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Fanfiction

Um das Leben meiner Schwester - Abendschwüle

von SynthiaSeverin

Es dauerte lange, bis alle wieder auseinandergeströmt waren. Albus kam es wie eine Ewigkeit vor. Und doch fand er sich irgendwann allein auf dem Rasen wieder, während die Kapelle ihre Instrumente packte. Alle hatten ihn verlassen, sogar Ariana, die ihren Eltern in den Schatten beim Haus gefolgt war. Alle bis auf –

„Hab auch was für dich“, nuschelte Aberforth und begann in den Taschen seiner Kinderfestrobe zu wühlen, die an seinem plumpen Körper mit dem verschwitzten Gesicht irgendwie unpassend wirkte. Albus lächelte, als er begriff, dass es das war, was sein Bruder loswerden wollte, bevor der Ruf des Fotografen ihn zum Schweigen verdammt hatte. Jede Menge Stöckchen, Steinchen, eine Schere und ein grobzahniger Kamm, in dem etwas hing, das wie Schafwolle aussah, fielen zu Boden, bis sich Aberforths Gesicht aufhellte.
„Ah, ich hab’s! Hier!“ rief er und drückte Albus ungeschickt ein großes Einmachglas in die Hand, in dem eine orangefarbene, geleeartige Masse waberte. Skeptisch musterte Albus den zähflüssigen Brei, während seine Hände von dem erhitzen Glas glühten. Was immer dieses Zeug darstellen sollte, es schien in keinem guten Zustand zu sein.
„Orangenmarmelade“, erklärte Aberforth unbekümmert, „Ist echt lecker. Hab auch ein Glas, von der Mutter von… Sue?!?“
Albus blickte auf. Aberforth starrte verdattert an ihm vorbei zum hinteren Gartentor und dann ohne ein weiteres Wort stapfte er los. Stirnrunzelnd sah Albus ihm nach und eilte hinter ihm her. Noch ehe er durch seine Brillengläser sah, was los war, hörte er es.
„Hallo Abber!“, rief eine vertraute Mädchenstimme über das Gatter hinweg. Und dann tauchte zwischen den Latten das braungebrannte Gesicht von Susan auf. Sie war nicht allein. Auf ihren Armen hatte sich ein Fellbündel zusammengerollt, das ein wohliges Schnurren von sich gab. Seltsam: Irgendwie kam Albus die Fellgerbung des Tieres sehr bekannt vor. Und dann fiel es ihm wie Schuppen von den Augen. Es war Bastus. Bei Merlin! Hatte denn niemand bemerkt, dass der Kater sich davongeschlichen hatte? Dann fiel ihm verdutzt ein, dass er Bastus ja selbst den ganzen Morgen nicht gesehen und sich keinerlei Gedanken darüber gemacht hatte.
„Ich bring euch eure Katze zurück“, erklärte Susan sanft und streichelte dem Kniesel liebevoll übers Fell, ehe sie Aberforth mit großen Augen anblickte.
„Es ist doch eure Katze, oder? Auf der Marke stand ‚Dumbledore‘“
„Ja“, murmelte Aberforth verlegen, während eine Sommerbriese durch die nahen Büsche fuhr und die Blätter zum Rascheln brachte.
Albus musste die Hitze allmählich zu Kopf steigen, denn er glaubte auch noch ein leises Tuscheln zu hören.
„Sie ist sehr klug“, fuhr Susan fort und liebkoste Bastus dabei, „Hat sich bei meinen Brüdern versteckt, als die was aushecken wollten und durch ihr Gemaunze Vater-“

In diesem Moment geschah es. Ein mehrstimmiges Kichern erschallte aus dem Busch, eine Steinschleuder blitze auf. Um im hohen Bogen rauschte etwas über den Zaun, das Albus an der Schulter traf.
„Au!“, schrie er auf und noch jemand erhob die Stimme.
„Oh nein!“, kreischte Susan wütend und wirbelte zum Wald herum, so dass ihre inzwischen recht kurzen Zöpfe wippten. Auf dem Waldweg türmten drei Jungen, grölten und johlten, bis der Forest of Dean ihre Gestalten verschluckte.
„Das waren sie. Sie sind mir gefolgt! Oh, wenn Vater das erfährt“, schnaubte Susan wie ein Stier, dem jemand ein rotes Tuch vorhielt. Dann drehte sie sich wieder dem Gatter zu und blickte Albus durch die Latten mitleidsvoll an.
„Tut es weh?“
„Nein“, hüstelte er. Es war eine Lüge. Doch Susan hatte sich ohnehin schon wieder Bastus zugewandt.
„Seltsam, eure Katze“, sprach sie mehr zu sich selbst, „Eine mit solchen Ohren und so einem Schwanz habe ich noch nie gesehen“
Aberforth lief knallrot an und warf Albus einen panischen Blick zu. Und Albus wusste wieso: Kniesel standen auf einer Liste von Tieren, die vor den Muggeln geheim gehalten werden mussten. Und nun stand ein Muggelmädchen vor ihnen mit einem Kniesel auf dem Arm. Er ahnte, dass dieser Verstoß gegen das Gesetz weniger glimpflich ausgehen könnte als sein kleiner Zauber.
„Das ist, weil sie aus Ägypten stammt“, rief er hastig über den Zaun, während Aberforths Augenbrauen nach oben wanderten.
„Aus Ägypten?!?“, wiederholte Susan erstaunt und blickte auf.
„Oh ja“, erklärte Albus in einer Lässigkeit, die ihn selbst überraschte. Und dann packte ihn der Übermut.
„Unser Vater ist Archäologe“, fuhr er ohne mit der Wimper zu zucken fort, „Er macht öfter Expeditionen nach Ägypten und einmal hat er sie mitgebracht. Da war sie noch ein ganz kleines Kätzchen. Ägyptische Katzen sehen alle so aus, weißt du. Weil sie in dunklen Pyramiden Mäuse jagen und die ganz genau in den Wänden hören müssen und mit Schwanz locken sie sie an.“
Susans Gesicht nahm einen verzückten Ausdruck an.
„Pyramiden“, murmelte sie verträumt und setzte Bastus endlich auf den Boden, wo der Kater gleich einen beherzten Sprung über den Zaun nahm.

Eine ganze Weile noch unterhielten sich die Brüder mit Susan. Sie sprachen über Pedro, der plötzlich am Gartentor erschien und seiner alten Hirtin die Hände leckte; über die Musik, die Susan auf dem Weg zum Anwesen gehört hatte; über Albus‘ und Aberforths ‚lustige Kostüme‘ und die Geburtsfeier. Schließlich verabschiedeten sie sich mit herzlichen Glückwünschen sowie einem hastig gepflückten Gänseblümchenstrauß für Albus und einem Stück gewöhnlicher Siruptorte für Susan. Schweigend sahen die Dumbledorebrüder zu, wie sich die Silhouette des Muggelmädchens vor dem Waldrand verlor.
Dann fuhr Aberforth mit blitzenden Augen zu Albus um.
„Das war ne glatte Lüge!“, schnaubte er wütend.
„Was?“
„Das mit Bastus und Ägypten und so“
„Na und?“, erwiderte Albus zuckersüß, „Wär’s dir lieber, sie wüsste die Wahrheit?“
Sein Bruder antworte nicht. Er starrte ihn nur mit offenem Mund und zornigen Blicken an und irgendein unverständliches Brummen kam über seine Lippen.
„Ich bring die mal rein“, sprach Albus lächelnd und schüttelte das Marmeladenglas, „Glaube, die verträgt die Hitze hier draußen nicht.“
Und schon stahl er sich davon.

Eine angenehme Kühle erfüllte das Haus. Albus hatte es bisher nicht bemerkt, doch jetzt, wo er durch die abgedunkelten Räume stromerte, spürte er, dass die Hitze draußen mörderisch gewesen war. Die kalten Küchenfließen unter seinen nackten Füßen, denn die Schuhe hatte auf der Wohnzimmerschwelle ausgezogen, verschafften ihm eine willkommene Abkühlung. Stille und Dunkelheit erfüllten den Raum. Nur der Ofen, in dem der Festbraten für das Diner schmorte, gab neben einem köstlichen Duft auch etwas Licht um Wärme ab. Albus lief das Wasser im Mund zusammen und er fühlte sich so wohlig, als hätte er diesen einen Moment der Ruhe in all dem Trubel dringend gebraucht. Doch schon im nächsten Augenblick huschte er weiter in kleinen Vorratsraum, der mit einem Kühlzauber belegt war und reckte sich, um Aberforths Marmelade ins Regal zu stellen. Der Schmerz vom Steinschleuderangriff durchzuckte seine Schulter. Er musste sie kühlen, sie viel hatte seine Mutter ihm beigebracht. Also ging Albus nach getaner Arbeit hinüber in das kleine Bad, knöpfte sein Festgewand auf und tauchte einen frischen Lappen in die Waschschüssel. Durch das angelehnte Fenster drangen vom Garten her Fetzen eines Gesprächs ins Zimmer und mischten sich mit dem Platschen des Wassers. Eigentlich hätte es Albus gar nicht interessiert und er hätte auch niemals begonnen zu lauschen, wenn er nicht plötzlich eine der Stimmen erkannt hätte. Es war sein Vater. Sofort blickte Albus auf. Zwei Männer unterhielten sich dort draußen und es klang, als würden sie sich streiten. Neugierig trat er an mit nasser Schulter ans schmale Badfenster und lugte durch die Spitzengardinen hinaus.

Am Ende des Durchgangs ums Haus, vor dem Gartenzaun zur Straße hin stand sein Vater zusammen mit einem Zauberer, der irgendwie schleimig aussah. Er trug einen Nadelstreifenumhang, hielt einen schnieken Zylinder in seiner behandschuhten Rechten und seine Haare glänzten nur so vor Pomade im Sonnenlicht. Albus sah sie nur von hinten, darum konnte er das Gesicht des Mannes nicht erkennen, als dieser den Arm hob und eine Bewegung in Richtung des Dorfs machte. Doch sein Tonfall hatte eindeutig etwas Hochnäsiges, als er zu sprechen begann.
„Ich bin wahrlich überrascht, Mr Dumbledore, dass Sie diese Einöde dem magischen London vorziehen. Ich würde es hier keinen Tag aushalten. Vor allem nicht bei solchen Nachbarn.“
Seine letzten Worte begleitete ein abfälliges Lachen. Percival wandte sich fast in Zeitlupe zu ihm um.
„Mould-on-the-wold“, sprach er eindringlich, „ist seit Generation die Heimat der Dumbledores. Und es ist der schönste Ort, den ich mir für meine Familie und mich vorstellen kann. Vor allem für meine Kinder, die in diesen Nachbaren Freunde gefunden haben. Wenn Sie Verzeihen, Mr Bursa!“

Albus wich vom Fenster zurück. Sein Vater hatte sich gerade in einem Ruck umgedreht und lief schnurstracks unter dem Toilettenfenster vorbei. Er sollte ihn nicht entdecken. Den Atem anhaltend schaute Albus ihm nach, bis das Kastanienhaar um die Hausecke verschwand. Er wusste nicht, warum seine Kehle auf einmal wie ausgetrocknet war. Warum sich sein Magen so leicht und sei Nacken so kühl anfühlten. Oder warum er plötzlich an Aberforth und Susan denken musste. Doch da erschallte von der Küche her auf einmal lautes Scheppern und Klappern und der Bratenduft kroch durch die Ritzen der Badezimmertür. Er roch so verführerisch, dass es Albus leicht fiel, sich ablenken zu lassen. Einmal nur schüttelte er sich kurz und hatte abgestreift, was ihn gefangen nehmen wollte.

Im Garten herrschte emsiges Treiben. Ariana, Aberforth, Tante Thelma und die Brownkinder hatten begonnen, die vielen deftigen Leckereien, an denen Albus in der Küche vorbeigeschlichen war, hinaus ins Freie zu schaffen. Mit einem Schlenker aus Kendras Zauberstab verschwand das Kaffeegeschirr vom Büffet und auf der langen Tafel, die bisher nur ein weißes Spitzenband, zahllose Teelichter und ein ausladender Kandelaber zierten, erschienen flache und tiefe Teller, silbernes Geschirr und kristallene Gläser. Rosenblüten rieselten herab und die Teelichter in ihren silbernen Haltern entflammten. Der Duft von geschmorter Gans und gebratenen Kartoffeln verströmte sich bis die letzten Winkel des Gartens. Und die Gäste, die faul in träge in der Sonne gekauert und dem Knurren ihres Magens gelauscht hatten, kamen in Scharen herbeigelaufen und hielten Ausschau nach ihrem Namen auf den kleinen Karten, die auf jedem Teller standen und einem eifrig zuriefen, was mit Goldlettern auf sie geschrieben stand.

Unter dem glühenden Rot der Abendsonne verwandelte sich der Garten in einen Backofen. Die Gästeschar, die vor Stunden noch gesprudelt hatte, sank nun auf die Stühle wie zerlaufener Käse und statt „Odo, der Held“ erfüllten Schmatzen und Schlurfen, Messerschaben und Gabelgeklapper und angeregtes Gerede die Luft. Inzwischen hatte jeder ein Glas voll Met oder Elfenwein vor sich stehen, die im rötlich goldenen Licht des Sonnenuntergangs und der Kerzen feierlich schimmerten. Und während Thelma Brown allmählich wieder nüchtern wurde, begannen ringumher andere Nasen rot zu leuchten und Lachen schallte über den Tisch. Albus, dessen Lider schon ein wenig matt über seinen Augen hingen, gelang es nicht, in den Gesprächen der Erwachsenen Fuß zu fassen. Also beschloss er, stattdessen sein neues Lesezeichen an Onkel Oscars Ziegenbuch auszuprobieren. Schnell huschte er in einem passenden Moment hinauf in sein Zimmer und machte dann einen Abstecher zum Gabentisch. Mit der einsetzenden Dämmerung hatten sich Schwärme von Glühwürmen um die Büsche versammelt. Und in den Zweigen der Kastanie, die Bastus für ein Nickerchen erkoren hatte, leuchteten die Lampions auf. Albus warf dem Kater ein Lächeln zu, schnappte sich das Lesezeichen und kehrte zurück zum Tisch, wo sich Tante Thelma und Onkel Oscar gerade mit ausgerechnet jenem Schnösel unterhielten, den Albus vom Badfenster aus beobachtet hatte. Durch die Lücke zwischen den Rücken seiner Mutter und seiner Großtante hindurch versuchte Albus einen Blick auf das Namensschild des jungen Zauberers zu erhaschen. ‚Benjaminus Bursa‘ stand dort. Albus hatte das dumpfe Gefühl, den Namen schon einmal gehört zu haben, doch er konnte nicht sagen, wann und wo.

Vorsichtig schlug er sein Buch auf und tat so als würde er lesen, während er zu seinem Platz zurückkehrte. In Wahrheit jedoch lauschte er und lugte immer wieder heimlich über sein Buch hinweg zu Tante Thelma und den anderen hinüber. Sie sprachen über Mould-on-the-Wold, über Oscars und Percivals Kindheit, über Drachenblaukrautzucht und irgendwann auch über die Verletzungen durch den Hippogreif, die Kendra so fachmännisch versorgt hatte.
„Sie waren Heilerin im St. Mungo?“, sprach Mr Bursa zwischen zwei Bissen Gans und sah dabei Kendra an, deren Gabel augenblicklich still stand.
„Ja“, antwortete sie gedehnt und warf ihm aus ihren dunkel schimmernden Augen einen warnenden Blick zu. Albus spürte, wie ihm die Kälte den Rücken herauf kroch. Mr Bursa aber ließ sich nichts anmerken.
„Warum sind Sie nicht dort geblieben. War die Bezahlung nicht gut?“, sagte er beiläufig und nippte an seinem Kristallglas, das im Kerzenlicht aufblitze.
Für einen Augenblick schien die Welt den Atem anzuhalten. Albus sah hastig zu seinem Vater hinüber, dessen Miene sich verfinstert hatte und dessen Blick auf Mr Bursa ruhte. Bursa, der gewagt hatte, an etwas zu rühren, das im Hause Dumbledore schon lange ein Tabu war. Albus wurde klamm. Er spürte es deutlich. Die Stimmung an der Festtafel glich einem Vulkan, der jeden Augenblick auszubrechen drohte.
„Es lag nicht an der Bezahlung. Es war das Leid der Menschen“, antwortete Kendra scharf und in unmissverständlichen Ton, dass sie dieses Gespräch beenden wollte. Mr Bursa wischte sich seelenruhig mit der Serviette über den Mund und sah sie nicht mal an.
„Leid?“, sagte er teilnahmslos, „Ich dachte, das St.Mungo wäre gerade dazu da, dies zu lindern?“

KLACK

Kendras Gabel war auf den Teller gefallen. In ihre Augen trat ein böses Funkel, dem die Wut in ihrem Ton keineswegs nachstand, als sie plötzlich ihre Stimme erhob.
„Wenn Sie all diese Verletzten und Kranken sehen, besonders die chronischen Fälle auf der geschlossenen Abteilung, wenn Sie erleben, wie all diese Hexen, Zauberer und Kinder ein Dasein fristen, das mehr es verdient hat, vegetieren als leben genannt zu werden, ruhiggestellt, abgefüllt mit Zaubertränken, so dass sie mehr Inferi-“
„Kendra!“, fiel ihr Albus‘ Vater kopfschüttelnd ins Wort. Doch sie ließ sich nicht bremsen, warf ihm nur einen Seitenblick zu.
„Es ist wahr, Percival. Ich übertreibe nicht. Jedes andere Wort wäre eine Beschönigung. Nun, so dass sie mehr Inferi gleichen als lebendigen Menschen. Wenn Sie sehen, wie sie alle vereinsamen, von ihren Verwandten und Freunden vergessen werden und keine anderen Freuden kennen als das falsche Lächeln eines Heilers. Kurzum allem beraubt sind, was das Leben lebenswert macht, dann möchten Sie auch nicht mehr im St. Mungo arbeiten. Es ist ein Irrglaube unserer Gemeinschaft, wenn wir annehmen, wir könnten uns unserer sogenannten Schandflecke und Probleme entledigen, indem wir sie in Anstalten wie das St. Mungo wegsperren. Die Kranken und Fluchgeschädigten gehören ebenso in unsere Mitte wie die Squibs und Muggelgeborenen.“
Am Tisch war es immer ruhiger geworden und jetzt herrschte Schweigen. Alle senkten die Köpfe, blickten auf ihre Teller. Sekunden peinlicher Stille vergingen, bis Onkel Oscar sich schließlich räusperte und von seinem Platz erhob.
„Ähm ja, vielen Dank, Kendra, für diese Rede. Nun, wer möchte noch ein Gläschen Goldlackwasser?“

Doch niemand wollte eines. Erst als Onkel Oscar begann jene Anekdote zu erzählen, wie er auf der Weltausstellung in Paris mit seinem Besen fast in einen riesigen Turm aus Metall gekracht wäre und das nur, weil ein paar Gläschen Goldlackwasser zu viel intus hatte, schenkten sie ihm ein wenig Aufmerksamkeit. Und bald ging seine Anekdote unter in dem wohlvertrauten Klappern der Messer und Gabeln. Doch das ausgelassene Lachen und angeregte Gerede, das die Tafel zuvor erfüllt hatte, wollte nicht zurückkehren.

Albus war froh, dass man von den Kindern nicht verlangte, bis zum Ende des Festes brav am Platz sitzen zu bleiben. Er konnte kaum erwarten, der Festtafel zu entkommen, nicht nur weil sie sich allmählich in ein Gelage verwandelte, je mehr Alkohol floss und das Gerede in Lallen und Grölen übergehen ließ. Gerade als er selbst sein letztes Glas Kürbissaft ausgetrunken hatte, hatte Ariana neben ihm mit staunenden Augen bemerkt, was das Lesezeichen in seinem Buch tat und weil sich Aberforth ihnen gegenüber fast über den Tisch geworfen hatte, beschloss Albus mit seinen Geschwistern das Buch zu lesen. So hatte er wenigstens eine Beschäftigung, bis es Zeit war, zu Bett zu gehen und musste nicht länger an Mutter denken. Sie ließen sich unter der Kastanie nieder, wo das Gras schön weich war und die bunten Laternen warmes Licht gaben und kuschelten sich dicht einander. Albus wusste nicht, wie lange sie dort lagen und dem Buch lauschten. Seine Lider waren bald so schwer wie Blei und die schwüle Hitze, die wie eine Decke auf ihnen lag, ließ ihn noch dösiger werden. Einzig und allein ein gewisses, menschliches Bedürfnis war es, das ihn irgendwann wieder in die Senkrechte trieb und ins Haus laufen ließ. Als er zurückkehrte, erhaschte er abseits der Tafel, nahe bei den Büschen vor dem Gartentor, zwei menschenhohe Schatten, die sich leise zu streiten schienen. Albus stand still, als er die Stimmen seiner Eltern erkannte.
„Du kannst von mir nicht verlangen, dass ich die Wahrheit verleugne. Dass ich die Zustände im St. Mungo besser darstelle als sie sind, Percival“, zischte seine Mutter flüsternd.
„Das tue ich doch auch nicht Kendra. Du weißt, dass ich die Dinge genauso sehe wie du. Doch muss es unbedingt an der Festtafel sein?“
Sie antwortete nicht. Albus konnte gerade noch zurückweichen, sonst hätte seine Mutter ihn über den Haufen gerannt, als sie ärgerlich an ihm vorbeischoss und begann wie ein Muggel die leeren Teller abzuräumen. Der Sommerwind, der merklich zugenommen hatte, trug ein Seufzen in der Stimme seines Vaters zu Albus herüber. Und eine zweite Gestalt rauschte an ihm vorbei.
„Kendra, hör mir doch bitte zu!“, rief Percival.

Albus wusste nicht, wie ihr Streit ausging. Und er wusste auch nicht, ob er es überhaupt wissen wollte. Alles, woran er dachte, war, schnell zurück zu seinen Geschwistern zu kommen, um die Sache zu vergessen. Schon Minuten später lag er wieder dicht an Ariana und Aberforth gekuschelt und lauschte der Stimme des Lesezeichens, die ihn in der feuchtheißen Nachtluft allmählich einlullte. Am schwarzen Himmel glänzten keine Sterne. Doch zahllose funkelnde Glühwürmchen schwirrten umher und verwandelten den Garten in ein Sommernachtsmärchen. Die Welt verschwamm vor Albus‘ Augen zu einem Traum. Bald schon hörte er das wohlige Schnarchen seiner Geschwister zu sich heraufsteigen und lächelte. Schläfrig ließ er das Buch sinken, lehnte sich zurück an den Stamm und spürte nichts mehr als das gleichmäßige Heben und Senken ihrer Körper an seinem, das ihm einen wohligen Schauder versetzte. Fast war er selbst schon hinüber geglitten in die sanfte Dämmerung des Schlafs. Doch sah er gerade noch ein weiches Licht in der Ferne, das wie ein Boot über den Ozean der Nacht auf ihn zu schaukelte. Er blinzelte und erkannte verschwommen im Schein der Lampions die helle Erscheinung seiner Mutter, die ihm schon fast wie ein Traumbild erschien. Und die endlich wieder lächelte. Langsam beugte sie sich zu ihm herunter, zog ihm behutsam das Märchenbuch aus der schweren Hand und gab ihm einen Kuss auf die Stirn.
„Gute Nacht, mein Großer“, hauchte sie.
„Gu-na-mu-er“, säuselte Albus und dann fielen die Augen ihm endgültig zu.

So lagen die Geschwister in trauter Eintracht schlafend unter der Kastanie. Und niemand, weder Kinder noch Eltern sahen, dass hoch über den Wipfeln des Baumes sich bereits dunkle Gewitterwolken zusammenbrauten…


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