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Fanfiction

Um das Leben meiner Schwester - Rachegeister

von SynthiaSeverin

Es war ein Alptraum. Anders konnte es nicht sein. Ja, gewiss war alles nur ein böser Traum. Albus konnte jeden Augenblick erwachen. Gleich, gleich würden die Glocken der Kirchturmuhr schlagen oder die Sonne würde aufgehen. Oder Candyfloss würde seine lange Zunge in sein Nasenloch stecken. Erwartungsvoll horchte Albus auf, zählte die Sekunden von zehn herunter. Fünf-Vier-Drei-Zwei-Eins. Stille. Die Läden des Wohnzimmerfensters waren zur Nacht geschlossen. Und Candyfloss? Der war oben bei ihr. In einem letzten verzweifelten Versuch kniff Albus sich in den Arm, spürte den Schmerz. Dann seufzte er tief. Es half nichts. Er träumte nicht. Alles war tatsächlich geschehen, so unwirklich und unglaublich es ihm auch vorkam. Betrübt blickte Albus hinab auf die dünn mit Butter bestrichenen, Scheiben Brot, die sein Vater auf die Schnelle aus der Küche gebracht hatte. Es war ein karges Abendmahl, das sie im Salon einnahmen, wo auf dem Kanapee noch immer Arianas zerfetzte Strickjacke lag. Niemand hatte sich getraut, im Esszimmer das Licht zu entzünden oder gar das Öfchen zu entfachen und so zu tun, als wäre alles in bester Ordnung und dies ein ganz normaler Abend im Hause Dumbledore. Zögerlich nur wagte Albus einen verstohlenen Seitenblick zu seinen Eltern und seinem Bruder. Musterte die stummen, verhärmten Gesichter, die sich um den Wohnzimmertisch gruppierten. Niemand lächelte, niemand sprach ein Wort. Es schien, als ob sie alle auf etwas warteten. Doch keiner konnte Albus sagen, worauf. Ihm klang noch immer die Stimme seiner Mutter in den Ohren, als sie ihn und Aberforth aus Arianas Zimmer gescheucht hatte.

„Eure Schwester braucht jetzt Ruhe, wir können vorerst nichts weiter für sie tun“, hatte sie im Halbdunkel einer einzelnen Kerze erklärt, als die Zaubertrankflaschen auf dem Nachttisch leer waren und Arianas Wimmern langsam dem tiefen Atmen einer Schlafenden wich, „Geht nach unten und esst eine Kleinigkeit“.

Wie ein braver Junge war Albus ihrer Aufforderung gefolgt. Doch mit den Bildern von den vielen Wunden vor Augen, die Kendra sorgsam mit Diptam beträufelt und gewissenhaft verbunden hatte, hatte er kaum einen Bissen heruntergebracht.

Fast eine halbe Stunde saß er nun schon mit knurrenden Magen hier. Und die ganze Zeit über lag ihm eine Frage auf der Zunge. Eine Frage, die er bisher nicht zu stellen gewagt hatte, aus Angst davor, die Antwort könne ihm den Appetit noch mehr verderben. Nun sagte ihm das Geklapper der Brotmessser auf den Tellern, dass die anderen fertig mit dem Essen waren und endlich fasste sich Albus ein Herz.

„Mutter?“, fragte er zaghaft, als Kendra aufstand und schweigend begann, die Teller einzusammeln. Die Gaslampen tauchten ihre kummervolle Miene in ein warmes Licht, das wie ein Hohn im Angesicht der Geschehnisse wirkte.
„Ja?“, antwortete sie leise.
„Sie…“, Albus stockte, „Sie wird doch wieder gesund, nicht wahr?“
Es sollte sich wie eine Feststellung anhören und klang doch mehr wie eine ängstliche Frage. Kendra antwortete nicht. Sie seufzte nur schwer, senkte den Blick und sammelte weiter die Teller ein.
Mit einem Schaudern zuckte Albus auf dem Kanapee zusammen und riss den Mund auf.
„Aber Mutter!“, kam es erschrocken über seine Lippen.
In diesem Moment sprang Percival auf.
„Natürlich wird sie das!“, rief er ein wenig zu laut und zog den Zauberstab. Im Kamin flammte das Feuer auf.
Während Aberforth, der noch immer kaute, nervöse Blicke zwischen den beiden hin und her warf, stellte Kendra die Teller wieder zurück auf den Tisch. Dann seufzte sie abermals, schlug sich die Hände vor die Augen und sank zurück auf ihren Sessel. Zwischen ihren Fingern konnte Albus etwas glitzern sehen. Auf einmal schluchzte sie auf.
„Es… es ist alles meine Schuld. Ich hätte nicht ins Dorf gehen sollen. Ich hätte sie nicht allein lassen dürfen. Dann… dann wäre das alles nicht passiert.“
„Unsinn!“, empörte sich Percival, „Wenn man seine Tochter nicht im eigenen Garten lassen kann, wo dann? Wie oft streifen unsere Kinder allein durchs Dorf? Wie oft ist etwas passiert? Es hätte ihr überall etwas zustoßen können. Es hätte ihr auch jemand auf dem Schulweg-“
„-IST ES ABER NICHT!“, schrie Kendra in einer Lautstärke, mit der Albus nie im Leben gerechnet hätte, „Es ist hier geschehen. Hier, in unserem Garten!“
Sie sackte zusammen und die Tränen flossen ihr nun ungehemmt aus den Augen.
„Ich frage mich… ich frage mich nur, welcher feige Hund das war“, keuchte sie heiser.
Für einen Augenblick starrte Percival sie schweigend an, dann stöhnte er schwer auf und fasste sich an die Stirn, während er sich gegen den Wand neben dem Kamin lehnte.
„Ich weiß es nicht. Aber wenn ich es wüsste, würde der Kerl dafür bezahlen müssen. Dafür würde ich schon sorgen, das schwöre ich dir.“
Kendra schaute mit einem verzweifelten Blick auf und murmelte Percival leise etwas zu. Doch Albus hörte ihre Worte nicht mehr. Der Wind peitschte in diesem Moment kräftigen Regen gegen die Fensterläden und eine Böe musste so heftig an der lädierten Schaukel zerren, dass ihr unheimliches Quietschen durch die Nacht bis hinüber zu den Salonscheiben getragen wurde. Und bei diesem Geräusch richteten sich Albus die Nackenhaare auf. Alle Bilder aus dem Garten fluteten erneut seinen Kopf. Und dann flammte siedend heiß die Erkenntnis in ihm auf. Das Taschentuch in der Kastanie! Albus kannte es. Und jetzt wusste er auch, woher. Er hatte es schon einmal gesehen, auf seinem Geburtstag. In der Hosentasche eines Jungen, der frech grinsend in Richtung Wald getürmt war, nachdem er ihn mit einer Steinschleuder attackiert hatte!

„Ich weiß es!“, platze es aus Albus förmlich heraus und sprang auf, „Ich weiß, wer es war!“

Stille. Die Flammen im Kamin züngelten hoch in ihrem Schacht empor und der ganze Salon schien in ein grausames Höllenfeuer getaucht zu sein, als er alle Augen auf sich gerichtet spürte.
„Albus?“, sagte seine Mutter verdutzt und schüttelte den Kopf, „Aber du warst doch gar nicht-“
„Ich weiß es!“, protestierte er luftschnappend, „Draußen in der Kastanie, da hing ein Taschentuch. Das muss wer verloren haben und ich weiß, wem es gehört.“ Albus erzählte die ganze Geschichte, von Susan und ihren Brüdern, von seinem Geburtstag, von der verkohlten Jacke, den Fußstapfen im Schlamm und dem gepunkteten Tuch im Baum. Die Mienen rund um den Wohnzimmertisch wurden immer blasser, die Augen größer und größer. All Münder standen offen, während die Anwesenden Albus lauschten.

„Die waren das also?“, fragte Percival mit einer Mischung aus Verwunderung und tiefster Abscheu, „Diese Bauerntölpel?“
„Percival!“, rief Kendra pikiert. Doch ihre Stimme ging unter, weil auch Aberforth sich im gleichen Augenblick regte.
„Sue…Sue…Sues Brüder?!?“, stotterte er atemringend. Es machte den Eindruck als würde er gleich explodieren. Seine Gesichtsfarbe hatte sich während Albus Erklärungen von einem Käsebleich zu einem schimmeligen Grünweiß gewandelt und von seiner Stirn perlte der Schweiß. Als Albus nickte, sprang er sofort vom Kanapee auf und stürzte durch die Esszimmertüre zur Küche davon. Nur wenige Sekunden später erschallte aus der gleichen Richtung ein Geräusch, das so klang, als würde sich gerade jemand im angrenzenden Klo herzhaft in die Waschschüssel übergeben.
„Albus bist du dir wirklich sicher?“, verschaffte sich Kendra endlich Gehör, „Ich meine, könnte es nicht sein, dass-“
„-Ich schwöre auf Flamel“, rechtfertigte sich Albus, „Die… die haben ihrer eigenen Schwester mal die Haare abschnitten, weil sie sie für eine Hexe hielten. Du kannst Aberforth fragen, Mutter. Der weiß es von Susan. Vielleicht haben sie Ariana zaubern gesehen und wollten, dass sie es nochmal macht.“
Um sich seiner Unterstützung zu versichern, drehte Albus sich um und suchte den Blick seines Vaters. Doch Percival, der noch immer am Kamin stand, schaute an ihm vorbei ins Leere. Inzwischen hatte er die Hände zu Fäusten geballt und die Spiegelung des Kaminfeuers blitzte gefährlich in seinen Augen auf.
„Diese kleinen dreckigen Mistkerle“, zischte er durch seine aufeinander gepressten Zähne, ohne Albus zu beachten, der auf einmal erschrocken zusammenzuckte. Nie in seinem ganzen Leben hatte er seinen Vater, seinen besonnenen, gutmütigen Vater, so fluchen gehört. Warum nur erinnerte er ihn plötzlich an jenen kaum merklichen Schwelbrand aus Onkel Oscars Zauberstab, der auf dem Sommerfest vor zwei Jahren am Ende fast für ein Inferno sorgte? Kalter Schweiß rann Albus den Rücken hinab. Sofort wandte er sich wieder seiner Mutter zu. Doch auch dieser Anblick beruhigte ihn nicht. Kendra war auf einmal sehr still geworden. Ihre Stirn kräuselte sich leicht und in ihrem Gesicht, das noch eine Nuance bleicher erschien als vor wenigen Sekunden, lag ein nachdenklicher Ausdruck. Die Finger an die Lippe gelegt, stand sie auf und trat ans Fenster, als ob sie durch die Läden hindurch hinaus in den Garten blicken wollte.
„Das, das könnte sein“, murmelte sie vor sich hin, „Ja, das ergäbe Sinn. Ein automagischer Schock entsteht in der Regel nur, wenn… und die Brandspuren, vielleicht hat sie sie damit unwillentlich in die Flucht geschlagen.“
Plötzlich wandte sie sich wieder zu Albus um.
„Vorhin, als du und dein Bruder schon auf der Treppe wart, da warf ich noch einmal einen Blick in die Kammer. Ariana sprach leise im Schlaf ?nicht fliegen… kann nicht`. Vielleicht haben sie sie von der Schaukel-“
Ihre Lider fielen zu und mit der Hand gegen das Herz gedrückt sank sie zurück auf ihren Sessel.
„Bei Merlins Bart! Freunde von Aberforth!“

Albus, dessen Kehle sich abermals wie zugedrückt anfühlte, wusste nicht, was er erwidern sollte. Doch er musste es auch nicht. Jemand Anderes nahm ihm diese Aufgabe ab. Kaum hatte Kendra ausgesprochen, erklang von ferner her ein deutliches Räuspern als wenn sich jemand unbedingt Gehör verschaffen wollte. Irritiert fuhr Albus um. Er sah niemanden. Doch im gleichen Augenblick hörte er eine Stimme. Eine Stimme, die er sehr gut kannte. Es war Großvater Wulfric.
„Nun, Ich möchte ja nicht behaupten, dass ich es nicht schon immer wusste“, erklärte er gebieterisch, „Es wäre ja nicht so, dass meine Worte in diesem Hause noch etwas gelten würden, seitdem mein eigen Fleisch und Blut vergessen hat, was Familienehre bedeutet.“
Kendra, die für einen Augenblick schlaff im Sessel gesessen hatte, richtete sich plötzlich wieder auf und riss den Kopf herum. Auf ihren gerade noch blassen Wagen erschien ein Hauch von Rot, während sie tief Luft einsog.
„Doch war es nur eine Frage der Zeit, bis der Frevel meiner Söhne sich rächen würde“, fuhr Großvater Wulfric ungerührt fort.
„Die Würde des reinen Bluts mit Füßen treten und ein Schlammblut vor den Altar führen; Seinen Kindern kein bisschen Zaubererstolz beibringen; sie mit Muggeln spielen lassen; die Schutzzauber lösen. Neue Sitten im Zeichen der Freiheit, oh ja“, er lachte fast, „Wer sich mit Ratten abgibt, darf sich nicht wundern, wenn die Ratten ihn beißen.“

Kendra sprang auf. Ihr Gesicht glühte feuerrot. Sie schnaubte sie ein Stier, als sie dem Sessel einen Fußtritt gab und auf das Porträt zuschoss.
„Sei still! SEI STILL DU ALTER GNOM!“, fauchte sie und zog ihren Zauberstab. Doch noch ehe sie das Porträt verfluchen konnte -
„-Nein!“, rief Percival.
Es war kein Schrei, auch kein flehender Bittruf. Er hatte völlig ruhig gesprochen. Und doch hatte sein Einwurf eine so schneidende Kraft, dass Kendra augenblicklich stehen blieb und sich zu ihm umdrehte. Albus erschauerte abermals. Dieses Wort, dieses eine Wort, so kalt und klar ausgesprochen, hatte etwas von einem Beben in den Tiefen der See, dessen wahre Gewalt sich erst noch entfalten sollte.
„Was, was meinst du damit?“, stammelte seine Mutter irritiert, während sie ihren Gatten musterte.
„Er hat Recht“, erwiderte Percival nüchtern. Und dann sah Albus es. Dieses etwas, das ihm mehr als alles andere Angst einjagte. Ein Lodern in den Augen seines Vaters, das nicht mehr vom Feuer herrührte. Ein Lodern, das der Lava eines Vulkans glich, der kurz vor dem Ausbruch stand. Ein Lodern, das nichts Geringeres war als blanker Wahnsinn.
„Er hatte schon immer Recht und wir, wir wollten es nicht sehen. All die Jahre, die wir unsere Kinder unter diesem Dach großgezogen haben, glaubten wir, mein Vater sei ein alter, verbitterter Narr gewesen, der die Muggel zu Unrecht hasste, weil man ihm einst seine Jugendliebe verwehrte. Aber so war es nicht. Nein. Wir waren diejenigen, die sich irrten. Wir waren die, die blind gewesen sind. Bei Merlin, all die Lehren meiner Jugend über die Gefährlichkeit der Muggel, die ich so bereitwillig in den Wind schlug, als ich dich kennenlernte, sie waren wahr. Durch und durch wahr. Und ich verschloss meine Augen davor. Ich beging die Torheit, die Schutzzauber um dieses Haus aufzulösen. Ich, ich war es, der mein eigenen Fleisch und Blut geradewegs in die Klauen dieser Tiere trieb, dieses Abschaums. Schande, Schande über mich! Über uns!“
„Per-Percival“, murmelte Kendra fassungslos, „Willst-willst du damit sagen, dass ich ein Fehler war?“
„Es geht nicht um dich. Es geht um Ariana. Es geht um MEIN KIND!“, schrie er mit zornesrotem Gesicht, wild gestikulierend, „Mein Kind, das ich heute vor Schmerzen wimmernd, zugerichtet wie ein abgestochenes Schwein, in meinem Garten fand! Aber das wird ein Nachspiel haben. Ein Nachspiel, das sich gerechnet hat. Das schwöre ich dir!“
Mit diesen Worten gab sich Percival einen gewaltigen Ruck und rauschte wie eine Furie durchs Esszimmer davon. Kendra sah ihm eine Sekunde lang entgeistert nach. Dann, plötzlich, raffte sie ihre Röcke und rannte ebenfalls davon. Albus stürzte hinter ihnen her. Wie automatisch trugen seine Füße ihn weiter und sein Herz hämmerte wild gegen seine Brust. Er kam gerade noch rechtzeitig in den Flur, um mitzukommen, wie sein Vater seinen Reisemantel grob vom Haken zerrte und die Haustür mit einem Alohomora aufspringen ließ.
„Was hast du vor?“ keuchte Kendra im Halbschatten des schwach erleuchteten Gaslichts. Regen peitschte in den Flur, schwamm auf der Schwelle zu einer Pfütze zusammen. Da drehte sich Percival ein letztes Mal um.
„Für Gerechtigkeit sorgen!“, antwortete er kalt und seine Augen blitzten böse funkelnd auf, „Niemand, NIEMAND, vergeht sich an MEINER TOCHTER!“

Und Albus sah nur noch einen Schatten herumwirbeln. Und einen Schweif aus kastanienbraunem Haar klatschte feucht gegen den Türrahmen. Ein kalter Wind trieb eisige Luft in den Flur und das Prasseln des Regens dröhnte in seinen Ohren. Wie ein Phantom rauschte Percival hinaus in die Nacht, verschwand mitten im Unwetter.
Eine Sekunde lang starrte Kendra ihm mit aufgerissenen Augen ungläubig nach.
„Perc?“, rief sie aufgebracht und ließ atemringend ihren Zauberstab aufleuchten, „Percival?!?“
Jäh raffte sie ihr Schultertuch und stürzte ohne einen Blick zu Albus hinaus in den Regen, bis das Gartentor hinter ihr den Zaun schlug.
„Percival! Percival! PERCIVAL!“, konnte Albus ihre Rufe noch hören, während auch ihre Silhouette vor seinen Augen verschwamm und der Schein des Zauberstabs wie ein Irrlicht durch die Nacht geistere. Albus stand wie angewurzelt auf der Schwelle, versuchte zu begreifen, was gerade geschah, als plötzlich -

PLOPP

Der Knall schallte wie ein Mahnruf durch die Nacht. Albus hielt den Atem an, als ein zweites Geräusch - das Quietschen einer Tür - von hinten, aus dem Haus, an sein Ohr drang. Schritte hielten auf ihn zu.. Einen Augenblick später stand Aberforth neben ihm.
„Was ist denn passiert?“, fragte er.
„Ich glaube, Vater ist disappariert“, erklärte Albus geistesabwesend und hatte das Gefühl, dass die Worte ohne sein Zutun über seine Lippen kamen, „Zu Sues Brüdern, um - um Ariana zu rächen.“
„Was?!?“, flüstere Aberforth heiser.
In dieser Sekunde wandte sich ihre Mutter zu ihnen um. Ihr Zauberstablicht beschien direkt ihr Gesicht und in dunklen Wellen fielen ihr die Strähnen ihres klatschnassen Haares von der Stirn. Unter dem regendurchweichten Stoff ihres Kleides schimmerte rosa ihr Schlüsselbein, während das Schultertuch achtlos im Gras lag.
„Ins Haus mit euch!“, fuhr sie sie mit blitzenden Augen an und gab einen Ton von sich, der Albus an ein gequältes Schluchzen erinnerte. Sofort stieß er die Türe zu und drehte den Schlüssel. Aberforth blickte ihn mit einem angstbleichen Gesicht an und schluckte so heftig, als müsse er sich erneut übergeben.
„Komm, nach oben“, krächzte Albus, der sich inzwischen auch recht flau fühlte und dem so sonderbar leicht zumute war, als ginge er durch Nebel.
Ihre eigenen Schatten und das leise Schnarchen aus Arianas Kammer folgten ihnen, bis sie ihr Zimmer erreichten und die Tür hinter sich schlossen. Regen trommelte gegen die Scheiben. Vom Himmel, von den Sternen, die doch immer am Horizont geleuchtet hatten, war nichts mehr zu sehen. Alles verschwamm von ihren Augen als ob es jenseits dieser Kammer keine Welt mehr gäbe. Schweigend entzündete Albus das Licht auf ihrem Nachttisch. Bettgehzeit war längst vorüber. Doch er wusste, dass er in diesem Moment kein Auge würde zudrücken können. Stumm winkte Aberforth ihn zu jenem Tisch heran, auf dem die Zinnzauberer und Kobolde standen und forderte ihn zu einer Kampfrunde heraus. Albus kam es vor, als läge es Ewigkeiten zurück, dass er seinen Kopf an genau jenem Tisch gestoßen hatte und doch war es erst ein paar Stunden her. Sie sprachen kaum. Mehrmals schlug die Glocke, während sie spielten. Während sie beide gleichermaßen hektisch, und nervös ihre Zinnfiguren aufeinander losschickten. Und doch wechselten sie kein Wort über die Sache, die sie eigentlich beschäftigte. Erst als die Glocke zum vierten Mal geschlagen hatte und der Regen allmählich nachließ, kräuselten sich die Lippen in Aberforths noch immer blassem Gesicht.
„Glaubst du, glaubst du, dass er wirklich-?“, keuchte er.
„Ignoramus, ignarobimus“ erwiderte Albus hastig.
Aberforth blickte ihn fragend an. Doch noch ehe er erklären konnte, was dies hieß, ließ ein Geräusch sie beide zusammenfahren, ein dumpfes Läuten. Für den Bruchteil einer Sekunde blickten die Brüder sich an.
„War das die Türglocke?“, flüsterte Aberforth. Doch Albus war bereits aufgesprungen. Pfeilschnell schoss er zur Türe, riss sie auf, überquerte den Flur und verschwand im Badezimmer, von dessen Fenster aus man einen guten Blick auf den Vorgarten hatte. Sein Bruder folgte ihm auf den Fersen und so drückten sie sich gemeinsam an den Sprossenscheiben die Nasen platt. Das Erste, was Albus durch den aufsteigenden Regendunst erkannte, war das Licht eines Zauberstabs und für einen hoffnungsvollen Moment glaubte er, dass einfach nur sein Vater heimgekommen wäre. Doch dann leuchtete ein zweites Zauberstablicht auf und enthüllte das Gesicht eines gedrungenen Mannes. Er trug einen Spitzhut mit einem bronzefarbenen Emblem auf einem breiten Lederband und einen dunkelblauen, mit Metallknöpfen geschlossenen Umhang, der in einem steifen, weißen Kragen auslief.
Aberforths Augen quollen fast über, als er sich noch näher an die Scheibe drückte.
„Sind das…sind das etwa-“
„-Auroren!“, ergänzte Albus entsetzt und sah fassungslos hinab in den Vorgarten. Tausend Spinnen mussten über seinen Körper krabbeln, so wie seine Haut kribbelte und sein Herz schien sich nicht entscheiden zu können, ob es schneller schlagen oder stehenbleiben wollte.
Der zweite Auror, den Albus jetzt auch sehen konnte, bimmelte heftig an der kleinen Kupferglocke, die unter dem Vordach hing. Endlich wurde die Haustüre aufgeschlossen und als der Lichtschein nach draußen fiel, erkannte Albus seinen Vater, den er bisher nur als unförmigen Schatten zwischen den beiden Männern erahnen konnte. Seine Hände waren mit offenbar magischen Fesseln zusammengebunden und er blickte zu Boden, hob nicht ein einziges Mal den Kopf, während er sich zwischen den Auroren dünn zu machen versuchte. Albus musste schlucken. Wie sehr erinnerte ihn das an seine eigene schuldbewusste Haltung, wann immer Großvater Wulfric ihn berechtigterweise ausschimpfte. Von seiner Mutter sah er nur ein kurzes Aufblitzen des Rocksaums, der sogleich wieder im Türrahmen verschwand. Schnell zog Albus einen Schemel heran, reckte sich und öffnete das Oberlicht, um lauschen zu können.
„Mrs Dumbledore?“, verklang es gerade unten im Vorgarten.
Dann drang die Stimme seiner Mutter zu ihm und Aberforth herauf.
„Ja?“, fragte Kendra zittrig.
„Wir müssen Ihnen leider mitteilen“, fuhr der Schlankere der beiden Auroren nüchtern fort, „dass ihr Gatte, Percival Wulfric Brian Dumbledore, unter dem dringenden Tatverdacht steht, in der heutigen Nacht drei junge Muggel, den zwölfjährigen Benjamin Smith, den dreizehnjährigen Walter Smith und den vierzehnjährigen David Smith mittels stetigen Cruciatusflüchen hospitalreif gefoltert zu haben. Ihm wird daher die wiederholte Anwendung eines Unverzeihbaren Fluchs in Tateinheit mit schwerer magischer Körperverletzung in Tateinheit mit der bewussten Zauberei vor Muggeln zur Last gelegt. Können Sie uns etwas zu den Hintergründen dieser Tat sagen?“
Eine Pause entstand, in der sich Kendra offenbar zu sammeln schien. Was sie schließlich antwortete, bekam Albus nicht mehr mit. Denn Aberforth meldete sich plötzlich zu Wort.
„Kann nicht sein“, keuchte er kopfschüttelnd, „Vater hätte doch nie… Vater würde nie…“
Albus musste sich an der Gardine festhalten, denn er spürte, wie seine Knie weich wurden. Er wagte es nicht, etwas auf Aberforths Protest zu erwidern. Nach dem, was er vorhin im Gesicht seines Vaters gesehen hatte, war er sich dessen nicht so sicher wie sein Bruder. Percival war außer sich vor Wut gewesen.
Unten im Vorgarten zogen die beiden Männer nun ihre Spitzhüte, wandten sich um und hakten Percival grob zwischen sich unter. Endlich! Endlich, hob er den Kopf und es war wie ein Blitz, der Albus traf. Sein Gesicht war kreidebleich und in seinen Augen jeglicher Glanz erloschen.
„Es tut mir leid“, keuchte er gebrochen, „Es tut mir so leid, Kendy, ich war ein Narr.“
Dann zogen die Auroren ihn fort, die Tür fiel ins Schloss und alles war dunkel.

Nur Sekunden später erschallte im ersten Stock das Knarzen der Treppe und ein Schluchzen mischte sich hinzu.
„Mutter!“, rief Aberforth und stürzte zur Badezimmertüre, Albus hinterher. Kendra hatte die letzte Stufe erreicht und schlich direkt auf sie zu. Doch statt sie zu beachten, zog sie blass wie ein Gespenst einfach an ihnen vorbei. Die eine Hand fest gegen ihr tränennasses Gesicht gepresst, drückte sie am Ende des Flurs mit der anderen Hand schwach die Tür ihres Schlafzimmers auf und verschwand. Das Geräusch eines Schlüssels, der im Schloss umgedreht wurde, das Quietschen eines Lattenrosts und der erstickte Schrei in ein Kissen mischten sich auf dem Gang mit Arianas Schlafwimmern.
„Mutter“, murmelte Aberforth betroffen, dann schob Albus seinen kleinen Bruder sanft in Richtung ihrer Kammer davon.

In dieser Nacht stritten sie sich zum ersten Mal nicht darüber, wer im oberen Bett schlafen durfte. Dicht drängten sie sich auf der unteren Matratze zusammen, als gäbe es nur noch sie beide auf der Welt, um einander Halt zu geben. Albus spürte, wie die Tränen seines Bruders langsam sein Nachthemd durchdrangen, während er selbst Löcher in die Luft starrte. Und auf der Unterseite der alten Bretter des Hochbetts schien eine einzige Frage tief ins Holz geritzt zu sein: Was war geschehen?


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