen Streit vom Zaun zu brechen, vor allem mit Molly Weasley. Außerdem konnte die gute Dame eh nicht viel ausrichten, außer hin und wieder einen Heuler schicken und Einsprüche einlegen, wenn es zu einer Absprache im Orden kam. Und da sie nicht einmal ihre eigenen Söhne davon abgehalten hatte, aktive Mitglieder im Phönixorden zu werden, durfte sie ihrem Unmut ruhig hier oder da mit ein wenig Geschimpfe Luft machen. Dementsprechend hielt sich Luciana von nun an geschlossen.


In der Küche angekommen bot sich ihr ein wohl bekanntes und sehr vermisstes (wie sie nun verstärkt feststellen musste) Bild von einer schummerigen Küche, die wohl irgendwann Anfang oder Mitte des neunzehnten Jahrhunderts errichtet worden war und in der sich in Dingen Modernisierung seit dato nicht mehr viel getan hatte. Dass die Beleuchtung aus Öllampen an den Wänden bestand, kam ihnen in dieser speziellen Nacht natürlich sehr gelegen, genau wie der Holzofen oder dass das Haus im Allgemeinen auf keinen Funken Elektrizität angewiesen war.

Für einen kurzen Moment fragte sich Luciana, ob die Bewohner des Grimmauldplatz überhaupt mitbekommen hatten, dass die halbe Stadt ohne Licht und Energie war, jedoch schaute Professor Dumbledore, der am Kopfe des langen Tischs, welcher beinahe den gesamten Raum einnahm, saß, gerade auf, als sie an ihm vorbeiging, um zu ihrem Stammplatz am anderen Ende zu gelangen. Oh und der Schulleiter sah ganz und gar nicht glücklich aus. Genauer genommen hatte sie den alten Mann noch niemals derart schlecht gelaunt gesehen, nicht einmal, nach der Mysteriumsabteilungssache. Und dabei hatte er wahrscheinlich noch nicht einmal erfahren, dass die Blaue Mauritius das falsche Exemplar gewesen war.

Nachdem sie sich auf ihren Stuhl gesetzt hatte, umarmte sie kurz Remus zu Begrüßung (der einen total übernächtigten Eindruck machte, inklusive verstrubbeltem Haar und dicken Rändern unter den Augen; dabei war Vollmond erst in ein paar Tagen), nickte Sirius zu, der darauf die Hand hob und sie dabei kurz angrinste, darauf ein Händedruck von Arthur Weasley, der gerade links neben ihr Platz nahm und ihr einen Becher Kaffee vor die Nase stellte („Oh, Sie sind ein Schatz!“) plus ein Kopfnicken von Kingsley Shacklebolt, welcher beinahe so düster dreinblickte wie Dumbledore. Und wo man gerade vom Teufel sprach …

„Ich denke wir ziehen es, zu dieser fortgeschrittenen Stunde, alle vor, die Sitzung so kurz wie irgend möglich zu halten“, beinahe alle Anwesenden (für ein Ordenstreffen waren in dieser Nacht übrigens sehr wenige Personen am Tisch) nickten zustimmend. „Nun, ich denke Severus und Luciana haben einiges zu berichten.“

„Da lasse ich Ihnen den Vortritt, Miss Bradley“, sagte Snape und setzte ein minimales, schadenfrohes Grinsen auf. Natürlich, Vortritt. Ganz der Gentleman.

„Kurz, hatten Sie gesagt?“ Dumbledore blickte ihr zustimmend über seine Halbmondbrille entgegen. Luciana nahm, bei der Voraussicht den ganzen Missionsablauf zusammenfassen zu müssen, einen großen Schluck Kaffee (der glücklicherweise nicht mehr kochend heiß war), griff dann in die Tasche ihres Cardigans und zog ihre Schachtel Lucky Strike heraus, die doch nicht ernsthaft -

„Och verdammt!“ Genau in der Mitte der Packung klaffte ein Galleonen-Stück großes Loch, ausgefranzt und angesengt an den Rändern, durch welches sie komplett hindurchsehen konnten. Selbstverständlich wies nicht nur die Schachtel, sondern auch ihr Lieblingscardigan ein riesen Durchschuss auf, den sie gleich mit mürrischen Blick genauer in Augenschein nahm.

„Ist der noch zu retten, Mrs Weasley?“ Doch Mrs Weasley starrte sie mit Augen an, die mindestens so groß schienen wie das Einschussloch und sie machte gerade weniger den Eindruck in der Lage zu sein, Haushaltstipps zu geben. Und nicht nur Mrs Weasley hatte es anscheinend die Sprache verschlagen - alle Anwesenden starrten geschlossen auf die Schachtel Zigaretten, die nun vor Luciana auf dem Tisch stand. Selbst Snape war der selbstgefällige Ausdruck aus dem Gesicht gewichen und schien plötzlich sehr blass um die Nase.

„Sind Sie sicher, dass Sie nicht getroffen wurden, Miss Bradley?“, erkundigte er sich und darauf konnte sie ihn erst nur ungläubig anstarren.

„Ich glaube, das hätte ich mitbekommen.“ Zu Sicherheit schaute sie aber doch noch einmal unter ihr T-Shirt, genau an die Stelle, wo der Cardigan drüber gewesen war. Natürlich war nichts weiter als unversehrte Haut zu sehen.

„Ihr seid beschossen worden??“ Remus hatte offenbar seine Stimme wieder gefunden und schien diesen Gedanken sehr anstößig zu finden.

„So ein bisschen?“, sagte Luciana.

Snape schnaubte abfällig.

„Okay, das war's“, sagte Remus kopfschüttelnd und verschränkte in einer ergebenen Geste seine Arme hinter den Kopf. „Ich rede gleich heute Mittag mit Johnny. Ihr erster Außeneinsatz, ich meine das - irgendjemand muss Vernunft in Steinhardt bekommen.“

„Also“, fing Luciana an und warf Remus einen scharfen Blick zu - so langsam reichte es ihr wirklich mit dem bemuttert werden, „wir haben pünktlich um null Uhr fünfunddreißig den Bunker verlassen, kurz danach London erreicht, wo sich die Kolonne in South Lambeth getrennt hat. Unsere Gruppe, bestehend aus zwei UOWV Mitglieder, Professor Snape und mir, wurde direkt vor dem Palast abgesetzt, wo wir auf die drei restlichen Teammitglieder gestoßen sind“, „Und eine Handvoll unbeteiligter Muggel“, warf Snape ein. „Ein um Punkt ein Uhr ausgelöster EMP“, fuhr Luciana unbeirrt fort und wurde sogleich wieder unterbrochen, dieses Mal von Mr Weasley.

„Ein was?“

„Ein Elektromagnetischer Impuls.“ Davon ging sie zumindest aus - etwas anderes hätte die Stadt nicht lahmlegen können und nur eine Unterbrechung der Stromversorgung hätte keine Auswirkungen auf die alten Fahrzeuge haben können. „Wir wollen es ja kurz halten, daher sehr knapp zusammengefasst: Eine breitbandige elektromagnetische Strahlung, die bei einem einmaligen, hochenergetischen Ausgleichsvorgang in einen Umkreis abgegeben wird.“ Um sie herum ratlose Gesichter, minus Snape, dem mal wieder nicht anzusehen war, ob er verstanden hatte oder nicht. Man könnte es auch als nichtssagendes Doppelspion-Gesicht bezeichnen. „Stellen Sie sich einfach einen großen, metallenen Klotz mit furchtbar vielen Einzelteilen, Verdrahtungen und Kabeln vor“, Mr Weasley machte dabei eine Miene als sei Weihnachten vorverlegt worden, „den man auf einen LKW lädt, diesen dahin fährt, wo man den Impuls auslösen möchte, den Klotz dann anwirft und, je nachdem wie man das Gerät gebaut hat, eine unsichtbare Welle in der Umgebung kreisförmig jedes elektrische und elektronische Bauteil stört oder teilweise auch zerstört.“ Wohl doch kein Weihnachten für Mr Weasley.

„Ich nehme an, das ist auch der Grund für den Stromausfall in der Stadt“, schloss Shacklebolt.

„Richtig. Stromausfall und nicht nur für die Grundstromversorgung, sondern auch den Notstromaggregaten in Sicherheitsgebäuden wie dem Buckingham Palast“, „Oder den Krankenhäusern“, wieder Snape. Luciana atmete einmal tief durch und zählte im Geiste bis drei. „Jedenfalls konnten wir nach dem ausgelösten EMP in den Palast eindringen -“,

„Unter Beschuss.“

„Professor Snape, möchten Sie weiter berichten?“

„Nein, nein, ich korrigiere Sie nur hier und da, Miss Bradley“, schnarrte Snape und präsentierte schon wieder dieses sarkastische Halbgrinsen.

„Bitte unterlassen Sie das.“

„Wenn Sie es unterlassen wichtige Fakten auszulassen.“

„Schon mal dran gedacht, dass wir beide eine vollkommen andere Auffassung von wichtigen Fakt-„

„Kinder, ich bitte euch!“ Dumbledore. Und er hatte sogar beschwichtigend die Hände gehoben.

„Nochmal zurück zum Eintreffen am Palast.“

Und damit begann Luciana eine derart haargenaue Berichterstattung über die kürzlich ausgeführte Mission (ausgenommen der gesprochenen Worte privater Natur zwischen ihr und dem Tränkeprofessor), dass Snape nach nur fünf Minuten genervt in seinen Stuhl gesunken war, sie mit seinen mordrigen Blicken aufspießte und dabei eine besonders harte Trainingseinheit für seine Kiefermuskulatur einlegte. Trotzdem wagte er nicht auch nur den kleinsten Einwand oder beiläufigste Korrektur einzuwerfen. Der Herr schien aus seinem Fehler gelernt zu haben.

„ (…) zerriss die Marke in zwei Teile und -„ An dieser Stelle der Erzählung angekommen ging ein allgemeines, enttäuschtes Aufstöhnen und Raunen durch die gesamte Runde. Dumbledore griff sich mit einem hörbaren Seufzer an den Nasenrücken und setzte sich die Brille ab. Das waren übrigens beides keine sonderlich guten Anzeichen bei ihm, wie sie von früheren Ordenssitzungen wusste.

„Und jetzt?“, warf Sirius ein, aber anscheinend wusste keiner eine Antwort auf diese Frage.

„Die zweite Möglichkeit war doch der Privatbesitzer“, sagte Luciana und biss sich im selben Moment auf die Zunge, nachdem der Schulleiter sie mit abschätzendem Blick ins Visier genommen hatte. „Das hat Gabriel beiläufig erwähnt.“ Hatte er nicht und Dumbledore setzte soeben einen Röntgenblick bei ihr ein, den sie bisher nur von Snape kennengelernt hatte.

„Den wir bedauerlicherweise noch immer nicht ausfindig machen konnten“, sagte Dumbledore nach einer halben Ewigkeit (Luciana hatte nicht einmal geblinzelt - zwar brannten nun ihre Augen, aber es hatte sich anscheinend gelohnt). „Unsere Hoffnung hatte tatsächlich in dem einen Exemplar im Königshaus gelegen.“

„Ich denke mein Pate kann sicher-„

„Nein Luciana, das wird erst einmal nicht nötig sein“, unterbrach sie der Schulleiter. Gabriel schien sich mit der kleinen EMP-Aktion wirklich keine Freunde gemacht zu haben. „Und mit einem Blick auf die Uhr möchte ich die Sitzung dann auch für heute Nacht beenden.“

Luciana folgte seinem Blick zu der, an der Wand angebrachten Uhr, mit angelaufenem, altem Ziffernblatt. Drei Uhr zwanzig. Nun ja, streng genommen war sie zwar noch nicht am Ende ihres Berichts angelangt gewesen, allerding durfte es die hier Anwesenden recht herzlich wenig interessieren, wie ihre etwas überstürzte Fluchtaktion ausgesehen hatte. Und plötzlich kam ihr etwas ganz anderes in den Sinn, wo gerade alle Leute um sie aufstanden.

„Ehm … Mrs Weasley?“

„Ja, Luciana?“, sagte Mrs Weasley, jetzt wieder mit freundlichem Gesicht, als sei es die ganze Sitzung über nicht äußerst düster dreinblickend gewesen.

„Sie haben nicht noch zufällig eine Couch über? Um die Uhrzeit erreiche ich meinen Paten nicht mehr“, (Abschalten aller Telefone um Punkt zwölf Uhr, ansonsten würde er, seiner Aussage nach, nie wieder ein Auge zu tun), „die Kamine sind bei uns dicht und einen Flug bekomme ich erst ab sieben, wenn die nicht ausgebucht sind.“

Mrs Weasley schob mit nachdenklicher Miene ihren Stuhl unter den Tisch.

„Mh, also die Kinder schlafen schon alle, den Salon haben wir noch immer nicht ganz von Ungeziefer befreien können, aber mach dir keine Sorgen, ich kann dir sicher hier-„

„Du kannst bei mir schlafen“, rief Remus hinter der Theke von der Küche rüber und-

RUMMS

Am anderen Ende des Raums hatte Professor Snape mit enorm großem Kraftaufwand seinen Stuhl unter den Tisch geknallt und starrte Remus mit einem derart bösartigen Blick an, dass sich Luciana ernsthaft die Nackenhaare aufstellten. Der Moment war so schnell vorbei, wie er gekommen war, denn gleich darauf drehte sich Snape, die Neutralität in Person, zu dem Schulleiter und verwickelte ihn in ein Gespräch, als sei nichts geschehen.

„A-also du kannst mein Bett haben, ich nehme natürlich die Couch“, fügte Remus betont langsam und laut hinzu, mit einem blitzschnellen Seitenblick auf Snape. Okay, irgendwas stimmte hier nicht. Für Mrs Weasley schien der Vorschlag die perfekte Lösung zu sein, zudem hatte sie offenbar nichts von dem kleinen, seltsamen Vorfall mitbekommen. Wie die anderen Anwesenden auch, die beim Hinausgehen alle in Gespräche vertieft waren. Nur Remus zupfte sich etwas nervös am Kragen seines zerschlissenen Hemds und da, schon wieder ein Blick auf Snape, dann zu Luciana. Diese konnte nur seufzend für einen Moment die Augen schließen - die Annahme, dass Remus in dieser einen, speziellen Nacht nichts mitbekommen hatte, war wohl gutgläubige Naivität gewesen. Wenigstens würde sie nun die Gelegenheit haben, ihm unter vier Augen auf den Zahn zu fühlen.

Luciana half Mrs Weasley noch den Tisch abzuräumen und ein wenig sauber zu machen, während Remus schon mal nach oben gegangen war, um einen Schwung frischer Laken aufzutreiben (den ihm Sirius besorgen wollte).

Dumbledore und Snape waren mit ihnen die letzten beiden in der Küche, doch auch sie kamen nun zum Ende ihres Gesprächs. Der Schulleiter verabschiedete sich mit freundlichem Lächeln (er schien endlich wieder bessere Laune zu haben), unterdessen hielt Snape ihm die Tür zum Treppenaufgang auf, durch die Dumbledore auch gleich verschwand.

„Eine angenehme Nacht, Molly“, sagte Snape dann und nickte Mrs Weasley zu. Vielleicht hatte er gar nicht mehr bemerkt, dass sie auch noch im Raum war?

„Gute Nacht Professor“, sagte Luciana. Der kalte Blick, welchen er direkt auf sie richtete, traf sie unvorbereitet. Ohne einen Ton zu sagen verschwand er ebenfalls durch die Tür und mit einem zweiten RUMMS an diesem Abend knallte diese hinter ihm ins Schloss.





Wenn Du Lob, Anmerkungen, Kritik etc. über dieses Kapitel loswerden möchtest, kannst Du einen Kommentar verfassen.

Zurück zur Übersicht - Weiter zum nächsten Kapitel

Twitter
HPXperts-Shop
Hobbit 3: Begleitbuch
Top-News
Suche
Updates
Samstag, 01.07.
Neue FF von SarahGranger
Freitag, 02.06.
Neue FF von Laurien87
Mittwoch, 24.05.
Neue FF von Lily Potter
Zitat
Sie ist eindeutig der Wolf im Schafspelz, also überhaupt nicht so 'pink', wie sie aussieht.
David Barron, ausführender Produzent