von NadineWeasley
Der junge Mann fuhr Hermine ein letztes Mal über die Haare, drückte ihr einen leichten Kuss auf die Stirn und ging schließlich leise aus dem Raum. Hinter sich schloss er die Tür und ging die Treppe herunter. "Sie schläft", sprach Ron nur, als ihn gut ein halbes Duzend Augenpaare ansahen. Er setzte sich auf einen Stuhl, schwieg und blickte ins Leere.
Nie wieder könne er sich ins Gesicht sehen, nie wieder würde er ihr unter die Augen treten können. Wie konnte Ron Weasley nur zulassen, dass Hermine jemals so etwas schlimmes widerfährt? Wieso ist er nicht einfach aus dem Keller geflohen und hatte sie aus Bellatrix scheußlichen Fängen befreit? Sie hatte schon so vieles durchmachen müssen, aber dieser Abend war eindeutig die Spitze seiner Unfähigkeit gewesen!
Nicht nur, dass er sie seit dem Tag, an dem sie sich kennengelernten, als lästig und nervig titulierte, Ron tat ihr ständig weh und ließ sie immer wieder im Stich. Er machte sich letzten Winter aus dem Staub, als es für ihn ungemütlich wurde. Er stritt sich mit Harry, also musste auch Hermine darunter leiden. Schließlich war Hermine auf Harrys Seite und hielt ihn wohlmöglich noch für den Besseren. Sie entschied sich ganz deutlich für Harry und gegen ihn, Ron. Also sah er sich in all seinen Vermutungen bestätigt und musste aus dieser schmerzvollen Situation fliehen. Um seiner Selbstwillen.
So und so ähnlich hatte Ron sein Verschwinden gerechtfertigt. Dass dies absoluter Schwachsinn war, war ihm genauso bewusst wie die Tatsache, dass er so schnell wie irgendwie möglich zurück musste.
Hermine wusste in jeder Situation, was das Beste war. Sie hielt zu Harry, weil die gemeinsame Sache wichtiger war als dumme Eifersüchteleien. Bei seiner Rückkehr hatte Harry ihm gesagt, dass Hermine für ihn wie eine Schwester war und Ron schämte sich nun noch mehr für sein Verschwinden. Hermine hatte ihn, nach ihrem Ausraster, keines Blickes mehr gewürdigt. Und Ron konnte sie nur zu gut verstehen. Wie sollte sie ihm verzeihen können, wenn er selbst es nicht einmal konnte?
Und nun das! Jedes Versprechen, welches er sich selbst und ihr gab, brach er. Er würde die Suche nach den Horkruxen mit seinen Freunden gemeinsam beschreiten - versagt. Er würde in jeder Situation zu Harry stehen - versagt. Er würde sie vor allem und jedem beschützen - versagt. >Versager!<, brüllte eine Stimme in seinem Kopf, immer wieder und immer lauter.
Um ihn herum gingen seine Freunde vorbei und sagten, sie würden jetzt schlafen gehen. Bill sprach: "Geh schlafen, Ron. Du hast alles Machbare für Hermine getan. Sie ist hier in Sicherheit, ihr seid alle in Sicherheit. Nutz die Ruhe und schlaf dich einmal richtig aus." Ron konnte nicht glauben, was er gerade gehört hatte. Er solle sich ausruhe? Während Hermine Höllenqualen durchlitt? Mit dem letzten bisschen Beherrschung presste er seinen Kiefer auseinander und schüttelte nur den Kopf. "Gut, wie du meinst. Aber du wirst ihr keine Hilfe sein, wenn du morgen total übermüdet bist." Einen Augenblick herrschte Stille. "Lösch das Licht, wenn du ins Bett gehst, hörst du?" Ron nickte und hörte seinen Bruder die Treppe hinauf gehen. Ohne lange zu überlegen erhob sich Ron und machte das Licht aus. Doch anstatt ins Bett zugehen, setzte er sich wieder auf den Stuhl und gab sich erneut seinen Gedanken hin.
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