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Spinning Hearts - Ein roter Fleck

von Dr. S

Draco beantwortete keinen seiner Briefe. Allein heute hatte Sirius drei Eulen nach Wiltshire fliegen lassen, zwei davon waren mit ungeöffneten Pergamentumschlägen zurückgekommen. Auf eine wartete er noch.

Zwei Tage hatte er Draco nicht gesehen und fühlte sich jetzt schon schwerer als die Blöcke, die er in Hogwarts durch die Gegend trug. Müde, ausgelaugt und getreten schleppte er sich durch den Tag und lag umso wacher nachts da, starrte an die Decke und ließ sich Worte durch den Kopf gehen, die ihm nichts bedeuten sollten.

Er saß auf dem Sofa im Wohnzimmer, die Augen müde und schwer, und schaukelte Teddy in den Armen, der mit seiner winzigen Hand Sirius‘ Daumen umklammert hatte. Seine großen Augen leuchteten neugierig über jede kleine Bewegung in Sirius‘ Gesicht und er gluckste gurgelnd, als würde er sich an seinem Lachen verschlucken.

Er wurde mit jedem Tag größer und seine Haarfarbe wechselte sogar manchmal stündlich. Morgen schon würde er nicht mehr in diesen babyblauen Strampler passen oder in die winzigen weißen Söckchen. Bei einem Baby schien man sehen zu können wie die Zeit verging. Sie tröpfelte nicht vor sich hin, sondern floss einem durch die Finger. Sirius erinnerte sich, wie er Harry so in den Armen gehalten hatte. Ein kleiner Maulwurf mit zusammengekniffenen Augen, der es nicht kommen sah, wenn man ihm gegen die Wange stupste. Es kam ihm wie gestern vor, vielleicht gerade weil Askaban dazwischen lag. All die Zeit, die er verschwendet hatte und gerade verschwendete…

Sirius grinste Teddy an, was ihn erneut zum Lachen brachte, und kitzelte sein Bäuchlein, worauf es lauter aus ihm herausbrach.

„Er hat seinen Cousin Sirius schon vermisst.“

Sirius schaute über die Schulter. Remus hatte sich durch die Tür gestohlen und lächelte ihn auf diese mitleidig besorgte Art an.

„Wer vermisst seinen Cousin Sirius nicht?“, gab er zurück.

Remus ließ die Tür offen und setzte sich zu ihm auf das Sofa. „Harry vermisst zumindest seinen Patenonkel. Er scheint da draußen ein wenig abgelenkt. Habt ihr Streit miteinander?“

„Wie kommst du darauf?“

„Weil du hier sitzt, während alle anderen da draußen mit deinem Patensohn seinen Geburtstag feiern“, sagte Remus.

„Keine Bange. Ich kümmere mich um das Baby, dem keiner ein Stück Torte bringen wollte“, sagte Sirius und beugte sich über Teddy. „Für Kreachers Torte brauchst du gar keine Zähne.“

Teddy zeigte ihm sein zahnloses Grinsen.

Remus legte die Hand auf Teddys Kopf, strich über den flaumigen Schopf türkisfarbenem Haars. „Er steht dir gut. Besser als eine Quidditch-Uniform. Erinnert mich daran, wie du Harry früher gehalten hast“, sagte er. „Du wärst ein guter Vater geworden, Sirius.“

„Wir wissen beide, dass das nicht stimmt. Ich bin ein viel besserer Patenonkel und das schließt väterliche Strenge leider grundsätzlich aus.“

Remus schüttelte sanft den Kopf. „Wenn du ein paar Jahre mehr Zeit gehabt hättest, dich daran zu gewöhnen, dann –“

„Lass es bitte“, sagte Sirius. „Wir haben jetzt genug Zeit. Ich hab ihm versprochen, dass wir eine richtige Familie sein werden, sobald alles vorbei ist, und das ist es jetzt.“ Er stupste gegen Teddys Nase. „Nicht wahr, Kleiner? Dein Daddy muss sich keine Sorgen machen.“

„Wenn ich mir keine Sorgen mache, entknittert meine Stirn noch am Ende“, sagte Remus schmunzelnd. Er rutschte an Sirius heran, die Hand immer noch auf Teddys Köpfchen, obwohl Sirius es richtig stützte. Remus lächelte seinen Sohn liebevoll an, dann schaute er Sirius an und sein Lächeln verschwand. Er nahm die Hand von Teddy und legte die Stirn in die bereits vorbereiteten Furchen.

„Du siehst verdammt müde aus, Sirius“, sagte er. „Und was ist mit deinen Haaren los? Sind sie gewachsen?“

„Wenig Schlaf – und Haare wachsen nun mal“, gab Sirius zu. Er vermisste Draco auf der anderen Seite des Bettes. Es war erstaunlich, wie schnell man sich daran gewöhnen konnte nachts neben einem warmen Körper aufzuwachen. Daran, wenn man nachts hochschreckte und nur Dementoren rasselnd atmen hörte, von einer blasierten Stimme begrüßt zu werden. Zögerlich, aber fest in den Armen gehalten zu werden… Es war keine Woche her, aber es kam ihm wie Monate vor, dass Draco ihn im Regen stehengelassen hatte.

„Vielleicht bist du überarbeitet… oder unterarbeitet“, sagte Remus. „Borgin wurde gestern freigelassen, hat Kingsley erwähnt. Konntest du nichts aus ihm herausbekommen?“

„Ich hab es nicht versucht, Moony. Ich bin kein Auror“, sagte Sirius.

„Kingsley scheint deine Meinung trotzdem sehr zu schätzen zu wissen.“

„Ich weiß nicht, was das über ihn aussagt.“ Sirius grinste Teddy an, der erneut alles versuchte um mit seinen kleinen Fingerchen Sirius‘ Daumen zu umschließen. „Was meinst du, Teddy? Vielleicht sollte Cousin Sirius Zaubereiminister werden?“

Teddy gluckste und produzierte dabei eine große Blase, die platzte und ihn noch mehr zum Lachen brachte. Sirius wischte seinen Mund wieder sauber, nur um vom Remus‘ fürsorglichen Armen aus dem Weg geschoben zu werden. Er beugte sich um ihn herum und hievte Teddy aus seinen Armen, der sich aber weiter an Sirius‘ Daumen festhielt. Seine großen Augen füllten sich mit Tränen.

„Ich hab von den Auroren gehört, die vor Malfoy Manor positioniert sind. Das wird Lucius nicht gefallen“, sagte Remus.

„Hat es nicht“, sagte Sirius. Immer, wenn er seinen Daumen wegziehen wollte, fing Teddy an schneller zu atmen und die Tränen perlten sich in seinen Augen. „Aber Narcissa kann sich durchsetzen. Die zwei haben sich gesucht und gefunden.“

Remus schnippte mit dem Zauberstab einen Schnuller aus der Luft. Er fing Teddys tränengefüllte Augen damit ein und schob ihn in seinen gierigen Mund. Sirius zog seinen Daumen aus Teddys Hand, ohne ein Drama auszulösen.

„Was ist mit Draco?“, fragte Remus, während er Teddy schaukelte.

Sirius bemühte sich um ein neutrales Lächeln. „Schlägt sich wacker.“

„Ich hab ihn nicht gesehen, seit Teddy ihm neulich so einen Schrecken eingejagt hat. Man hätte meinen können, dass ich einen Irrwicht mit mir herumtrage“, sagte Remus und stupste gegen Teddys Wange.

Sirius fühlte sich ohne das Gewicht in seinen Armen merkwürdig nutzlos.

„Du bist gern mit ihm zusammen“, sagte Remus.

Sirius nickte langsam. Sein Kopf fühlte sich so schwer an, als würde die ganze Müdigkeit ihn nach unten ziehen. Er fragte sich, was Draco gerade tat, ob er auch an ihn dachte, oder ob er sich schon voller Trotz in Madam Puddifoot’s rosa Café ein Törtchen mit der kleinen Greengrass teilte. Vielleicht auch nicht nur aus Trotz… Vielleicht redete er sich selbst ein, dass er das wollte, wenn Sirius sich ziemlich sicher war, dass er nichts davon wollte.

„Ein Wunder. Ich hab Draco ein Jahr unterrichtet und dachte eigentlich, er wäre eine ziemlich große Nervensäge“, sagte Remus amüsiert, was er nicht lange beibehielt, als Sirius nicht mit einstimmte. „Ein bisschen anstrengend, aber nicht dumm. Teenager sollte man nicht verurteilen, wenn sie sich wie Idioten aufführen – das weiß ich aus Erfahrung. Bei ihm ist es ein wenig ausgeartet…“

„Er ist anstrengend“, sagte Sirius. „Anstrengend und etwas kompliziert, aber…“ Er lächelte. „Er ist clever, kreativ und witzig. Eine Menge gute Dinge. Es ist so einfach mit ihm, auch wenn er es einem nicht einfach machen will. Vielleicht liegt das auch an seinem hübschen Gesicht.“

Remus‘ merkwürdiges Lächeln fiel ihm erst jetzt auf und er räusperte sich über das Ende seines Satzes hinweg. „Ich dachte immer, er würde Lucius sehr ähnlich sehen?“, fragte Remus.

Sirius wich ihrem bohrenden Blick aus. „Aus der Ferne, vielleicht.“

„Tatze… Willst du mir nicht sagen, was los mit dir ist?“

Sirius runzelte die Stirn. „Was meinst du?“

Remus wog Teddy sanft in den Armen, bis er dabei war einzuschlafen. „Da draußen steigt eine Party, für die du dir sogar Mühe gegeben hast, und der Sirius Black, den ich kenne, würde dann nicht hier sitzen und Trübsal blasen.“

„Ich habe mit deinem Kind gespielt, Remus, das du plötzlich nicht mehr interessant findest“, sagte Sirius. Remus hatte die väterliche Strenge nach ein paar Monaten in dieser Rolle bereits perfektioniert und schickte sie in einem Blick zu Sirius. „Das war ein Scherz. S-C-H-E-R-Z.“

„Weißt du, wenn man das Wort auseinanderbricht, findet man darin dein gebrochenes Herz“, sagte Remus. Teddy schmatzte zustimmend in seinen Armen.

„Witzig“, sagte Sirius trocken. „Wie kommst du darauf?“ Er drehte sich weiter zu Remus herum und erhaschte einen Blick auf die Tür, wo ein wirrer schwarzer Haarschopf aus dem Spalt verschwand. Sirius seufzte auf. „Ich hab dich gesehen, Harry.“

Der Haarschopf kehrte in den Türspalt zurück. „Oh, hey“, sagte Harry und schien so zu tun wollen, als hätte er nicht gelauscht. „Ich wollte gerade nachsehen, wo du bist. Ich wollte nicht stören.“

„Ich bin enttäuscht, Harry. Dein Vater hätte wenigstens versucht sich unter seinem Tarnumhang zu verstecken“, sagte Sirius.

„Ich habe nicht…“ Harry versuchte gar nicht lange sich herauszureden. Er kam herein und setzte sich gegenüber von ihnen in den Sessel.

Sirius behagte nicht, dass Remus und Harry ihn so einpferchten. Sie müssten nur aufstehen und ihm wäre jeder Fluchtweg verschlossen. Alle beide starrten ihn an, nur Teddy hatte Mühe die Augen offenzuhalten und nuckelte schläfrig an seinem Schnuller.

„Ist das eine Intervention?“, fragte Sirius milde amüsiert. „Wollt ihr mir zusammen den Kopf waschen?“

„Hat er dir erzählt, wegen wem er so deprimiert ist?“, fragte Harry Remus, ließ Sirius dabei aber nicht aus den Augen.

„Na ja…“ Remus lächelte Sirius an. „Er hat mir genug gesagt, um meine deduktiven Fähigkeiten herauszufordern. Das hat bisher immer gereicht.“

„Ich bin nicht deprimiert“, sagte Sirius und fing sich von allen Seiten Blicke, die das Gegenteil sagten. „Ich bin sauer, das ist alles.“

„Weil Malfoy ein Bastard ist“, sagte Harry.

„In diesem Fall war ich der größere Bastard“, sagte Sirius.

„Vielleicht hebt ihr euch gegenseitig als Bastarde auf?“, warf Remus ein. Harry verengte finster die Augen. „Harry, ich kann dazu nichts anderes sagen. Ich weiß, wie kompliziert es zwischen dir und Draco Malfoy ist, aber Sirius ist mein bester Freund und ich vertraue seinen Menschenkenntnissen. Mehr als meinen.“

Sirius schüttelte den Kopf, bevor Remus auch nur wagte an Peter zu denken. Sie hatten ihm alle vertraut. Dementsprechend wenig sollten sie alle auf ihre Menschenkenntnis geben. Vielleicht auch, wenn es um Draco ging… Nur hielt er das für einen absurderen Gedanken, als das Snape Harrys Vater hätte sein können.

„Und du findest nicht einmal, dass Malfoy zu jung für ihn ist?“, fragte Harry.

Sirius fühlte sich wiederholt geohrfeigt und sein schwerer Kopf blieb hängen. Sein Haar fiel ihm ins Gesicht, bis er nichts mehr sehen konnte, und er wischte es sich schwer seufzend aus der Stirn.

„Das wäre ziemlich scheinheilig von mir, findest du nicht, Harry?“, sagte Remus. „Draco ist volljährig, hab ich Recht? Das heißt, er und Sirius sind in der Lage ihre eigenen Entscheidungen zu treffen. Wenn wir ehrlich sind, ist er wahrscheinlich schon erwachsener als Sirius.“

„Hey“, beschwerte Sirius sich.

„Aber er meint es nicht ernst“, mischte Harry sich mit einem Eifer ein, als würde er erneut Snape verdächtigen seinen Besen oder sonst etwas zu verfluchen. „Es geht ihm nur um seinen Ruf. Wieso sollte er sonst mit Sirius rumhängen?“

Sirius schaute auf, und seine Halswirbel knackten gefährlich.

„Harry“, entfuhr es Remus tadelnd.

Harry riss ertappt die Augen auf. „So hab ich das nicht gemeint. Ich meinte… Ähm…“

„Harry, du bist doch sonst nicht so“, sagte Remus, der anscheinend die Situation retten wollte. „Vor ein paar Wochen hast du noch anders über Draco gesprochen. Ich glaube, du willst einfach nicht denken, dass er etwas haben könnte, das Sirius mögen kann.“

Harry sagte dazu nichts, schaute aber schuldbewusst zur Seite.

„Schon gut, Remus. Ich hab das alles schon gehört. Ich geh nach oben und leg mich hin – anscheinend seh ich todmüde aus.“ Sirius stand auf und streichelte Teddy über den Kopf, der friedlich vor sich hinschlummerte. Dann ging er schnell zur Tür, bevor Remus mehr tun als ihn mitleidig ansehen konnte, und schob sich durch einen Haufen Rotschöpfe. Aus dem Wohnzimmer konnte er Harry und Remus hören, die das Thema nicht gut sein lassen wollten.

Dabei gab es nichts mehr zu bereden, wenn er Pech und sie Glück hatten. Draco meldete sich nicht bei ihm. Er hatte diese Dinge gesagt, die Harry auf der Zunge zergehen würden. Vielleicht fühlte er sich deswegen so schwer, als er die Treppe nach oben in den vierten Stock lief.

In seinem Zimmer wartete nichts auf ihn. Niemand wartete. Sein Bett war gemacht und leer, sah aber alles andere als einladend aus. Sirius trat durch die Tür und hatte vor Augen, wie Draco unter seiner Decke gelegen und geschlafen oder gewartet hatte, nichts als dieses verführerisch provozierende Lächeln auf den Lippen. Er hatte vor Augen, wie Draco dort gesessen und nach ihm gesucht hatte, verloren und am Rande einer milden Panik. Das konnte man nicht spielen.

Sirius setzte sich auf den Rand seiner Matratze.

Morgen würde er wieder nach Hogwarts gehen. Wenn er Glück hatte, würde Draco dort sein. Nein, er ging fest davon aus, dass Draco dort sein würde. Nach der ganzen Arbeit würde er jetzt nicht einfach aufgeben und auf den Ruhm verzichten, der ihm bisher so egal gewesen war. Morgen würden sie miteinander reden. Er hatte sich das fest vorgenommen und Draco in seinem Brief angedroht. Morgen würde er alles einrenken. Harry würde sich einkriegen und alles würde besser werden.

Sirius stützte den schweren Kopf auf einer Hand ab und fühlte sich trotzdem, als könnte er ihn nicht oben halten. Er hatte noch gut zwölf Stunden um nicht mehr darüber nachzudenken, was Draco zu ihm gesagt hatte, aber es wurde immer schwerer.

Sirius spürte die Hand, auf der er sich aufgestützt hatte, rau auf seiner Wange, wie einen Fremdkörper. Was, wenn es Draco so ähnlich gegangen war? Am Ende hatte er diese Hände nur unter großen Anstrengungen auf seinem Körper ertragen. Jede Berührung, jede Umarmung, jeder Kuss war ihm aufgestoßen, wenn er Harry glauben sollte. Sirius ging alles in seinem Kopf durch, jeden zweisamen Moment, jeden flüchtigen Hauch einer Berührung, die Blicke, das Lächeln, und sein Magen drehte und wand sich bei der Vorstellung, dass er das nicht mehr haben könnte. Dass Draco es vielleicht nie hatte haben wollen.

Das war eine lächerliche Vorstellung, die sich zu keinem anderen Zeitpunkt in seinen Kopf hätte setzen können. Draco hatte gelogen. Er hatte all das nicht spielen können. Dieses Lächeln, als sie das erste Mal in demselben Bett eingeschlafen waren. Sein Herz, das verräterisch unter Sirius‘ Hand geschlagen hatte. Die Art, wie seine Augen nach ihrem ersten Kuss von innen geleuchtet hatten, wie sie immer noch leuchteten. Selbst der Regen vor Hogwarts‘ Toren hatte es nicht dimmen können. Sirius hatte noch genau vor Augen, wie Draco zu ihm gelaufen war, wie sein Lächeln langsam gestorben war und nur eisige Härte in seinem Gesicht zurückgelassen hatte.

Er hatte das alles gesagt um sich zu schützen. Sirius hatte ihn verletzt und damit alles zum Wackeln gebracht, was sie in letzter Zeit aufgebaut hatten. Auf einer eigentlich stabilen Grundlage. Immerhin hatte Draco ihm das Leben gerettet. Und Harry konnte sagen, was er wollte, Draco hatte dabei keine Hintergedanken gehabt. Vielleicht hatte er keine Gedanken für Sirius in diesem Moment gehabt, aber auch keine gegen ihn. Er hatte einfach das Richtige getan.

Harry schien wirklich nicht sehen zu wollen, dass Draco nicht nur seine Nemesis aus Schultagen war, sondern auch ein Mensch. Ein Mensch, der Sirius fehlte. Sehr sogar.

Hinter all diesen durcheinander wirbelnden Gefühlen stand eine Mauer aus Sorgen. Bellatrix war da draußen, und er hatte bisher nicht realisiert wie real die Gefahr war, die von der Wut in ihrem durchgeknallten Kopf ausging. Hier im Grimmauld Place war Draco hinter den Schutzzaubern, die Sirius‘ Vater jahrelang perfektioniert hatte, und dem Fideliuszauber sicher gewesen. Hinter den beiden Auroren, einer davon voller Missbilligung gegenüber den Malfoys und einer sehr leicht abzulenken, sah das wohl anders aus.

Das letzte Mal, als ihm jemand so sehr gefehlt hatte, war es nicht gut gegangen. Er kannte das Gefühl, die Ruhelosigkeit, die ihn nicht auf der Geburtstagsfeier dort unten oder in irgendeinem Zimmer halten konnte. Das letzte Mal hatte es darin geendet, dass ihn die Leiche seines besten Freundes auf der Türschwelle begrüßte.

Sein Brustkorb schnürte sich zusammen, seine Rippen schnitten förmlich in sein Herz, und es half nicht tief durchzuatmen. Er wusste nicht, ob er es aushielt bis morgen zu warten um mit Draco zu reden. Um wenigstens zu erfahren, ob es ihm gut ging. Keiner seiner Briefe war beantwortet worden, geschweige denn gelesen. Was, wenn es nicht Wut war, die Draco davon abhielt?

Er wusste nicht, was er tun würde, wenn Bellatrix ihm jetzt etwas Wichtigeres als sein Leben wegnehmen würde. Wahrscheinlich etwas Dummes.

Es klopfte an der Tür. Sirius schaute auf und überlegte, ob er wirklich jemanden sehen wollte. Seine Hände zitterten, seine Lungen waren leer und er atmete zu hektisch, um sie zu füllen. Er fuhr sich durch die Haare, als die Tür ohne Erlaubnis geöffnet wurde.

„Sirius?“ Harry schaute herein. Anders als unten noch mit Remus‘ vermeidlicher Unterstützung im Rücken wirkte er jetzt sehr unsicher.

Harry zeigte ihm ein steifes Grinsen, das er dem Boden zuwandte. „Mrs. Weasley streitet sich mit Kreacher darum den Tisch zu decken. Es gibt also in drei, vier Stunden Abendessen.“

Sirius gab das Grinsen sehr bemüht zurück.

Harry beobachtete das und schaute wie ein trauriger Welpe wieder auf den Boden. „Du bist nicht wirklich müde, oder?“

„Ich bin müde“, sagte Sirius. „Das heißt nicht, dass ich innerhalb einer Sekunde einschlafen kann.“

Harry kam herein, auch wenn ihm jeder Schritt sehr schwer zu fallen schien. „Du konntest wohl besser schlafen, als Malfoy noch hier war…“

„Was willst du von mir hören, Harry?“, fragte Sirius erschöpft.

Harry sah nicht aus, als wüsste er das selbst. „Das wird schon wieder. Du hast keinen Grund ein schlechtes Gewissen oder sonst was zu haben. Und das geht bestimmt bald vorbei, wenn du nicht mehr mit ihm reden musst.“

Sirius runzelte die Stirn. „Harry, ich muss nicht mit ihm reden, ich möchte es und ich werde es.“

Damit schien Harry nicht gerechnet zu haben. „Aber du hast gesagt, er hätte die Schnauze voll?“

„Ich habe gesagt, dass ich ihn gebeten hab dir etwas Zeit zu lassen und er das nicht gut aufgenommen hat.“

Harry nickte. „Wieso wohl? Weil du ihm nichts bringst, wenn du mal etwas Zeit für dich haben willst.“

„Ich will gar keine Zeit für mich haben. Davon hatte ich mehr als genug. Was soll ich damit?“, gab Sirius zurück.

Harry wich seinem Blick erneut aus und ließ die Schultern hängen, als hätte Sirius ihn angeschrien.

„Ich rede spätestens morgen mit Draco“, sagte Sirius und bekam dafür sofort einen eisigen Blick zugeschossen. „Ich weiß nicht, was du dir vorgestellt hast. Das war keine Entscheidung zwischen dir und ihm. Du bist mein Patensohn und natürlich will ich dich in meiner Nähe, aber Draco… Ich…“ Sirius biss sich auf die Lippe, bevor er etwas Falsches sagte. Harry starrte ihn bereits an, als würde er mit erhobenem Zauberstab vor ihm stehen und sich für den Todesfluch bereitmachen.

Er wollte sich nicht entscheiden müssen, und er fand es lächerlich, dass das überhaupt im Raum stand. Eine Auszeit hätte er ertragen, damit Harry sich an den Gedanken gewöhnen und sich arrangieren konnte, damit Draco sich wieder beruhigen und ihm verzeihen konnte. Aber nie wieder ein Wort mit Draco zu wechseln, weil Harry es nicht wollte?

„Liebst du ihn?“, fragte Harry.

Sirius verschluckte sich an einem einfachen Atemzug und hustete sich vor Schreck fast die Lunge aus dem Leib. Er starrte Harry aus tränenden Augen an. „Was?“

Harry verzog unangenehm berührt das Gesicht. „Du hast mich schon verstanden… Ich will nicht, dass du wieder so durchhängst, wie vor zwei Jahren, aber –“

„Was hat das damit zu tun?“, fragte Sirius genervt.

„Aber es ist Malfoy, und –“

Etwas klopfte scharf gegen Glas. Sirius drehte sich um, während Harry verstummte. Eine Eule saß auf seinem Fensterbrett. Sirius eilte darauf zu, riss das Fenster auf und zog den Pergamentumschlag vom Fuß der Eule, bevor sie ihn ausstrecken konnte. Seine Finger zitterten, als er den Brief umdrehte, um die Adresse zu lesen.

Die Enttäuschung sackte wie ein Stein in seinen Magen.

Es war seine Handschrift und Dracos Adresse. Die Eule hatte noch einmal einem Bumerang Konkurrenz gemacht. Ihr Gefieder war feucht und zerwühlt. Der Regen musste in Wiltshire angekommen sein. Sirius drehte den Brief um und erst jetzt fiel ihm auf, dass das Siegel gebrochen war. Er zog den Brief langsam aus dem Umschlag und entfaltete ihn. Sein Herz setzte einen Schlag aus. Neben seiner Unterschrift tränkte ein roter Tropfen das Pergament.

„Was ist das?“, fragte Harry und schaute über seine Schulter. „Blut?“

Sirius befeuchtete die Spitze seines Zeigefingers, rieb damit über den Fleck und leckte seine Fingerspitze dann ab. „Wein“, sagte er und schaute an der Eule, die ihren Flügel putzte, vorbei auf die Straße. Die Straßenlaternen strahlten tapfer gegen die hereinbrechende Dunkelheit an und die Nässe der letzten Nacht glitzerte in ihrem Licht.

„Was soll das? Er liest deinen Brief, schüttet sich dabei mit Wein voll und schickt ihn zurück?“, fragte Harry und schien immer noch darauf aus kein gutes Haar an Draco zu lassen.

„Nein. Draco hat es nicht so mit Elfenwein. Aber mir fällt da jemand anderes ein“, sagte Sirius und knüllte den Brief zusammen, als er instinktiv die Faust ballte.

~*~


Ein weicher Sommerregen tröpfelte vom Himmel und den Zweigen, die neben Draco von der Baumkrone hingen. Das Wetter schien ihm von Schottland bis in den Südwesten von England gefolgt zu sein. Draco saß unter einer Reihe von Bäumen auf der hinteren Seite von Malfoy Manor, weit weg von dem gusseisernen Tor, das er zu lange anstarrte, und den misstrauischen Blicken der beiden Auroren, die dort postiert waren. Er las in einem Buch, zumindest starrte er sehr erfolgreich die Buchstaben an. Goyle musste sich so gefühlt haben, wenn er mit einem Buch konfrontiert gewesen war.

Sein Kopf malte ihm andere Wörter auf die Seiten. Böse Beleidigungen, Unterstellungen und Verleumdungen; ein Sammelsurium aus all den Dingen, die er in den letzten Monaten nicht nur von nasenlosen Apothekern an den Kopf geworfen bekommen hatte. Er hörte das alles nicht mit seiner Stimme, sondern mit Potters. Potters grässliche, Ohrenschmerzen verursachende Stimme. Er konnte nicht verstehen, wie irgendjemand sich mehr als ein paar Worte von ihr anhören konnte, geschweige denn wollte. Niemand mit gesundem Menschenverstand könnte das. Niemand.

Es war Potters Geburtstag. Das hatte sogar im Tagespropheten gestanden. Draco malte sich die Party aus, die für ihn organisiert worden war, von den ganzen offiziellen Feierlichkeiten abgesehen, weil sie anscheinend alle St. Potters Geburtstag feiern mussten. All seine Freunde, die ihm in den Hintern kriechen und stecken bleiben würden. Ganz anders als sein Geburtstag.

Sirius würde dort sein. Anders als bei seinem Geburtstag.

Einer der Regentropfen rutschte durch die schützende Baumkrone durch und traf ihn an der Schläfe, rollte von dort aus über seine Wange. Sein Blick verschwamm. Draco blinzelte gegen ein fieses Brennen an.

Draco schlug das Buch wutentbrannt zu und knurrte es frustriert an.

„Das Buch kann nichts dafür, dass du es nicht verstehst.“

Draco schnappte sich ertappt das Buch und presste es in seine Arme, als könnte er die Behandlung von eben so rückgängig machen. Er schaute auf und direkt in Theodores Gesicht. Feuchte Haarsträhnen klebten in einem unordentlichen Scheitel auf seinem Kopf und er duckte sich unter den hängenden Ästen durch unter den Baum, setzte sich aber nicht neben Draco auf das von Gänseblümchen bestickte Gras. Sein Blick wanderte über die Gärten, als hätte er nicht mehrere Sommertage damit verbracht sie abzulaufen, sondern würde sie zum ersten Mal sehen.

„Nott“, grüßte Draco und war überrascht und entsetzt wie heiser seine Stimme klang. Er hatte sie in den letzten zwei Tagen nur wenig benutzt. „Was willst du?“

„Du hattest versprochen zum Tee zu kommen, Malfoy“, sagte Theodore, klang aber wenig interessiert an den Gründen dafür.

„Ach, ja“, sagte Draco genauso gelangweilt. „Sorry.“

„Schon in Ordnung. Für mich jedenfalls. Daphne schmollt ein bisschen. Astoria hat sich extra hübsch angezogen und war sehr enttäuscht.“ Theodore lehnte sich mit den Händen in den Hosentaschen gegen den Baumstamm. „Sie schwärmt ein bisschen für dich, könnte man denken.“

„Ich weiß nicht, was das über sie aussagen würde“, sagte Draco.

„War wahrscheinlich besser, dass du nicht gekommen bist. Parkinson stand rein zufällig vor der Tür.“ Theodore verdrehte über so wenig Subtilität die Augen.

„Du hättest nicht kommen müssen, Theodore. Eine Eule hätte gereicht.“

„Auch mit Eulen bist du schwer zu erwischen in letzter Zeit. Außerdem hatte ich gehofft, dass ich etwas vom Dinner abstauben könnte. Deine Mutter hat mich gebeten zu bleiben“, sagte Theodore mit purem Kalkül in den Augen. „Wenn du nichts dagegen hast.“

„Seit wann interessiert dich das?“, gab Draco zurück.

Theodore schmunzelte, bevor er sich in Schweigen hüllte. Draco wich seinem tiefen Blick aus, der in diesen Momenten nie etwas Gutes bedeutete, und schaute auf den nahegelegenen Springbrunnen aus Stein unter dem zwei der Pfauen vor dem Nieselregen Schutz gesucht hatten. Theodores Blick bohrte sich dabei nicht nur in seinen Nacken, sondern unter seine Haut.

Schließlich kniete er sich neben Draco ins Gras.

„Du weißt, dass es mich interessiert“, sagte er leise und als wäre ihm jedes Wort unangenehm. „Du hättest immer mit mir reden können. Wenn du nicht so ein vermaledeiter Sturkopf wärst, der alles in sich reinfressen will.“

Draco merkte, wie sich seine Kehle von einer Sekunde auf die andere schmerzhaft fest zuschnürte. Das verabscheuungswürdige Brennen kehrte in seine Augen zurück. Er wischte sich abfällig über die Schläfe, wo der Regen eine nasse Spur zurückgelassen hatte.

„Ich…“

Theodore legte eine Hand auf seinen rechte Hand mit der unbewusst über seinen linken Unterarm gekratzt hatte.

„Ich hab alles ruiniert“, presste Draco voller Abscheu hervor. „Mein ganzes Leben ist ruiniert. Ich hab alles gegen die Wand geflogen, als wäre ich Longbottom auf einem bescheuerten Besen. Sieh mich doch an? Was ist noch von Draco Malfoy übrig? Nichts, das mir irgendwas bringt. Nichts, das irgendwer noch haben will…“

Theodore drückte sein Handgelenk, und für einen Moment tröpfelte nur der Regen auf das Blätterdach über ihnen. Dann klopfte er etwas fester auf Dracos Arm und ließ ihn los.

„Du bist reich, Draco“, sagte er. „Du bist sogar verdammt reich. Euer Verlies ist wahrscheinlich größer als mein Haus. Du bist clever, und wenn du willst kannst du sogar amüsant sein. Mehr oder weniger freiwillig.“

Draco würgte ein ersticktes Glucksen hervor, das den Knoten in seiner Kehle nicht löste.

„Du hast mehr als manche andere, obwohl du dein Leben gegen die Wand geflogen hast“, sagte Theodore. „Also hör auf Trübsal zu blasen und komm rein. Infantile Emotionen zu ergründen macht mich hungrig.“ Er rappelte sich auf und klopfte sich Erde von den Knien.

„Du bist ein Idiot“, murmelte Draco schmunzelnd.

„Und du bist schwul“, gab Theodore zurück, und als Draco ihn entsetzt ansah, packte er ihn an der Hand und zog ihn auf die Beine. Draco schubste ihn weg, hart genug, dass er fast auf den Boden fiel. Als er sich taumelnd fing und wieder aufrichtete, wartete Draco mit einem warnenden Blick auf ihn. Theodore ignorierte das einfach, zog sein feuchtes Hemd glatt und ging voraus. Draco klemmte das Buch unter seinen Arm und folgte ihm.

„Wer hat dir das verraten? Mit… Black“, fragte Draco. „Nicht, dass ich… also…“

„Du gerade“, sagte Theodore mit triumphierend gerecktem Kinn. Draco hieb ihm hart zwischen die Rippen und Theodore hatte dort nichts, das ihn vor dem Schmerz beschützen hätte können. Er presste einen leisen Schmerzenslaut hervor und rieb sich die Stelle, hob warnend die Hand, als Draco ihm erneut zu nahe kam. „Es gibt Gerüchte in Hogwarts, und Astoria redet gerne über dich, da muss man nicht Merlin sein, um sich den Rest zu denken. Davon abgesehen, dass du ihm Löcher in den Hinterkopf gestarrt hast, wenn ich dich im St. Mungo’s besucht hab. Ungefähr so.“ Theodore setzte einen harten, hungrigen Blick auf, als hätte man ihm das Festmahl von Halloween aufgetischt.

„Du kannst dir sowas auch zusammenreimen, wenn du gerade keinen billigen Groschenroman zur Hand und zu viel Phantasie hast“, sagte Draco.

„Retrospektiv, ja. Vielleicht versuche ich schnell so zu tun, als hätte ich es gewusst, damit du nicht wieder anfängst Trübsal zu blasen, weil du dich verplappert hast“, sagte Theodore. „Vielleicht wolltest du dich auch verplappern, damit du jemanden hast, mit dem du darüber reden kannst. Oder aber –“

„Ich versteh schon“, würgte Draco ihn ab.

„Eine Ungereimtheit gibt es aber doch“, grübelte Theodore und schaute ihn forschend an. „Wenn da etwas zwischen dir und Black laufen würde, hättest du das schon längst dem Tagespropheten gesteckt. Die Boulevardpresse würde sich sofort darauf stürzen und euch nicht mehr in Ruhe lassen. Sie würde Black verfolgen, Potter nerven und dich und deine Familie wieder ins rechte Licht rücken.“

„Würde sie das?“

„Ich vermute also, dass du unerwiderte Gefühle irgendeiner Art hegst, die dich innerlich zerfressen“, sagte Theodore und trug wahrscheinlich eine extra Schicht Dramatik auf, weil er eigentlich nicht darüber reden wollte.

„Wäre eine logischere Schlussfolgerung als der Stuss vorhin“, sagte Draco.

„Nicht wirklich. Black kann dich immerhin gut leiden. Jeder andere wäre nach einem Tag in einem Zimmer mit dir auf die Langzeitstation des St. Mungo’s verlegt worden“, sagte Theodore. „Und er hat dich an deinem Geburtstag nach Hause gebracht. Das hab ich mit eigenen Augen gesehen.“

„Und wenn schon“, sagte Draco. „Black lässt alles und jeden wie einen heißen Kessel fallen, wenn Potter schnippt.“

„Was erwartest du? Er ist Potters Pate. Familienkram.“

Draco schnaubte auf. Sie liefen über die Wiesen, während der Regen zunahm und sie regelrecht zu vertreiben schien. Er schlug sie mit einer Windböe samt Sprühregen auf die Terrasse, wo Draco die Tür ins Wohnzimmer öffnete. Bevor Theodore hineinschlüpfen konnte, fing Draco ihn mit seinem Körper ab.

„Du kannst das niemandem erzählen“, sagte er warnend. „Und wenn irgendjemand dir mit einem Gerücht kommt, musst du dir irgendetwas zusammenreimen, um es im Keim zu ersticken, verstanden?“

Theodore zuckte mit den Schultern.

„Wenn mein Vater davon erfährt“, erklärte Draco mit gesenkter Stimme, „dann bin ich nicht einmal mehr reich. Und dann kriegst du kein gratis Abendessen mehr.“

Theodore beugte sich zu ihm vor, die Stimme ebenfalls gesenkt. „Du bauschst das nur wieder auf, Draco.“

„Ich habe nichts mehr, für das ich dieses Risiko eingehen würde“, antwortete Draco bitter.

Für einen Moment sah Theodore ehrlich mitfühlend aus, was ihm gar nicht stand. Draco quetschte sich an ihm vorbei ins Innere von Malfoy Manor. Es war dunkel. Im Kamin brannte kein Feuer und der plötzlich stärkere Regen hatte das letzte Abendlicht geschluckt, füllte das Haus mit Finsternis. Kälte machte sich in den Räumen breit. Selbst im Regen war es draußen angenehmer gewesen.

„Ich würde noch Abendessen bekommen, Draco. Deine Mutter kann mich sehr gut leiden“, sagte Theodore. Es war ungewöhnlich für ihn so viel zu reden. Vielleicht hatte er Mitleid, was Draco nicht hoffen wollte, vielleicht behagte ihm das Innere von Malfoy Manor aber auch nicht. Es war, als wäre man einem Dementor in die Arme gelaufen, und ohne die Aussicht, dass Black je wieder einen Fuß hier hinein und geschweige denn in sein Bett setzen würde, fühlte Draco das tausendmal stärker. Als hätte jemand das Licht ausgeschaltet.

Er sollte Black hassen, ihn verabscheuen dafür, dass er alles zerstört hatte um einen auf heile Welt mit Potter zu machen – aber im Moment hätte er ihn trotzdem lieber hier. Er würde ihn lieber von Angesicht zu Angesicht hassen. Und er hasste die Tatsache, dass Black keinen Versuch unternahm noch einmal mit ihm zu reden. Das zeigte nur, wie schnell Potter ihn alles andere um ihn herum vergessen ließ. Sicher saßen sie im Grimmauld Place, trugen dämliche Partyhütchen und aßen umringt von Rotschöpfen und kreischenden Werwolfbabys Kuchen. Sicher war Black glücklich… Das erste Mal seit siebzehn Jahren, oder so…

„Und? Wie geht es Daphne?“ Draco drehte der Dunkelheit den Rücken zu und schaute Theodore an, der dabei gewesen war die Tür zu schließen und mitten in der Bewegung innehielt. Er starrte Draco an, als hätte er ihm einen Knuddelmuff zum Spielen unter die Nase gehalten. „Ich dachte, wir reden über Dinge, die uns furchtbar unangenehm sind. Emotionen, und sowas. Also…?“

„Gut“, presste Theodore hervor.

„Ja, das kann ich mir vorstellen“, sagte Draco. „Weißt du, immer wenn du von ihr sprichst, leuchten deine Augen wie der volle Mond, der die Werwölfe mordlustig macht. Man sieht dir an, dass du sie heiraten willst.“

„Draco“, warnte Theodore.

„Wie viele Kinder wollt ihr? Vier? Fünf? Eine eigene Quidditchmannschaft? Nicht, dass ihr den Wieseln Konkurrenz macht.“ Draco beugte sich provozierend vor, die Hände in die Hüften gestemmt. „Übt ihr schon?“

Theodore machte einen Satz vor, der Draco zurückspringen ließ. Das Lachen aber blieb ihm in der Kehle stecken. Theodores mitleidiger Blick kehrte zurück.

„Jungs? Ah, hier seid ihr.“ Narcissa schaute ins Wohnzimmer und lächelte Theodore ganz ehrlich an. Seine Anwesenheit schien sie zu beruhigen, dass jemand wie Black nie wieder einen Fuß in dieses Haus zum Essen setzen würde. „Das Abendessen ist fertig. Ihr müsst euch nicht umziehen. Es sind ja nur wir hier.“

Draco verdrehte die Augen in Theodores Richtung. Er hätte sich umziehen müssen, wenn Theodore nicht hier wäre, ohne passende Roben und mit der Zuneigung seiner Mutter.

Narcissa öffnete die Tür weit und ließ Theodore vorausgehen. Draco folgte ihnen. Die Stille und Dunkelheit schlichen sich eiskalt unter seine Haut und er wollte nicht allein mit ihr sein.

Als er vom Wohnzimmer in die Bibliothek trat, waren seine Mutter und Theodore schon an der Tür in den kleinen Salon. Sie unterhielten sich ganz normal, aber ihre Stimmen klangen merkwürdig weit weg. Draco merkte, wie die Kälte eine Gänsehaut auf seinem Rücken hinterließ. Er hatte das Gefühl, etwas würde ihm in den Nacken starren. Er beeilte sich zur Tür zu kommen, die für ihn offengelassen wurde, und als er sie durchquerte, war er plötzlich alleine.

Lampen schienen in dem kleinen Salon, in den sich Gäste setzten und alte Portraits von noch älteren Malfoys oder Gemälde von Landschaften ansehen durften, während sie auf das Essen warteten. Feuer knisterte im Kamin. Eines der hohen Fenster stand offen. Eine plötzliche Böe bauschte den Vorhang auf, wehte Regen herein und im nächsten Moment knallten die offenen Türen lautstark zu.

Draco zuckte zusammen. Einen Moment fühlte es sich an, als würde sein Herz nie wieder schlagen. Er fuhr herum und starrte die Tür an, aus der er gekommen war. Ihm war, als würde die Dunkelheit durch den Spalt darunter hindurchsickern und ihn verfolgen. Die Gänsehaut auf seinen Armen ließ sich nicht wegreiben. Er spürte das Dunkle Mal deutlicher als seit Wochen unter seinen Fingern.

Er starrte die Tür an und erinnerte sich, wie er hier einmal in die Bibliothek geflohen war, die von den meisten Todessern gemieden worden war, nur um in den Dunklen Lord persönlich zu laufen. Er hatte in einem alten Grimoire gelesen, mit seinen langen Fingern die empfindlichen Pergamentseiten umgeblättert und seine scharlachroten Augen hatten in der Düsternis regelrecht geleuchtet. Draco konnte sich nicht mehr erinnern, wie und wann er da wieder herausgekommen war. Er wollte es auch nicht. Er wollte irgendeinen Raum in diesem Haus, der nicht voller Erinnerungen war.

Er glaubte Schritte hinter der Tür zu hören, während der Wind durch das offene Fenster heulte. Er bildete sich ein Lachen ein, das in der Ferne wie ein Echo hallte.

„Draco?“

Er schreckte erneut viel zu heftig zusammen. Seine Mutter lächelte ihn abwartend aus der anderen Tür an.

„Wo bleibst du denn? Oh, meine Güte. Wer hat das Fenster offengelassen?“, fragte sie, als wäre sie nicht eben durch diesen Raum gegangen. „Taffy?!“

Während der Hauself aus dem Nichts auftauchte, durchquerte Draco den Raum und schlüpfte an seiner Mutter vorbei in die Eingangshalle. Theodore wartete dort auf ihn, die Stirn fragend in Falten gelegt. Er fragte und sagte nichts, schaute ihn aber eingehend an. Draco führte ihn stumm ins Esszimmer.

Auch hier brannte Licht und ein Feuer im Kamin, aber es schien nicht hell zu werden. Der Wind schlug immer wieder trommelnd Regen gegen die Fensterscheiben. Der Tisch war simpel gedeckt und im Gegensatz zu Black letztens war Theodore eingeplant. Kerzen schwebten über der Mitte des Tischs, als würden auch die Hauselfen extra Lichtquellen gerne sehen.

Am Kopfende saß Lucius bereits mit einem Glas Elfenwein in der Hand und tippte mit den freien Fingern ungeduldig gegen die Tischkante. Er schaute Draco so eisig an, dass die Gänsehaut zurückkehrte. Unter seinen Augen lagen dunkle Schatten, die durch sein gesenktes Kinn nur noch tiefer wirkten. Das Grau in ihnen blitzte nicht einmal mehr trotz all der Missbilligung, die Draco gerade lesen konnte, sondern versank trüb in Müdigkeit. Er hatte sich seit zwei Tagen nicht rasiert, als hätte irgendetwas ihm erneut den Ansporn ausgeprügelt.

Draco wollte sich an seinen üblichen Platz setzen, aber als er den Stuhl herauszog, räusperte Lucius sich.

„Theodore, wie wäre es, wenn du dich hierhin setzt?“, schlug Lucius vor, ohne Draco dabei aus den kalten Augen zu lassen. „Wir haben so lange nicht miteinander geredet.“

Draco ließ den Stuhl los. Er saß immer hier, auf der linken Seite seines Vaters, wenn sie in kleiner Runde aßen. Selbst der Dunkle Lord hatte das nicht ändern können.

Draco trat von dem Stuhl zurück und überließ ihn Theodore, der ihm einen besänftigen Blick zuwarf und sich eher widerwillig setzte. Während Narcissa ganz unbekümmert tuend gegenüber Platz nahm, setzte Draco sich neben Theodore. Er fühlte sich, als würde er am anderen Ende des Tischs setzen.

„Ich habe gehört, du hast eine Stelle in der Abteilung für magische Strafverfolgung ab September, Theodore?“, sagte Lucius laut genug, dass man ihn auch am anderen Ende des Tischs gehört hätte. „Beeindruckend, dass du das hinbekommen hast. Viele andere in deinem Alter denken gerade, sie könnten den ganzen Tag tun und lassen, was sie wollten, anstatt an ihre Zukunft zu denken. Es ist gut zu wissen, dass es noch vernünftige junge Männer gibt. Dein Vater wäre stolz auf dich.“

„Es ist nur ein Bürojob, sehr weit unten“, sagte Theodore. „Wenn ich mich hocharbeiten kann, dann hoffe ich, dass ich etwas für meinen Vater in Askaban tun kann.“

„Ah, ein schönes Ziel“, seufzte Lucius und nahm einen großen Schluck Wein. Die Flasche neben ihm war schon halb leer. „Lass dich nicht davon abbringen. Es ist sehr respektabel, dass du an ihn denkst. Ihm ist viel zu viel Unrecht passiert – lebenslang in Askaban.“ Er schüttelte den Kopf. „Wenigstens denkst du an ihn und versuchst deine Familie zu unterstützen. In gewisser Weise beneide ich deinen Vater.“

„Lucius, bei dir klingt das nicht wie ein Kompliment“, sagte Narcissa steif lächelnd.

Lucius leerte sein Glas, aber bevor er es füllen konnte schnappte Narcissa sich die Flasche und verteilte den Inhalt auf ihr und Theodores Glas – Draco schaute sie nur warnend an, als er sein Glas in ihre Richtung schieben wollte. Er hasste Wein und konnte auch nicht viel mit Feuerwhiskey anfangen, aber gerade würde er darüber hinwegsehen. Theodore nippte auch schon an seinem Glas.

„Es ist sehr bewundernswert, wie du das alles alleine stemmst, Theodore“, sagte Narcissa. „Vergiss nicht, dass wir dich hier immer gerne sehen. Und wenn du irgendetwas brauchst, dann zögere nicht zu fragen, verstanden?“

„Verstanden, Mrs. Malfoy“, sagte Theodore.

„Dann erzähl doch mal“, sagte Narcissa, als die Vorspeise mit einem Plopp auf ihren Tellern erschien. „Wie geht es deiner Freundin?“

„Sie hat mich, also hoffe ich sehr gut“, sagte Theodore.

Narcissa lachte sanft. „Sie kann sich sehr glücklich schätzen. Es ist schön, dass du jemanden hast. Ich finde es ja sehr schade, dass Draco gerade niemanden hat. Es war immer nett, wenn Pansy hier war – Frauengespräche, du verstehst.“

„Wirklich?“, warf Lucius trocken ein. „Ich fand sie immer trocken wie altes Brot. Aber wenn das Draco gefällt.“

„Soll ich wieder zu ihr zurückkriechen, damit du glücklich bist?“, presste Draco kühl hervor.

Lucius schaute ihn über den Rand seines leeren Glases an. „Keine Sorge, ich werde deinen Geschmack niemals verstehen.“

Draco schluckte leise.

„Liebling, was soll das –“

Ein scharfes Klopfen unterbrach Narcissa. Sie schnaubte auf. „Schon wieder… Taffy?“

Ein Eulenschnabel klopfte gegen die Fensterscheibe. Taffy tauchte mit einem Plopp darunter auf und streckte sich um es zu öffnen. Bevor der Hauself den Vogel greifen konnte, flog er wie Klatscher auf sein Ziel los und raste in Dracos Richtung.

Lucius‘ Hände kamen dazwischen. Er packte die Eule, die ihre Augen weit aufriss und vor Schreck wild mit den Flügeln schlag. Lucius ignorierte das und riss den Umschlag grob von ihrem Bein.

„Was…“ Draco stemmte sich auf beiden Händen hoch, damit Lucius ihn ansehen musste. „Die war für mich, Vater.“

„Solange das hier mein Haus ist, ist es meine Post“, sagte Lucius und setzte die Eule auf dem Tisch ab, wo sie ihre zerwühlten Federn ordnete. „Und es geht mir auf die Nerven, dass deinetwegen ständig ein Vogel hier reinfliegt.“

Draco runzelte die Stirn. „Was meinst du?“

Lucius wedelte mit dem Brief. „Liebesbriefe, hm?“

Draco stand auf und streckte die Hand aus. „Gib mir meinen Brief.“

„Das ist der dritte heute. Vorher hast du dich nicht für die Post interessiert“, sagte Lucius. „Gestern war es ein halbes Dutzend.“

„Was hast du damit gemacht?“, fragte Draco angespannt.

„Ich hab sie zurückgeschickt. Wenn du sie nicht wolltest…“

„Ich wusste nicht einmal, dass es sie gibt“, fuhr Draco dazwischen.

„Weil du den ganzen Tag nur irgendwo herumlungerst“, sagte Lucius.

„Hast du sie gelesen?“, fragte Draco.

„Nein. Und es ist glücklicherweise kein Absender darauf“, sagte Lucius. „Aber wenn du denkst, dass ich diese Handschrift nicht erkenne, dann bist du ein größerer Trottel als Crabbe und Goyle zusammen.“

Draco merkte, wie sein Gesicht warm wurde. „Gib ihn mir.“

„Du willst wissen, was darin steht?“ Lucius schob den Finger unter die Lasche des Umschlags. Mit einem scharfen Ruck brach er das Siegel.

„Lucius“, sagte Narcissa empört. „Kannst du das nicht später machen? Wir wollen essen. Was soll Theodore denn denken?“

„Ich bin mir sicher, dass Theodore auch gerne hört, was immer hier drin steht. In Zeiten wie diesen sollte man seine Freunde kennen.“ Lucius entfaltete den Brief und überflog ihn schnell, blickte Draco dann eisig lächelnd über den Rand an. „Bei Merlins Bart, es ist ein Liebesbrief. Wenn ich so einen Unsinn hätte haben wollen, hätten wir eine Tochter, Draco.“

Draco ballte die ausgestreckte Hand zur Faust, während die Hitze bis zu seinem Haaransatz stieg. „Gib mir meinen –“

„Lieber Draco“, übertönte Lucius ihn und hatte dabei ein gehässiges Grinsen auf, das Draco früher gerne imitiert hatte. „Ich hoffe, die Eule hat dir nicht wehgetan. Ich habe sie gezwungen dich solange zu pieken, bis du wenigstens meinen Brief liest. Wenn du immer noch nicht antworten willst, zwingst du mich persönlich vorbeizukommen – und bei meinem Hundeblick kann niemand lange sauer sein. Oho…“

„Gib ihn mir“, presste Draco hervor. Er hatte das Gefühl sein Gesicht wäre frontal ins Kaminfeuer gepresst worden.

Theodore blickte stur auf seine Suppe, als würde er nur darauf warten, wann er endlich anfangen durfte zu essen. Aber er hörte jedes Wort. Und niemand außer ihm sollte das hören.

Narcissa schaute Lucius an, als hätte sie ihn für heute Nacht schon im Gästezimmer einquartiert, aber das änderte nichts daran, dass auch sie jedes Wort hörte.

Draco wünschte, er hätte einen Tarnumhang.

„Ich bin nicht gut darin mich zu entschuldigen“, las Lucius vor. „Oder darin Liebesbriefe zu schreiben, anscheinend.“

„Hör auf, Lucius“, zischte Narcissa. „Mach das später.“

„Aber ich versuche es trotzdem: Es tut mir leid. Und ich glaube dir für keine Sekunde, dass du mich in Wahrheit nicht ausstehen kannst. Ich wünschte, wir könnten das von Angesicht zu Angesicht besprechen.“ Lucius‘ Finger begannen zu zittern. „Wir sehen uns morgen in Hogwarts. Wenn du nicht kommst, dann komme ich zu dir und wir reden. Ich will das nicht so stehenlassen.“ Lucius presste den Rest voller Abscheu zwischen aufeinander mahlenden Zähnen hervor: „Du fehlst mir. Sirius.“ Er schloss den Brief, zog die Finger scharf über die Kante, um sie zu schließen, und spießte Draco gleichzeitig mit den Augen auf.

Draco wollte keinen Tarnumhang mehr. Er wollte den Elderstab und Lucius damit einen Fluch verpassen, den er nicht vergessen würde.

Lucius griff sein Weinglas mit zittrigen Fingern und wollte einen Schluck trinken, aber es kamen nur noch Tropfen heraus. Er stellte es hart auf den Tisch und verteilte den letzten Rest dabei auf der Tischdecke und dem Brief, den er ärgerlich zurück in den Umschlag stopfte.

„Hast du mir nichts zu sagen?“, fragte er gepresst, während er den Umschlag verschloss, ohne dass Draco nachsehen konnte, ob mehr darin stand oder Lucius sich das alles vielleicht nur ausgedacht hatte.

Draco zuckte mit den Schultern.

Lucius fuhr so plötzlich hoch, dass sein Stuhl nach hinten wegkippte. Narcissa schlug schockiert die Hände vor ihrem Mund zusammen. Theodore blieb wie erstarrt sitzen.

„Sirius Black?! Ausgerechnet?!“, blaffte Lucius so laut, dass seine Stimme von den Wänden widerhallte. „Reicht es nicht, dass du ihn hier anschleppen musstest?! Jetzt machst du noch dem Fass den Boden auf!“

„Das schlägt dem Fass den Boden aus“, korrigierte Narcissa. „Lucius, setz dich.“

„Ich will mich nicht setzen. Ich will eine verdammte Erklärung, wieso mein Sohn auf all unsere Werte spuckt!“

Draco versuchte ruhig zu bleiben, auch wenn die Hitze in seinem Gesicht ihn wohl verriet. „Er ist ein Kriegsheld. Er ist Potters Pate. Wieso sollte ich mich nicht mit ihm gutstellen?“

„Weil du keine Hure bist“, rief Narcissa aus. Sie schlug ihre Serviette auf den Tisch. „Bei Merlins Bart, Draco. Ich will das hier nicht besprechen, aber das kann doch nicht dein Ernst sein. Wieso streitest du es nicht ab?“

Draco wusste nicht, wieso er das nicht getan hatte.

„Er ist doppelt so alt wie du“, sagte Narcissa. „Er hasst uns.“

„Er ist ein Blutsverräter. Das verdammte schwarze Schaf“, sagte Lucius. „Er ist ein Mann.“

Draco wich Theodores Blick aus, der ihn wie aus dem Nichts traf.

„Du trittst alles, was mir etwas bedeutet mit Füßen“, zischte Lucius. „Unter dem Vorwand, dass es irgendetwas bringen würde. Der Name Malfoy ist fester Bestandteil der britischen Zauberergemeinschaft seit fast tausend Jahren – und deinetwegen soll damit Schluss sein? Weil du nicht weißt, was wichtig ist?“

„Ich weiß, was wichtig ist“, sagte Draco entschieden. „Ich will nur –“

„Das hat jetzt ein Ende“, fuhr Lucius dazwischen. „Du siehst diesen Bastard nie wieder oder du kannst gleich packen und bei ihm einziehen. Stell dein verdammtes Glück über die Familie. Wir wissen sowieso, dass das nichts für dich bedeutet.“

„Das ist nicht wahr. Ich hab alles getan, was ich konnte, für die Familie“, gab Draco wütend zurück. „Alles. Ich hab gestohlen, gefoltert und fast getötet. Damit du wieder nach Hause kommen kannst. Und der Dunkle Lord hat dich nur hergelassen, weil ich das alles getan habe. Er hat dich nur deswegen nicht umgebracht.“

Lucius zuckte nicht einmal mit der Wimper. „Ein guter Sohn hätte für seinen Vater getötet. Dann wären wir auch nie der Abschaum aller Todesser gewesen. Ein Hotel, eine Bank, mehr nicht, weil du eine Enttäuschung bist. Und es geht nur weiter… Anscheinend hast du gefunden, worin du gut bist.“

Draco lief eine Zornesträne über die Wange.

Lucius verdrehte die Augen. „Heulst du jetzt? Rabastan hat mir erzählt, dass du dich jede Nacht in den Schlaf geweint hast, wie ein verdammtes Baby. Bella sagt, es wäre meine Schuld, dass du so weich geworden bist, aber wir wissen sehr genau, wer dich so verwöhnt hat.“

Narcissa senkte den Blick, als würde sie sich auch dafür die Schuld geben.

Draco wischte sich die Träne von der Wange.

Lucius sank auf seinen wieder aufgestellten Stuhl zurück, griff erneut nach seinem Glas. Er hielt inne, als er sah wie leer es war. „Taffy, mehr Wein.“

„Lucius“, warnte Narcissa. „Du hattest genug.“

„Mehr Wein“, wiederholte Lucius scharf zu dem starren Hauself, der nicht wusste wohin mit sich. Taffy schnippte mit den Fingern und eine Flasche landete in seinen Armen. Er entkorkte sie und füllte Lucius‘ Glas, während er am ganzen Körper zitterte.

Lucius verschloss den Umschlag. Draco streckte abwartend die Hand aus, wurde aber ignoriert. Lucius band den Brief an das Bein der Eule und fegte sie barsch vom Tisch. Sie fing sich in der Luft, drehte eine Rolle und flog aus dem Fenster in den strömenden Regen.

Draco ballte die Fäuste.

„Das war meiner“, blaffte er. „Wenn du ihn schon vorlesen musst um mich ja so gut wie möglich zu blamieren, dann kann ich ihn doch auch behalten!“

„Wieso? Wolltest du darüber schmachten wie ein verliebter Teenager?“, gab Lucius zurück.

„Das geht dich einen verdammten Drachenmist an“, zischte Draco.

Lucius schaute ihn wütend an. Er nahm sein Glas und trank.

„Draco“, sagte Narcissa und schüttelte den Kopf. „Rede nicht so mit deinem Vater.“

„Ich rede mit ihm, wie ich es für richtig halte, Mutter“, spuckte Draco aus. „Wenn er nicht mein Vater wäre, hätte ich ihn verhext, weil er so mit dir redet. Er hat dich genauso enttäuscht und du verteidigst ihn trotzdem. Vielleicht sollte ich meine Sachen packen und gehen. Dann könnt ihr einen zweiten Versuch wagen und einen besseren Sohn produzieren. Und dann ist es auch egal, ob ich Black leiden kann. Er behandelt mich wenigstens nicht so, als wäre alles, was ich tue, von vorneherein falsch. Er ist der einzige Grund, wieso ich mich nicht nutzlos gefühlt habe. Also ja, vielleicht mag ich ihn. Was willst du dagegen tun, Vater?“

Lucius hustete.

Draco schnaubte abfällig. „Vielleicht solltest du nicht so schnell trinken?“

Lucius hustete erneut und griff sich an die Kehle. Narcissa beugte sich vor um ihm eine Hand auf die Schulter zu legen, vielleicht auch um ihm auf den Rücken zu klopfen. In der kurzen Zeit lief Lucius purpurn an.

Draco öffnete die geballten Fäuste. „Vater?“

Lucius hustete, als würde er sich jeden Moment übergeben müssen, und versuchte simultan nach Luft zu schnappen. Er würgte und rang nach Atem, krümmte sich dabei, bis er drohte vom Stuhl zu fallen. Narcissa hielt ihn fest.

„Lucius, was hast du?“, fragte sie immer wieder und ihre Stimme zitterte vor Panik.

Lucius röchelte und rutschte vom Stuhl, riss die Tischdecke und das gesamte Besteck mit herunter. Narcissa schrie auf und Theodore sprang von seinem Stuhl.

Draco stieß seinen Stuhl zur Seite und rannte um den Tisch herum. Sein Vater lag auf dem Boden, inzwischen fast blau im Gesicht, und krümmte sich vor Schmerzen. Draco fiel neben ihm auf den Boden und legte die Hand auf seine Kehle, die sich wie wortwörtlich verknotet anfühlte.

Das Weinglas war neben Lucius auf den Teppich gefallen und hatte einen blutroten Fleck hinterlassen. Die Flüssigkeit dampfte auf dem Stoff.

„Nicht den Wein anfassen“, sagte Draco scharf. „Nicht trinken. Theodore, hast du –“

„Mir geht’s gut“, sagte Theodore. „Draco.“

Draco riss seinen Zauberstab hervor. „Accio Bezoar.“

Es dauerte viel zu lange. In der Stille hörte man nichts, bis auf Lucius‘ Röcheln und das Rascheln, wenn er versuchte sich aus Dracos und Narcissas Griff zu winden.

„Master Draco.“ Taffy schob sich aus dem äußersten Winkel in sein Blickfeld. „Bezoare sind nicht da.“

„Was?! Wieso?“ Draco bekam keine Antwort und schaute panisch auf seinen Vater, dann zu seiner Mutter, die tränenüberströmt neben Lucius kniete.

„Draco“, sagte Theodore scharf. „Ins St. Mungo’s. Schnell!“

Draco nickte hektisch und hievte seinen Vater mit einem Arm um seine Schulter hoch. Lucius sackte wieder auf die Knie und Narcissa wollte ihn nicht loslassen. Theodore packte ihn auf der anderen Seite und zusammen schleiften sie ihn aus dem Haus. Lucius war verdammt schwer. Im Regen schien er noch schwerer zu werden, als würde er sich wie ein Schwamm mit Wasser vollsaugen. Als sie die Auroren an den Toren erreichten, hing Lucius wie ein nasser Sack zwischen ihnen und bewegte sich nicht mehr.


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Als ich das erste Harry-Potter-Buch las, habe ich mir meinen Bademantel angezogen und so getan, als ob ich Harry wäre. Ich rannte im ganzen Haus herum uuund... kann nicht fassen, dass ich das gerade erzählt habe.
Matthew Lewis