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Fanfiction

Mud and Blood - Zusammen

von Dr. S

Lily faltete gerade Regulus‘ Hemd zusammen, als in der Dusche das Wasser abgestellt wurde. Sie hatte die Schlammspuren fast vollständig aus seinen Sachen herausbekommen, Magie sei Dank, aber bei denen, die auf seinem Körper geblieben waren, hatte sie anscheinend nicht helfen dürfen.

„Regulus?“ Sie klopfte an die Tür zur Dusche und ehe jemand es ihr erlaubte, schob sie sie auf. Der warme Dampf des heißen Wassers kam ihr entgegen, vernebelte ihre Sicht. Regulus‘ Gesicht tauchte direkt vor ihr auf. Er beugte sich um die Ecke zu ihr heraus. Sein Haar hing in dicken Strähnen vor seinen Augen, noch immer tropfend.

„Ich hab deine Sachen“, sagte sie herausfordernd, als würde etwas in ihr ihn herauslocken wollen.

„Ich hatte nicht erwartet, dass du noch hier bist“, sagte Regulus, streckte aber die Hand nach seinen Sachen aus. Es war die rechte Hand. Lily hasste sich dafür, dass sie den anderen Arm sehen wollte. Sie versuchte sich weiter vorzulehnen, einen Blick auf seinen Unterarm zu erhaschen, blieb aber an seiner Brust hängen, wo der Wasserdampf einen glänzenden Film hinterlassen hatte. Er hatte nur ein Handtuch um die Hüften gewickelt, und es fiel ihr unglaublich schwer sich auf irgendetwas anderes zu konzentrieren. Sie hatte rein gar nichts gegen den Anblick, und zur Abwechslung schien sich Regulus nicht groß an ihrem Blick zu stören.

„Wo schaust du hin?“, fragte er. Seine Stimme bot eine perfekte Imitation ihres Tonfalls.

Lily hob den Blick, ein halbes Schmunzeln auf den Lippen. „Bis jetzt hab ich gar nicht geschaut“, wies sie daraufhin, dass sie brav draußen gewartet hatte.

Regulus tippte ihr Kinn noch ein Stückchen höher, ließ sie auch nicht mehr los. „Komm her.“

Lily runzelte die Stirn. „Wieso?“, fragte sie gedehnt.

„Komm schon.“ Regulus zog sie näher und drückte seine Lippen gegen ihre. Sein Kuss sagte Danke, und das voller Freude, dass sie noch hier war. So, wie er sie an sich zog, schien er sie sogar noch näher bei sich haben zu wollen. Lily legte einen Arm um ihn, klammerte sich an seinem nassen, blanken Rücken fest und katapultierte ihr Herz damit an die Spitze eines Wettlaufs. Es schlug schneller und härter, je fester Regulus sie gegen sich drückte. Sie konnte die kühle Nässe seiner Haut unter ihre Bluse gehen spüren, und trotzdem wurde ihr davon heiß wie im Hochsommer.

Regulus löste sich für sie völlig unerwartet, und als sie die Augen öffnen wollte, gab er ihr noch einen kurzen Kuss, der sie auf mehr hoffen ließ, nur damit er sich endgültig zurückzog. Als sie ihm folgen wollte, hatte sie die Tür plötzlich vor der Nase.

Lily seufzte und lehnte sich seitlich gegen die verschlossene Tür. Das Holz fühlte sich dick und unüberwindbar wie eine Mauer an.

„Alles in Ordnung?“, rief sie durch diese Trennwand.

Regulus‘ Stimme klang dumpf: „Ich bin in der Lage mich alleine anzuziehen.“

„Ich weiß“, sagte Lily, falls Regulus wirklich dachte, dass sie ihn bevormunden wollte, selbst wenn er es nach dem Schlamm-Desaster verdient hätte. „Alles in Ordnung?“

Die Tür gab nach und Lily trat zurück, bevor sie ihr Gleichgewicht verlor und in die Duschen fiel. Regulus hätte sie abgefangen. Er stand vor ihr, für seine Art hastig angezogen, mit einem Handtuch über die Schultern geworfen, das er benutzte um sich die Haare zu trocknen. Die Feuchtigkeit hatte sein Hemd enger an seinen Körper gezogen. Es war falsch zugeknöpft. Einer der Knöpfe hing im falschen Loch und die anderen schienen in der Eile gefolgt zu sein.

„Es war nur Schlamm“, sagte Regulus.

Lily griff nach seinem Hemd und knöpfte es wieder auf, zog die Seiten straff, um es ordentlich zu schließen. Ihre Fingerspitzen streiften ab und zu seine kühle Haut und ein elektrisierendes Gefühl, wie von einem perfekt geglückten Zauber ging durch sie, von dem sie sich fragte, ob es jemals aufhören würde.

„Wenn es jetzt nicht bei Schlamm bleibt?“, fragte sie. „Hast du keine Angst, was in deinem Bett auf dich warten könnte?“

„Mein Kissen wird nicht versuchen mich zu ersticken. Und ansonsten wartet niemand in meinem Bett auf mich“, sagte er. „Ganz besonders nicht Snape.“

„Das will ich auch hoffen“, gab sie verschmitzt zurück. Regulus strafte das mit einem Augenrollen. Ihr Lächeln fiel zusammen mit ihrer Stimme: „Ich will nur nicht, dass du morgen mit einem Messer an der Kehle aufwachst.“

Regulus schaute sie überrascht an. „Zauberer präferieren in den seltensten Fällen Messer.“

Lily ließ sich zu einem sanften Klaps hinreißen, der auf seiner Brust landete. Das zusammen mit dem Lächeln, das sie zurückbeißen wollte, brachte ein Funkeln in Regulus‘ Augen. Er schien sie trotzdem beruhigen zu wollen und griff ihre Hand, mit der sie sich an seinem Hemd vielleicht zu auffällig festgeklammert hatte.

„Professor McGonagall hat ihnen sicher eine angemessene Bestrafung gegeben“, sagte er. „Dafür, dass sie den Schlossboden ruiniert haben…“

„Und du denkst nicht, dass sie das noch mehr provozieren wird?“, fragte Lily. „Dass es sie wütend machen wird?“

Regulus küsste ihre Fingerknöchel. „Ich kann auf mich aufpassen. Und ich kann mit ein paar Sticheleien umgehen. Ich bin ein jüngerer Bruder.“

Lily lächelte ihn richtig an und nickte verstehend. Er wusste, dass sie genau das nachvollziehen konnte. Sie waren beide das jüngere Geschwisterteil und teilten Erfahrungen, die zur selben Zeit gleich und sehr verschieden waren. Die eine härtere Schale verlangten. Aber das hier war anders. Sie wusste nicht, ob er es nicht nur herunterspielen wollte, um ihr die Sorgenfalten zu glätten.

„Bist du sicher? Du musst nicht meinetwegen so tun, als wäre das eine Lappalie“, sagte sie. „Ich weiß, dass es das nicht für dich ist.“

Regulus strich mit den Fingerknöcheln über ihre Wange, sanft und liebevoll, als wäre er dankbar für das Bisschen Sorge, das sie nicht herunterschlucken konnte. Er ging zu der Bank, auf der sein Umhang lag, und warf ihn über. Dann versuchte er sich ohne Spiegel das Haar zu scheiteln. Die Nässe ließ es noch schwärzer erscheinen und warf einen hübschen Glanz zwischen die Strähnen. Lily schob die eine Strähne zurück, die widerspenstig aus dem Scheitel entkommen wollte.

Sie konnte sehen, wie unangenehm das Schlamm-Desaster Regulus noch war, und es tat umso mehr weh, dass er es sich nicht anmerken lassen wollte. Als hätte eine Dusche die ganze Demütigung, wie er es genannt hatte, weggewaschen. Und so einfach war das leider nicht. Sie wünschte, sie hätte eine Idee, wie sie ihn zumindest ablenken konnte.

„Was jetzt?“, fragte sie. „Gehen wir zurück zum Schloss und tun so, als wäre nichts passiert?“

„Es ist spät genug, dass es niemanden interessieren wird. Außer Mr. Filch. Er wird sich wahrscheinlich noch mit der Sauerei rumschlagen.“

„Gerade würde ich am liebsten gar nicht zurückgehen“, sagte sie und strich weiter über Regulus‘ Wange, genauso kühl wie der Rest seines Körpers. Der Winter schlich sich nachts tiefer ins Stadion und füllte die Umkleiden bis in die letzte Ecke aus. Nicht einmal das heiße Wasser der Dusche schien die Kälte aus Regulus‘ Knochen vertrieben zu haben und Lily spürte sie ebenfalls ihre Beine nach oben kriechen. Sie trugen beide nur Umhänge, keine extra Mäntel, die sie warmhalten würden. Lily drängte sich an Regulus, wo es viel wärmer schien, und schob die Arme unter seinen Umhang.

„Ich mache dich wieder ganz nass“, murmelte Regulus.

„Das hat mich schon vorhin nicht gestört“, gab sie zurück.

Regulus gab ihr dafür einen kurzen Kuss. „Was ist mit dir? Du hast auch etwas von meinem Schlamm abbekommen.“

Lily schaute an ihrem Rock herunter. Ihr rechter Oberschenkel hatte die volle Schlagseite des Schlamms abbekommen, aber das war es auch schon. Regulus fuhr darüber, als würde er eine Verletzung untersuchen, vorsichtig aber konzentriert. Lily hielt den Atem an, als seine Finger auf ihrem Oberschenkel liegenblieben. Ihr Herz schlug nur härter gegen den angehaltenen Atem.

„Willst du mich auch unter die Dusche schicken?“, fragte sie.

Regulus schaute sie an, der intensive Blick seiner grauen Augen ging besser unter ihre Haut als jedes Messer. „Wir sollten gehen. Komm.“ Er nahm ihre Hand und zog sie mit sich zum Ausgang.

„Zusammen?“, fragte sie.

„Nicht zwei Schritt hintereinander, also… ja“, sagte Regulus in seinem sachlichsten Tonfall.

Lily lächelte gerührt. Sie verschränkte ihre Finger mit Regulus‘.

Die Kälte schlug ihnen mitsamt Schneeflocken wie eine Ohrfeige entgegen, als sie das Stadion verließen. Ein unangenehmes Wetter. Die dichte Wolkendecke am Nachthimmel ließ nur selten die Strahlen des vollen Mondes durch. Lily hätte es nicht egaler sein können. Sie kuschelte sich an Regulus‘ Seite und umklammerte seinen Arm mit beiden Händen. Seit sie im Stadion gewesen waren, hatte der Schnee ein paar Zentimeter an Höhe gewonnen und ging ihnen bis zu den Knöcheln, als sie den Weg zurück zum Schloss einschlugen.

Das Abendessen hatten sie verpasst und sie ahnte, dass es Regulus nicht darum leidtat. Ihr selbst auch nicht. Sie konnte auf Mulcibers Sprüche verzichten. Auf Severus‘ Blicke. Wenn sie nur an sein gehässiges Grinsen dachte, als er ihr seine Glückwünsche so demütigend für Regulus präsentiert hatte, wollte sie Sirius Konkurrenz machen.

Sie versuchte jetzt nicht daran zu denken und lehnte den Kopf an Regulus‘ Schulter. Das Schloss stand versunken im metertiefen Schnee, aus allen Fenstern leuchtend, und lockte sie mit dem Versprechen von Wärme näher. Auf dem Hang entdeckte sie eine Gestalt, die aus dem Schloss kam. In dem Schneetreiben konnte sie schwer erkennen, wer es war.

„Wer ist das?“, fragte sie und deutete auf die Gestalt. In ihrem schwarzen Umhang und mit der Kapuze gegen den Wind hochgeschlagen hätte es jeder sein können.

„Vertrauensschüler auf Patrouille?“

Lily schüttelte den Kopf. „Professor Dumbledore hat die Patrouillen auf den Ländereien für Schüler untersagt, hat er mir heute erklärt. Das hab ich dir doch gesagt.“

„Hast du nicht“, sagte Regulus, die Stimme sachlich wie eh und je, aber die kleine Falte zwischen den Augenbrauen machte seine Verwirrung deutlich.

„Nicht? Ich dachte…“ Lily winkte ab. „Professor Dumbledore hat mitbekommen, dass sich anscheinend ein paar Schüler nach Hogsmeade schleichen. Anscheinend dank Unterstützung der Vertrauensschüler. Da versucht wohl gerade jemand seine letzte Chance zu ergreifen.“

„Das ist Mulciber“, sagte Regulus.

Lily schaute genauer hin. Größe und Statur kamen hin, und die Art und Weise, wie er durch den Schnee schlurfte, passte perfekt. Er kam direkt auf sie zu.

Regulus packte sie an den Schultern und riss sie in die Schatten zwischen die Bäume. Lily schlug mit dem Rücken gegen einen Baum. Regulus drängte sie mit seinem ganzen Körper enger gegen den Stamm. Die Schatten verschluckten sie.

„Es ist nur Mulciber“, sagte sie leise.

„Umso besser, dass er uns nicht gesehen hat“, flüsterte Regulus. Er schaute nicht sie, sondern die Gestalt auf den Ländereien an, und er vergaß wieder das eine Wort, dem Lily einiges an Bedeutung anmaß. Zusammen. Dabei schien genau diesmal das das Problem zu sein.

Sie wusste nicht, ob das Schlamm-Desaster ausreichte, damit die ganze Schule sich denken konnte, dass Regulus sich auf eine für ihn angeblich schlechte Beziehung eingelassen hatte, aber Mulciber, als einer von Severus‘ Freunden, brauchte sich nicht an diesen Hinweisen als Detektiv zu üben. Er hatte sie anscheinend auf dem Silbertablett serviert bekommen. Ausgerechnet vor ihm sollten sie sich nicht verstecken.

Mulciber hastete an ihnen vorbei, ungeschoren und nur ängstlich darüber erwischt zu werden. Dabei hätte Lily ihm zu gerne wenigstens eine Ladung Schnee ins Gesicht geworfen.

„Wo er wohl hin will?“, fragte Regulus, während er sich um Lily und den Baumstamm herumlehnte, um Mulciber nachzublicken. „Sieht nicht nach einem einfachen Abendspaziergang aus…“

Lily fasste diese Entscheidung innerhalb weniger Sekundenbruchteile. Sie schnappte sich Regulus‘ Hand und zog ihn aus ihrem Versteck. Er stolperte ihr überrascht hinterher.

„Wir finden es raus“, sagte sie. „Wenn er nur einen Fuß aus dem Schulgelände setzt, geb ich ihm gerne Nachsitzen.“

Anstatt seinen Spuren direkt zu folgen hielten sie sich am schattigen Waldrand. Ein Heulen, wie von einem Wolf, drang aus dem Dickicht. Regulus schreckte herum, aber Lily ließ ihm keine Gelegenheit sich nach was auch immer im Verbotenen Wald lebte umzusehen. Sie war wütend auf Mulciber. Für alles, was er Regulus mit den Gerüchten antat, die er wie mit dem Pfefferstreuer verteilte. Und auch wenn Severus selbst für seine dummen Scherze verantwortlich war, hätte Mulcibers Einfluss ihn definitiv nicht abgeschreckt.

Es war die Aussicht auf pure Rache, die einen Steinwurf entfernt von ihr durch den Schnee ging. Sie war keine rachsüchtige Person, aber gerade wollte sie es sein.

Mulciber blieb an den Toren der Ländereien stehen und schaute sich um. Als er niemanden entdeckte, machte er den fatalen Schritt über die Grenze.

„Dafür kriegt er Nachsitzen. Warte hier“, murmelte Regulus und seine rechtschaffene Seite übernahm die Führung, lief mit ihm zusammen an Lily vorbei. Sie hielt ihn fest und er schaute sie verwirrt an.

„Du wolltest doch wissen, wo er hin will“, sagte sie. „Ich frage mich das gerade auch.“

Regulus runzelte die Stirn noch tiefer. „Das ist keine gute Idee, Lily.“

„Ich bin mir sicher, dass es Professor Dumbledore auch interessieren würde. Wenn nicht, ist es meine Verantwortung“, sagte sie beschwichtigend, auch wenn Regulus dagegen sofort mit einem Kopfschütteln argumentierte – und er sträubte sich nicht, als sie ihn mit sich zog. Er lief sogar direkt neben ihr.

Mulciber hatte irgendetwas vor. Das war nicht der Ausflug eines gelangweilten Teenagers, denn der würde Freunde dabei haben. Sie wollte, dass Regulus es sah, wenn Mulciber etwas Verbotenes tat. Mulciber war ein bösartiger, diskriminierender Bastard und so jemanden gegenüber schuldete Regulus keine Rechtschaffenheit. Dass er glaubte, bei ihm einen passablen Reinblut-Eindruck machen zu müssen, also sie zu verstecken, verletzte sie. Selbst, wenn er sich nicht schämte, es fühlte sich so an. Und Lily wollte ihm beweisen, dass Mulciber das nicht wert war.

Sie folgten Mulciber den langen Weg bis hinunter zum Dorf. Die Straßen hier waren beleuchtet, die Geschäfte bis auf wenige Schaufenster dunkel – eine Werbung für Eismäuse glitzerte ihnen aus dem improvisierten Schaufenstern des wieder halbwegs renovierten Honigtopfs entgegen. Mulciber ließ all das hinter sich und visierte zielstrebig die Drei Besen an. Vor der Tür des Pubs lag ein schwarzer Hund auf dem Bordstein, den Mulciber mit einem Tritt aus dem Weg beförderte. Lily tauschte einen ärgerlichen Blick mit Regulus.

„Ein ziemliches Risiko nur für ein Butterbier“, raunte er ihr zu. Hinter ihnen ertönte ein Knall. Regulus schaute sich verfolgt um, aber es war nur der Besitzer des Honigtopfs, der nach Hause apparierte.

Lily beobachtete ihn genau. „Hast du Angst erwischt zu werden?“

„Falls du es nicht gemerkt hast, wir sind in Hogsmeade und das in wenigen Minuten auch nach der Ausgangssperre – und besonders wir sollten das nicht“, sagte Regulus.

„Dein Bruder wäre wohl gerade deswegen voller Enthusiasmus dabei gewesen.“

„Vielleicht hättest du jetzt lieber Sirius hier?“

„Es ist ein bisschen spät, um ihn zu holen, denkst du nicht?“

Regulus stupste sie locker mit dem Ellenbogen an und schüttelte amüsiert den Kopf.

„Wenn du gehen willst, gehen wir“, sagte Lily. „Aber ich kann nicht sagen, dass ich es nicht bereuen werde, wenn Mulciber gerade etwas tut, das ihm riesigen Ärger einbringen würde, und wir ihn davonkommen lassen.“

Regulus überlegte keine Sekunde lang und tat ihr den Gefallen. Er fasste Lily an der Hand und zog sie zu den Fenstern des Pubs. Sie waren beschlagen und in den Ecken wuchsen Eisblumen am Glas hoch. Lily wischte mit dem Ärmel ein Sichtfeld frei, und Regulus presste beide Handkanten gegen das Glas, um besser hineinsehen zu können.

Es war überraschend voll. Lily hatte die Drei Besen nie außerhalb vom Hogsmeade-Wochenenden besucht, an denen es meistens brechendvoll mit Teenagern war. Jetzt tummelten sich junge und ältere Erwachsenen dort, einige mit so spitzen Hüten, dass sie die Deckenlampen zum Schwanken brachten. Das dumpfe Dröhnen ihrer Stimmen und von Gelächter drang durch die Scheiben nach draußen.

Mulciber stand an der Bar, wo ein schwarz gekleideter Zauberer mit weißblonden Haaren mit ihm sprach. Malfoy. Lily wünschte, sie würde einen Zauber kennen, der sie durch Glas hören ließ.

Etwas winselte zu ihren Füßen. Der Hund war von der Tür des Pubs zu ihnen herüber getrottet. Er war riesig mit schwarzem Zottelfell und wedelte zutraulich mit dem Schwanz. Lily hatte nicht vergessen, wie Mulciber ihn behandelt hatte. Sie beugte sich zu ihm herunter und streichelte das weiche Fell in seinem Nacken.

„Na, du Hübscher?“ Sie schmunzelte, als der Hund hechelte und dabei aussah, als würde er sie angrinsen. Er hatte etwas Vertrautes. Die Wärme in seinen grauen Augen kam ihr bekannt vor. „Ist er nicht hübsch, Regulus?“

„Ein bisschen zottelig“, murmelte er, aber als sie ihn ansah, schaute er sie mit einem ähnlich warmen Gesichtsausdruck an, der das Grau seiner Augen wie geschmolzenes Silber leuchten ließ. Lily ließ sich davon einen Moment zu lange ablenken. Der Hund stupste sie an, drückte so kräftig, dass er sie umriss. Er war unerwartet kräftig und bestimmt. Sie fiel gegen Regulus, der rechtzeitig die Arme ausgebreitet hatte. Der Hund schob weiter und sie stolperten beide rückwärts weg von den Fenstern.

„Was zum…“

Die Tür des Pubs ging auf und zwei Gestalten kamen heraus, Malfoy mit Mulciber im Schlepptau. Lily erschrak sich noch, da packte Regulus sie schon am Arm und zog sie in die dunkle Seitengasse neben den Drei Besen. Sie dankte ihm mit einem Blick für seine schnellen Reflexe, die ihn nicht umsonst zu dem ausgezeichneten Sucher machten, der er war.

Regulus lehnte sich gegen die Wand, lauschte auf die Straße hinaus, und Lily stellte sich daneben, lugte vorsichtig um die Ecke. Der Hund setzte sich zu ihren Füßen, stellte aber die Ohren auf.

„Wieso ist Severus nicht gekommen?“, fragte Malfoy missbilligend. Er stand mit dem Rücken zu ihr, aber sie musste sein Gesicht nicht sehen, um zu erkennen, dass er ungerne seine Zeit an Mulciber verschenkte.

„Weil ich die Informationen habe.“ Mulciber holte ein Stück Pergament aus seiner Umhangtasche und reichte es Malfoy. Er reckte triumphierend das Kinn, wie ein Kind, das gegen einen anderen Jungen einen Wettlauf gewonnen hatte. „Scheint, Snape war zu beschäftigt damit Black ein Bein zu stellen. Ich habe mich auf die wichtigen Dinge konzentriert.“

Malfoy ignorierte diese Selbstschleimerei und öffnete das Pergament, überflog es schnell. „Das ist also, was Dumbledore plant?“

„Er nennt es den Orden des Phönix“, sagte Mulciber. Kurz herrschte Stille. Dann prustete Malfoy schnaubend los.

„Du liebe Güte“, sagte er herablassend und in einem posheren Ton als die Königin persönlich. „Es gibt exzentrisch und es gibt verrückt. Er hebt den Vogel auf einen Thron, wie andere Leute ihre Ehefrau.“

„Es ist ziemlich interessant, nicht wahr?“ Die Unsicherheit in Mulcibers Stimme war deutlich zu hören.

Malfoy schien sich genau daran zu laben, wie ein Dementor an einer Seele. „Ich bin mir sicher, dass es dich viel gekostet hat deinen Freunden diese Information abzunehmen, damit du sie mir alleine vorhalten kannst.“

„Ich nehme das als Kompliment“, sagte Mulciber.

„Dann hab ich mich wohl falsch ausgedrückt“, korrigierte Malfoy. Er hob das Pergament hoch. Es war klein, nahezu quadratisch, und Lily fragte sich, was darauf stehen konnte. Was der Orden des Phönix wohl für eine Auszeichnung sein konnte. „Wie bist du daran gekommen?“

„Wir haben es zusammen gemacht“, gab Mulciber widerwillig zu. „Es war nicht so schwer. Wir haben uns Potters Freund vorgeknöpft. Er war leichter zu knacken, als eine Erdnuss. Ich nehme an, es ist nicht leicht eine Nullnummer in Potters Schatten zu sein. Aufmerksamkeitsdefizit… oder sowas.“

„Und wer sagt mir, dass du es dir nicht ausgedacht hast?“

„So einen Schwachsinn kann ich mir schlecht ausdenken, oder?“ Mulciber verlagerte sein Gewicht von einem auf den anderen Fuß; er war immer noch nervös und scheiterte kläglich daran sich das nicht anmerken zu lassen. Lily fragte sich, wann Malfoy angefangen hatte wahrlich einschüchternd anstatt nur lächerlich zu wirken. „Die anderen waren zu feige, es dir hierher zu bringen, also hab ich es gemacht.“

„Eine Eule hätte vollkommen ausgereicht“, sagte Malfoy gelangweilt, aber er steckte das Pergament ein. Ein Zeichen, dass er wohl glaubte, was immer Mulciber ihm servierte.

„Ich wollte etwas von Angesicht zu Angesicht besprechen“, sagte Mulciber. „Ich will einen Gefallen.“

Malfoy streckte den Rücken durch und hob gleichzeitig das Kinn, wirkte so größer als sein Ego es war. „Du willst? Und das hier soll deine Freikarte sein?“

Mulciber nickte.

Malfoy lockerte seine Position überraschenderweise. „Und was willst du?“

Mulciber schaute sich um, suchte die Straße nach störenden Augenpaaren ab und behielt die Tür der Drei Besen kurz im Auge. Als sein Blick in ihre Richtung wanderte, lehnte Lily sich zurück. Sie spürte Regulus‘ Atem an ihrer Wange und schaute ihn an. Er sah blass aus und die Verwirrung zog seine Augenbrauen eng zusammen. Zu ihren Füßen saß der schwarze Zottelhund ruhig wie eine Statue.

Mulcibers Stimme war leise, aber durchschnitt scharf wie ein Pfeil die Luft: „Es geht um sie. Ich will, dass das kleine Schlammblut dafür zahlt, was sie mir angetan hat.“

„Severus hat mir gesagt, dass du Macdonald schon auf die Knie gezwungen hast, dafür dass sie dich verliebt angeschaut hat“, sagte Malfoy amüsiert.

Lilys Hand zuckte zu ihrem Zauberstab, aber Regulus umfasste ihre Finger, bevor die mit ihr durchgehen konnten.

„Nicht sie“, spuckte Mulciber aus. „Evans.“

Diesmal war es Regulus, der nach vorne zuckte. Hätte sie seine Hand nicht schon gehalten, wäre sie nicht schnell genug gewesen, um ihn zurückzuziehen. Der Hund stellte sich direkt vor Regulus‘ Beine, als würde er ihn zurückhalten wollen, schnupperte dabei aber an seiner Tasche und bettelte, wie um ein Leckerli. Regulus ignorierte das und starrte wie ein Adler, der zum Sturzflug ansetzte, auf die Straße. Lily schüttelte den Kopf.

„Ich dachte, du bist so begabt, was den Imperius-Fluch angeht“, antwortete Malfoy. „Sicherlich fällt dir selbst ein, wie du deine lächerliche Fehde regeln kannst.“

„Du nennst es lächerlich, wie sie deinen Cousin zu einem Blutsverräter macht?“

Das hatte gesessen. Malfoy versteifte sich bis in die Fingerspitzen.

„Das fällt alles auf die Familie deiner Frau zurück, nicht wahr? Deine Familie.“ Mulciber tat nicht sehr gekonnt so, als würde er sich unschuldig sorgen. „Dass der perfekte Regulus Black eine kleine Schlammblut-Schlampe vögelt, wenn niemand aufpasst.“

Regulus atmete scharf aus. Lily legte eine Hand beruhigend auf seine Brust, wo sie sein Herz so hart schlagen spürte, als wäre es auf die Straße gestürmt und hätte jede Emotion rausgelassen, die er so gut unterdrücken konnte. Sein Gesicht war eine eiskalte Maske der Beherrschung, aber Lily spürte die Risse darin.

„So wie ich gehört habe“, sagte Malfoy, „erzählst du das überall herum.“

„Du weißt, dass es wahr ist. Severus hat sie gesehen“, fuhr Mulciber ihn an. „Sie waren in ihrem Haus und kamen Stunden später ganz zerzaust wieder raus. Was glaubst du, haben sie gemacht? Politik diskutiert und Kissen bestickt?“

„Ich weiß, dass Regulus weiß, wo sein Platz ist“, erwiderte Malfoy und seine Gelassenheit behagte Lily gar nicht. Sie strich über Regulus‘ Arm. Den linken. Und sie fragte sich wieder diese Frage, für die sie sich selbst verabscheute. „Er ist keine Schande, wie sein Bruder. Blacks haben eine rebellische Phase und sie überwinden sie auch. Regulus hatte immer eine Schwäche für die Schwachen. Und er ist immer zur Vernunft gekommen. Hauselfen tragen keine hübsche Uniformen, oder?“

Lily schaute Regulus kurz an. Sie erinnerte sich an die Flugblätter, die er in seinem zweiten Jahr verteilt hatte, in denen es genau darum gegangen war, Hauselfen eine weniger demütigende Uniform als Kissenbezüge oder Laken zu geben. Sie erinnerte sich, weil sie bis dahin gar nicht gewusst hatte, dass es in Hogwarts Hauselfen gab.

„Also wirst du mir nicht helfen?“, fragte Mulciber.

„Ich werde das hier dem Dunklen Lord zeigen“, sagte Malfoy und tippte gegen seine Tasche, wo das Pergament steckte. „Dann sehen wir weiter.“

Das schien Mulciber zu reichen. Er versuchte sein Grinsen zurückzuhalten, war darin aber genauso wenig erfolgreich, wie bei allem anderen. Malfoy und er schüttelten Hände und trennten sich in entgegen gesetzte Richtungen. Als Mulciber ihm den Rücken zukehrte, wischte Malfoy sich sogar die behandschuhte Hand am Mantel ab. Er kehrte in den Pub zurück.

Mulciber kam direkt auf sie zu. Regulus zog sie weiter in die Gasse hinein. Wie eben bei dem Baum, presste er sie mit dem Körper gegen die Wand, als könnte sein schwarzer Umhang sie beide in den Schatten verschwinden lassen. Lily ließ ihn diesmal. Er zog ihre Kapuze hoch, versteckte ihr dunkelrotes Haar vor neugierigen Blicken. Sie mussten wie ein Liebespaar aussehen, für jeden, der einen flüchtigen Blick erhaschte, aber Mulciber ging zufrieden mit sich selbst an ihnen vorbei, ohne diese Tarnung zu testen. Lily schaute Regulus in die Augen, atmete gegen ihren schnellen Puls an. Er war nah genug, dass sie den Zorn hinter der Eisschicht seiner Augen funkeln sehen konnte.

Der Hund lief hinaus auf die Straße und schaute Mulciber nach, als würde er für sie Wache stehen und erschnuppern, ob die Luft rein war. Lily befreite sich aus Regulus‘ Griff und hockte sich neben den Hund, streichelte über sein weiches Fell. Er lief einmal freudig im Kreis und blieb so stehen, dass er sie ansehen konnte.

„Guter Junge“, lobte Lily, während sie beide Hände in dem Zottelfell vergrub. Sie zog den Hund enger an sich, drückte seinen Kopf gegen ihre Brust, und schaute zu Regulus hoch. „Es kommt mir fast vor, als hätte er auf uns aufgepasst.“

„Kein Grund ihn zu ersticken“, murmelte Regulus.

Der Hund rührte sich nicht mehr, wedelte nicht einmal mit dem Schwanz. Er schien an ihr erstarrt zu sein. Lily ließ ihn los und kraulte entschuldigend das Fell hinter seinen Ohren. Sie musste sich täuschen, aber der Hund wirkte in seiner ganzen gekrümmten Haltung irgendwie verlegen. Er drehte sich um und tapste hechelnd zurück zum Pub, wo er seinen Platz vor der Tür einnahm.

Regulus nahm ihre Hand und half ihr wieder auf. Er schaute sie nicht an, sondern mit eisigem, abwesendem Blick in die Richtung, wo Mulciber verschwunden war.

„Du darfst nicht ernstnehmen, was sie gesagt haben“, sagte Lily. „Du bist nicht lächerlich, Regulus.“

„Ich bin ein Black in seiner rebellischen Phase. Und du hast selbst gesagt, dass meine politischen Ambitionen lächerlich sind“, gab er zurück.

„Nein.“ Lily schüttelte den Kopf. „Nein… Ich denke nicht, dass deine Ambitionen lächerlich sind, Regulus. Es war nur die Art, wie du sie umsetzen wolltest.“ Sie trat an ihn heran und zog seine Hand gegen ihre Lippen, drückte einen sanften Kuss gegen seine Fingerknöchel. „Falls es dich interessiert, ich fand es sehr niedlich, wie du dich damals für Hauselfen eingesetzt hast.“

Er schien mit den Gedanken woanders zu sein und blickte noch immer Mulciber wie hypnotisiert nach. Die Worte schienen ihm nahe zu gehen, obwohl sie nur von Mulciber und Malfoy stammten. Und eigentlich stammten sie von Severus. Der Gedanke war wie ein Knoten in ihrer Luftröhre. Severus war ihr Freund gewesen, und es war ihre Verantwortung gewesen ihn davon abzuhalten, allen möglichen Menschen von jener Nacht im Dezember zu erzählen, als er sie zusammen gesehen hatte. Sie hatte es nicht hinbekommen. Sie hatte ihm einmal mehr zu sehr vertraut, und Regulus musste jetzt darunter leiden.

„Gehen wir zurück“, sagte er kühl.

Lily nickte. Sie griff Regulus‘ Hand und blieb eng an seiner Seite.

Wahrscheinlich konnten sie nicht ins Schloss zurückkehren und so tun, als wäre nichts passiert. Und gerade wusste sie nicht mehr, ob sie das gut oder schlecht fand. Sie wollte nichts lieber, als Regulus‘ Hand in aller Öffentlichkeit zu halten, ihren Freundinnen von ihm zu erzählen, sich nicht mehr in dunklen Nischen mit ihm zu verstecken… aber er wollte mehr Zeit. Und sie konnte verstehen wieso, auch wenn es wehtat. Sie war wie ein Schlammfleck auf seinem perfekten reinblütigen Stammbaum. Aus Sicht seiner Eltern zumindest.

Mulciber war längst in der Ferne verschwunden, als sie die Ländereien erreichten. Die Kälte biss in Lilys Oberschenkeln, besonders tief in die Stelle, die unter getrocknetem Schlamm versteckt lag. Ihre Hand war warm, wo Regulus‘ Finger mit ihren verknotet waren.

„Wir sollten Dumbledore Bescheid sagen“, platzte es aus Regulus heraus. Lily schaute ihn überrascht an, dabei schienen diese Worte in ihm wie Lava in einem Vulkan gebrodelt zu haben. „Mulciber hat sich ins Dorf geschlichen und nach der Ausgangssperre dort aufgehalten, er hat Dumbledores Geheimnisse ausgeplaudert, und er hat dir gedroht.“

Lily blieb stehen.

Regulus ging einen Schritt ohne sie weiter, bevor er sich umdrehte. Seine Atmung presste seine Brust tief runter, hob und senkte sie in schweren Zügen. Er hatte diesen Blick aus der Gasse, als würde er sich wieder kopflos, wie es gar nicht seine Art war, auf jemanden stürzen. Lilys Herz lief ihr heftig klopfend davon, als sie verstand, wieso Regulus so aufgebracht war.

„Ich kann auf mich aufpassen“, sagte sie eindringlich, aber gerührt. Wie hätte seine Sorge sie nicht rühren können? „Mulciber macht mir keine Angst. Er ist lächerlich. Was soll er denn tun?“

„Wenn er irgendetwas tut, um dir auch nur ein Haar zu krümmen, wenn er irgendetwas wie bei Professor Slughorns Weihnachtsparty zu dir sagt, wird er keine Zähne mehr haben, um hämisch breit zu grinsen“, presste Regulus hervor.

Lily umfasste sein Gesicht, spürte seine angespannten Kiefer aufeinander mahlen, und streichelte sanft über seine Wangen. Sie wusste nicht, was sie sagen sollte. Dass er sich ihretwegen nicht in Schwierigkeiten bringen sollte. In noch größere. Dass Mulciber es nicht wert war, ihm überhaupt Beachtung zu schenken.

Sie umarmte ihn. Stumm. Seine Arme schlangen sich fest um ihre Hüfte und ihren Rücken, bis sie ganz gegen ihn sinken konnte. Lily hauchte einen Kuss in seinen Nacken. Ihre Lippen, ihre Atmung zitterte, und ihr ganzer Körper folgte. Es war eiskalt und der Wind kroch erbarmungslos unter ihre Kleidung. Ihr schien erst jetzt bewusst zu werden, wie kalt es wirklich war.

Regulus schlug seinen Umhang um sie. „Du bist eiskalt.“

„Dann musst du dich jetzt noch ein bisschen mehr anstrengen, um mich aufzuwärmen“, sagte sie und drängte sich enger gegen Regulus.

Er quittierte das mit einer hochgezogenen Augenbraue. „Ich bin kein Kamin, Lily. Meine Kälte kommt aus meinem Inneren – sagt Sirius.“

„Sirius ist ein Idiot“, sagte sie liebevoll.

Regulus lächelte sie dafür an. Er nahm ihre Hand in seine und schlenderte mit ihr am Waldrand entlang. Hagrids Hütte kam in Sichtweite, die kleinen Fenster hell erleuchtend vom Kerzenlicht. Rauchschwaden kringelten sich aus dem Schornstein. Ein Baumstumpf stand in der Nähe. Hagrid musste den Baum heute gefällt und zu Feuerholz verarbeitet haben. Die Schleifspur vom Stamm zu seiner Hütte war noch nicht ganz vom Neuschnee gefüllt worden. Lily zog Regulus dort hin und setzte sich.

Er schaute sie fragend an, worauf sie den Kopf schüttelte.

„Ich will noch nicht zurück“, sagte sie. „Ich glaube nicht, dass ich gut schlafen werde, wenn ich die ganze Zeit daran denken muss, was für Rachepläne Mulciber zusammenbraut. Während du ganz in seiner Nähe schläfst.“

„In deiner Vorstellung kann ich also schlafen, während du dich herumwälzt?“

Lily stieß ihn mit der Schulter an und verharrte dicht an seine Seite gekuschelt. In der Ferne ragte das Quidditch-Stadion verlockend hinter den Baumwipfeln auf. „Ich wünschte, wir könnten einfach die ganze Nacht im Stadion bleiben.“

Regulus nahm ihre Hand in seine und wärmte ihre eiskalten Finger. „Das wäre kalt und ungemütlich.“

„Ich weiß“, sagte sie und nahm den Blick schwerfällig vom Stadion. „Was ist ein Orden des Phönix?“

Regulus zuckte mit den Schultern. „Ich vermute, Dumbledore hat es sich ausgedacht.“

„Wir könnten James fragen.“

Regulus zog die Augenbrauen hoch.

„Mulciber hat gesagt, dass er es von einem von Potters Freunden hat.“ Sie runzelte die Stirn, als sie im Kopf die strickte Einheit von Sirius, Remus und Peter an James‘ Seite vor sich hatte. „Vielleicht hat einer von ihnen es sich als Ablenkungsmanöver ausgedacht? Ich kann mir nicht vorstellen, dass einer von James‘ Freunden seine Geheimnisse ausplaudert.“

„Du bist nicht James Potters Geheimniswahrer. Wenn er das nicht hinkriegt, ist das ein internes Problem seiner merkwürdigen GmbH.“

Lily schnaubte amüsiert, als hinter ihr etwas raschelte. Sie schaute in das Gebüsch hinter ihnen, konnte in den Schatten der Baumwipfel aber nichts erkennen. „Vielleicht sollten wir erst mit James reden, bevor wir zu Professor Dumbledore gehen?“

Regulus schien sehr darauf konzentriert ihre Finger zu wärmen. „Sicher. Lad ihn zum Tee ein und ich backe euch Kekse.“ Er räusperte den Sarkasmus aus seiner Stimme. „Ich spreche mit Dumbledore, damit Mulciber nicht glaubt, er kann mit solchen Ausflügen durchkommen.“

„Ich dachte, wir würden das zusammen tun“, sagte Lily.

Regulus seufzte und schaute sie entschuldigend an. „Das hört sich besser an.“

Lily lächelte und streichelte über Regulus‘ Hand. Seine Linke. „Wegen heute Nachmittag“, begann sie vorsichtig und traute sich fast nicht an den Rest des Satzes, als Regulus‘ Wangen rote Flecken bekamen. „Es tut mir leid, wenn ich zu forsch war…“

„Warst du nicht“, sagte Regulus und strich Lily das Haar mit der ganzen Hand zurück. Sein Blick war hart, aber nicht auf die zornige Art, die er vorhin in der Gasse präsentiert hatte. Sie lehnte sich vor und Regulus kam ihr entgegen. Es raschelte erneut. Lily schaute sich um und Regulus‘ Lippen streiften ihre Wange.

Aus den Schatten des Waldes erhob sich eine große, vierbeinige Gestalt mit einem verzweigten Geweih. Der Hirsch starrte sie direkt an. Lily keuchte auf und tastete nach Regulus‘ Mund, presste beide Hände auf seine Lippen, um das fragende Geräusch zu dämpfen.

„Sieh nur“, hauchte sie und deutete mit dem Kinn auf das Tier. „Ist er nicht wunderschön?“

Regulus atmete schwer gegen ihre Hände aus. „Heute ist Tag der Tiere, hm?“

Lily strahlte ihn an und nahm die Hände weg. Der Hirsch verharrte dabei aber an Ort und Stelle. „Ich hab noch nie einen von so nah gesehen“, wisperte sie und stand auf, griff dabei Regulus‘ Hand. „Komm.“

Regulus folgte ihr skeptisch. „Du solltest das ohne mich machen. Einhörner laufen vor mir davon und Hippogreife treten mich.“

Lily ließ ihn nicht los. Der Hirsch schaute auf und sie direkt an. Er rührte sich nicht und ließ sie immer näherkommen, bis sie das Haselnussbraun seiner Augen erkennen konnte. Lily streckte vorsichtig die Hand aus, um das Tier schnuppern zu lassen, aber es streckte sich ihr sofort entgegen und schmiegte sich gegen ihre Handfläche. Regulus musste dem Geweih ausweichen.

Sie konnte nicht glauben, wie zutraulich manche Tiere waren. Vielleicht war es die Magie, die sie umgab. Kniesel waren auch tausendmal intelligenter als Katzen. Dorcas‘ Kniesel hatte ihr neulich sogar die Hausaufgaben in den Kerker nachgetragen – nicht ganz zu ihrem Vergnügen.

Lily strahlte über das ganze Gesicht. „Schau dir das an“, murmelte sie und streichelte über das hellbraune Fell, fuhr über die anschmiegsame Schnauze und den muskulösen Hals. „Wunderschön, oder?“

„Ja.“ Sie fing Regulus‘ Blick aus dem Augenwinkel auf und errötete darunter. Der Hirsch schnaubte.

„Mein Patronus ist einer“, sagte Lily und tätschelte die Hirschschnauze.

„Wirklich?“, sagte Regulus verblüffend kühl. Er streckte die Hand nach dem Hirschkörper aus, wagte aber nicht ihn anzufassen.

„Ein weiblicher. Das heißt kein gefährliches Geweih“, ergänzte Lily schulterzuckend. „Was ist mit dir?“

Regulus wich ihrem Blick aus. „Ich kann keinen. Ich glaube, ein silbernes Wölkchen zählt nicht…“

Lily ließ von dem Hirsch ab und klammerte sich an Regulus‘ Roben fest. „Dann sollte ich es dir beibringen. Das wird sicher Spaß machen.“

Regulus bekam einen Mundwinkel hoch und schob ihr sanft das Haar aus dem Gesicht. Als sie sich auf die Zehenspitzen stellte um ihren Kuss nachzuholen, stupste die Schnauze des Hirsches sie an. Lily gluckste, als sie an Regulus‘ Lippen vorbeifiel.

„Scheint, dass da jemand eifersüchtig ist“, sagte Regulus. Der Hirsch versuchte zum Glück nicht ihn mit seinem Geweih aufzuspießen.

Lily schob den Kopf des Hirsches aus dem Weg und schmiegte sich gegen Regulus. „Niemand hat einen Grund eifersüchtig zu sein.“

Der Hirsch trabte zur Seite, wie sie aus dem Augenwinkel mitbekam, und galoppierte in die Büsche davon. Sie schaute ihm doch nach und versuchte sich den Moment einzuprägen. Ihr Lächeln gehörte ganz Regulus, und sie war froh, dass sie sich gemeinsam an diesen Moment erinnern konnten. Vor allem, nach diesem Tag.

Regulus zog sie noch ein Stückchen näher an sich heran.

Sie schob die Hände unter seinen Umhang, wo es so wunderbar warm war. „Ich hab schon mal einen gesehen. In meinem fünften Jahr. Ich hab drüben am See gesessen, nachdem Severus… mich ein Schlammblut genannt hat. Und am Waldrand stand dieses majestätische Tier und hat mich angesehen. Ein bisschen, als würde es nicht wollen, dass ich alleine bin.“

Regulus nahm sie wieder mit unter seinen Umhang. „Wir sollten Dumbledore jetzt zusammen einen Besuch abstatten.“

Lily lächelte zufrieden, und so, wie Regulus ihr Lächeln erwiderte, konnte sie nicht glauben, dass sie dem Wort zu große Bedeutung beimaß.


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