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Fanfiction

Mud and Blood - Ein dunkles Lächeln

von Dr. S

Das sanfte Klopfen eines Herzschlags holte sie aus dem Schlaf. Lily schlug blinzelnd die Augen auf. Ein schwaches Dämmerlicht fiel durch die Fenster, gegen die der Regen rhythmisch trommelte, und umriss die Möbel und grünen Vorhänge schwach. Die Umgebung war fremd, fühlte sich aber keinen Moment so an. Sie hätte ewig liegen bleiben können.

Lily hatte den Kopf auf Regulus‘ Brust gebettet, die unter ihrer Wange gleichzeitig hart und weich war. Ihre linke Hand lag ausgebreitet auf seinen Rippen und bekam dort bald Gesellschaft. Regulus‘ Hand legte sich auf ihre und seine Finger schoben sich zwischen ihre. Lily schaute auf und begegnete seinem Blick.

„Morgen“, murmelte Regulus. Er schien schon etwas länger wach zu sein. Sein Haar hing ihm zerwühlt in die Stirn, nicht vom Schlaf, sondern von Lilys Händen, und nie war das Chaos so offensichtlich die pure Perfektion.

Lily drehte ihre Hand herum, damit Regulus‘ ihre besser greifen konnte. „Hast du gut geschlafen?“

Regulus zog ihre Hand zu sich und küsste sie auf den Handrücken. Seine blitzenden grauen Augen schauten sie durch ein paar tiefschwarze Haarsträhnen an. „Was denkst du?“

„Dass du müde aussiehst“, flunkerte Lily und musterte ihn gespielt besorgt, aber lange konnte sie ein Schmunzeln nicht zurückhalten. „Auf eine gute Weise.“

„Ich hab nie besser geschlafen.“ Er küsste ihre Hand erneut, jeden ihre Fingerknöchel einzeln, und als er am letzten angekommen war, schob Lily ihre Hand auf seine Wange. Regulus lächelte sie an, sanft und warm, wie die ersten Sonnenstrahlen am Morgen. „Was ist mit dir? Hast du gut geschlafen?“

Lily hob locker eine Schulter. „Besser, als ich in diesem Haus erwartet hätte.“ Sie verkreuzte die Arme auf seiner Brust und rollte sich herum, sodass sie halb auf ihm lag. Nichts trennte sie voneinander, nicht einmal die Decke, die sie sich teilten. Regulus trug nichts außer diesem verführerischen Lächeln und dem klobigen Siegelring mit seinem Familienwappen, der Sirius‘ Finger immer einzuschneiden schien, ihm aber perfekt passte. Lily hatte nur ihren BH, den er ihr gelassen hatte, als würde er sonst eine letzte, unsichtbare Grenze überwinden. Vielleicht jagte der Verschluss ihm Angst ein. Sie hätte absolut nichts dagegen gehabt, wenn er sich daran getraut hätte, aber ehrlich gesagt war es ihr in der letzten Nacht nicht aufgefallen, und vielleicht ging es ihm da genauso. „Ich kann mir das Gesicht deiner Mutter, wenn sie uns so sehen würde, sehr gut vorstellen.“

Regulus strich ihr durch die Haare und ließ die Hand zwischen ihren Schulterblättern liegen, hielt sie dicht an sich gepresst fest. „Nach gestern bezweifele ich, dass das viel Vorstellungskraft benötigt.“

Lily gluckste. „Meine Eltern mögen dich sehr, weißt du? Und sie wären trotzdem nicht erfreut uns so zu sehen. Außer Petunia vielleicht. Es würde sie überglücklich machen zu erfahren, dass leichtfertig Schande über meine Ehre gebracht habe.“

Regulus zog die Augenbrauen hoch. „Ach? Vielleicht können wir daran was ändern…“ Er nahm die Hand von Lilys Rücken und zog direkt vor ihrer Nase den klobigen Siegelring von seinem Finger. Dann nahm er Lilys Hand und konnte sich ein Schmunzeln nicht verkneifen, als er ihr den Ring ansteckte. Er war ihr zu groß und rutschte gleich wieder herunter, was Lily lachen ließ. Regulus schob den Ring auf ihren Daumen. „Rettet das deine Ehre vor deiner Schwester?“

„Ist das ein Antrag?“, fragte Lily herausfordernd.

„Ein Versprechen“, korrigierte Regulus, „dass deine Schwester nie einen Grund haben wird unseretwegen glücklich zu sein.“

Lily tauschte ihr verschmitztes Lächeln gegen ein ehrliches. Ein warmes Kribbeln stieg in ihrem Magen hoch, gesellte sich zu der Wärme die sich überall ausbreitete, wo sie einander berührten. Sie legte eine Hand auf Regulus‘ Wange und wickelte die mit seinem Ring um seine Finger, dann lehnte sie sich vor und küsste ihn. Regulus schlang seinen Arm enger um sie, löste sich aber von ihren Lippen.

„Bereust du’s?“, fragte er leise.

„Was?“, gab Lily verdutzt zurück.

„Bereust du, dass du nicht in deinem Zimmer übernachtet hast?“

„Ich bereue nichts, was in der letzten Nacht passiert ist. Nicht einmal, heute Morgen ganz verwuschelt neben dir aufzuwachen.“

Regulus fuhr ihr erneut zärtlich durch die Haare, als würde er sie für sie richten wollen, aber so warm, wie sein Blick dabei auf ihr lag, gab es nichts zu richten.

„Bereust du irgendwas?“, fragte sie halb im Scherz, aber Regulus ließ sich einen Moment zu lange Zeit für seine Antwort. „Reg?“

„Wir hatten beide einen langen, anstrengenden Tag und Abend“, murmelte Regulus, ohne dabei aufzuhören durch Lilys Haare zu fahren. „Vielleicht haben wir… uns hinreißen lassen…“

„Oh, Regulus.“ Lily schenkte ihm ein warmes Lächeln und zeichnete verschnörkelte Linien über Regulus‘ Brust. „Mir hätte schon ein Tisch im Klassenzimmer für Zaubertränke gereicht. Oder mein Bett in meinem Zimmer…“

„Wirklich? Ich denke über all die Dinge nach, die du verdienst, und ich kann dir demnächst nichts mehr geben. Nichts. Du verdienst die Welt zu deinen Füßen, und ich kann sie dir nicht geben.“

„Gott sei Dank. Die Welt verdient einen besseren Platz als unter meinen Füßen.“ Lily drückte einen Kuss gegen seine Wange, und als der Ansatz eines Lächelns seine Mundwinkel zucken ließ, küsste sie seinen Kiefer, dann wanderte sie weiter zu seinem Hals. Sie konnte die Hände kaum von ihm lassen, schlimmer noch, als es sie sonst quälte so nah wie möglich bei ihm zu sein. Als Regulus‘ Hände ihr Gesicht fanden und zu sich zogen, um ihre Lippen gegeneinander zu pressen, schmiegte sie sich mit einem Seufzen enger gegen ihn. Seine Haut war warm, fast schon heiß an ihrer, und je mehr sie von ihm spürte, desto wärmer wurde ihr. Die Decke wurde zu unerträglichem Ballast, einem Gefängnis für die Hitze, und gleichzeitig waren sie darunter wunderbar alleine und zusammen.

Regulus hielt sie fest in seinen Armen und ließ sie nicht einmal zum Atmen weg. Sie spürte ihn lächeln, immer wenn sie sich nur einen kurzen Moment von seinen Lippen löste. Er kam ihr dabei immer wieder nach, fing ihre Lippen ein und richtete sich dabei langsam auf, bis er fast aufrecht saß und Lily auf seinem Schoß festhielt. Die Decke rutschte glatt zu ihren Hüften herunter, aber kälter wurde es ohne sie nicht.

Lily schlang die Arme um Regulus‘ Schultern, tastete über seinen sonst so angespannten Rücken, wo sie gerade jeden Muskel unter ihren Fingerspitzen fühlen konnte, als wäre sie tausendmal sensibler als sonst. Seine kühlen Hände brannten auf ihrer Haut, als sie ohne alle Zurückhaltung über ihren Rücken fuhren, auch wenn es einen Moment schien, als würde er ihr die Decke hochziehen wollen.

„Nichts, das ich für dich tun kann?“, murmelte Regulus gegen ihre Lippen.

„Du könntest mir hierbei helfen“, gab Lily zurück und fuhr dabei über den Träger ihrer Unterwäsche. Regulus‘ Blick glitt abwärts, schoss aber blitzschnell wieder zu ihr nach oben und grub sich hungrig in ihren, bevor er sie in einen neuen, tiefen Kuss zog. Er schob den Träger von ihrer Schulter, und Lily griff hinter sich, um den Verschluss zu öffnen. Im nächsten Moment trug sie nichts mehr, das sie von Regulus trennte, außer vielleicht der Siegelring an ihrem Finger, der kurz in seinem Haar hängenblieb, als sie mit beiden Händen hindurchfuhr und sich dabei so eng wie möglich an ihn presste.

„Regulus?!“ Die Stimme drang durch ein Stockwerk und dicke Wände zu ihnen, aber Regulus ließ sie nicht los – oder sie ließ ihn nicht los. Er hatte abgeschlossen, warum sollte sie also?

Die Türklinke wurde barsch runtergedrückt und ein Rumpsen ertönte, als wäre jemand gegen die Tür gelaufen. Lily fuhr vor Schreck beinahe aus Regulus‘ Armen. Sie starrten beide zur Tür, als dahinter ein „Alohomora“ ertönte. Das Schloss klickte und der Schlüssel flog wie ein losgelassener Schnatz heraus, landete zwischen verstreuten Kleidungsstücken auf dem Boden. Panisch rutschte Lily von Regulus‘ Schoß und riss die Decke zu ihrem Kinn, kaum dass die Tür aufgestoßen wurde.

„Reggie, da ist – oh.“ Sirius blieb im Türrahmen stehen. Die erste Überraschung wich einem Grinsen, das sich dreckig auf sein Gesicht stahl, als er Lily entdeckte. „Da bist du ja.“

„Sirius, verschwinde“, zischte Regulus. Rote Flecken bildeten sich auf seinen Wangen, entweder vor Wut oder Verlegenheit, vielleicht auch beidem. Er hatte Lily nicht losgelassen und sein Arm legte sich enger um sie, als würde er sie beschützen wollen.

„Reg dich ab. Hab ich alles schon gesehen“, winkte Sirius ab.

Regulus‘ Blick war so messerscharf wie seine Stimme. „Was?“ Er schaute Lily an und seine Stimme wurde weicher. „Was meint er damit?“

Lily spürte die Hitze in ihren Wangen erneut aufflammen, als hätte jemand das Feuer darin geschürt. „Dass er sich gerne ins Vertrauensschülerbad schleicht, auch wenn er da nichts zu suchen hat, und dann nicht einmal anklopft.“

Regulus schien seinen großen Bruder mit seinem Blick ersteschen zu wollen, aber Sirius wirkte einfach nur amüsiert. Er ignorierte alle ärgerlichen Blicke und rote Wangen, kam mit geschwellter Brust ins Zimmer, als hätte er ein Duell gegen Lord Voldemort persönlich gewonnen, und setzte sich einfach mal zu ihnen auf die Bettkante. Seine Augenbrauen taten einen lasziven Hüpfer, der Lily die Decke noch höher ziehen ließ.

„Sirius“, sagte Regulus warnend, aber Lily schüttelte den Kopf in seine Richtung.

„Und? Gut geschlafen?“, fragte Sirius beiläufig, als würden sie am Frühstückstisch sitzen. „Ihr seht müde aus…“

„Was willst du?“, platzte es aus Regulus heraus. So hitzig hatte Lily ihn selten erlebt.

„Ach, ich war gerade unten, um Lily zu wecken – nachschauen, ob die Matratze sie gefressen hat, oder sowas. Ich dachte, sie möchte vielleicht früher geweckt werden, weil Frauen doch bekanntlich länger im Bad bleiben. Dann warst du nicht da und…“

„Du dachtest, ich wäre abgehauen?“, fragte Lily. Sie wusste nicht, ob sie Sirius das übelnahm. Alles, was sie im Moment fühlte, war eine Mischung aus langsam verklingender Erregung dort, wo Regulus‘ Hand auf ihrer Hüfte lag, und Verlegenheit.

Sirius zuckte mit den Achseln. In seinen Augen spiegelte sich etwas Ernstes, was sie zuletzt so gesehen hatte, als er ihr in der Bibliothek zwischen zwei Regalen gesagt hatte, sich von Regulus fernzuhalten. Lange ließ er sich nicht anmerken, dass er auch eine ernste Seite hatte. „Ich dachte, dass ich Regulus auf jeden Fall Bescheid sage. Es regnet. Da läuft man verflossenen Liebschaften doch gerne nach.“ Er schaute aus dem Fenster, gegen das noch immer neue Wellen aus Regentropfen geschlagen wurden.

„Gut, ich bin hier“, sagte Lily. „Ich war hier.“

„Seh ich“, erwiderte Sirius grinsend. „Schon eine Weile. Dein Bett war auch unberührt.“

„Willst du jetzt den ganzen Morgen hier sitzen und deine dämlichen Scherze machen?“, fragte Regulus scharf. Lily strich ihm sanft über das Handgelenk, wo sein Puls fast so heftig raste, wie letzte Nacht.

„Nicht den ganzen Morgen. Wir müssen irgendwann auch zurück nach Hogwarts“, sagte Sirius und tippte gegen das Glas seiner Uhr. „Nicht, dass ihr daran groß gedacht habt…“ Sein Blick schweifte kurz zu Regulus‘ Nachttisch und den Bildern dort. Er schnappte sich das von sich und Regulus. „Reggie, wie kannst du nur? Du weißt, dass ich in diesem Haus keine Bilder von mir will, auf denen ich fröhlich aussehe.“

Regulus biss ein verschmitztes Lächeln zurück. Er musste gar nichts mehr sagen, damit nicht nur Lily verstand, dass er das Bild nicht unbedingt aufgestellt hatte, weil er seinen Bruder gerne um sich hatte. Sirius holte mit dem Bilderrahmen aus, aber Regulus duckte sich darunter weg und zog Lily mit sich auf die Matratze. Ihm entfuhr so etwas wie ein Glucksen, als sie ihm in die Arme fiel.

„Ihr seid viel zu glücklich; Mutter wird das gar nicht gefallen“, sagte Sirius. „Auch wenn man’s verstehen kann. Wenn dein Bett warm ist, kann dein Herz nicht kalt bleiben. Nicht mal deins, Regulus.“ Er lehnte sich zur Seite, als würde er Lilys Umriss unter der Decke genau mustern. „Und bei so einer hübschen Lady… Kein Wunder, dass du nicht viel geschlafen hast, Brüderchen.“

Lily schnaubte auf. „Hör auf ihn zu ärgern, Sirius. Ernsthaft.“

Sirius stand auf und beugte sich über sie, schaute ihr aber direkt in die Augen. „Wenn ich ihn ärgern wollte, würde ich sagen, dass er lieber James hier hätte.“ Er grinste. „Oder gilt das für euch beide?“

Lily schnappte sich eins der Kopfkissen und hieb es Sirius ins Gesicht. Ein dumpfes Stöhnen drang durch die Federn, Regulus‘ Glucksen war diesmal aber sehr hörbar. Sirius warf das Kissen zurück.

„Die Kissenschlacht überlass ich euch Turteltäubchen. Ich muss noch packen gehen“, sagte er und wandte sich endlich zum Gehen.

„Du meinst, du gehst davon träumen, dass James Potter dir in deinem Bett Gesellschaft leistet“, sagte Regulus sachlich, als würde er einen Grammatikfehler korrigieren.

Sirius blieb stehen, schaute über die Schulter und sah einen Moment aus, als würde er sich auf Regulus werfen wollen. Regulus zog nahezu provozierend die Augenbrauen nach oben und Sirius verdrehte die Augen, bevor er ging. Lily stupste Regulus zwischen die Rippen.

„War das nicht unnötig?“, fragte sie, schmunzelte aber.

„Das hast du ihn nicht gefragt, als er einfach hereingeplatzt ist“, gab Regulus zurück. „Das war unnötig.“

„Mich hat es nicht gestört. Er hat ja schon alles gesehen“, sagte Lily voller Sarkasmus, was Regulus mit einem langen Kuss belohnte. Er löste sich nur langsam und atmete schwer gegen ihre Lippen aus, aber als Lily ihn in die Arme nehmen wollte, schob er ihren Arm weg.

Die roten Flecken waren noch immer auf seinen sonst so blassen Wangen. Lily spürte die Hitze in ihren eigenen, aber Regulus‘ Blick wurde sie auch hochrot nicht los.

Regulus räusperte sich. „Ich sollte deine Sachen holen gehen.“ Er rutschte von ihr weg an den Rand des Bettes. Mit der Decke sorgsam um seine Beine drapiert suchte er auf dem Boden nach seiner Hose.

Lily legte sich auf die Seite, den Kopf auf ihrer Hand abgestützt, und betrachtete das Spiel seiner Rückenmuskeln fasziniert, wie von ihrem ersten Anblick eines Einhorns. Auch als Regulus ihren Blick bemerkte, lächelte sie nur. Er zog seine Hose hoch, blieb aber sitzen. Lily rutschte auf ihn zu, als er sie unter der Decke schloss, als hätte sie nichts davon bereits gesehen. Sie legte von hinten die Arme um ihn und schmiegte sich gegen seinen Rücken, küsste seinen Nacken.

„Hör auf, Lily“, sagte Regulus leise und alles andere als überzeugend.

„Wieso?“, wisperte sie in sein Ohr.

Regulus drehte sich zu ihr um und griff dabei ihre Hand auf seiner Brust. „Weil ich dieses Zimmer sonst nie wieder verlasse.“

Lily umklammerte ihn fester und lächelte. „Immer ganz kontrolliert, hm?“

„Nervt es dich schon?“

Sie schüttelte sachte den Kopf, ohne das Kinn von Regulus‘ Schulter zu nehmen. Es war das erste Mal, dass er noch mehr als sie anhatte. Er hatte bis eben erst immer darauf geachtet, egal wo Lilys Gedanken gewesen waren, dass sie nicht diejenige war, die mehr preisgab. Dabei machten ein paar Stofffetzen ihr nichts aus, auch jetzt nicht. Sie war nackt unter der silbergrünen Decke und er nicht, aber das machte sie nicht verletzlich. Er wusste, dass sie ihn liebte, schon eine Weile, und er hatte es nicht erwidert. Nicht mit irgendetwas außer seinen Blicken, seinen Berührungen oder seltenen Lächeln. Manchmal fühlte es sich so an, als wäre sie immer nackt und er stand in einem dicken Mantel vor ihr. Sie wollte nur mit darunter gelassen werden.

„Wir haben noch ein bisschen Zeit“, sagte Lily. „Weißt du, konträr zu dem, was Sirius glaubt, brauche ich nicht drei Stunden im Badezimmer.“

„Aber ich vielleicht“, gab Regulus zurück.

Lily küsste ihn lächelnd auf die Wange, und Regulus sie gleich danach auf den Mund.

„Ich geh dir deine Sachen holen“, murmelte er gegen ihre Lippen und verschloss sie noch einmal mit einem sanften Kuss. Als er aufstehen wollte, hielt Lily ihn fest.

„Vergiss nicht, dass du ein Zauberer bist“, sagte sie leise und lehnte sich an ihm vorbei, um ihren Zauberstab aus dem Kleiderhaufen am Boden zu sammeln. Sie schnippte kurz mit dem Holz. „Accio Tasche.“

Ein Zischen ging durch den Flur, wie von Besen, die mit Höchstgeschwindigkeit durch die Luft rasten, und im nächsten Moment flog ihre Tasche durch den Spalt in der Tür, die Sirius nicht ganz geschlossen hatte. Sie raste direkt auf Lily zu, die sich schutzsuchend an Regulus‘ Seite duckte. Regulus streckte sich leicht, um die Tasche geschickt, wie es sich für einen Sucher gehörte, aus der Luft zu schnappen.

„Dankeschön“, sagte Lily und nahm ihm die Tasche ab.

Regulus stand augenrollend auf und ging zu seinem Kleiderschrank, den er öffnete und in dem fast vollkommen ausgeräumten Raum schnell fand, was er suchte. Er kam mit einem Morgenmantel in den Armen zurück zu Lily und warf ihn ihr über die Schultern. Die Wolle war schwer, aber warm und duftete wunderbar nach Regulus.

„Ich seh nicht hin, versprochen“, sagte Regulus.

„Wieso nicht?“, fragte Lily, aber Regulus setzte sich wieder mit dem Rücken zu ihr hin. Lily streifte seinen Morgenmantel über und wickelte sich darin ein. Es war der schwache Trost einer Umarmung von Regulus.

Erst als sie sich wieder an seinen Rücken schmiegte, drehte Regulus sich zu ihr um.

„Ich nehme das Bad ein Stockwerk tiefer. Du kannst dich hier fertig machen“, sagte er.

„Du hast nicht vor mir die Dusche zu zeigen?“, fragte Lily.

Regulus zeigte ihr ein halbes Schmunzeln. „Wenn Sirius nicht einmal in Hogwarts an Türen klopft, wird er es hier erst recht nicht tun. Und wenn er dich nochmal so ansieht, muss ich ihm leider einen Unverzeihlichen Fluch auf den Hals hetzen.“

Lily schlug ihm ohne viel Kraft gegen die Brust. Als er sich zu ihren Lippen beugte, wich sie ihm lächelnd aus. „Mr. Black, Sie bringen mich zum Erröten.“

Regulus zog sie an seinem Morgenmantel zu sich heran und blieb nur einen Atemzug von ihren Lippen entfernt. „Machen Sie sich lustig über mich, Miss Evans?“

„Das würde ich nie wagen.“

Regulus drückte sein Lächeln gegen ihre Wange, die noch immer glühte, als hätte sie Fieber. „Da ist noch was…“ Er lehnte sich zurück, lockerte seine halbe Umarmung aber nicht. Sein Blick hielt an Lilys fest, als würde er sonst die Orientierung verlieren. Unter ihren Händen auf seiner Brust spürte sie sein Herz hart und schwer schlagen. „Ich… hab niemals besser in diesem Haus geschlafen. Wirklich.“

Lily hätte nicht gedacht, dass ihr Gesicht noch heißer werden könnte. „Deinetwegen werd ich wirklich rot…“

Regulus küsste sie, erst einmal, dann noch einmal, und als Lily sich richtig hineinlehnen wollte, stand er auf. Er half ihr aus der recht zerwühlten Decke heraus und ließ ihre Hand erst im Flur los, um ihr das Badezimmer zu zeigen. Lily blieb im Türrahmen stehen und sah zu, wie Regulus den Flur und schließlich die Treppen runterging, nicht ohne sich dabei nach ihr umzudrehen. Er nahm wohl zwei Stufen auf einmal, so plötzlich wie er aus der Reichweite ihres Lächelns verschwand.

Lily drehte sich ins Badezimmer hinein und schloss die Tür hinter sich, lehnte sich gegen das unnachgiebige Holz in ihrem Rücken und wickelte sich eng in Regulus‘ Morgenmantel. Sie atmete tief durch. Das erste Mal an diesem Morgen begann sie zu realisieren, wo sie aufgewacht war. Nicht im Grimmauld Place, nicht im Haus der Blacks, die sie am liebsten mit dem Kissen ersticken würden, sondern neben Regulus. Sie hätte die Welt umarmen können. Wahrscheinlich bis sie sie zerquetscht hätte.

Lily ließ von der Tür ab und legte Regulus‘ Morgenmantel ab, um in die Dusche zu steigen. Weder zu kaltes noch zu heißes Wasser konnte das Lächeln aus ihrem Gesicht vertreiben. Sie wusch all den metaphorischen Schlamm ab, den Regulus‘ Eltern und die Malfoys gestern so gerne nach ihr geworfen hatten. Es hatte sie selten so wenig gestört auf diese Weise beleidigt worden zu sein.

Das kleine Bad wirkte altmodisch, war aber gut gepflegt mit jeder Menge Marmor, die Kreacher anscheinend zu putzen hatte. Lily lieh sich eines der Handtücher, trocknete sich ab und zog neue Sachen an. Sie hatte lange überlegt, was sie für diesen Morgen mitnehmen sollte, aber gerade erschien es ihr noch lächerlicher, dass sie je versucht hatte Regulus‘ Eltern irgendwie beeindrucken zu wollen, wenn es eine so verlorene Sache war. Sie zog einen grauen Rock und dazu den blauen Pullover an. Während sie ihre Haare in einen lockeren Zopf flocht, bemerkte sie, dass Sirius zwar beim Packen war, aber seine Zahnbürste arglos zurückgelassen hatte. Als sie fertig war schulterte sie ihre Tasche und nahm die Zahnbürste mit, um sie Sirius aufzudrängen.

Regulus‘ Zimmertür stand immer noch leicht offen, aber niemand war darin zu finden. Sirius‘ Tür gleich gegenüber war ebenfalls nur angelehnt. Lily klopfte dagegen und schob sie gleichzeitig auf. Sirius rief ihr gerade ein „Herein“ zu. Er schien überrascht sie zu sehen und drehte sich von seinem Koffer weg, in den er gerade ein halbes Dutzend rotgoldener Krawatten in einem einzigen Knoten geworfen hatte.

„Ich dachte, die könntest du gebrauchen“, sagte Lily und warf ihm seine Zahnbürste zu.

Sirius fing sie etwas ungeschickt auf. „Ah, ich wusste doch, da war was… Ich vergess sie jedes Mal.“ Er warf sie achtlos hinter sich in den Koffer und holte einen Zettel aus den Tiefen von Hemden und Roben. „Aber den Zettel, der mich dran erinnern soll, nehm ich jedes Mal mit.“ Er zeigte ihr besagten Zettel, bevor er ihn zerknüllte und in den Mülleimer warf. Sirius grinste, als er auf Anhieb traf, und wandte sich Lily zu, musterte sie kurz. „Klamotten stehen dir übrigens auch ganz gut.“

Lily verdrehte die Augen. Mit hinterm Rücken verschränkten Armen kam sie herein und schaute sich um. „Das ist also dein Zimmer?“ Ihr zweiter Blick fiel sofort auf die plakatierten Wände. Poster von halbnackten Frauen blickten auf sie herunter, dazwischen entdeckte sie Bilder von Motorrädern. Keines davon bewegte sich, wie sie es sonst von Zaubererbildern gewohnt war, aber so wie ihre Augen auf sie herunterstarrten, konnte Lily Regulus‘ Abneigung sehr gut nachvollziehen. „Hübsch.“

„Du bist eine schlechte Lügnerin, Lily. Ein Wunder, dass du meine Familie bis jetzt überlebt hast“, sagte Sirius amüsiert.

Lily ließ ihren Blick an den Bildern entlang schweifen und entdeckte doch noch Bilder, die sich bewegten. Sirius und seine Schulfreunde waren auf ihnen zu sehen, James, Remus, sogar Peter. James überwog eindeutig. Er grinste ihr sogar von Sirius‘ Nachttisch entgegen, wo sein merkwürdiger Spiegel sicher auch nur darauf wartete James‘ Gesicht zu zeigen.

„Unlösbarer Klebezauber“, sagte Sirius, worauf Lily ihn fragend anschaute. Sein Blick hing düster an Peters verschüchtertem Grinsen. „Ich würde sie abnehmen, aber mein vergangenes Ich war ein zu überragender Zauberer. Diese leblosen Gesichter haben meine Mutter so schön in den Wahnsinn getrieben, dass sie keinen Fuß mehr in mein Zimmer gesetzt hat.“

„Ein bisschen sehr… offensichtlich, findest du nicht?“, fragte Lily vorsichtig und musterte eine der Frauen im Bikini.

Sirius schaute sie an und fast genauso schnell wieder weg. Er rollte Socken zusammen, um sie lieblos in seinen Koffer zu werfen. Packen war nicht seine Stärke.

Lily sammelte den Spiegel von Sirius‘ Nachttisch und setzte sich auf sein Bett, während sie nur ihr eigenes Gesicht in der Spiegelfläche betrachten konnte. „Hast du ihm sofort Bericht erstattet?“

„James wusste, dass du hier sein wirst, Lily. Du hast es ihm selbst gesagt.“

„Dass ich in Regulus‘ Zimmer sein würde auch?“

Sirius entrollte ein Paar Socken wieder, nur um es erneut einzurollen. „Entgegen der allgemeinen Auffassung bin ich nicht unbedingt erpicht darauf Herzen zu brechen.“

„Ich glaube das nicht“, sagte Lily und Sirius lächelte sie kurz an. „Und ich glaube nicht, dass ich sein Herz gebrochen habe.“

„Ach, ein bisschen schon.“

„Aber das kriegst du sicher wieder hin. Klebezauber liegen dir doch“, sagte Lily und diesmal hielt sie ein Lächeln bereit, als Sirius zu ihr schaute. „Ich wollte James nicht wehtun. Oder dir. Oder was immer ihr habt irgendwie kaputt machen.“

Sirius seufzte auf und ließ das aufgerollte Sockenpaar in seinen Koffer fallen. „Ich kann dich gut leiden, Lily. Wirklich. Ich hätte es dir und James gegönnt, wenn ihr zueinander gefunden hättet. Solange er glücklich ist, wäre ich der Letzte, der sich dazwischen wirft. Was immer wir auch haben.“

„Oh, ich bin mir sicher, dass man mit dir auch sehr glücklich werden kann“, sagte Lily und reichte Sirius den Spiegel, den er nicht in seinen Koffer, sondern in seine Hosentasche steckte. „Du weißt, dass ich nicht deinetwegen James keine Chance gegeben hab. Ich war nie eifersüchtig auf dich.“

Sirius grinste sie an. „Herzlichen Glückwunsch. Bei meiner Großartigkeit ist das nicht einfach.“ Er atmete tief ein, als würde er den Ruhm all seiner Streiche aus der Luft saugen, und brachte Lily damit zum Glucksen. Sie hielt sich eine Hand vor den Mund, um sich unter Kontrolle zu kriegen, und Sirius starrte ihr einen Moment länger auf die Finger. „Versteh mich nicht falsch, ich bin froh, dass du dich Regulus angenommen hast. So, wie er mit dir ist, hab ich ihn noch nie gesehen. Du tust ihm gut und ich bin verdammt froh, dass du ihn vor einem riesengroßen Fehler bewahrt hast.“

„Ich habe gar nichts getan, Sirius. Dein Bruder kann sich selbst retten. Und er hat sich schwer damit getan schon bevor wir uns nähergekommen sind.“

„Denkst du? Ich dachte, er wäre nicht mehr zu retten. Den ganzen Tag hat er von nichts als Voldemort geredet – er hatte eine verdammte Collage von ihm in seinem Zimmer hängen. Hat auf mich gewirkt, wie diese Poster auf meine Mutter. Wir haben auch nicht mehr getan, als uns den ganzen Tag zu streiten, als ich noch hier war. Jetzt bin ich fast eifersüchtig, dass Regulus plötzlich das Hauptstreitthema zwischen meinen Eltern ist. Er war ihr kleiner Liebling und sie hätten Beifall geklatscht, wenn er sich in Voldemorts Arme geworfen und für ihn draufgegangen wäre.“

Lily dachte daran, was Regulus ihr vorgeschlagen hatte. Was Dumbledore ihm vorgeschlagen hatte. Sich Voldemort anzuschließen um ihn im Auge zu behalten. Sie fragte sich, ob er Sirius davon auch erzählt hatte. Sie hoffte, dass er ihm wenn überhaupt auch davon abgeraten hätte. Immerhin musste er selbst die ganze Zeit so tun, als würde ihm nicht jedes Wort seiner Mutter gewaltig aufstoßen, und es bekam ihm nicht sehr gut. Dafür musste er keinen Spiegel zerschlagen.

Sirius schlug den Deckel seines Koffers zu. „Hübscher Ring, übrigens.“

Lily streckte ihre Finger aus und erschrak beim Anblick des Familienwappens der Blacks an ihrem Daumen ein wenig. Sie hatte ganz vergessen ihn Regulus zurückzugeben. „Oh, wir haben nur rumgealbert.“

Sirius hob die Augenbrauen, als würde sie ihm aufbinden wollen, dass sie ein Mondkalb am Strand liegen gesehen hatte. „Das klingt nach meinem Bruder. Immer für einen Spaß zu haben.“

„Ist er“, sagte Lily entschieden und lächelte ganz unfreiwillig, als sie genau an die vielen Male dachte, die Regulus sie zum Lachen gebracht hatte.

Es klopfte am Türrahmen. Regulus stand im Flur und beobachtete sie mit hochgezogener Augenbraue. Lilys Lächeln wuchs, als sie ihn frisch gekämmt und in perfekt sitzenden Sachen sah. Sie kam sich wie die Grinsekatze aus Alice im Wunderland vor und biss sich auf die Unterlippe, wich Regulus‘ fragendem Blick aus.

„Was bin ich?“

„Reggie“, grüßte Sirius. „Keine Sorge. Wir sind grad wieder angezogen.“

Lily rieb sich über das Gesicht und stöhnte leise.

„Den Witz hast du schon mal gemacht, Sirius. Da war er auch nicht lustig“, sagte Regulus kühl. „Wie du siehst, Lily, hat Sirius immer Damenbesuch.“ Er machte eine ausladende Geste zur plakatierten Wand.

„Den Witz hast du schon mal gemacht, Brüderchen, und dabei nicht beachtet, dass du keinen Humor hast“, erwiderte Sirius.

Lily rutschte von Sirius‘ Bett herunter und drückte instinktiv tröstend seinen Arm, bevor sie zu Regulus lief. Er roch wunderbar nach Zitrone und sie gab dem Verlangen nach sich gegen ihn zu lehnen, schloss beide Arme um seinen Oberkörper. Regulus erlaubte sich für einen Moment ehrlich überrascht auszusehen, dann küsste er sie auf die Wange.

„Wir können entweder hier frühstücken oder uns was in der Stadt suchen? Vielleicht auch der Tropfende Kessel. Was meinst du?“, fragte er sie. Er nickte Sirius zu. „Willst du den da mitnehmen?“

„Ich wäre für hier“, sagte Sirius, bevor Lily den Mund öffnen konnte. „Ich will Mutter einreden, du hättest Lily einen Antrag gemacht. Ihr Kopf könnte platzen.“

„Komm mit.“ Regulus griff sie an der Hand und zog sie aus Sirius‘ Zimmer zurück in seins. Diesmal ließ Lily ihn nicht zu Wort kommen. Kaum waren sie ungestört stellte sie sich auf die Zehenspitzen und küsste ihn ausgehungert, als hätte sie wieder eine Woche darauf verzichten müssen seine Lippen zu spüren. Ihren sanften Druck auf ihren. Wie er sich dabei zu ihr herunterlehnte und ihre Hüfte umfasste, um sie zu halten.

Als sie sich löste konnte er sich seinen überraschten Ausdruck diesmal nicht verkneifen.

„Es ist deine Schuld, dass ich nicht aufhören kann zu lächeln“, sagte Lily und errötete langsam, aber sicher unter Regulus‘ perplexem und doch warmem Blick. Sie stieß ihn sanft, aber gespielt vorwurfsvoll von sich weg. „Ich muss meine Sachen noch einsammeln.“

Sie hob ihr Kleid vom Boden auf und den Rest ihrer Kleidung, die sie schnell in die magisch vergrößerten Tiefen ihrer Tasche stopfte.

„Lily, ich…“

„Ja?“ Lily drehte sich um und fand Regulus direkt vor sich wieder, zuckte unerwartet zurück. Sie lächelte diesmal aus Verlegenheit und wollte sich das Haar zurückstreichen, nur um festzustellen, dass es in weiter in ihrem Zopf gehalten wurde.

Regulus tat es ihr gleich und strich ihr zärtlich über die Haare. „Ich bin gern daran schuld.“

Lily befeuchtete sich die Lippen und atmete tief gegen das harte Herzklopfen an, das Regulus sicherlich sehen oder zumindest hören musste. Sie nahm seine Hand und nickte zur Tür. „Wie wär’s, wenn wir hier frühstücken? Auch wenn ich nicht hoffe, dass der Kopf deiner Mutter platzt.“

Regulus nickte, hielt Lily aber zurück, als sie gehen wollte. Er schaute sich in seinem Zimmer um, als würde er von irgendetwas Abschied nehmen. Seine sonst so kühlen Augen funkelten, als er über die zerwühlten Laken seines Betts driftete, und ein kleines Lächeln zuckte über seine Lippen. Seine Finger schlossen sich enger um Lilys und er zog sie energisch mit sich aus dem Zimmer.

Als sie die Treppen herunterstiegen, holte Sirius zu ihnen auf und sie gingen zu dritt weiter.

„Wisst ihr, ich glaube, ich würde einen guten Onkel für euren hypothetischen Unfall abgeben“, philosophierte er hinter ihnen vor sich hin. „Dora hat jedenfalls immer an meinem Umhang geklebt. Narcissas spekulatives Kind krieg ich auch rum, das würde sie wunderbar in den Wahnsinn treiben.“

Lily ignorierte ihn genauso wie Regulus, der aber immer an den richtigen Stellen aufstöhnte um das Feuer von Sirius‘ Geplapper zu schüren.

Auch am Morgen schienen die abzweigenden Flure der anderen Stockwerke nicht viel heller zu sein, was aber auch am Regen liegen konnte, der zwar nur noch schwach gegen die Fenster fiel, alles aber in tiefere Schatten hüllte. Lily bemerkte die Blicke vieler Portraits, die ihr missmutig folgten. Sie fand es in sich sie alle mit einem Lächeln abzublocken.

Im Erdgeschoss wartete bereits Mr. Black auf sie. Er schien erpicht darauf sie ohne seine Frau abzufangen.

„Regulus“, blieb seine einzige, barsche Begrüßung. Er schaute Lily nicht einmal an. „Wir müssen reden. Alleine.“

„Ich denke, dass ihr gestern Abend schon alles gesagt habt, was ihr zu sagen habt“, sagte Regulus eisig. Er blieb auf der letzten Stufe stehen, als würde er auf seinen Vater herunterblicken wollen, und Lily blieb dicht an seiner Seite. Sirius hing ungeduldig über das Geländer und murmelte etwas von „Hunger“.

„Regulus, ernsthaft.“ Mr. Black klammerte sich am Geländer fest, bis seine Fingerknöchel weiß hervortraten. Sein Gesicht war fahl und tiefe Ringe rahmten seine Augen ein, als hätte er keine Sekunde Schlaf gefunden. Lily sorgte sich ganz unabhängig von jeder Silbe, die je zwischen ihnen gefallen war, um seine Gesundheit. Mr. Black würdigte sie noch immer keines Blickes. „Wenn du mit ihr durch diese Tür gehst, kann ich sie dir nicht wieder aufmachen.“

„Das ist nichts Neues für mich, Vater“, sagte Regulus. „Ich weiß, was ich tue, und du solltest wissen, dass ich genau darüber nachgedacht habe.“

Lily umfasste Regulus‘ angespannte Hand auch mit der anderen und hielt sie mit beiden Händen fest. Auch wenn er sicher und selbstbewusst klang, hatte sie das Gefühl, er könnte ihren Beistand gut gebrauchen.

Mr. Black schaute Lily aus seinen müden Augen an. „Willst du das? Willst du mir unbedingt meinen Sohn wegnehmen?“

„Vater…“ Regulus verdrehte die Augen.

„Sir, ich will Ihnen gar nichts wegnehmen“, sagte Lily. „Ich hätte damit leben können, wenn Sie immer kalt zu mir sind oder bissige Kommentare austeilen. Ich wäre nicht gekommen, wenn ich nicht gewollt hätte, dass Sie sich… arrangieren. Aber das hatten Sie anscheinend nie vor.“

Mr. Blacks Kiefer zuckten vor Anspannung. „Meine Frau… Eure Mutter hat ein hitziges Temperament. Wenn es sich abkühlt…“ Er schüttelte den Kopf, atmete schnappend ein, als wäre ihm auf einen Schlag die Luft ausgegangen und schaute Lily erneut hart an. „Dein Name ist Evans, richtig? Wir könnten vorgeben, dass es Verwandte gibt, die Reinblüter sind. Vielleicht wurdest du adoptiert? Es gibt Möglichkeiten das zu regeln.“

„Mr. Black, ich werde nicht meine Eltern verleumden um Ihr Verlangen nach reinem Blut zu stillen“, sagte Lily scharf. „Das ist lächerlich.“

Mr. Black sah aus, als hätte sie ihn geohrfeigt und damit von seinem Thron gestoßen, und zumindest dieses Mal hatte Lily deswegen keine Gewissensbisse. „Lächerlich? Du solltest so ein Angebot nicht ausschlagen, Miss Evans. Es könnte dein Leben retten, wenn der Dunkle Lord sich durchsetzt.“

Lily sah ihn entsetzt an. „Ein miserables Leben.“

„Das reicht, Vater“, fuhr Regulus Mr. Black über den Mund, als der gerade erneut ausholte. „Hörst du dir überhaupt zu?“

Mr. Black riss die Hand vom Geländer und einen Moment dachte Lily, er würde Regulus schlagen wollen, aber er streckte nur die Hand nach ihm aus. Anstatt ihn anzufassen nahm er sie wieder runter, ballte die zitternden Finger zur Faust. Sein Blick glitzerte mit Verzweiflung, als er Sirius anschaute.

„Sirius.“ Seine Stimme schwächte merklich ab. „Sag doch etwas. Du bist doch zur Vernunft gekommen. Regulus… Du kannst nicht gehen. Ich lasse dich nicht gehen. Ich werde –“

Das scharfe Klingeln der Tür schnitt ihm das Wort ab. Mr. Black rieb sich mit einer Hand über die Augen, zeigte dabei genau den Siegelring mit seinem Familienwappen, den seine Söhne trugen. Seiner schien abgewetzt und glanzlos. Als er die Hand wieder herunternahm trug er eine gefasste, kühle Maske, mit der er Regulus sehr ähnlich sah.

„Entschuldigt mich einen Moment“, sagte er und verschwand im Eingangsflur. „Kreacher, du kannst wieder gehen. Ich kümmere mich darum.“ Die Tür wurde geöffnet.

Sirius quetschte sich an Regulus vorbei und stieg die Treppen herunter. Lily rührte sich nicht. Ihre Finger zitterten auch in Regulus‘ Hand leicht. Sie kreuzte seinen Blick, der sich bei ihr entschuldigte, obwohl er nichts dafür konnte.

„Dein Vater ist nur verzweifelt“, murmelte Lily. „Er will dich nicht verlieren.“

„Pscht.“ Sirius hob eine Hand. Er starrte den Flur herunter und was immer er dort sah, riss seine Augen vor Neugierde weit auf. „Das ist Dumbledore.“

Lily stieg jetzt auch die letzte Stufe herunter und zog Regulus mit sich. Sie schaute an Sirius vorbei zur Haustür. Tatsächlich zeichnete sich Professor Dumbledores Spitzhut hinter Mr. Blacks Schulter ab. Der Direktor redete in einem leisen, aber entschiedenen Ton auf Mr. Black ein.

„Sie ist hier, ja.“ Mr. Black drehte sich um und wies mit der leicht zitternden Hand auf Lily. Sein Blick war nicht zu deuten.

Professor Dumbledore schaute an ihm vorbei und fasste Lily über seine halbmondförmigen Brillengläser ins Auge. „Darf ich hereinkommen, Orion?“

Mr. Black machte einen Schritt zur Seite, um Dumbledore vorbeizulassen. „Sie schon. Was ist mit denen? Was wollen sie?“

„Professor Dumbledore, bei allem Respekt“, meldete eine dritte Stimme sich zu Wort. Ein großer Mann mit breiten Schultern schob sich ins Blickfeld. Er schien hinter Dumbledore auf der Treppe zu stehen. In seinem Gesicht prangte eine tiefe Narbe, die sehr frisch aussah. „Es ist unser Job und wir –“

„Es geht um meine Schüler, Mr. Callwell. Mr. Longbottom versicherte mir, es wäre in Ordnung, wenn ich mich darum kümmere.“

„Wir haben’s doch besprochen“, drang eine vierte Stimme herein, deren Besitzer Lily nicht sehen konnte.

„Auroren“, flüsterte Sirius ihnen zu.

„Auroren?!“ Mrs. Blacks Stimme donnerte die Treppe herunter und ließ sie alle zusammenzucken. Regulus‘ Mutter stand im ersten Stock und schaute auf sie herunter. Bereits am Morgen war ihr Gesicht vor Zorn gerötet. Sie trug bloß einen Morgenmantel über ihrem altmodischen Spitzennachthemd und auch ohne Vogel in den Haaren sahen ihre zerwühlten Haare wie ein Nest aus. „Was hast du jetzt wieder angestellt, Sirius?“

Sirius stöhnte genervt auf. „Hallo? Ich bin jetzt der gute Sohn, okay?“

Regulus stieß ihm den Ellenbogen zwischen die Rippen.

In der Zwischenzeit hatte Dumbledore es an Mr. Black vorbeigeschafft. Er betrat die Eingangshalle und seine Anwesenheit brachte sogar Mrs. Black zum Schweigen. Die Stille war zum Schneiden dick. Dumbledore nahm seinen Hut ab und nickte zur Begrüßung. Seinem Gesicht fehlte das sonst so vertraute Lächeln.

„Professor Dumbledore?“, platzte es entgeistert aus Mrs. Black heraus. Sie pfiff wie ein überkochender Kessel. „Was hat er jetzt wieder angestellt?“

Sirius fuhr sich frustriert durch die Haare, sagte aber nichts. Er blickte Dumbledore neugierig und erwartungsvoll an.

„Auch auf die Gefahr hin Sie zu enttäuschen, Walburga, aber ich bin nicht wegen Sirius hier. Oder Regulus.“ Dumbledore fasste die einzige Option ins Auge. Lily sah sich verwirrt um, als es um sie zu gehen schien. „Hätten Sie einen Moment für mich, Lily?“

Sie schaute zu Regulus, der Professor Dumbledore im Auge behielt, als würde er Lily ein Messer in den Rücken jagen sollen. Lily lächelte den Direktor an.

„Sicher, worum geht es?“ Es musste wichtig sein, wenn es die paar Stunden nicht warten konnte, in denen sie wieder in Hogwarts sein würde. Und dann waren da noch die Auroren, die sich hinter Dumbledore ins Haus geschlichen hatten. Mr. Black schien nicht erfreut über ihre Anwesenheit in seinem so penibel gesicherten Haus zu sein.

„Ob wir wohl irgendwo ungestört sprechen könnten?“, fragte Dumbledore in den Raum und schaute dabei Mrs. Black an, die aussah, als würde sie lieber ein Asyl für Werwölfe in ihrem Wohnzimmer eröffnen.

„Wie wäre es mit dem Wohnzimmer?“, bot Mr. Black an. „Kann ich Ihnen etwas anbieten? Tee? Kaffee?“

Dumbledore nickte ihm zu. „Vielen Dank, Orion. Nichts für mich.“ Er blickte Lily erwartungsvoll an, aber sie schüttelte sofort den Kopf. Wenn Dumbledore keinen Tee einplante, dann wollte sie ihn nicht zu einer Tasse in diesem Haus zwingen. Vielleicht bissen sie auch.

„Darf man wissen, worum es geht?“, fragte Mrs. Black barsch.

Dumbledore ignorierte sie. Aus der Nähe betrachtet wirkte er fast so müde wie Mr. Black. Der Regen hatte die Spitze seines Huts abknicken lassen, Schlamm hatte seinen Umhangsaum besudelte und etwas, das nach Ruß aussah, hatte sich in seinem Bart verfangen.

„Lily, wenn Sie sich wohler fühlen, kann Regulus uns begleiten.“

Lily runzelte die Stirn und umfasste Regulus‘ Hand instinktiv fester. Jetzt wollte sie ihn nicht mehr loslassen und den Ernst in Dumbledores Stimme alleine ertragen müssen. Sie musste nichts sagen. Regulus strich über ihren Handrücken und nickte. Nebeneinander folgten sie Dumbledore ins Wohnzimmer.

Dort bot er ihnen den Platz auf dem Sofa an, als würde das Haus ihm gehören. Lily nahm Platz, und auch wenn das ihr erstes Mal in diesem Raum war, nahm sie kaum mehr war, als das prasselnde Feuer im Kamin, das Klavier in der Ecke und den Regen, der noch immer gegen die Fensterscheiben schlug. Regulus blieb an ihrer Seite, setzte sich neben sie und ließ ihre Hand nicht los. Dumbledore nahm gegenüber in einem breiten Sessel Platz. Er saß auf der Kante und nahm die Hände zu einem Dreieck zusammen.

„Sie machen mir ein bisschen Angst, Sir“, sagte Lily lächelnd. „Gibt es Probleme? Kann ich helfen?“

Selten hatte Dumbledore so alt ausgesehen, wie in diesem Moment. „Ich will Ihnen keine Angst machen, aber es gibt ernste Nachrichten und ich hielt es für besser, wenn Sie diese von einem vertrauten Gesicht mitgeteilt bekommen, als von Auroren oder gar dem Tagespropheten. In letzter Zeit häufen sich Lord Voldemorts Angriffe auf die Haushalte muggelstämmiger Hexen und Zauberer, wie Sie vielleicht wissen. Letzte Nacht hat Lord Voldemort seine Todesser nach Cokeworth geschickt. Dreizehn Todesser haben Spinner’s End angesteuert und das Haus der Snapes überfallen.“

Lily schnappte nach Luft. „Oh, Gott. Sind sie…“

Dumbledore senkte im falschen Moment den Blick.

„Haben Sie Severus informiert? Braucht er etwas?“, fragte Lily tonlos. Er verbrachte all seine Ferien, bis auf die Sommerferien, in Hogwarts und vermied es bei jeder Gelegenheit seinen Vater sehen zu müssen.

„Mr. Snape ist informiert und vor Ort, machen Sie sich keine Sorgen“, sagte Dumbledore und hob sanft die Hand, als Lily erneut eine Frage stellen wollte. Er wollte ihr nicht das Wort verbieten aber ausreden. „Mr. Snapes Vater hat diesen Vorfall nicht überlebt, aber die Todesser haben sich davon nicht aufhalten lassen. Als ich mit einigen Mitgliedern meines Orden des Phönix eingetroffen bin, hatten sie bereits neue Opfer gefunden.“ Dumbledores Blick glitzerte mitleidig, und Regulus‘ Hand wrang sich fest um Lilys, als wüsste er, was kommt. „Ihre Eltern sind tot.“

Lily hörte die Worte wie durch dickes Glas. Ihr Blick verschwamm, als würde sie durch die Fenster hinaus in den Regen schauen. „Aber wir wohnen um die Ecke. Wir…“

„Anscheinend haben sie die Schreie und Flüche gehört. Die meisten Anwohner haben sich in ihren Häusern versteckt, aber ich nehme an, dass Ihre Eltern helfen wollten. Wir haben sie nahezu auf Tobias Snapes Türschwelle gefunden.“

„Was ist mit meiner Schwester?“, entfuhr es Lily.

„Ihre Schwester war bereits auf dem Rückweg nach London. Sie wird sich wahrscheinlich noch an mich erinnern, weshalb ich ihr nach Ihnen die Nachricht überbringen wollte. Mit Ihnen, wenn Sie sich dazu in der Lage fühlen.“

Lily rann eine Träne über die Wange. Regulus‘ Arm fand den Weg um ihre Schulter und zog sie dicht an ihre Seite. Der Schock schwoll in ihrer Brust an und schien ihre Lungen zusammenzudrücken, bis sie keinen Atemzug mehr geräuschlos tun konnte.

Sie schüttelte den Kopf und wartete darauf, dass Dumbledore ihr sagte, dass das ein schlechter Scherz war. Er hatte einen merkwürdigen Humor.

Aber er sagte nichts.

Sie sah vor sich, was er gesagt hatte. Sie hatte Spinner’s End vor Augen, die Türschwelle der Snapes, auf den Severus so oft gesessen hatte, während sein Vater im Inneren einen Wutausbruch auskuriert hatte. Sie hatte ihn unzählige Male dort aufgesammelt. Ihre Eltern waren unzählige Male dort vorbeigegangen, hatten die Snapes gegrüßt und Einladungen zum Abendessen ausgesprochen, die nie wahrgenommen worden waren.

Sie hatte Severus vor Augen, wie er jetzt dort stehen musste. Alleine im Regen. Wie er versuchte nicht zu zeigen, dass er seinen Vater doch vermissen würde. Was er nicht würde. Er hasste ihn. Er hasste niemanden so sehr, wie seinen Vater, und wenn Severus jemanden hasste, dann mit allem, was er hatte. Als sie klein waren, hatte er oft dahin gesagt, dass er seinen Vater nicht betrauern würde, und je älter er geworden war, je mehr dunkle Magie er gemeistert hatte, desto schärfer waren diese Aussagen geworden.

„Lily?“ Regulus‘ Stimme drang in ihr Gedankenchaos ein. Sie drehte den Kopf und schaute ihn an. „Professor Dumbledore hat gefragt, ob er etwas tun kann?“

„Kann er herausfinden, wer das geplant hat?“, sagte Lily, bevor sie sich aufhalten konnte.

Regulus hielt ihren Blick fest, ließ auch ihre Hand nicht los. Er sagte nichts, aber er war überall, und sie wollte gleichzeitig nichts mehr, als sich an ihn zu lehnen und von ihm wegzulaufen. Für einen Moment hatte sie das Gefühl er wüsste genau, was in ihrem Kopf vorging.

„Wir wissen, wer das getan hat. Lord Voldemort zur Rechenschaft zu ziehen –“

„Nein.“ Lily stand ruckartig auf und riss ihre Hand dabei aus Regulus‘ Griff. Sie zitterte und kochte vor Wut und wollte einfach nur weinen. „Wer das getan und geplant hat sind zwei unterschiedliche Sachen. Ich weiß, wer das war.“

Bevor Dumbledore etwas sagen konnte, drehte sie sich um und lief um das Sofa herum.

„Lily?“ Regulus sprang auf. „Lily, warte.“

Lily disapparierte mit einem lauten Krach, der in ihrem Kopf nachhallte, als sie auf dem schmutzigen Kopfsteinpflaster von Spinner’s End aufprallte. Der Himmel über Cokeworth war düster vom Qualm der Fabrik, aber es regnete nicht. Über den Reihen dreckiger Häuser hing das Dunkle Mal am dämmrigen Himmel. Ein riesengroßer Totenschädel, aus dessen Mund sich eine Schlange windete, schaute auf sie herunter. Er grinste nicht und hatte trotzdem etwas Hämisches.

Lily war mitten auf der Straße gelandet und es scherte sie nicht, ob irgendein Muggel sie aus dem Nichts hatte auftauchen sehen. Auf der anderen Straßenseite stand das Haus der Snapes fest eingepfercht zwischen den anderen. Die Fensterscheiben waren zerbrochen und Brandflecke klebten an den Ziegeln. Davor tummelten sich Menschen in Umhängen und Spitzhüten, Auroren und Vergissmeinnichts und was sonst noch, um die Muggel diesen Anblick vergessen zu lassen. Lily suchte sie mit tränenden Augen ab, bis sie die Gestalt mit hängenden Schultern fand, nach der sie gesucht hatte.

Severus stand alleine in der Nähe zweier Auroren, die ihn nicht beachteten. Er hatte den Kopf hängen gelassen, sodass sein schwarzes Haar wie ein öliger Vorhang vor seinem Gesicht hing. Lily glaubte ein Lächeln dahinter zu erkennen.

Sie stürzte vorwärts. Ihre Absätze klackten über das Kopfsteinpflaster und ihr Echo hallte zwischen den Häuserreihen wider. Severus schaute auf und drehte sich um. Im selben Moment riss Lily ihren Zauberstab hervor. Severus tat sofort dasselbe, aber Lily wich vor seinem Zauberstab zurück.

„Du hast es ihnen gesagt. Du wusstest, dass Mulciber scharf darauf war euren Todesserfreunden meine Adresse zu geben, damit ich dafür bezahle, dass ich ihm gesagt habe, was er für ein Schwein ist. Und du hast es ihnen gesagt. Du hast das gewusst und es ihnen gesagt. Damit du deinen Vater loswerden kannst?“ Lily zitterte bis in die Zehenspitzen, aber ihr Zauberstab blieb vollkommen ruhig in ihrer Hand und zielte genau auf Severus‘ starres Gesicht. Alles, was sie sagte, schien einfach an ihm abzuprallen, wie Regen von einer Fensterscheibe, die mit dem Impervius belegt war.

„Das mit deinen Eltern tut mir leid“, sagte er in einem belanglosen Tonfall. „Aber ich habe auch jemanden zu betrauern.“

„Wenn ich zu Hause gewesen wäre“, presste Lily hervor, „hätte dir das gefallen?“

„Es tut mir leid, Lily, aber ich habe nichts getan.“

„Du hast es ihnen gesagt“, fuhr Lily ihn heiser an, als würde sie die ganze Zeit schreien. „Deswegen waren sie hier. Und du denkst, dass es ein Zufall war, dass meine Eltern in der Nähe waren? Sie haben das geplant und es ist deine Schuld. Vielleicht wolltest du das nicht, aber es ist deine Schuld. Siehst du das nicht? Irgendwann bist du so beschäftigt Voldemorts Schuhe zu lecken, dass du zu spät merkst, wenn er jemanden tritt, den du liebst. Willst du das, Severus?“

„Was willst du? Mich vor einem Haufen Auroren verfluchen?“, fragte Severus und zielte mit dem Zauberstab genau auf ihre Brust. „Denkst du, dass du das hinkriegst? Ich war immer schon der bessere Zauberer.“

Lily holte aus und schleuderte ihm einen Schockzauber entgegen, der zu schnell kam, als dass Severus ihn abwehren konnte. Er wich gerade noch aus, aber sein starres Gesicht verzog sich zu einer hässlichen Grimasse und er hieb seinen Zauberstab wie ein Schwert in ihre Richtung. Lily blockte seinen Fluch ab, warf einen zurück und dann noch einen und gleich darauf einen weiteren. Severus geriet außer Atem, als er versuchte sie alle abzuwehren.

Ein lauter Schrei ging durch die Luft: „Expelliarmus!“

Es knallte wie bei einem lauten Gewitter und ihren beiden Zauberstäbe flogen in die Luft. Ein Auror schritt hastig auf sie zu.

„Aufhören“, blaffte er. „Mitten auf einer Muggelstraße? Seid ihr wahnsinnig?“

Lily wich seinem Griff aus und stürzte auf Severus zu, der seinem Zauberstab hinterher gesehen hatte und die Augen weit aufriss, als er sie auf sich zukommen sah. Sie hatte keinen Zauberstab mehr, aber sie war genug Muggel um keinen zu brauchen. Lily rammte ihre Faust in Severus‘ Gesicht.

Er schrie auf. Mit beiden Händen hielt er sich die Nase. „Du hast mich geschlagen?“, entfuhr es ihm ungläubig. Severus nahm die Hände herunter und Blut rann ihm aus einem Nasenloch zum Mund. Er starrte sie entsetzt an. „Du –“

Lily ohrfeigte ihn mit aller Kraft und Wut, von der sie gerade so viel in sich hatte. Blut blieb auf dem klobigen Siegelring an ihrem Daumen hängen. Sie hatte Severus‘ Lippe erwischt und aufgerissen. Lily holte erneut aus, packte Severus am Kragen, als er abhauen wollte.

Jemand packte sie von hinten und hielt sie zurück. Lily bekam Severus noch zu fassen, kratzte mit den Fingernägeln über seinen Hals und seine Wangen, als sie ihn festhalten wollte, und gleichzeitig weggezogen wurde. Die Arme um ihre Hüften hoben sie einfach hoch und zogen sie ein paar Schritte weg.

„Lily.“ Regulus‘ Stimme und sein Atem streiften ihr Ohr wie aus weiter Ferne. „Lily, hör auf. Das bist du nicht. Hör bitte auf.“

Lily zog ihre ausgestreckte Hand zurück und ließ sie einfach hängen. Severus stand wie erstarrt zwei Meter entfernt von ihr, mit Kratzern auf seinem Hals und blutender Nase und Lippe. Er zitterte leicht.

Es regnete nicht, aber Lily war, als hätte sie ihr Gesicht in den strömenden Regen gehalten. Tränen liefen ohne Unterlass über ihre Wangen und Hals.

Regulus‘ Arme ließen nicht lockerer. Er hielt sie fest an sich gedrückt, bis sie jeden Widerstand aufgab und sich hängenließ. Lily drehte sich um und vergrub ihr tränenverschmiertes Gesicht in Regulus‘ Schulter. Sie schluchzte bitterlich auf.

Regulus sagte ihr nicht, dass alles in Ordnung war, weil es das nicht war. Nicht mehr.


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