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Fanfiction

Knowing much is not enough to be wise... - TheRaven

von LadyPeverell

Vorwort:

Dies ist ein Oneshot zu einer Figur, aus einer meiner FanFictions. Man muss diese FanFiction allerdings nicht unbedingt gelesen haben, um den Sinn dieses Oneshots zu verstehen.
Dennoch hoffe ich, dass alle diesen Oneshot verstehen werden, ob gleich einigen vielleicht die Hintergründe für gewisse Handlungen fehlen.

LadyPeverell




TheRaven


You only see,
what your eyes want to see
How can life be, what you wanna to be
You’re Frozen
When your Hearts’s not open

( Madonna – Frozen )



Sie war gefangen. Gefangen in ihrem Leben, gefangen in ihr selbst, einzig ihre Gedanken waren frei. Nein, eigentlich waren nicht einmal ihre Gedanken frei. Immer nur kreisten sie um diesen einen Moment, der Moment in ihrem Leben der sie gelehrt hatte niemals wieder jemandem zu vertrauen, der Moment, der in ihr unvorstellbare Ängste heraufbeschworen hatte, der Moment seit dem sie niemals wieder sie selbst sein würde. Dieser eine Augenblick, der vor so vielen Jahren sie selbst und ihre Einstellung dieser Welt gegenüber geändert hatte.
Das Zimmer, in dem sie unaufhaltsam auf und ab tigerte, war düster, kalt und vollkommen abweisend eingerichtet. Um ihre Schultern lag ein schwerer, schwarzer Umhang, man hätte meinen können sie bräuchte ihn aufgrund der frostigen Stimmung in diesen Hallen, doch eigentlich schien sie unter dem Drachenleder zu schwitzen. Auf dem kleinen, niederen Tisch, dessen Platte aus Granit bestand brannte ein einzige, kleine Kerze vor sich hin und begann, jedes Mal wenn sie an dem Tisch, mit einiger Entfernung vorbei rauschte, zu flackern und drohte zu erlischen. Die Vorhänge waren zugezogen, vertrieben das Licht der Sonne aus den finsteren Hallen und die kleine Flamme spendete bei weitem nicht genug Licht um den gesamten Innenraum der Kammer zu erhellen. Neben ihrem kläglichen Versuch auch nur die Tischplatte mit Helligkeit zu versorgen, schienen einige große sternenförmige, scharfkantig geschliffene, weiße Kristalle, die den Raum mit einem gleißenden Licht ausstrahlten, das dem der Sterne die Stirn bot. Nun allerdings war ihr Licht fast erloschen und nur noch schwach schillerten ihre Lichter, während die Kerze immer weiter hinabbrannte.
Das silberne Wachs lief bereits über den Rand des Messingständers, auf dem die einst hohe Kerze platziert war.
Die Frau blieb stehen, abrupt machte sie direkt vor dem kleinen Licht Halt, starrte angstvoll in die Flamme, die in ihren dunkelblauen Augen gespiegelt wurde und ihre Pupillen vergrößerten sich, ob vor Angst oder dem plötzlichen Lichteinfall, wusste sie nicht recht. Langsam glitt ihre rechte Hand unter den Umhang, den Blick immer weiter auf die Kerze gerichtet, zog sie langsam ihren Zauberstab hervor. Von weißen, hölzernen Efeuranken, die sich den langen, dürren Stab hinaufzogen, umgarnt war das Holz des Stabes dunkelbraun und er wirkte etwas knorrig. Zur Spitze hin, wurde das Holz immer heller, bis es schließlich in einem haselnussfarbenen Ton endete. Mit zitternden Fingern richtete sie das Zauberholz auf die Flamme, sie schwitzte, der Stab rutschte in ihrer Hand kurz etwas nach unten, sie schien es sich anderst zu überlegen, doch die Angst siegte. „Aquamenti.“, flüsterte sie, ihre Stimme klang kratzig, fürchterlich leise und erfüllt von dem Klang der blanken Angst. Es brauchte keine fünf Tropfen des Wassers, das aus der Spitze des Stabes quoll, um das Licht der Kerze unwiderruflich erlöschen zu lassen.
Langsam schwand die Angespanntheit aus ihren Muskeln, die Angst wich jede Sekunde etwas mehr aus ihren Augen, die wieder zu schillern begannen, wie die tiefe, azurblaue See und zögernd sank ihre Hand, in der das Holz lag, wieder zurück unter ihren Mantel.
Feuer. Feuer war ihre größte Angst. Im ganzen Haus würde man nichts finden, was brennbar war, keinen einzigen Ofen würde man finden, man könnte jede Nische durchsuchen, man würde keinen Holzscheit finden. Die Mauern des riesenhaften, uneinladenden Hauses bestanden aus soliden, steinernen Mauern, die aus hellgrauem, Kälte ausstrahlendem Felsgestein bestanden. Das Haus wirkte, als stünde es bereits seit hunderten von Jahren dort, im Felsen verankert, über den Steilklippen Irlands, doch war es erst vor etwa zwei Jahren aus dem Felsen geschlagen worden. Eigentlich konnte man es nicht als Haus bezeichnen, eher als Festung, so ragte es über die Fluten, die unerbittlich gegen die scharfen Felsen donnerten und war von Irlands saftigen, grünen Wiesen aus nicht sichtbar. Vor den Blicken der Welt versteckt lebte die Hexe vergab von jeglicher Zivilisation, sie hatte sich zurückgezogen, in die Feste, die über der Gischt des Meeres thronte und uneinnehmbar, vor aller Welt verborgen ihr eigenes Geheimnis barg. Egal wie hoch die Wellen schlugen, die verzauberten Fenster, die einen atemberaubenden Ausblick auf die stürmische See vergönnten, hielten jeder noch so starken Welle stand.
Langsam wandte sie ihren Kopf um und blickte in den schwach, von weißem Licht durchfluteten Raum, direkt in einen schweren, von Silber gerahmten Spiegel, dessen glatte Oberfläche schien als sei sie aus Eis. In den Augen der Frau die sie anstarrte lag nun wieder die Furcht vor ihr selbst, die sie für einen Moment vertrieben hatte.
Langsam strichen ihre Blick an den Konturen des entstellten Gesichtes entlang. Erst jetzt bemerkte sie wieder, dass ihr linkes Auge sie nur getrübt mustern konnte. Es war tot und das einst dunkle blau, in dem das Auge vor Lebensfreude geschillert hatte wirkte nun hell und verschwommen. Das es noch nicht aus der Augenhöhle gefallen war, stellte das einzige kleine Wunder an ihrem Körper da. Bewegte sie ihr rechtes Auge, folgte der Blick des linken nicht, sondern starrte nur unbewegt auf einen Punkt irgendwo in der Leere. Der Knochen, über dem eigentlich die Haut der Wange liegen sollte war pechschwarz und nur an manchen Stellen hingen noch verkohlte Stücke verbrannter Haut. Einige Fetzen der verkohlten Haut hingen in ihre Mundhöhle hinein, an den weißen, auf dieser Seite überdimensional langen Zähne, hingen noch Überreste des fast vollständig verbrannten Zahnfleisches, ihre Nase war noch fast ganz, nur ein langes, ausgerissenes Stück Haut , das sich vom Nasenloch bis über den Nasenrücken zog zierte die andere Hälfte des Gesichts noch teilweise.
An ihrer Stirn brannten die langen Narben aus, zogen sich teilweise noch bis in die Mitte der Kopfhaut, wo jene von ihren Haaren nichts mehr zurück gelassen hatten.
Noch über ihrem Kieferknochen, der teils verkohlt und schwarz war und an dem noch einige unappetitliche Hautfetzen hingen, zogen sich einzelne, große Narbengebilde, die teilweise den Blick auf den Knochen und die Sehnen des Kiefers freigaben. Der Hals war nicht ganz so entstellt, auch hier zogen sich durch die einst schneeweiße, makellose Haut unzählige Narbengeflechte, die über ihrem Schulterknochen wieder aufplatzen und den ausgebrannten Knochen freigaben, der bei einer starken Berührung splittern konnte.
Man sah neben den Knochen in der verkohlten Haut noch einige Einstichs wunden, durch die man hatte Drähte ziehen wollen um die Haut über dem Knochen wieder zusammen zu ziehen, doch die Nähte waren ausgerissen, ohne das es der toten Haut weh getan hätte, hatten die langen, dünnen Drahtstränge die verbrannte Haut durchschnitten, waren über dem Knochen wieder zum Vorschein getreten und hatten die Haut bis zu ihrer Freiheit zerschnitten. Auch ihr Arm sah nicht minder zerstückelt aus, die Haut hing schlaff in einzelnen Fetzen über die Knochen, die mit starken Sehnen noch verbunden aneinander hingen. Zwei ihrer Finger, die nur noch aus Knochen und einzelnen Hautstücken bestanden hatten, waren bereits kurz davor abzufallen, so hässlich es wirkte, so tot war das Gebilde das an der schönen Hälfte der jungen Hexe hing.
Sie war erst Mitte zwanzig und doch gestraft mit dem Aussehen eines Monsters. Nachdem auch noch ihre Achselhöhle ausgebrannt war, zogen sich noch einige, lange Narben bis zu ihrer Hüfte, dann war die Haut wieder normal zusammengewachsen und ab ihrem Becken sah sie wieder aus, wie eine normale, dünne, junge Frau, die in den letzten Monaten eindeutig zu wenig gegessen hatte. Über ihre rechte Schulter fielen ihre glatten, langen, teilweise abgestorbenen Haare, die einst in einem warmen braun gestrahlt hatten und die Welt an einen Schokoladenfluss erinnert hatte, nun waren sie von weißen Strähnen durchzogen, die ihr einmal mehr bewusst machen, wie sehr sie doch in den letzten Jahren gealtert war. Auch waren sie ein Zeichen dafür, was sie hatte alles ertragen müssen. Ihr Vater hatte sie vor der Welt versteckt gehalten, eine Schande für sein Haus – offiziell war sie tot, er hatte sogar eine Beerdigung für seine, scheins in Flammen aufgegangene Tochter, abgehalten während sie zuhause in ihrem Zimmer saß, hinter geschlossenen, großen Ebenholztoren, umgeben von hölzernen Möbeln, die sie nach und nach alle aus ihrem Zimmer befördert hatte. Panische Angst ergriff sie noch heute, wenn daran dachte, dass Holz brennen konnte, wenn sie eine Flamme sah, war sie den Tränen der Angst nahe, wenn ein Feuer in ihrer Nähe brannte, brach sie zusammen, von schrecklichen, wieder in ihr erweckten Erinnerungen geplagt.
Ein Dämonsfeuer hatte sie so zugerichtet, hatte ihr die Fratze eines Monsters gegeben, hatte es ihr vergönnt, nur noch an Halloween als normales Wesen betrachtet zu werden. Es war ihr letztes Schuljahr gewesen, die Schule hatte sie fast abgeschlossen gehabt, nur ihre Abschlusszensuren hatte sie nicht mehr schreiben können. Hätte sie doch nur niemals etwas von Theodore Nott gehört. Hätte sie doch nur niemals herausgefunden, dass er ein reinblütiger Zauberer sich mit einem Halbblut eingelassen hatte. Sie war nur so wütend auf ihn gewesen, so unglaublich wütend auf den Zauberer mit den langen, lockigen, schwarzen Haaren, mit der edlen, weißen Haut und den undurchdringbaren Augen, die sie so oft angefunkelt hatten, wie schwarze Turmaline. Sie hätte es sich niemals erlauben sollen ihn mit seinen Angelegenheiten zu konfrontieren. Er hatte ihr nichts tun wollen, oder doch, er wollte sie zum Schweigen bringen. Nein, er wollte ihr niemals wehtun, er wollte sie auch keineswegs umbringen, er wollte ihr lediglich mit diesem riesenhaften, Gift geifernden Wolf, dessen Flügel Flammen geschlagen hatten, so hoch wie er selbst, dessen rotglühende Pranken durch die Luft geschlagen hatten wie heiße Eisen, dessen Schweif ein einziges Flammenschwert war, einschüchtern.
Ein eiskalter Schauer zog sich über ihren Rücken, als sie an das bestimmt vier Meter groß gewachsene Dämonsfeuer zurück dachte, dass sich damals vor ihr aufgetürmt hatte wie ein Feuer speiender Drache. Die Zähne des Wolfes waren aus heißen Flammen gemacht, das Fell wirkte wie aus flammendem Stahl geschmiedet, undurchdringbar und doch so licht, dass es einen blendete. Das Schlimmste an der Kreatur, an dem Monster waren jedoch die Flammenden Augen gewesen. Es waren nicht die Flammen des Verlangens gewesen, es waren auch keine freudigen oder aufgeregten Feuer gewesen, die durch den Kopf der Bestie zu züngeln schienen, es war der blanke Zorn, gemischt mit dem Durst nach Blut, dem Hunger nach geschmortem Fleisch, unterstrichen von dem Schrei des Dämons, der nach auf Metall kratzendem Stein geklungen hatte, gemischt mit dem Schrei der Menschen, die durch die aus Flammen bestehenden und doch rasiermesserscharfen Krallen, ihr Leben gelassen hatten, deren Kehlen mit einem einzigen Biss der starken Feuerzähne durchtrennt waren, aus deren Leiben Blut quoll, wenn sie von den starken Pranken aufgeschlitzt wurden.
Warum der Wolf Flügel hatte, war ihr vollkommen unklar, er war ohnehin der Teufel in Person, wozu brauchte ein solch todbringendes Wesen, das aus den Worten eines einfachen, naiven Zauberers entstanden war, Flügel, mit denen es die züngelnden Flammen durch die Luft schneiden lassen konnte?
Sie hatte niemals ausprobiert den Zauber eines Dämonsfeuer nachzusprechen, zu groß war ihre Furcht vor den Flammen, zu tief lagen die Wurzeln ihrer Angst, dass Vieh das sie erschaffen könnte, nicht kontrollieren zu können, zu viel Wehmut lag in ihrem Herzen, zu große Trauer wurde mit jedem Pumpen des Herzens durch ihren Körper transportiert. Sie sollte froh sein, noch zu leben, doch konnte sie sich ihrer Fähigkeit zu Atmen nicht mehr erfreuen.
Sie war eingesperrt, in dem Körper eines Monsters, in den Hallen aus Stein, die sich selbst errichtet hatte, weggesperrt von ihrem Vater, verlassen von ihren Freuden und von ihrem Selbstwertgefühl. Angst regierte die Welt um sie herum, Furcht vor dem Feuer, furcht vor der Flamme, Angst davor zu brennen.
Sie hasste die Sonne, hasste es sich zu verstecken, verfluchte den Abend an dem sie Theodore provoziert hatte jeden Tag aufs Neue, versuchte so oft es ging sich selbst zu besiegen, ließ nichts unversucht ihre Gedanken zu überlisten, ihre immerwährende, blanke Angst vor den rotglühenden Flammen zu vertreiben, sie ohne Weiteres aus ihrem Kopf zu schicken. Doch die Gedanken an ihre Qualen waren fest in ihrem Innersten verankert, die Erinnerungen an jene schrecklichen Sekunden trug sie immer bei sich, eingebrannt, wie mit heißem Eisen in ihren Kopf gestempelt und an ihrem Körper, jeden Tag wenn sie in den Spiegel, oder in die spiegelglatte Oberfläche des zur morgen Zeit noch ruhenden Meeres blickte sichtbar - Jeden Tag aufs Neue konfrontiert mit der Fratze eines Monsters, einer unansehnlichen Kreatur gegenüber stehend.

Langsam wandte sie den Blick von ihrem Gesicht ab und stierte zu dem, von schweren, rabenfarbenen, aus nicht brennbarem Drachenleder bestehenden Vorhängen verhängten Fenster. Unter dem Leder krochen noch ein paar Sonnenstrahlen hindurch, die von der sinkenden Sonne direkt im richtigen Winkel zwischen Fenster und Vorhang fielen.
Sie atmete einmal tief durch und auf eine Handbewegung zogen sich die Vorhänge langsam zu beiden Seiten zurück. Durch das hohe Fenster, mit dem reinen, glatten Glas, fiel nun das purpurrote Licht der untergehenden Sonne, die wie eine Feuerkugel am Horizont stand und schon zur Hälfte hinter den stürmischen Wellen der Irischen See versunken war. Die Brandung war stark an jenem Abend, die Feste spürte jede Welle die gegen ihre Grundfesten donnerte und ab und an landete sogar einmal ein verirrter Spritzer des salzigen Meerwassers an der Scheibe, durch die sie nun hinaus auf den weiten, schier unendlich wirkenden Ozean blickte.
Langsam schritt sie auf das Fenster zu, das sie nur zu gerne geöffnet hätte. So lange schon musste sie das Gefühl von frischer Luft missen, doch nun stand ein flammender Ball am Himmel – sie würde nicht öffnen. Sie würde niemals öffnen. Niemals wieder würde sie der Sonne direkt ins Angesicht blicken und nie wieder würde sie die Wärme der Sonnenstrahlen auf ihrer bleichen, fast weißen Haut spüren, nie wieder fühlen wie sie ein Strahl der Sonne aus ihren Gedanken riss, wenn sie wieder einmal unter dem Apfelbaum fern ab von jeglicher Zivilisation eingenickt war, das Buch auf ihrem Bauch liegend und von dem Duft der Apfelbaumblüten umgeben, gebettet auf das sich leicht im Wind wiegende Gras der irischen Wiesen.
Die Sonne spiegelte sich im schwarzen Wasser des Ozeans und färbte die glatte Wasseroberfläche, die an einigen Stellen vom Wind aufgewühlt und zu leichten Wogen geformt wurde, blutrot. Auch die wattebauschartigen Wölkchen, die in einem Teppich über den Himmel verteilt schwebten, wurden in ein helles, rosafarbenes Licht getaucht, das sie wie eine undurchdringbare Decke aus Zuckerwatte erschienen ließ. Das Himmelsgestirn färbte sich an den vereinzelten Stellen, an denen man es noch zu erkennen vermochte, in einem satten blau, dass einen unwahrscheinlich fesselnden Kontrast zu dem Naturphänomen der einst grauen Wolkendecke darstellte, die nun an einen Teppich aus giftig süßen, bonbonfarbenen Wattewolken erinnerte, dessen kleine bauschige Ausläufer den Enden einiger Federn glichen, die wie der Brustschmuck eines Schwanes, der seine Daunen aufplusterte und sein schön geputztes Dekoltee zur Schau stellte, wirkten. Wahrhaftig erinnerte die Wolkenformation an den Brustschmuck eines Vogels, der mit von stolz geschwellter Brust über den Himmel glitt.

I see Fire
Oh, you know I saw a city burning out
And I see Fire
Feel the heat upon my skin
And I see Fire

( Ed Sheeran – I see Fire )


Und direkt unter diesen Wolken tauchte nun ein Rabenartiges Tier auf. Das Kleid, schwarz wie die Nacht höchst selbst, die Schwingen lang und kräftig und so majestätisch wie ein Adler glitt es dahin. Es war zu weit entfernt, als dass sie erkennen hätte können, welches Tier sich in die angsteinflößende Nähe zu dem Ball aus Feuer begab, dennoch hatte es sie in ihren Bann gezogen. Die Schönheit der Wolken war vergessen, der Ozean dem nur noch der eisenhaltigen Geruch nach Blut gefehlt hatte, um für echtes Blut gehalten zu werden, hatte seine Wirkung auf sie verloren. Einzig und allein das kohleschwarze Tier, das sich dort über den Horizont schwang, zog ihre Konzentration auf sich. Mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit handelte es sich um einen Raben, zwar äußerst groß gewachsen, doch anderst konnte sie sich das nachtfarbene Federkleid, die langen, dunklen Hinterbeine und die flatternden Schwanzfedern nicht erklären. Kaum ein Augurey würde sich ohne Regenwetter gewittert zu haben, aus seinem Nest trauen, dazu war der irische Phönix mit seiner Vorliebe für Regenwetter nur sehr wiederwillig in der Lage. Außerdem glich das wunderbar seidig glänzende Schwarz des gefiederten Tieres das eben seine Kreise zog, nicht im Geringsten dem grün und schwärzlich schillernden Federkleid jenes traurigen, geierartigen Vogels, der an Irlands Küste heimisch war.
Was veranlasste jenes Geschöpf der Nacht so nahe an ihrem und wahrscheinlich auch seinem größten Feind vorbei zuziehen? Fast hätte sie sich auf das noch vorhandene Stück ihrer Unterlippe gebissen, doch sie unterstand sich – das Letzte Mal als sie dies getan hatte, waren sie zusammengewachsenen Häute an der Seite der Lippe aufgeplatzt und das Blut war ihr in Strömen über den noch vorhandenen Teil des Kinns, sowie über den gefühlslosen Kieferknochen geflossen.
Wie in Zeitlupe schwang sich der Vogel über den Himmel und kurz bevor er die Mitte der Sonne erreicht hatte, schien sein kohleschwarzes Fell Feuer zu fangen. Eine Flamme zeichnete sich auf dem Rücken des Tieres ab, die Schwingen begannen lichterloh zu brennen, auf seinen Schwanzfedern begannen Feuer zu tanzen und es schien, als würde es gehetzter fliegen. Es brannte.
In ihrem Auge spiegelte sich die Silhouette des, in Flammen aufgehenden Raben und sie stand wie angewurzelt da. Starr, wie eine Eisstatue starrte sie den brennenden Vogel an, der im Feuer aufging wie ein Phönix. Wieso flog er nicht gen Meer? Wieso war er vor die Sonne geflogen, wieso riskierte er es einen Feuertod zu sterben?
Fast hatte der Rabe den Horizont der Sonne verlassen, als Leben in sie kam. Sie musste etwas tun, musste dem Tier helfen, nicht das gleiche Leid zu erleben, wie sie es einst erlebt hatte. Geistesgegenwärtig stürzte sie auf das hohe Fenster zu, schlug mit all ihrer, ihr verbliebenen Kraft gegen die starke Scheibe. Kein Griff. Keine Möglichkeit es zu öffnen. „Alohomora!“, schrie sie, außer sich vor Angst und doch erfüllt von dem Wunsch dem Raben all ihre Hilfe zu geben. Doch wo sollte ein Schlossöffnungszauber wirken, wenn kein Schloss vorhanden war, das er hätte öffnen können? Krampfhaft überlegte sie nach einer Möglichkeit, die Bücher die sie im Laufe ihrer Schulzeit über Zaubersprüche in der Hand gehabt hatte rasten in Bildern vor ihrem inneren Auge. Die Lettern verschwammen, wenn sie versuchte die Schrift auf den schnell vorbeifliegenden Bildern zu entziffern, die Bücher standen Kopf und flogen ungeordnet durch den Innenraum ihres Kopfes. Sie taumelte und stützte sich an der Fensterscheibe. Was tun? Was sollte sie nur tun? Theodore. Da war Theodore Nott. Sein Zauberstab auf sie gerichtet, sein Gesicht war zum Stechen scharf, um ihn herum verschwamm der Raum. Der Spruch. Er sprach die Worte um den Dämon ein weiteres Mal herauf zu beschwören.
„Bombada!“, die Silben drangen langsam und laut gesprochen aus ihrem Mund, sie schwang ihren Zauberstab mit einer großen, ausholenden Bewegung und Energie durchströmte ihren Körper. Lange hatte sie sich nicht mehr so stark gefühlt. Sie spürte wie die Kraft des Zaubers sie durchfloss, mit ihrem Blut, jeden Herzschlag aufs Neue durch ihren Körper gepumpt wurde. Theodores Bild hatte Inne gehalten und er hatte die Lippen zusammen gepresst. Konnte sie ihn wirklich nicht besiegen? Das Fenster zersplitterte in dem Moment, als sie Theodores Bild nochmals genau musterte. Eine Sekunde später flogen die spitzen, scharfkantigen Glassplitter umher und säumten den Boden. Einzelne Teile flogen an ihr vorbei und zwei davon schafften es, ihr zwei der Hautfetzen abzureißen, die von dem heftigen Druck der Explosion nach hinten gezerrt wurden. Doch es war ihr egal. Diese Hälfte von ihr war tot, sie spürte nicht einmal, dass die spitzen Glassplitter Teile ihrer abgestorbenen Haut abtrennten, als seien sie aus Butter.
Das Tier hingegen war noch immer nicht auf sie aufmerksam geworden. „Flieg ins Wasser.“, flüsterte sie. „Flieg hinab in die Wellen der See und lösche das Feuer aus, dass deinen Körper umfängt.“, sie sprach eher zu sich selbst, als zu dem Raben, dessen Schwingen immer hektischer auf und ab schlugen. „Flieg hinab!“, nun schrie sie. So laut sie es vermochte, rief sie es dem Tier entgegen und lief über die, auf dem Granitboden kratzenden Scherben zu dem, noch von spitzen Zacken die von dem Glas zurückgeblieben waren, gesäumten Fensterrahmen. „Lass dich in die Fluten fallen!“, es war absurd zu denken ein solch einfältiges Tier wie es ein Vogel war, würde der Sprache der Menschen mächtig sein, doch etwas anderes fiel ihr in jenem Moment nicht ein. Sie hätte nicht gedacht, dass ein Schrei etwas helfen würde, doch der Vogel war auf sie aufmerksam geworden.
Er drehte bei und flog mit einigen kräftigen Flügelschlägen von der fast hinter dem Meer versunkenen Sonne weg, um direkt auf sie zuzusteuern.
Nicht auf sie zufliegen, er sollte sich ins Meer stürzten! Sein Fell brannte immer noch, die Flammen tanzten einen Freudentanz auf seinem Rücken, die Flügel schwangen mit beängstigender Geschwindigkeit durch die Luft und schienen auch diese erbarmungslos zu entzünden.
Vor ihren Augen verwandelte sich das rabenartige, geflügelte Tier, in den geflügelten Wolf, der sie einst so zerstückelt hatte.
Theodores Lachen schien durch die Hallen des Schlosses zu hallen, in ihrem Kopf lösten sich seine zusammengebissenen Lippen und er sprach das Wort, das das Dämonsfeuer erneut hervorrufen sollte. Erschrocken riss sie die Augen auf – immer näher kam das schwarze, geflügelte Tier, sie glaubte den Wolf vor sich zu sehen, den sie so unbedingt aus ihren Gedanken vertreiben wollte. Es konnte nicht sein. Die Augen des Tieres begannen rot zu flackern – Es dürfte nicht sein! Das Schwarze Kleid verwandelte sich in starkes Fell, an welchem die Flammen nicht zehrten, sondern ohne dem Wolf Leid anzutun, darauf brannten. Die Hinterbeine verwandelten sich in riesige Pranken, die in der Luft traten um vorwärts zu kommen. Plötzlich wuchsen dem vermeintlichen Raben auch Vorderbeine, lange, muskulöse Beine, die in rieseigen Pfoten endeten, an denen glühende Krallen flammten. Das konnte nicht sein! Es war nichts möglich!
Sie schüttelte den Kopf, kniff das verbliebene Auge zusammen und presste ihre Hand auf die heile Gesichtshälfte. Nein. Theodores Lachen hallte durch ihren Kopf, sein Gesicht wollte nicht verschwinden. Der Raum um sie herum begann sich zu drehen. Wo war er? Wo war der Wolf? Wo war dieses vermaledeite Feuer? Wo hatte sich dieses Ungetüm versteckt?!
Mit dem letzten Strahl der Sonne, erreichte der brennende Wolf ihr Fenster und schien vor ihren Augen in Flammen aufzugehen. Sie kniff das Auge zusammen, versuchte nicht zu schreien, warf sich auf den, von Scherben bedeckten Boden und blieb liegen. Sie hörte von unendlich weit weg das Kratzen der Pfoten an dem Fensterrahmen, durch den der Wolf versuchte zu ihr hinein zu gelangen.
Theodore.
Wolf.
Gift.
Feuer.
Dämonsfeuer.
Überall Feuer.
Nur Feuer…

Cause this is Thriller
Thriller at night
And no one’s gonna save you
From the beast about to strike
You know it’s Thriller, Thriller night
You’re fighting for your life
Inside a killer Thriller, tonight

( Michael Jackson – Thriller )


Gefühlte Stunden später ließ das Tier endlich von dem Fenster ab. Sie war sicher. Scher vor dem Wolf. Vorerst sicher vor dem unbändigen Feuer, dass an dem schwarzen Fell geflackert hatte und schon mit Zungen nach ihr geschlagen hatte, um sie nun endlich vollständig zu verbrennen. Schwer atmend von dem Schock den sie soeben durchlitten hatte, öffnete sie vorsichtig ihr Auge und wagte es den Blick in Richtung des Fensters zu wenden. Einige der vorher noch spitzen Splitter, die nach der Explosion in dem Fensterrahmen stehen geblieben waren, waren nun abgebrochen und an zwei besonders spitzen klebte eine dicke, weinrote Flüssigkeit. Blut? Aber das war unmöglich! Das Tier, der Rabe war in Flammen aufgegangen und war es das Dämonsfeuer gewesen, konnte es nicht bluten.
Etwas verunsichert regte sich ihr Körper und langsam, geschwächt von all den plötzlichen Bewegungen, setzte sie sich auf. Ihr schlaffer Arm hing nun noch verunstalteter an ihr. Eine der Splittern am Boden hatte zwei der ihr verbliebenen Sehnen durchtrennt und das Knochengerüst das sich Arm nennen dürfte so noch unstabiler gemacht, als es ohnehin schon gewesen war. Das erste Fingerglied des Ringfingers war nach so langer Zeit in der es wortwörtlich am seidenen Faden hing, war endlich abgebrochen, dennoch hatte das Drachenleder des Umhangs den sie trug schlimmeres verhindert.
Mit weichen Knien erhob sie sich und schluckte, bevor sie es wagte und einen Blick zum Fenster hinaus in die dunkle Nacht riskierte. Nichts. Gähnende Leere herrschte in der Finsternis draußen und die ersten Sterne begannen am Himmel zu funkeln. Ein kühler Luftzug fuhr durch die nicht mehr vorhandene Scheibe in die Räumlichkeit und sie zog den Mantel enger zusammen.
Skeptischen Blickes nährte sie sich langsam dem Fenster und sah hinaus in die Nacht. Ein einzelner Stern strahlte über der Steilküste und der Wind zerrte an den schweren Vorhängen.
Fast hätte sie es genossen hier am Fenster zu stehen, in die Nacht zu blicken, wissend dem Tod entronnen zu sein, mit dem Gefühl von Hoffnung, das langsam in ihr keimte.
Der Stern der nun sein Licht auf sie herabsendete stand allein am nächtlichen Himmel und das weiße Licht das er aussendete war kalt und doch so wunderschön, dass sie den Blick nicht abwenden wollte.
Das Wasser wirkte nun ebenso schwarz wie die Finsternis der Nacht, nur de Schaumkronen die sich ab und an auf dem Wasser kräuselten schienen weiß und wurden von dem Licht des Sterns, das nur noch schwach glänzend an der Oberfläche der See ankam, noch ein bisschen weißer und eleganter, als sie es ohnehin schon waren.
Man hätte sagen können die kleinen Schaumkronen bestünden aus purem Kristall, das Wasser war aus glatt geschliffenem schwarzen Diamant und auf der Oberfläche spiegelte sich der, für sie nicht sichtbare Mond, der hinter ihrem Rücken aufging. So wie sich der silberne Himmelskörper langsam erhob, kehrte Stück für Stück, Sekunde für Sekunde, mehr Ruhe in sie zurück. In der Nacht hatte sie sich bislang seit ihrem Unfall am sichersten gefühlt. Unter dem dunklen Mantel der sich über das Land legte waren die Feuer schon von weitem zu erkennen und sie konnte sich immer gut in Sicherheit bringen. Zudem wirkte sie mit ihrem verunstalteten Aussehen in der nächtlichen Schwärze nicht halb so fehl am Platz, als am Tage, wenn die Helligkeit sie erschienen ließ wie ein verachtenswertes Monster.
Plötzlich durchbrach etwas den Kontakt ihres Auges mit dem gleißenden diamantenen Licht des Sternes durch einen schnellen Schatten unterbrochen, der durch ihr Blickfeld huschte, wie ein Wurfstern. Man sah ihn, aber erst wenn es zu spät war. Dieser Schatten kam so schnell wie er gekommen war, verschwand sobald sie ihn bemerkt hatte. Einige der zuvor noch bonbonfarbenen Wattebauschartigen Wolken schoben sich vor den Mond, die nun nicht mehr an Süßigkeiten erinnerten, sondern an dunkle Berge, die sich vor ihr auftürmten wie das Unheil höchst selbst.
Sie trat erschrocken einen Schritt zurück. Die Blume der Hoffnung die eben noch in ihr gekeimt hatte, verdorrte mit einem Mal und sie griff geistesgegenwärtig nach ihrem Zauberstab. Es war der Rabe. Sie war sich so sicher, dass sie weitere Schritte nach hinten trat, bis sie an die kalte, grob aus dem Fels geschlagene Wand stieß und sich an diese presste.
Kein Zweifel. Das Tier war nicht in den Flammen der Sonne verendet, es war allerdings auch nicht der Dämon des Theodore Nott gewesen. Was war es also? Kein gewöhnlicher Rabe würde die Qualen eines Feuers überstehen, kein Tier konnte sich in das verwandeln, wovor man Angst hatte. Oder war es ein Irrwicht? Aber wäre ein Irrwicht denn nicht mit Leichtigkeit durch das Fenster gekommen? Und weshalb sollte er schon entflammen, bevor er sie überhaupt bemerkt hatte? Es war mit Sicherheit kein Rabe und ebenso wenig ein Irrwicht, auch wenn letztere Theorie noch nicht bewiesen war.
Sie schüttelte den Kopf, in dem erneut Theodore aufgetaucht war. Sie musste ihn loswerden, musste ihn und all die schrecklichen Erinnerungen an ihn, aus ihrem Kopf verbannen. Sie musste ihn ein für alle Mal beseitigen. Sie atmete einmal tief ein und umklammerte ihren Stab fester, als könnte er sie vor allem und jedem auf dieser vermaledeiten Welt beschützen.
Vorsichtig tasteten ihre Finger nach dem silbernen Türknauf, der die Form einer schwarzen Lilie hatte und sie drückte ihn hinunter, das Fenster nicht einen Moment aus den Augen lassend. Sie zwängte sich durch den Türschlitz und ließ die Türe hinter sich wieder ins Schloss fallen. Kaum war der Klang des einrastenden Schlosses in dem langen Gang, der in den Felsen hineingeschlagen war, verhallt, entzündeten sich nach und nach helle Kristalle, die alle möglichen bizarren Formen aufwiesen und in weißen bis grünen Lichter leuchteten. Immer schneller werdend, lief sie aufrecht den Gang entlang, in Richtung einer weiteren, hohen Türe, auf der sich stählerne Ranken empor wanden, aus deren spitzer Knospen je nach Jahreszeit Tulpen, im Frühling, Rosen im Sommer, Kirschblüten im Herbst und im Winter Lilien sprossen. Momentan wuchsen stählern graue Kirschblüten aus den metallenen Ränken und zeigten, dass bereits die Zeit der Ernte angebrochen war.
Zielstrebig hielt sie auf das eiserne Tor zu und deutete noch im Laufen nacheinander in einer bestimmten Kombination auf einige der Blüten, die nach und nach in den verschiedensten Farben zu glänzen begannen. Die erste erstrahlte in einem hellen Kornblumengelb, die zweite war Dunkelblau, die Dritte nahm die Farbe von Blut an, die Vierte verfärbte sich giftig Grün, die Fünfte Kirschblüte wurde lila, die sechste erblühte in silbern und sie siebente schließlich ersthalte in einem schillernden Gold. Die Letzte Blüte saß direkt in der Mitte der Tür und aus ihr heraus bahnten sich zwei Stählerne Ranken, eine nach oben und eine nach unten den Weg an dem metallenen Tor entlang. Kurz bevor sie ankam, klackte etwas im Inneren der Tür und sie schwang langsam nach Innen auf.
Hinter ihr erstreckte sich eine lange, dünne Wendeltreppe in deren Mitte eine, dem Barocken Stil nachempfundene Säule, um die sich die Treppe wie eine weitere Ranke schlang. Von jeder der kunstvollen Stufen wuchs eine, aus dem Steingeschlagene Ranke an der inneren Säule hinauf und so schien jede einzelne Stufe ihre eignen Seile zu haben, die sie an ihrem Platz hielten.
Zwei Finger löste sie vom Griff ihres Stabes und hakte sie im Stoff ihres Rockes ein, um ihn anzuheben, während sie eilig die Treppe hinauf spurtete.
Sie musste dieses Tier finden. Die Neugierde hatte ihre Angst endgültig besiegt und so stieß sie eine weitere eiserne Türe auf, durch die ihr ein kalter Luft Stoß entgegen kam.
Sie war auf dem Turm angelangt, dem einzigen Platz ihrer Behausung den man von Irlands grünen Wiesen aus wirklich sehen konnte, der aber von der sichtbaren Seite zumindest, für einen normalen, großen Felsbrocken gehalten wurde. Hoch über dem Wasser des Meeres, der See die zunehmend stürmischer wurde, durch den immer stärker werdenden Wind, thronte jener Turm. Sie blickte hinaus in die Finsternis, suchte mit ihrem Auge de Nacht ab, bevor sie ganz hinaus in den leichten Wind trat, der an ihrem Mantel und Kleid zerrte und ihre verbliebenen Haare nach hinten zog, um sie im Wind flattern zu lassen wie die Bäume ihre Kronen in den sanften Böhen wiegten, die durch ihre Blätter fuhren.
Wo war der Rabe? In der Dunkelheit war es schier unmöglich ein kohlefarbenes Federkleid ausfindig zu machen, weshalb sie ihr Vorhaben auch schon fast als aussichtslos abstempelte, als sich endlich etwas regte. Der Balkon, mit dem niederen Geländer, auf dem sie nun weilte, war groß genug für eine lustige kleine Gesellschaft und doch wusste sie nicht, ob sie schnell genug wieder zu der Türe käme, würde der Rabe erst einmal angreifen. Wieso tat sie das? Wieso begab sie, die sie so viel Schreckliches erlebt hatte, sich in eine solche Gefahr? Die Gedanken daran, dass ihr etwas zustoßen könnte, trampelten in ihrem Kopf herum, als wollen sie ihr einprügeln, dass sie selbst die Schuld hatte, wenn ihr etwas zustieße.
Sie blickte hinab auf die steinernen Dächer ihrer Festung und glaubte neben sich den Hauch eines Flügelschlages gespürt zu haben. War sie noch allein hier oben? Sie wagte es nicht sich zu bewegen, blieb wie angewurzelt stehen, ohne einen Finger zu rühren. Der Zauberstab in ihrer Hand wackelte, so fest, unritterlich und krampfhaft umklammerte sie ihn. In ihrem Nacken spürte sie einen warmen Luftzug und noch schob sie es darauf, dass der Wind vielleicht gedreht hätte, doch warum sollte die Windböen plötzlich so warm sein wie das Feuer? Ihr schwante das Schlimmste, doch noch immer hatte sie nicht den Mut sich umzukehren und hinter sich zu Blicken. Es war ein Tier, doch es war kein Rabe. Ein Rabe schnaubte nicht!
Sie schluckte. Einmal. Zweimal – Schluckte den Großteil ihrer Angst hinunter und nahm all ihren Mut zusammen. Was auch immer da gerade hinter ihr stand, sie wollte es nun endlich wissen. Wollte Gewissheit haben, ob Dämonen und Ängste Gestalt annehmen konnten, wollte einen Beweis dafür, dass es kein Rabe war.
Sie schloss die Augen und richtete sich auf. Hinter ihrem Rücken merkte sie, wie das Tier zurückzuckte, was ihr ein wenig Selbstvertrauen einräumte. Hatte es etwa Angst vor ihr? Mit drei kleinen, getippelten Schritten drehte sie sich halb im Kreis und atmete dann nochmals tief durch, bevor sie das Lied ihres rechten Auges hob.
Was sie erblickte war kein Dämon. Kein Rabe und auch kein Gift geifernder Wolf. Zwar hatte das Tier die majestätischen Schwingen eines Raben, welche ebenso nachtschwarz schillerten, wie man es von einem der gefiederten Krähentiere erwartet hätte, doch waren diese schwingen an die neun Meter lang, mindestens achtzehn Meter Spannweite, was eindeutig zu groß für ein einfaches Federvieh war.
Auch besaß das Tier keinen Schnabel, sondern einen majestätisch geschwungenen Hals, von schwarzem, seidig glänzendem Fell geschmückt und weit über ihr, hatte das edle Tier eingebildet seinen Kopf in die Höhe gereckt. Die Mähne fiel in langen, leicht gelockten Strähnen über die dünne, lange Nase des Tieres und aus den Nüstern trat warmer Atem. Die Hinterbeine waren keine Krähenfüße und besaßen weder Krallen noch Haken, sondern waren Hufe, über die lange, ebenfalls leicht gelockte, schwarze Haare hingen. An den Vorderbeinen des Tieres saßen einige Schürfwunden, die wahrscheinlich von dem Glas stammten, an dem es noch kurz zuvor gekratzt hatte.
Ein Pferd? Ein geflügeltes Pferd?
Langsam hob sie die Hand und reckte sie dem Tier entgegen, welches sie nur etwas beleidigt anblickte. Was wollte dieses majestätische, edle Wesen von einem Monster wie ihr? Das geflügelte Pferd schnaubte und senkte den Kopf, allerdings nicht um ihre Hand zu begutachten, sondern um an ihrem skelettartigen Arm zu schnuppern. Dann hob es seinen großen Kopf wieder und blickte ihr aus perlenschwarzen Augen, geradewegs ins Gesicht.
Vorsichtig und behutsam fuhren ihre Finger durch die langen Strähnen.
Kein Feuer. Nichts an diesem Tier brannte. Es war aus Fleisch und Blut, kein Dämon und ohne die tanzenden Flammen auf dem Rücken, die sie sich eingebildet hatte, welche es darauf angelegt haben sollten, sie endgültig zur Strecke zu bringen.
Nein, dieses Wesen war vollkommen gutmütig und wollte ihr nichts Böses. Keine Feuer züngelten zwischen den einzelnen Mähnensträngen, keine Flammen durchschnitten die Federn der riesenhaften Schwingen des Tieres.
War es wirklich so einfach? Sie hatte sich das alles nur eingebildet?
Langsam drückte das geflügelte Pferd seinen Kopf gegen ihre Hand und endlich kam ein Gefühl in ihr auf. Sie hatte keine Angst. Sie hatte auch keine Furcht vor diesem Tier. Viel mehr war es bildlich das Wasser gewesen, welches den schon fast verdorrten Keim der Hoffnung in ihr wieder zu neuem Leben erweckt hatte. Nun hatte dieses kleine Korn Wurzeln treiben können und im Laufe der Zeit würde es zu einer wunderschönen Blume heranwachsen.

Vielleicht würde sie ihre Angst vor dem Feuer niemals verlieren und wahrscheinlich würde sie niemals wieder von den Hexen und Zauberern so akzeptiert werden, wie sie wirklich war, sondern immer nur schief angesehen werden, doch dieses eine Erlebnis, das Wissen, wieder so gesehen zu werden, wie man war, sollte ihr fortan Kraft geben.
Vielleicht war der das Wesen, nicht der geflügelte Vogel, den sie erwartet hatte, sondern vielmehr ein edles Pferd, das so elegant über den Himmel glitt, dass sogar die Adler neidisch werden würden, aber es hatte sie eines gelehrt. Nichts ist so, wie es auf den ersten Blick scheint. Das Pferd brannte nicht, auch wenn sein Fell Feuer gefangen hatte, sie war kein Monster, auch wenn sie das Aussehen einer Kreatur des Bösen hatte.
Und trotz allem, blieb das geflügelte Pferd für sie in irgendeiner Weise, doch auf ewig
Der Rabe


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