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Fanfiction

Mud and Blood - Nutzlos

von Dr. S

Die Beerdigung ihrer Eltern fand eine Woche später statt. Lily kehrte erst danach nach Hogwarts zurück; Professor Dumbledore hatte sie vom Unterricht freigestellt, damit sie die Trauerfeier organisieren konnte, die er selbst besucht hatte. Petunia war ihr schluchzend kaum eine Hilfe gewesen, da hatte Lily lieber ihren Zorn ertragen. Wenn sie nicht geweint hatte, hatte Petunia geschrien. Lily wusste nicht, was ihr weniger lieb war; ihre Schwester vollkommen aufgelöst zu sehen, oder der Grund für den Tod ihrer Eltern genannt zu werden. Es war Magie gewesen und Lily war die Verbindung zu magischen Welt, deswegen war es ihre Schuld, so einfach war es für Petunia.

Regulus hatte ihr gesagt, dass sie es sich nicht zu Herzen nehmen sollte, dass es Trauer, Wut und Missgunst waren, die aus ihrer Schwester sprachen. Lily war dankbar gewesen das zu hören und sie war dankbar gewesen, dass Regulus am Wochenende Hogwarts ihretwegen verlassen hatte, um bei der Beerdigung dabei zu sein. Er hatte ihre Hand fest in seiner gehalten, als feuchte Erde auf die Särge geworfen wurde. Fast Schlamm. Lord Voldemort hätte das Bild sicherlich gefallen, wie diejenigen, die angeblich für den Schmutz in ihren Venen verantwortlich waren, in der Erde verschwanden.

Regulus hatte Blumen mitgebracht, die Wind und Wetter für viele Wochen trotzen würden. Ihrer Mutter hätte der Gedanke gefallen, ihrem Vater die Magie. Sie hatten Regulus beide gemocht, auch wenn sie ihn nicht lange oder gut gekannt hatten. Und Regulus hatte sich große Mühe gegeben mit ihnen auszukommen. Lily hatte ihm sofort geglaubt, dass er sie gerne besser kennen gelernt hätte.

Sie war so unglaublich froh gewesen, dass er sie nicht allein gelassen hatte. Er war gleich am Freitag gekommen, hatte sie bei einem grässlichen Abendessen mit Petunia und ihrem Verlobten unterstützt, und war geblieben, obwohl Vernon ihn auf jede erdenkliche Weise beleidigt hatte. Petunia war nach der Beerdigung abgereist, zurück mit Vernon nach London, raus aus dem düsteren Haus, das ihre Eltern zurückgelassen hatte. Regulus war geblieben.

Sie hatten sich auf die Couch gelegt und im Fernseher, sehr verunsichernd für Regulus, ein Fußballspiel gesehen, noch verunsichernder für Regulus. Manchester gegen Arsenal, die Lieblingskombination ihres Vaters. Er hatte sich sehr auf das Spiel gefreut. Lily hatte an Regulus gekuschelt auf der Couch gelegen und ihm die Regeln erklärt, aber wie so ziemlich jedem Zauberer fehlte ihm die Schnelligkeit, die Brutalität und die Besen von Quidditch. Zauberer schienen alles besser zu finden, wenn dabei die Gefahr bestand sich den Schädel zu brechen.

Elektrische Geräte waren auch nicht ihr Ding. Als Lily an seiner Schulter eingeschlafen war, hatte sie trotzdem mitbekommen, wie Regulus damit kämpfen musste den Fernseher nach dem Spiel abzuschalten. Das Testbild hatte ihn besiegt. Daraufhin hatte er Lily hochgehoben und in ihr Zimmer getragen, wo er sie in ihr Bett gelegt und ihr die Schuhe ausgezogen hatte, um sie dann sorgfältig zuzudecken. Als er hatte gehen wollen, hatte sie sich aus dem Halbschlaf melden müssen, um ihn davon abzuhalten auf der Couch zu schlafen. Das Letzte, was sie gewollt hatte, war alleine sein. Und Regulus hatte sie nicht alleine gelassen. Er hatte sie die ganze Nacht nicht losgelassen, auch als sie Tränen auf seine Brust vergossen hatte.

Wenn überhaupt möglich, hatte sich jeder Teil von ihr noch mehr in ihn verliebt.

Lily schaute von den Rängen des Stadions aus zu, wie Regulus in seinen dunkelgrünen Quidditchroben wie ein Blitz an ihr vorbeiflog, um den Schnatz zu fangen. Er war gut, wandte sich geschmeidig und elegant, wie um unsichtbare Hürden durch die Luft und fing zum vierten Mal den Schnatz. Er fing Lilys Blick noch öfter ein, immer dann, wenn er den Schnatz gefunden und gefangen hatte, oder wenn Avery sich wieder einem seiner Wutanfälle hingab.

Er hatte seine Drohung nicht wahr gemacht und Regulus ihretwegen aus dem Team geworfen – er hatte so große Hoffnungen auf den Pokal, dass er sich nicht leisten konnte seinen Sucher zu verlieren. Und Professor Slughorn hatte ihm vor der versammelten Schülerschaft eine Standpauke gehalten, die zwar nicht überspielte, dass es ihm um den Pokal ging, aber es trotzdem in sich hatte. Avery schien danach kleiner als Professor Flitwick.

„Hi.“

Lily drehte sich um und sah Chambers‘ Freundin auf sich zu kommen. Sie hatte Lily umarmt, als sie ihr ihr Beileid ausgesprochen hatte, obwohl sie nur selten miteinander gesprochen und noch nie wirklich alleine miteinander gewesen waren. Sie war mit dem Mädchen aus Ravenclaw befreundet, das gerne erzählte, dass Mulciber ihretwegen nach Askaban gewandert war, aber im krassen Gegensatz zu ihrer Freundin schien sie ein nettes, anständiges Mädchen zu sein.

„Ich wollte Andy abholen und hab dich hier sitzen sehen. Darf ich?“ Sie zeigte auf den Platz neben Lily.

Lily nickte und rückte etwas zur Seite. „Sicher, Eleanor.“

„Oh, du kannst mich Elli nennen, Lily. Jeder macht das“, sagte Chambers‘ Freundin und lächelte sie an. Lily gab das etwas schräg zurück und schaute sich wieder nach Regulus um. „Sie schlagen sich ganz gut, oder? Wirst du dir das Spiel ansehen?“

Lily nickte wieder.

„Vielleicht können wir es uns gemeinsam ansehen. In der Ravenclaw-Kurve jubelt man Slytherins auch ziemlich alleine zu.“

„Sicher“, sagte Lily.

Chambers‘ Freundin wrang die Finger ineinander. Sie schaute immer wieder von den Spielern zurück zu Lily und blitzschnell wieder in die Luft, wenn Lily ihren Blick kreuzte.

Regulus flog an ihrer Tribüne vorbei und schnappte den goldenen Schnatz fast vor ihrer Nase aus der Luft. Er bremste vor ihnen ab und stieß sich mit dem Fuß von den Rängen ab; einen entschuldigenden Blick hatte er für sie übrig. Lily lächelte ihn an, wobei ihre Wangen sich wie eingeschlafen anfühlten, und klatschte zusammen mit Chambers‘ Freundin in die Hände.

Avery brüllte etwas über das Spielfeld und Regulus verschwand wieder, um ihm den Schnatz unter die Nase zu halten.

„Weißt du…“ Chambers‘ Freundin atmete aus, als hätte sie die ganze Zeit die Luft angehalten. „Ich finde, das ist eine ganz schreckliche Sache, die da mit deinen Eltern passiert ist. Und Snape auch. Er hat mir nicht oft leidgetan, das kann ich dir sagen, aber das…“

Lily umklammerte ihre Tasche fester, die sie auf ihrem Schoß liegen hatte.

„Denkst du wirklich, dass es dieser… du weißt schon… dieser Mann war? Und seine Todesser? Der Tagesprophet schreibt ja gerne mal Unsinn…“

„Ich glaub, sie landen gleich“, sagte Lily und stand auf. Mit dem Lächeln, das sie sich abringen konnte, schob sie sich an Eleanor und ihrem mitleidigen Blick vorbei, während ihr Tränen wie aufflammendes Feuer in die Augen schossen.

Sie hasste es, dass jeder sie danach fragen musste – dass jeder annahm, sie wäre dabei gewesen und hätte Informationen aus erster Hand. Lily war mit Regulus zusammen gewesen, und sie hatte jede Sekunde genossen, während ihre Eltern von rassistischen Bastarden ermordet worden waren.

Sie wischte sich eine Träne aus dem Augenwinkel, als sie auf das Stadion lief.

Regulus steuerte auf sie zu und er sollte sie nicht schon wieder weinen sehen. Er landete direkt vor ihr, schwang sich geschmeidig von seinem Besen und kam die letzten zwei Schritte ohne zu stolpern auf sie zu.

„Du hättest nicht kommen müssen, Lily“, sagte er und küsste ihre Wange voller Elan, zog sie gleichzeitig an der Hüfte gegen sich. Sein messerscharfer Blick legte sich sofort auf ihre Augen, sicher nicht um darin zu versinken, und wischte ihr in einer fast beiläufigen Geste über die Wange. „Aber ich bin froh, dass du’s getan hast.“

„Ich weiß, deswegen bin ich hier“, erwiderte Lily mit einem hauchzarten Schmunzeln, das sie sich nicht verkneifen konnte, wenn Regulus sie so begrüßte, immer nur mit einem Wangenkuss, wenn jemand sie beobachtete. „Wie war das Training?“

„Angespannt“, raunte Regulus und warf einen Blick zu Avery rüber, der versuchte mit bloßen Händen einen Klatscher einzufangen und ihn mit voller Wucht ins Gesicht bekam. „Ich weiß nicht, ob er mir leidtut…“

Lily rieb Regulus sanft über den Arm. „Tut dir ein Knuddelmuff leid, wenn er sich die Zunge auf der Suche nach Müll verknotet? Ja, irgendwie. Da zieht ein Krieg auf und er macht sich die meisten Sorgen um Quidditch…“ Sie merkte, wie Regulus sie auf diese dunkle, besorgte Weise ansah, für die sie ihn immer küssen wollte und gleichzeitig aus seinem Blick verschwinden wollte, und fummelte nervös an seiner Quidditchrobe rum. „Allerdings bin ich in Gryffindor und ziemlich parteiisch, also tut er mir nicht leid, weil wir den Pokal bekommen, wenn er sich selbst verrückt macht.“

Regulus lachte nicht aus Mitleid über ihre Scherze, so schlecht sie auch waren – er lachte überhaupt nicht, schnaubte nur kurz, aber amüsiert auf. So wie immer. Und niemand sonst schien sie wie immer zu behandeln. Fremde Menschen umarmten sie, alle, die sie vor kurzem noch auf den Korridoren beleidigt hatten, waren jetzt widerlich nett, und Mary wollte ständig über ihre Eltern reden. Lily konnte das im Moment nicht, ohne dass Tränen in ihre Augen stiegen oder eine unbändige Wut in ihr wuchs, die sie wie kurz vor der Explosion zittern ließ.

Severus saß ihr in der Großen Halle gegenüber, ohne eine Spur von Trauer oder Kratzern in seinem Gesicht, und es war unglaublich schwer das nicht zu ändern. Wenn sie noch einmal Lord Voldemort gegenüberstand, würde sie ihm das Gesicht zerkratzen.

„Wirklich? Heißt das, du wirst mich bei dem nächsten Spiel nicht anfeuern?“, fragte Regulus.

„Natürlich nicht. Jeder würde denken, ich könnte dich gut leiden“, sagte Lily und kassierte ein weiteres Schnauben dafür. Sie war verlockt ihn anzulächeln.

„Oh, jetzt weiß ich, wieso du fast auf dem Besen eingeschlafen wärst, Black.“ Avery hatte seinen Klatscher eingefangen und kam mit einem Blick auf sie zu, als hätte er etwas Neues zum Draufhauen gefunden. Seine Wange war tiefrot, wo der Klatscher ihn getroffen hatte. „Du hast Energie gespart, damit du deine Freundin flachlegen kannst.“

Regulus‘ Hand ballte sich um seinen Besenstiel und Lily spürte unter ihren Händen auf seiner Brust, wie er scharf einatmete. Sie strich beruhigend eine Falte aus seiner Robe, aber es war auch nicht Regulus, der Avery antwortete:

„Wenn du danach gehst, hast du wohl mehr als eine Freundin abbekommen, Avery“, rief Chambers seinem Kapitän zu. „Oder sparst du deine Energien für Rosier? Ich hab gehört, sein Bett ist neulich durchgebrochen.“

Avery presste die Lippen aufeinander, ließ seinen Klatscher los und feuerte ihn mit einem saftigen Schlag seines Schlagholzes auf Chambers zu. Der duckte sich gelassen und zog seine Freundin dabei mit runter, die leise kicherte.

„Dich kann ich noch rauswerfen, Chambers. Du bist Sluggy nicht bis zu den Schultern in den Arsch gekrochen“, blaffte Avery. Diesmal benutzte er seinen Zauberstab um den Klatscher zurück in sein Gefängnis zu schleudern. Dann klappte er den Deckel der Kiste zu und trat barsch dagegen, als ihr Innenleben versuchte zu entkommen und sie dabei heftig ruckeln ließ.

„Lass ihn einfach in Ruhe“, gab Chambers zurück und zog seine Freundin mit sich aus dem Stadion, aber nicht ohne in Regulus‘ Richtung die Augen zu verdrehen. Regulus schüttelte bloß den Kopf, als würde er ihm sagen wollen, dass er gegen eine Wand rannte.

Avery schien sich zweimal zu überlegen, ob er Regulus in Ruhe lassen wollte, blieb dann aber doch direkt neben ihnen stehen – allerdings beachtete er Regulus nicht. „Du bist still in letzter Zeit, Evans. Sonst hättest du mir schon eine verbale Ohrfeige gegeben“, sagte er und grinste sie herablassend an. „Denk nicht, dass du jetzt irgendwie dazu gehörst. Nur weil deine Eltern tot sind, bist du nicht weniger Schlammblut als vorher.“

Lily war danach ihm mehr als eine verbale Ohrfeige zu verpassen. „Musst du nicht zu deinem Date, Avery? Rosier sieht ohne dich immer so verloren aus.“

Avery war offensichtlich alles andere als zufrieden mit so einer Antwort, schloss seinen Mund aber wieder. Regulus hatte ihm einen Blick zu geworfen, der dem Todesfluch in nichts nachstand. Avery grummelte leise und tippte sich an den nicht vorhandenen Hut, dann machte er kehrt. Erst, als er verschwunden war, erlaubte Lily sich durchzuatmen.

„Nimm ihn nicht ernst“, sagte sie zu Regulus.

„Du auch nicht.“

Lily hob die Augenbrauen. „Oh, keine Sorge. Ich weiß, dass du immer hundert Prozent beim Training gibst.“

Regulus blinzelte schnell und schien ein wenig verlegen. „Ich meinte… was er über deine Eltern gesagt hat.“

Lily wich seinem Blick aus und nahm die Hände von seiner Brust, aber Regulus fing die rechte Hand sofort wieder ein. Er strich zärtlich mit dem Daumen über die Narbe, die Mulcibers Fluch auf ihrem Handrücken hinterlassen hatte.

„Du weißt, dass ich niemandem etwas erzählt habe“, sagte Regulus etwas leiser, fast schon zurückhaltend. „Das sind nur dumme Scherze, ohne Grundlagen. Manchmal muss ich mir auch anhören, dass ich es noch nicht einmal hinbekommen würde dich zu küssen. Sie wissen gar nichts. Chambers auch nicht. Auch wenn er immer sagt, dass ich eine Wüste der Emotionen sein muss, um dich überhaupt mal aus den Augen zu lassen.“

Lily schaute ihn wieder an. „Solange sie wissen, dass wir zusammen sind, ist mir das egal“, sagte sie. „Und wenn du mich bist jetzt nicht geküsst hättest, wäre ich implodiert.“

Regulus strich ihr erneut über die Wange, nah bei ihrem Mundwinkel, dann schaute er kurz zu den Rängen, als würde er ihr dort etwas zeigen wollen. „Sie ist ganz okay.“

„Ziemlich“, sagte Lily. Sie hatte nichts gegen Chambers‘ Freundin. Oder Chambers. Nicht mehr, als sie im Moment gegen alle zu haben schien.

Regulus musterte sie weiter, tiefer, als hätte er vor Narben mit seinem Blick zu hinterlassen. Dann schaute er sich im Stadion um. „Wir haben das Feld ganz für uns. Keiner hat es gebucht.“

Lily legte erwartungsvoll den Kopf schief, als Regulus einen Schritt Abstand nahm und seinen Besen losließ, der neben ihm schwebend zum Halt kam. Verwirrt hielt Lily seine Hand fest.

„Willst du nochmal hoch?“, fragte sie.

„Ich dachte, wir drehen eine Runde“, sagte Regulus und nickte auf seinen Besen. „Was meinst du?“

Lily betrachtete den Besen skeptisch. Ein Comet, so viel wusste sie, in einer stromlinienförmigen Form und mit perfekt gestutzten Reißigzweigen. Regulus hatte sich einen neuen besorgen müssen, nachdem Severus seinen alten Besen verhext und ihn mitsamt seinem Besitzer in die Peitschende Weide geschickt hatte. Er hatte sehr an dem alten Besen gehangen, aber langsam gewöhnte er sich an den neuen – und er machte eine sehr gute Figur auf ihm.

„Du hast mich noch nie auf einem Besen gesehen, oder?“, antwortete Lily. „Fliegen ist nicht unbedingt meine Stärke. Es ist auch ein bisschen gruselig nichts unter sich zu haben als einen Stock… ein bisschen Holz… einen Besen zwischen den Beinen.“

Regulus zog eine Augenbraue hoch, ging aber nicht weiter auf ihr Stottern ein. „Muggel haben ganz andere Maschinen in der Luft. Mein Bruder hat ein Motorrad zum Fliegen gebracht.“

„Wirklich?“ Lily konnte sich Sirius sehr gut auf einem Motorrad vorstellen, in einer Lederjacke mit verwuschelten Haaren, aber dann musste es auch gleich ein Motorrad in der Luft sein. „Vielleicht sollten wir damit mal fliegen.“

„Fangen wir doch klein an.“ Regulus setzte auf, hatte aber beide Füße noch auf dem Boden. „Hast du Angst, ich würde dich fallenlassen?“

„Du würdest mich wieder fangen. Du schnappst dir den Schnatz in unter fünf Sekunden, da dürfte ich kein Problem sein.“ Lily schwang sich auf den Besen vor Regulus, weil er ihr hinten keinen Platz gelassen hatte. Sie legte die Hände um den Stiel und schaute testend über die Schulter, aber Regulus schien nichts auszusetzen zu haben. Er legte die Hände auf ihre Hüften und ließ die Augenbrauen wie zum Startschuss hüpfen. Lily stieß sich vom Boden ab.

Etwas holprig stiegen sie in die Luft, erst nur wenige Fuß über dem Boden, dann immer höher, und je mehr sie an Höhe gewannen, desto fester umklammerte Lily das Holz. Der Besenstiel zitterte unter ihren Fingern, wie ein fremder Zauberstab, der sie nicht als Besitzer anerkannte. Unter ihren Füßen war nichts, ganz lange nichts und dann erst das Grün des Rasens. Sie musste nicht einmal mehr aufsehen, um direkt auf die Tribünen des Stadions zu schauen. Von oben schien alles weiter weg, als es eigentlich war. Wenn sie jetzt fiel, würde sie sich sicherlich den Schädel brechen. Aber Regulus würde sie nicht fallenlassen.

Wie er allerdings die Hände so locker auf ihren Hüften liegen lassen konnte, wusste sie nicht.

„Ganz locker“, raunte er ihr ins Ohr. „Du musst dich nicht am Besen festhalten, er hält dich.“

„Du hast leicht reden“, sagte Lily. „Du hast nicht das letzte Mal vor vier Jahren auf einem Besen gesessen.“

„Wozu hast du auf einem Besen gesessen?“, fragte Regulus. „Du wolltest doch nicht etwa James Potter Konkurrenz machen.“

„Severus wollte in die Quidditchmannschaft. Er hat sich wochenlang aufs Feld geschlichen, abends oder ganz früh, damit ich nichts mitbekomme, aber wie das so mit Geheimnissen ist, kann man sie schlecht vor einem neugierigen Gryffindor verstecken. Also wollte ich ihm helfen, sich auf das Auswahltraining vorzubereiten.“ Lily dachte immer noch ungerne daran zurück, als Severus unbedingt in die Mannschaft hatte kommen wollen. „Sagen wir so, Severus ist noch schlechter auf einem Besen unterwegs als ich.“

„Dann hätte er es locker in die Mannschaft geschafft“, sagte Regulus, worauf Lily nur schnauben konnte. „Ich erinnere mich. Das war das Auswahltraining, in dem ich auch mitgemacht habe.“

„Ich erinnere mich“, wiederholte Lily, „dass du sehr gut geflogen bist. Severus fand, dass es nicht fair war, weil du den allerneusten Besen hattest und er einen Schulbesen benutzen musste.“

„Was hast du dazu gesagt?“

„Dass der beste Besen kein Talent vortäuschen kann.“

„Wieso denke ich, dass ihm das nicht gefallen hat?“

Lily zuckte mit den Schultern. „Er ist sauer geworden und hat gesagt, wenn ich so scharf auf Quidditchspieler bin, soll ich doch wie alle James Potter anhimmeln. Na ja, und den Rest kennst du. Er ist immer so wütend…“

Regulus seufzte gegen ihr Ohr. „Drehen wir eine Runde, komm.“

Bis eben hatten sie in der Luft geschwebt, mindestens sechzig Fuß über dem Boden. Lily zog den Besen herum und stieß eine Mischung aus Quietschen und Wimmern aus, als sie sich schlackernd in die Kurve legten, viel zu schief für ihr Befinden. Es war ein plötzlicher Ausbruch, der sie sofort erröten ließ, besonders, als Regulus‘ Glucksen ihr Ohr streifte.

„Du machst dich lustig über mich“, sagte sie, aber nicht ohne dass das Schmunzeln an ihren Mundwinkeln zog.

„Nur ein bisschen“, sagte Regulus.

Lily schmunzelte nicht nur, sondern musste ein kleines Lachen herunterschlucken. „Wirklich?“, gab sie herausfordernd zurück und packte den Besenstiel fester, lehnte sich nach vorne um zu beschleunigen. Der Comet raste ihr fast unter den Fingern weg. Er war schneller, als jeder Schulbesen auf dem sie je geflogen war. Sie hatte gesehen, wie Regulus an ihr vorbeigeflizt war und mehr Ähnlichkeit mit einem grünen Blitz als einem Menschen gehabt hatte, aber wenn man selbst an seiner Stelle war, fühlte es sich tausendmal schneller an.

Gras und Stadion schossen verschwommen an ihr vorbei, untrennbar vermischt mit dem tiefen Grün des Verbotenen Waldes nebenan. Der Wind schlug ihr Haar nach hinten, als sie in atemberaubendem Tempo den Torringen auf der anderen Seite entgegenflogen. Regulus schloss seinen Arm fester um ihre Hüfte – er hatte endlich einen Grund sich festhalten zu müssen. Aber seine Finger blieben vollkommen ruhig, während ihre anfingen feucht zu werden.

Die Torringe kamen gefährlich nahe, bevor sie scharf abbremste, um die Kurve zu kriegen. Regulus‘ andere Hand fand den Weg auf ihre und den Besenstiel, den er sicher davon abbrachte so zu schlackern.

„Das nenn ich Tempo machen“, sagte er, als Lily wieder beschleunigte, um ihre Runde um das Stadion zu beenden.

Sie grinste ihn über die Schulter an. „Du wolltest unbedingt, dass ich fliege.“

„Ich hab nicht gesagt, dass du schlecht bist, sondern schnell“, sagte Regulus.

Lily lachte auf. Mit Regulus‘ Hand auf ihrer schien es viel einfach den Besen zu steuern. Sie brachte ihn fast ruckelfrei zum Stehen, direkt über der Stelle, wo sie in die Luft gegangen waren, und drehte sich zu Regulus um.

Er strich ihr durcheinandergekommenes Haar zurück, das der Wind erst nach hinten geschlagen hatte um von der Bremsung wieder nach vorne gerissen zu werden.

„Mir hat gefehlt dich lachen zu sehen“, murmelte Regulus.

Lilys Lächeln wurde sanfter, aber verschwinden wollte es nicht ganz. Sie fuhr sich selbst noch einmal durch die Haare, strich sich die leicht zerzausten Strähnen hinters Ohr. Die Sonne schien ihr warm auf den Hinterkopf, solange sie Regulus ansah. Sie hatte kaum gemerkt, wie warm es geworden war, und ihre schwarze Kleidung speicherte die Wärme umso besser, ließ sie gar nicht mehr weg, bis es richtig heiß unter Regulus‘ Blick wurde.

Lily schwang ihr linkes Bein über den Besenstiel, sodass sie quer auf dem Comet saß, und umfasste Regulus‘ Gesicht, küsste ihn sanft. Seine Lippen waren für einen Moment das einzige, woran sie sich festhielt, und es machte ihr nichts aus. Er schlang seinen Arm fest genug um sie, saß selbst so sicher auf dem Besen, dass sie nicht einmal beunruhigt war zu fallen. Regulus hatte sie.

Sie löste sich lang genug, dass er durchatmen konnte, bevor sie ihn noch einmal küsste. „Das hat Spaß gemacht“, murmelte sie gegen seine Lippen.

„Kannst du das Sirius sagen? Er glaubt nie, dass man mit mir Spaß haben kann.“

Lily gluckste und bekam dafür ein sanftes Lächeln von Regulus zu sehen, das wärmer als die Sonne auf ihrer Haut kribbelte, als er ihre Wange küsste.

„Sollen wir landen?“, fragte er.

Sie nickte, wenn auch widerwillig. Ein paar Fuß Leere unter sich machte ihre Probleme und die der Zaubererwelt nicht kleiner, aber für einen Moment hatte es sich so angefühlt.

Regulus übernahm den Besen und ließ sie sanfter landen, als Lily es wahrscheinlich hinbekommen hätte. Er stieg zuerst ab, worauf Lily sich einfach noch einmal vom Boden abstieß und einen halbem Meter über dem Boden schwebte. Regulus streckte die Hand nach ihr aus und sie driftete langsam von ihm weg. Er schüttelte den Kopf und eilte ihr nach, fing sie kurz vor dem Stadionausgang ein. In einem Ruck hob er sie von seinem Besen und drückte ihr noch einen Kuss auf.

Lily tat sich schwer ihn loszulassen, damit er seinen Besen wegschließen und sich umziehen konnte. Sie wusste nicht, wie sie sich bedanken konnte. Regulus war die ganze Zeit für sie da und sie konnte das nicht zurückgeben. Sie konnte ihm nicht einmal mehr ein Lachen entlocken.

Er ließ sie weinen und lachen, manchmal fing er auch ihre Wut ab, und sie fühlte sich wegen nichts davon schlimm. Wenn andere sie komisch ansahen, weil sie sich ein Lächeln abrang, oder sich beschämt wegdrehten, weil sie das Glitzern in ihren Augen gesehen hatten, schaute Regulus sie weiter auf seine kühle Art an, wie ein verschneiter Wintermorgen einen nach einer schlaflosen Nacht in Empfang nahm. Beruhigend und faszinierend.

Regulus kam aus der Umkleide und nahm Lilys Hand in seine. Er trug ein schwarzes Hemd, ohne seinen Umhang, für den es zu warm war. Man sah ihn öfter in schwarz als sie, aber gerade schienen sie nebeneinander wie ein Paar Schatten. Als sie das Stadion verließen grinste die Sonne auf sie herunter, blendend hell.

„Essen wir zusammen?“, fragte Regulus. „Ich kann mich zu euch setzen –“

„Geh ich dir auf die Nerven?“ Lily wusste selbst nicht so ganz, wo diese Frage herkam und als Regulus sie verwirrt ansah, schämte sie sich fast dafür. „Avery hat angedeutet, dass ich ziemlich an dir kleben würde… und anscheinend bin ich ziemlich ‚still‘ im Moment.“

„Avery ist ein Idiot, Lily.“ Regulus blieb stehen und streichelte ihr über die Wange. „Du sollst ihn doch nicht ernstnehmen.“

„Ich brauche Avery nicht, um mich schlecht zu fühlen“, gab Lily zu und senkte den Blick. „Ich hätte da sein sollen. Bei ihnen.“

„Dann wärst du jetzt auch tot“, sagte Regulus. „Du bist eine talentierte Hexe, aber ein Dutzend Todesser wäre auch kein Fingerschnippen für Dumbledore gewesen.“ Er hob ihr Gesicht an, als sie nicht schnell genug den Blick hob. „Avery und niemand sonst wird dir einreden, dass es deine Schuld war, und erst recht nicht deine Schwester. Sie macht hier den Fehler, wenn sie jetzt nicht für dich da ist, sondern dir das Gefühl gibt du könntest irgendwie dafür verantwortlich gemacht werden.“

Lily legte ihre Hand auf seine, die warm auf ihrer Wange verweilte. Ihr Mund zog sich ganz von alleine in ein schmales Lächeln, wenn er anfing so hitzig zu werden. Gerade weil er so selten die Kontrolle über seine Stimme nur ansatzweise verlor, machte es ihr leicht ihm zu glauben. Sie nickte knapp.

„Ich weiß, aber… ich fühle mich so nutzlos. Ich wünschte, ich könnte irgendetwas tun“, sagte sie. „Ich weiß, dass Severus etwas damit zu tun hat. Und es ist doch kein Zufall, dass Lucius Malfoy sich ausgerechnet diesen Abend ausgesucht hat, um ein wasserfestes Alibi zu haben.“

Sie seufzte. Regulus‘ Blick lag schwer auf ihr. Die Sonne warf einen merkwürdigen Schatten auf das sonst so helle Grau, und für einen Moment wirkte Regulus abwesend. Lily zog seine Hand von ihrer Wange und schaute ihn stirnrunzelnd an. Sie hatte diesen Blick ein paar Mal in letzter Zeit bemerkt und er gefiel ihr nicht.

Regulus schüttelte den Kopf, als würde er sich entschuldigen wollen. „Wir werden uns schon nützlich machen können. Aber vielleicht solltest du dich vorher auf deine UTZ-Prüfungen vorbereiten.“ Er verschränkte ihre Finger erneut ineinander und zog Lily hinter sich her über die Ländereien. Sie musterte ihn schamlos, aber er tat so, als würde er ihren Blick nicht bemerken.

Nebeneinander liefen sie am Schwarzen See entlang, weit genug entfernt von den jüngeren Schülern, die ganz fasziniert von den Armen der Riesenkrake waren, die aus dem schimmernden Wasser ragten. Sie kamen an der alten Eiche vorbei, wo Lily so gerne saß, wenn die Sonne denn herauskam, um ihre Hausaufgaben zu machen, aber der Platz war besetzt. Sirius winkte seinem Bruder. Er saß mit Remus und James in den Schatten und tat anscheinend etwas für die Schule. James drehte sich um und fing Lilys Blick auf. Er sagte etwas zu Sirius und rappelte sich auf, eilte mit einer Zeitung unter dem Arm auf sie zu.

„Hey, Lily. Hast du einen Moment?“ James blieb direkt in ihrem Weg stehen und ließ ihnen keine Wahl, auch wenn er ziemlich unsicher wirkte. Er grinste Lily an und nickte Regulus zu. „Regulus, Training verbockt, ja?“

„Ist das Potterisch für ‚verschwinde‘?“, fragte Regulus.

Lily stupste ihn an. Der Umgang zwischen den beiden war nicht mehr so angespannt, wie vor ein paar Monaten, als sie sich kaum begegnen konnten, ohne ihre gegenseitigen Grenzen zu überschreiten – und James‘ lag zugegebenermaßen weitaus niedriger als Regulus‘.

James schüttelte den Kopf. „So mein ich das nicht. Bleib ruhig.“

Regulus zog eine Augenbraue hoch, aber James ließ ihm gar keine Zeit nachzuhaken. Er nahm die Zeitung unter seinem Arm hervor und entfaltete sie vor ihnen, als würde er eine Bettdecke aufschütteln.

„Ich dachte, das willst du lieber nicht vor allen in der Halle lesen“, sagte James und reichte Lily das Blatt. Es war die heutige Ausgabe des Abendpropheten, ein bisschen früh. Auf der Titelseite nahm ein Foto die halbe Seite ein. Gleich zwei vertraute Gesichter blickten ihr entgegen. Mulciber, der müde und leicht abgemagert aussah, stand dicht an Lucius Malfoys Seite. Sie lächelten beide, Mulciber erleichtert und Malfoy wie ein Heiliger, der sich seine Hand abgeschnitten hatte, um sie einem Fremden zu schenken. Die Schlagzeile las: Malfoy bringt Gerechtigkeit ins Zaubergamot.

„Ich wollte nur meinen Teil tun.“ Lucius Malfoy, 23, hält sich bescheiden im Hintergrund, um der Gerechtigkeit ihren Auftritt im Rampenlicht zu lassen. „Heutzutage, wenn alles sich darum dreht Muggeln und muggelstämmigen Zauberern und Hexen nicht auf die Füße zu treten, vergessen wir oft, dass die Welt nicht schwarz und weiß ist. Teenager können grausam sein, ohne es wirklich einschätzen zu können. Ich wollte nur meinen Teil für unsereins tun.“

Mr. Malfoys selbstlosem Denken sei Dank hat Gerechtigkeit wieder Einzug ins Ministerium für Zauberei gefunden und ein junger Schüler wurde vor einem Leben in Askaban bewahrt –


Lily knüllte die Zeitung zusammen und warf sie auf den Boden. Sie riss ihren Zauberstab heraus, zielte auf das Knäuel zwischen ihren Füßen und setzte es in Brand. Es loderte heiß an ihren Waden hoch. Regulus zog sie weg, bevor sie mehr davon spürte oder ihr Rock in Feuer aufging. Aber die Tränen brannten heißer in ihren Augen.

„Pure Propaganda“, entfuhr es ihr scharf. „Wie können die sowas drucken?“

„Der Prophet ist fast vollständig von Voldemorts Anhängern unterwandert“, sagte James. „Mein Vater hat erst letzte Woche jemanden verhaftet, der ziemlich offensichtlich nicht unter dem Imperius-Fluch stand, es aber gerne behauptet hat. So versuchen sie sich zu schützen.“

Regulus fing Lilys zitternde Hand wieder ein. „Ich kann nicht glauben, dass das Gamot Mulciber gehen lässt. Wenn sie Zeugen befragt haben, warum dann nicht uns? Oder wenigstens Macdonald.“

James hob ahnungslos beide Hände.

„Gold lockert Regeln und Gesetze“, murmelte Lily. Die Wut brannte in ihr, während das echte Feuer das Zeitungsknäuel bereits gierig verschlungen hatte und nur ein verkohltes Stück zurückließ, das auf einem Fleck verbranntem Gras lag. „Er hat es uns auch noch gesagt. Malfoy. Beim Abendessen hat er damit geprahlt Mulciber aus Askaban zu holen und er hat es geschafft.“

„Nicht einmal sein Vater hätte gedacht, dass Lucius mehr tut als das Maul aufzureißen“, sagte Regulus. „Und du hattest wirklich andere Dinge im Kopf, Lily.“

„Anscheinend hat Voldemort ihm gesagt, dass es gute Werbung wäre“, ergänzte James. „Ich weiß nicht, wie weit du gelesen hast, aber er deutet an Mulciber unter seine Fittiche nehmen zu wollen. Das heißt, er kommt nicht nach Hogwarts zurück, sondern lässt sich gleich zu Voldemorts Kanonenfutter machen.“

Lily starrte auf die Überreste des Abendpropheten. Ihr war, als hätte Mulciber ihr über hunderte Meilen hinweg ins Gesicht gespuckt. Wie sollte sie das Mary erklären? Wie sollte sie in so einer Welt Gerechtigkeit für ihre Eltern finden?

Regulus‘ Finger streichelten sanft über die Narbe auf ihrem Handrücken. Lily lehnte sich instinktiv gegen seine Seite, schmiegte den Kopf an seine Schulter. Ein pochender Schmerz breitete sich in ihren Schläfen aus.

„So viel dazu nützlich zu sein“, stieß sie schwer seufzend aus.

„Lily, das ist nicht unsere Schuld“, sagte James. Er verlagerte sein Gewicht von einem Fuß auf den anderen, bevor er sich ihrem Blick stellte. „Ich kann ein bisschen nachvollziehen, wie du dich fühlst. Als meine Mutter gestorben ist, hab ich mich auch nutzlos gefühlt. Ziemlich sogar…“

Lily nahm den Kopf von Regulus‘ Schulter und schaute James entschuldigend an. Er redete selten über seine Mutter und man musste kein guter Beobachter sein um zu sehen, dass es ihm nicht leicht fiel.

Regulus war ein guter Beobachter. Er lehnte sich zu Lily herunter. „Ich werd schon mal vorgehen, ist das in Ordnung?“

Lily schenkte ihm ein dankbares Lächeln und nickte. Zu ihrer Überraschung überbrückte Regulus die letzte Distanz zwischen ihnen und küsste sie auf den Mund. Dann verabschiedete er sich mit einem Augenrollen in James‘ Richtung. Lily fühlte sich etwas leichter und biss sich auf die Innenseite ihrer Wange um nicht zu lächeln. Das Gefühl verschwand schnell wieder, als sie in James‘ düstere Miene blickte.

„Ich weiß nicht, ob du’s weißt, aber ich war dabei, als sie sie umgebracht haben“, sagte er. „Wir waren in der Winkelgasse, um mir neue Roben zu besorgen, und danach wollten wir Sirius besuchen gehen, weil meine Mutter sich immer Sorgen gemacht hat, dass er alleine in seiner eigenen Wohnung verhungert. Ich hab mir den neuen Comet im Schaufenster von Qualität für Quidditch angesehen, als die Todesser aus der Nokturngasse kamen.“ Er schluckte hart. „Ich konnte nichts tun. Rein gar nichts. Ich hab mich so nutzlos gefühlt. Dumm und nutzlos, und als hätte ich ihr immer nur Ärger bereitet. Jeder weiß, dass ich kein Musterjunge war. Du besonders.“ Er lächelte schief, was Lily so gut sie konnte erwiderte. Sie griff seine Hand, als er sich damit durch seine sowieso schon wirren Haare fahren wollte, und schüttelte sanft den Kopf. Er hatte keinen Grund nervös zu sein oder sich zu schämen.

„Dein Freund sieht das sicher nicht gerne“, murmelte er und linste auf Lilys Hand.

„Er hat keine Angst vor dir, James, weil es dazu keinen Grund gibt“, sagte Lily.

James präsentierte ihr ein sehr verkrampftes Grinsen. „Jaah, aber ich hab ein bisschen Angst davor, dass er gleich meine Hand halten will, weil du es getan hast. Dazu scheint er zu tendieren.“

Lily ließ ihn augenrollend los.

James schaute sie weiter ernst an. „Lily, ich weiß, dass es nicht vergleichbar zu dem ist, was du gerade durchmachst. Aber du bist nicht allein. Du hast mich, deine Freundinnen, die beiden dahinten.“ Er deutete auf Sirius und Remus, die zusammen unter der Eiche saßen und so taten, als würden sie nicht herüberschauen. „Und Regulus kann man sicher auch zu irgendwas gebrauchen.“

Lily zog die Augenbrauen hoch.

James zuckte mit den Schultern als wäre ihm tatsächlich nichts Besseres eingefallen. „Professor Dumbledore wird unsere Hilfe brauchen. Ich jedenfalls werde nicht lockerlassen, bis er mich in den Orden lässt. Wir machen uns nicht nur nützlich, sondern unentbehrlich.“

Lily dachte daran, wessen Hilfe Dumbledore gerne gehabt hätte. „Ich weiß nicht, ob Dumbledore immer die besten Entscheidungen in dieser Hinsicht trifft…“

„Was meinst du damit?“, fragte James perplex. Er war der Letzte, der Dumbledores Absichten in Frage stellte, aber er kannte ihn auch schon von klein auf.

Lily winkte hastig ab und schaute dabei zu Sirius, der sich mehr schlecht als recht hinter einem Buch versteckte. Sie wusste nicht, ob Regulus Sirius erzählt hatte, dass Dumbledore ihn gerne auf Voldemorts Seite geschickt hätte, um an Informationen zu kommen, aber das schien der eindeutige Beweis zu sein, dass er es nicht getan hatte. Sirius erzählte James alles und umgekehrt. James hätte Bescheid gewusst, wenn Regulus Sirius davon erzählt hätte.

„Mir ist danach reinzugehen“, sagte Lily und rieb sich die schmerzende Schläfe. Sie schaute in Richtung Schloss, aber Regulus war schon im Inneren verschwunden. „Kommt ihr mit?“

James nickte, drehte sich um und winkte Sirius und Remus wild zu. Während Sirius aufsprang, musste Remus anscheinend hochgezogen werden. Allerdings war es nicht Widerwille, sondern ein eingeschlafener Fuß, der ihm den Weg erschwerte. Auf halbem Wege zum Schloss schlossen sie zu Lily und James auf.

„Wie geht’s dir, Lily?“, fragte Remus sanft. Er hatte diesen mitleidigen Blick aufgesetzt, den Lily nicht lange halten konnte, und schien extra leise zu sprechen, als würde er sonst ihre Trauer aufwecken.

Sie nickte, wie sie es bei dieser Frage immer tat.

„Wo ist mein Brüderchen hin verschwunden?“, mischte Sirius sich ein.

„Er wollte vorgehen“, sagte Lily. „Wie geht’s Peter?“

„Immer noch ein Verräter“, antwortete Sirius. Remus stieß ihm zwischen die Rippen und schüttelte den Kopf, weil er das offensichtlich zu hart fand. Und es war schon traurig, wie alleine Peter jetzt von einer Ecke zur nächsten huschte.

Sie betraten den Hof vor dem Schlosseingang zu viert und entdeckten Regulus dort bei einem Wasserspeier stehen, verstrickt in ein Gespräch mit Professor Dumbledore.

„Ich finde es sehr ehrenhaft von Ihnen, dass Sie das tun wollen, Regulus“, sagte Dumbledore.

„Sir, ich weiß nicht, ob es richtig –“

„Hallo?“ Lily hatte sich von James, Sirius und Remus gelöst und lehnte sich über die Mauer in den Gang hinein, wo Professor Dumbledore Regulus abgefangen hatte.

Regulus fuhr schreckhaft herum, aber seine Miene war wie eingefroren und zeigte nicht, was er gerade fühlte.

„Lily, guten Abend“, grüßte Professor Dumbledore und zog seinen Spitzhut in Richtung von James, Sirius und Remus ab, die sehr neugierig die merkwürdige Konstellation betrachteten. „Ich lasse Sie dann mal alle zum Abendessen gehen. Mit leeren Mägen schläft es sich noch schlechter, als in diesen Zeiten sowieso.“

„Direktor“, sagte Lily kühl und umklammerte Regulus‘ Arm über die Mauer hinweg, schaute ihn aber nicht an, bis Dumbledore im Schloss verschwunden war. Dann riss sie ihn herum. „Was sollte das?“

„Lily, lass mich erklären. Ich –“

„Du musst gar nichts erklären. Ich weiß, worüber ihr gesprochen habt“, fuhr Lily ihn an.

Hinter ihr räusperte sich Sirius. „Worüber habt ihr gesprochen, Regulus?“

„Tatze.“ James packte seinen Arm und zog ihn zum Schloss. „Wir gehen lieber rein.“

Eben hatte Regulus ihr und James einen Moment alleine gegeben, und James wollte das jetzt zurückgeben. Er zog mehrmals an Sirius, der sich kaum von der Stelle rühren wollte, und bekam ihn erst mit Remus‘ Hilfe weg.

Regulus seufzte schwer auf. Er stützte sich auf der Mauer ab und beugte sich zu Lily vor, um die Stimme zu senken. Seine Worte waren kaum mehr als ein Hauchen auf ihren Lippen: „Wäre das nicht eine große Chance um nützlich zu sein, Lily?“

Lily konnte nicht glauben, dass er das ernsthaft in Betracht zog. Sie konnte nicht alles sagen, was gerade in ihr hochstieg, sondern atmete nur schwer aus.

„Der Dunkle Lord könnte so viele seiner Pläne vergessen, wenn man vorher wüsste, was er überhaupt vorhat. Diese Sache mit Mulciber hätte man voraussehen können. Man hätte deinen Eltern helfen können.“ Regulus legte eine Hand auf Lilys Wange, aber sie drehte ihren Kopf barsch zur Seite. „Wenn ich das vorher getan hätte, dann wäre alles vielleicht anders gekommen.“

„Meine Eltern sind tot, Regulus“, sagte Lily mit zitternder Stimme. „Du sagst, dass es nicht meine Schuld ist, dann hör auch auf mich, wenn ich dir sage, dass es nicht deine ist. Wir haben über diese Voldemort-Sache geredet. Du wolltest es nicht machen.“

„Vielleicht haben wir nicht genug darüber geredet.“

„Anscheinend musst du das auch nicht, wenn du lieber mit Dumbledore sprichst“, zischte Lily. Sie machte einen Schritt von Regulus weg, als er sich weiter zu ihr lehnte. „Wie lange besprichst du das schon mit ihm? Ich hab euch nach der Beerdigung reden sehen. Habt ihr das besprochen?“

„Lily, können wir nicht ruhig darüber reden?“, fragte Regulus.

„Nein.“ Lily schüttelte heftig den Kopf. Sie wusste nicht, warum alles in ihr so zitterte, warum sie sich fühlte, als würde sie wirklich gleich implodieren. „Dumbledore ist ein großer Zauberer, ja, und ich weiß, dass er einem das Gefühl gibt, alles was er sagt ist absolut, aber er ist ein Mensch. Er kann auch Fehler machen. Und das von dir zu verlangen ist ein Fehler.“

„Aber er verlangt nichts von mir, Lily. Ich will etwas tun. Du weißt, wie sich das anfühlt.“ Regulus kam um die Mauer herum, um den Abstand zwischen ihnen zu schließen, aber Lily wich vor ihm zurück. Als er die Hand ins Leere anstatt nach ihr ausstreckte, fiel Regulus‘ kühler Blick wie gebrochenes Eis in sich zusammen. „Ich kann etwas tun. Ich will nicht, dass du in einer Welt leben musst, wo die Menschen, die du liebst, sterben, und Gerechtigkeit mit Gold aufgewogen wird. Kannst du das nicht verstehen?“

Lily verschränkte die Arme vor ihrer Brust, in der ihr Herz wie vom Blitz getroffen raste. „Ich kann verstehen, dass du helfen willst, weil ich es auch will, und ich dachte, wir würden dabei aufeinander aufpassen. Aber du willst lieber in Voldemorts Arme laufen, ja? Was, wenn er es herausfindet? Er wird dich umbringen, Reg. Ich will nicht…“ Sie konnte es kaum aussprechen oder darüber nachdenken. „Ich will dich nicht verlieren.“

Regulus hielt ihren Blick fest und schien dabei so sicher, dass nicht alles, was er sagte, verrückt oder schmerzhaft war. „Ist das kein Risiko, das man eingehen sollte?“

Lily zitterte auch in der Umarmung ihrer eigenen Arme. „Ich würde dich so oder so verlieren. Wenn du Voldemort etwas vormachst, können wir uns nicht mehr sehen. Ist es das, was du willst?“

Regulus schüttelte den Kopf. „Wieso sollten wir das nicht mehr können? Wir müssten nur aufpassen, dass uns niemand sieht.“

Lily stiegen erneut Tränen in die Augen und ihre Kehle schnürte sich zu, als würden fremde Hände sie zudrücken. „Ich will nicht wieder dein Geheimnis sein“, presste sie hervor.

„Ist das nicht ein kleines Opfer?“

Lily musste tief Luft holen und ihr rollte trotzdem eine Träne über die Wange. Sie hatte sich nie so verbal geohrfeigt gefühlt. Ein größeres Opfer konnte sie sich nicht vorstellen, nach allem, was sie hinter sich hatten. „Ist es das? Für mich nicht.“

Regulus griff erneut nach ihrem Gesicht, aber Lily wischte sich selbst ihre Träne weg.

„Meine Eltern sind weg, Regulus. Meine Schwester hasst mich.“ Ihre Stimme brach unter den nächsten Worten weg, wie unter porösem Steinboden. „Jetzt willst du mich alleine lassen?“

„Nein“, sagte Regulus sofort, aber dann schien ihm aufzufallen, dass das keinen Sinn machte. „Lily, ich wollte doch nur darüber nachdenken –“

„Ohne mich“, sagte Lily. „Und sehr ausführlich, anscheinend. Dumbledore scheint dich schon fest einzuplanen.“

Regulus rieb sich über sein Gesicht. Sein Blick war desorientiert, sein Atem ging schnell und jede seiner Handbewegungen wirkte konfus. „Wir würden uns nächstes Jahr doch eh nicht viel sehen. Du machst deinen Abschluss und ich muss noch ein Jahr hier absitzen. Was für einen Unterschied würde es machen?“

Lily schluckte einen Schluchzer herunter.

Regulus sah aus, als hätte er sich selbst eine Ohrfeige verpasst.

Lily fuhr sich mit der Zunge über ihre bebenden Lippen. „Ich finde es sehr mutig und ehrenhaft, dass du bereit bist das zu tun, Regulus. Aber ich kann nicht… ich…“ Sie hatte ruhig bleiben wollen, aber die Tränen machten ihr einen Strich durch die Rechnung. Einen Schluchzer presste sie mit ihrer Hand zurück und schüttelte den Kopf. „Viel Glück.“

„Lily –“

Sie hörte ihn nicht mehr über einen Schluchzer hinweg. Dann drehte sie sich um und ging schnell ins Schloss, ohne dass sie Regulus ansehen konnte. Sie musste ihr Gesicht in den Händen verbergen, um ihre Tränen zu verstecken. Natürlich wusste sie, wie es sich anfühlte nichts tun zu können, aber sie war glücklich gewesen, solange sie Regulus an ihrer Seite hatte. Er war das anscheinend nicht.


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Wer gebeten wird, in einem Harry-Potter-Film mitzumachen, würde niemals ablehnen. Und mir hat die Rolle Spaß gemacht. Bellatrix’ Persönlichkeit ist offenbar ernsthaft gestört. Sie findet es richtig toll, besonders böse zu sein. Wahrscheinlich ist sie in Lord Voldemort verliebt; immerhin hat sie für ihn 14 Jahre im Gefängnis gesessen. Jetzt ist sie wieder draußen und noch fanatischer als je zuvor.
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