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Fanfiction

Spinning Hearts - Der siebte Stock

von Dr. S

Ein Déjà-Vu verfolgte ihn durch den Korridor. Sirius rannte durch den siebten Stock, vorbei an den verschmorten Überresten von Wandteppichen, die in Fetzen von den eingesackten Steintrümmern hingen, und glaubte fast den Rauch in seiner Kehle schmecken zu können, wenn er tief einatmete. Ihm brannte die Panik im Nacken, als würden die Flammen ihm wieder entgegenschlagen.

Sirius schlitterte um die Ecke und blieb wie erstarrt stehen. Er hatte erwartet niemanden zu sehen, hatte das Gegenteil gehofft und war deswegen die Stufen ohne Pause nach oben gerannt. Draco stand vor dem Haufen Geröll, der gestern in sich zusammengestürzt war. Sirius lächelte erleichtert.

Draco drehte sich zu ihm herum und erwiderte das nicht. „Du hast es wohl eilig gehabt.“

Sirius fuhr sich durch die Haare, die bei seinem Sturm die Treppen nach oben aus dem Scheitel geraten waren, und zuckte mit den Schultern. „Alte Gewohnheit. Ich hab hier immer das Gefühl zu spät zu kommen.“

Draco musterte ihn kühl. „Wieso wohl?“

Sirius ließ die rhetorische Frage im Raum stehen und trat an Dracos Seite. „Hast du schon angefangen?“

„Ich bin gerade erst gekommen“, sagte Draco und seine Stimme blieb so kühl wie sein Blick. „Ich wüsste auch nicht wo.“

„Gut.“ Sirius schaute mit verschränkten Armen auf den Geröllhaufen herunter und versuchte sich darauf zu konzentrieren, was es jetzt zu erledigen gab und nicht, was er gestern erledigt hatte. Vielleicht konnten sie das genauso ignorieren, wie den anderen Fall im siebten Stock, der unausgesprochen zwischen ihnen stand. „Fangen wir oben an, um das Gewicht abzutragen, bevor alles wieder zusammenfällt, wie ein verdammtes Kartenhaus.“

Draco zückte seinen Zauberstab mit einer scharfen Bewegung, als würde er ein Schwert ziehen. Er richtete ihn ohne mit der Wimper zu zucken auf den Geröllhaufen und hob einen größeren Brocken heraus, den er mühelos durch die Luft schweben ließ. Sirius musste sich zur Seite lehnen, als der Stein sehr dicht an ihm vorbeiflog. Mit einem lauten Rumps landete der Brocken in der Ecke zwischen den Überresten einer Ritterrüstung.

Man brauchte kein Ohnegleichen in Sachen Einfühlungsvermögen um zu merken, dass Draco nicht seine beste Laune mitgebracht hatte. Und man musste nicht hellsehen können um zu ahnen wieso. Sirius jedenfalls gab Roger nur zu gerne die Schuld daran. Roger hatte gesehen, dass Draco dort gestanden hatte. Er hatte ihn gesehen und alles, was er danach getan hatte, hatte er deswegen getan. Was auch immer Draco sich jetzt zusammengereimt hatte, es schien nicht gut für Sirius auszusehen.

Sirius holte seinen Zauberstab heraus und nahm sich die Steine zu Dracos Rechter vor. Mit seinen Händen kam er heute nicht weit und er mochte seine Position hier, direkt neben Draco, auch wenn der ihn noch unterkühlter begrüßte als sonst schon. Er hatte gedacht, Draco würde überhaupt nicht auftauchen. Der Gedanke hatte ihm sogar ein paar Stunden Schlaf geraubt, in denen er den Abend zu oft noch einmal in seinem Kopf abgespielt hatte.

„Übrigens komme ich morgen nicht“, sagte Draco. „Es ist mein Geburtstag, falls du dich erinnerst, und meine Mutter findet, dass ich mich darauf vorbereiten soll eine Gesellschaft von heuchlerischen Schmarotzern zu unterhalten.“

„Hört sich nach einem Tag voller Spaß an“, sagte Sirius voller Ironie. „Kommt Roger jetzt vorbei oder nicht?“

Draco ließ einen Stein im Ausmaß eines Quaffels in der Luft erstarren. Er schaute Sirius aus dem Augenwinkel an. „Ich hab ihn nach gestern nicht mehr gesehen, also bleibt es wohl dabei, dass er sich selbst eingeladen hat.“

Sirius musste sich ein Augenrollen verkneifen. Er wusste nicht, wie ernst er Rogers Drohung nehmen sollte, falls es denn überhaupt eine gewesen war und nicht nur eine Bemerkung, die ihn nur verletzen sollte. Allerdings wusste er, dass er Roger nicht in Dracos Nähe wollte. Seit gestern noch weniger als davor schon. Der Gedanke daran, was der Bastard sich in den Kopf gesetzt haben könnte, nur um ihn zu ärgern, hatte Sirius den Rest Schlaf der Nacht geraubt.

„Er wird sich sicher wohlfühlen.“ Inmitten von heuchlerischen Schmarotzern.

Draco warf den Stein mit Schwung in die Ecke zu den anderen. „Ich hab es gestern schon gesagt: Wenn du einen Abend ohne ihn nicht aushältst, schaffst du es sicher dich einzuschleichen.“

„Ich hatte gestern genug von ihm“, sagte Sirius spöttisch.

Draco hob ohne Mühe einen weiteren ziemlich schweren Stein aus dem Trümmerhaufen, der ruhig in der Luft schweben blieb. „Das kann ich mir vorstellen.“

Sirius konnte den Unterton seiner Stimme nicht überhören. Draco wurde kalt wie Eis, wenn er eifersüchtig wurde.

„Wie war dein Abend gestern noch?“, fragte Sirius bemüht locker. Er würde das Ganze lieber vergessen – vielleicht auch verdrängen – und da weitermachen, wo Draco und er aufgehört hatten: auf dem Weg zu ein paar gegenseitigen Sympathiepunkten.

„Wahrscheinlich nicht so lang wie deiner“, erwiderte Draco. „Du siehst müde aus, Black.“

„Schlaf ist wohl gerade nichts für mich“, antwortete Sirius munter.

Wieder schaute Draco ihn von der Seite an. „Ich frag mich, wieso“, sagte er voller Ironie.

Sirius ließ seinen Steinbrocken durch die Luft taumeln, als er realisierte, wie Draco das anscheinend verstanden hatte. Er schüttelte hektisch den Kopf und eigentlich wollte er diesem Gedanken nicht mehr Aufmerksamkeit widmen, als er gerade getan hatte.

Dann drehte er sich herum und fasste nach Dracos Zauberstabhand. Der schwebende Stein fiel aus der Luft und krachte zurück auf den Trümmerhaufen, trat eine Lawine aus kleineren, lockersitzenden Steinen los. Draco wusste nicht, was er zuerst verdutzt anschauen sollte, und schwankte von den losgetretenen Steinen zu Sirius und zurück.

„Hör zu.“ Sirius ließ Draco mit einer entschuldigenden Geste wieder los, bevor der seine Hand wegreißen oder überhaupt bewegen konnte. „Ich hoffe, du hast das gestern nicht in den falschen Hals gekriegt.“

Draco rieb sich das Handgelenk, als hätte Sirius ihn fest genug gepackt um ihm wehzutun. „Ich hab vielleicht keine Freundin, Black, aber ich bin nicht blöd. Oder blind.“

Sirius wollte wieder nach Dracos Hand greifen, all seine Muskeln zuckten in seine Richtung, aber Draco hielt sein Handgelenk noch immer umklammert und damit beide Hände aus seiner Reichweite.

„Vielleicht brauchst du aber eine Brille“, sagte Sirius. „Weil ich auch nach fünfzig Jahren in Askaban nicht so verzweifelt wäre.“

Draco rieb sein Handgelenk, während sein Kiefer sich leicht entspannte. Dann verdrehte er die Augen und wandte sich wieder dem Geröllhaufen zu. „Willst du jetzt etwa behaupten, dass er nicht gut aussieht, nicht dumm ist und nicht ganz… okay als Person? Niemand würde dir einen Vorwurf machen.“

„Ich finde nicht, dass man sich mit ‚ganz okay‘ zufriedengeben sollte“, presste Sirius knurrend hervor.

Draco schaute ihn an und öffnete den Mund, nur um herunterzuschlucken, was auch immer er hatte sagen wollen. Dann schaute er den Trümmerhaufen an und richtete den Zauberstab auf den heruntergefallenen Steinbrocken. Diesmal hob er ihn zittriger in die Luft.

„Dann hast du nicht…“ Draco drehte den Zauberstab und der Stein rotierte in der Luft. „Ihr habt nicht –“

Nein“, unterbrach Sirius ihn scharf. „Das will ich mir nicht mal vorstellen.“

Draco presste die Lippen aufeinander, aber seine Wangen zuckten unter dem Drang zu lächeln. Er fuhr sich mit der Zunge über die Lippen und konnte es für einen Moment nicht mehr unterdrücken. „Wäre das so falsch?“, fragte er.

Sirius warf ein paar kleinere Steinbrocken in die Ecke. „Das hab ich nicht gesagt. Roger ist einfach jemand, den man nicht zu ernst nehmen sollte. Er flirtet gerne, weil es ihm Spaß macht, und er wie eine Pseudo-Veela seinen Charme versprühen will, bevor er davon explodiert. Ich kenne solche Menschen sehr gut.“

„Aus dem Spiegel?“, fragte Draco, was Sirius gleichzeitig schnauben und glucksen ließ. Draco beobachtete das und scharrte unauffällig mit der Ferse über den Boden. „Und wenn er es jetzt ernst meint? Würdest du ihm einfach nicht glauben, weil du dir schon ein Bild von ihm gemacht hast? Auch wenn er dich… gut leiden könnte?“

Sirius prustete los und hielt sich nicht schnell genug eine Hand vor den Mund, um es zu unterdrücken. Die Steintrümmer, die er in die Luft gehoben hatte, fielen wieder zurück auf den Berg. Er schüttelte entschuldigend den Kopf, was Draco übersah, als er sich starr auf einen halben Holzbalken fokussierte, der sich aus dem freigelegten Inneren des Geröllhaufens heben ließ.

Sirius schnappte noch glucksend nach Luft. „Ich bezweifele, dass er mich für mehr als eine alte Nervensäge hält.“

„Du bist nicht alt“, sagte Draco indigniert; ein Tonfall, den nicht nur ihn selbst zu überraschen schien. Sirius schluckte den letzten Lacher herunter, während Draco mit den Schultern zuckte. „Dafür benimmst du dich zu sehr wie ein Kind.“

Sirius senkte den Zauberstab und drehte sich zu Draco herum, der sich Mühe gab ihn nicht mehr anzusehen. Er sah müde aus, hatte leichte Ringe unter den Augen, aber auf seine noch blassere Haut kroch ein merklich rötlicher Schimmer. Sein Blick zuckte immer wieder aus dem Augenwinkel zu Sirius, bevor er sich wieder auf den Balken konzentrierte.

„Willst du mir damit irgendwas sagen?“, fragte er stichelnd.

„Dass du…“ Draco sah aus, als hätte er Schwierigkeiten Luft zu bekommen und schüttelte dann den Kopf. „Keine Ahnung. Ich weiß nicht. Sag du’s mir.“

„Da hat dich jemand ganz schön durch den Wind gebracht, hm?“, sagte Sirius. „Ich bin fast eifersüchtig.“

Draco schaute ihn an und der Balken schrammte unkontrolliert über den Trümmerhaufen. „Die Nacht war nicht lang genug um über alles nachzudenken, was er gesagt hat.“

„Vielleicht solltest du mit einem Freund reden?“, schlug Sirius vor und setzte ein einladendes Grinsen auf, über das Draco die Augen verdrehte. „Manchmal kann man zu zweit alles besser entwirren.“

Draco sah ihn so bohrend an, als würde er sich an Sirius‘ Blick festhalten müssen. Als er einatmete, hob seine ganze Brust sich mit. „Ich sag dir Bescheid, wenn ich einen gefunden habe. Bis dahin sollten wir diesen Berg wegschaffen.“

Sirius machte ihn nach und rollte ebenfalls mit den Augen, machte sich aber wieder an die Arbeit. Sie schafften Steine und Balken weg, sortierten zerbrochene Steine von den halbwegs brauchbaren, die man zum Wiederaufbau verwenden konnte, und trugen so meterweise Geröll ab. Gegen Mittag konnten sie wieder problemlos über den Haufen sehen.

Ab und zu hörte er Draco schärfer als nötig einatmen und ließ dann Steine hart auf den Boden krachen, um ihn zu übertönen. Er verabscheute Roger in diesen Momenten glühend, weil er Draco so durcheinander brachte. Weil Draco wegen ihm so durcheinander war. Und Sirius wollte ihm gerne irgendetwas sagen, das ihm helfen könnte, aber gleichzeitig wollte er Draco nicht ermutigen. Rogers Arme ließen sich viel zu leicht öffnen, nur um dann sofort wieder jemanden wegzustoßen.

Sirius plagte sich mit solchen Gedanken herum, während er kiloweise unbrauchbares Geröll sieben Stockwerke nach unten schaffte, wo die Hauselfen sie entsorgen konnten. In der Halle und allen anderen Stockwerken war es heute ruhig, und auch Kingsley hatte er heute nicht auf seiner Stippvisite gesehen. Anscheinend hatten neunzig Prozent der Helfer gestern ein wenig zu lange gefeiert und waren heute zu müde, um sich hier die Zeit zu vertreiben.

Und morgen würde er Draco nicht hier sehen. Als er ein weiteres Mal die sieben Stockwerke nach oben stieg, überlegte Sirius ernsthaft, ob er das ändern sollte. Er kannte diese gesichtslosen Partys auf denen es so laut und voll war, dass man sich wunderbar ungestört unterhalten konnte. Draco hatte Recht, er würde es schaffen sich einzuschleichen. Und immer wieder machte Draco diese Anspielung, als würde er ihn geradezu dazu provozieren wollen. Vielleicht wollte Draco, dass er kam.

Vielleicht wollte Draco lieber ihn als Roger sehen…

All das, sein ganzes Verhalten, war nicht wie er sich verhalten würde, wenn er einen Konkurrenten in Sirius sehen würde. Harry war das beste Beispiel, wie Draco versuchte einen Konkurrenten in irgendetwas aus dem Spiel zu nehmen.

Sirius schlenderte zurück in den Korridor im siebten Stock, die schmutzigen Hände in die Hosentaschen gesteckt. Die Sonne sackte dem Horizont entgegen und tauchte alles in eine goldenes, aber fahles Licht je später es wurde. Er schaute noch in Gedanken aus den zersplitterten Fenstern, als er einen frustrierten Schrei hörte.

Sirius legte einen Zahn zu und spurtete um die Ecke.

Draco kniete auf dem Boden. Bis zu den Ellenbogen steckten seine Hände in dem Geröllhaufen. Er zog einen Stein nach dem anderen heraus und warf sie hinter sich, als würde er seinen Kleiderschrank durchwühlen. Auf dem Boden war eine verschmierte Lache aus getrocknetem Blut.

Sirius stürzte auf ihn zu, fiel neben ihm auf die Knie und fasste ihn an beiden Schultern. „Alles okay? Hast du dir wehgetan?“ Als er zog, kamen Dracos Arme ganz leicht aus dem Geröllhaufen. Sie waren bis zu den Ellenbogen schmutzig von grauen Steinstaub, die weißen Hemdärmel waren eingerissen und weit hochgeschoben, so tief hatte er sie unter die Steine geschoben.

Das Dunkle Mal klaffte wie eine hässliche Wunde auf seinem linken Unterarm. Die schwarzen Ränder waren dabei zu vernarben und blichen langsam aus. Sirius legte seine Hand darüber, als er Dracos Arme fest umklammerte. Er zog ihn näher, um ihn festzuhalten. Dracos Rücken presste sich gegen seine Brust, zitterte merklich zwischen den Schulterblättern.

„Draco, was soll das?“, raunte er ihm ruhig ins Ohr.

Draco riss sich mit einem Ruck los, als hätte Sirius ihn angeschrien. Er stolperte auf die Beine, fuhr sich mit der Hand durch die zerwühlten Haare und hinterließ graue Staubstreifen in den Strähnen. Mit der anderen deutete er auf die Lücke in dem hüfthohen Steinhaufen.

„Sie ist nicht da“, presste er hervor. „Keine Leiche, keine Spur, kein gar nichts.“

Sirius schaute das erste Mal wirklich in die Lücke hinein, die Draco freigeschaufelt hatte, während er unten gewesen war. Er musste das Blut unter ein paar brauchbaren Steinen entdeckt haben, die er noch ordentlich zur Seite auf die kleine Pyramide geräumt hatte, die sie aufgestapelt hatten. Dann war er dem Blut gefolgt, hatte Steine achtlos hinter sich geworfen, um sie aus dem Weg zu schaffen. Es war nicht viel Blut, nicht so viel, wie bei Sirius, und nicht genug.

Sirius rappelte sich auf und stellte sich Draco gegenüber hin, der die Augen nicht von der Lücke nehmen konnte. „Sie könnte weiter –“

„Kann sie nicht, Black“, fuhr Draco zischend dazwischen. „Hör auf dir das einzureden. Wir finden sie nicht, weil sie nicht da ist, und kein verdammter Optimismus wird sie unter diesen Steinen auftauchen lassen.“

Sirius hob beide Hände beruhigend. „Dann finden wir sie verblutet im Raum der Wünsche oder irgendwo im Wald. Wieso regt dich das so auf?“

„Wieso wohl?“, gab Draco scharf zurück. „Das passt dir doch wunderbar in den Kragen. Meine Tante ist nicht tot. Sie ist nicht unter diesen Trümmern, also heißt das, dass sie am Leben ist. Und sie wird bei wem Zuflucht finden? Frag den Zaubereiminister, falls du vergessen hast, worüber du mich ausfragen solltest.“

Sirius schüttelte hilflos den Kopf. „Ich hab dir gesagt, worum Kingsley mich gebeten hat, Draco.“

„Sehr subtil“, zischte Draco. „Mir zu sagen, was der Zaubereiminister von dir verlangt, damit du mein Vertrauen gewinnen kannst. Damit ich keinen Verdacht schöpfe und dir alles erzähle. Wie ein richtiger Slytherin hast du das eingefädelt, nicht wahr?“

Sirius hob die Augenbrauen und suchte Dracos Gesicht nach einem Zeichen ab, ob er das ernst meinte. Aber seine Miene war zu einer eisernen Maske verkrampft. Seine Mundwinkel zitterten, als er sie weit herunterzog, das Kinn hob und Sirius herablassend anschaute.

„Wenn du mich nochmal mit einem Slytherin vergleichst, drehe ich mich auf der Stelle um und gehe“, warnte Sirius bedrohlich leise.

„Du streitest es nicht ab“, sagte Draco.

„Weil es lächerlich ist. Ich war ehrlich zu dir, Draco.“

„Wieso?“, gab Draco spöttisch zurück. „Wieso solltest du ehrlich zu mir sein? Du hast nichts davon. Du hältst mich eine Woche lang hier fest und als wir kurz vor dem Ziel sind, lässt du zufällig alles einstürzen. Wieso? Weil du gewusst hast, dass niemand hier drunter liegt. Dass meine Tante da draußen ist. Wahrscheinlich trinkt sie jetzt gerade Tee mit meiner Mutter und du wolltest, dass ich dich einlade.“

„Du denkst nicht wirklich, dass ich das mit Absicht gemacht habe“, sagte Sirius verdutzt. Eben noch war er sich sicher gewesen, dass er wieder eingerenkt hatte, was gestern in die falsche Richtung gekippt war, und jetzt sagte Draco diese absurden Dinge. Irgendetwas stimmte da nicht.

„Wieso sonst?“, fragte Draco.

„Wieso nicht?“, gab Sirius zurück. „Wieso sollte ich dich anlügen? Du hast mir das –“

„Ich habe gar nichts getan“, zischte Draco scharf dazwischen. „Nichts.“

Sirius machte einen Schritt auf ihn zu – Draco fuhr zurück und starrte schräg auf den Boden.

„Ich habe nichts getan“, sagte er erneut. „Wenn sie da draußen ist… Meine Mutter wird sich freuen. Ich sollte gehen und es ihr sagen.“

Sirius runzelte die Stirn. „Hast du Angst?“

Draco schnaubte höhnisch auf. „Wieso sollte ich Angst vor meiner eigenen Tante haben?“

„Weil Bellatrix die Letzte ist, die sich um Familie schert. Weil sie vollkommen durchgeknallt ist, vielleicht?“, sagte Sirius. „Weil deine Familie Voldemort verraten hat. Weil du ihr ein Bein gestellt –“

„Ich hab nichts getan. Ich habe hier gesessen und gehofft, dass ich nicht verblute, nachdem mir der Rücken weggebrannt worden ist“, sagte Draco, ohne Sirius dabei anzusehen.

„Du hast ihr den Fuß weggezogen“, sagte Sirius, als hätte Draco ihn nicht unterbrochen, und machte noch einen Schritt auf ihn zu – und noch einen zweiten, als Draco wieder zurückwich. Mit jedem Mal zwang er ihn näher an die Stelle, wo Sirius ohne seinen Zauberstab in Bellatrix‘ Ziellinie gesessen und den Todesfluch grün funkelnd an ihrer Zauberstabspitze gesehen hatte.

„Du hast ihr den Fuß weggezogen und mir das Leben gerettet“, sagte Sirius.

Draco prallte mit dem Rücken gegen die halb eingestürzte Fensterwand und konnte nicht weiter zurückweichen. Sein Blick ging nach rechts, wo es sieben Stockwerke tief herunter in den von Trümmern übersäten Innenhof ging. Draco stützte sich an der Fensterbank zu seiner Linken ab.

Sirius streckte eine Hand nach seiner Wange aus. „Ich hab mich nie richtig bedankt…“

Draco zog den Kopf zur Seite, als Sirius‘ Fingerspitzen ihn gerade streiften. „Wofür?“

„Du weißt wofür.“

„Nein, weiß ich nicht“, presste Draco hervor. „Willst du wissen, was das war? Eine Kurzschlussreaktion. Mehr nicht.“

„Ach?“, gab Sirius skeptisch zurück.

„Redest du dir das Gegenteil ein, um mich auszuhalten, ja?“, fragte Draco. „Dass ich ein heroisches Herz verstecke? Das mag jetzt vielleicht überraschend für dich kommen, aber das ist nicht der Fall. Ich habe nichts getan, um dir das Leben zu retten. Wieso sollte ich? Du warst nur Harry Potters Pate, der einen verletzten Schüler nicht liegenlassen konnte. Nur irgendein Köter, der mich auf King’s Cross mal umgerannt hat.“

„Das Wieso ist mir egal“, sagte Sirius. „Du hast es getan. Du hast mir das Leben gerettet, und glaub es oder nicht, aber das bedeutet mir was. Ich werde nicht zulassen, dass Bellatrix oder irgendjemand dir irgendetwas antut.“

Draco lehnte sich dichter gegen die Wand neben dem Fenster, als würde er weiter von Sirius weg wollen. „Das ist doch das Wieso. Du hast Schuldgefühle.“

„Willst du das glauben? Bist du dann zufrieden, wenn ich sage, dass ich dir was schuldig bin?“

„Nein. Ja. Ich…“ Draco schüttelte abgehackt den Kopf und schaute überall hin, nur nicht Sirius in die Augen. Er wirkte panisch und desorientiert, als hätte er ein Chaos im Kopf, das ihn jeden Moment aus dem Fenster springen lassen würde, damit er sich nicht damit auseinandersetzen musste.

„Draco –“

„Ist es das?“, fragte Draco. „Bist du mir nur was schuldig?“

Nur? Du hast mir das –“

„Dann bist du nur nett, um dein schlechtes Gewissen zu beruhigen?“

„Nein, Draco.“

„Wieso dann?“

„Ich brauche kein Wieso.“

„Doch!“, platzte es so laut aus Draco heraus, dass Sirius zurückwich. Sein Blick bohrte sich fest und hart in Sirius‘, glühte intensiver als wenn Sirius ihn jetzt mit sich zu Boden gerissen hätte. Es war Hass und Zorn, die hinter einen grauen Nebelwand branntne. „Doch, natürlich brauchst du einen Grund. Du bist nicht nett zu mir, weil Gryffindors das so machen. Sie reden sich gerne ein, dass sie selbstlose Bastarde sind, die alles vergeben, aber das stimmt nicht. Sag mir wieso! Dann kannst du weggehen und mich in Ruhe lassen. Sag’s mir einfach.“

„Was glaubst du denn?!“, gab Sirius lautstark zurück. „Es ist so offensichtlich, dass es dich langweilen sollte.“

Der Zorn verschwand aus Dracos Blick, aber das Glühen blieb hinter dem nebeligen Grau, das ihn in die Irre führen wollte. Sirius‘ Herz pochte, als würden die Dementoren ihm im Rücken sitzen, jedes Härchen in seinem Nacken stellte sich auf und ein heißes Kribbeln fuhr seine Wirbelsäule herunter, als Draco scharf einatmete.

Sirius umfasste sein Gesicht, zog Draco mit einem Ruck gegen sich und küsste ihn in der gleichen Bewegung hart auf den Mund. Draco stieß den scharfen Atemzug von eben wieder aus, direkt gegen Sirius‘ Lippen, und die Hitzewelle rollte von seiner Wirbelsäule über seinen ganzen Körper. Er hatte unglaublich weiche Lippen, oder es kam ihm so viel intensiver vor, weil er so lange keine anderen mehr auf seinen gespürt hatte. Sirius wollte mehr davon, wollte tiefer und weiter gehen, als er unter seinen Fingern merkte, wie Dracos Nacken sich verkrampfte. Dann fühlte er das Zittern in Dracos Lippen, merkte, wie er sich bis in jeden Muskel anzuspannen schien, und nichts erwiderte. Sirius zuckte zurück.

Draco starrte ihn aus weit aufgerissenen Augen. Er hatte den Mund angespannt, die Lippen leicht gerötet dort, wo Sirius‘ Mund ihn zu hart getroffen hatte.

Ganz langsam zog Sirius die Finger von Dracos Gesicht. „Tut mir leid“, flüsterte er heiser. „Ich hätte nicht… Ich sollte wohl besser gehen.“

Bevor er sich umdrehen konnte legte Draco eine Hand auf seine Seite und hielt ihn auf. Sirius suchte seinen Blick, aber Draco schaute auf seine Hand, als hätte sie von alleine gehandelt. Dann schob er sie über Sirius‘ Brust, wo sein Herz noch einen verräterischen Zahn zulegte, und zu seiner Schulter, wo er kurz verharrte. Mit einem letzten Ruck schob er die Finger in Sirius‘ Nacken. Er zog ihn sanft zu sich, hob ihm gleichzeitig das Kinn entgegen. Seine Lippen schienen beim zweiten Mal noch weicher zu sein.

Die kurze, hauchzarte Berührung seiner Lippen schien ein Feuer in seiner Brust zu entfachen. Sirius war, als würden die Flammen hinter ihm aus dem Raum der Wünsche schlagen und nach ihm greifen, ihn regelrecht verschlingen wollen. Sein Herz klopfte so schnell und hart, dass er es fast schmerzhaft an seinen Rippen spüren konnte.

Draco löste sich viel zu schnell wieder und schaute testend zu Sirius hoch. Dann schloss er die Augen und küsste ihn ein weiteres Mal, härter und hungriger und ohne einen Hauch Zurückhaltung. Sirius schob seine Hände zurück in die weißblonden Haare, in denen der graue Steinstaub hängengeblieben war, und zog Draco dicht an sich heran.

Mit einem Ruck, der Draco die Luft aus den Lungen schlug, rammte Sirius ihn gegen die Wand und legte sich mit allem, was er hatte, in den Kuss hinein. Dracos Körper war warm und hart unter seinem, seine Lippen heiß und hungrig. Er kam Sirius‘ Mund entgegen, erwiderte seine Bewegungen und öffnete einladend die Lippen, was Sirius nicht ausschlagen konnte. Er vertiefte den Kuss, bis Dracos Arme sich haltsuchend um seine Schultern schlossen, obwohl er die stützende Wand im Rücken hatte. Draco hielt sich an ihm fest und ließ ihn nicht mehr los.

Ein besseres Wieso konnte und wollte Sirius ihm gar nicht geben.


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