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Spinning Hearts - Die halbe Geschichte

von Dr. S

Die Sonne ließ sich endlich wieder über London blicken und Sirius hockte im Grimmauld Place, wo sich ihr Licht nicht hereintraute. Im zweiten Stock, wo Harry sich stets ein Zimmer mit Ron geteilt hatte und es danach auch aus Gewohnheit in Anspruch genommen hatte, saß Sirius auf dem Bett und schaute seinem Patensohn beim Packen zu.

„Ich würde nicht zu viele dicke Sachen mitnehmen, Harry. In Australien ist es ziemlich warm“, sagte und grinste, als Harry zögerlich ein Paar Wollsocken wieder aus seinem Rucksack zog. „Hast du dann alles? Dein Vater hat immer seine Zahnbürste vergessen und musste sich meine leihen – und das ist was, das man nicht teilen sollte.“

„Zahnbürste, genau.“ Harry schwang seinen Zauberstab und einen Moment später prallte etwas hart gegen Sirius‘ Hinterkopf. Er fingerte sich Harrys Zahnbürste aus dem Kragen. Harry grinste ihn verlegen an, als Sirius ihm die Zahnbürste wiedergab, und stopfte sie dann achtlos in seinen Koffer. „Sorry, Sirius.“

„Schon gut. Hast du auch genug Gold dabei?“

Harry zögerte erneut und blickte dabei aus dem Fenster. Seinen Rucksack hatte er auf der gepolsterten Sitzbank unter dem Fensterbrett abgestellt. „Ich weiß nicht mal, ob sie da mein Gold nehmen wollen.“

„Sicher. Kobolde sind auf der ganzen Welt verrückt nach Gold.“

Harry setzte sich neben seinen Rucksack, spielte weiter mit einer Hand an einem Tragegurt herum. „Ich war noch nie im Ausland, weißt du? Die Dursleys haben mich immer bei Mrs. Figg abgeladen, wenn sie in den Urlaub gefahren sind.“

Sirius spürte die immer gleiche Wut in seinem Magen aufkochen, die ihn dazu anstiftete die Faust in Vernon Dursleys Gesicht zu rammen. Bei nächster Gelegenheit. Für Harry setzte er erstmal ein Lächeln auf.

„Du warst schon in Schottland, Harry. Zumindest hast du also einen Fuß aus England herausgesetzt“, sagte er und erntete ein Augenrollen von seinem Patensohn. „Du bist erst siebzehn Jahre alt. Du hast noch mehr als genug Zeit die… patagonische Wüste zu besuchen.“

„Ich sollte mich nicht beschweren. Du hast nicht viel von der Welt gesehen, als du vor den Dementoren davonlaufen musstest“, sagte Harry.

„Tja, du könntest mich in deinen Rucksack quetschen und das ändern.“

Harry gluckste und stand kopfschüttelnd auf. Sirius‘ Grinsen knickte ein, als Harry ihm den Rücken zudrehte, um seinen Rucksack zu schließen. Harry hatte ihn nicht gebeten mitzukommen. Er hatte nicht einmal gefragt oder irgendetwas in der Richtung vorgeschlagen. Vielleicht war es Hermines Entscheidung, da es immerhin darum ging ihre Eltern zu finden, und Sirius wusste, dass sie nicht zu erpicht darauf war ihn an ihren kleinen Abenteuern zu beteiligen. Aber es fühlte sich falsch an Harry gerade erst nach Monaten wiederzusehen, um ihn alleine auf einen ganz anderen Kontinent gehen zu lassen.

Und was sollte er in dieser Zeit mit sich anfangen? Alleine im trüben, alten London, ohne einen Krieg, der ihm noch einen Grund gab morgens aufzustehen. Er fuhr sich durch die gestutzten Haare. Dieses Haus drückte seine Laune allein durch seine Existenz bis in den Keller.

Sirius stand auf und hielt Harry, der seinen Rucksack schulterte, die Tür offen. Zusammen gingen sie die paar Treppen nach unten. Er würde durch das Flohnetzwerk erst zum Fuchsbau gehen, wo er Ron und Hermine einsammelte um sich dann an einen Kontinent-überspringenden Portschlüssel zu wagen, den Kingsley ihm besorgt hatte.

Im Wohnzimmer wartete Kreacher mit frisch gewaschenen Ohrhaaren darauf sich zu verabschieden. Er hatte Harry mit Sympathiepunkten überschüttet, seit er Regulus‘ Heldengeschichte ans Licht gebracht und schließlich an die Presse weitergegeben hatte. Seitdem küsste er förmlich den Boden, auf dem Harry ging.

„Weißt du“, begann Sirius, als Harry noch versuchte Kreacher von seinem Bein zu lösen, an dem er sich zu einer Abschiedsumarmung festgeklammert hatte. „Ich hab immer gesagt, dass wir nach dem Krieg eine richtige Familie sein würden – und jetzt ist es zu spät dafür.“

Harry schaute auf und blickte ihn mitleidig über die Brillengläser hinweg an.

„Du bist volljährig und brauchst niemanden mehr, der die nach einem Alptraum eine heiße Schokolade einflößt“, fuhr Sirius gelassen fort und seufzte schwer auf.

Harry prustete los. Das Mitleid in seinen Augen war Geschichte. „Ich bin froh, dass du das nicht getan hast, Sirius. Dann würde ich für den Rest meines Lebens Alpträume haben.“

Sirius packte Harrys Kopf und wuschelte ihm kräftig durch die Haare, bis ihm die kreisrunde Brille halb von der Nase rutschte. Harry schubste ihn mit beiden Händen weg. Kreacher schaute mürrisch zu ihnen hoch. Er hatte beide Hände zu Harry nach oben gestreckt, als würde er ihm die Brille zurechtrücken wollen. Harry bekam das gerade noch alleine hin.

„Ich werd dir schreiben“, versprach er.

„Zur Not kannst du mich auch immer über den Spiegel erreichen“, erinnerte Sirius ihn.

Harry lächelte steif. Er schien den Zwei-Wege-Spiegel nie besonders gemocht zu haben und benutzte ihn nur selten. Damals hatte er ihn nicht einmal ausgepackt, als Sirius ihn Harry mitgegeben hatte, damit er sich nicht ständig an Umbridge vorbeischleichen musste. Er konnte sich noch gut daran erinnern, wie gerne er den Kopf durch die Wand geschlagen hätte, als er Harry nach dem Kampf im Ministerium geschüttelt und gefragt hatte, wieso er ihn nicht über den Spiegel gerufen hatte, ob er gerade von Voldemort gefoltert wurde, nur um zu erfahren, dass Harry gar nicht gewusst hatte, wovon er redete.

„Mach’s gut, Harry. Grüß Ron und Hermine von mir.“ Sirius umarmte Harry zum Abschied, auch wenn sein Rucksack ihm dabei in den Weg kam.

„Ich halt dich auf dem Laufenden.“ Harry beugte sich zu Kreacher herunter, der ihm das Flohpulver reichte. „Pass auf ihn auf, Kreacher.“

„Es ist Kreachers Aufgabe auf Master Sirius Acht zu geben“, säuselte Kreacher und Sirius verdrehte hinter ihm die Augen.

Harry schickte ihm einen letzten mahnenden Blick über die Brille hinweg, bevor er in den Kamin stieg. Sirius winkte ihm noch, dann verschluckten die grün auflodernden Flammen ihn. Knisternd sackten die Feuerarme wieder zurück in ein kleines, orangerotes Feuer. Die Holzscheite sackten knackend zusammen, was in der neuen Stille laut wie ein fallender Baum klang.

Sirius hörte sich selbst viel zu laut aufseufzen.

Kreacher hatte das Flohpulver zurückgestellt und schaute ihn erwartungsvoll an. „Soll Kreacher Tee servieren?“

Sirius ließ sich auf das Sofa fallen. Mittlerweile rief er damit keine kleine Staubwolke mehr hervor. Kreacher kümmerte er sich um das Haus, putzte und pflegte es dort, wo Sirius es nach dem ewigen Nerven der anderen wieder in Stand gebracht hatte. Kreacher kochte und kaufte ein und generell machte er Sirius‘ Leben nicht mehr so schwer wie möglich. Ehrlich gesagt konnte Sirius damit nicht viel anfangen…

Das Haus schien noch leerer. Harry war weg, kaum dass er hier wieder eingezogen war. Und mit Voldemorts Tod brauchte der Orden auch keinen Unterschlupf mehr, der seine Gästezimmer mit Leben füllte. Molly lenkte sich nicht in seiner Küche ab, Hermine saß nicht in der Bibliothek, Remus versuchte nicht ihn aus seinem Zimmer zu zerren und Seidenschnabel war schon lange glücklicher bei Hagrid. Es war niemand mehr hier. Er war ganz alleine. So wie in den letzten drei Jahren viel zu häufig in diesem Haus.

„Tee für einen einzelnen Menschen?“ Sirius schüttelte den Kopf, wobei er den Blick durch den Raum wandern ließ. Die Decke kam ihm noch höher vor, als würde er wieder in einer Höhle feststecken, und gleichzeitig schien sie näher zu kommen, um ihn jeden Moment zu zerquetschen.

Sirius hasste dieses Haus; er verabscheute die knarrenden Dielen, die flackernden Lichter, die deprimierenden Seidentapeten und jedes noch so kleine Staubkorn. Und ganz alleine in dem düsteren, uralten Haus, konnte er das noch schlechter verdrängen. Am liebsten wäre er aufgestanden und gegangen.

Und eigentlich hielt ihn nichts davon ab. Es war ein ungewohnter Gedanke, aber er konnte überall hingehen, wo er wollte. Er war ein freier Mann.

Sein Herz legte einen Zahn zu. Er hatte kaum darüber nachgedacht, seit er wieder aus dem St. Mungo’s gekommen war, aber ja, er war ein freier Mann. Freigesprochen und entschädigt, soweit das eben möglich war.

„Ich glaube, ich mache einen Spaziergang“, entfuhr es Sirius.

Kreacher stand noch immer vor ihm und musterte ihn misstrauisch aus seinen blutunterlaufenen Augen, als würde er erwarten oder auch hoffen, dass das Sofa Sirius gleich verschluckte. „Und wohin will Master Sirius gehen?“

Sirius zögerte einen Moment. Er hatte keine Ahnung, was er mit sich und seinem Tag anfangen sollte. Als er die Tage und Nächte damit verbracht hatte hier herumzuhocken, bis sie zu einem einzigen grauen Schleier verschwommen waren, hatte er solche Probleme nicht gehabt. Und während dem Krieg war Harry seine Priorität gewesen. Er hatte versucht zu helfen, hatte Todesser ausgequetscht und war als Hund durch die Straßen gewandert, um seinen Patensohn zu suchen.

Der Krieg war vorbei. Voldemort war tot und Harry in Sicherheit – außer er machte sich ein Känguru zum Erzfeind.

Sirius wischte den Gedanken weg. Harry war ein paar Minuten weg und er fühlte sich schon nutzlos. Das war einfach nur erbärmlich.

„Vielleicht gehe ich in die Winkelgasse. Mein Verlies muss entstaubt werden und ich kann ein paar Sachen besorgen. Master Sirius könnte neue Roben gebrauchen“, imitierte Sirius Kreachers Ton. „Ich musste meinen Trauzeugenanzug zu Snapes Beerdigung tragen. Davon abgesehen, dass die Auswahl in meinem Schrank meine Roben aus Askaban beinhaltet, geht es dich auch nichts an, was ich mit meinem Tag anfangen will, Kreacher.“

Kreacher verbeugte sich tief. „Natürlich nicht. Kreacher wollte nur wissen, für wann er das Abendessen vorbereiten soll.“

Sirius stand auf und streckte sich erstmal. „Ich esse außerhalb, wie wäre das“, sagte er und war überrascht wirklich so etwas wie Enttäuschung in Kreachers Gesicht zu sehen. „Dann kannst du den Nachmittag mit was auch immer du gerne tust verbringen. Meinetwegen kannst du das Unkraut vom Grab meiner Eltern zupfen… oder Regulus‘ besuchen.“

Kreachers Augen leuchteten auf, bis die blutroten Äderchen im Weiß wie Feuer zu brennen schienen. „Danke, Master Sirius. Kreacher wird sich viel Mühe geben!“ Der Hauself spurtete los und schlitterte in den Flur. Zwei Sekunden später kehrte er vollkommen außer Atem mit Sirius‘ Mantel in den Armen zurück, den er ihm mit einer Verbeugung präsentierte, als würde er ihm eine Schatztruhe vorführen.

„Ähm…“ Sirius war einen Moment versucht den Mantel einfach zu nehmen. „Ich glaube, dafür ist es ein bisschen warm.“

Kreacher schaute auf, dann wieder auf den Mantel und ließ ihn enttäuscht sinken. „Natürlich. Kreacher bringt ihn wieder weg. Viel Vergnügen, Master Sirius.“

Sirius zwang sich zu lächeln. Kreachers Höflichkeit, die manchmal schon in gruselige Freundlichkeit driftete, war ihm immer noch suspekt.

Während Kreacher die Nase auf den Boden drückte, weil er sich so tief verbeugte, ging Sirius an ihm vorbei. Im Flur beschleunigte er seine Schritte, um so schnell wie möglich hier rauszukommen, bevor Kreacher ihm doch noch Schal und Mütze aufdrängte.

Sirius öffnete die Haustür. Sie beschwerte sich mit einem heiseren Quietschen in den Angeln. Die Sonne erwischte Sirius im Gesicht, kaum dass er über die Schwelle trat. Er kniff ein Auge zu und schirmte sich mit der anderen Hand ab.

Die Sonne war ein perfekter goldener Fleck auf dem hellblauen Himmel, über den ein paar faserige Wolken zogen. Im Gegensatz zu Schottland schien London das Memo bekommen zu haben, dass Voldemort nicht mehr da war. Dementoren zogen nicht mehr durch die Straßen und saugten jeden Hinweis auf den Sommer auf. Binnen weniger Tage hatte die Wärme sich ausgebreitet und schwummerige Hitze loderte in den Gassen zwischen den hohen Häusern.

Das kleine Parkstück gegenüber des Grimmauld Place Nummer zwölf war einladend grün, wie eine Oase inmitten der grauen Straßenflüsse. Im Kontrast dazu breitete sich der Geruch von altem Müll in der Wärme aus. Aufgeplatzte Müllbeutel lagen auf der Treppe der Nummer dreizehn. Als er als Teenager noch hier gewohnt hatte, war die Straße nicht so heruntergekommen gewesen. Sein Vater hätte wunderbar viel zu meckern gehabt, wenn er die abgewetzten Fassaden, vernachlässigten Dachschindeln und den Dreck zu sehen bekommen hätte.

Sirius stieg die kleine Treppe von der Haustür herunter zur Straße und ging mit den Händen in den Hosentaschen los. Er hätte apparieren können und innerhalb einer Sekunde im Tropfenden Kessel sein können, aber er war ein freier Mann. Er hatte das Recht und die Zeit hinzugehen, wo er wollte.

Als er sich den Weg durch Scharen von Touristen mit riesigen Flauschhüten in britischen Farben bahnte, fragte er sich, ob nicht genau dass das Problem war. Er konnte gehen, wohin er wollte. Und wohin wollte er gehen?

Fast eine Stunde später erreichte er den Topfenden Kessel mit dem Verlangen nach einem doppelten Feuerwhiskey. Er betrat den Pub, indem es gleich mehrere Nuancen dunkler und angenehm kühl war. Nur ein paar wenige der Tische waren besetzt. An der Bar saß ein einsamer Mann über einem Glas, das bis zum Rand mit Feuerwhiskey gefüllt und nicht sein erstes war, und ließ sich von Tom, dem Barkeeper, zulabern. Er schien nicht zuzuhören, sondern starrte wie eingefroren in sein Glas, bevor er es in einer plötzlichen Bewegung herunterkippte. Sirius verging seine Lust auf ein Glas.

Aus einer anderen Ecke hörte er ‚Hogwarts‘ aus einem Gespräch heraus. Ein älterer Mann saß dort mit seiner Tochter und versuchte ihr klarzumachen, dass eine zusammengefallene Schule kein Grund war nicht mehr zu lernen, während sie schmollend in eine ganz andere Richtung blickte. Ihre Augen wurden groß wie Klatscher, als sie Sirius entdeckte. Er schaute sich nach jemandem um, der so eine Reaktion eher verdient hätte, sah aber leider niemanden, und als er sich wieder herumdrehte, hatte der Vater ihn ins Visier genommen. Er machte ein Gesicht, als würde Sirius jeden Moment ein Messer nach ihm werfen. Langsam, als wäre das irgendwie unauffällig, rutschte er so vor seine Tochter, dass Sirius sie nicht mehr sehen konnte. Dann lächelte er zittrig und tippte sich an die Krempe seines Spitzhuts.

Sirius hob die Augenbrauen, worauf der Mann zusammenzuckte, als hätte er laut Voldemort gerufen. Kopfschüttelnd bahnte Sirius sich seinen Weg durch den Pub und betrat den Hinterhof. Ihm kam jemand aus der Öffnung der Ziegel entgegen, der zu beschäftigt war in seiner Einkaufstüte zu wühlen, um ihn zu bemerken. Sirius ließ ihn vorbei und betrat die Winkelgasse.

Es war Ewigkeiten her, dass er unter normalen Umständen einen Fuß auf das unverkennbare Kopfsteinpflaster gesetzt hatte. Er hatte Harrys Feuerblitz damals per Eule bestellt und einmal hatte er sich in seiner Animagusform hierhergeschlichen um sich das eingestürzte Dach von Gringotts anzusehen, nachdem Harry einen Drachen daraus geritten hatte.

Am Ende der Winkelgasse konnte er noch immer die weißen Marmortrümmer von Gringotts sehen. Von weitem sah es aus, als würde Schnee auf den Treppen liegen. Der feine Marmorstaub wurde vom Wind immer wieder aufgewirbelt, legte sich in die Ritzen des Kopfsteinpflaster und auf die Dächer der Läden in der Nähe. Das Gebäude der Bank stand und wurde noch genutzt, nur würde es bei Regen ein kleines Problem haben. Bill hatte ihm erzählt, dass die Kobolde im Moment alles darauf konzentrierten die Verliese wieder in Stand zu bringen, die unter dem Einbruch gelitten hatten.

Die Winkelgasse bot einiger solcher Anblicke. Florean Fortescue’s Eissalon war noch immer verlassen. Bretter waren vor die Fenster geschlagen worden und ein paar Fahndungsplakate letzter Todesser flattern davon. Ollivander’s dagegen wurde wieder aufgemöbelt. Sirius sah den alten Zauberstabmacher mit ein paar Helfern im Schaufenster sitzen und alten Staub aus den Ritzen kehren. Es freute ihn, dass Ollivander sich nach monatelanger Folter nicht von seinen Zauberstäben fernhalten ließ. Gleichzeitig musste er allerdings auch daran denken, dass er vor sieben Jahren dort mit Harry seinen ersten Zauberstab hätte kaufen sollen. Er hätte ihm all das hier zeigen sollen, nicht Hagrid. Und er hätte es viel früher kennenlernen sollen. Dann würde er jetzt nicht manchmal wie ein Reh durch die Gegend gucken, wenn ein Sofa versuchte ihn zu beißen.

Sirius spazierte die Winkelgasse herunter, bis er Madam Malkins Geschäft entdecken konnte. Vor den Schaufenstern blieb er stehen und schaute sich die uninspirierte Auswahl an, als das ohrenbetäubende Scheppern von Glas durch die Winkelgasse hallte. Sirius fuhr herum, eine Hand an seinem Zauberstab, und suchte nach der Quelle. Dann flog die Tür der Apotheke auf und eine kleine Explosion schleuderte jemanden heraus.

Der Jemand landete mit einem schmerzhaften Rumps rücklings auf dem Kopfsteinpflaster. Sirius erkannte Dracos hellblonden Haarschopf sofort und lief schon einen Moment davor los.

Aus der Apotheke flog ein Karton, der Draco direkt an der Schulter traf, als er nicht rechtzeitig den Arm heben konnte um sich abzuschirmen.

Das kannst du von mir haben, Malfoy. Und dein Gold kannst du dir sonst wohin stecken!“, brüllte der Apotheker und knallte die Tür zu.

Sirius war nicht schnell genug da, um seinen Zauberstab zu benutzen. Er blieb an Dracos Seite stehen und kniete sich neben ihm auf das Kopfsteinpflaster. Niemand sonst kam Draco zu Hilfe, aber ein paar Menschen waren stehengeblieben und starrten herüber, ein paar andere fingen zu tuscheln.

„Alles okay bei dir?“, fragte Sirius. „Bist du verletzt?“

Draco schaute ihn verdutzt an. Ihm saß die Wucht, mit der aus dem Laden geschleudert worden war, noch in den Knochen. Sein Haar hing ihm zerzaust ins Gesicht und rote Flecken bildeten sich auf seinem Gesicht. Staub vermischt mit einer grünen Flüssigkeit klebte auf seiner Wange und seinem Umhang. Ein halbes Dutzend zertrümmerter Phiolen mit genau derselben Flüssigkeit lag in der Kiste, die neben ihn auf das Kopfsteinpflaster gefallen war.

„Black?“ Draco blinzelte ein paar Mal hektisch, als hätte er Schwierigkeiten zu erkennen, wer vor ihm saß. Dann straffte er die Schultern und setzte sich auf. „Was machst du hier?“

Sirius zog eine Augenbraue hoch. Er hatte sich damit zufrieden gegeben, dass sie stumm eingestimmt hatten nicht den Korridor im siebten Stock und was dort passiert war zu diskutieren, aber das hier war zu frisch um es zu ignorieren.

„Was sollte das?“, fragte Sirius. „Wieso hat der dich auf diese Art rausgeworfen?“

Draco verzog ärgerlich das Gesicht. „Ich habe nichts gemacht.“

„Das hab ich auch nicht gesagt“, antwortete Sirius und stand auf. Er streckte die Hand nach Draco aus, der ihn misstrauisch musterte. „Komm schon. Oder willst du hier ein Picknick aufschlagen? Dann geh ich schnell eine Decke besorgen.“

Draco schnaubte auf und griff Sirius‘ Hand. Seine Finger waren steif und wagten nicht sich fest zu schließen. Sirius packte ihn fester und zog ihn mit einem Ruck auf die Beine. Die Kiste trat er mit dem Fuß zur Seite. Draco beobachtete das aus dem Augenwinkel, ohne eine Miene zu verziehen. Er wischte etwas Dreck und Marmorstaub von Gringotts von seiner Hose.

„Er wollte mir wohl nichts verkaufen“, sagte er kühl.

„Wieso das?“

Draco schaute ihn an, weiterhin ohne eine Regung in seinem Gesicht. In seinen Augen glänzte aber etwas, das eindeutig machte, wie unangenehm ihm das war. All die Blicke zu ignorieren, die sich in seinen Rücken bohrten, wäre schwer genug für jemanden, der solche Behandlungen gewohnt war.

„Das ist doch offensichtlich, Black.“

„Für mich ist nur offensichtlich, dass dieser Kerl ein Bastard ist“, sagte Sirius.

Draco schaute an Sirius vorbei, aber seine Kiefer entspannten sich merklich. „Ein alter, bekannter Bastard…“

„Was wolltest du in der Apotheke?“, fragte Sirius, während er den starrenden Menschen hinter Draco warnende Blicke zuwarf. Einige drehten sich um, andere begannen nur deutlicher zu tuscheln. Sirius war kurz davor sich in seine Animagusgestalt zu verwandeln und sie alle knurrend zu vertreiben. Er hielt sich zurück und wandte sich Draco zu, der sich von dem Tuscheln ablenken ließ und langsam aber sicher rosa anlief. „Du wirst doch nicht krank werden. Davies würde es sicher gar nicht gerne sehen, wenn du das selbst behandelst.“

Draco runzelte über seinen Ton die Stirn, ging aber nicht weiter darauf ein. „Nein. Ich wollte nur ein paar Zaubertrankzutaten besorgen.“ Er zog eine Liste aus seiner Tasche und zeigte sie Sirius, bevor er voller Sarkasmus fortfuhr: „Meine Mutter wird sich freuen, wenn ich nicht einmal das hinkriege.“

Sirius nahm ihm den Zettel aus der Hand und machte einen Schritt nach hinten weg, als Draco sofort wieder danach greifen wollte. Er überflog die Zutaten. Snape würde ihn dafür verachten, dass er sich zusammenreimen konnte, was daraus gebraut werden sollte. Blutbildende und abschwellende Tränke, Murtlap-Essenz… Sirius musterte Draco über den Zettel hinweg, aber bis auf den Fleck auf seiner Wange und den Staub konnte er nichts sehen, das ungewöhnlich war. Keine Verletzungen. Aber das musste nicht heißen, das irgendetwas unter seiner Kleidung wartete verarztet zu werden.

„Okay“, sagte er und schaute sich die Liste noch einmal abschätzend an. „Das wollen wir ja nicht. Ich geh das für dich kaufen.“ Er wedelte mit dem Zettel, den Draco erneut greifen wollte, und zwinkerte ihm zu.

„Black, nein. Ich brauche deine Hilfe nicht.“

„Oh, sicher, aber ich muss sowieso in die Apotheke“, sagte Sirius. Er konnte sehen, dass Draco ihm nicht glauben wollte, aber sein unsicherer Blick traf genau ins Schwarze. „Ich kaufe dir deine Zutaten und du gibst mir dafür ein Butterbier aus.“

„Wie wär’s, wenn ich dir einfach das Gold gebe, Black?“

Sirius tat so als würde er überlegen. „Nah.“ Dann drehte er sich um und spazierte in die Apotheke. Dracos Stimme, die seinen Namen rief, wurde von der zufallenden Tür ausgeschlossen und kam ihm auch nicht nach.

Sirius schaute sich kurz um. Hohe Regale standen zu beiden Seiten des schmalen Raumes. Darin standen Einmachgläser, die ohnehin schon widerliche Zaubertrankzutaten vergrößerten und noch widerlicher aussehen ließ. Ein Display mit verschiedensten Phiolen war in der Mitte aufgebaut. Darin reihten sich schon fertige Zaubertränke in allen Farben für jene auf, die nicht gut darin waren ihre Zaubertränke selbst zu brauen oder sich nach Jahren in Snapes Klasse nicht mehr daran trauten.

Er ging direkt zur Kasse, wo der Verkäufer ihm den Rücken zugedreht hatte und mit sich selbst schimpfte. Sirius kam der Hinterkopf irgendwie bekannt vor. Er räusperte sich und der Mann drehte sich um. Sein nasenloses Gesicht war unverkennbar erstaunt ihn hier zu sehen. Der Nasenlose sprang einen Schritt zurück, als hätte Sirius einen Karton mit abgelaufenen Zaubertränken nach ihm geworfen.

Sirius grinste steif. „Hi. Geht Ihnen besser, hm?“ Er warf einen Blick auf das Namensschild, das an der Brust des Nasenlosen hing. „Mr. Bramwell.“

„Äh… Danke, Mr. Black. Ich werde es überleben.“

„Sicher werden Sie das. Ich kannte Menschen, von denen war weniger übrig und die waren noch sehr zufrieden“, sagte Sirius, auch wenn er nicht sagen würde, dass die Teile von Mad-Eye, die noch übrig gewesen waren, ständig besonders gut drauf gewesen wären. „Können Sie mir diese Dinge hier besorgen?“

Sirius schob Dracos Liste auf den Tresen, ohne den nasenlosen Kerl aus den Augen zu lassen. Er behielt sein Lächeln auf, weil Mr. Bramwell darunter immer kleiner zu werden schien. Bramwell schnappte sich die Liste blitzschnell, als würde er sie aus dem Maul eines Drachen ziehen müssen, das sich jeden Moment schließen konnte. Kurz überflog er sie.

„Ja… Ja, Mr. Black. Das hab ich alles da. Einen Moment, bitte.“ Er kam hinter der Theke hervor und lief gezielt durch die Reihen. Immer wieder drehte er sich dabei nach Sirius um, der sich gelassen und weiter still lächelnd gegen die Theke lehnte. Bramwells Arme zitterten, als er sie viel zu voll belud. Nur unter Mühen konnte er die Zutaten zurück zum Tresen balancieren und ablegen.

„Das… Das haben Sie wohl mitgekriegt“, murmelte er, während er Sirius die Sachen vorführte und nach einem Nicken jeweils in eine Tüte verpackte. „Unschöne Sache. Sehr unschön. Aber was will man machen? Wenn das Ministerium kein Exempel statuiert muss der kleine Mann für sich selbst sorgen.“

Sirius sagte nichts.

Ein Glas mit Murtlap-Tentakeln rutschte aus Bramwells zittrigen Fingern. Es schlug scheppernd hinter dem Tresen auf. Bramwell biss einen Fluch zurück und schüttelte sein anscheinend nasses Hosenbein aus.

„E-Entschuldigen Sie das. Sehr ungeschickt.“ Er eilte an Sirius vorbei und holte ein neues Glas mit Tentakeln, das er für Sirius einpackte. „Das macht… ähm, sieben Galleonen und fünf… nein sechs Sickel.“

Sirius nahm sein Gold heraus, zählte geduldig ab und nahm die Münze in die Faust. Eine nach der anderen ließ er langsam auf die Theke fallen. Bramwell schluckte hart.

„So-Sonst noch etwas?“

Sirius schaute sich um. Er brauchte nichts, aber Draco sollte nicht zu deutlich merken, dass er geschwindelt hatte. „Ein paar Pufferfischaugen. Ja, die da sind gut.“

Bramwell reichte ihm ein kleines Glas mit Pufferfischaugen, die ihn neugierig anstarrten, und wartete nervös ab, wie Sirius penibel jeden Knut abzählte. Ein leises Pfeifgeräusch ertönte, als er die Luft angespannt durch die Überreste seiner Nasenlöcher zog.

Sirius legte erneut das Gold auf die Theke und griff dann nach der Tüte mit Dracos Zutaten. Im letzten Moment entschied er sich um und packte Bramwell an seinem Kragen, riss ihn halb über die Theke, bis seine Nase dicht an dem Loch war, wo früher einmal Bramwells gewesen war.

„Wir haben alle etwas im Krieg verloren“, knurrte Sirius. „Machen Sie so weiter und Sie verlieren etwas danach.“ Er ließ seinen Blick abwärts wandern. „Ich frage mich, was Sie wohl mehr vermissen werden, als Ihre Nase…“

Bramwell stieß ein leises Wimmern aus, das halb durch das Loch seiner Nase kam. Seine Stimme zitterte, aber er bekam jede Silbe über die Lippen: „Sie wissen nicht, wen Sie in Schutz nehmen.“

„Das weiß ich ganz genau.“ Sirius stieß den Nasenlosen von sich weg, nahm die Tüte, das Glas mit Pufferfischaugen und wandte sich zum Gehen.

„Er verdient das“, spuckte Bramwell ihm hinterher. Jeder Schritt zwischen ihnen ließ seine Stimme sicherer werden. „Er ist ein Todesser. Er hat sich das selbst eingebrockt. Und ich werde so jemanden nicht bedienen. Nur, weil Sie Harry Potters Pate sind, heißt das nicht, dass Sie im Recht sind.“

Sirius schaute langsam über die Schulter und der Nasenlose wich fast in das Hinterzimmer zurück. Ohne ein weiteres Wort ging er und schlug die Tür hinter sich zu.

Draco stand neben dem Laden und tat so, als würde er das Schaufenster betrachten. Wie viel er von dort gesehen hatte, wusste Sirius nicht und es war ihm auch nicht wichtig. Er würde es nochmal tun, egal was Draco davon halten mochte.

Auf der gegenüberliegenden Seite standen noch immer tuschelnde Menschen. Ein paar Hexen hatten sich eng zusammen gedrängt und ließen im scharfen Flüsterton mehrmals Dracos Nachnamen fallen. Sirius räusperte sich über sie hinweg und streckte Draco die Tüte entgegen, lächelte ihn ganz anders als den Nasenlosen an.

Draco nahm ihm die Tüte ab und starrte sie auf eine hauchzart verdutzte Art an, die seinen Mund leicht offenstehen ließ. „Danke“, sagte er automatisch, und Sirius wusste, dass er es nur tat um es hinter sich zu bringen. Die Überraschung in seinem Gesicht war ihm viel wichtiger. Auch wenn der Fleck aus Staub und grünem Zaubertrank den Anblick etwas dimmte. Sirius fragte sich, warum er den trotz der Reflektion im Schaufenster noch nicht weggewischt hatte.

„Das steht dir nicht besonders“, sagte er und lenkte seinen Blick deutlich auf den Fleck.

Draco runzelte die Stirn, worauf Sirius aufseufzte und in seine Tasche griff, wo er ein Taschentuch fand. Mit der anderen Hand umfasste er Dracos Kinn und drehte es leicht zur Seite, bevor Draco mehr als blinzeln konnte. Draco zuckte von ihm weg, aber Sirius verstärkte seinen Griff nur. Vorsichtig wischte er den Fleck von Dracos Wange und amüsierte sich dabei über einen tödlichen Blick. Er schaute ihn wie damals an, als Sirius es gewagt hatte ihn zu füttern.

„Was war das überhaupt?“, fragte Sirius, als er das grüne Zeug auf dem Taschentuch kleben hatte und eine saubere Ecke suchen musste, um Dracos Wange zu befreien.

„Das passiert, wenn du deinen Kessel in der Sonne stehen lässt – oder das Talent von Neville Longbottom hast“, sagte Draco. Er versuchte seinen Kopf aus Sirius‘ Griff zu ziehen, kaum dass er lockerer ließ. Aber das vertrieb Sirius nicht. Er schob seine Hand flach auf Dracos Wange und hielt ihn so fest. „Black, was wird das?“

„Schon fertig.“ Sirius steckte das Taschentuch weg und fing dabei Dracos Blick wieder ein. Seine Augen hatten das mörderische Funkeln verloren und hingen sanfter an seinen. Der Nebel, der gestern auf Snapes Beerdigung in ihnen gehangen hatte, war verschwunden und hinterließ nur klares Hellgrau. Sirius lächelte ihn an. Unter seiner Hand wurde Dracos Wange warm. Er zog sie weg.

Draco schaute zur Seite, wo zwei dickliche Teenager, ungefähr Viertklässler, an ihnen vorbeigingen. Einer von ihnen starrte Draco direkt ins Gesicht, als würde dort noch immer Zaubertrank kleben. Sein Freund murmelte etwas, das verdächtig nach „Mörder“ klang.

Dracos Kopf schreckte hoch, als er das hörte, und seine Gesichtsmuskeln entglitten ihm für eine Sekunde. Er war von einer Sekunde auf die andere aschfahl geworden, jedem Rotschimmer zum Trotz.

Der andere Teenager stieß ein verächtliches Schnauben aus und sah aus, als würde er Draco gleich vor die Füße spucken. Sirius kam ihm zuvor. Er holte sein Glas Pufferfischaugen hervor, öffnete es und schnippte eines nach den Jungen. Es traf den murmelnden am Hinterkopf. Er blieb wie von einem Lähmzauber getroffen stehen. Sein Freund drehte sich herum und bekam das zweite Pufferfischauge genau gegen die Stirn. Er quietschte wie eine Ratte, der man auf den Schwanz trat, und fuchtelte mit den Armen vor seinem Gesicht herum, als würde eine kleine Babyacromantula dort sitzen.

„Ey“, blaffte der andere Teenager ihn an. „Was soll – urgh!“

Das nächste Pufferfischauge war direkt in seinem Mund gelandet.

„Das… Das ist nicht fair! Wir haben nichts gemacht!“, rief der andere aus, ohne seinem Freund zu Hilfe zu eilen, der versuchte das Pufferfischauge gleichzeitig herunterzuschlucken und auszuhusten.

„Ach, ja?“ Sirius packte ihn von hinten an der Kapuze, kümmerte sich nicht darum, dass er versuchte wegzulaufen, was sein Freund bereits erfolgreich tat, und stülpte das ganze Glas Pufferfischaugen in seinen Kragen. Der Junge schrie panisch auf, als hätte Sirius Wichtel unter seine Roben gestopft.

„Das nächste Mal, stopfe ich dir dein vorlautes Maul mit Steinen, wie wäre das?“

Der Junge wimmerte. Er strampelte mit den Beinen und als Sirius ihn ohne Vorwarnung losließ, fiel er fast auf sein vorlautes Maul. Er fing sich noch, spurtete aber los und rannte seinem Freund hinterher. Sirius ging sicher, dass sie weit genug weg waren um seinen Zorn nicht wieder aufbrodeln zu lassen, und drehte sich dann um.

Draco klammerte sich mit beiden Händen an seiner Tüte fest. „Was bei Merlins Bart sollte das?“

Sirius zuckte die Achseln. „Ich bin empfindlich, wenn man mich Mörder nennt.“

Draco zog die Augenbrauen verwirrt und gleichzeitig neugierig zusammen. „Du weißt, dass die dich nicht gemeint haben, Black?“

„Denkst du? Dann solltest du mal aufpassen, wie man mich die ganze Zeit anstarrt“, sagte Sirius. „Die meisten haben das Memo noch nicht bekommen, dass ich unschuldig bin. Oder sie glauben es einfach nicht.“

Draco musterte ihn noch immer skeptisch, aber der Hauch eines Lächelns legte sich auf seine Lippen. Wenn er es nicht besser wüsste, hätte Sirius geglaubt er würde sogar Rührung in Dracos Blick erkennen. Das kleine Lächeln wurde immer größer, bis Draco dagegen anbiss. Er schüttelte den Kopf.

„Was ist mit deinen Pufferfischaugen?“, fragte Draco und deutete auf das leere Glas. „Muss ich sie dir ersetzen?“

Sirius betrachtete das Glas, als hätte er erst jetzt gemerkt, dass es leer war. Er stellte es auf den Sims des Schaufensters. „Ich wollte damit sowieso nur meinen Hauselfen ärgern. In Hogwarts war ich inoffizieller Champion im Pufferfischaugen-auf-Schniefelus-schnippen.“

„Ich bin froh, dass du was Sinnvolles aus deiner Schulzeit machen konntest.“

Sirius bedankte sich mit einer leicht übertriebenen Verbeugung.

„Dann schulde ich dir wohl ein Butterbier?“

Sirius hob sich aus seiner Verbeugung und lud Draco mit der gleichen Geste ein vorzugehen. Draco verdrehte die Augen und kehrte ihm den Rücken zu, bevor Sirius mehr als ein Schmunzeln erkennen konnte. Er folgte Draco, schloss zu ihm auf und ging dicht an seiner Seite. Menschen gingen an ihnen vorbei, aber Sirius hörte kein Tuscheln und sah auch keine bösen Blicke; er konzentrierte sich nicht einmal darauf ob es Hexen oder Zauberer waren.

„Es ist merkwürdig, wie viele Menschen plötzlich deinen Namen kennen, wenn… na ja“, sagte Draco und hob die Schultern, weil er wohl nicht wusste, wie er seine Todesserkarriere betiteln sollte. „Man fühlt sich wie Harry Potter – als jeder ihn noch gehasst hat.“

„Harry hat sich immer wieder aufgerappelt“, sagte Sirius, als sie sich dem Tropfenden Kessel näherten. „Unsere Welt ist wohl doch nicht so groß, wie du gedacht hast.“

„Vielleicht verfolge ich dich auch einfach nur“, erwiderte Draco nüchtern.

„Ah, ich wusste doch, dass du mich vermisst.“ Sirius reckte das Kinn stolz, was Draco mit einem Schlag gegen seinen Arm bestrafte. Aber er sah nicht aus, als wäre der Gedanke ihm unangenehm, dass Sirius sich nicht daran stören würde von ihm vermisst zu werden. Und nach den unfreundlichen Begegnungen von eben war es nachvollziehbar, dass er sich ein wenig darüber freute, dass sich irgendjemand, egal wie wenig er ihn leiden konnte, über seine Gesellschaft freute.

Und in Sirius‘ Fall vielleicht sogar suchte…

Sie betraten den Tropfenden Kessel, wo der Mann an der Bar sich gerade ein neues Glas befüllen ließ, und stellten sich neben ihn.

„Ich glaube nicht, dass ein Butterbier ausreicht, damit wir wieder quitt sind“, sagte Draco mit einem Blick auf seine vollgepackte Einkaufstüte.

„Ich nehm auch zwei“, gab Sirius zurück.

Draco bezahlte ihm erst einmal eins und eins für sich selbst, dann suchte er sich die abgelegenste, dunkelste Ecke im ganzen Pub aus, um sich dort zu setzen. Sirius setzte sich neben ihn auf die gepolsterte Sitzbank, von der aus sie einen guten Überblick auf die Menschen hatten, die sich in hellere Stellen des Pubs trauten. Er schlug den Boden von seinem Glas sanft gegen den Rand von Dracos, bevor er einen Schluck trank.

Draco schaute ihn an, als hätte noch nie jemand mit ihm angestoßen. Dann nippte er an seinem Butterbier, leckte sich den Schaum sofort von der Oberlippe.

„Verrätst du mir, wieso du das selbst machst?“, fragte Sirius und lehnte sich über die Tüte, als wäre der Inhalt ein Geheimnis für ihn. „Soll jemand nicht mitkriegen, was du dir zusammenbraust?“

„Ich kann meine eigenen Einkäufe machen, Black. Normalerweise“, fügte Draco hinzu.

„Dein Vater hat in neunzig Prozent der Fälle einen Hauselfen geschickt. Existiert die Möglichkeit nicht mehr?“

„Er war etwas angeschlagen“, sagte Draco. „Und ich… hatte nichts gegen etwas frische Luft.“

Sirius hörte heraus, dass da mehr hinter steckte, aber er verurteilte niemanden, der es in seinem eigenen Haus nicht aushielt. „Wozu brauchst du das ganze Zeug?“, fragte er schließlich und griff nach den Murtlap-Tentakeln, nur damit Draco die Tüte aus seiner Reichweite schob und kurz davor schien ihm auf die Finger zu schlagen. „Wo ist das Aua, hm?“

Draco verdrehte die Augen. „Als würdest du wissen, was man daraus macht.“

„Glaub es oder nicht, aber ich habe meine UTZ-Prüfung in Zaubertränke mit einem Ohnegleichen bestanden“, sagte Sirius zwinkernd. „Hat Snape in den Wahnsinn getrieben. Zwei Wochen ist er durch die Gegend gelaufen und hat lauthals proklamiert James und ich hätten geschummelt.“

„Habt ihr?“

„Nah, wir haben uns von der Aussicht motivieren lassen, dass es Schniefelus in den Wahnsinn treiben würde.“

Draco seufzte auf, bevor sein Blick abdriftete und Sirius‘ verlor. „Es hat ihn in den Wahnsinn getrieben, als Potter plötzlich gut in Zaubertränke war… Er ist rot wie ein Ziegelstein geworden und hätte einen mit seinem Blick zerbrechen können…“

Sirius wusste nicht, ob es ihm leidtun sollte, dass er Snape als Thema aufgewühlt hatte, aber es störte ihn, dass Dracos Blick nicht mehr ihm gehörte. „Also?“ Er lehnte sich in Dracos Blickfeld. „Was ist passiert? Geht’s deinem Rücken gut oder hat Davies zu kräftig massiert?“

„Das ist nicht für mich“, sagte Draco. „Wir stocken die Vorratsschränke auf, das ist alles.“

„Mhm…“ Sirius trank einen Schluck, ohne Draco aus den Augen zu lassen. „Nach dem zweiten Butterbier verrätst du es mir schon, keine Sorge.“

Draco schnaubte amüsiert. „Hast du überhaupt Zeit dafür, Black? Wartet Potter nicht sehnsüchtig auf deine Rückkehr?“

Sirius wusste nicht, in welchem Universum das jemals der Fall sein würde. „Harry ist nicht mehr da. Er ist nach Australien auf der Suche nach einem neuen Abenteuer.“

„Harry Potter und der Beutel des Kängurus? Klingt mäßig interessant.“

Sirius gluckste in sein Butterbier und musste sich den Schaum vom Mund wischen.

„Wieso hat er dich nicht mitgenommen?“, fragte Draco.

„Würdest du deine Eltern mitnehmen, wenn du ein Abenteuer erleben willst?“, gab Sirius zurück.

„Nein, aber dich“, sagte Draco. Sirius stoppte mit dem Glas an seinen Lippen und setzte es ab ohne zu trinken. Draco wich seinem Blick aus. „Ich meine, du bist nicht gerade das Musterbeispiel von strengen Eltern. Oder Eltern. Sieht Potter das überhaupt in dir?“

Sirius konnte sein Herz sehr leicht wieder herunterschlucken, nachdem es einen kleinen Aussetzer gehabt hatte. Ja, er war alt genug um Harrys Vater zu sein, aber er war es nicht und er wollte James auch nicht ersetzen. Er wollte nur für Harry da sein, und retrospektiv gesehen hatte er einen beschissenen Job gemacht. Er war nie da gewesen und am Ende hatte Harry nur ihn beschützen wollen, anstatt sich auf ihn verlassen zu können.

Sirius versuchte die Trockenheit in seiner Kehle mit einem großen Schluck herunterzuspülen.

„Oh, hab ich deine Gefühle verletzt?“, fragte Draco.

Sirius nahm sicherheitshalber noch einen Schluck. „Eher einen Nerv getroffen. Aber das kannst du ja gut.“

„Vielleicht ist es besser so. Du hast bis vor ein paar Tagen noch im St. Mungo’s gelegen, nachdem ein Dach auf dir gelegen hat. Portschlüssel sind da keine sehr gute Idee“, sagte Draco. „Deine alten Knochen würden das nicht vertragen.“

„Deine Eltern waren um deine Knochen so besorgt, dass sie dir wieder ein Gitter ans Bett bauen wollten, Kleiner.“

Draco ließ sein Glas sanft gegen Sirius‘ stoßen. „Touché.“

„Oh, en français?“, gab Sirius provozierend zurück. „Soll ich uns lieber Wein bestellen?“

„Für Wein oder Feuerwhiskey ist es noch ein bisschen früh, findest du nicht?“

„Ich bin ein verzweifelter Mann“, sagte Sirius theatralisch.

Draco gluckste, und auch wenn er versuchte es zurückzuhalten und eher schnaubte, stand es ihm hundertmal besser, als der düstere Schatten, den er mit sich herumgetragen hatte. „Etwas Gutes hat es doch, dass du Potter nicht nach Australien begleiten musstest. Jetzt kannst du hier bei den coolen Leuten sitzen.“ Er prostete dem leeren Stuhl ihm gegenüber zu. „Allein, in einer dunklen Ecke, wie es sich gehört…“

Sirius seufzte auf. „Ich habe Standards.“

Draco schwenkte sein Glas, bis der Schaum über den Rand schwappte und seine Finger feucht zurückließ. Sirius schaute woanders hin, als Draco die Finger an seinen Mund hob, und betrachtete den einsamen Mann am Tresen. Sein einziger Gesprächspartner war Tom, der Barkeeper, der verzweifelt mit ihm diskutierte, dass er mehr als genug getrunken hatte.

„Du musst nicht auf mich aufpassen, Black“, sagte Draco schließlich. „Ich bin kein Kind mehr.“

Sirius schaute ihn ein wenig verdutzt an. „Ich dachte, für Feuerwhiskey sei es noch ein bisschen früh?“

„Das meine ich nicht“, sagte Draco.

„Dann weiß ich nicht, was du meinst. Ich hätte alles genauso gemacht, wenn du einhundertzwanzig Jahre alt wärst“, sagte Sirius schmunzelnd. „Niemand verdient es so vor die Tür gesetzt zu werden.“

Draco linste vorsichtig in seine Richtung, worauf Sirius noch interessierter zur Bar schaute. „Niemand?“

„Na ja… Voldemort vielleicht, und ein paar andere würden mir auch einfallen“, sagte Sirius.

„Aber ich nicht?“ Draco hatte den Blick gesenkt und starrte auf den Grund von seinem Glas, wie der betrübte Mann am Tresen. Seine Augen waren dunkel und weit weg, und Sirius gefiel es nicht, wie tief die Schatten unter seinen Augen schienen, wenn er das Kinn so ungewohnt tief hielt.

„Nein, du nicht.“

„Woher willst du das wissen?“, fragte Draco. Seine Stimme raute sich langsam auf, als würde etwas seine Kehle aufschmirgeln. „Du weißt nicht, was ich getan habe.“

Sirius drehte sich wieder zu ihm. Einen Moment saß er irgendwo zwischen Entsetzen und Verständnislosigkeit fest, während dem Draco sein Glas in beiden Händen drehte, als würde er es zerdrücken wollen. Dann rutschte er Stückchen näher, bis er fast Dracos Bein an seinem spüren konnte, und senkte die Stimme:

„Das weiß ich sehr genau.“

Draco hob das Kinn leicht, ohne den Blick von seinem Glas zu nehmen, und Sirius konnte deutlich sehen, wie er schluckte. Kurzerhand streckte er den Arm aus und legte ihn um Dracos Schulter, zog ihn sanft, aber bestimmt gegen sich.

Draco zuckte fast im gleichen Moment weg, auch wenn es ihn nicht aus der Reichweite von Sirius‘ Arm trieb. „Was machst du da?“

„Ich tröste“, sagte Sirius und ließ seinen Arm um Dracos Oberkörper liegen, den Unterarm bereit zum Schließen auf seiner Schulter abgestützt.

Draco setzte wieder diesen Blick auf, als würde Sirius ihn auf den Arm nehmen, obwohl er ihn nicht einmal richtig in den Arm genommen hatte. „Ich muss nicht getröstet werden.“

„Ja, musst du nicht. Weil du nichts getan hast, weswegen du deprimiert sein solltest“, sagte Sirius und zog seinen Arm enger um Draco. „Und in unserer dunklen Ecke sieht auch niemand, dass du nicht getröstet werden musst.“

Draco sah nicht überzeugt, nur noch deprimierter aus, aber er ließ zu, dass Sirius seine Hand auf seinen Kopf schob. Er vergrub die Finger zwischen den weißblonden Haarsträhnen, die von seinem Rauswurf durcheinander geraten waren, und zog Dracos Kopf an seine Schulter. Er spürte die weichen Strähnen wie ein kühles Seidentuch zwischen seinen Fingern und Dracos Schläfe erwischte seinen blanken Hals, als er sich gegen ihn lehnte – und wie er das tat, sorgte dafür, dass Sirius viel zu deutlich merkte, dass er ein Herz hatte.

Dracos Kopf lag locker auf seiner Schulter, als würde er sich nicht trauen sein ganzes Gewicht an ihn zu lehnen. Sirius ließ die Hand in seinem Haar liegen und spürte Dracos Wärme langsam durch seine Handfläche und Schultern sickern. Er schluckte gegen seinen eigenen Puls an und machte ihn damit nur noch schlimmer.

„Aber hat der Kerl nicht Recht?“, murmelte Draco steif und fuhr dabei nervös über seinen linken Unterarm. „Solltest du das nicht genauso sehen und ihm zustimmen? Wenn ich dir nicht leidtun würde, hättest du das sicher schon getan.“

„Draco“, begann Sirius kopfschüttelnd, „du darfst nicht anfangen darauf zu hören, was irgendwelche Menschen sagen. Sie kennen deine Geschichte nicht. Niemand wird je die ganze Geschichte kennen, glaub mir.“

Draco stieß ein merkwürdig gepresstes Atmen aus, dann gab er endlich nach und schmiegte sich gegen Sirius‘ Schulter und seine Seite – ausgerechnet die linke, wo sein Herz schon zu deutlich gegen seine Rippen klopfte. Sirius atmete tief durch und musste seine Finger verkrampfen, damit er sie nicht über Dracos Haar fahren ließ. Dann merkte er einen sanften Druck auf seiner Seite. Als er herunterschaute, entdeckte er Dracos Hand, die sich an seinem Hemd festkrallte. Ihm war danach sie zu greifen. Seine Finger fest zwischen seine zu nehmen und zu halten.

Er drehte den Kopf leicht, bis seine Wange über Dracos Haar strich und ihm der hauchzarte Geruch von Zitrone in die Nase stieg. Sirius atmete erneut ein und genoss einen Moment lang einfach, wie es sich anfühlte wieder jemandem so nahe zu sein. Er sollte das nicht. Draco hatte etwas Trost verdient und darauf sollte er sich konzentrieren.

„Tu ich dir leid?“, fragte Draco, ohne den Kopf zu heben. „Bin ich so erbärmlich?“

Sirius wollte das bereits abstreiten, als er sich dabei ertappte genauer darüber nachzudenken. „Nein“, sagte er entschieden. „Nein, ich denke nicht.“

„Wieso bist du dann nett zu mir?“

„Wenn du das denkst, war noch nie jemand in deinem Leben nett zu dir.“

Draco gluckste. Er hob den Kopf und drehte ein kleines Lächeln in Sirius‘ Richtung. Es stand ihm gut so zu lächeln, ohne einen Schatten im Gesicht obwohl sie in der dunkelsten Ecke saßen.

„Hoffentlich wirst du nie nett zu mir sein müssen“, sagte Draco stichelnd, bevor er etwas ernster wurde. „Nicht, dass du einen Grund hättest, wenn du die ganze Geschichte kennen würdest…“

Sirius fragte sich, welche Geschichte er wohl meinte, und ob sie etwas mit einem Fuß und einer herunterstürzenden Decke zu tun hatte.

„Ich hab Zeit“, sagte Sirius. „Teste mich und erzähl mir die ganze Geschichte. Vielleicht erzähl ich dir dann auch meine.“

Draco schien das ernsthaft zu überdenken. Sirius merkte wie die Hand auf seiner Seite sich nicht länger an seinem Hemd festhielt, sondern gegen sein Fleisch presste. Draco machte nicht den Eindruck, als würde er das merken; sein nachdenklicher Blick schien sich in Sirius zu bohren. Er öffnete den Mund leicht, sagte aber nichts, und Sirius hing einen Moment an dem Anblick seiner Lippen fest. Als Draco sich vorbeugte war er schon auf halbem Weg ihm entgegenzukommen, nur damit Draco sich an ihm vorbeilehnte und irgendwo über Sirius‘ Schulter starrte.

„Kennen wir den nicht?“

Sirius trauerte dem hinterher, was er fast getan hatte, und war gleichzeitig erleichtert, dass er nichts getan hatte, das ihm eine gebrochene Nase beschert hätte. Er schluckte, atmete tief durch und drehte sich nach demjenigen um, den Draco an der Tür entdeckt hatte.

Roger Davies schlenderte zur Theke. Er trug ganz normale Alltagskleidung im Gegensatz zu den sonst limonengrünen Roben des St. Mungo’s, in denen Sirius ihn gewohnt war, und leider schien ihm das besser zu stehen. Ein paar jüngere Hexen, die den Kampf gegen Toms Erbsensuppe aufgenommen hatten, verfolgten ihn unauffällig mit den Augen, als er zur Theke schlenderte und Tom begrüßte, als würden sie sich öfter sehen. Er musste auch nicht bestellen, sondern bekam anscheinend dasselbe wie immer vorgesetzt.

Draco war etwas näher an Sirius gerutscht und stützte sich auf ihm ab, um einen guten Ausblick zu haben. „Die Welt ist wirklich winzig, hm?“

Sirius seufzte auf, dann stand er auf und hob eine Hand. „Hey, Davies!“ Er winkte, als Davies sich herumdrehte, und zwang sich dazu noch ein Lächeln obendrauf zu legen. Davies erwiderte das und beließ es leider doch nicht dabei ihnen zuzuprosten. Er kam zu ihnen herüber und setzte sich auf den leeren Stuhl gegenüber, den Draco so deprimiert angestarrt hatte.

„Sieh mal einer an“, grüßte er. „Als Heiler weiß ich nicht, ob ich es gutheißen kann, dass ihr in einem Pub rumhängt, wenn ihr euch beide erholen solltet.“

„Ich weiß nicht, ob es mich etwas kümmert, aber solltest du als Heiler nicht nüchtern bleiben?“, fragte Draco.

„Der Alkoholgehalt in Butterbier bringt nur Hauselfen um“, sagte Davies und demonstrierte ihnen sein Glas, als müssten sie überprüfen, dass er wirklich keinen halben Liter Wein trank. „Meine Schicht ist gerade vorbei und das ist mein traditionelles Butterbier danach.“

„Mach das oft genug und es wird ein Feuerwhiskey danach“, sagte Sirius.

Davies grinste das weg. Sirius hatte sein breites Grinsen nicht vermisst. Aus der Nähe betrachtet wirkte er müder denn je. Ein Schatten lag auf seinem Kiefer und unter seinen Augen.

„Ich warte auf den Lammeintopf“, sagte Davies. „Das wird mein zweites richtiges Abendessen in dieser Woche. Ich bin kaum nach Hause gekommen und um ehrlich zu sein kann ich nicht kochen.“ Er beugte sich über den Tisch und sagte in einer verschwörerischen Lautstärke: „Mir brennt schon ein verdammtes Ei an.“

„Immer noch so viel zu tun?“, fragte Sirius. Draco war von ihm weggerutscht, als wäre es ihm unangenehm, dass er überhaupt neben Sirius saß. Er trank sein Butterbier aus, bis kein Tropfen mehr in seinem Glas war.

„Wenn einer geht, kommen zwei neue“, sagte Davies. „Jedenfalls fühlt es sich so an. Anscheinend laufen immer noch ein paar Todesser rum oder, wovon ich ausgehe, ein paar Hähnchen, die den Moment ausnutzen um sich aufzuplustern. Aber gut… was ist mit euch? Störe ich irgendwas?“

„Den Zufall?“, warf Draco ein. „Und etwas Langeweile auf Blacks Seite.“

Sirius wollte widersprechen, aber Davies‘ Lachen kam ihm in die Quere.

„Ich hab gehört, dass es Pläne gibt Hogwarts wieder aufzubauen“, sagte Davies. „Da wirst du keine Zeit für Langeweile haben, oder?“

„Wer will schon gerne gelangweilt sein?“, gab Sirius zurück.

„Im Moment hätte ich nichts gegen ein bisschen Langweile“, sagte Davies und zwinkerte Draco zu, der darauf mit einem Schnauben antwortete. Sirius fragte sich, ob er etwas verpasst hatte.

„Oh, aber unter uns“, fuhr Davies fort. „Ich würde mich noch etwas länger ausruhen, wenn meine Knochen von einem Dach zertrümmert worden wären. Nimmst du auch brav deine Tränke, Sirius?“

Sirius verengte die Augen leicht, wenn er an die ignorierte Schatulle mit Tränken dachte, die er zu Hause auf seinem Nachttisch stehen hatte. „Wie wäre es, wenn ich uns eine andere Art Getränk besorge?“, fragte er mit einem Blick auf Dracos leeres Glas. „Ein zweites schuldest du mir noch.“

Draco schielte zu ihm hoch, nur um gleich wieder in sein Glas zu schauen. „Wenn du es holen gehst.“

Sirius legte ihm schmunzelnd eine Hand auf die Schulter und rutschte von der Sitzbank.

Davies hielt ihn mit einer Hand zurück. „Macht es dir was aus, mir mein Lamm mitzubringen, Sirius? Danke.“

Sirius grinste ihn an. „Überhaupt nicht“, presste er hervor, schob Davies‘ Hand aus dem Weg und ging zur Bar. Es hatte ihn nie gestört, wenn irgendjemand ihn duzte – eher im Gegenteil. Für ihn klang es immer noch falsch, wenn ihn jemand siezte. Aber bei Davies vermisste er gerade das distanzierte ‚Mr. Black‘, auch wenn es nie Respekt mit sich gebracht hatte.

Sirius setzte sich an die Bar, die Tom kurz unbeaufsichtigt gelassen hatte, um den mittlerweile betrunkenen traurigen Mann in ein Zimmer oben zu schaffen. Er drehte sich auf seinem Hocker herum und sah, wie Davies die Einkaufstüte mit dem Zaubertrankzutaten entdeckt hatte und wie einen Patienten examinierte. Er sagte irgendetwas und Draco prustete so plötzlich los, dass er sich kaum eine Hand vor den Mund halten konnte.

Sirius wusste nicht, was sich in seinem Magen zusammenzog, weil nichts in ihm dazu ein Recht hatte. Draco hatte eine Freundin gehabt, und auch wenn das Exemplar ihn alles andere als überzeugt hatte, bedeutete das nichts. Was er gerade von hier beobachten durfte, sah passend aus. Roger war ein junger, ganz passabel aussehender Kerl mit einer Zukunft, der vielleicht etwas zu gerne flirtete, und Sirius saß auf dem Hocker des traurigen betrunkenen Mannes.

Als er das merkte, setzte er sich um und drehte dem Lachen den Rücken zu, um Tom seine Bestellung aufzugeben.


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Dass die computer- und videogeprägten Kinder in 400-Seiten-Romanen versinken, reißt deren Eltern zu Jubelstürmen hin. Ganz abgesehen davon, dass auch die Erwachsenen längst mit der "Pottermania" infiziert sind.
Elisabeth Sparrer, Abendzeitung