von käfer
Galadriel winkt mich zu sich und bedeutet mir, ihr zu folgen. Hintereinander gehen wir auf einem schmalen Pfad unter dem goldgrünen Blätterdach der Bäume Lóriens, zwei schweigende Damen in Weiß.
Galadriel bewegt sich beim Gehen kaum, würde nicht das Laub im Rhythmus ihrer Schritte rascheln, könnte man meinen, sie schwebe.
Stundenlang laufen wir so, verlassen den Wald, nähern uns einem Gebirge. Auf einer Kuppe am Fuße eines besonders hohen Massivs hält Galadriel an, dreht sich abrupt zu mir um und beginnt mit einer Stimme zu sprechen, die mir das Blut in den Adern gefrieren lässt: „In ihren Erzählungen berichteten unsere Alten von Toren zwischen verschiedenen Welten, doch nur wenige hatten die Gabe, diese Tore zu finden und zu durchschreiten und lediglich einzelnen Eingeweihten war es gestattet, die Tore zu benutzen und Wissen von einer Welt in die andere zu bringen.
Du magst vielleicht die Gabe haben, aber du bist nicht eingeweiht. Aber nach Mittelerde gehörst du auch nicht, also geh.“
Wie betäubt stehe ich da und versuche, den Sinn ihrer Worte zu erfassen. Was habe ich denn getan, dass diese Frau mich so hasst? Hasst sie mich wirklich oder bin ich einfach nur ein Fremdkörper im Reich der Elben? Legolas…
„Gehe hinein in die Minen von Doria. Nicht weit hinter dem Eingang befindet sich eine Brücke und in den Tiefen darunter ist das Tor. Spring hinunter, wenn du den Mut hast, finde den Weg in Deine Welt oder den Tod. Tu was du willst, aber verlasse Mittelerde. Du bringst den Lauf der Dinge durcheinander.
Geh jetzt, sofort. Ich wünsche Dir Glück auf Deiner Fahrt.“
Sie dreht sich um und geht zurück. Nach ein paar Schritten scheint sie sich aufzulösen. Natürlich muss jemand wie die Elbenkönigin nicht meilenweit zu Fuß gehen. Sie hat es nur getan, um mich, die Fremde, den Störenfried, wegzubringen. „Spring hinunter, wenn du den Mut hast, finde den Tod“ hat sie gesagt. Genau das ist es, wonach ich mich sehne. Kurz entschlossen wende ich mich dem Gebirgsmassiv zu, wo ich undeutlich den Eingang in diese Minen sehen kann. Hoffentlich sind dort keine Bergleute mehr, die mich von dem Sprung in die Tiefe abhalten könnten.
Nicht lange und ich stehe vor einem gigantischen Tor in den Berg. Die Brücke kann ich auch schon sehen. Ohne eine Sekunde zu zögern, gehe ich auf sie zu. In ihrer Mitte halte ich an und spähe in die Tiefe. Es scheint der Schlund eines Vulkans zu sein, unter mir kocht und brodelt eine glühende Masse. Einen Sturz dort hinein kann man unmöglich überleben. Und doch schiebt sich vor meine Augen das vage Bild eines schwarzen Loches in der Kraterwand, ich habe das Gefühl, dass mich eine unsichtbare Kraft dorthin zieht.
Ärgerlich schüttele ich mich und springe.
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