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Fanfiction

Spinning Hearts - Asche zu Asche

von Dr. S

Malfoy Manor ragte wie ein dunkler Berg aus einer dichten Nebeldecke heraus. Unbezwingbar und bedrohlich. Die weiten Gärten verschwanden hinter dem trüben Grau des Nebels. Bäume und Hecken verschwommen zu düsteren Umrissen.

Draco stand am Tor und blickte zu dem alten Herrenhaus empor. Das letzte Mal, als er einen Fuß über diese Schwelle gesetzt hatte, war das Haus bis unters Dach mit Todessern besetzt gewesen und der Dunkle Lord selbst war durch die Korridore marschiert, der Dunkelste inmitten der tiefen Schatten.

Eine Hand schob sich auf seine Schulter. Draco schaute seine Mutter an.

„Alles in Ordnung, Liebling?“, fragte Narcissa.

„Natürlich“, sagte Draco.

Narcissa schaute ihn forschend an und ließ ihre Hand auf seiner Schulter liegen, fragte aber nicht nach. Sie hatte ihn aus dem St. Mungo’s abgeholt, einen Tag zu früh, was Davies gar nicht gefallen hatte. Es hatte nicht einmal geholfen sein Ego zu streicheln, indem sie ihm mehr als einmal gesagt hatte, wie gut es Draco doch ginge und wie wunderbar sein Rücken aussah. Letzten Endes hatte nur der ehrliche Grund ihn nachgeben lassen, und hier stand Draco jetzt. Zurück zu Hause.

Narcissa schob ihn sanft vorwärts. „Wir sollten uns nicht verspäten, Draco.“

Er nickte und beschleunigte seine Schritte, sodass die Hand seiner Mutter von seiner Schulter rutschte. Der weiße Kies wirbelte zu seinen Füßen auf und hinterließ Staub auf seinen schwarzen Lederschuhen. Er erinnerte sich sehr genau daran, wie staubig der Saum von Professor Snapes Umhang jedes Mal gewesen war, wenn er die Auffahrt entlanggegangen war.

Narcissa hielt mühelos mit ihm Schritt. „Wir holen deinen Vater ab und machen uns gleich auf den Weg. Die Hauselfen werden sich inzwischen um deine Sachen kümmern. Du kannst dich heute Abend ausruhen. Ich weiß, dass das viel ist, aber wir müssen das tun, Draco.“

„Ich möchte gehen, Mutter“, sagte Draco.

Narcissa entging sein missbilligender Tonfall nicht und sie strich ihm kurz über die Wange. „Natürlich. Wir mochten ihn und sind es ihm schuldig.“

Draco kam zu keiner Antwort, bevor seine Mutter die Haustür in die Finger bekam und aufschob. Während sie bereits durch den ersten Spalt ins Innere schlüpfte, blieb er auf der Türschwelle stehen. Die Dunkelheit der Eingangshalle schien geradezu hinaus ins Freie zu sickern. Er sah die Schatten aus dem Durchgang zum Salon kriechen und schluckte leise.

„Draco?“ Narcissa schob die Tür weiter auf und nickte ihn forsch herein.

Draco widersprach gar nicht erst und machte den ersten Schritt über die Schwelle, seit das Haus wieder ihnen gehörte. Er blieb dicht an der Tür stehen und blickte sich um. Die Vorhänge vor den Fenstern im Erdgeschoss und auf der Galerie waren zugezogen, als wollte man das wenige Licht, dass es durch den Nebel schaffte, gar nicht hereinlassen. In den Wandteppichen hatte sich der Geruch von Rauch und getrocknetem Blut verfangen. Dracos Blick wanderte erneut zum Salon. Er konnte nur schwere Dunkelheit erkennen, hinter der sich alles Mögliche verstecken könnte.

Narcissa blieb ebenfalls im Eingangsbereich stehen und tippte ungeduldig mit der Fußspitze auf den Boden. Ihr Blick lag scharf auf der Treppe. Ein Hauself in einem ausgefransten Geschirrtuch kroch die Stufen herunter und legte einen Zahn zu, als er Narcissa bemerkte.

„Mistress“, grüßte der Elf und verbeugte sich tief. „Willkommen zu Hause, Master Draco.“

„Danke“, murmelte Draco abwesend, den Blick noch immer am Salon hängend. Die Stille war es, die dafür sorgte, dass er sich umdrehte und in die entgeisterten Augen seiner Mutter schaute. Der Hauself sah aus, als würde er jeden Moment in Tränen ausbrechen.

Narcissa räusperte sich. „Taffy, kümmere dich um Master Dracos Sachen.“ Sie schnippte mit dem Zauberstab und ließ die Tasche zu Boden fallen, die heimlich hinter ihnen ins Haus geschwebt war. „Und wo ist mein Ehemann? Er sollte hier auf uns warten.“

„Er, ähm…“ Taffy zog einen Faden aus seinem ausgefransten Handtuch. Selbst für einen Hauselfen sah er schlimm aus. Er war uralt, der Älteste ihrer verbliebenen Hauselfen, aber seine Falten waren so tief geworden, dass sie inzwischen von seinen Wangen hingen. Ein frischer Schnitt klaffte auf seiner Wange und sein linkes Auge war übel angeschwollen. Davies hätte ihn glatt drei Wochen im St. Mungo’s eingesperrt.

„Hat Vater das getan?“, fragte Draco.

Narcissa kniff die Augen zusammen, als hätte sie Draco gerade am liebsten mit einem Schweigezauber belegt.

„Es war Taffys Schuld“, sagte der Hauself. „Taffy hätte nicht versuchen sollen Master Lucius zu wecken. Nicht um ein Uhr mittags.“

„Ist er denn jetzt wach?“, fragte Narcissa scharf. „Oder muss ich –“

„Ich bin hier.“ Lucius war am Treppengeländer aufgetaucht und kam schleppend die Stufen herunter. Im Vorbeigehen warf er Taffy einen tödlichen Blick zu. „Wir reden später darüber, was du für einen Eindruck bei meiner Frau mit deinem Sarkasmus hinterlässt, Taffy.“

Der Hauself kauerte sich unter jedem Wort wie unter einem schweren Gewicht zusammen. Dann schnippte er mit den Fingern und fing Dracos Tasche auf, die aus der Luft fiel und ihn fast zu Boden riss. Unter dem Gewicht watschelte er die Treppe nach oben.

Narcissa hatte Lucius am Kinn gefasst und sein Gesicht zu sich gedreht. „Du hast dich wieder geschnitten“, murmelte sie und fuhr mit ihrem Zauberstab über einen blutigen Schnitt auf Lucius‘ Wange. Kaum war die Wunde zugewachsen, wischte Lucius ihre Hand weg.

Narcissa ignorierte das und schwang ihren Zauberstab erneut. Aus dem Wandschrank flog ein schwarzer Mantel, den sie vor Draco in der Schwebe hängen ließ.

„Zieh den bitte an“, sagte sie.

Draco fing den Blick seines Vaters auf. Lucius schaute ihn von oben herab an, als hätte er noch einen heruntergekommenen Hauselfen vor sich. Draco ignorierte das Ziehen in seinen Rückenmuskeln und zog seinen Umhang aus, tauschte ihn gegen den Mantel ohne eine Miene zu verziehen.

„Du kannst also wieder aufrecht stehen“, sagte Lucius.

Draco hatte die perfekte Retourkutsche, aber seine Mutter schob sich in Lucius‘ Blickfeld, bevor er den Mund aufmachen konnte.

„Er soll sich noch schonen“, sagte Narcissa. „Überanstreng ihn nicht.“

„Oh, bitte. Er hat wie immer ein Drama aus nichts gemacht, Narcissa.“

Draco schaute von seinem letzten Knopf auf. „Ich verstehe, dass dir ein Flubberwurm über die Leber gelaufen ist, Vater. Immerhin hast du nur fünfzehn Stunden schlafen können.“

Lucius bekam seinen Mund nicht mehr zu, aber Narcissa warf Draco einen warnenden Blick zu.

„Können wir dann los?“ Es klang nicht nach einer Frage und Draco vermied es erneut zu widersprechen. Er folgte seiner Mutter nach draußen in den Nebel, der immer dichter zu werden schien, je tiefer die Sonne sank.

„Diese Farce hat es nicht verdient, dass wir ihr irgendeine Art Aufmerksamkeit schenken“, sagte Lucius, als er die Tür hinter sich zuzog. „Das ist nur eine weitere Gelegenheit für Potter sich aufzuspielen. Er spielt den großherzigen Samariter und wir sind Puppen in seinem Theater.“

„Deswegen müssen wir hin“, sagte Narcissa. „Wie würde es aussehen, wenn wir uns jetzt in unserem Haus verkriechen? Das wäre ein gefundenes Fressen für den Tagespropheten, um uns nur noch schlechter darzustellen.“ Sie streckte die Hand nach Draco aus, um mit ihm zu disapparieren. Ihre Finger zitterten leicht. Es war Anfang Mai und trotz Nebel nicht kalt genug dafür. „Severus war dein Freund, Lucius. Unser Freund. Er hat so viel für uns getan, als du nicht da warst. Das Mindeste, was wir jetzt für ihn tun können, ist seine Beerdigung zu besuchen.“

Draco umfasste die Hand seiner Mutter fest, bis er das Zittern nicht mehr spüren musste. Dann disapparierte sie und zog ihn mit sich. Sie tauchten mit einem leisen Plopp vor den Toren Hogwarts‘ wieder auf.

Nebel suchte man hier vergebens. Die Sonne stand hoch über den Ländereien und tauchte sie in ein warmes Licht, das es fast unter Dracos Mantel schaffte. Er folgte den Hängen und Wiesen hinauf zu Hogwarts und fühlte sich wieder eiskalt.

Das Schloss war eine Ruine. Seine imposanten Zinnen waren eingefallen, lagen in Trümmern verstreut auf den Wiesen und hatten bei ihrem Absturz Dächer mitgerissen. Ganze Wände waren eingerissen worden. Riesige Löcher klafften wie eine tödliche Verletzung in der Seite des Schlosses. Man konnte in sein Inneres sehen, wo noch mehr Zerstörung lauerte. Die Große Treppe lag im Sonnenlicht, vergraben unter Geröll und Staub. Die Leichen von Wasserspeiern und Ritterrüstungen ebneten den Weg ins Innere.

Draco erinnerte sich kaum, wie er aus diesen Trümmern gekommen war. Er erinnerte sich dafür sehr genau, wie über ihm alles zusammengebrochen war. Der Dachbalken hatte ihn nur knapp verfehlt. Er hatte seinen Fuß im letzten Moment weggezogen. Der Staub hatte in seinen Augen und seiner Kehle gekratzt. Er hatte zuerst keinen Zentimeter weit sehen können. Der Geschmack von Asche lag ihm auf der Zunge, als er wieder daran dachte. Als der Staub sich gelegt hatte, war ihm als Erstes die Hand unter dem Geröll aufgefallen. Blutrote Fingernägel. Bellatrix‘ Hand hatte gezuckt. Er war weggekrochen, zu dem Zauberstab, den Black verloren hatte.

Von Black hatte es keine Spur gegeben. Er hatte geglaubt, es hätte ihn erwischt, bis er das Blut aus den Trümmern rinnen gesehen hatte. Blut. Er erinnerte sich an das Blut, das warm und feucht unter seinen Fingern gewesen war. Er hatte ein paar kleine Steinbrocken zur Seite geräumt, sie mit dem Zauberstab zur Seite gestoßen, bis er gesehen hatte, wo das Blut herkam. Es hatte unter seinen Händen geschmatzt, als er versucht hatte es zurückzuhalten. Mit dem Zauberstab hatte es besser funktioniert. Mit dem Zauber, den er sich von Professor Snape abgeschaut hatte.

Ein Knall ließ ihn zusammenschrecken. Sein Vater war zwei Meter entfernt von ihnen appariert und taumelte etwas unbeholfen aus seiner Drehung. Er kam zu ihnen herüber und blickte angewidert zum Schloss hoch.

„Grotesk. Ausgerechnet hier einen ganzen Friedhof anzusammeln“, bemerkte er. „Wenn ich noch im Schulrat wäre, wüsste ich, was man dagegen tun müsste.“

„Sieht nicht aus, als würde es je wieder eine Schule sein“, sagte Draco heiser. Er spürte den verwirrten Blick seines Vaters im Nacken. „Ich meine, es könnte ziemlich nass werden, wenn es mal regnet. So ganz ohne Dach.“

Seine Mutter schenkte ihm ein kleines, verständnisvolles Lächeln. Mit einer Hand auf Dracos Rücken schob sie ihn durch die Tore.

Auf einer kleinen Halbinsel, die auf den Schwarzen See hinausführte, standen ein paar Stuhlreihen im Schatten dicht beieinander stehender Bäume. Vögel zwitscherten in den Ästen. Die Sonne schlich sich durch das Blattwerk und malte verworrene Schattenmuster auf die sattgrünen Wiesen. Ein lauer Wind riffelte das Wasser auf und ließ sanfte Wellen gegen das Ufer prallen.

Hinter einem Podium stand ein Sarg aus fast schwarzem Ebenholz. In den Schatten wirkte er noch dunkler, wie ein fest gewordener Schatten. Er stand offen, aber Draco wagte nicht hineinzusehen.

Sie waren spät dran, aber es sah aus, als wären sie zu früh. Ohnehin waren nur wenige Stuhlreihen aufgebaut worden, aber höchstens ein Drittel war besetzt. Ganz vorne neben Kingsley Shaklebolt, der nicht genug Marionette war um lange Zaubereiminister zu bleiben, wenn es nach Lucius ging, saß Potter. Anscheinend hatte er es nicht einmal heute hingekriegt seine Haare zu kämmen. Er schaute sich kurz um und Draco einen Moment direkt an, dann drehte er sich wieder herum und murmelte einem Mann zu seiner Rechten etwas zu. Draco konnte nicht sagen, wer das neben Potter war, auch wenn ihm der Hinterkopf merkwürdig vertraut vorkam. Das kurze schwarze Haar und die breiten Schultern in den stramm sitzenden Roben halfen ihm nicht unbedingt weiter. Der Mann tat ihm auch nicht den Gefallen sich umzudrehen, sondern schüttelte irgendwie amüsiert den Kopf über was auch immer Potter ihm gesagt hatte.

Granger und das Wiesel saßen gleich daneben und tuschelten miteinander. Weasley lehnte sich über Grangers buschigen Haarschopf, um Potter etwas zu fragen, dann drehte auch er sich nach Draco um. Draco zog beide Augenbrauen nach oben und Weasley fuhr blitzschnell wieder herum, als hätte das in irgendeinem Universum unauffällig sein können. Granger schlug sich eine Hand vor die Stirn.

Weasley hatte einen kleinen Teil seiner zu großen Familie mitgebracht. Draco entdeckte eine Reihe hinter Potter das langhaarige Wiesel, dem Fenrir Greyback zu nahe gekommen war. Er war froh, dass Bill Weasley sich nicht nach ihm umdrehte. Wenn er Black besucht hatte, war er nie unhöflich zu Draco gewesen, und genau deswegen fiel es ihm umso schwerer in das entstellte Gesicht zu blicken. Seine Frau saß neben ihm. Ihr silberblondes Haar fing jeden Sonnenstrahl auf, der es durch die Baumkronen schaffte, und schimmerte wie glänzende Seide. Draco erkannte auch Charlie Weasley, der sich nicht die Mühe gemacht hatte seine Arme und die Brandwunden auf ihnen zu verdecken. Aber das war es auch an Rotschöpfen. Weder Potters Freundin noch das Mutterwiesel waren zu sehen. Und Draco war froh, dass Arthur Weasley nirgendwo darauf wartete Lucius zu provozieren – oder umgekehrt.

Auf der anderen Seite hockte Lupin neben dem unpassend pinken Haarschopf seiner Frau. Draco wusste, dass sie einen kleinen Welpen produziert hatten, konnte den aber nicht sehen. Bellatrix hatte ihn das nicht vergessen lassen. Wenn er nur einen Nachmittag oder ein paar Stunden das Haus verlassen hatte, hatte sie ihn ausgefragt, wie das Babysitten gelaufen war.

Da war auch Professor McGonagall, aber außer ihr konnte Draco niemanden sehen den Professor Snape hier hätte haben wollen – und selbst da war er sich nicht sicher. Professor Snape hatte niemanden besonders gemocht, und wenn doch, dann hatte er es für sich behalten. Vielleicht hatte er diese Menschen gemocht und Draco gehörte in die Kategorie, die nicht hier sein sollte.

Dann drehte sich jemand anderes nach ihm um. Theodore nickte ihm zu, den Hauch eines Lächelns auf den sonst so trägen Lippen. Daphne war an seiner Seite, so wie meistens im letzten Jahr, und lächelte Draco richtig an. Neben ihr saß ihre kleine Schwester und sah ehrlich betrübt aus. Wenigstens ein paar Menschen, denen er glaubte, dass sie nicht aus Pflichtgefühl oder weil sie Potter einen Gefallen schuldeten hier waren.

„Komm schon.“ Seine Mutter schob ihn vorwärts und drängte Draco in die allerletzte Reihe, wo er sich hinsetzte. Immer mehr der wenigen Menschen drehten sich nach ihm um, und als würde ihn das alles nichts angehen, drehte Draco sich auch einmal um.

Auf den Ländereien fand sich keine Menschenseele, die noch auf dem Weg hierher war. Er hätte erwartet Sirius hier zu sehen, zumindest um Potter bei seiner Farce zu unterstützen, aber anscheinend… nun… Draco schaute stirnrunzelnd zurück zu dem Mann neben Potter, als Shaklebolt aufstand.

Der neue Zaubereiminister trat vor den schattenhaften Sarg um etwas zu sagen.

„Das ist so erbärmlich“, murmelte sein Vater laut genug, dass Draco es gerade noch hören konnte. Narcissa schlug ihm sanft gegen den Oberschenkel.

„…weshalb Hogwarts ein mehr als geeigneter Ort für seine letzte Ruhe scheint“, fuhr Shaklebolt unbeeindruckt fort. „Snape hat, während seiner Zeit als Direktor, alle Schüler auf eine Weise beschützt, die wir erst jetzt wirklich verstehen können. Er hat sie vor Voldemorts Zorn –“ Lucius zuckte so heftig zusammen, dass Narcissa ihre Hand fest in sein Bein grub. „– geschützt, so gut er konnte, indem er Voldemorts Vertrauen genutzt hat um sich außerhalb seiner absoluten Kontrolle zu bewegen. Es waren kleine Dinge, aber selbst die kleinsten Dinge können einen Unterschied machen. Wir wollen uns nicht ausmalen, wie viel dunkler das letzte Jahr in Hogwarts ohne Severus Snape gewesen wäre.“

Lucius schnaubte leise. „Er hat sich nur alle Türen offengehalten. Das verstehen die dämlichen, gutgläubigen Gryffindors natürlich nicht.“

„Lucius“, zischte Narcissa, während sie ihre Fingernägel tief in Lucius‘ Bein grub.

Shaklebolt hatte schon angefangen in ihre Richtung zu schauen. „Aufgrund dieser Taten haben wir uns dazu entschieden sein Portrait auch im Büro der Direktoren aufzuhängen, auch wenn er seinen Posten verlassen hat. Und so wie diejenigen, die ihr Leben im Kampf um Hogwarts gelassen haben, wird er hier beigesetzt, damit die kommenden Generationen sich an ihn erinnern können. Danke für Ihr…“ Er schien sich selbst unterbrechen zu müssen. „…Kommen. Ich bin mir sicher, dass Severus das zu schätzen gewusst hätte – auch wenn er es nicht gezeigt hätte.“

Verhaltener Applaus erklang, als Shaklebolt sein Podium verließ und sich wieder setzte. Draco hob die Hände, nur damit Lucius über Narcissas Schoß griff und sie wieder herunterdrückte. Er schaute seinen Vater perplex an, aber Lucius‘ Blick lag auf dem Podium und brodelte wie frisch geschürte Kohlen.

Potter war vorgetreten. Er wirkte so nervös, als müsste er es erneut mit einem Ungarischen Hornschwanz aufnehmen. „Snape und ich sind nie gut ausgekommen“, sagte er. „Und ich glaube nicht, dass sich das geändert hätte, wenn er überlebt hätte. Aber er hat sich trotz allem überwunden mir zu helfen Voldemort ein Ende zu setzen. Er war nicht besonders freundlich oder fair, aber am Ende wollte er das Richtige tun, und er war der wahrscheinlich mutigste Mann, den ich gekannt habe. Wir sollten ihn dafür respektieren, auch wenn er ein schwieriger Mensch mit einem schwierigen Leben war.“

Potter atmete schwer aus und wollte zurück auf seinen Platz, zögerte dann aber. „Danke“, murmelte er und hastete zu seinem Stuhl zurück. Der schwarzhaarige Mann klopfte ihm auf die Schulter, und Draco war sich ziemlich sicher, dass es –

„Wenn niemand mehr etwas sagen will…“ Shaklebolt war wieder nach vorne getreten und blickte hoffnungsvoll in die Runde. Als Shaklebolt an ihm hängenblieb, blickte Draco schnell auf den leeren Stuhl vor ihm. Niemand wollte noch etwas sagen, und Shaklebolt räusperte sich über die Pause hinweg. „…dann verabschieden wir uns jetzt.“

Er zog seinen Zauberstab und richtete ihn auf den Sarg, dessen Deckel sanft zuklappte. Dann wurde er in die Luft gehoben, drehte sich halb herum, bis der Fuß auf die wenigen Zuschauer blickte, und sackte auf den Boden ab. Die Erde tat sich auf und streckte sich dem dunklen Sarg wie ein Paar ausgebreiteter Arme entgegen. Sie fing ihn sanft auf, bevor sie ihn herunterzog. Eine Decke aus sattgrünem Gras rollte sich über die Erde, dann war der Sarg und Professor Snape verschwunden. Nur ein schlichter Grabstein gab einen letzten Hinweis darauf, wo er zu finden war.

Draco saß auf seinem Stuhl und schaute den Stein an. Er wartete darauf etwas zu fühlen, fand aber nur eine große Leere in sich. Er erinnerte sich an das letzte Mal, als er Professor Snape gesehen hatte. Daran, wie kalt und herablassend er gewesen war. Seit Dumbledores Tod hatte er keine netten Worte für Draco gehabt, aber er hatte ihn auch nicht im Stich gelassen.

„Draco, komm schon.“ Narcissa berührte ihn sanft am Arm und nahm ihre Hand erst weg, als er endlich aufstand. Lucius stand schon und blickte mürrisch zu Potter, dessen ungeteilte Aufmerksamkeit dem Stein gehörte. Seine Gryffindor-Freunde waren ihm dorthin gefolgt und tuschelten leise miteinander.

Draco wäre gerne näher dorthin gegangen, aber Lucius‘ Arm kam ihm in den Weg. Er blieb, wo er war, schaute seinen Vater aber ärgerlich an.

Lucius merkte wenig davon. „Grässlich. Wenn Severus das gehört hätte, würde er sich jetzt da unten umdrehen. Und es ist nicht einmal jemand vom Tagespropheten hier um Potters Großherzigkeit öffentlich zu machen.“

Während Narcissa Lucius eifrig beipflichtete, tippte jemand Draco auf die Schulter. Er drehte sich zu Theodore um, der wohl gedacht hatte, dass er sich an ihn heranschleichen könnte.

„Du bist wieder draußen, hm?“, fragte er.

„Nein, ich bin eine Projektion deines wirren Verstandes. Vielleicht solltest du darüber mal nachdenken.“

„Du siehst nicht viel besser aus. Und deinen Humor hast du auch vergessen“, sagte Theodore.

Daphne trat an seine Seite und hakte sich bei Theodore ein, ihre kleine Schwester im Schlepptau. „Hallo, Draco“, sagte sie vorsichtig, als könnte er an zu lauten Stimmen zu Bruch gehen. „Sicher, dass du schon draußen herumlaufen solltest?“

„Würde es dir besser gefallen, wenn ich krieche?“, fragte Draco.

„Ich finde, er sieht ganz gut aus“, sagte Daphnes Schwester, Astoria oder Asteria; Draco hatte sich nie die Mühe gemacht es sich zu merken. „Nach allem, was Daphne mir erzählt hat, dachte ich, du siehst aus wie ein angebranntes Hähnchen.“

Daphne schaute auf sie herunter und presste zwischen den Zähnen ein warnendes „Astoria“ hervor.

„Na ja“, sagte Draco schulterzuckend und spürte das Ziehen der verkrampften Muskeln zwischen seinen Schulterblättern. „Ich hab wie eins gerochen.“

Astoria, die leicht pink um die Nase geworden war, schien das zu schätzen zu wissen und schenkte Draco ein kleines Lächeln. Fast im selben Moment spürte Draco wieder die Hand seiner Mutter auf seinem Arm.

„Theodore“, grüßte sie. „Wie nett dich hier zu sehen. Es geht dir hoffentlich gut. Du kommst zurecht, meine ich?“

„Wie wahrscheinlich ist es wohl, dass es ihm gut geht? Sein Vater sitzt in Askaban und wird nie wieder Tageslicht sehen“, murmelte Lucius. „Die Sonne schafft es nicht einmal im Sommer dorthin, glaubt mir.“

Theodore wich die Farbe aus dem Gesicht, aber er hielt sein Kinn aufrecht und schaffte es keine Miene zu verziehen. Daphne umklammerte seinen Arm fester. Sie sah aus, als würde sie Lucius gerne eine Handvoll Dreck ins Gesicht werfen.

„Du kannst immer vorbeikommen“, sagte Narcissa. „Wenn du irgendetwas brauchst.“

„Wenn du es an den Pfauen vorbeischaffst“, korrigierte Draco.

Theodores Lippen zuckten in ein kleines Lächeln. Er klopfte sanft gegen Dracos Schulter – und die kurze Berührung ging durch seinen ganzen Rücken. Jede neue Hautzelle schien sich zu beschweren und wie unter heißen Kohlen aufzuglühen. Draco atmete schwerer aus, versuchte aber – zur Abwechslung – kein Drama zu veranstalten.

Theodore nahm die Hand weg und schaute diskret entschuldigend zur Seite.

„Merkwürdig Potter so über Professor Snape reden zu hören, nicht wahr?“, fragte er und bekam ein Nicken von Daphne und stumme Zustimmung von Draco. „Wir wollten runter nach Hogsmeade und ein Butterbier trinken. Möchtest du mitkommen?“

„Ich –“

„Draco soll sich nicht überanstrengen“, sagte Lucius kühl.

Draco klappte den Mund wieder zu und vermied es Theodore oder irgendwen anzusehen. Ihm würde nicht gefallen, was auch immer er in ihren Gesichtern nach so einer Unterbrechung finden würde.

„Gut. Wir… sehen uns“, sagte Theodore und ging erst, als Draco zum Abschied nickte. Daphne winkte ihm knapp.

„Erhol dich gut“, sagte Astoria, bevor sie ihrer Schwester folgte.

Es dauerte einen Moment, bis Draco seinen Vater ansah und er bekam nichts als seinen Hinterkopf zu sehen.

„Bei Merlins Bart“, murmelte Lucius. „Was will der denn jetzt?“

Draco schluckte seinen Ärger herunter und schaute an seinem Vater vorbei. Potter kam auf sie zu. Für einen Moment dachte er, dass er einfach keinen besseren Weg vorbei gefunden hatte, dann blieb er aber eine gute Armlänge entfernt stehen. Er wirkte weniger nervös, fühlte sich aber merklich unwohl. Draco hatte ihn jeden Tag seit dem zweiten Mai gesehen, und nie hatten sie einander länger als nötig angesehen. Er sah auch jetzt keinen Grund das zu ändern. Während Potter damit haderte, wem er die Hand geben sollte, schaute Draco an ihm vorbei.

Der schwarzhaarige Mann neben Potter hob eine Hand in seine Richtung, ein verschmitztes Lächeln auf den Lippen. Es war Black. Dracos Herz setzte einen Schlag aus. Er hatte es gewusst und war trotzdem überrascht. Black hatte sein Haar geschnitten; von der langen, fast wilden Mähne waren nur noch ein oder zwei Zentimeter mehr als bei Draco selbst übrig. Der Schnitt legte sein Gesicht frei, das auch eingerahmt von den langen Strähnen noch grässlich attraktiv gewesen war, aber jetzt wurde es einem fast aufgedrängt wie gut er aussah. Auch nach Askaban und zwei Kriegen noch. Draco dachte an seinen Vater, an die tiefen Schatten unter seinen Augen, die zunehmenden Falten und die zittrigen Hände, die ihm nicht einmal erlaubten sich ohne Verletzungen zu rasieren.

Sirius grinste ihn an und bekam einen von Lupins Ellenbogen rügend zwischen die Rippen. Es war sein Grinsen, das seinem Aussehen half. Schrecklich warm, leicht hochmütig und widerlich ansteckend. Draco schaute weg, aber aus dem Augenwinkel sah er, wie Sirius sich von Lupin löste und Potter folgte.

„Es ist sehr… ähm, nett, dass Sie gekommen sind.“ Potter bekam endlich den Mund auf.

„Mr. Potter.“ Narcissa streckte ihre Hand aus und ließ zu, dass Potter sie griff und sanft drückte, erwiderte den Druck aber nicht. Das tat sie nie. Und es sah sehr merkwürdig aus, als Potter ein Schütteln erwartete. „Wie nett, dass Sie sich um den lieben Severus gekümmert haben. Er war ein guter, alter Freund der Familie.“

Potter zeigte ein sehr verkrampftes Lächeln und ließ Narcissas Hand etwas unschlüssig los, vollkommen überfordert, ob er sie lange genug gehalten hatte oder vielleicht zu lange. Lucius‘ Blick nach konnte er es nur falsch machen.

„Ich weiß“, sagte Potter. „Er… ähm…“

„Harry?“ Sirius trat an Potters Seite und blickte ihn forschend an. Er nickte sachte in Dracos Richtung, als würde er seinem Patensohn ein Startsignal geben.

„Black“, fuhr Lucius dazwischen. „Du bei Severus‘ Beerdigung. Ich kann es gar nicht glauben…“

Sirius lächelte kühl zurück. „Und ich kann kaum glauben, dass du noch frei rumläufst.“

Lucius verengte die Augen feindselig, aber Potter räusperte sich über ihn hinweg.

„Eigentlich wollte ich mit dir reden, Malfoy.“ Potter wandte sich Draco zu und das erste Mal seit dem Raum der Wünsche schauten sie einander an. Draco wusste nicht, was er in dem Todesfluch-Grün von Potters Augen sah, aber es war nicht die altbekannte Abscheu. Es war ihm einfach unangenehm.

Potter griff in seine Tasche und zückte seinen Zauberstab – nein, er zückte Dracos Zauberstab. Lucius zuckte wenige Zentimeter zurück, als würde er glauben, dass Potter sie vor allen Augen in die Luft sprengen würde. Narcissa packte ihn am Arm und hackte sich bei ihm ein, als hätte sie sich Daphne zum Vorbild genommen.

„Das ist deiner“, sagte Potter.

„Ich weiß“, sagte Draco.

Potter drehte den Stab herum, sodass er die Spitze festhielt und Draco den Griff nehmen konnte. „Ich brauche ihn nicht mehr.“

Draco hätte ihn vor einiger Zeit noch sehr gut gebrauchen können.

„Er hat gute Arbeit für mich geleistet, aber ich finde es nicht richtig ihn zu behalten, Malfoy“, sagte Potter und grinste schräg, als er den Zauberstab weiterhin in seiner Hand hielt, ohne dass Draco danach griff. „Aber wenn du ihn nicht willst…“

Draco reagierte instinktiv und zog den Stab aus Potters Hand. Das Weißdornholz lag perfekt und weich in seinen Händen, aber es fühlte sich nicht vertraut an. Der Stab schien sich gegen seinen Griff zu sträuben, als würde er zurück zu Potter wollen. Überall auf dem Holz waren Fingerabdrücke.

„Also…“ Potter steckte die Hände in die Hosentaschen.

„Das ist sehr aufmerksam von Ihnen“, sagte Narcissa kühl, aber betont freundlich. „Ich war es leid Lucius und Draco ständig meinen Zauberstab zu leihen.“

Potter gluckste steif.

Draco verdrehte die Augen und fing dabei Sirius‘ amüsierten Blick auf. Er drehte sich leicht von Narcissas Höflichkeitsversuchen weg und wischte mit dem Ärmel über seinen Zauberstab, den er einfach nicht von den Fingerabdrücken befreien konnte.

Sirius kam ihm einen Schritt entgegen. „Geht’s dir schon gut genug, um hier zu sein?“, fragte er.

Draco blickte nicht von seinem Zauberstab auf. Er war sich nicht sicher, was das hier sollte. Sein Abschied von Black war alles, aber nicht freundlich gewesen. Er hätte erwartet, dass er einen fiesen Kommentar an den Kopf geworfen bekommen würde, wenn sie sich das nächste Mal sahen. Ein Teil von ihm hatte befürchtet, dass er deswegen nie wieder einen Kommentar von Black ertragen müsste…

„Ich kann mich aufrecht halten“, sagte Draco. „Manche wollen schon entlassen werden, wenn sie das nicht können.“

Sirius ertrug diesen Kommentar vollkommen unbeeindruckt. „Sag mir nicht, Davies hat dich freiwillig gehen lassen.“

„Nicht ganz freiwillig“, gab Draco zu, während neben ihnen Narcissa versuchte ein ‚Ohnegleichen‘ in Smalltalk zu bekommen. Er nickte in Richtung seiner Mutter. „Ein bisschen Überzeugungskraft hat es gebraucht.“

„Das kann ich mir vorstellen. Er wird dich fürchterlich vermissen“, sagte Sirius in diesem zweideutigen Unterton, den Draco nicht ernstnehmen konnte.

„Die Freiheit scheint dir gut zu bekommen, Black“, gab Draco zurück. Er erlaubte sich einen Blick auf die perfekt sitzenden schwarzen Roben, und ein paar silberne Funken schossen aus seinem Zauberstab, als er unaufmerksam darüber wischte. „Du siehst fast wie ein normaler Mensch aus.“

Sirius gluckste zu seiner Überraschung; ein merkwürdiges Geräusch zwischen dem bedrückten Tuscheln. „Wie sah ich denn vorher aus? Wie ein Dementor?“

„Ich hätte eher an einen Inferius gedacht“, erwiderte Draco.

Sirius schüttelte den Kopf und fuhr sich gleichzeitig durch die Haare, die ihm lässig durch die Finger glitten.

„Wurdest du noch zu oft mit dem Fahndungsplakat verwechselt?“, fragte Draco. „Oder wieso musste dein Haar dran glauben?“

„Die Hälfte ist abgefackelt, als ich durch diesen Korridor gelaufen bin. Mehr als Ascheflocken sind davon nicht übrig“, sagte Sirius. Draco erinnerte sich an die angesengten Kanten in seinem Haar, aber Black hatte nie den Eindruck gemacht, als hätte ihn das groß gestört. „Kreacher hat sie mir geschnitten. Er scheint mich zwar besser leiden zu können, aber er hat mir trotzdem dieselbe Frisur meiner Teenagerzeit verpasst.“

„Vielleicht hasst er dich doch immer noch“, sagte Draco. Sirius blinzelte und schmunzelte ihn an, und auch das war schrecklich ansteckend. Jemand räusperte sich in Dracos Ohr.

„Ich bezweifele, dass das angebracht ist“, raunte sein Vater ihm zu.

Draco schaute ihn stirnrunzelnd an. „Was?“

Lucius griff ihn am Arm – der Schmerz, als er ihn mit sich zog, kam so plötzlich, als hätte er seinen Arm aus der Schulter gerissen. Draco biss ein Stöhnen zurück.

„Wenn du schon mit jemandem rumalbern musst, dann nicht mit diesen Menschen“, zischte Lucius.

Draco hatte keine Luft um zu widersprechen. Als er sich umschaute, fing er Blacks abschätzenden Blick auf, und er war froh, dass er nichts sagte, und gleichzeitig enttäuscht, dass er sich umdrehte und zu Lupin zurückkehrte.

„Schlimm genug, dass deine Mutter denkt, sie würde damit irgendetwas besser machen“, sagte Lucius und linste zu Narcissa, die tatsächlich noch immer mit Potter redete.

Draco machte sich mit einem Ruck los, der nicht einmal kräftig genug war, dass sein Vater ihn wieder ansah. Er rieb sich die Schulter. Selbst durch den Stoff seines Mantels fühlte er wie heiß sein Fleisch darunter war. Kurz stieg in ihm die Angst auf, dass seine Haut darunter aufgerissen war und wie ein Lappen herunterfallen würde, wenn er das hier auszog.

„Kann ich mich hier frei bewegen oder brauche ich dazu auch deine Erlaubnis?“, fragte Draco scharf.

„Wir werden uns nie wieder frei bewegen können, Draco“, sagte Lucius bitter.

Draco verstand das nicht als Ja, aber auch nicht als Nein. Er drehte sich um ging zwischen den Stuhlreihen hindurch zu dem inzwischen verlassenen Grabstein.

Der Stein war schlicht, aber dunkel und hob sich nur dadurch von den Felsenklippen um den Schwarzen See herum ab. Er war etwas über Kniehöhe und warf einen weitaus längeren Schatten. Auf dem dunklen Marmor hatte sich das Schattenmuster der Baumkronen verheddert und wirkte wie ein pechschwarzes Spinnennetz.

Draco blieb davor stehen und dachte daran, was darunter war. Er dachte daran, wie wütend Professor Snape auf ihn gewesen war, wie oft er ihn einen dummen Jungen genannt hatte, und wie viel Sinn das alles auf einmal ergab. Er hatte ihm nicht helfen wollen, sondern nur Dumbledore beschützen wollen. Er hatte ihm geholfen, in diesem einen Moment, als er an allem so grausam gescheitert war, weil Dumbledore es gewollt hatte. Er hatte einen Unbrechbaren Schwur geleistet, um Dumbledores Willen und nicht, weil er irgendeinen noch so kleinen Sympathiepunkt für ihn übrig gehabt hatte. Zumindest nicht mehr, nachdem Draco Schuld daran war, dass Dumbledore ein paar Meter weiter in einem extravaganteren Grab lag.

Ein Kloß drückte seine Kehle zusammen und er schluckte dagegen an. Dann drehte er sich herum, um zu seinen Eltern zurückzugehen, als jemand sein Handgelenk packte. Niemand zog. Zumindest spürte er nur das Echo des Schmerzes von eben. Draco schaute sich um.

Sirius sah verstohlen über seinen Kopf hinweg zu Lucius. „Komm schon“, murmelte er und zog Draco sanft, aber entschieden mit sich.

„Was?“ Draco stolperte ihm hinterher, weg von den Stuhlreihen und in den Schatten eines Baumes, dessen Stamm breit genug war um sie vor suchenden Blicken zu verstecken – zumindest vor halbherzig suchenden Blicken.

Sirius schob ihn hinter den Stamm, bevor er einen Blick darum warf, als würden sie von einer Horde Dementoren verfolgt werden. Dann trat er zurück und baute sich so nah vor Draco auf, dass er keinen Fluchtweg hatte, außer er wollte sich wie ein Idiot am Baum entlangquetschen.

„Ich wollte nur kurz mit dir reden“, sagte Sirius. „Und das ohne, dass dein Vater versucht mich mit seinen Augen zu töten.“

„Dafür musst du mich nicht entführen“, sagte Draco herablassend. „Du könntest deinen Mund benutzen.“

Sirius verdrehte die Augen. „Hab ich getan. Und Entführungsopfer schreien oft lauthals nach Hilfe.“ Das klang nach einer Unterstellung.

Draco reckte das Kinn. „Vielleicht überlege ich mir die Lautstärke noch.“

Sirius breitete die Arme abwartend aus, und als Draco keinen Ton von sich gab, verschränkte er sie triumphierend. Lange behielt er diesen nervtötend frustrierenden Gesichtsausdruck nicht bei, sondern setzte eine ernste Miene auf, die Draco ihm fast abkaufte. Fast.

„Du warst fertig, oder?“, fragte er, als wäre Draco beim Mittagessen gewesen.

„Du könntest wenigstens so tun, als würde er dir leidtun“, sagte Draco.

Sirius zuckte mit den Schultern. „Es hätte mich nicht gestört, wenn er irgendwo glücklich geworden wäre. Irgendwo, wo ich es nicht mitbekommen hätte.“

Draco zog eine Augenbraue nach oben. „Er hätte wahrscheinlich nicht dasselbe über dich gesagt.“

„Hast du ihn gut gekannt?“, fragte Sirius.

„Hat irgendjemand ihn wirklich gekannt?“, gab Draco zurück.

„Niemand kann vierundzwanzig Stunden am Tag eine Maske tragen, Draco. Nicht einmal Snape.“

Draco verschränkte die Arme hinter seinem Rücken und benutzte sie als Puffer, um sich gegen den Stamm zu lehnen. Er wusste nicht, was ihn weitersprechen ließ, vielleicht nur die Tatsache, dass er den Kloß noch in seinem Hals spüren konnte. „Genau das hat er aber sehr gut hingekriegt.“

„Ach, ich glaube, er hat mir nichts vorgemacht, wenn er mich verabscheut hat.“

Draco rollte mit den Augen, konnte seinen Kloß aber herunterschlucken. „Wieso bist du überhaupt hier, Black? Jeder weiß, wie wenig Professor Snape und du euch leiden konntet.“

Sirius zog ein Gesicht, als würde es ihm gar nicht gefallen, dass Draco ihm diese Frage stellte. „Ich würde lügen, wenn ich sagen würde, dass es nichts mit Harry zu tun hätte. Es war ihm wichtig, dass ich hier bin. Und Snape hätte es gehasst.“

„Wow, du bist so erwachsen“, sagte Draco und ließ den Sarkasmus wie Honig von seiner Zunge tropfen.

„Was ist mit dir? Gerüchte sagen, deine Familie will gut da stehen“, sagte Sirius. „Ich weiß nicht, wie viel Wahres da dran ist.“

„Was interessiert es dich, Black?“

„Du bist früher aus dem St. Mungo’s geschlichen, obwohl du bisher keinen Fuß aus unserem Zimmer gesetzt hast“, sagte er. „Und Davies hat dich sicher sehr ungerne gehen lassen. Das hier ist wichtig für dich.“

Draco schaute kurz zur Seite und horchte auf die Stimmen, die noch immer leise miteinander sprachen, als könnte man die Toten sonst wecken. „Du weißt, was er für mich getan hat. Er wäre gestorben um mich zu beschützen. Er hat es geschworen. Auch, wenn er es nur gesagt hat, um nicht beim Dunklen Lord aufzufliegen, sollte ich hier sein.“

Sirius seufzte, dann legte er eine Hand auf Dracos Oberarm. Die Wärme seiner Hand sickerte auch durch Dracos Mantel. Er merkte, wie die Wärme durch seinen Körper wanderte und diesmal hatte es nichts mit den Schmerzen in seinem Rücken zu tun.

„Das bleibt unter uns“, raunte Sirius. „Snape war kein Idiot. Er hätte einen Weg gefunden sich aus dem Schwur rauszureden, wenn er dich auf keinen Fall hätte beschützen wollen.“

Vorsichtig schaute Draco wieder auf. Das dunkle Grau von Sirius‘ Augen war wärmer, als erlaubt sein sollte. Man wollte ihm glatt jeden Unsinn abkaufen.

„Er hat mich gehasst.“ Draco merkte, wie der Kloß es zurück in seine Kehle geschafft hat. „Er hat mich gehasst, weil ich versagt habe, und er…“ Er rieb über seinen linken Unterarm, wo er manchmal noch ein Brennen spürte, wenn er nachts aus dem Schlaf fuhr. „…meine Aufgabe erledigen musste. Dann musste er auf mich aufpassen, mich retten, wie einen hilflosen Welpen. Er musste, er wollte nicht.“

Sirius drückte seinen Arm sanft, und als hätte er ihn aus einem Traum gerüttelt, riss Draco sich aus seiner Reichweite. Zur Sicherheit verschränkte er die Arme miteinander.

„Wolltest du darüber mit mir reden, Black?“, fragte er scharf. „Oder dich nur über diese Farce von Trauerfeier auslassen?“

„Hey, zum Glück hat Harry das übernommen, sonst wäre Snape in Cokeworth neben seinem Vater beigesetzt worden, und dann hätte er uns alle als Geist verfolgt“, sagte Black.

Draco wunderte sich, warum er noch immer hier herumstand, aber Black machte es ihm weiter schwer mit seiner Würde zu gehen. Er würde sich nicht vorbeiquetschen.

„Wir haben uns falsch verabschiedet, Draco“, sagte er schließlich mit dieser ernsten Miene, die ihm genauso gut wie das Grinsen stand.

„Ach? Ich kann mich nicht erinnern“, log Draco.

Sirius musterte ihn leicht amüsiert. „Und ich wollte mich fast bei dir entschuldigen, aber wenn du das für unnötig hältst.“

„Wenn du dich entschuldigen willst, entschuldige dich, aber ich wüsste nicht, wofür“, sagte Draco und schielte zu Sirius hoch, der seinen Blick mit einem leichten Grinsen in Empfang nahm.

„Du könntest dich auch entschuldigen“, sagte er, aber Draco antwortete nur mit einem Schnauben. Sirius grinste etwas breiter, fast schon provozierend. „Hast du mich wenigstens ein bisschen vermisst?“

Draco fuhr mit den Fingern über die raue Baumrinde, kratzte fast nervös darüber. Ihm war zu warm in seinem Mantel. „Du hast zumindest mit mir gesprochen. Dein Ersatz hat mich angesehen, als würde ich ihn im Schlaf erdrosseln.“

„Du hast mich vermisst.“ Sirius legte sich eine Hand auf die Brust.

„Fühlst du dich dann besser? Dann würde ich darüber nachdenken, ob du mich nicht am Ende vermisst hast.“ Er hatte ebenfalls provozierend klingen wollen, aber das schien an Sirius einfach abzuprallen.

„Wir sind gut miteinander ausgekommen, Draco“, sagte er. Draco hatte diese Worte in den letzten Tagen immer wieder in seinem Kopf vor- und zurückgespult. „Wenn wir uns über den Weg laufen, spricht nichts dagegen, dass wir weiter gut miteinander auskommen.“

Draco merkte wie sich ein Stück Rinde unter seinen wandernden Fingern löste. „Vorausgesetzt mein Vater ist nicht in der Nähe, meinst du. Er würde sicher etwas sagen.“

„Das macht es nur interessanter, oder?“, fragte Sirius und zwinkerte ihm zu, als stünde die Antwort schon fest.

„Das ist vollkommen unnötig, Black“, sagte Draco. „Wir werden uns nicht wieder über den Weg laufen.“

Sirius legte den Kopf schief. Er erinnerte Draco an einen Hund, der nicht verstand, wo sein Leckerli hin war, wenn man die offene Hand schloss und es versteckte. „Du hältst unsere Welt für größer als sie ist, Draco. Was willst du machen? Dich in Malfoy Manor verstecken und den Pfauen Apportieren beibringen?“

„Ich wüsste nicht, was dich das angeht.“

Sirius schien etwas sagen zu wollen, entschied sich aber dagegen. Sein Blick driftete durch die Bäume hindurch zu den Ruinen von Hogwarts. Die Strahlen der tief stehenden Sonne brachen sich an den krummen Türmen ohne Dächern.

„Ein trauriger Anblick, findest du nicht?“ Eine rhetorische Frage, die Draco auch sonst nicht beantwortet hätte, aber er folgte Sirius‘ Blick. Seine Augen verdunkelten sich unter einem ernsten, beinahe traurigen Schatten, als die Ruinen sich darin spiegelten. „Ich war hier immer am glücklichsten. Jetzt ist es wirklich nicht mehr als ein Friedhof.“

„Man wird es wieder aufbauen“, sagte Draco und wusste nicht genau wieso.

Sirius lächelte ihn dafür an, kein Grinsen, kein hochmütiges oder provozierendes Schmunzeln, sondern ein einfaches, kleines Lächeln, das einen von Innen wärmte. „Das hoff ich auch.“

Draco wusste nicht, was er hoffte – vielleicht einfach, dass sie diesen Ort niederbrannten und er nie wieder daran erinnert werden musste – aber er widersprach nicht. Ihm war nicht danach auf Blacks Hoffnungen herumzutrampeln.

Sirius brachte sein Lächeln etwas näher, als er sich zu Draco lehnte. Ganz automatisch wich Draco mit dem Kopf an den Baumstamm zurück, aber Sirius folgte ihm und schloss die Distanz ganz unbeeindruckt wieder. Er streckte den Arm aus und deutete auf einen der höchsten Türme, der jetzt zusammengesackt auf einem Dach lag.

„Da oben war der siebte Stock.“

Draco beobachtete Blacks Arm misstrauisch, dann musterte er genauso das Gesicht, das viel zu nah an seinem war. Er spürte sein Herz in der Kehle, aber es hüpfte nie verräterisch heraus, wenn er den Mund öffnete. Zumindest bisher. „Ich bin hier nur sieben Jahren zur Schule gegangen. Ich weiß nicht einmal, wo der Eingang ist.“

Sirius überhörte den Sarkasmus. „Da oben, als Bellatrix ge…stolpert ist. Wieso hast du –“

„Draco?“ Die Stimme seiner Mutter schob sich wie der Wind zu ihm herüber. Sie war nicht laut und auch nicht leise, nur irgendetwas ungreifbares dazwischen.

„Ich glaube, du solltest verschwinden“, sagte Sirius. „Mach schnell, sonst muss ich mich hier ins Wasser werfen, wenn sie um die Ecke kommt.“

„Führ mich in Versuchung“, antwortete Draco.

Sirius trat einen Schritt zurück und machte ihm endlich genügend Platz, damit er ohne ihn zu berühren gehen konnte. Aber bevor er das tat, streckte Sirius die Hand aus. Draco schaute ihn skeptisch an.

„Wiedersehen, Draco?“ Sirius machte mit seiner einsamen Hand die Geste eines Händeschüttelns vor, als würde er es einem Kind beibringen müssen.

Draco nahm das Stück Rinde, dass er aus dem Baum gebrochen hatte, und legte es in Sirius‘ Hand. „Hoffentlich nicht.“

Sirius schaute das Stück Rinde verwirrt an, dann gluckste er. Draco schob sich an ihm vorbei und ging um den Baum herum. Er hörte ein leises Plopp, als Black die Rinde ins Wasser geworfen hatte. Draco beschleunigte seine Schritte.

Er fand seine Mutter und seinen Vater in der Nähe des Grabsteins.

„Wo warst du?“, fragte Lucius ungeduldig.

„Fischen?“, schlug Draco trocken vor.

„Spar dir den Sarkasmus.“ Lucius fuhr sich über die Schläfen, als würde ein heftiger Schmerz darin pochen. Für einen Moment wünschte Draco ihm das Echo seiner Rückenschmerzen dort. „Können wir dann jetzt gehen? Diese Farce ist doch nicht zu ertragen…“

„Komm, Liebling“, sagte Narcissa und legte ihre Hand wieder auf Dracos Arm. Er spürte sie kaum unter der warmen Erinnerung, die dort kribbelte. „Du sollst dich doch ausruhen. Das ganze Apparieren kann nicht gut sein.“ Sie führte ihn vorbei an den Gryffindors, die mit ihren falschen Trauermienen zusammen standen und sicher nur auf den Moment warteten, an dem sie ebenfalls abhauen konnten. Draco fing Potters Blick auf und fühlte nach dem Zauberstab in seiner Tasche. Er hätte fast gelächelt. Endlich musste er nicht mehr seine Mutter fragen, wenn er einen einfachen Zauber sprechen wollte. Endlich…

Vor den Toren von Hogwarts disapparierten sie, und Draco ging sicher, sich nicht noch einmal nach den Ruinen umzudrehen. Als er wieder sicheren Boden unter den Füßen hatte, musste er sich schon nach Malfoy Manor umdrehen. Der Nebel hing dick wie ein Leichentuch über dem alten Herrenhaus. Die rotorangene Sonne schaffte es auf ihrem Weg zum Horizont nur ein unheimliches Licht durch die dicke graue Nebelschicht zu werfen.

Seine Eltern traten durch das Tor und liefen die Auffahrt hoch, als wäre alles wie immer. Als wären sie gerade von einer Shoppingtour aus der Winkelgasse gekommen.

Narcissa drehte sich nach ihm um, als er nicht sofort folgte, und streckte die Hand nach ihm aus. Draco nahm sie nicht, kam aber nach. Er schlurfte durch den Kies und wirbelte den weißen Staub extra auf. Erst, als sie vor den Türen ankamen, schaute er wieder auf. Sein Vater hatte die Tür ohne zu zögern geöffnet und war schon drinnen. Narcissa wartete auf Draco. Als er eintreten wollte, streckte sie den Arm aus.

„Was wollte Sirius von dir?“, fragte sie streng, aber nicht wütend.

Draco fühlte sich ertappt. Sein Herz machte ein paar unruhige Hüpfer, als hätte er nicht eine Woche lang mehr als ein paar normale Sätze mit Black ausgetauscht.

„Was wolltest du von Potter?“, gab er zurück.

Narcissa seufzte. „Draco, wir sind nicht in einer Position, wo wir uns erlauben können… unhöflich zu sein.“

„Gut, dass du das jetzt sagst. Weil ich ziemlich unhöflich zu Black war.“

Narcissa versuchte es, aber sie konnte sich ein kleines Lächeln nicht verkneifen. Sie zog Draco am Nacken näher und küsste ihn auf die Stirn. „Geh in dein Zimmer und ruh dich aus.“ Sie strich ihm über die Wange und ließ ihre Hand liegen. Draco sagte nichts dagegen, weil Tränen in ihren Augen glänzten. „Wenn ich daran denke, dass das dein Stein hätte sein können…“

„Keine Sorge, Mutter“, sagte Draco. „Mich hätten sie niemals in Hogwarts beigesetzt.“

Narcissa blinzelte ihre Tränen kopfschüttelnd weg und klopfte sanft gegen Dracos Wange. Dann schickte sie ihn in Richtung Treppen, und als müsste sie sicher gehen, dass er nicht abbog und wieder aus der Tür schlich, folgte sie ihm dorthin.

„Mistress?“ Taffy schlich aus einer Ecke. Er hielt einen Korb mit Phiolen in den Händen. Sein Auge war in der Zwischenzeit noch weiter zugeschwollen, bis Draco fast Mitleid mit ihm hatte. Vielmehr aber fragte er sich, wie er so noch sehen konnte, mit wem er sprach. „Taffy hat die Hausapotheke geordnet und festgestellt, dass einiges fehlt. Wermut, Schlangenzähne, Gänseblümchenwurzel, Murtlaptentakel –“

„Und was geht mich das an?“, fragte Narcissa entnervt.

Draco hatte zugehört und war sich ziemlich sicher, dass Taffy Tränke brauen wollte, die sein verletztes Gesicht wieder in Ordnung bringen sollte.

„Taffy wollte in die Winkelgasse, um alles aufzustocken.“

„Meinetwegen“, winkte Narcissa ab. „Aber heute ist Sonntag. Du wirst morgen gehen müssen.“

Taffy verbeugte sich tief.

„Ich kann das machen“, sagte Draco.

Taffy fiel vorne über und landete auf seiner zerknautschten Nase. Narcissa schaute Draco an, als hätte sie einen bösen Doppelgänger vor sich.

„Davies meinte, dass ich an die frische Luft soll“, sagte er, auch wenn Davies so etwas nie wirklich gesagt hatte. Oder er hatte es überhört. Davies sagte viele Dinge, wenn der Tag lang war, und nachdem Black weg gewesen war, war jeder Tag lang gewesen. „Ich kann das erledigen, Mutter. Oder vertraust du Taffy mehr mit Gold als mir?“

„Davies hat das gesagt, ja?“ Narcissa schien nicht überzeugt und schaute auf Taffy herunter, der den Blick senkte, als wären Dracos Worte seine Schuld. „Nun, meinetwegen. Aber nur, wenn es dir morgen besser geht. Jetzt geh nach oben. Taffy wird dir später etwas vom Abendessen bringen.“

Draco nickte und stieg unter dem strengen Blick seiner Mutter die Stufen nach oben. Erst oben auf der Galerie ließ sie ihn aus den Augen und redete forsch auf Taffy ein. Draco glitt in die Schatten des Korridors und außer Hörweite seiner Mutter. Sein Zimmer lag ziemlich am Ende des dunklen, hohen Korridors. Starrende Statuen und alte Portraits rahmten seinen Weg. Der schwere Teppich schluckte seine Schritte, aber man hörte das Haus weit über sich und in den Tiefen des Kellers knarren. Wenn man zu genau hin hörte, erinnerte man sich an die echten Schreie, die noch vor kurzem aus dem Keller gekommen waren.

Draco ging den Korridor herunter und je näher er dem Ende kam, desto mehr erinnerte der dunkle Vorhang vor dem Fenster ihn an jenen Moment, als er genau hier in den Dunklen Lord gelaufen war. Seine blutroten Augen stierten ihm aus der Erinnerung entgegen, seine zischelnde Stimme schien sich in den Dielen und Wänden verfangen zu haben, und sein Schatten tauchte hinter jeder Ecke auf.

Draco schlüpfte blitzschnell in sein Zimmer und schlug die Tür panisch zu. Sein Herz raste und er bekam so wenig Luft, als würde es mit jedem Schlag versuchen aus seiner Kehle zu kriechen. Draco versuchte es herunterzuschlucken und scheiterte kläglich.

Sein Zimmer war dunkel. Die Vorhänge waren aufgezogen, aber nur dicker Nebel waberte vor seinen Fenstern. Wie vor ein paar Monaten, als die Dementoren ihre Runden durch ihre Gärten gezogen hatten.

Draco schaute sich um, hektisch und verfolgt. Er war seit Ostern nicht mehr hier gewesen, aber jeder Schatten schien vertraut. Vor jedem einzelnen hatte er sich gefürchtet, und er konnte es nicht erwarten hier rauszukommen. Selbst wenn er dafür die Arbeit eines Hauselfen übernehmen musste…


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Hoch motivierte Angestellte vergessen morgens aus der S-Bahn auszusteigen, weil sie unbedingt das Kapitel zu Ende lesen müssen. Seit die Potter-Bücher auch in den Chef-Etagen aufgetaucht sind, häufen sich im Management die plötzlichen Krankmeldungen.
Meike Bruhns, Berliner Zeitung