von Minerva82
Kapitel 3 Schmerz
Welle um Welle, Pulsschlag um Pulsschlag brandete der Schmerz in ihr auf. Er war so allumfassend, dass er alle Sinne vereinnahmte. Unmöglich einen klaren Gedanken zu fassen. Bunte Lichter tanzten vor ihren Augen. In ihren Ohren rauschte das Blut. Im einen Moment fröstelte sie, im nächsten schien sie schier vor Hitze zu vergehen. Was geschah hier? Sie wollte schreien. Den ganzen Schmerz herausschreien. Aber sie brachte nur ein heiseres Keuchen hervor. Dann war da wieder das blasse Gesicht des Tränkemeisters dicht über ihr. Sie hörte seine Stimme wie aus weiter Ferne, verstand aber seine Worte nicht. Erneut spürte sie das Leinentuch auf ihrem Gesicht, nahm den süßlichen Geruch wahr. Dann versank sie wieder in Bewusstlosigkeit.
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Als sie dieses Mal erwachte, war es vollkommen still um sie herum. Der überwältigende Schmerz war einem dumpfen Pochen in ihrem Rücken und dem Gefühl völliger Erschöpfung gewichen. Fahles Mondlicht fiel durch das einzige kleine Fenster in den Raum. Sie hatte jegliches Zeitgefühl verloren. Wie lange lag sie schon hier. Stunden? Tage? Was war geschehen? War sie von Snape gefoltert worden? Hatte sie die Auswirkungen eines Crucio erdulden müssen? Oder war es der Trank gewesen, den er ihr zu Beginn eingeflößt hatte? Noch einmal lauschte sie in die Stille hinein, versuchte herauszufinden, ob sie wirklich alleine war in dem Raum war, oder ob sich jemand außerhalb ihres Sichtfeldes aufhielt. Nichts. Doch. Da. Schritte. Aber von außerhalb des Raumes. Sie kamen näher, wurden lauter. Das Echo hallte von den Steinmauern wider. Ein Klicken. Ein Schlüssel drehte sich im Schloss. Mit einem Ächzen schwang die Tür des Kerker auf, und jemand stürmte herein. Hastig schloss sie die Augen wieder. Er sollte nicht merken, dass sie wach war.
Sie hörte, wie er im Raum auf und ab ging, wie er seinen Umhang über einen Stuhl warf. Und dann Stille. Vorsichtig spähte sie unter halb geschlossenen Lidern hervor. Dort stand er, an den Tisch gelehnt. Sein Gesicht wirkte fahl und eingefallen im Mondlicht. Er sah erschöpft aus. Sein Blick wanderte durch das Halbdunkel des Raumes und blieb auf ihr haften. Schnell schloss sie die Augen wieder. Einen unerträglichen Moment geschah gar nichts. Dann hörte sie, wie er an die Liege herantrat. Ihr Herz pochte heftig. Trotzdem versuchte sie ruhig und gleichmäßig zu atmen. Dann spürte sie plötzlich seine Hand an ihrem Hals. Seine Finger tasteten nach ihrem Puls.
„Es hat keinen Sinn, mir etwas vorzuspielen.“, hörte sie da seine samtweiche Stimme. „Lumos!“ Ertappt öffnete sie die Augen und blinzelte ins aufflammende Fackellicht. Wieder Schritte auf dem Flur. Snapes Haltung und Gesichtszüge versteiften sich schlagartig. „Kein Wort!“, zischte er ihr zu. Seine Augen funkelten bedrohlich. Es klopfte. „Herein!“ Die Stimme des Tränkemeisters hatte wieder vollkommene Ausdruckslosigkeit angenommen. Erneut öffnete sich die Tür und das kantige Gesicht von Amycus Carrow schob sich herein. „Direktor, ich habe sie zurückkommen gesehen. Gibt es neue Befehle?“ Snape ließ sich Zeit mit der Antwort, begann mit den Tiegeln und Gerätschaften auf dem Tisch zu hantieren. „Der dunkle Lord...“, begann er schließlich, ohne Carrow anzusehen. „...ist äußerst unzufrieden damit, dass es immer noch keine Spur von Harry Potter gibt.“ Carrow nickte. Jetzt erst schien er die an die Liege gefesselte Hauslehrerin der Gryffindors zu bemerken. „Und sie weiß auch nichts?“, fragte er in ihre Richtung deutend. Snape wandte sich langsam zu ihr um, während er mit einem Metallstab in einem Glasbehälter rührte. „Bisher verlief das Verhör ergebnislos. Sie erweist sich als äußerst... zäh. Aber das dürfte nur noch eine Frage der Zeit sein.“ Er hielt den Glasbehälter gegen das Licht und musterte prüfend die grünlich schimmernde Flüssigkeit. Dann machte er ein paar schnelle Schritte auf sie zu, hob wieder ihren Kopf an, gröber diesmal, und hielt ihr das Glas an die Lippen. Sie war so überrumpelt von dieser plötzlichen Aktion, dass sie sich nicht zur Wehr setzte und widerstandslos den Mund öffnete. Dieser Trank schmeckte anders als die vorigen, nicht so bitter, eher erfrischend. Er zog seine Hand genauso abrupt wieder unter ihrem Kopf hervor und wandte sich wieder dem hämisch grinsenden Amicus Carrow zu. „Erhöhen Sie die Sicherheitsvorkehrungen. Falls irgendjemand im Schloss in Verbindung mit Potter steht, will ich es wissen.“ Carrow nickte militärisch. „Jawohl, Sir.“
Als sich die Türe hinter ihm schloss, schien Snape in sich zusammenzusinken. Aus müden Augen blickte er zu ihr herüber. „Eine Nacht noch.“, sagte er dann matt. Was wollte er damit sagen?
„Severus, ich verstehe nicht.“
„Das werden sie.“
Mit diesen Worten verschwand er aus ihrem Blickfeld. Das letzte, was sie hörte, war das Klacken einer Tür, die vermutlich in einen Nebenraum führte.
Was sollte das alles? War das irgendein makabres Spiel? Ein ausgeklügelter Trick, um ihren Willen zu brechen? Und was hatte er vorhin von einem Verhör gesagt? War sie von Snape verhört worden? Sie konnte sich nicht erinnern. Oder war er mit Hilfe von Legelimentik in ihren Geist eingedrungen...Es ergab alles keinen Sinn....
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