Kathrine O’Connor lag diese Nacht, wie schon so viele Nächte davor, im Bett des Dunklen Lords. Er schlief neben ihr, hatte er sich doch schließlich einmal mehr an ihr abgearbeitet. Kathrine jedoch konnte nicht schlafen. Ob sie wollte oder nicht; Severus tauchte in ihren Gedanken immer wieder auf. Sie wusste wie sehr sie ihn verletzt hatte als sie ihm sagte, dass er nichts mehr für sie empfinden dürfe. Ihr war es ebenfalls nicht leicht gefallen, doch sie wollte wenigstens ihn vor Toms Ausbrüchen schützen, die regelmäßig über sie hereinbrachen.
Mit den Jahren, die sie nun schon abwechselnd Tom Riddles persönliche Assistentin und Sklavin war - womöglich kannte er nicht einmal den Unterschied! - hatte sie aufgehört zu empfinden. Kathrine ließ alles über sich ergehen. Von seinen ständigen, jähzornigen Attacken über ihre entwürdigenten Aufgaben, wenn sie mit seinem Personal schlief bishin zu seinen brutalen Vergewaltigungen. Sie wehrte sich nicht mehr. Es hatte keinen Zweck. Als sie jedoch auf Severus angesetzt wurde hatte sie keine Ahnung, dass dieser ruhige, melancholiche Junge voller so viel Empathie steckte. Nach Jahren war er der Erste gewesen, der sie nicht für ein Fickobjekt hielt. Es brach ihr das Herz, wenn sie daran dachte wie er sich nach Toms Attacke um sie gekümmert hatte. Dennoch, es hätte niemals funktioniert. Nicht mit einem Mann wie Tom Riddle an ihrer Seite.
Kathrine hatte schon oft daran gedacht sich einfach zu vergiften, nur um seinen finsteren Trieben zu entkommen. Allerdings hing sie immer zu sehr an ihrem Leben. Warum auch immer. Vielleicht dachte sie ja Tom würde eines Tages einfach von jemanden getötet und all der Schrecken hätte endlich ein Ende. Sie wusste im Grunde, dass sie sich irrte, doch die Hoffnung darauf, dass er einem Attentat zum Opfer fallen könnte hatte sie immer zögern lassen.
Nun jedoch verspürte sie etwas anderes. Ihre emotionale Kälte gegenüber Tom Riddle war seit langer Zeit wieder von Hass erfüllt und sie dachte darüber nach ihm etwas anzutun. Sicher, wäre es ein Leichtes ihm einfach die Kehle durchzuschneiden während er schlief. Trotzdem tat sie es nicht. Kathrine fürchtete sich vor dem, was geschehen könnte, wenn ihr Versuch scheiterte.
Und so verbrachte sie eine weitere Nacht an der Seite eines Mannes für den sie nur Verachtung hegte. Tom würde nicht zögern sie zu töten, wenn ihm der Sinn danach stände. Hier, in seinem Haus, war er Gott und all diese schleimenden Arschkriecher und Heuchler, die sich um ihn sammelten würden ihm applaudieren. Nicht weil sie Vergnügen empfanden, sondern weil sie sich beim bloßen Anblick des Schwarzen Lords in die Hosen machten. Aus Ehrfurcht, Angst oder weil sie glaubten sich so in eine bessere Position bringen zu können.
Kathrine erhob sich langsam, um ihren Meister nicht zu wecken. Sie hob ihre Robe vom Boden auf und zog sie an. Sie wollte nicht nackt herumlaufen und der Nachtwache offenbaren, was ihr großer Chef da mit ihr tat, obwohl es sich sicher jeder denken konnte, der ein Fünkchen Verstand besaß. Kathrine ging aus dem düsteren Schlafzimmer und durchquerte leise das Quartier des Dunklen Lords. In der zu dieser Zeit leeren Empfangshalle besah sie das Terrarrium der Schlange. Eine besonders große Annaconda, die um die 10 Meter maß und schon so manchen Menschen verschlungen hatte. Kathrine fragte sich unwillkürlich, ob auch sie eines Tages im Magen des Ungetüms landen würde, nur weil Tom es gerade Spaß machte.
Sie hörte wie sich die Türen der Eingangshalle öffneten und wandte sich um. Mehrere Todesser in voller Kampfmontur betraten die Halle. An ihren Abzeichen sah sie, dass sie nicht zur Nachtwache gehörten. Es waren militärische Einheitszeichen.
„Wir müssen den Herren sprechen, sofort!“
Kathrine setzte eine desinteressierte Miene auf.
„Ach, und was glaubt ihr was passiert, wenn ich den Dunklen Lord einfach so wecke?“
Sie wusste, was dann passierte. Er bekam schlechte Laune und das wiederrum tat niemanden gut.
„Wir haben einen Spion aufgegriffen.“
„Kann sich damit nicht die Nachtwache beschäftigen? Wofür hat man Leibwächter, wenn die nicht einmal einen Agenten fangen können?“
Kathrine blieb weiterhin kühl. Eine ihrer Aufgaben war es schließlich sie alle am Leben zu halten. Wenn jeder einfach so zu Tom spazierte, der meinte etwas Wichtiges mitteilen zu müssen, dann wären sie innerhalb der nächsten Woche alle tot.
„Er behauptet steif und fest er sei vom Orden, was natürlich Bullshit ist. Wir haben die alle umgebracht!“
„Stimmt, alle bis auf Dumbledore und noch ein paar andere, die uns auf den Wecker fallen.“, kommentierte Kathrine. Die Militärs hielten sich immer für etwas Besonderes. Erst recht, wenn sie in der Nähe ihres Idols dienten.
Der Todesser gab seinen Kameraden ein Handzeichen und die schoben zugleich einen kleinen, pummeligen Kerl nach vorn, dem sie eine schwarze Kaputze über den Kopf gestülpt hatten.
„Ich will sein Gesicht sehen.“, befahl Kathrine. Sie mochte die Hure von Tom Riddle sein, doch was diese Trottel anging besaß sie genug Autorität.
Einer der Männer zog dem Gefangenen die Kapuze vom Kopf. Hervor kam ein von Schwellungen und blauen Flecken eingeschränktes, rundes Gesicht mit kurzen, zerzausten, braunen Haar. Der Typ war nicht Älter als Zwanzig und wirkte total verängstigt. Spion des Ordens? Wohl eher aus dem Pub gefallen!
„Habt ihr ihn so zugerichtet?“, wollte Kathrine wissen.
„Der wollte nicht reden.“
Kathrine verdrehte die Augen. Nur Idioten und Militärs dachten, dass man mit Gewalt Zungen lockern konnte.
„Wie ist dein Name?“, fragte Kathrine.
Der junge Mann blickte sie nur ängstlich an.
„Rede, sonst gibts noch was!“
Ja, die Verhörmethoden der Todesser waren wirklich herzallerliebst.
„Peter Pettigrew.“
„Habt ihr ihn überprüft?“, fragte Kathrine.
„Unbekannt.“, antwortete der Todesser.
Das wunderte Kathrine nicht. Der sah nicht aus wie einer vom Orden, sondern wie ein Suffkopp, den sie von der Straße aufgesammelt hatten, um ihre Quoten zu verbessern.
„Ich ... ich habe Informationen, die nützlich sein könnten.“, sagte Pettigrew.
„Na, dann schieß los.“, antwortete Kathrine und war gespannt was da kommen mochte.
„Ich gehörte zum Orden des Phönix.“
„Der Orden ist zerschlagen!“, mischte sich einer der Todesser ein. Kathrine brachte ihn mit einem Blick zum Schweigen.
„Bis vor kurzem haben wir unsere Anweisungen direkt von Dumbledore erhalten. Allerdings ist er jetzt verschwunden. Aber er hat vorher noch davon gesprochen, dass er nach Sharad Akam reisen wolle, um Hilfe zu holen. Falls er wiederkommt hat er womöglich Männer mit dabei.“
„Junge, das ist gar nichts!“ Kathrine schüttelte den Kopf. „Dafür hätte der Meister dir höchstens einen Todesfluch verpasst. Und ihr Idioten schleppt ihn auch noch an!“
„Er hat darauf bestanden! Wir wollten’s ihm ja erklären ...“
„Oh ja, erklärt habt ihr es ihm mit ein paar Faustschlägen, was?“
„Was ist hier los?“, hörte Kathrine plötzlich Toms Stimme durch den Raum hallen.
Er stand in der Tür zu seinen Räumen so wie Gott ihn schuf. Anders als ihr machte es Tom Riddle nichts aus sich so vor seiner Wache zu zeigen. Die Todesser waren den Anblick offensichtlich nicht gewohnt. Sie sahen panisch zu Boden, um bloß nicht den nackten Lord Voldemort anblicken zu müssen. Sie vermutete ja, dass er das absichtlich machte. Seine Verachtung gegenüber seinen eigenen Untergebenen war ihr durchaus bekannt. Erst recht, wenn sie sich ihm anbiederten. Und die Wachen im Haus - egal ob Nachtwächter oder Militärs - bestand fast nur aus Emporkömmlingen.
„Ein Spion, Sir.“ Der Todesser salutierte völlig übertrieben.
Tom hingegen fing an zu lächeln. Immer ein Zeichen von Gefahr bei ihm. Er kam näher und musterte Pettigrew. Dieser ging plötzlich zitternd auf die Knie und fasste sich an den Kopf. Sein Gesicht war schmerzverzerrt.
„Ein niederer Wurm, der um seine Haut fürchtet und zum Gegner überlaufen will?“, sagte Tom gefährlich ruhig. „Wie viele von dieser Sorte habe ich schon?“
Tom stieß den wimmernden Jungen mit einen Fußtritt beiseite und packte seinen Kopf.
„Bring mir Dumbledore und du darfst vielleicht sogar deinen nichtsnutzigen Kopf behalten.“, sagte er zu ihm, ließ ihn los und erhob sich.
„Schafft ihn hier weg!“, befahl Tom seinen Männern, die den am Boden liegenden Pettigrew packten und aus dem Saal zerrten.
„Und du, meine Liebe, ...“ Tom wandte sich Kathrine zu und strich ihr mit den Fingern über den Hals. „... kommst zurück ins Bett.“
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