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Mud and Blood - Imperio

von Dr. S

Regulus hing tief über seiner Pergamentrolle. Sie saßen hinter einem Wall aus Büchern in der Bibliothek, Lily arbeitete an einem Aufsatz über Grindelwalds Aufstieg zur Macht für Geschichte der Zauberei, und Regulus schrieb die besonderen Wirkungen von Wermut auf. Sie halfen einander. Lily hatte förmlich an Regulus‘ Lippen gehangen, als er die Arbeit des staubigen Buches so viel besser erledigt hatte, von Professor Binns gar nicht erst angefangen. Dafür gab sie ihm Hinweise, welche Bücher und Seiten ihm weiterhelfen würden. Wenn sie sich mehr erlaubte, schaute Regulus sie an, als wäre sie ihm außerhalb der Ausgangssperre in die Arme gelaufen.

So auch jetzt, als sie ihm das Haar aus der Stirn strich und seinen Kopf gleichzeitig anhob, um in das tiefe Grau seiner Augen zu sehen. Leicht bewölkt wie der Nachmittagshimmel.

„Vielleicht solltest du den Rest auf morgen verschieben?“, sagte sie sanft.

„Wieso?“, gab Regulus herausfordernd zurück, griff über sein Pergament und klappte sein Buch zu. „Ich bin schon fertig.“

Lily schmunzelte ihn für dieses Spielchen an, konnte sich im Gegenzug aber nicht verkneifen die Augenbrauen überrascht anzuheben. „Kann ich es lesen?“

„Deswegen bist du hier. Damit ich keinen Unsinn schreibe.“ Regulus schob das Pergament zu ihr rüber, damit sie es in Ruhe überfliegen konnte.

Sie mochte diese Stunden, die sie mehr oder weniger in der Öffentlichkeit zusammen verbrachten. Nicht nur, weil es sie an das erste Mal erinnerte, als Regulus und sie genau in dieser hintersten der hinteren Ecken über Mondsteinen und seinen Anwendungen gegrübelt hatten. Hier zusammen zu sitzen schien so normal. Hin und wieder verirrte sich ein Schüler hier hin, manchmal auf einem Streifzug in die Verbotene Abteilung, und erspähte sie. Lily störte sich auch nicht an den merkwürdigsten Blicken und Regulus ließ sich nichts anmerken.

„Ich würde nichts ändern“, sagte Lily und schob das Pergament zurück. „Perfektion kann man bekanntlich nicht verbessern.“

Regulus verdrehte über sie die Augen, rollte sein Pergament aber sorgfältig zusammen. „Ich hätte dich meinen Brief von heute Morgen durchlesen lassen sollen“, sagte er. „Dann würde ich mich jetzt sicherer fühlen.“

„Wieso? Wem hast du geschrieben?“

„Meinem Vater“, antwortete Regulus.

Lily horchte ganz unfreiwillig auf. Sie musste an die Einladung zum Essen bei seinen Eltern denken, die Regulus nicht mehr erwähnt hatte. Sie hatte ihn nicht mehr darauf angesprochen, weil sie befürchtete, dass er es sich anders überlegt hatte, und sie wollte ihn nicht zwingen das zugeben zu müssen. Lily wusste nicht, ob die Sache mit James nicht doch mehr kaputt gemacht hatte oder das Gegenteil. Aber der Gedanke, dass Regulus vielleicht wegen ihr seinem Vater geschrieben hatte, ließ sie sich gleichzeitig unwohl und ganz kribbelig im Magen fühlen.

„Ich hab versucht ihn subtil zu fragen, was er Sirius angetan hat“, sagte Regulus.

Lily hob jetzt wirklich überrascht die Augenbrauen. „Du kannst sehr subtil sein, Regulus. Ich würde mir keine Sorgen machen.“

„Lieber Vater, blah, blah. Sirius scheint mir sehr deprimiert in letzter Zeit. Ich hoffe sehr, wieder bei uns zu Hause zu sein, bringt ihn nicht um.“ Regulus zuckte mit den Schultern. „So in etwa…“

„Mehr sarkastisch als subtil“, sagte Lily und erntete ein Seufzen von Regulus. „Heißt das, du hast endlich mit Sirius gesprochen?“

Regulus drehte sich mit einem weiteren Seufzer weg und schaute aus dem Fenster. Graue Wolken türmten sich über dem dämmrigen Horizont. Die letzten Flecken Schnee auf den Ländereien waren dabei zu schmelzen und verkamen zu schlammigen Pfützen. Am Seeufer spielten ein paar Erstklässler mit ein paar verbliebenen Eisbrocken, die sie den neugierigen Armen der Riesenkrake zu warfen, und sich kreischend duckten, wenn ein neuaufgetauchter Tentakel das Eis zurückwarf.

„Nein“, sagte Regulus langgezogen und betrachtete noch einen Moment Wolkenhimmel, als würde er das Wetter für das Quidditchtraining, das er heute noch vor sich hatte, abschätzen. Fast genauso kalkulierend drehte er sich wieder zu ihr. „Es ist sein Geheimnis und er wollte es lieber mit dir teilen.“

Lily verpasste ihm mit der Schuhspitze einen lockeren Stups gegen das Schienbein.

Regulus fuhr ungerührt fort: „Davon abgesehen, dass niemand widerstehen kann dir ein oder zwei Geheimnisse anzuvertrauen, glaube ich, dass es ihm eher unangenehm wäre, wenn er wüsste, dass ich es weiß. Spricht er inzwischen mit dir?“

„Er sieht mich schon wieder kaum an“, sagte Lily. „Ich versuche immer noch ihn dazu zu kriegen mit James zu reden. Oder James dazu nachzuhaken, was mit ihm los ist. Ich denke, das wäre das Beste.“

Sie musste Regulus nicht anschauen um zu wissen, dass er ihr zu gerne widersprechen würde. James war zu einem noch sensibleren Thema geworden, seit sie sich mit ihren Fäusten zu nahe gekommen waren. Zu ihrer Überraschung hatte Regulus sich am nächsten Morgen bei ihm entschuldigt. Sie hatte das zwar James angedroht, es aber nach ihrem Gespräch nicht mehr erwartet James‘ Gesichtsausdruck nach hatte er eher damit gerechnet, Severus würde ihm um den Hals fallen, als dass Regulus ihn in seinem kühlen, gelangweilten Tonfall um Verzeihung bat. Lily ahnte, dass es eher darum gegangen war James zu beweisen, dass er der Größere war, als dass es ihm wirklich leidtat. Vermutlich wollte Regulus James auch zeigen, dass er keine Angst hatte sie an ihn verlieren.

Trotzdem bemerkte sie hin und wieder eine leichte Tendenz zum Konkurrenzkampf. Wenn die beiden sich auf den Korridoren über den Weg liefen, schienen allein ihre Blicke die Luft in Brand zu stecken. Bei den Vertrauensschülertreffen konnte der längste Tisch sie nicht davon abhalten einander im Auge zu behalten. Jede kleine Bewegung schien auf die Messwaage gelegt zu werden. Meistens fingen beide fast simultan an über das nächste Quidditch-Spiel zu sprechen, Slytherin gegen Ravenclaw und Gryffindor gegen Hufflepuff. Lily kannte inzwischen ein Dutzend Gründe, warum jeweils Slytherin oder Gryffindor keine Chance zu verlieren hatte.

Auch wenn sie zugeben musste, dass es ihr besser gefiel, dass Regulus kämpferisch auf diese Provokationen reagierte, anstatt sich ritterlich zurückzuziehen, als wäre sie ein Spielzeug, das man verleihen konnte. Es bedeutete, dass er an das zwischen ihnen glaubte. Hoffte sie zumindest.

„Du könntest mit Sirius reden“, schlug Lily vor und Regulus gab ihr denselben Blick, den er ihr vorhin und immer bei diesem Vorschlag gab. Als würde sie sich lächerlich machen, ihn aber trotzdem amüsieren. Der leichte Knick in seinen Lippen machte sie gerade tausendmal anziehender. Lily lächelte zurück und griff Regulus‘ Hand, die fest um seine Pergamentrolle geklammert war. Seine kühle Haut schmiegte sich angenehm gegen ihre Handfläche. „Ich finde es schön zu sehen, dass du dir Sorgen um Sirius machst. Petunia würde sich da anders verhalten…“

Regulus‘ kleines Schmunzeln wurde nicht größer, aber weicher und strahlte bis in seine Augen. Das Grau in ihnen schien samtigweich wie der Nebel, der gerade mit Hilfe der Sonne über die Ländereien kroch. „Bei dir hört es sich immer so einfach an“, sagte er.

Lily legte fragend den Kopf schief. „Was?“

„Alles“, antwortete Regulus. „Zaubertränke, meine Familie, Blut… der Dunkle Lord. All das scheint so klein und unwichtig.“ Er ließ seinen Aufsatz los und umfasste ihre Hand, führte sie an seine Lippen und küsste ihre Fingerknöchel. Lily wurde noch eine Spur röter, als sie sowieso geworden war, und schaute ihn dafür tadelnd an. Regulus ließ ihre Hand nicht los, aber ein deutlicher Schatten legte sich auf sein Gesicht. „Du hältst mich für einen besseren Menschen, als ich bin. Vielleicht mache ich mir nur Sorgen um meinen Bruder, weil ich ein schlechtes Gewissen habe…“

Lily rutschte mit ihrem Stuhl an Regulus heran und lehnte sich vor, bis sie seinen Blick einfangen konnte. „Du darfst dir das nicht einreden. Sirius gibt dir nicht die Schuld daran, und er würde sicher nicht wollen, dass du das tust. Abgesehen davon kann keiner von euch etwas dafür, dass euer eigener Vater so weit gehen würde. Dass du diesen Brief geschrieben hast, zeigt ihm, dass du auf seiner Seite stehst.“

„Und wofür?“, fragte Regulus. „Es gibt nichts, das ich tun kann. Einen Unbrechbaren Schwur kann man nicht brechen, Lily. Egal, wie ritterlich seine Motive waren, Sirius‘ Gryffindor-Ader hat ihn in große Schwierigkeiten gebracht.“

Lily umfasste seine Hand auch noch mit ihrer anderen. „Du kannst für ihn da sein. Keine Familie treibt dich in den Wahnsinn, wenn du jemanden hast, der sie mit dir zusammen erträgt.“

Regulus seufzte. „Du hältst mich wirklich für einen besseren Menschen, als ich bin.“

Lily runzelte die Stirn. „Regulus, du bist ein besserer Mensch, als du dir selbst eingestehen willst.“

„Aber ich bin ein grässlicher Bruder.“

„Ihr arbeitet daran, oder nicht? Ihr beide.“

„Nicht nur, als wir noch jünger waren. Am Abend von Professor Slughorns Dinner war ich alles andere als freundlich zu Sirius. Er hat mir gesagt, dass ich mich vor Potter nicht so aufführen soll“, erklärte Regulus. „Dass ich ihm nicht zeigen soll, wie sehr er mich provoziert, und dass ich mich komplett lächerlich mache. Ich habe ihm also gesagt, dass nichts lächerlicher ist, als die Art, wie er Potter durch den halben Raum anstarrt, wie ein Hund ein Leckerli, an das er nicht kommt.“

Lily blinzelte. Sie hörte das sehr dünne Eis unter ihren Füßen knirschen und sie wusste nicht, ob sie bereit war einzubrechen.

Regulus vermied ihren Blick. Ihm war sichtlich unangenehm, was er zu Sirius gesagt hatte, und dass er es jetzt ihr gegenüber zugeben musste, auch wenn er sich genug unter Kontrolle hatte um zu klingen, als würde er über das düstere Wetter sprechen.

„Du denkst, das könnte der letzte Schubs in Richtung Nervenzusammenbruch gewesen sein?“, fragte sie.

„Nervenzusammenbruch ist ein wenig übertrieben“, murmelte Regulus.

„Ich weiß nicht“, sagte Lily. „So hab ich ihn noch nie gesehen. Irgendetwas müssen wir doch machen…“

Regulus war anzusehen, dass es ihm genauso ging, auch wenn er sich dagegen sträubte. „Wie soll ich über eine Zukunft außerhalb dieses Hauses nachdenken, wenn Sirius nie wieder von dort weg kann?“

Lily blieb der Atem in der Kehle stecken, heftig angetrieben von ihrem Herzschlag. Es war das erste Mal, dass Regulus ihr gegenüber überhaupt in Betracht zog seiner Familie den Rücken zu kehren. Bisher hatte er die etwas naive Vorstellung in sich gehegt, dass seine Eltern sie doch mögen lernen würden, und Lily musste zugeben, dass sie die mit ihm teilte. Zumindest hoffte sie es.

„Zukunft ist ein großes Wort“, sagte sie vorsichtig.

Regulus zog eine Augenbraue hoch; vielleicht ein Zeichen dafür, dass er nicht so viel Gewicht auf seine Worte legte, wie sie, vielleicht aber auch das genaue Gegenteil. „Deswegen kann man so gut über die Zukunft nachdenken. Sie lässt Raum für viele Möglichkeiten.“

Lily schlug ihm sanft gegen das Knie und Regulus fing ihre Hand sofort ein, als wäre sie sein goldener Schnatz. „Du machst dich lustig.“

„Niemals“, sagte er und streichelte über Lilys Handrücken. Seine Fingerspitzen hinterließen ein warmes Kribbeln auf ihrer Haut und sie umfasste seine Hand wieder, nahm seine Finger zwischen ihre. Regulus hatte sein Schmunzeln in den Augen, nicht auf den Lippen. „War ich dir zu pragmatisch?“

„Ich mag dich pragmatisch“, sagte Lily amüsiert.

Regulus strich ihr Haar nach hinten, das über ihre Schulter gefallen war, und streifte mit den Fingerspitzen ihren Hals. Lily lächelte und umfasste seine Hand fester. Sie hätte den halben Tag, all ihre freien Stunden für dieses warme Kribbeln gegeben, das ihren Puls unter seinen Fingern anspornte. Sie würde die ganze Nacht für mehr davon opfern…

Regulus riss seinen Blick von ihr los und biss ein Lächeln zurück. „Du hast mich auf eine Idee gebracht.“

„Wenigstens etwas“, sagte Lily und räusperte sich über einen Hauch Verlegenheit hinweg. „Worauf hab ich dich denn gebracht?“

„Eine Idee.“ Der Sarkasmus bescherte ihm einen Klaps gegen die Brust. Regulus entspannte seine Mundwinkel. „Sirius muss mit Potter sprechen. Es soll bekanntlich helfen, wenn man mit jemandem spricht, den man gern hat. Und wenn er das nicht will, werde ich ihn dazu bringen.“

Lily wartete kurz, aber vergeblich auf eine genauere Erklärung. „Willst du genauer erklären, wie du das anstellen willst? Dein Bruder ist recht stur…“ Alle Blacks teilten einen gewissen Grad an Sturheit.

„Du bist nicht dumm, Lily. Du kannst es dir sicher denken.“

„Lässt du jetzt den Slytherin raus?“, fragte Lily.

Regulus reckte das Kinn leicht. „Ich bin ein Slytherin.“

„Natürlich. Aber wenn du dir schon ein Netz aus Intrigen spinnst, könntest du mich zumindest helfen lassen“, sagte Lily und hob ebenfalls das Kinn. Sie bekam ein unerwartetes Glucksen geschenkt, das auch von dem kleinen Schnauben darunter nicht geschmälert werden konnte. Regulus schüttelte amüsiert den Kopf und Lily strahlte ihn an. Sie mochte, wie leicht sie miteinander umgehen und lachen konnten – auch wenn Letzteres eine Seltenheit für Regulus war. Sie hatte das Gefühl nicht aufpassen zu müssen, was sie sagte. Keine Gefahr für Missverständnisse ließ sie vorsichtig um jedes Wort herumtanzen.

„Ich verrate dir so viel“, begann Regulus in einem verschwörerischen Tonfall, dessen Ernst schnell Überhand gewann. „Ich würde eine Menge tun um James Potter von dir fernzuhalten.“

Lily lächelte ihn weiter an, wenn auch etwas geschwächter. „Ich wünschte, du würdest mir in der Sache mehr vertrauen.“ Immerhin betrachtete man keinen brodelnden Vulkan, wenn man unter der vereisten Schicht eines Sees heiße Lava kochen sehen konnte. Faszinierend in seiner Einzigartigkeit.

Regulus schaute erneut aus dem Fenster, wo die Dämmerung immer mehr unter der Dunkelheit einbrach. „Ich halte dich von deinen Hausaufgaben ab“, sagte er schließlich.

„Bitte, halte mich weiter auf“, erwiderte Lily, aber Regulus ließ ihre Hand bereits los. Sie hoffte nicht, dass James sie jetzt so auseinandergebracht hatte.

Regulus verschloss sein Tintenfass, steckte das, seine Feder und die Pergamentrolle in seine Tasche. „Ich muss zum Training. Avery lässt uns Runden um den See laufen, wenn wir zu spät sind.“

„Ist das nicht eher ineffektiv, wenn ihr das Training dann verpasst?“, fragte Lily und nahm Wermutstropfen: Eine Anleitung an sich. Während Regulus zusammenräumte, stand sie auf um das Buch für ihn wegzuräumen.

„Nein, weil er uns danach laufen lässt und noch einmal morgens vor dem Frühstück. Ganz dumm ist er nicht.“

Lily warf ihm ein Lächeln über die Schulter zu, während er seine Tasche schulterte und sie dabei nicht aus den Augen ließ. Sie erhaschte den Ansatz eines Lächelns auf seinen Lippen, bevor sie sich wieder umdrehte und der Lücke im oberen Teil des Regals entgegenstreckte, wo das Buch hingehörte. Sie erreichte es gerade so eben und schickte das Buch mit einem kleinen Schubs zurück auf seinen Platz.

Warmer Atem kitzelte sie im Nacken. Lily fiel von den Zehenspitzen zurück auf die Füße, als Regulus‘ Hand sich auf ihre Hüfte vorwagte. Er drängte sich gegen ihren Rücken und schob den Arm enger um sie herum.

„Sehen wir uns nach dem Training?“, fragte er leise in ihr Ohr.

Lily schaute ihn soweit sie konnte an. „Hast du heute noch nicht genug von mir gesehen?“

Regulus stupste ihr mit der Nase gegen den Kiefer. „Ich sehe nie genug von dir, geschweige denn zu viel.“

Lily drehte sich um, und mit dem Bücherregal in ihrem Rücken und Regulus direkt vor sich blieb ihr kaum Platz. Jeder Atemzug schob ihre Brust gegen Regulus‘, und sie war sich sicher, dass er mehr als deutlich spürte, wie hart ihr Herz schlug. Sie lächelte.

„Flirtest du etwa mit mir?“, fragte sie. „Du weißt, dass ich nicht gut darin bin das zu erkennen.“

Regulus stützte sich neben ihr am Regal ab und verdrehte extra auffällig die Augen. „Das würde ich nicht sagen. Ich habe nur mehr von meinen Hausaufgaben als von dir gesehen. Was bei dem Pensum nicht schwer ist…“

Lily stieß mit beiden Händen gegen seine Brust, bekam ihn aber keinen Zentimeter von der Stelle und wollte das auch gar nicht. Sie schob die Hände unter die Seiten seiner Robe und hielt sich an seinem Pullover fest. „Ich komm dich nach dem Training abholen, okay? Pass auf dich auf“, fügte sie in einem Flüstern hinzu.

Regulus strich ihr eine Haarsträhne aus dem Gesicht. „Du musst mir schon die Daumen drücken, dass kein Klatscher mich erwischt und vom Besen wirft.“

„Dann drück du mir die Daumen, dass ich auf dem Weg zu dir nicht die Treppe runterfalle und mir das Genick breche.“

„Nicht witzig“, sagte Regulus trocken.

Lily zeigte ihm ihren besten Schmollmund, worauf er anscheinend nur gewartet hatte. Regulus küsste ihre Wange zum Abschied und ging, bevor sie doch sagen konnte, dass er wirklich auf sich aufpassen sollte. Lily winkte ihm und fing sich ein letztes, kleines Schmunzeln, bevor er sich ganz umdrehte und zwischen den Regalreihen entlang zum Ausgang ging.

Sie lehnte sich um das Bücherregal herum und schaute ihm nach. Zwischen den Regalen weiter vorne lauerte das Mädchen aus Ravenclaw. Als Lily gekommen war, war sie noch mit ihren Freundinnen zusammen gewesen und hatte verträumt zu Regulus herübergestarrt. Jetzt war sie alleine und ließ ausgerechnet dann ein schweres Buch fallen, als Regulus an ihr vorbeiging. Er stieg über das Buch, ohne das Mädchen auch nur anzusehen. Lily tat fast leid, dass sie ihm von dem nicht so schlimmen S-Wort aus ihrem Mund erzählt hatte. Fast. Als das Mädchen sie finster ansah, lächelte sie triumphierend zurück und verschwand wieder an ihren Tisch. Sie konnte nicht anders als sich über diese stille Ergreifung von Partei zu freuen.

Lily setzte sich auf den Platz, den Regulus verlassen hatte, und zog das Buch Grindelwald: Ein dunkler Aufstieg zu sich. Die trockenen Zeilen lasen sich in Regulus‘ Stimme viel spannender. Sie schrieb ihre letzten Sätze so ordentlich wie möglich, damit Mary keine Probleme beim Abschreiben haben würde, klappte das Buch zu und machte sich an ihren Aufsatz für Verwandlungen. Professor McGonagall hatte einen zwölf Zoll langen Aufsatz über Desillusionierungszauber verlangt, den Sirius im Rahmen seiner letzten Strafarbeitsstunden für alle Schüler korrigieren musste. Der Gedanke ihn damit zu belasten behagte Lily gar nicht.

Sechs Zoll bekam sie ohne große Mühe und nur mit dem Lehrbuch der Verwandlung für Fortgeschrittene hin. Auch wenn ihr Blick immer wieder zum Fenster wanderte. Der Winter verabschiedete sich zwar, war aber noch einnehmend genug um am späten Nachmittag die ganzen Ländereien in eine schleppende Dunkelheit zu hüllen. Das Wetter, um das Regulus sich so gesorgt hatte, verschlimmerte sich nicht. Es schien windig, die Baumkronen des Verbotenen Waldes schwankten wie Grashalme vor und zurück und die letzten Eisbrocken auf dem See wurden von leichten Wellen ans Ufer gespült. In der Ferne konnte sie die Peitschende Weide erkennen, die sich im Gegensatz zu ihren nicht-magischen Verwandten kein Stück rührte. Ihre schweren Äste zitterten wie in erregter Spannung leicht. Als würde sie auf einen Vogel warten, dem sie entgegenschlagen konnte. Das Quidditch-Stadion aber entzog sich ihren Blicken.

Lily ließ das Lehrbuch der Verwandlung für Fortgeschrittene zurück und suchte das Regal ab. Sie fand Wo bin ich und wie finde ich mich wieder? in der obersten Reihe beim Fenster, zog es heraus und las sich ein, während es in der Bibliothek immer düsterer wurde.

Die Lampen kämpften bitterlich gegen den hereinbrechenden Abend, unterstützt von der dunkelgrauen Wolkendecke, die sich über Hogwarts zusammenbraute. Nieselregen wurde von einer Windböe gegen die Scheibe geschlagen. Lily ertappte sich erneut dabei den Blick zum Stadion wandern zu lassen, obwohl der Winkel ihr keinen Blick erlaubte. Es sah aus, als würde Regulus ihr erst nass wieder begegnen. Lily verschwendete einen längeren Gedanken daran, wie sie ihn wieder aufwärmen könnte.

Sie lächelte zum Fenster hinaus; die Dunkelheit machte aus dem Fensterglas einen halben Spiegel, verzerrte Kerzenlicht und Schatten mit Hilfe des Nieselregens. Hinter ihr zuckte etwas Dunkles vorüber.

Lily fuhr herum, nur um nichts als den leeren Gang zu entdecken. Ein Rumpeln drang von weiter hinten zu ihr. Sie stand auf und lehnte sich erneut um das Regal herum.

Das Mädchen aus Ravenclaw hatte auf dem Weg nach draußen mehr als ein Buch fallenlassen.

„Alles in Ordnung?“, fragte Lily und wollte ihr helfen.

„Spar dir das gönnerhafte Getue, Evans“, schnappte das Mädchen wie ein bissiger Hund, und ehe Lily noch einen Schritt auf sie zu machen konnte, schoss Madam Pince in ihren Weg.

Die Bibliothekarin zischte sie beide warnend an, dann sah sie die Bücher auf dem Boden und stieß selbst einen spitzen Schrei aus. Die Schimpftirade, die sie über so einen respektlosen Umgang mit kostbaren Büchern losließ, verschreckte eine Gruppe Erstklässler, die fluchtartig das Weite suchte. Das Ravenclaw-Mädchen konnte seine Sachen auch nicht schnell genug zusammenpacken und wurde von Madam Pince förmlich hinausgejagt, bevor Lily etwas sagen konnte. Sie seufzte und setzte sich zurück an ihren Aufsatz. Jeder in Hogwarts war irgendwann einmal von Madam Pince angegangen worden oder würde es noch, und jeder hatte es überlebt.

Das letzte Wispern in der Bibliothek erstarb, während sie die letzten sechs Zoll aufschrieb. Sie ging mit dem Maßband sicher, dass sie es nicht übertrieben hatte und Sirius zu sehr seinen Nachmittag versauen würde. Ob er Severus‘ Nase jetzt gebrochen hatte oder nicht, Sirius hatte ihrer Meinung nach auch ohne Strafarbeiten genug mit dem er sich rumschlagen musste.

Ein kalter Windzug streifte ihren Nacken. Lily warf ihr Haar über die Schulter für ein bisschen extra Wärme und rieb gegen die Gänsehaut an. Sie rollte ihr Pergament zusammen und steckte es in ihre Tasche neben den Geschichtsaufsatz, räumte ihre Bücher zusammen. Die Ausgabe von Wo bin ich und wie finde ich mich wieder? wäre fast mit hineingerutscht. Lily zog sie wieder hervor, bevor Madam Pince sie zur Bücherdiebin erklärte, und stand auf um es zurückzustellen.

Sie stellte sich auf die Zehenspitzen und streckte sich, um das Regal eine Armlänge über ihrem Kopf zu erreichen. Gerade schob sie das Buch zurück in seine Lücke, als eine Hand ihre Hüfte streifte. Lily versteifte sich, als sie merkte, wie sich jemand hinter sie stellte, verkniff sich aber jedes Zucken.

„War das Training früher zu Ende, Reg?“, fragte sie etwas verunsichert.

„Reg, hm?“

Lily fuhr blitzartig herum und wich an das Regal zurück. Die Hand glitt von ihrer Hüfte. Mulciber grinste sie an. Er hob seine Hand in einem herablassenden Witz von entschuldigend hoch.

„Süß.“ Er ließ das Wort über seine Lippen rollen. „Spitznamen entwürdigen die stolzesten, alten Namen, nicht wahr?“

„Was willst du hier?“, gab Lily eisig zurück. Sie hatte genug Zeit mit Regulus verbracht um sich seinen Tonfall perfekt abzuschauen. „Hast du nach achtzehn Jahren endlich lesen gelernt?“

Mulcibers Kiefer zuckten, aber sein Grinsen schien nur breiter zu werden. „Du hast ausgesehen als könntest du Hilfe gebrauchen. Oder eine Stütze. Ich konnte nicht widerstehen.“ Er dehnte und streckte seine Finger direkt vor Lilys Gesicht. „Jetzt muss ich sie nur waschen.“

Lily schnaubte. Sie machte einen Schritt an ihm vorbei und wollte nach ihrer Tasche greifen, als Mulciber genau in ihren Weg trat. Diesmal wich Lily nicht zurück. „Bist du noch nicht fertig? Weil du nur diesen einen Witz hast und der ist schon vor Jahren langweilig geworden, Mulciber.“

„Dafür finde ich ihn noch sehr witzig. Wahrscheinlich weil die Wahrheit immer sehr witzig ist“, sagte Mulciber.

„Dann geh dir doch bitte die Hände waschen.“ Lily wich in die andere Richtung aus, aber er schnitt ihr wieder den Weg ab. Zwischen dem Regal und Tisch war nicht genügend Platz um sich vorbeizuquetschen und Lily wollte Mulciber um keinen Preis näher als notwendig kommen.

Sie schnaubte auf. „Geh mir aus dem Weg.“

„Wieso? Hast du es eilig zu einem geheimen Date zu kommen?“, fragte Mulciber. „Wartet Reg auf dich?“

„Du wärst nicht so herablassend, wenn jemand einmal auf dich warten würde. Leider lässt sich dazu niemand herab“, gab Lily süßlich lächelnd zurück. „Jetzt lass mich bitte vorbei.“

„Nachdem du mich gerade erst beleidigt hast? Ich denke nicht.“

Lily runzelte die Stirn. „Was willst du?“

„Tu nicht so, Evans“, sagte Mulciber. „Dachtest du, ich lasse mir einen Monat Strafarbeiten aufbrummen, ohne mich bei dir zu bedanken? Ich hatte nicht viel Zeit bis jetzt. Sätze schreiben, Sluggys Zutatenschrank ausräumen, all das macht einen ganz schön müde.“

„Dann bedank dich bei dir selbst dafür. Du hast Mist gebaut und dir Ärger eingebrockt.“

Mulciber grinste nicht mehr. „Du hast mich verpetzt, das weiß ich. Du bist zum Direktor gerannt und hast ihm von meinem Ausflug nach Hogsmeade verraten.“

Lily schüttelte fassungslos den Kopf. „Du gibst wohl auch dem Himmel die Schuld, wenn du jetzt rausgehen und nass werden würdest. Es ist deine Schuld, wenn du die Schulregeln brichst und erwischt wirst, Mulciber.“

„Und wie hast du mich beim Regeln brechen gesehen?“, fragte Mulciber. „Live in Hogsmeade? Vermutlich bei einem Schäferstündchen mit deinem Reg.“ Sein Blick driftete abwärts und Lily bereute den obersten Knopf ihrer Bluse geöffnet zu haben.

„Es gibt nicht viele Orte, an die jemand wie du sich nach der Ausgangssperre stehlen könnte, wenn er sich durch die Schlosstore schleicht, Mulciber. Das nennt man Logik“, sagte sie, einerseits um ihn noch etwas zu ärgern und andererseits, weil sie nicht wollte, dass Regulus nachträglich Ärger bekam. Professor Dumbledore wusste zwar, dass sie damals auch in Hogsmeade gewesen waren, aber das bedeutete nicht, dass Mulciber das nicht irgendwie ausnutzen würde. Sie traute ihm das zu.

„Mhm, Logik. Ich wette, Reg liebt es, wenn du ihm mit Logik kommst.“ Die Art, wie er Regulus‘ Namen so sagte, trieb Lily die reine Wut in den Magen. Mulcibers Blick erhaschte ihre Hände dabei sich in Fäuste zu ballen. Dann wanderte er wieder nach oben, folgte der Knopfreihe ihrer Bluse und erreichte nie ihre Augen. „Das ist sowieso alles, was er von dir kriegt, oder? Er wäre nicht so steif und verklemmt, wenn du ihn ranlassen würdest.“

Ruckartig trat er vor. Lily wich gegen die Fensterbank zurück und schluckte ihre Retourkutsche herunter. Regen schlug in harten, festen Böen gegen die Scheibe. Mulciber schaute ihr in die Augen, und sie mochte seinen Blick gar nicht. Er war starr und leer, als würde sie in ein bodenloses Loch blicken, das in einem das Gefühl weckte nichts gegen den unvermeidbaren Fall tun zu können.

„Mir gefällt nicht, was er sich in letzter Zeit herausnimmt“, presste Mulciber hervor. „Erst staucht er mich auf den Gängen zusammen, dann diese Hogsmeade-Scheiße, und jetzt glaubt der kleine Blutsverräter er könnte mich herumkommandieren.“

„Nenn ihn nicht so“, warnte Lily. Sie tastete in ihrer Umhangtasche nach dem Zauberstab, nur sicherheitshalber.

„Wieso? Nur ein Blutsverräter lässt sich auf eine Schlammblut-Schlampe ein. Das nennt man Logik“, gab Mulciber zurück.

„Regulus ist Vertrauensschüler. Wenn du –“

„Er ist eine Schande für das Haus Slytherin. Er sollte das Abzeichen abgeben müssen“, zischte Mulciber.

„Ich wette, Professor Slughorn sieht das anders.“

„Du hast ihm eingeredet, dass ich es war, der deinen kleinen Unfall verursacht hat“, sagte Mulciber und fand sein Grinsen wieder, als würde die Erinnerung an Lilys Sturz ihm süßer als alle Spezialitäten des Honigtopfes schmecken. „Du hast nie schöner ausgesehen, als in dem Moment, als du mit dem Kopf voran auf die Stufe geschlagen bist. Manchmal ist mir, als würde ich dein dreckiges Blut dort immer noch glitzern sehen, wenn ich die Treppen hochsteige.“

Lily konnte nicht einmal festmachen, was sie davon verstörender fand. Mulcibers Blick wurde ihr so unangenehm, dass sie weg und zu ihrer Tasche schaute, nur um sich zu zwingen ihn wieder anzusehen. Sie würde ihm nicht die Genugtuung geben sich einschüchtern zu lassen.

„Du denkst auch, dass ich es war“, raunte er gierig, als würde er ein Kompliment aus ihr heraussaugen. „Gib es zu.“

Lily schlug Mulcibers Hand weg, die aus dem Hinterhalt den ersten geschlossenen Knopf ihrer Bluse angesteuert hatte. „Fass mich nicht an“, sagte sie leise, aber scharf.

Mulciber gluckste und schüttelte seine Hand aus. „Du glaubst wohl, dass jeder nach deiner Pfeife tanzt. So wie dein Lover. Praktisch so einen Beschützer zu haben, nicht wahr? Nur, dass er jetzt nicht da ist.“ Er leckte sich über die Lippen. „Du kannst schreien so laut du willst und er würde dich gerade nicht hören.“

„Wieso sollte ich schreien?“

„Ich kann dich nicht einmal mehr ansehen, ohne dass dein Freund vor mir auftaucht und mich zusammenstaucht, Evans. Es wird nervig, das verstehst du doch sicherlich. Er lauert mir auf, belästigt mich mit seinen paranoiden Anschuldigungen, als würde ich jede Minute meines Seins darauf verschwenden dir Schmerzen zuzufügen. Das gefällt mir nicht. Ich will, dass du ihn dazu bringst mich in Ruhe zu lassen. Mich nicht einmal mehr anzusehen.“

Lily konnte sich denken, dass Regulus kaum mehr als das getan haben musste. Einer seiner Blicke konnte kälter als der tiefste Winter sein. Und brachte sie gleichzeitig zum Schmelzen.

„Ich sage Regulus nicht, was er zu tun und zu lassen hat“, sagte Lily. Die Anspannung presste ihre Kehle zusammen und Mulciber ließ ihr nicht viel Raum zum Durchatmen. Sie konnte nicht sehen, wo seine Hände waren, wollte aber auch nicht riskieren den Blick von ihm zu nehmen um nachzusehen, ob sie sich wieder auf unangebrachten Pfaden befanden. Mit dem Fenster in ihrem Rücken, eingekesselt zwischen Regal und Tisch, fühlte sie sich wie ein eingepferchtes Tier.

„Nicht? Und ich dachte, du hast ihn um den kleinen Finger gewickelt, wie mit dem Imperius-Fluch. Oder hat er dem Dunklen Lord aus einer Laune heraus einen netten Arschtritt verpasst?“ Er senkte den Blick wieder auf den offenen Knopf an Lilys Bluse und streckte seine Finger danach aus. „Allerdings brauchst du dafür wohl keinen Imperius-Fluch.“

Lily fing seine Hand ab und warf sie mit Schwung weg von sich, nur damit seine andere Hand ungehindert auf ihrer Brust landen konnte.

„Nicht, dass du viel zum Überzeugen hast.“

Lily stieß mit beiden Händen hart gegen seinen Oberkörper. Mulciber fiel mit einem Krachen gegen den Tisch und rutschte auf den Stuhl, den sie eben verlassen hatte.

„Du bist ein widerwärtiger Bastard“, zischte sie, „und wenn Regulus dir je wieder auf die Nerven geht, bin ich die Letzte, die ihn aufhalten wird.“ Sie schnappte sich ihre Tasche und nutzte den freien Raum, rauschte an ihm vorbei. Eine Hand packte ihren Umhang am Saum. Mulciber versuchte sie festzuhalten und riss ihr beim Versuch den Umhang von der Schulter, bevor Lily sich mit einem Ruck losmachte.

„Ich war noch nicht fertig“, rief er ihr nach.

Lily ignorierte ihn und eilte den Korridor herunter, hatte den Ausgang schon ins Auge gefasst, als zwei Bücherregale von links und rechts in ihren Weg schossen. Sie blieb wie angewurzelt stehen. Die Schritte hinter ihr waren das einzige Geräusch in der düsteren Bibliothek. Lily griff diesmal ohne zu zögern nach ihrem Zauberstab.

„Wenn du versuchst mir Angst zu machen, kannst du so einen Unsinn vergessen, Mulciber“, presste sie bemüht ruhig hervor. „Madam Pince wird es nicht lustig finden, dass du ihr Mobiliar verschiebst.“

„Madam Pince ist nicht hier.“

Lily drehte sich um. Mulciber schlenderte gelassen auf sie zu, viel zu gelassen in Anbetracht des Wutausbruchs, den Madam Pince schon losgelassen hatte, weil das Ravenclaw-Mädchen ein paar Bücher hatte fallen lassen. Geschweige denn ganze Regale verrückt.

„Madam Pince verlässt die Bibliothek nie vor dem letzten Schüler“, sagte Lily.

„Ich habe sie dazu gebracht“, sagte Mulciber. Er lächelte nicht, schaute auch nicht finster, sein Gesicht schien einfach leer. Die Hände hatte er hinter dem Rücken versteckt. Und das gefiel ihr weniger, als wenn er mit einem Messer und einer Pistole auf sie zukommen würde.

Lily umklammerte ihren Zauberstab in der Umhangtasche fester. Sie würde keinen Fluch loslassen, bevor es nötig war. Mulciber wartete nur darauf, dass sie so einen Fehler machte.

„Tatsächlich hab ich jeden Nachzügler verschwinden lassen“, fuhr Mulciber fort. „Wir wollen doch nicht gestört werden.“

„Wie hast du das gemacht?“, fragte Lily steif. Jeder Zentimeter, den Mulciber näherkam, ließ sie ihren Zauberstab fester greifen. James hätte seinen Kopf schon längst aufgeblasen. Die Vorstellung schien ihr gerade auch sehr verlockend.

„Ich kann sehr überzeugend sein.“ Mulciber grinste sein verabscheuungswürdigstes Lächeln. „Sicher hat Mary dir davon erzählt.“

Lily wusste, worauf er anspielte. Tiefschwarze Magie, hinter der man sich gerne versteckte, wenn man ein großer Feigling war.

„Wenn du mich nicht gehen lassen willst, mache ich mir selbst den Weg frei“, sagte sie und zückte ihren Zauberstab, um die Bücherregale wieder an Ort und Stelle zu schieben. Sie kam nicht weit.

Mulciber riss seinen eigenen hinter dem Rücken hervor und brüllte: „Sectumsempra!“

Ein scharfer Schmerz schoss über Lilys Hand. Sie schrie auf und ließ ihren Zauberstab fallen. Blut floss aus einem tiefen Schnitt auf ihrem Handrücken über ihre Knöchel und Finger. Sie presste die andere Hand darauf, um die Blutung zu stoppen. Der Schnitt schien nicht tief, dafür beherrschte Mulciber Severus‘ Zauber anscheinend nicht gut genug. Dass er Severus‘ Zauber beherrschte schockte sie viel mehr.

„Wage es nicht den auf mich zu richten“, raunte Mulciber und kickte Lilys Zauberstab unter einen Bibliothekstisch. „Jemand wie du sollte gar keinen Zauberstab haben dürfen.“

Lily schaute ihrem Zauberstab nach, schätzte ab ob sie ihn erreichen konnte. Blut rann zwischen ihren Fingern hindurch und tropfte auf den Boden. Mulciber blickte das Rot angewidert an, als würde purer Schlamm aus ihren Venen tropfen.

„Ich bin eine Hexe“, brachte Lily gepresst hervor und hielt ihr Kinn aufrecht, auch als Mulcibers Zauberstab ihr zu nahe kam.

„Du bist ein dreckiges, kleines Schlammblut, Evans“, sagte Mulciber und es war die Ruhe in seiner Stimme, die jedes Wort schlimmer klingen ließ. Er stupste mit dem Zauberstab gegen ihr Kinn und Lily reckte es noch höher, um ihm auszuweichen. Ihre entblößte Kehle zog Mulcibers Blick auf sich und er zog seinen Zauberstab darüber. „Du weißt ganz genau, was du bist. Sonst würdest du Black niemals erlauben dich wie eine dreckige Socke zu verstecken. Tief in dir schämst du dich für dein schlammiges Blut.“

Lily schluckte gegen die harte Spitze des Zauberstabs.

Mulciber grinste, als hätte sie ihm einen großen Gefallen getan. „Severus hat mir erzählt, wie unsicher du deswegen bist. Wie oft du ihn damit genervt hast, ob es einen Unterschied macht.“

Dass Severus ausgerechnet mit Mulciber über sie gesprochen hatte, tat mehr als jeder Schnitt tief in ihr Fleisch weh.

„Mary hat wenigstens zugegeben, was sie war“, sagte Mulciber leicht abwesend.

„Sprich nicht von ihr“, zischte Lily.

Mulciber schob mit der Zauberstabspitze ihren offenen Kragen ein Stück zur Seite, legte mehr Haut frei. „Sie hat gerne erzählt, ich hätte sie gezwungen, dabei musste ich das erste Mal nicht einmal fragen. Sie war bis über beide Ohren verknallt in mich. Dachte, sie könnte mich ändern. Als wäre ich und nicht ihr dreckiges Blut das Problem. Wenn sie bloß nicht so langweilig gewesen wäre…“

Lily rammte ihr Knie hart in seinen Magen. Mulciber keuchte erstickt auf und krümmte sich, fiel neben ihr gegen das Bücherregal. Lily stieß ihn von sich weg und hechtete zum Bibliothekstisch. Ihr Zauberstab lag neben dem hinteren Tischbein. Sie griff danach, als Mulcibers Fuß sie brutal im Magen traf. Lily krachte ungeschützt gegen das Regal in ihrem Rücken und stürzte zu Boden. Ein Buch fiel hart auf ihre Schulter.

„Du mieses, kleines…“ Mulciber biss zurück, was immer er hatte sagen wollen und rieb sich mit vor Schmerz verzerrtem Gesicht den Magen. „Du bist nicht in der Position mir Kontra zu geben, Evans.“

Lily stemmte sich vom Boden hoch. Blut tropfte von ihrer Hand, aber der Schmerz in ihrem Magen vertrieb jeden anderen. Es fühlte sich an, als hätte Mulciber ihre Eingeweide zusammengequetscht. Ihr fehlte der Atem um ihm jetzt noch Kontra zu geben. Sie probierte es trotzdem:

„Ich weiß nicht, ob du es verstehst, aber genau das ist die Position in der ich dir Kontra geben muss, Vollidiot.“

Mulciber fand das nicht lustig. Er trat auf sie zu und packte sie grob am Arm. Ihr Ärmel riss leicht wie Pergament, als er sie auf die Füße zerrte, nur um sie hart gegen das Bücherregal zu stoßen. Sein leerer Blick lag wie der kalte Atem eines Dementors auf Lily.

„Ich lasse dich gehen“, raunte er. „Dafür musst du nur auf die Knie gehen und dich angemessen entschuldigen.“

„Wofür?“, spuckte Lily aus.

Mulciber stieg die Wut rot ins Gesicht. „Du weißt wofür. Angefangen damit, dass ich mich bei jemandem wie dir entschuldigen musste.“

Seine Finger gruben sich schmerzhaft tief in Lilys Arm. Sie glaubte sie auf ihren Knochen zu spüren. Jede Bewegung machte es schlimmer. Als würde sie in einem Schraubstock feststecken.

„Ich entschuldige mich nicht dafür, dass du ein –“

Mulciber schlug ihr quer übers Gesicht. Lily wäre auf den Boden gefallen, hätte er sie nicht festgehalten und wieder gegen das Bücherregal gestoßen. Er hatte Kraft. Ohne Zauberstab sogar mehr als sie. Lily biss einen Schmerzenslaut zurück.

„Das hast du auch mit mir gemacht“, sagte Mulciber mit knirschenden Zähnen. „Wie fühlt es sich an?“

Lily schmeckte Blut an ihrer linken Wange. Sie stemmte sich mit beiden geballten Fäusten gegen Mulcibers Brust, versuchte ihn wegzudrücken, aber er schien nur näherzukommen. Sein heißer Atem streifte ihre Wange.

„Du hast mich lächerlich gemacht und gedemütigt“, presste er hervor, „und ich habe geschworen, dass ich dir das alles zurückgebe.“

Lily drückte ihre Hand gegen sein Gesicht, bekam es ein Stück weit weg, bevor er ihr Handgelenk packte und hart gegen das Regal rammte. Der Schnitt auf ihrem Handrücken, versunken unter geronnenem Blut, brach wieder auf. Blutperlen rollten über Mulcibers Finger.

„Ich habe mir eine Menge Dinge überlegt, die dich demütigen werden“, sagte er mit rauer Stimme. „Dein lieber Reg wird dich nicht einmal mehr mit Handschuhen anfassen wollen, wenn ich mit dir fertig bin, Evans. Allerdings hat er auch keine hohen Ansprüche.“

Lily konnte schieben und austreten so viel sie wollte, nichts schien ihr mehr Platz zu verschaffen. Über Mulcibers Schulter konnte sie ihren Zauberstab unter dem Tisch liegen sehen. Sie kam sich schwach und hilflos ohne ihn vor.

„Geh auf die Knie und entschuldige dich“, presste Mulciber hervor.

Lily blickte angewidert zu ihm hoch. „Nie im Leben.“

„Ich lasse dir keine Wahl.“ Zu ihrer Überraschung trat Mulciber zurück und richtete den Zauberstab auf sie. Lily machte einen stolpernden Satz zur Seite, war aber nicht schnell genug.

„Imperio.“

Es war ein Gefühl, als würde man ihren Kopf unter Wasser drücken. Rauschen flutete ihre Ohren und dann ihren ganzen Kopf, überflutete jede Sorge, die sie jemals gehabt hatte, jedes aufflackernde Gefühl von Angst. Ihr war danach die Augen zu schließen, wie sonst nur in jenem dämmrigen, gedankenlosen Zustand kurz vorm Einschlafen.

Eine Stimme drang aus weiter Ferne zu ihr: „Knie dich hin.“

Nichts schien jemals mehr Sinn ergeben zu haben – und trotzdem kam es ihr so dumm vor. Nicht nur vor Mulciber auf die Knie zu gehen, sich zu entschuldigen, sondern überhaupt irgendetwas zu tun, dass er von ihr verlangte, schien die dümmste Idee der Welt zu sein.

Lily blinzelte. Das Rauschen in ihrem Kopf nahm ab und die Stimme drang stärker hindurch. Sie wiederholte ihre Anweisung drängender: „Knie dich hin, Evans.“

Und Lilys Knie gaben nach. Dabei schien es so unglaublich dumm. Sie wollte nicht auf diese Stimme hören.

Ein scharfer Schmerz schoss durch ihr rechtes Knie. Das entspannende Gefühl ließ sie im Stich und verschwand. Sie fand sich nur auf einem Knie in der Bibliothek wieder, das andere Bein noch merkwürdig durchgestreckt. Mit der Hand hatte sie sich auf dem Tisch abgestützt. Ihr Zauberstab lugte hinter dem Tischbein hervor.

Mulciber starrte sie mit offenem Mund an. „Was…“

Lily griff ihren Zauberstab und richtete ihn in der gleichen Bewegung auf Mulciber: „Expelliarmus!“

Mulcibers Zauberstab flog aus seiner Hand und über ein Bücherregal, landete irgendwo dahinter. Er blickte immer noch wie ein Fisch auf dem Trockenen aus der Wäsche, als Lily ihn mit ihrem Schockzauber in der Brust traf.

Mulciber klappte nach hinten weg und blieb am Boden liegen.

Lily sank auf ihr anderes Knie und stieß einen zittrigen Atemzug aus. Ihr rechtes Knie blutete, wo es zu hart auf den Boden geschlagen war, und trotzdem kniete sie einen Moment. Sie fühlte sich, als müsste sie ihr eigenes Herz herauswürgen. Lily schluckte hart dagegen an.

Mulciber lag regungslos da. Seine Brust bewegte sich kaum unter den flachen Atemzügen.

Lily zog sich mit zittrigen Knien wieder auf die Füße. Sie schwang den Zauberstab und beförderte die Regale wieder auf ihre ursprünglichen Positionen. Dann setzte sie einen wackeligen Fuß vor den anderen. Kurz vorm Ausgang fing sie an zu laufen und hörte nicht mehr auf zu rennen, bis sie um eine Ecke schlitterte. Schritte und Stimmen kamen ihr entgegen.

Sie krachte beinahe in eine Gruppe Jungs, fing sich gerade noch ab.

„Lily?“

James stand direkt vor ihr, Peter und Remus zu seiner Linken. Er grinste erst, dann wanderte sein Blick an ihr herunter und seine Mundwinkel sackten ab. Sein Gesicht büßte innerhalb eines Wimpernschlages alle Farbe ein.

Remus keuchte auf. „Was ist mit dir passiert, Lily?“

Es war dunkel und der Regen schlug gegen die Fenster, wie ein Reisender der unbedingt hereingelassen werden wollte. Lily fühlte sich merkwürdig verfolgt. Sie versuchte ihren halb abgerissenen Ärmel hochzuziehen, aber er fiel gleich wieder über ihren Arm herunter.

Sie begegnete Remus‘ entsetztem Gesicht und Peters riesigen Augen, aber nichts davon war so schlimm wie die pure, reine Sorge hinter James‘ Brillengläsern. Sie konnte ihn nicht anlügen. Sie wollte es gar nicht.

„Mulciber“, brachte sie hervor und holte erneut Luft. „Er war in der Bibliothek und… hat einen Unverzeihlichen Fluch…“ Sie schämte sich für das Zittern in ihrer Stimme. Mulciber hatte es hinbekommen, dass sie sich zumindest selbst demütigte, wenn sie ausgerechnet James gegenüber zugeben musste, dass sie nicht auf sich aufpassen konnte.

Lily presste die Hände vor den Mund und drehte sich von den bohrenden Blicken weg.

„Bist du verletzt?“, fragte Remus und griff nach ihrer Hand.

Lily nahm beide runter und umklammerte die Verletzte, versuchte den Schnitt zu verstecken. „Es geht mir gut“, sagte sie und schluckte das letzte Zittern herunter.

James umfasste ihr Kinn. Lily zuckte zurück, aber er hielt sie mit einer überraschenden Sanftheit fest und drehte ihr Gesicht leicht rechts. Was immer er zu sehen glaubte, Lily vermied seinen Blick und damit was immer der Anblick in ihm auslöste.

„Wir gehen in den Krankenflügel“, sagte er und wandte sich seinen Freunden zu. „Remus, kannst du McGonagall holen gehen? Und Peter, du gehst in die Bibliothek und stellst sicher, dass Mulciber keinen Fuß nach draußen macht, hast du verstanden? Jetzt.“

Peter trippelte los und verschwand stolpernd hinter die Ecke. Remus eilte in die entgegengesetzte Richtung zu Professor McGonagalls Büro, aber nicht ohne einen grässlich besorgten Blick zu Lily zu werfen. James nahm sie an der unverletzten Hand und zog sie mit sich.

Lily riss sich los. „Es geht mir gut“, fuhr sie ihn an, schärfer als geplant, und schämte sich sofort dafür. „Wirklich, James. Ich brauche keinen Beschützer.“

„Das ist jetzt nicht der richtige Zeitpunkt, um auf mich sauer zu sein, weil ich dich nach einem Date gefragt habe“, sagte James eindringlich.

Lily schnaubte. „Ich bin nicht sauer, weil du mich nach einem Date gefragt hast, sondern weil du es getan hast, obwohl ich einen Freund habe.“

„Super. Jetzt, wo wir das geklärt haben und wieder normal miteinander sprechen können, darf ich dich in den Krankenflügel bringen?“ James streckte die Hand nach ihr aus und wartete darauf, dass Lily sie nahm. Und die Verlockung war groß. Es gab nur eine Hand, die sie jetzt lieber gehalten hätte, und gleichzeitig wollte sie nichts weniger, als Regulus so über den Weg zu laufen. Ein Zittern ging durch ihre ganze Wirbelsäule und schüttelte ihren Körper.

„Ohne meinen Zauberstab“, sagte sie leise und gepresst, „bin ich mir so hilflos vorgekommen. Ich konnte nichts tun. Als wäre ich ohne ihn keine Hexe mehr.“

James ließ die Hand sinken. Er schien mit sich und seinen Worten zu hadern.

„Vielleicht haben sie alle Recht und ich bin keine Hexe. Wie kann ich eine sein, wenn das einzig Magische an mir ein dummer Holzstab ist?“ Lily kniff die Augen zusammen, als Tränen ihren Blick verschwimmen ließen. „Ich kann nicht einmal ein Gryffindor sein, wenn ich so viel Angst hab…“

Etwas Warmes landete auf ihren Schultern und sie machte die Augen wieder auf. James hatte seinen Umhang abgenommen und ihn ihr um die Schultern gelegt. Er ging zweimal sicher, dass er eng genug lag um nicht herunterzufallen.

„Hier“, sagte er, als er schließlich zufrieden schien, und rieb ihr über die Oberarme, als würde er sie aufwärmen wollen. „Mein Dad sagt immer, dass man nicht mutig sein kann, wenn man keine Angst kennt. Du bist ein Gryffindor und eine Hexe. Ich hab selbst gesehen, wie du ohne deinen Zauberstab spektakuläre Magie hinbekommen hast.“ James hob ihr Kinn sanft an und zeigte ihr sein ansteckendes Grinsen. „Und damit meine ich nicht, dass du mich verzaubert hast.“

Lily stieß eine zittrige Mischung aus Schnauben und Glucksen aus. Sie wickelte sich enger in James‘ Umhang ein, der sie wie in einer Umarmung wärmte. „Was hab ich getan, dass er mich so hasst?“, fragte sie leise.

James seufzte und schob seine Hände von Lilys Armen auf ihren Rücken, zog sie sanft aber bestimmt gegen sich. Er strich ihr über die Haare und zwang ihren Kopf näher an seine Brust, wo es ihr so viel schwerer fiel keine Träne zuzulassen.

„James?“ Sirius‘ Stimme kam ganz aus der Nähe und ließ James zusammenzucken. Lily schaute über seine Schulter, dann über ihre eigene, konnte ihn aber nirgendwo entdecken. James‘ Hand fuhr über ihre Hüfte. Lily versteifte sich.

„Sorry“, murmelte James. „Ich muss da kurz, ähm… ran.“ Er schob seine Hand in seine Umhangtasche und wühlte darin herum.

Sirius‘ Stimme ertönte ungeduldiger: „James, ernsthaft…“

„Ah…“ James zog einen kleinen Spiegel aus seiner Tasche und lächelte Lily entschuldigend an, dann zeigte er das gleiche Lächeln seinem Spiegelbild. Nur, dass es nicht sein Spiegelbild war, sondern Sirius‘ Gesicht. „Wo steckst du schon wieder die ganze Zeit, Tatze?“

„Hast du die Karte bei dir?“, fragte Sirius. Er sah zerwühlt und nass aus, als käme er gerade aus dem stürmischen Nieselregen. „Ich suche Lily. Kannst du mir sagen, wo sie steckt? Du hast sie doch bestimmt wieder angestarrt…“

James räusperte sich nicht laut genug über den letzten Satz hinweg. „Das ist gerade schlecht…“

Lily trocknete ihre Augenwinkel und James tat so, als würde er es nicht mitbekommen.

„Ich bin im Krankenflügel –“

„Was?“, unterbrach James Sirius in einem ganz anderen Tonfall. „Geht’s dir gut? Was ist passiert?“

„Nicht ich. Beim Training von Slytherin gab’s einen Unfall oder wie auch immer die das nennen wollen. Reggie sieht ziemlich schlimm aus.“

Lily keuchte auf und schlug sich die Hände vor den Mund. James drehte sich mitsamt seinem Spiegel zu ihr, sodass Sirius‘ Stirnrunzeln sie frontal erwischte. Aber Lily hatte keinen Gedanken für seine Verwunderung übrig. Ihre angestauten Tränen fielen ungehindert über ihre blutverschmierten Hände.


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