von Ginny_Granger
Lucius schien verunsichert. Er kannte mich und wusste, wie meine Beziehungen zum Dunklen Lord waren, doch schien er durch meinen aufgelösten Zustand ermuntert, sich mir zu nähern.
„Darf ich fragen, was Sie hierherführt?“, wollte er von mir wissen und ich war überrascht, dass die Frage in keinster Weise hochnäsig oder herablassend klang, wie ich es von ihm erwartet hätte.
„Ich -“ Erst zögerte ich, da ich nicht genau wusste, wie ich auf diese doch äusserst ungewöhnliche und unangenehme Situation reagieren sollte, doch dann riss ich mich zusammen und sagte ihm, was ich wirklich hier wollte. „Ehrlich gesagt verstecke ich mich hier.“
„Vor wem sollten Sie sich denn verstecken müssen? Soweit ich weiss können Sie von sich behaupten, zu den Vertrauten beider Seiten zu gehören.“
„Tja, wie es aussieht, bin ich nun wohl eher die am wenigsten Erwünschte auf Potter 's und die Meistgesuchte auf Voldemort 's Seite.“
Lucius schien verwirrt. „Da habe ich anderes gehört. Draco hat mir von Ihrer Mithilfe im Orden und Dumbledores Armee erzählt. Was ist denn passiert?“ Zu meinem Erstaunen klang er aufrichtig interessiert und seine Stimme hörte sich mitfühlend an, als würden ihn meine Probleme tatsächlich kümmern. Trotzdem war ich noch immer nicht begeistert davon, ausgerechnet Lucius Malfoy in alles einzuweihen.
Er musste meine misstrauische und abweisende Haltung bemerkt haben, denn er redete mit sanfter Stimme weiter: „Wenn Ihnen im Moment nicht nach Reden zu Mute ist, kann ich das nur zu gut verstehen. Sie müssen mir nichts erzählen, wenn Sie nicht möchten, aber ich bestehe darauf, dass Sie mit in mein Versteck kommen. Hier ganz in der Nähe gibt es eine Waldhütte, in der ich mich nun schon eine ganze Weile aufhalte. Dort ist es warm und bequem und wenn Sie möchten, mache ich uns einen Tee.“
Mein Körper und mein Geist sträubten sich hartnäckig dagegen, sein Angebot anzunehmen. Ich brauchte keine Hilfe, das letzte, was ich wollte, war es, Schwäche zu zeigen, doch irgendwie hatte Malfoy 's Art etwas Beruhigendes und so nickte ich schliesslich, betrübt, dass ich es nicht geschafft hatte, standhaft zu bleiben.
Langsam ging ich hinter Lucius her, den Zauberstab fest umklammert, da man ja nie wissen konnte, doch es passierte auf dem ganzen Weg nichts Merkwürdiges, kein Mitglied des Ordens sprang aus dem Gebüsch, um mich als Geisel gegen den Dunklen Lord zu nehmen. Mann, ich musste echt aufpassen, ich hatte das Gefühl, langsam aber sicher tatsächlich paranoid zu werden!
In Lucius' Hütte angekommen, wies er auf einen Stuhl, auf den ich mich nur zu gern setzte, er war viel bequemer, als der Stein, auf dem ich mir zuvor die Augen ausgeheult hatte. Lucius bot mir einen Tee an und setzte sich dann mir gegenüber in einen zweiten Sessel.
„Wissen Sie, ich bin wirklich ausgesprochen froh, dass Sie sich hierher verirrt haben, meine Liebe. Es ist hier draussen wirklich ausgesprochen einsam, ein wenig Gesellschaft tut uns beiden sicher gut. Seit ich hier bin, hatte ich mit niemandem ausser Draco Kontakt, nicht einmal mit Narzissa konnte ich mich in Verbindung setzen, weil es zu gefährlich gewesen wäre. Mein Sohn hatte mir eigentlich versprochen, dass er und ein Teil des Ordens kommen würden, um mich abzuholen, aber aus der Sache wurde leider nichts. Ich habe keine Ahnung, wie lange ich noch hier bleiben muss, aber wenn sie kommen, werden auch Sie in Sicherheit sein, Miss Calcott. So lange können Sie gerne hier bleiben.“
„Dieses Angebot kann ich wohl leider nicht annehmen.“, murmelte ich und obwohl ich eigentlich nicht wirklich beabsichtigt hatte, dass Mr. Malfoy dies mitbekam, schien er es trotzdem gehört gehört zu haben.
„Verzeihen Sie meine Neugierde, aber ich wüsste schon gerne, warum Sie um keinen Preis hierbleiben wollen.“
„Es ist meine Schuld.“, antwortete ich schlicht.
„Da müssen Sie schon etwas präziser werden, Miss Calcott.“
„Es ist meine Schuld, dass Sie immer noch hier sind. Wäre ich nicht gewesen, hätte der Orden Sie schon vor ein paar Tagen gerettet und Sie müssten nicht mehr in dieser verdammten Hütte sitzen, entschuldigen Sie den Ausdruck.“
„Ich bin verwirrt. Ich dachte immer, sie wären Teil des Ordens und dieser DA. Warum geben Sie sich nun die Schuld an etwas, wofür Sie wahrscheinlich sowieso nicht verantwortlich sind?“
„Oh, ich bin verantwortlich! Und zwar ganz alleine! Hat Draco Ihnen denn nicht schon längst alles erzählt, was passiert ist? Dass sie mich aus der DA geworfen haben und ich daraufhin Hogwarts verlassen habe?“
„Nein, ich habe von Draco nichts mehr gehört, seit er mir gesagt hat, dass sie meine Rettung verschieben. Aber ich verstehe immer noch nicht. Warum haben sie Sie denn hinausgeworfen?.“
„Nun ja, ich -“ Zögernd betrachtete ich meine Füsse. Bisher hatte ich es noch nie selbst ausgesprochen, das letzte Mal hatte Nott mir das Geständnis abgenommen, aber jetzt musste ich da wohl oder übel durch. „Ich arbeitete für Voldemort. Ich habe alle belogen, weil ich im Auftrag des Dunklen Lords nach Hogwarts gekommen bin. Ich sollte Draco 's Vertrauen gewinnen, um Ihren Aufenthaltsort zu erfahren und an den Dunklen Lord weiterzuleiten. Wenn das geschafft wäre, sagte er mir, sollte ich Draco umbringen.“
Lucius' Blick wurde sofort alarmiert. „Sie haben doch nicht -“
„Nein!“ Ich hob abwehrend die Hände. „Das könnte ich nicht. Niemals!“
„Es tut mir leid, natürlich nicht. Ich dachte nur...naja, ich habe seither nichts mehr von ihm gehört und da -“ Er brach ab und blickte mich entschuldigend an.
„Schon in Ordnung. Aber Sie müssen mir glauben, ich würde Draco niemals etwas antun! Genauso, wie ich die anderen nicht verraten habe! Ich habe Voldemort keine Informationen gegeben, die für ihn auch nur im Entferntesten brauchbar gewesen wären.“
„Keine Sorge, ich glaube Ihnen.“
„Sie – Wirklich?“ Ich war so erleichtert, dass ich endlich die Worte hörte, die ich auch von wenigstens einem der anderen in Hogwarts erwartet hatte. Aber dass ich sie ausgerechnet von Lucius Malfoy das erste Mal hörte, hätte ich niemals erwartet.
„Aber warum?“, fragte ich ihn, nachdem ich eine Weile nachgedacht und vergeblich nach einem Grund gesucht hatte, wieso er meinen Worten tatsächlich Glauben schenken sollte.
„Mein Gefühl sagt es mir. Sie müssen wissen, ich weiss vermutlich mehr über Sie, als Sie denken.“ Auf meinen verwirrten Blick hin fuhr er erklärend fort: „Draco hat in jedem Brief, den er mir innerhalb der letzten Monate geschickt hat, beinahe nur von Ihnen erzählt. Als ich am Anfang erfuhr, dass er sich mit Ihnen herumtreibt, da war ich nicht begeistert, doch als er mir mehr über Sie schrieb, da fing ich an, Sie zu mögen, ohne, dass ich Sie wirklich kannte. Ich kann mir schlecht vorstellen, dass Sie so ein schlechter Mensch sind, wie einige, vielleicht auch Sie selbst, denken. Nicht, nach all dem, was ich über Sie lesen durfte.“
„Was hat Ihr Sohn Ihnen denn über mich erzählt?“, fragte ich, fasziniert von der ruhigen, überlegten aber unendlich freundlichen Art meines Gegenübers. All die Jahre hatte ich Lucius Malfoy völlig falsch eingeschätzt. Wie konnte ich nur jemals denken, er wäre arrogant, überheblich oder gar brutal?
„Wenn Sie möchten, kann ich Ihnen die Briefe gerne auch zu lesen geben. Ich denke, das ist in Ordnung, da es ja darin sowieso vorwiegend um Sie selbst geht.“ Er erhob sich und ging auf ein kleines, braunes Gestell zu, aus dem er einen Stapel Briefe hervor holte. Wieder bei mir angekommen, suchte er offenbar einen bestimmten Brief heraus und hielt ihn mir mit den Worten „Dieser hier ist mein Liebster.“ hin.
Dankend nahm ich ihn entgegen, öffnete ihn und begann zu lesen:
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