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Fanfiction

Spinning Hearts - Askaban

von Dr. S

Askaban war ein dunkler Fels in der Brandung. Der Wind heulte und schlug schwarze Wellen gegen den steilen Stein, den das Meer angefressen hatte. Eisige Kälte saß in den Felsspalten und dem darin eingelassenen Gefängnis. Sirius stieß eine Atemwolke aus. Salzwasser hing auf seinen Lippen und wühlte sich zusammen mit dem Wind durch seine Haare.

Das letzte Mal hatte er Askaban in seiner ganzen erschreckenden Finsternis aus dem Meer heraus gesehen. Als winziger, dunkler Fleck von Hund, der sich durch die stürmische See gekämpft hatte. Die Wellen waren hoch und eiskalt gewesen, und er hatte das Gefühl gehabt die halbe Nordsee zu schlucken. Aber er hatte die Kälte nicht gespürt, hatte sie nicht unter sein Fell gelassen. Alles, was ihn angetrieben hatte, war der Gedanke an Wurmschwanz gewesen, der dort draußen gewesen war. Jetzt war Wurmschwanz tot, und mit ihm war die Chance auf Rache gestorben. Ein weiterer Sinn innerhalb weniger Sekunden ausgelöscht.

Sirius atmete tief, aber zittrig durch und starrte wie gebannt auf den Eingang von Askaban. Seine Füße rührten sich nicht. Er stand an der Felsklippe und konnte an nichts anderes denken als an den Moment, als er ohne einen Gedanken an den Weg zum Ufer dort hinein gesprungen war. Alles in ihm schrie danach das zu wiederholen. Es schien Wahnsinn freiwillig wieder ein Fuß dort hineinzusetzen.

Eine Tür öffnete sich im Fels, so dunkel, dass es zuerst wirkte, als würden die Schatten sich bewegen. Sirius merkte, wie sich jeder Muskel in seinem Körper anspannte. Eine Gestalt tauchte im Türrahmen auf, dunkel und mit wehendem Umhang. Rasselnder Atem kroch in sein Ohr.

Kingsley tauchte hinter der Tür auf und hob grüßend eine Hand. „Da bist du ja, Sirius. Ich hab schon auf dich gewartet.“ Er winkte ihn näher. Sirius ließ die Erinnerung an rasselnden Atem an der Klippe zurück und schritt betont gelassen mit den Händen in den Hosentaschen auf die Tür zu, die er nur in einem Alptraum wieder durchqueren würde.

Nur war das hier kein Alptraum.

Sirius schlug in Kingsleys ausgestreckte Hand ein und begrüßte ihn mit einem kräftigen Schütteln. „Morgen, Minister. Wie läuft es in dem alten Haus?“

„Ganz gut. Ich würde ‚willkommen zurück‘ sagen, aber wir wollen es nicht übertreiben“, sagte Kingsley und lud Sirius mit einer ausladenden Geste ein ins Innere zu treten. Er wandte sich der Wache zu, die vor einem Stuhl neben der Tür stand und versuchte eine Ausgabe des Tagespropheten vor den Augen des Zaubereiministers zu verstecken. „Danke, Proudfoot. Mr. Black müssen Sie nicht überprüfen. Ich bürge für ihn.“

Proudfoot nickte abgehackt. Er hatte kleine, kugelige Chamäleonaugen, die immer wieder zu Sirius zuckten. Seinem Blick nach wollte er Sirius gleich in eine der Zellen, am besten seine alte, stecken. Sirius grinste ihn an, bevor er Kingsley den Gang herunter folgte.

Feuchtigkeit stand in den Felswänden, die zurechtgemeißelt worden waren. Das Meersalz hatte hier und da weiße Muster in den Stein gefressen und hing in kleinen Säulen von der Decke. Eine Tür zweigte in einen Aufenthaltsraum für die menschlichen Wachen ab. Von den unmenschlichen fehlte jede Spur, aber die Kälte nahm mit jedem Schritt tiefer ins Innere zu.

Am Ende des Korridors erreichten sie eine Treppe, die nach oben und unten führte. Kingsley stieg nach oben, wo es kälter wurde. Der Wind heulte durch den Fels und blies die letzten Wärmereste aus den eingepferchten Körpern, die in den Zellen vegetierten. Sirius schaute nach unten, wo die Treppe in die Tiefen von Askaban führte. Er fühlte die Magie aus seinen Adern rinnen. Etwas lauerte da unten, pulsierte wie ein eisiges, sterbendes Herz. Ein unheimlich vertrautes Gefühl.

„Wo sind die Dementoren?“, fragte Sirius.

„Weg“, sagte Kingsley. „Bis auf ein paar letzte, die unten im Gewölbe hausen. Voldemort hat sie abgezogen, als er das Gefängnis nicht mehr gebraucht hat, und du weißt ja, wie er sie während des Krieges auf seiner Seite behalten hat. Sie sind durch das halbe Land gestreift, haben Muggel und Voldemorts Feinde umgebracht, manchmal sogar Todesser. Nach Voldemorts Tod konnten wir die meisten zusammentreiben. Das war unsere Chance sie nicht wieder nach Askaban zu lassen.“

„Bis auf ein paar letzte?“, fragte Sirius.

Kingsley schien nicht zu wissen, wie er darauf antworten sollte. „Bevor Voldemort die Dementoren abgezogen hat… haben sie… gelaicht? Ich weiß nicht, wie ich es nennen soll. Hast du schon einmal Baby-Dementoren gesehen?“

„Ich glaube, das will ich gar nicht.“

„Du willst das nicht“, stimmte Kingsley ihm zu. „Askaban ist voller schwarzer Magie, weshalb die Dementoren sich hier so wohl fühlen. Es wird schwierig und zeitaufwendig das Problem zu beheben, sonst hätte es schon ein Minister vor mir gemacht.“

„Wirst du es hinkriegen?“, fragte Sirius.

„Und wenn ich ein neues Gefängnis bauen muss, Dementoren kommen nicht in die Nähe irgendeines Gefangenen. Leider kommt das nicht bei allen Mitgliedern des Zaubergamots gut an. Viele haben Angst, dass die Todesser wieder ausbrechen können, wenn wir die Sicherheitsmaßnahmen lockern. Manche denken, wir sollten sie einfach den Dementoren zum Fraß vorwerfen. Das Problem sozusagen im Keim ersticken.“ Kingsley brachte ihn mit einer Handbewegung zum Stehen, als sie das Ende der Treppe erreichten. „Ich weiß zu schätzen, dass du gekommen bist, Sirius, wirklich.“

Sirius hob abwehrend die Hände. „Bedank dich erst, wenn es auch was bringt.“

„Mit wem willst du zuerst reden?“

„Fangen wir mit dem großen Fisch an. Bellatrix ist seine Frau, wenn man das denn so nennen will“, sagte Sirius.

Kingsley tat das mit einem Nicken ab. „Rodolphus‘ Zelle ist gleich hier drüben. Ich werde draußen warten, falls irgendetwas sein sollte. Lass dich nicht von ihm provozieren.“

„Meinst du das ernst?“, fragte Sirius spöttisch.

„Ich habe ein Dutzend Auroren in den letzten drei Wochen zu ihm geschickt. Einer ist zusammengebrochen, kaum dass er wieder durch die Tür gekommen ist, und hat wie ein Kleinkind geheult. Ein anderer ist zufällig von der Felsklippe gerutscht. Wir mussten ihn aus dem Wasser fischen, von dem er viel zu viel geschluckt hat. Er liegt immer noch im St. Mungo’s und teilt sich ein Zimmer mit Gilderoy Lockhart, der keine heile Tasse mehr im Schrank hat. Irgendwas an Lestrange scheint ihnen nicht zu bekommen. Er ist ein unangenehmer Zeitgenosse.“

„Vielleicht solltest du ihm auch keine Frischlinge servieren“, sagte Sirius. „Allein sein Ruf wird sie eingeschüchtert haben.“

„Ich hoffe, du schmeckst ihm nicht ganz so gut“, sagte Kingsley. „Ihr kennt euch ja.“

„Wie man sich eben kennt, wenn man diverse Male versucht einander umzubringen“, sagte Sirius.

Kingsley führte ihn den Korridor herunter. Zwei Auroren patrouillierten ihn abwechselnd entlang und warfen Sirius scharfe Blicke zu – anscheinend reichte es nicht aus, Kingsley an seiner Seite zu haben, um ihnen das Gefühl zu nehmen, dass er gerade auf der falschen Seite war.

Rechts und links zweigten Zellen ab, die von schweren Metalltüren mit Gittern abgetrennt waren. Sirius kannte den Gang. Genau hier, ein paar Türen weiter, hatte er zwölf Jahre lang durch die Gitter gestarrt und nichts gesehen.

Kingsley blieb vor einer Tür stehen und öffnete sie nach ein paar komplizierten Bewegungen seines Zauberstabs, die die Dementoren nie nötig gehabt hatten. Sirius ging an ihm vorbei und trat in das düstere Innere der Zelle.

Auf einer unbequemen Liege ohne Matratze saß Rodolphus Lestrange, gerade und mit erhobenem Kinn, als würde er bei einem schicken Dinner seine Schwiegereltern beeindrucken wollen. Er schenkte der Wand all seine Aufmerksamkeit und Sirius nicht mehr als einen Seitenblick, als er hereinkam.

Kingsley schloss die Tür hinter Sirius mit einem dumpfen Laut, das in dem kleinen, hohen Raum widerhallte. Die Zelle wirkte augenblicklich zehnmal kleiner. Sirius versuchte nicht all die Unterschiede im Fels zu erkennen, die die oberflächlich gleiche Zelle von seiner unterschied.

Er lehnte sich an die Wand, die Rodolphus so viel lieber anstarrte, und verschränkte lässig die Arme vor der Brust. Sirius hatte keine Angst, dass Rodolphus ihn überwältigen und ihm dem Zauberstab abnehmen könnte. Unter den grauen, ausgewaschenen Gefängnisroben war er hager und ausgemergelt. Auch ohne Dementoren zehrte Askaban an ihm, zog die Haut straffer über Ellenbogen, bis es aussah, als würden die Knochen durch das Fleisch schneiden. Sirius hatte seine drei Jahre am Grimmauld Place genutzt um das meiste an Gewicht und Muskeln, das er in Askaban verloren hatte, wieder anzusetzen. Rodolphus schien nicht ganz so viel Gelegenheit dazu gehabt zu haben.

„Du bietest mir wohl keinen Stuhl an, Lestrange. Wie unhöflich“, sagte Sirius kopfschüttelnd.

Rodolphus hob den Blick und schaute ihn aus dunklen, eiskalten Augen an, als würde er Sirius mit einem Schwert durchbohren. Er war unrasiert und sein dunkles Haar wuchs langsam aus dem Schnitt, aber er hatte es mit den Fingern zurechtgekämmt.

„Gib mir vier bis sechs Wochen“, sagte Rodolphus in seiner gedehnten Art zu sprechen. Seine Stimme war rau, weil er sie hier drinnen nicht so oft benutzen musste, und trotzdem behielt er seinen vornehmen Akzent in jeder Silbe. „Ich würde darauf wetten, dass ich dann einen Stuhl, Tisch und vielleicht sogar eine Toilette anbieten könnte.“

„Das sind ja beinahe menschenfreundliche Umstände“, sagte Sirius. „Wie wirst du dich darin nur wohlfühlen können?“

„Dieser neue Minister gibt sich große Mühe. Im Gegensatz zu Fudge schaut er auch nicht nur einmal im Jahr vorbei.“ Rodolphus schaute zur Tür mit einem Ausdruck in den Augen, als würde er bei nächster Gelegenheit dadurch verschwinden wollen. „Er ist sogar jetzt gerade hier.“

Sirius folgte Rodolphus‘ Blick nicht, sondern ließ den Todesser keine Sekunde aus den Augen.

„Du würdest es lieber sehen, wenn die Dementoren noch durch diese Gänge gleiten würden.“ Rodolphus hatte den Blick eines Legilimentikers, und Sirius war nie sehr gut gewesen seine Gedanken zu verschließen, aber er würde es merken, wenn jemand versuchen würde sich einzuschleichen. „Es wurmt dich, dass du diese Behandlung nie bekommen hast“, sagte Rodolphus.

Sirius zuckte mit den Schultern. „In meinem Haus hab ich mehr als einen Stuhl und sogar mehr als eine Toilette. Ich bin ganz zufrieden.“

„Ich weiß, wieso du hier bist, Sirius“, sagte Rodolphus unbeeindruckt. „Denken die wirklich, dass du etwas aus mir herauskitzeln könntest? Wie willst du das anstellen? Ein Kitzelfluch oder lieber den Cruciatus?“

„Ich hab Schlimmeres getan“, sagte Sirius gelassen.

Rodolphus stieß ein rauchiges Schnauben aus. „Dass du hier bist, sagt mir mehr, als ich dir sagen könnte. Meine Frau scheint durch eure öligen Finger geschlüpft zu sein und jetzt steigt die Panik langsam, dass sie hinter jeder Ecke lauern und auf Rache sinnen könnte.“ Der Hauch eines Lächelns zuckte über seine spröden Lippen. „Sie hat eine Rechnung mit dir offen, wenn ich mich recht entsinne. Hast du Angst, Sirius? Wenn du nachts die Augen schließt, siehst du dann den Bogen? Wenn dein Vorhang im Wind flattert, erinnert es dich daran, wie der Tod nach dir gegriffen hat?“

„Du denkst also, Bellatrix wäre irgendwo da draußen? Ich hatte gehofft, sie wäre zu einem Häufchen Asche im Raum der Wünsche verbrannt.“

„Alles, was ich hier drin habe, Sirius, ist die Zeitung und ein paar Auroren, die versuchen mir subtile Fragen zu stellen“, sagte Rodolphus. „Sie sind nicht besonders gut darin.“ Er schaute seine schmutzigen Fingernägel an, als würde er abwägen, wie gut er Sirius‘ Gesicht damit zerkratzen konnte. „Aber die Guten sterben bekanntlich jung, nicht wahr?“

„Und sie vergessen dabei, dass Bellatrix dir sowieso nichts verraten würde“, gab Sirius nickend zurück.

Rodolphus‘ linkes Auge zuckte. Er ließ die Hand sinken und nahm Sirius wieder ins Visier.

„Du kannst den Auroren nicht vorwerfen, dass sie denken, du würdest ihnen bei deiner Frau weiterhelfen können. Sie wissen nicht, dass Bellatrix das Einzige verloren hat, das ihr je etwas bedeutet hat, als Voldemort ins Gras gebissen hat. Was sie eben so gefährlich macht“, sagte Sirius in einem monotonen Tonfall, den er in sieben Jahren von einem schon toten Professor Binns gelernt hatte. Er lehnte sich lässiger gegen die Wand und seufzte, als würde er eine allgemein anerkannte Wahrheit mit Rodolphus diskutieren. „Sie wird wohl kaum hier auftauchen und versuchen dich oder auch noch deinen Bruder rauszuholen.“

Rodolphus presste die Kiefer aufeinander, bis Sirius glaubte sie aufeinander mahlen hören zu können. „Ich erwarte nicht von dir, dass du irgendetwas über die Institution der Ehe verstehen kannst, Sirius“, sagte er und in seiner rauchigen Stimme klang es wie eine Drohung. Die Institution seiner Ehe war einer seiner wenigen wunden Punkte und wahrscheinlich der Einzige, der ihn wirklich demütigte. Jedenfalls hatte Sirius zu gerne Salz in diese Wunde gerieben, als er noch ein Teenager war, der ziemlich fade Familienessen hatte aushalten müssen. „Liebe ist tödlich für jedes Pflichtgefühl. Du weißt nicht einmal, wie man Pflicht schreibt. Dein Bruder dagegen… Die Bürde deine Pflicht zusätzlich zu seiner zu tragen hat ihn sprichwörtlich erdrückt. Das muss jetzt deine Bürde sein, nehme ich an.“

Sirius schoss vor, den Zeigefinger warnend gehoben. „Lass Regulus da raus.“

„Ich habe deinen Bruder respektiert, Sirius. Er hatte vielleicht ein wenig zu viel Gewissen, aber er wusste seine Pflicht zu tun. Das Ende war… nun ja…“ Rodolphus tat das Ende mit einem verächtlichen Schnalzen seiner Zunge ab. „Aus deiner Perspektive muss es grausam gewesen sein. Er war dein Bruder, und du hast ihn dermaßen enttäuscht, dass er nicht geglaubt hat mit dir reden zu können, Sirius, obwohl ihr am Ende das Gleiche Ziel hattet.“

Sirius ballte die ausgestreckte Hand zur Faust, worauf Rodolphus fast erwartungsvoll das Kinn reckte, senkte sie dann aber wieder. „Sogar deine Frau weiß mehr über Geschwisterhassliebe als du.“

„Ich lese die Zeitung hier drin“, sagte Rodolphus gedehnt, als würde Sirius mit seinen Nerven Seilspringen. „Und auch ohne weiß ich, was Narcissa getan hat. Sie hat einen Stein im Brett deines Patensohns, vielleicht auch in deinem, aber Bella wird ihr niemals verzeihen, dass sie ihren Sohn über den Dunklen Lord gestellt hat. Niemals.“ Er musterte Sirius kurz, als hätte er sein Spiegelbild vor sich. „Nicht, dass dich das interessieren wird. Dein Irrwicht ist ein idyllisches Familienfest, nehme ich an.“

Sirius ließ seine geballte Faust zittern.

Rodolphus gönnte sich diesen Anblick kurz. „Lucius und Draco haben sich auch keine Freunde gemacht.“

Sirius zuckte bei Dracos Namen leicht zusammen. Ein flaues Gefühl von Panik stieg in ihm auf, wie er es nicht kannte. Sorge, vielleicht auch Angst, dass Draco in Bellatrix‘ Messer laufen könnte. Er konnte an Rodolphus‘ Blick sehen, dass er sich verriet, und konnte doch nichts dagegen tun sich wie ein treues Lamm durchbohren zu lassen.

„Ich weiß, dass du dich nicht weniger um Lucius scheren könntest“, sagte Rodolphus bohrend, aber er ließ den Rest offen. „Es sieht den Malfoys ähnlich sich stets nach dem Wind zu drehen. Sie denken, sie könnten sich hinter ihrem Gold und den Wänden ihres Herrenhauses verstecken, aber verworrene Wände können zu deinem schlimmsten Alptraum werden. Der schlimmste Feind kommt von innen. Das weißt du bekanntlich am besten.“ Rodolphus wog den Kopf leicht hin und her. „Wie war das nochmal mit Wurmschwanz?“

Sirius stieß sich von der Wand ab und trat auf Rodolphus zu, der provokativ den Kopf schieflegte. Er schien Sirius‘ Faust geradezu einzuladen seine Wange zu treffen. Sirius beugte sich zu ihm herunter, bis er merkte, wie Rodolphus den Atem anhielt, und grinste ihn dann an.

„Ich glaube, ich hab alles. Schönen Tag noch, Lestrange.“

Rodolphus runzelte die Stirn und verfolgte jeden von Sirius‘ Schritten zur Tür mit Argusaugen. Sirius klopfte hart gegen die Tür und Kingsley öffnete sie fast augenblicklich. Er schaute Sirius fragend an.

„Das war einfach“, sagte Sirius, damit Rodolphus ihn noch hören konnte. „Er musste nur ein bisschen angestupst werden.“

Er hörte wie Rodolphus von seiner quietschenden Liege aufstand, als Kingsley die Tür wieder zu schob. Sirius biss ein Grinsen zurück. Er wartete darauf, dass Kingsley die Tür wieder mit allen möglichen Zaubern verriegelte, bevor sie gemeinsam den Gang heruntergingen. Weg von Rodolphus, der jetzt kochend seine Wand anstarren durfte.

„Wirklich?“, fragte Kingsley.

Sirius zuckte mit den Schultern. „Ich wollte ihn noch ein bisschen ärgern.“

Kingsley seufzte auf eine Weise, die zu Dumbledore gepasst hätte, wenn er Sirius in seiner Schulzeit mal wieder irgendwo antraf, wo angeblich niemand etwas zu suchen hatte. „Hättest du das tun sollen?“

„Nein. Wenn er mir je mit einem Zauberstab gegenüber steht, wird er mir die Haut abziehen“, sagte Sirius.

„Das heißt, du hast nichts herausgefunden?“

„Nichts, was man sich nicht auch denken könnte. Bellatrix wird nicht in Malfoy Manor Zuflucht suchen“, sagte Sirius, was Kingsley ehrlich zu überraschen schien. Bis eben schien er noch davon ausgegangen zu sein, dass Draco etwas wissen könnte. Dass Sirius etwas herausfinden würde, wenn er sich in Malfoy Manor einmal umsehen könnte. Aber trotzdem waren sie jetzt vielleicht mehr einer Meinung, als vorher möglich gewesen wäre. „Sie wird eher einen Fuß dort hineinsetzen um ihrer Schwester heimzuzahlen, dass sie Harry nicht an Voldemort ausgeliefert hat.“

Kingsley schüttelte ungläubig den Kopf. „Ich dachte immer, die beiden würden sich sehr nahe stehen.“

„Andromeda ist das beste Beispiel, dass Bellatrix sich sehr schnell von ihrer Familie distanzieren kann.“

„Scheint im Blut zu liegen“, sagte Kingsley, was Sirius mit einem finsteren Blick beantwortete. „Einen Moment hab ich gedacht, er hätte dich gekriegt.“

Womit hätte Rodolphus ihn kriegen sollen? Mit Geschichten darüber, wie er seinen Bruder im Stich gelassen hatte? Oder Erinnerungen an etwas, das er sowieso nicht vergessen würde?

„Er hat seine besten Tage hinter sich, Kingsley. Askaban lässt dich nie ganz gehen. Und er redet nur“, sagte Sirius. „Worte tun nur kleinen Kindern weh, die nicht genug Zuneigung bekommen.“

„Wirst du Rabastan noch einen Besuch abstatten?“, fragte Kingsley.

Sie kamen an einer offenstehenden Zellentür vorbei, an der Kingsley ihn vorbeiführen wollte. Sirius schaute flüchtig hinein, wie man es bei offenen Türen fast so gerne wie bei geschlossenen tat, und blieb abrupt stehen. Er erkannte die Wände sofort, obwohl sie dem Stein in den anderen Zellen bis auf die letzte Kerbe zu gleichen schienen. Es war seine Zelle; sein zu Hause für zwölf lange Jahre.

Er konnte den Schatten eines zusammengerollten Hundes dort sehen, der den Kopf zu heben und ihn direkt anzusehen schien. Seine traurigen Augen ließen Sirius schlucken. Dann griffen die Schatten nach dem Hirngespinst und saugten es in die vertrauten Wände.

Dort hatte er geschlafen, gegessen und gegrübelt. Zwölf Jahre lang, bis Fudge ihm den Tagespropheten geliehen hatte. Er erinnerte sich so deutlich an den Moment, dass sein Inneres sich jetzt genauso zusammenzog, bis er nicht atmen konnte.

„Sirius?“

Er schreckte herum. Kingsley schaute ihn abwartend an und allmählich fragend. Sirius deutete gelassen, fast abfällig auf die Zelle.

„Ist irgendjemand abgehauen?“, fragte er.

Kingsley schüttelte den Kopf. „Die ist noch nicht besetzt. Heute Nachmittag verlegen wir jemandem aus dem St. Mungo’s dort hinein.“ Er sagte das, als wüsste er welcher Gefangene in jeder Zelle saß. Wahrscheinlich tat er das sogar.

„Das würde ich mir zweimal überlegen“, sagte Sirius, ging aber nicht weiter darauf ein und ging an Kingsley vorbei weiter den Gang herunter. Er musste bis fast ganz nach hinten laufen, wo es kälter und dunkler als am Eingang war, bis Kingsley ihn auf eine Tür hinwies.

„Er könnte etwas redseliger sein, bei einem vertrauten Gesicht“, sagte Kingsley. „Vielleicht kannst du herausbekommen, wo Bellatrix sich aufhalten würde, wenn sie verletzt ist und nicht nach Malfoy Manor kann. Ein letzter Unterschlupf der Todesser, oder etwas in der Art.“

„Ich versuch’s“, sagte Sirius. Er hatte keine Ahnung, wieso Kingsley so viel Vertrauen darin setzte, dass er irgendetwas aus diesen Todessern herausbekommen würde. Eine Aurorenausbildung war genauso weit weg von allem, was er gemacht hatte, wie Knuddelmuffs in Yorkshire zu züchten.

Kingsley entriegelte die Tür wieder und öffnete sie für Sirius. Wieder trat er in eine dunkle Felsaushöhlung, aber diesmal erwartete ihn niemand mit einem Gesichtsausdruck, als würde er zu spät zum Dinner kommen. Rabastan saß auf dem Boden, den Rücken zu Sirius gedreht, und kratzte mit dem Fingernagel über den Stein. Er schaute über die Schulter; seine Augen waren dunkel wie Rodolphus‘, aber leer. Über seine Augenbraue zog sich ein Schnitt, der dabei war zu verheilen. Er musste noch aus der Schlacht von Hogwarts stammen, aber nicht von einem Fluch, der es wert gewesen wäre ihn magisch zu heilen.

„Mit bloßen Fingern wirst du dich hier nicht rausgraben können“, sagte Sirius, als Kingsley die Tür wieder schloss.

„Sirius Black“, krächzte Rabastan. Seine Stimme war genauso ungenutzt und rau wie die seines Bruders. „Womit verdiene ich die Ehre? Bist du jetzt Auror? Sind sie so verzweifelt?“

„Ich bin kein Auror“, sagte Sirius. „Ich dachte, ich schaue mal vorbei, wie du dich hier schlägst.“

Rabastan glaubte ihm kein Wort, drehte sich aber um. Er blieb im Schneidersitz auf dem Boden sitzen. Blut klebte unter seinen Fingernägeln, wo er mit ihnen über den Boden gekratzt hatte. Er leckte es sich von den Fingern. Seine Lippen waren spröde und aufgerissen. Um seinen Kiefer lag ein tiefer Schatten aus Bartstoppeln. Im Gegensatz zu Rodolphus gab er sich keine Mühe sein Haar irgendwie zu ordnen und machte Harry Konkurrenz.

„Schau sich dich einer an, Sirius“, sagte Rabastan, während er den Blick extra langsam an Sirius‘ Beinen hochwandern ließ. „Gewaschen und mit neuer Frisur, und du riechst sogar ganz angenehm.“

„Das kann ich leider nicht zurückgeben“, sagte Sirius steif lächelnd.

„Du wirst doch nicht Heimweh haben?“, fragte Rabastan.

„Da kann ich dich beruhigen.“ Sirius schaute sich in der kleinen Zelle um, als würde er die neue Wohnung eines Freundes besuchen. „Du fühlst dich schon wieder ganz zu Hause, nicht wahr?“

„Viel Zeit zum Nachdenken. Ich hab dich in der Schlacht von Hogwarts gesehen“, sagte Rabastan. „Du bist davongelaufen – mein Fluch hat deine Wade knapp verfehlt.“

„Hat man dir nicht beigebracht aufs Herz zu zielen?“

„Bella ist dir nach. Sie wollte das ein- für allemal beenden. Hat sie dich bekommen?“, fragte Rabastan neugierig.

„Ich bin noch hier, also würde ich auf Nein tippen“, sagte Sirius. „Vielleicht habe ich sie bekommen?“

„Nein“, sagte Rabastan langgezogen. „Du bist einer der Guten. Das Problem der Guten ist, dass sie sich nicht durchringen können drastische Maßnahmen zu ergreifen. Sie sind schwach und haben Angst sich die Finger schmutzig zu machen.“ Er zeichnete mit dem Zeigefinger verschnörkelte Linien über den Steinboden. „Mitfühlend, unschuldig… weich…“

„Du redest nicht über mich, oder?“

Rabastan schaute ihn wieder an – nein, er schaute durch ihn hindurch. Anders als bei Rodolphus bohrte sein Blick sich nicht in ihn, sondern geradewegs hindurch. Er war nicht unfokussiert, wie Sirius es oft bei Menschen sah, die zu lange in Askaban gesessen hatten, aber dunkel und leer wie die Zelle, die er gerade zurückgelassen hatte. Rabastan bekam Askaban noch weniger als seinem Bruder, aber die Dementoren waren nicht mehr da.

Sirius verschränkte die Arme vor der Brust, ließ die rechte Hand dabei über der Tasche mit seinem Zauberstab liegen. „Bellatrix ist tot“, sagte er.

Rabastan gluckste und aus seiner rauen Kehle klang der Ton schmerzhaft. „Das hättest du wohl gerne…“

„Ach?“

„Du bist hier um mich ihretwegen auszufragen. Das machen sie alle. Meine ganzen rhetorischen Künste werden in den letzten Tagen an Bellatrix verschwendet“, sagte Rabastan gelangweilt.

„Ich hab mit Rodolphus gesprochen.“

Rabastan sah ihn diesmal wirklich direkt an. Dass die Lestrange Brüder aneinander hingen rührte Sirius nicht und es tat ihm auch nicht leid, nach allem, was die beiden an Tragödien verursacht hatten.

„Er verrät mir kein Sterbenswörtchen über Bellatrix‘ Aufenthaltsort –“

„Wieso also sollte ich etwas anderes tun?“

„Weil du sie nicht ausstehen kannst“, sagte Sirius. „Sie trampelt auf der Würde deines Bruders herum, demütigt und erniedrigt ihn seit Jahrzehnten. Das ist deine einzige Möglichkeit ihr eins auszuwischen. Vorausgesetzt dir liegt was an deinem Brüderchen…“

Rabastan verdrehte extra langsam die Augen. „Kann ich ihn sehen?“

„Wenn du mir etwas Nützliches verrätst…“ Sirius hob die Schultern in einem stummen Vielleicht.

„Erpressung? Wenn deine Mutter das sehen würde, Sirius“, sagte Rabastan kopfschüttelnd. „Sie wäre stolz auf ihr kleines schwarzes Schaf.“

„Ich hab Schlimmeres getan“, sagte Sirius gleichgültig. „Also, wenn Bellatrix sich nicht in Malfoy Manor verstecken könnte, wo würde sie hingehen?“

„Die wichtigere Frage ist: Wieso interessiert es dich auf einmal?“, gab Rabastan zurück. „Du hattest einen Monat Zeit hierherzukommen und mir irgendwelche Fragen zu stellen. Eine oder höchstens zwei davon könntest du verletzt gewesen sein. Wieso also jetzt? Was ist passiert? Wegen Potter kann es nicht sein. Der Tagesprophet schreibt, dass er sich eine Auszeit irgendwo nimmt, wo es warm ist. Ohne dich. Du wirst doch nicht Angst haben, dass Bellatrix dir noch einmal irgendwo auflauert?“

„Ist dir so langweilig, dass du versuchst dir das zusammenreimen?“, fragte Sirius seufzend.

„Nein… Du hättest keine Angst davor. Eher davor in alt in deinem Bett zu sterben, umringt von Menschen, die dich lieben, anstatt heroisch im Duell.“ Rabastan grinste ihn an wie ein Kind, das ein neues Spielzeug gefunden hat. „Um wen hast du also Angst?“

„Es interessiert mich einfach, Rabastan. Jetzt sag mir, wo deine Schwägerin sich verstecken könnte“, sagte Sirius ungeduldig.

„In Malfoy Manor. Bei ihrer geliebten Schwester“, sagte Rabastan.

„Ich habe gerade gesagt, dass das keine Option ist.“

„Damit ist es die einzige Option. Früher oder später wird sie dort auftauchen. Nicht, dass du nicht von selbst drauf kommen könntest… Narcissa hat sich das selbst zuzuschreiben.“

„Bellatrix würde ihrer Schwester nichts tun“, versuchte Sirius ihn zu locken.

Rabastan lenkte sein Grinsen auf den Boden und schüttelte leicht den Kopf. „Nein, zuerst wird sie den anderen etwas tun. Lucius und Narcissas Darling Draco. Am besten so, dass Narcissa es mitbekommt. Sie wird Lucius umbringen, wie er es seit Jahren verdient, und Draco…“ Sein Grinsen bekam etwas beinahe Verträumtes, das in den Schatten der Zelle wie eine gruselige Maske wirkte. „Narcissa liebt ihn über alles und er schreit so schön – ich kann mir vorstellen, dass sie das ausnutzen wird. Bei so einem Haus muss man den Effekt des Echos ausnutzen.“

Sirius trat von der Wand weg, gegen die er gelehnt hatte, und schaute hart auf Rabastan herunter. „Was meinst du damit?“

„Die hohen Wände“, erläuterte Rabastan. „Du verstehst schon? Jede Nacht konnte man hören, was sie mit den Leuten im Keller gemacht hat. Ollivanders Schreie sind durch die Wände gedrungen. Man konnte fast nicht schlafen. Armer Draco, war immer so müde…“

Sirius machte den einen Schritt, der ihn von Rabastan trennte, bekam seine Aufmerksamkeit aber noch immer nicht. Er schaute auf den Boden und kratzte erneut über eine Ritze, in der sich Schmutz und Blut vermischt hatten.

„Hast du ihm wehgetan?“, fragte Sirius mit einem Knurren, das er nicht unterdrücken konnte.

„Ollivander war tabu für mich. Für jeden. Bella hat sich nur ungerne daran gehalten.“

„Ich meinte Draco.“

Rabastan gluckste und schaute zu ihm hoch, ohne den Kopf zu heben. „Wieso?“

Sirius streckte den Fuß aus und legte ihn auf Rabastans ausgestreckte Hand, drückte sie mit der Sohle flach auf den Boden. „Sag mir, was du getan hast, oder ich breche jeden Finger in deiner Hand.“

„Deine Hand unter meinen Roben würde mehr in mir auslösen“, sagte Rabastan amüsiert. „Das war keine Einladung.“

Sirius stieß seinen Fuß herunter, aber nicht hart genug um einen Knochen zu brechen. Er drückte bloß ein gepresstes Keuchen aus Rabastans Kehle. „Wenn ich herausfinde, dass du ihm irgendetwas getan hast…“

„Hab ich nicht“, presste Rabastan hervor. „Hab vielleicht drüber nachgedacht, aber wie kann man das nicht, wenn ein unschuldiges Ding mit sauberen Händen tagtäglich an einem vorbeiläuft? Ich weiß, wie er schreit, weil der Dunkle Lord dafür gesorgt hat. Das lässt sich nicht vermeiden, wenn man Harry Potter entwischen lässt.“

Sirius zog den Fuß von Rabastans Hand. Ihm war danach die Fußspitze in sein Gesicht zu rammen, bis dort kein Grinsen mehr Platz haben würde.

Rabastan rieb sich über den Handrücken, wo sie rot vom Druck von Sirius‘ Fuß zurückgeblieben war. „Dann weiß ich jetzt wohl, wieso du auf einmal hier bist.“

„Und ich weiß, dass du deinen Bruder bis ans Ende deines Lebens nie wiedersehen wirst.“ Sirius drehte sich um und wollte gegen die Tür klopfen.

„Willst du wissen, was ich getan habe?“, fragte Rabastan.

Sirius verharrte, schaute sich aber nicht um.

„Ich hab ihm gesagt, was ich tun werde. Wenn er nicht schlafen konnte, nicht alleine sein wollte… Ich hab mich an sein Bett gesetzt und ihm ein paar wunderschöne Gutenachtgeschichten erzählt.“

Sirius wollte sich umdrehen, als ihn ein anderer Körper hart gegen die Tür rammte. Nicht hart genug, dass es als Klopfen durchgehen und Kingsley auf den Plan rufen würde, aber fest genug, dass er Probleme hatte sich zu bewegen. Rabastan schob den Kopf über Sirius‘ Schulter und brachte seinen ausgetrockneten Mund direkt an Sirius‘ Ohr.

„Fass mich noch einmal an und ich breche dir jeden einzelnen Knochen in deinem Körper, Sirius“, raunte er. „Du wirst schreien, als wärst du wieder ein Teenager. Gryffindors schreien und treten und lassen sich eher brechen, als sich zu beugen. Menschen wie Narcissa und auch Draco wissen, wann man aufgeben muss.“ Sein Atem lief unangenehm heiß über Sirius‘ Ohr. „Er lässt sich leicht vorbeugen.“

Sirius merkte, wie die Hand, die er nicht gebrochen hatte, nach seiner Umhangtasche mit dem Zauberstab tastete. Er fuhr herum und rammte seine Faust mit der Wucht eines Klatschers in Rabastans Gesicht. Knochen knirschten und ein heißer Schmerz schoss durch Sirius‘ Fingerknöchel. Rabastan krachte auf den Boden. Er hatte nicht das Gewicht oder die Kraft um sich auf den Beinen zu halten und Widerstand zu leisten. Er spuckte Blut aus, das ihm über den Mundwinkel lief, als er Sirius aus seinen leeren Augen anblickte.

Sirius zeigte ihm ein Lächeln, das ihn hoffentlich bis in seine Alpträume verfolgen würde. „Ich geh dann mal und warte darauf, dass du deine Drohung wahrmachst.“

Er klopfte hart gegen die Tür und keinen Wimpernschlag später öffnete Kingsley schon.

„Ich hab ein Rumpeln gehört“, sagte er und versuchte einen Blick in die Zelle zu werfen. Sirius schob sich an ihm vorbei ins Freie. Die Tür zog er hinter sich zu und ließ Rabastan einen letzten Blick auf sich werfen, bevor er sie für eine ganze Weile schloss. Kingsley zögerte und schaute ihn abwartend an.

„Ich hab ihm vielleicht eine verpasst.“

Kingsley schloss kurz die Augen und atmete tief durch.

„Hey, bei den Umständen hier fällt er bei jedem kräftigen Windhauch um“, versuchte Sirius sich zu rechtfertigen.

Kingsley schüttelte den Kopf und verriegelte die Tür wieder, ehe Rabastan noch versuchte ihm hinterherzulaufen und seine leere Drohung wahrzumachen. „Und ich dachte, Rodolphus wäre das Problem.“

„Vielleicht hätte ich erst den kleinen Fisch nehmen sollen“, gab Sirius zu.

„Komm.“ Kingsley wollte ihm eine Hand auf die Schulter legen, aber Sirius drehte sich von ihm weg, ehe er noch das Zittern in seinen Muskeln spürte. „Hat es was gebracht?“, fragte Kingsley ungerührt.

Sirius war sich nicht so sicher. Innerlich brodelte er und mit jedem Schritt, den er von der Zelle wegmachte, wuchs der Drang zurückzulaufen und das Feuer herauszulassen, bis von Rabastan nur noch ein Häufchen Asche übrig war. Wenn er daran dachte, wie Draco durch die unendlich langen, dunklen Gänge von Malfoy Manor lief und alle paar Meter in ein Monster mit Namen Lestrange lief, wollte er die Dementoren wieder in diesen Korridoren sehen.

„Vielleicht solltest du etwas für den Fall unternehmen, dass Bellatrix sich an ihrer Schwester rächen will“, sagte Sirius. Er dachte an den Schatten, den er neulich in den Gärten von Malfoy Manor gesehen und ignoriert hatte. War das schon ein Fehler gewesen? Oder wurde er paranoid?

„Hältst du das wirklich für wahrscheinlich?“, fragte Kingsley.

Sirius‘ Kopf zuckte in einer Mischung aus Nicken und Kopfschütteln. „Wenn die beiden hier drinnen schon davon ausgehen, dass es wahrscheinlich ist, sollte man es nicht einfach so abtun. Sie haben vielleicht nicht mehr alle Tassen im Schrank, aber Bellatrix hat keine mehr.“

„Wir sind ziemlich unterbesetzt“, sagte Kingsley. „Aber wir könnten ein oder zwei Auroren in Malfoy Manor postieren, vorausgesetzt Lucius Malfoy erlaubt es. Wenn ich ihm die Situation erkläre, wird er sich hoffentlich nicht sträuben. Alles in Ordnung, Sirius? Du siehst blass aus…“

Sirius nickte knapp. Sie liefen die Treppe herunter, Sirius zwei Stufen voraus. Er behielt den Vorsprung bei, als sie sich dem Ausgang nicht schnell genug näherten. Proudfoot versteckte erneut seine Zeitung und stand auf, um sie herauszulassen. Er öffnete die Tür nicht schnell genug. Sirius trat ungeduldig von einem Fuß auf den anderen und stürmte durch den ersten Spalt nach draußen.

Die salzige Meerluft schlug ihm entgegen und er atmete sie tief ein, bis sie sich in seinen brennenden Lungen absetzte. Sirius drehte sich zu Kingsley um.

„Kingsley, lass mich mit Draco reden, bevor du Lucius irgendetwas sagst“, begann er ruhiger. „Ich will ihm die Chance geben, dass er seinen Eltern erklärt, wieso Bellatrix ihnen gefährlich werden könnte.“

Kingsley sah nicht gerade begeistert aus. „Ich weiß nicht, was ich davon halten soll, dass sie einen Vorsprung kriegen könnten.“

„Einen Vorsprung? Du denkst immer noch, dass sie Bellatrix irgendwo in ihrem Keller verstecken?“, fragte Sirius skeptisch.

„Ich weiß nur, dass sie vor zwei Monaten noch alles getan haben, damit Voldemort gewinnt“, sagte Kingsley. „Alle von ihnen. Wenn dieser Krieg mir eine Sache beigebracht hat, dann niemandem blind zu vertrauen.“

Sirius musste nicht nachfragen um zu wissen, wo ihn das treffen sollte. „Ich habe das einen Krieg vor diesem gelernt.“

Kingsley nickte und atmete tief durch. „Gut, rede mit Draco. Sag ihm, er soll mir eine Eule schicken, damit wir einen Termin für morgen ausmachen können. Ich will in der Nähe sein, wenn er es seinen Eltern sagt.“

„Ich wette, das wird es für ihn nicht gerade attraktiv machen“, sagte Sirius.

Kingsley lenkte ihn zum Rand der Felsenklippe, wo ein Auror einen Fleck von der Appariersperre befreite. „Wenn du ein besseres Auge auf ihn haben willst, könnten wir dich immer noch in der Aurorenabteilung gebrauchen. Hast du deine Meinung geändert?“

Sirius schnaubte. Er war achtunddreißig Jahre alt und sechzehn davon hatte er an das Ministerium verloren. Mehr wollte er daraus nicht machen.

„Du bist ein bisschen spät; meine Berufsberatung war vor zwanzig Jahren. Du müsstest mich wegen meiner Faust auch sofort wieder suspendieren. Mach’s gut, Kingsley.“ Sirius schüttelte die Hand des Zaubereiministers. „Ich bin zum Essen verabredet.“

„Grüß ihn von mir“, sagte Kingsley.

Sirius winkte ab und trat auf den Fleck, den der Auror für ihn bereithielt. Er blickte über Kingsleys Kopf auf das Gefängnis; ein schwarzer Fels im aufgewühlten Ozean. Ihm war, als hätte er etwas darin vergessen. Sirius drehte sich auf der Stellte und disapparierte.

Schwankend fiel er gegen eine Ziegelmauer und stützte sich ab. Er ließ den Kopf hängen und presste sich die andere Hand gegen den Magen. Ihm war nicht so übel gewesen, seit er das erste Mal appariert war. Sein Magen drehte sich weiter, und als er den Kopf hob drehte sich alles um ihn herum, als wäre er noch nicht richtig gelandet.

Er kniff die Augen zusammen und atmete gegen den Brechreiz an. Als er sie wieder öffnete schaute er in das entsetzte Gesicht einer älteren Hexe, die ihn wohl für einen Betrunkenen hielt. Sirius salutierte in ihre Richtung und brachte sie dazu wie ein aufgescheuchtes Huhn in die Winkelgasse zu stürzen.

Vorsichtig setzte er einen Fuß vor den anderen, bis er nicht mehr das Gefühl hatte, der Boden würde unter ihm wegfließen, und betrat den Tropfenden Kessel. Der Geruch von Alkohol und verschmortem Lammeintopf, den Roger so gerne aß, stieg ihm in die Nase. Sirius atmete schwer aus. Er wäre am liebsten gegangen. Am liebsten wäre er nach Hause gegangen und hätte sich ins Bett gelegt, um erst morgenfrüh wieder aufzustehen. Aber dann würde er Dracos Gesicht verpassen. Und danach war ihm jetzt noch mehr.

Sirius atmete tief durch und setzte sich auf einen Hocker an der Bar. Er schaute sich um, aber Dracos Gesicht konnte er noch nicht entdecken.

Tom tauchte Gläser polierend vor ihm auf. „Was kann ich dir bringen, Sirius?“

„Feuerwhiskey“, entfuhr es Sirius, ohne dass er zweimal überlegte. Oder einmal.

Tom zögerte, schaute auf seine Uhr und zuckte dann mit den Schultern. Er schob ein Glas mit einem Schluck goldbrauner Flüssigkeit in Sirius‘ wartende Hand. Sirius leerte es in einem Zug.

Sein Kopf malte ihm weiter Bilder von Askaban. Er versuchte sie abzuschütteln und klopfte mit dem Glas auf die Theke, um Toms Aufmerksamkeit zu bekommen.

„Noch eins, bitte“, murmelte er.

Tom schenkte ihm nach. „Alles in Ordnung? Du siehst blass aus.“

„Der gesunde Teint nach sechzehn Jahren ohne Freiheit“, sagte Sirius und hob sein Glas erneut. Er hielt inne, als er die Rötungen an seinen Fingerknöcheln bemerkte, wo er Rabastan getroffen hatte. Nicht hart genug für all die Dinge, die er gesagt hatte. Wie ernst er sie gemeint hatte, konnte Sirius nicht sagen. Rabastan war genauso provozierend wie sein Bruder, aber auf eine andere Art. Für ihn war es ein Spiel und Sirius hatte mitgemacht, nachdem Rodolphus ihn weichgeklopft hatte. Er wollte gar nicht daran denken, wie es geendet hätte, wenn er sie sich anders herum vorgenommen hätte.

Sirius nippte zaghafter an seinem Feuerwhiskey. Er hätte vorsichtiger sein müssen, aufpassen sollen, was er sagte. Rodolphus hatte geahnt, dass es ihm bei Bellatrix um Dracos Sicherheit ging, und war trotzdem kaum darauf eingegangen. Wieso? Rabastan hatte es sich nicht verkneifen können bei dem kleinsten Hinweis an Interesse seinerseits darauf herumzureiten. Auf brutalste Weise. Er wusste, dass es eine Lüge war. Es war eine. Es musste eine sein. Der Gedanke an einen dunklen Schatten, der nur auf Dracos Bettkante saß, drehte seinen Magen um, als wäre er noch einmal appariert.

„Noch einen“, murmelte Sirius und schob sein Glas gedankenverloren vor.

„Wasser? Eis?“, fragte Tom.

Sirius tippte ungeduldig gegen sein Glas und trank den puren Whiskey sofort aus, nachdem Tom ihm nachgeschenkt hatte. Der Alkohol brannte auf seiner Zunge nach und gesellte sich zu dem brodelnden Zorn in seinem Magen.

Er hätte sich beherrschen müssen. Er hätte anders an die ganze Sache herangehen müssen. Eigentlich hatte er sich vorgenommen anders mit den Lestranges umzugehen, aber Askabans Wände hatten eine merkwürdige Wirkung auf ihn. Er hatte ihnen zu viel verraten. Was würden sie mit diesen Informationen anfangen, wenn sie noch einmal ausbrechen würden – wie sie es schon zweimal getan hatten? Sie dachten, er hatte Gefühle für Draco.

Sirius trank ein viertes Glas, das er sich nicht erinnerte bestellt zu haben. Hatte er einen Fehler gemacht sie das glauben zu lassen? Was hatte er für Gefühle? Er sorgte sich um Draco. Er wollte nicht, dass ihm etwas passierte, und er wollte nicht, dass er je wieder einen Gedanken an Nächte verschwenden musste, in denen seine Tante, Onkel und andere Todesser hinter seiner Zimmertür gelauert hatten.

Sirius drehte sein Glas und den nächsten Schluck unverdünnten Feuerwhiskey in der Hand. Er dachte an seinen kleinen Bruder und die Erinnerung an ihre letzten bösen Worte schnürte ihm die Kehle zu. Er dachte an James, der ihn aus leeren Augen anstarrte, ohne Schuhe am Ende der Treppe liegend, und er fühlte sich wie der einzige Mensch im Tropfenden Kessel.

„Hey.“

Sirius schaute auf und direkt in Dracos Gesicht. Er lächelte kaum merklich, aber genug, dass sein Gesicht wärmer und lebendiger als jedes wirkte, das Sirius heute gesehen hatte. In seinen grauen Augen leuchtete etwas, das wie ein Funke auf ihn übersprang und besser wärmte als der Alkohol. Seine Lippen waren einladend rosa und Sirius hätte ihn am liebsten geküsst. Er hätte ihn am liebsten vorgebeugt und die ganze Nacht nicht mehr aus seinem Bett gelassen. Der Gedanke ließ ihn unangenehm berührt in sein Glas schauen.

Draco legte den Kopf schief und musterte ihn abschätzend. Er fasste nach Sirius‘ Glas und zog es ihm entschieden aus den Fingern. „Bist du betrunken?“, fragte er glucksend.

„Noch nicht.“ Sirius wollte die Hand heben, um noch ein Glas zu bestellen, aber Draco hielt seinen Arm fest.

„Du hast hier noch.“ Er schob Sirius das Glas wieder hin und ließ es ihn nehmen und sogar austrinken. Sirius erwartete bis zum letzten Tropfen, dass Draco ihm sagen würde, er sollte sich gefälligst beherrschen. Als er das leere Glas wieder hinstellte wünschte er sich, er hätte das selbst hinbekommen. Der letzte Schluck brannte unangenehm in seiner Kehle nach und Dracos Blick brannte auf seiner Haut. Er fühlte sich, als wäre er die gruselige Gestalt, die an Dracos Bettkante saß.

„Ist es nicht so gut gelaufen?“, fragte Draco, was Sirius mit einem Kopfschütteln verneinte. Draco wartete auf eine Antwort und Sirius suchte nach einer, aber stattdessen breitete sich Schweigen zwischen ihnen aus. „Die Lestranges oder Askaban?“, fragte Draco schließlich.

Sirius seufzte. „Ich lasse mich von zwei durchgeknallten Todessern nicht aus der Fassung bringen, Draco.“

„Wirklich? Und ich hatte gehofft, du würdest zumindest einem von ihnen eine verpassen.“

Sirius schmunzelte und leckte sich den letzten brennenden Rest Alkohol von den Lippen. „Vielleicht hab ich das…“

Draco lehnte sich näher an ihn heran. Sein Duft stieg ihm in die Nase, eine wahre Erholung nach der abgestandenen Luft in Askaban. Sirius ertappte sich dabei tief einzuatmen und den Kopf in Dracos Richtung zu lehnen.

„Erzähl’s mir“, sagte Draco.

Sirius lächelte und tat ihm den Gefallen. Sie setzten sich weg von der Bar an den Tisch, wo sie auch ihr erste Butterbier getrunken und mehr als einen Abend mit Roger geteilt hatten. Tom servierte ihnen etwas von dem verschmorten Lammeintopf, den Draco mit gerümpfter Nase betrachtete, während Sirius ihm erzählte, was er alles falsch in Askaban gemacht hatte und was er dabei auch richtig gemacht hatte. Dabei stolperte er ab und zu über ein paar Worte und verfluchte das eine Glas Feuerwhiskey zu viel, während Draco sich amüsierte. Anscheinend besonders darüber, wie Sirius Rodolphus‘ Psychospielchen umgedreht hatte und Rabastan ganz und gar nicht subtil in die Schranken gewiesen hatte.

„Ich hätte dir gerne über die Schulter geschaut“, sagte Draco und stocherte in seinem Lammeintopf herum.

Sirius hatte zu Wasser gewechselt – unter Toms zufriedenem Blick – und nahm einen Schluck. Mit etwas Warmen im Magen fielen die Worte ihm auch weitaus einfacher, und er merkte kaum etwas davon, so sehr konzentrierte er sich auf Draco, der an den richtigen Stellen ein gehässiges Lachen ausstieß.

„Glaub mir, du willst freiwillig keinen Fuß nach Askaban setzen“, sagte Sirius.

„Ich war schon da“, sagte Draco und erwischte Sirius damit wie ein hinterhältiger Klatscher. „Als mein Vater unter Arrest gestellt wurde, durften wir ihn einmal besuchen um wichtige Angelegenheiten zu klären. Da waren die Dementoren noch nicht abgesetzt.“

„Wie war das für dich?“

Draco zuckte mit den Schultern. „Nicht schlimmer, als sie ein Jahr lang deinetwegen um die Schule herum zu haben“, sagte er in einem Ton der noch unterstreichen sollte, dass er Sirius die alleinige Schuld daran gab. „Es war nicht einmal für eine Stunde. Je länger man bleibt, desto schlimmer wird es wohl. Meine Mutter hat immer gesagt, dass Tante Bellatrix ein ganz normaler Teenager gewesen wäre.“

„Soweit würde ich dann doch nicht gehen.“

Draco stimmte ihm mit einem Nicken zu. „Mein Vater… Er ist nicht derselbe seit Askaban. Er war nur ein Jahr dort, aber es hat an ihm gezehrt und anscheinend weiß er nicht mehr, wie man sich rasiert.“ Er verdrehte die Augen, was nur deutlich machte, wie viel mehr unter dieser kurzen Bemerkung schlummerte. Sirius wollte nachfragen, als Draco ihm ein Lächeln zuwarf, das ihn nach diesem Tag direkt aus der Bahn warf. Er wollte ihn in den Arm nehmen und nicht loslassen, bis der letzte eisige Tropfen in seinem Inneren getrocknet war.

„Du gibst dir wenigstens Mühe wieder wie ein normaler Mensch auszusehen.“ Draco streckte die Hand scheinbar instinktiv aus und verharrte kurz vor Sirius‘ Schläfe. Dann strich er sanft durch Sirius‘ Haar, schob es aus seiner Stirn und schien dabei selbst verblüfft darüber keinen Rückzieher gemacht zu haben.

Sirius lächelte ihn an. „Das sagst du nur, weil du nicht weißt, wie verrückt ich bin.“

„Wir haben uns ein Zimmer geteilt, Black. Ich weiß ein bisschen mehr, als du denkst.“ Draco zog seine Hand langsam weg und streifte dabei mit den Fingerspitzen Sirius‘ Wange. „Ich kann mir auch denken, dass du nicht wieder nach Askaban wolltest. Nicht mal nur als Besucher.“

Sirius runzelte die Stirn. „Machst du dir Sorgen um mich?“

„Ist das so eine merkwürdige Vorstellung für dich?“

Sirius legte seine Hand auf Dracos Knie und lehnte sich zu ihm herüber, bis er ihn hätte küssen können. „Merkwürdig schmeichelnd.“

Draco verdrehte die Augen, als wäre Sirius auf einen albernen Scherz eingefallen. „Vielleicht solltest du nach Hause gehen und den Feuerwhiskey wieder abbauen.“

„Willst du mich nach Hause bringen?“, fragte Sirius und ließ seine Hand sanft über Dracos Knie fahren. Er merkte, wie Dracos Augenlider leicht flatterten, und vergaß fast den Morgen in Askaban auf einen Schlag, als ein scharfer Atemzug seine Lippen streifte. Aber eben nur fast.

„Vielleicht wäre es besser, wenn du mich begleitest… und bleibst“, sagte Sirius.

Draco schaute ihn stirnrunzelnd an.

„Bellatrix ist da draußen und wartet vielleicht nur darauf dich in die Finger zu bekommen. Oder deine Eltern. Ich habe mit Kingsley gesprochen, dass es besser wäre, wenn ein paar Auroren Malfoy Manor im Auge behalten würden.“

„Mein Vater würde das nie erlauben“, sagte Draco.

„Dann musst du ihm sagen, wieso er es erlauben muss“, erwiderte Sirius. „Narcissa hat sie damit verärgert, dass sie Harry nicht verraten hat. Und du hast sie zum Stolpern gebracht.“

„Du willst, dass ich das meiner Mutter sage? Dann lebe ich demnächst auf der Straße.“

„Dazu wird es nicht kommen, weil deine Mutter und du im selben Boot sitzt. Und wenn doch… Du könntest bei mir wohnen.“

Draco hob beide Augenbrauen und machte eine zuckende Bewegung von ihm weg, worauf Sirius ihm beruhigend über das Bein strich. „Ist es dafür nicht ein bisschen früh?“, fragte Draco trocken amüsiert.

Sirius gluckste. „Ich habe mehr als ein Gästezimmer.“

„Oh, und ich dachte schon…“ Draco schüttelte den Kopf, aber Sirius brauchte den letzten Teil des Satzes auch nicht hören. „Willst du am Ende auch meine Eltern in deinen Gästezimmern unterbringen?“

„Nein, aber sie könnten auf den Kontinent gehen. Ein paar Wochen Auszeit nehmen, um sich wieder anzunähern“, sagte Sirius schulterzuckend.

„Ich würde mit ihnen gehen“, sagte Draco.

Sirius schob seine Finger auf die Innenseite von Dracos Bein. „Ich will aber nicht, dass du gehst.“

Draco atmete einen Moment lang nicht einmal, dann zuckte ein tonloses Lachen über seine Lippen. „Du machst dich lustig über mich, oder Black? Du willst sehen, ob ich Ja sage und dir in die Arme springe, oder?“

„Nein“, sagte Sirius ernst, auch wenn er sich gegen die Vorstellung wehren musste, wie Draco ihm in die Arme fiel. „Ich… mache mir Sorgen.“

Draco schaute ihn an, als hätte er Probleme ihm das zu glauben, schob im selben Moment aber seine Hand auf Sirius‘. „Ich kann auf mich aufpassen.“

„Rabastan hat mir erzählt, er hätte dir gerne mal eine… Gutenachtgeschichte erzählt“, sagte Sirius.

Dracos Augen weiteten sich leicht, als würde er dabei zusehen wie Sirius einen Schritt auf sehr dünnes Eis machte.

„Hat er dir wehgetan?“, fragte Sirius. „Irgendeiner von ihnen.“

„Nein“, sagte Draco sofort, anscheinend überrascht von Sirius‘ Ernsthaftigkeit. Ein provozierendes Lächeln breitete sich auf Dracos Gesicht aus, erreichte seine Augen aber nicht. „Hast du ihm deswegen eine verpasst?“

Sirius zuckte leicht mit einer Schulter, und Draco beugte sich zu ihm, als wäre das eine Einladung gewesen. Vielleicht war es das. Dracos Hand wanderte von seiner zu seinem Arm und sanfter als raue, angespannte Haut es ertragen konnte, höher.

„Ich fühle mich merkwürdig geschmeichelt“, raunte Draco.

Sirius versuchte seine Gedanken zu fokussieren, auf etwas anderes als Dracos Lippen, aber die nachklingende Wärme des Alkohols erlaubte seinem Körper viel zu viel Freiheit. Er schob die andere Hand in Dracos Nacken und zog ihn näher, nur damit Draco im genau falschen Moment das Kinn senkte und seinen Lippen auswich.

„Black –“

„Du darfst Sirius sagen, das weißt du schon, oder?“

„Hier kann uns jeder sehen“, sagte Draco leise, als könnte auch jeder sie hören.

„Und?“ Sirius grinste und strich durch die kurzen Haare in Dracos Nacken. „Wenn es dich stört können wir auch gehen. Irgendwo, wo uns sicher keiner sehen wird.“

Draco stieß einen abgehackten Atemzug gegen Sirius‘ Lippen aus. „Ich…“ Er schien ernsthaft mit sich zu hadern. Sein Blick zuckte immer wieder zu Sirius, wagte aber nicht dort hängenzubleiben. „Ich sollte nicht.“

„Wieso?“, fragte Sirius geradeheraus.

Das schien Draco vollkommen aus der Bahn zu werfen. „Weil dich zu küssen eine Sache ist, aber mehr… Davon gibt es kein Zurück mehr. Mein Vater würde mich umbringen und Bellatrix bräuchte gar nicht mehr auftauchen.“ Die Worte kamen so schnell über seine Lippen, dass Sirius einen Moment brauchte um sie nicht schlucken zu wollen. Er nahm Abstand, aber nicht ohne über Dracos Hals zu streichen, wo er seinen Puls hart und schwer schlagen fühlte. Was er in seinen Augen sah war keine Abneigung, nicht einmal ein Ansatz davon, sondern das genaue Gegenteil.

„Ich weiß nicht, wie das ist. Ich hab aufgehört irgendwas darauf zu geben, was mein Vater sagt, als ich acht war“, sagte Sirius, bekam aber kein Lachen aus Draco. Er kniff die Augen verlegen zusammen und schien unter den Tisch verschwinden zu wollen. „Hey, hör zu –“

„Tatze?!“

Sirius fuhr herum und rutschte eine Zauberstablänge von Draco weg. Am Winkelgassenausgang des Pubs entdeckte er einen pinken Haarschopf und daneben winkte ein schwer beladener Remus ihm. Zusammen mit Tonks durchquerte er den Raum und kam auf sie zu. Tüten und Tragetaschen baumelten von seinen Armen und Rücken, während Tonks nur eine ausgebeulte Handtasche trug. Vor dem Bauch trug Remus ein Bündel mit türkisfarbenen Haaren.

„Schön dich zu sehen. Ich dachte, du wärst den ganzen Tag beschäftigt“, sagte Remus und bemerkte erst auf den zweiten Blick, dass jemand neben Sirius saß. Er formte ein stummes O mit dem Mund, während dem Tonks sich über den Tisch lehnte um Sirius zu umarmen. Sie schaute Draco mit einem fragenden Lächeln an.

„Draco“, grüßte Remus gelassen, nachdem er die Überraschung schnell weggelächelt hatte. „Wie geht es dir?“

Draco sagte nichts, sondern zog einfach eine Augenbraue hoch.

„Dora, das ist Draco Malfoy.“

„Ich weiß, Schatz“, sagte Tonks und winkte. „Hallo.“

Draco schaute demonstrativ in eine andere Richtung.

„Ähm. Wir haben gerade gegessen“, sagte Sirius. „Wollt ihr euch dazu setzen?“

Draco schaute ihn entsetzt an, aber da war es schon zu spät. Remus zog Tonks einen Stuhl heraus, damit sie sich setzen konnte, und setzte sich dann selbst gegenüber von Sirius hin. Er nahm das Bündel aus dem Tragegurt vor seinem Bauch und hielt seinen Sohn in den Händen, strahlte ihn bis über beide Ohren an.

„Wir haben Teddy auf seinen ersten richtigen Ausflug in die Winkelgasse mitgenommen“, sagte Remus stolz, als wäre Teddy alleine hierhin appariert und nicht schlafend getragen worden.

„Es ist mein freier Tag“, sagte Tonks. „Die Aurorenabteilung ist schrecklich unterbesetzt, aber allmählich beruhigt sich alles wieder. Da hat man ein kleineres schlechtes Gewissen.“

Sie gehen also arbeiten“, stellte Draco mehr fest, als dass er fragte. „Und Professor Lupin bleibt zu Hause und passt auf das Baby auf.“

Sirius ahnte nichts Gutes. Tonks lächelte Draco an und nickte, ohne sich etwas dabei zu denken, aber über Remus‘ Gesicht huschte ein dunkler Schatten. Seine Hände, vollgepackt mit Teddy, zitterten leicht.

„Willst du ihn halten, Tatze? Er vermisst seinen Onkel Sirius schon. Du bist sehr beschäftigt in letzter Zeit“, sagte Remus und schob das Bündel in Sirius‘ Arme. Teddy passte perfekt hinein. Er schien jede Woche größer zu werden und mehr bunte Haare zu bekommen. Eingepackt in eine Decke mit goldenen Schnatzen lutschte er am Daumen und schaute Sirius aus großen Augen in wechselnden Farben an.

„Na, du?“ Sirius kitzelte den kleinen Bauch und entlockte Teddy ein gurgelndes Glucksen. Er musste an Harry denken, als er noch so in seine Arme gepasst hatte. James hatte jedes Mal Angst gehabt ihn fallenzulassen, aber Lily hatte ihn nur daran erinnern müssen, dass er den Quaffel auch immer fest im Griff gehabt hatte. Ein anderer Teil von ihm dachte an Baby-Dementoren.

Sirius drehte sich mit Teddy in den Armen zu Draco herum, der sich so aufrecht hielt, wie seine Wirbelsäule es erlaubte und sein Kinn noch höher reckte. „Sag Hallo zu deinem Cousin Teddy, Draco.“

„Wieso? Daran wird er sich in fünf Sekunden nicht mehr erinnern“, sagte Draco, ohne das Baby anzusehen.

Sirius wog Teddy sanft hin und her. „Draco, komm schon.“

„Ist schon gut“, sagte Tonks. „Wahrscheinlich ist es besser, dass er sich nicht an alles erinnern wird. Ich vergesse auch immer wieder, dass wir verwandt sind.“ Sie zwinkerte Draco zu. „Meine Mutter redet nicht gern über deine.“

„Wahrscheinlich das Einzige, was wir gemeinsam haben“, sagte Draco kühl.

Sirius wollte sich einmischen, als ihm auffiel, wie die Farbe aus Teddys Haaren wich. Aus dem Türkis wurde ein fast weißes Blond, während die großen Kulleraugen auf Draco fixiert waren. Teddy gluckste, als Dracos Seitenblick ihn wie ein scharfes Geschoss traf.

„Macht es sich lustig über mich?“, fragte er zischend.

„Nein“, sagte Tonks amüsiert. „Er findet deine Haarfarbe wohl interessant. So ein Blond hat er noch nicht gesehen.“

„Das macht er die ganze Zeit. Er ist ein Metamorphmagus“, erklärte Remus.

Draco schnaubte abfällig. „Besser als ein Werwolf…“

Remus‘ stolzes Lächeln bekam einen Knick.

„Draco“, sagte Sirius warnend. Das war kein Thema bei dem er herablassende Witze dulden würde.

Draco quittierte die Zurechtweisung mit einem Augenrollen. „Ich wollte gerade gehen. Dann kannst du in Ruhe das Baby anschmachten“, raunte er Sirius zu und stand auf. Er schlug ein paar Sickel für das Essen auf den Tisch und ging.

„Draco, warte.“ Sirius wurde einfach ignoriert. Er legte Teddy vorsichtig zurück in Remus‘ Arme und stand dann hastig auf. „Entschuldigt mich kurz“, sagte er zu Tonks und Remus, stürmte aber hinter dem Tisch hervor, bevor sie antworten konnten. Draco hatte schon den Pub durchquert und lief gerade durch die Tür, als Sirius ihn einholte.

„Was sollte das?“, fuhr er ihn an, als sie auf den Hinterhof des Tropfenden Kessels kamen. Eine junge Hexe huschte an ihm vorbei ins Innere des Pubs und ließ sie vorerst alleine.

Draco drehte sich zu ihm um, die Schultern fragend gehoben. „Was?“

„Das sind meine Freunde, Draco. Musstest du dich so benehmen?“, fragte Sirius scharf.

„Willst du mir vorschreiben, wie ich mich zu benehmen habe?“

„Mir ist egal, was du dir denkst, solange du wenigstens einen Knut von Respekt zeigst.“

„Gegenüber einem Werwolf?“, spuckte Draco aus.

Sirius schoss vor, die Hand warnend gehoben, und Draco zuckte kurz zurück. Er bereute die schnelle Bewegung, ließ seine Hand aber nur wenig sinken. „Ich will kein Wort über Remus‘ Zustand hören, wenn es irgendwie beleidigend ist. Er ist ein guter Mensch und mein Freund, verstanden?“

Draco verzog das Gesicht zu einer spöttischen Grimasse. „Toller Freund, der dich zwölf Jahre verrotten lässt.“

Sirius fühlte sich, als hätte Draco ihm in den Magen geboxt. Er brauchte einen Moment um sich zu fangen, aber seine Worte kamen in einem Knurren über seine Lippen, das nicht mehr viel mit einem Menschen gemeinsam hatte: „Was ist in dich gefahren?“

„Was ist in dich gefahren?“, gab Draco zurück und zeigte auf die Tür zum Tropfenden Kessel, als könnte Sirius dort die Antwort darauf finden, was er falsch gemacht haben könnte. „Was soll das werden? Soll ich jetzt mit deinen Freunden zusammen essen, während die mich still und heimlich verachten? Würde dir das gefallen? Am besten schiffe ich meine Eltern dann noch über den Ozean und werde Potters bester Freund, ja?“

„Was, bei Merlins Bart, meinst du damit?“

„Du willst mich ändern, bis ich gut genug für dich bin oder sonst was. Bis ich ein bescheuerter Held bin, der Leben rettet und Werwolfwelpen babysittet. Eher werf ich mich selbst nach Askaban als dass das passiert.“

„Oh, das bezweifele ich“, schnaubte Sirius. „Ich bin der Letzte, der dich ändern will. Du kannst dir denken, was du willst, Draco, aber du warst absichtlich widerlich, und ich weiß, dass du das nicht sein musst. Also versuch wenigstens dich zusammenzureißen, wenn du mit mir zusammen sein willst.“

Draco wich vor ihm zurück, als würde Sirius den Todesfluch auf ihn zielen. Eine zornige Röte stieg in sein Gesicht. „Ich will nicht mit dir zusammen sein wollen.“

Er drehte sich auf der Stelle und disapparierte mit einem Knall, den man noch in Muggel-London hören konnte. Aber Sirius hörte nur das Echo seiner Worte in dem hohen Hinterhof widerhallen. Und sie taten verdammt weh.


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