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Fanfiction

Mud and Blood - Matt

von Dr. S

Manchmal war Schweigen weitaus quälender als Streitereien oder Beleidigungen. Fast einen Monat lang hatte niemand Lily das Wort ‚Schlammblut‘ an den Kopf geworfen, und das war ihr eine gefühlte Ewigkeit nicht mehr passiert. Sie war nicht die Einzige. Mary war es zwar nicht aufgefallen, bis sie es angesprochen hatte, aber sie fand es auch nicht merkwürdig. Sie fand es schön, dass sie durch die Korridore laufen konnte, ohne sich vor Stolperflüchen zu fürchten. Lily behagte es nicht. Ihr behagte nicht, wie sie Mulcibers Blick beim Frühstück kreuzte und er nicht einmal ertappt tat und wegsah, sondern starrte, als wären keine anderen hundert Schüler anwesend. Sie kam sich vor, als würde sie dem Trank in ihrem Kessel seelenruhig beim Überkochen zusehen.

Lily überlegte Professor Dumbledore von ihrem Unbehagen zu berichten, wenn sich die Gelegenheit bieten würde, aber als sie sich an einem sonnigen Montagnachmittag bot – ein ganz besonderer Tag in ihrem Leben aus der Sicht ihrer Muggeleltern und ein weniger besonderer Tag aus Zauberersicht – tat sie es nicht. Sie hatte mit Professor Dumbledore in seinem Büro über die Patrouillen der Vertrauensschüler gesprochen und gezögert, als er sich verabschiedet hatte, lange genug, dass er sie über seine halbmondförmigen Brillengläser fragend angesehen hatte.

„Haben Sie noch etwas auf dem Herzen, Lily?“, fragte er.

Sie schüttelte den Kopf und schulterte ihre Tasche. „Nichts, Professor“, sagte sie und ging, aber nicht ohne dass Dumbledore sie noch einmal scharf anblickte. Sie konnte den Direktor schlecht damit nerven, dass sie ein ungutes Gefühl hatte. Mulciber hatte seine Hände tief in Regulus‘ Sachen gehabt, was ihr nicht aus dem Kopf ging, aber das reichte nicht für einen anklagewürdigen Verdacht aus.

Regulus und sie sprachen immer wieder über dieses sehr merkwürdig ruhige Verhalten. Es gefiel ihm auch nicht, das konnte sie ihm ansehen. Manchmal legte die Sorge sich wie ein Vorhang vor sein Gesicht. Eigentlich fand sie das ganz niedlich, küsste ihn dafür und wechselte das Thema, weil sie wirklich andere Dinge als Mulciber mit Regulus bereden wollte. Dafür war ihr die wenige Zeit, die sie füreinander hatten, zu kostbar.

Die Tür zu Dumbledores Büro wurde von einem steinernen Gargoyle bewacht. Er sprang zur Seite, bevor Lily die letzten Treppenstufen erreicht hatte, und eine dunkle Gestalt trat in ihren Weg. Helles, fast weißblondes Haar leuchtete in den Schatten. Lucius Malfoy schaute auf sie herunter.

„Malfoy“, grüßte Lily knapp und wollte an ihm vorbei, aber er machte keine Anstalten die Tür freizugeben.

„Miss Evans.“ Er sprach in einem leisen, langgezogenen Tonfall. „Für dich heißt es immer noch Mr. Malfoy.“

„Oh, es fällt mir so unglaublich schwer jemanden zu siezen, den ich dabei beobachtet habe, wie er sich als Teenager einen Bart wachsen lassen wollte – und versagt hat.“

Malfoy lächelte steif. „Du hast deinen Sinn für Humor offenbar nicht verloren, Evans. Trotz allem. So viel Dreistigkeit macht sich keine Freunde.“

Lily verschränkte die Arbeit vor der Brust. „Willst du damit rausrücken, worauf du hinauswillst, oder lieber kryptisch bleiben?“

„Ich hatte vergessen, dass man für Gryffindors alles immer buchstabieren muss“, sagte Malfoy und seine Lippen kräuselten sich in ein süffisantes Lächeln.

Lily verdrehte die Augen. „Was suchst du hier überhaupt? Vermisst du deine Schulzeit?“

„Das geht dich nun wirklich nichts an, aber…“ Malfoy blickte die Wendeltreppe nach oben, als würde dort eine Reihe von Dienern darauf warten ihn nach oben zu bringen. Er konnte nie widerstehen sich mit seinen wichtigen Kontakten zu brüsten. „Ich habe einen Termin mit dem Direktor.“

„Ah, dein nächster Versuch die Märchen von Beedle dem Barden aus der Bibliothek zu verbannen? Dann will ich dich nicht aufhalten. Der Direktor sah sehr erschöpft aus. Er kann jemanden gebrauchen, der ihn zum Einschlafen bringt.“ Lily lächelte besonders süßlich, als Malfoy das Gesicht verzog, und quetschte sich zwischen ihm und dem Türrahmen hinaus auf den Korridor. Sie kam nicht mit beiden Füßen hinaus.

Malfoy packte sie am Arm, seine Finger gruben sich schmerzhaft fest in ihr Fleisch. „Was hast du bei ihm gewollt?“ Sein Ton war kälter, schärfer; er hätte auch gleich versuchen können die Informationen mit einem Messer aus ihr herauszuschneiden.

„Schulsprecherkram“, sagte Lily. „Das hat dich schon nicht interessiert, als du selbst einer warst.“

„Schön, dass du dich so reinhängst. Du scheinst sehr ambitioniert“, sagte Malfoy zu höflich, um ihm ein Wort zu glauben.

„Was willst du damit andeuten?“

„Willst du wirklich so tun, als wüsstest du das nicht? Ich bin gut mit Severus befreundet, falls du dich erinnerst.“

Lily riss sich aus seinem Griff los, was sich anfühlte, als müsste sie sich aus einem Schraubstock befreien. In ihrem Arm pochte der Schmerz seines Griffs leise nach. „Du hast keine Freunde, Malfoy, nur Bauern auf deinem Schachbrett.“

Malfoy lehnte sich gegen den Türrahmen; sein Versuch lässig zu wirken scheiterte an seinem antrainierten Versuch stets aristokratisch imposant zu erscheinen. Am Ende des Tages stolzierte er wie ein Pfau durch die Gänge, was Lily immer eher lächerlich als irgendetwas anderes gefunden hatte.

„Wenn du nicht spielen willst“, sagte er, „wieso nimmst du meine Figuren dann aus dem Spiel?“

Lily schnaubte. „Severus hat dir nichts gesagt, Malfoy.“

„So niedlich“, kommentierte Malfoy. „Nach zwei Jahren purer Antipathien denkst du noch immer, dass euch irgendetwas verbunden hätte. Du hast nichts, das irgendeine besondere Art von Loyalität hervorrufen kann, Evans. Du bist ein Muggel. Und nicht einmal in der Muggelwelt hast du irgendeinen besonderen gesellschaftlichen Stand. Dass du damit unzufrieden bist, gibt dir nicht das Recht die vielversprechende Zukunft eines Zauberers zu zerstören, der weit über dir steht. Von alldem wirst du übrigens nichts sehen.“

Sie musste nicht nachfragen, um zu wissen, dass er nicht mehr von Severus sprach. Regulus hatte die für viele beneidenswerten Familienumstände. Ein großes Stadthaus in London, ein Verlies ganz unten in Gringotts, einen eigenen Hauself, der anscheinend in der Küche unterm Boiler wohnte, und bessere Beziehungen ins Ministerium, als der Minister selbst hatte. Es hörte sich alles erschreckend erdrückend an, wenn Regulus davon sprach. Von der romantischen Version strahlender Ballsäle blieb wenig übrig.

„Ich muss nicht raten, was du dir für mein Leben wünschst, Malfoy“, sagte Lily und warf einen eindeutigen Blick auf Malfoys linken Arm. Sie wusste dank Regulus, was sich unter seinem Ärmel versteckte. Und an der Art, wie er sich versteifte, konnte sie erkennen, dass er keinen zweiten Hinweis brauchte. „Vielleicht solltest du Professor Dumbledore das noch einmal genauer erläutern. Er wäre sicherlich begeistert mit so jemandem zusammenzuarbeiten.“

Malfoy machte einen plötzlichen Satz vorwärts, zwang sie hinaus in den Korridor zu stolpern, um ihm auszuweichen. Er holte mit wenigen Schritten auf, drängte sie gegen die Wand und schaute aus blitzenden Augen auf sie herunter. Lily hielt ihr Kinn aufrecht, auch wenn ihr Herz anfing schneller zu schlagen. Sie konnte deutlich sehen, wie Malfoy nach seinem Zauberstab griff.

„Drohst du mir, Evans?“, zischte er wie eine Schlange, die kurz davor war zuzubeißen. „Das würde ich mir an deiner Stelle nochmal überlegen. Du bewegst dich auf dünnem Eis, und ich weiß genau, wo ich zustechen muss, damit es bricht. Und ich habe keine Angst davor dein Leben und alles, was dir lieb ist, zu zerstören.“

„Es interessiert mich nicht, was du glaubst mir antun zu können.“

„Dann interessiert dich vielleicht, was ich mit Regulus tun könnte“, sagte Malfoy und fand sein süffisantes Lächeln wieder. „Dein Gesicht ist nicht hübsch genug, dass er an deiner Seite bleiben würde. Sowieso hat er sich mehr als deutlich für die richtige Seite entschieden.“

Lily erlaubte sich ein stolzes Schmunzeln. „Ja, das hat er.“

Malfoy schob die Hand tiefer in seine Tasche, ballte sie um seinen Zauberstab. Als sich schnelle Schritte näherten, machte er plötzlich kehrt, drehte sich auf den Hacken um und verschwand hinter dem Gargoyle zu Dumbledores Büro.

Die Schritte hielten direkt neben ihr. „Lily?“ James blickte sie verwundert an, dann Malfoy hinterher und wieder zu ihr. Er war noch in voller Quidditchmontur und vollkommen außer Atem. Seine Brust hob und senkte sich, als wäre er die Große Treppe rauf- und wieder runtergespurtet. „Was will der denn hier?“

„Spenden für obdachlose Muggel sammeln“, sagte Lily lächelnd, aber James verdrehte über ihren Sarkasmus nur die Augen.

„Hat er dich nach einem Date gefragt?“, wollte James wissen, und als diesmal Lily darüber die Augen verdrehte, fügte er hinzu: „Was? Du hast ja keinen Freund.“

Lily spürte ihre Wangen warm werden, dabei wollte sie alles andere als verlegen sein. Sie dachte ganz automatisch an den Moment auf der Großen Treppe zurück, als nur der Gedanke an Regulus die Distanz zwischen James und ihr aufrecht gehalten hatte. Seitdem sparte James nicht mit solchen Kommentaren, obwohl er es besser wissen musste. Vielleicht gerade weil er es besser wusste.

„Du bist zu spät“, sagte sie seufzend.

Jetzt war es an James verlegen zu werden. Er fuhr sich errötend durch die Haare. „Ich weiß, sorry. Das Training hat länger gedauert. Spofforth fand wohl, dass der Klatscher sich gut in Dorcas‘ Gesicht machen würde. Überall war Blut.“

„Oje. Alles in Ordnung?“

James winkte ab, wie es nur Zauberer bei solchen Brutalitäten machen konnten. Manchmal schienen sie etwas nur dann aufregend zu finden, wenn Lebensgefahr bestand. „Was wollte Dumby?“

„Nur die Patrouillen“, sagte Lily. „Er hält es für besser, wenn demnächst nur noch Professoren und Hagrid auf den Ländereien patrouillieren. Wieso wollte er mir aber nicht verraten.“

„Ich kann’s mir denken“, murmelte James. „Neulich hab ich Snape erwischt, wie er sich von Hogsmeade wieder ins Schloss geschlichen hat. Und er ist nicht der einzige Slytherin.“ Er schaute Malfoy mit gerunzelter Stirn hinterher. „Mir gefällt nicht, dass der jetzt hier herumwandert.“

„Glaubst du, das hat was mit Lord Voldemort zu tun?“

James schaute sie an, als würde er sagen wollen, dass alles in letzter Zeit mit Voldemort zu tun hatte. Manchmal kam es Lily genauso vor.

„Okay, hier ist mein Plan“, sagte James und das weckte in Lily sofort das Bedürfnis widersprechen zu wollen; James‘ Pläne waren oft noch unausgereifter, als wenn er sich Hals über Kopf in etwas stürzte. „Ich platze mal in Dumbledores Büro und sehe, was da zwischen den beiden läuft. Vielleicht kann ich was aufschnappen. Und ich hab meine Ausrede, dass er mit uns reden wollte, um lästige Fragen zu vermeiden.“

„Aber ich war schon bei Professor Dumbledore.“

„Davon weiß ich ja nichts. Ich bin zu spät gekommen und du warst schon weg“, sagte James mit einem Zwinkern. Er nahm sie an den Schultern und schob sie den Gang herunter, gab ihr einen Schubs, damit sie alleine weiter ging. „Du weißt von alldem nichts, okay?“

Lily gluckste und ging kopfschüttelnd weiter.

„Oh, Lily?“, hielt James sie zurück, da trennten sie bereits einige Schrittlängen. „Hast du meine Karte gekriegt?“

Lily lächelte ganz ehrlich. „Sie fliegt noch oben im Schlafsaal über meinem Bett herum.“

James gab das Lächeln merkwürdig sanft zurück. „Vielleicht stibitzen wir uns später in der Küche ein Stück Kuchen und ich erzähl dir, was ich so belauschen konnte.“

„James“, sagte Lily warnend. „Spiel nicht mit mir. Das ist nicht lustig.“ James machte ein Gesicht, als würde er sich rechtfertigen wollen, und vielleicht kehrte Lily ihm deswegen schneller den Rücken zu und ging. Sie hatte sowieso etwas anderes vor. Regulus wartete unten in den Kerkern auf sie, hoffentlich mit einer Reihe Zaubertränken, die sie zusammen brauen könnten. Oder einer anderen Ablenkung.

Lucius Malfoys Worte begleiteten sie auf ihrem Weg dorthin. Sie kam nicht darüber hinweg, dass er ihr mehr oder weniger bestätigt hatte, was er über Regulus‘ Privatleben wusste. Genauer gesagt sie und ihn und ihr gemeinsames, noch nicht offizielles Privatleben. Das bedeutete, Severus hatte sich verplappert. Er hatte sich womöglich nicht einmal verplappert, sondern mutwillig alles erzählt. Dabei hatte sie geglaubt – zumindest gehofft – er würde sie beim Wort nehmen. Anscheinend war ihre Freundschaft wirklich nicht mehr als eine Staubschicht, bereit weggewischt zu werden.

Malfoy wusste Bescheid. Regulus würde das nicht gerne hören. Er machte sich sowieso schon viel zu viele Sorgen, und Lily wollte ihm nicht noch mehr bereiten. Es sollte ihre gemeinsame Entscheidung sein, wann sie sich an das Thema seiner Eltern wagten. Natürlich hätte sie das lieber schon in den Weihnachtsferien angesprochen. Aber anscheinend war sie da ganz Gryffindor und überdachte nicht alles so sorgfältig, wie sie vielleicht sollte.

Ihr wurde leicht flau bei dem Gedanken an Malfoys Worte. Sie wusste, dass Regulus auf der richtigen Seite stand, auf ihrer Seite. Aber wenn sie sich da so sicher war, wieso hatte Malfoy ebenfalls so sicher geklungen? Wenn sie Schach spielten, sie weiß hatte und er schwarz, welche Farbe war dann Regulus?

Lily stieg gedankenversunken in die Kerker hinab und bog zu Professor Slughorns Klassenzimmer ab. Die Tür stand einen Spalt breit offen und ließ sich leicht aufschieben. Lily entdeckte Regulus‘ Tasche auf ihrem üblichen Pult liegen, ihn selbst aber nicht.

Die Tür knallte hinter ihr zu und Lily fuhr erschrocken herum. Regulus hatte sich dahinter versteckt und sie mit seinem Rücken geschlossen. Er lächelte sie an, strahlte für seine Verhältnisse förmlich. Seine grauen Augen leuchteten wie der zugefrorene See im Mondlicht. So hatte er sie noch nie begrüßt.

Lily konnte gar nicht anders als zurückzulächeln, wenn er sie so anschaute, und gleichzeitig wurde die Hitze in ihren Wangen stärker und heißer, als hätte James Potter sie dreimal in Verlegenheit gebracht. Sie schüttelte den Kopf.

„Du hast mich erschreckt“, sagte sie, aber ihr vorwurfsvoller Ton erstickte an ihrem Lächeln.

Regulus schien sich genau dadurch bestätigt zu fühlen. „Deine eigene Schuld. Du bist zu spät.“

„Entschuldige. Da war –“

Regulus presste ihr einen Finger auf die Lippen und sie verstummte. „Happy Birthday, Lily.“

Sie lächelte wieder, umklammerte sein Handgelenk und trat an ihn heran, bis nur noch sein Zeigefinger ihre Lippen voneinander trennte. Regulus zog den Finger langsam weg, nicht ohne über ihre Lippen und ihr Kinn zu streicheln.

„Ich wusste nicht, dass du weißt, wann ich Geburtstag habe“, sagte Lily gerührt.

„Ich kann ganz gut zuhören“, erwiderte Regulus.

„Oh…“ Lily beugte sich an seine Lippen heran, die lächelnd so anziehend waren, wie Feuer für Motten. „Heißt das, ich kann mir was wünschen?“

„Das wäre zu spät. Ich hab nämlich schon etwas für dich. Warte…“ Regulus kramte in seiner Umhangtasche herum und zog etwas heraus. Er präsentierte ihr eine kleine Schachtel aus schwarzem Samt, die gerade in seine Handfläche passte. Dann machte er eine Bewegung, als würde er sich hinknien wollen, und Lily wich automatisch zurück.

„Was…“

„Ein Scherz“, sagte Regulus und richtete sich aus der halben Hocke wieder auf. Er drückte ihr die Schachtel in die Hand, ohne sie zu öffnen. Das Schmunzeln glänzte in seinen Augen. „Keine Sorge, es beißt nicht. Mach auf.“

Lily musste ihr heftig klopfendes Herz herunterschlucken. Regulus jagte ihr heute wohl gerne einen Schrecken ein. Sie wagte fast nicht die Schachtel zu öffnen. „Was ist das?“

„Eine sehr klischeehafte Frage bei einem geschlossenen Geschenk. Du musst es schon aufmachen“, sagte Regulus.

„Du hättest mir nichts schenken müssen, Regulus“, erwiderte sie verlegen.

„Vielleicht. Das weißt du erst, wenn du es aufgemacht hast und enttäuscht bist.“

Lily rollte mit den Augen und öffnete die Schachtel vorsichtig, erst einen Spalt breit, wie ein Kind das hinaus in den dunklen Flur linste, um sich nach Monstern umzusehen. Ihr sprang nichts dergleichen entgegen. Lily öffnete die Schachtel.

Eine fingerlange Phiole lag auf einem Bett aus schwarzem Samt. In ihr glänzte eine Flüssigkeit wie geschmolzenes Gold. Lily fehlte zwei Sekunden lang der Atem, als sie realisierte, was sie in den Händen hielt. Sie blickte Regulus an, der sie noch immer anlächelte, dann zurück auf den Zaubertrank. Lily klappte die Schachtel zu und warf sich in derselben Bewegung in Regulus‘ Arme. Sie küsste ihn stürmisch und er gluckste tatsächlich gegen ihre Lippen.

„Felix Felicis?“, fragte sie atemlos. „Wie… Wie bist du darauf gekommen?“

„Du hast mal erwähnt, dass das der Trank ist, den du nicht brauen kannst“, sagte Regulus. „Weil du kein Rezept findest. Eigentlich wollte ich dir das schenken, aber dann dachte ich, dass du eine Probe selbst untersuchen könntest. Oder du benutzt ihn um einen wundervollen Tag zu haben.“

Lily schüttelte ungläubig den Kopf. Ihr Herz raste mit ihrem Atem um die Wette und beides zusammen ließ ihren Kopf ganz schwummerig werden, als hätte sie den Trank schon genommen. Sie hatte nichts erwartet und wusste nicht, was sie jetzt sagen sollte. Noch nie hatte sie ein Geschenk bekommen, dass sie so gewollt hatte und um das sie nicht gebeten hatte.

„Das hättest du nicht tun müssen“, sagte sie über das ganze Gesicht strahlend. „Sicher war das unglaublich teuer.“

„Solange ich das Gold nach habe“, sagte Regulus schulterzuckend.

Lily küsste ihn erneut. James und Malfoy und ganz besonders Lord Voldemort schienen so weit weg wie schon lange nicht mehr.

„Das kann ich dir nie zurückgeben“, murmelte sie und schob die Schachtel in ihre Umhangtasche.

„Das Gute an Geschenken ist, das man keine Gegenleistung erwartet“, sagte Regulus.

Lily versuchte sich trotzdem zu bedanken, zog Regulus in einen Kuss, den zumindest sie nicht so schnell vergessen würde, als er ihn sofort hungrig erwiderte. Ihre Atmung schien sich heute nicht beruhigen zu wollen.

„Und du bedankst dich auf eine nette Art und Weise“, raunte Regulus.

„Das Gute an einer Beziehung ist, dass du mir dafür nichts kaufen musst.“

„Nein, das ist eine gute Beziehung“, gab Regulus zurück.

Lily lachte leise gegen seine Lippen, die sich gleich darauf gegen ihre drückten. Sein Kuss schickte eine Gänsehaut über ihre Rücken und bis in ihre Zehen, und sie gab jede Lippenberührung gierig zurück, zog ihn immer wieder zurück, wenn er sich auch nur kurz lösen wollte.

Lily kramte in ihrer Umhangtasche nach ihrem Zauberstab, fand ihn neben der Samtschachtel. Sie schlug ihn gegen die Tür, ohne sich von Regulus zu lösen, und hörte das Schloss klicken, als es magisch versiegelt wurde. Regulus gab ein fragendes Geräusch von sich, das auf ihren lächelnden Lippen kitzelte. Lily ließ die Tasche von ihrer Schulter auf den Boden gleiten und scherte sich nicht um das Rumpeln, als ein Tintenfass darin umfiel. Sie hatte jetzt beide Arme frei um sie fest um Regulus zu schlingen und er tat dasselbe, holte sie in eine feste Umarmung. So fest, dass sie gar nicht nach Halt suchen musste, als er sie von den Füßen zog. Lily schlang die Beine um ihn.

Das hatte er vorher nie gemacht, aber gerade konnte Lily keinen Gedanken daran verschwenden, ob sie ihm zu schwer war oder irgendetwas anderes. Sie war ihm so nah wie lange nicht mehr, spürte alles von ihm mehr und tiefer und doch irgendwie nicht genug.

Vielleicht war sie zu schwer für ihn, denn Regulus machte ein paar stolpernde Schritte vorwärts und ließ sie auf das Pult herunter, blieb aber zwischen ihren Beinen stehen und an ihren Lippen hängen. Sein Kuss wurde tiefer, seine Zunge fordernder, und Lily begrüßte vor allem seine freien Hände, die über ihren Rücken fuhren, die Gänsehaut dort doppelt und dreifach intensivierten. Sie zitterte leicht, aber nicht aus Angst oder Panik und kalt war ihr auch nicht. Lily zog Regulus und damit seine Wärme trotzdem näher an sich. Es war kein unangenehmes Gefühl. Im Gegenteil sogar.

Es erinnerte sie an die Weihnachtsferien, als sie den Fehler gemacht hatte Regulus gehen zu lassen.

Lily umklammerte ihn fester, als hätte sie Angst denselben Fehler gleich jetzt noch einmal zu machen. Er war warm und fest, und seine Hände schienen alles richtig zu machen. Sie glitten mit dem perfekten Druck auf ihre Hüften, schoben eher zufällig ihre Bluse ein Stückchen nach oben. Das Zittern durchfuhr ihren ganzen Körper, als seine Finger ihre nackte Haut berührten.

Als hätte er sich verbrannt wollte Regulus die Finger wegziehen und Lily musste ihn festhalten. Dafür trennte er sich von ihren Lippen. Nur sein heißer Atem blieb ihr in schweren Zügen erhalten.

„Du musst dich wirklich nicht bedanken“, murmelte er.

Lily war längst damit fertig sich zu bedanken. „Und du hättest mir nichts schenken müssen. Mir hätte ein ungestörter Nachmittag mit dir gereicht.“ Sie küsste ihn einmal sanft. „So wie jetzt.“ Ihr zweiter, tieferer Kuss blieb nicht lange unerwidert. Regulus gab ihn so hart zurück, dass sie nicht lange aufrecht sitzen bleiben konnte und sich von seinem Gewicht auf die Tischplatte drücken ließ. Ohne dabei einmal von seinen Lippen zu lassen.

Seine Hand wanderte vorsichtig, aber ohne zu zögern unter ihre Bluse und über ihre Rippen, wo sie sanft liegenblieb. Die andere schob sich über ihren Oberschenkel unter ihren Rock. So nah waren sie sich seit den Ferien nicht gekommen, und es steckte an. Lily zog ihn immer wieder näher, an seinem Rücken, seinen Roben, und als sie seinen Hosenbund zu fassen bekam, zog sie eher unabsichtlich sein Hemd heraus. Einmal so weit konnte sie es sich nicht nehmen lassen die Finger unter den Stoff fahren zu lassen. Warme, weiche Haut begrüßte sie, drückte sich gegen ihre, als sie die vielen, vielen Knöpfe unwirsch auseinanderriss.

Sie konnte ihn atmen spüren. Jeder Zug ging durch ihren Körper, als würde sie ihn selbst tun. Er schob sich gegen sie, nahm ihr den letzten Rest Luft zwischen ihnen, bis sie nicht anders konnte als leise aufzukeuchen. Nur kam sie nicht einmal mehr richtig zu atmen, als er statt ihren Lippen ihren Hals so küsste. Ihr wurde warm wie im heißesten Sommer, und jede Schicht Stoff schien zu viel zu sein.

Es war mehr Instinkt als Überlegung, der sie nach Regulus‘ Schultern greifen ließ. Sie packte seinen Umhang und zog ihn herunter, und während er in einem schwarzen Haufen auf dem Boden landete, griff sie nach seinem Hemd. Regulus versteifte sich, kaum dass sie daran zog, und stemmte sich im nächsten Moment von ihr weg.

Seine Wangen waren gerötet, genauso wie seine Lippen, die voller und verführerischer denn je aussahen. Lily kam ihnen entgegen, aber Regulus drehte den Kopf zur Seite und im nächsten Moment war er ganz weg. Es dauerte einen Moment, bis Lily die Leere über sich einordnen konnte. Kurz war ihr einfach nur kalt.

„Wir sollten wirklich nicht… Ich meine… hier. Ich…“ So zu stottern war gar nicht Regulus‘ Art. Er hatte ihr den Rücken zugedreht, während er sein Hemd hastig zuknöpfte und zweimal sicherging, dass seine Ärmel vollständig heruntergezogen waren. Es war diese Geste, die Lilys Blick genauer auf sich zog. Es erinnerte sie an seine schreckhafte Bewegung, als sie seinen Ärmel hatte hochschieben wollen.

„Regulus, ich wollte nicht…“

„Ich muss eigentlich auch los“, redete Regulus ihr dazwischen, bückte sich nach seinem Umhang und zog ihn hastig über. Sein konfuser Blick blieb an Lily hängen, die Pupillen ungewöhnlich weit. Regulus beugte sich zu ihr, als würde er sie küssen wollen, drehte aber ab und drückte einen kurzen, fast schüchternen Kuss auf ihre Wange. Lily legte eine Hand auf seinen Arm und spürte ein eindeutiges Zittern, das durch seine Schultern ging.

„Regulus…“

„Wir sehen uns.“ Regulus schnappte sich seine Tasche und spurtete förmlich zur Tür, die er prompt aufreißen wollte – aber sie war noch verschlossen. Er knallte brutal dagegen.

Lily sprang erschrocken von der Tischkante und eilte auf ihn zu.

„Schon gut“, murmelte er abwehrend und hielt sie mit der Hand zurück, die er nicht benutzte um seine schmerzende Nase zu halten. Er holte seinen Zauberstab hervor und tippte das Schloss an. „Ich sollte wirklich… Mach’s gut.“

Diesmal schaffte er es durch die Tür und schien es nicht schnell genug hinter sich zu bringen. Lily fand sich im nächsten Moment alleine im Klassenzimmer wieder, die Haare und ihre Kleidung ziemlich zerwühlt. Sie musste erst ihre Atmung beruhigen, die Hitze aus ihrem Gesicht verschwinden lassen, bevor sie wie in Trance ihr Haar mit den Fingern zurechtkämmte.

Sie hatte keine Ahnung, was gerade schief gegangen war, nur dass etwas schief gegangen war.

Lily setzte sich an den Tisch und presste die Faust gegen ihre noch warmen Lippen. Ihr war, als könnte sie den letzten Kuss dort noch prickeln spüren.

Hatte sie etwas falsch gemacht? Diese Frage schoss ihr wie ein goldener Schnatz durch den Kopf; sie konnte und wollte sie nicht zu fassen kriegen. Regulus war so schnell weg gewesen, wie konnte es da nicht ihre Schuld gewesen sein? Vielleicht war ihm sehr plötzlich klar geworden, dass er lieber wieder nur still neben ihr sitzen und an Zaubertränken arbeiten wollte.

Sie hatten nie darüber gesprochen. Vielleicht war das alles. Vielleicht war es zu früh, der falsche Zeitpunkt oder Ort gewesen. Sie hatte nichts dergleichen im Sinn haben wollen, bis Regulus ihre Hand mitten im Korridor halten wollte, aber wenn sie ehrlich zu sich war, hätte sie ihn gerade alles tun lassen, egal was sie sich vorgenommen hatte zu wollen. Allerdings schien Regulus nicht einmal darüber nachdenken zu wollen.

Ihr stiegen Tränen in die Augen und sie wusste nicht wieso. Lily verbarg das Gesicht in ihren Händen und atmete tief durch, einmal, zweimal, bis sie wieder klar sehen konnte. Sie würde nicht einsam in einem Klassenzimmer sitzen und an ihrem Geburtstag weinen, das war ihr doch zu klischeehaft.

Lily tastete in ihrer Umhangtasche nach der kleinen Schachtel und schaute sich die Phiole mit flüssigem Glück an. Sie lächelte. Er hätte ihr eine Schachtel Pralinen oder Parfüm geschenkt, wenn er sich keine Gedanken um sie machen würde. Das Beste, was er ihr hätte schenken können, wäre natürlich, dass er ihre Hand mitten im Korridor halten wollte. Wo jeder es sehen konnte.

Lily packte ihre Sachen zusammen, wofür sie nicht lange brauchte. So viel später war sie nicht gekommen, was eigentlich genug Zeit für einen Trank eingeräumt hätte. Regulus hatte wohl andere Dinge im Kopf.

Als sie ungetaner Dinge das Klassenzimmer verließ, ging ihr durch den Kopf, wie panisch er sein Hemd gerichtet hatte. Vor allem seine Ärmel. Vielleicht sah es in ihrer Erinnerung tausendmal auffälliger auf, weil Malfoy diesen Unsinn verzapft hatte. Aus seiner Sicht gab es nur eine richtige Seite, auf die er anspielen konnte, und die hatte Regulus nicht gewählt. Sie hatte seinen Arm gesehen – in den Ferien – vor über einem Monat. Aber die Möglichkeit alleine, dass er sich Voldemort zu Füßen geworfen hatte, war absurd. Er wollte kein Todesser sein, selbst wenn er mit dem Gedanken sehr idealistisch gespielt hatte. Und er konnte nicht reinen Gewissens mit ihr zusammen sein und Voldemort unterstützen.

Eine Stimme in ihrem Kopf, die sehr nach Petunia klang, sagte ihr, dass wenn im Wald ein Baum umfiel und niemand es hörte, es auch nicht passiert war.

War sie wirklich seine Freundin, wenn niemand es wusste? Dafür wussten es wahrscheinlich zu viele. Sogar Malfoy – und sie hatte Regulus nichts davon gesagt. Das musste sie so schnell wie möglich nachholen, und vielleicht würde sie den Rest ihres Geburtstags dann doch noch so verbringen, wie sie es sich gewünscht hatte. Zusammen mit Regulus.

Lily nahm die Treppen aus dem Kerker, schaute dabei immer wieder auf ihre Uhr, als würde ihre Schrittgeschwindigkeit die Zeit bis zum Ende des Abendessens beschleunigen. Danach könnte sie Regulus abfangen. Er ignorierte sie nie, wenn sie ihn auf dem Korridor ansprach, auch nicht wenn Dutzende Slytherins in der Nähe waren.

Ein halbes Dutzend Slytherins hatte sich jedenfalls um den Eingang zu den Kerkern versammelt. Sie lachten und kicherten und verstummten abrupt, als Lily an ihnen vorbeiging. Ihre Blicke folgten ihr, als sie sich ihren Weg zwischen herumwuselnden Erst- und Zweitklässler durchbahnte. Lily versuchte das flaue Gefühl in ihrem Magen zu ignorieren – meistens fühlten Slytherins sich wohler, wenn sie sich wie bei einer Templerversammlung verschwörerisch zusammenfinden konnten.

Lily fand Dorcas und Mary am Aufgang der Großen Treppe und stellte sich zu ihnen, während Schüler wie Wassermassen in die Große Halle zum Abendessen strömten.

„Was machst du denn schon hier?“, fragte Mary in einem Tonfall, als hätte Lily gerade gewagt mit Socken in Sandalen aufzukreuzen. „Was?“

Dorcas gluckste fröhlich vor sich hin, aber ihr Blick schien etwas Interessantes in der Halle gefunden zu haben. Lily folgte ihr und entdeckte Regulus. Er bahnte sich den Weg zwischen einigen Drittklässlerinnen durch, die ihm hoffnungsvolle Blicke nachwarfen, und kam aus der Großen Halle. Ungewöhnlich genug, immerhin hatte das Abendessen noch nicht einmal angefangen, und die Flecken auf seinen Wangen waren merkwürdig tief rot.

Sie machte einen Schritt auf ihn zu, als er über die Schwelle der Halle trat – etwas rumpelte, krachte, und im nächsten Moment fielen wie aus dem Nichts eimerweise Schlamm auf Regulus herunter. Er blieb wie schockgefroren stehen, vollkommen in braunen Matsch getränkt, der von seinen Haaren und Schultern tropfte. Die ganze Halle brach in Lachen aus, aberdutzende von Schülern, die sich vor Lachen krümmten und die Mägen hielten.

„Herzlichen Glückwunsch“, raunte ihr jemand ins Ohr. Lily drehte sich um und musste sich von Severus angrinsen lassen. Er hatte sich neben der Treppe versteckt gehalten, neben ihm wie immer Mulciber und Wilkes, die am lautesten lachten, und Rosier und Avery, die sich vor Lachen sogar aneinander festhalten mussten.

„Hey, Black“, rief Mulciber noch halb lachend. „Stell dich doch nicht so an. Du stehst doch auf Schlamm.“

Regulus schaute zu ihnen herüber. Bedeckt mit Schlamm war es bemitleidenswert, wie er versuchte seine gerade Haltung zurückzubekommen.

„Ihr seid widerwärtig“, fuhr Lily sie an und wollte auf Regulus zugehen, als sie jemand zur Seite schob, genau in die entgegengesetzte Richtung. Sirius baute sich vor Snape auf. Er sah aus wie ein Hund, der kurz davor war jemandem die Kehle durchzubeißen.

„Du findest das komisch, ja, Schniefelus?“, knurrte er.

Severus verzog bei diesem Spitznamen wütend das Gesicht. „Dann trifft es doch genau deinen Humor, Black. Keinen.“

„Glaub ja nicht, dass ich nicht wüsste, was du vorhast. Oder was du in den Ferien getan hast. Das ist mein Bruder, und du versuchst nicht ihm wehzutun, weil du ein erbärmlicher, eifersüchtiger Niemand bist.“

„Seit wann bist du ein Familienmensch, Black? Du würdest deinen Bruder vor den Zug werfen, wenn du dafür einen Schokofrosch kriegen würdest.“

Sirius holte aus und schlug seine Faust in Severus‘ Gesicht. Aus dem Lachen wurden augenblicklich erschrockene Laute, gefolgt von Anfeuerungsrufen wie bei einem Untergrundboxkampf.

„Sirius!“ Lily versuchte seinen Arm zu fassen zu kriegen, aber er stürzte sich aus ihrer Reichweite und direkt auf Severus, der mit einem panischen Laut nach seinem Zauberstab griff. Aber er war nicht schneller als Sirius‘ Faust.

Jemand schob sie erneut beiseite. James stürmte an ihr vorbei und packte Sirius von hinten, zog ihn von Severus weg. Er murmelte ihm dabei irgendetwas zu, das alles andere als beruhigend zu sein schien.

Severus‘ Nase blutete und wirkte irgendwie krumm. Hasserfüllt blickte er Sirius und James an, holte aus und schubste Sirius mit beiden Händen gegen James. Beide fielen gegen Lily und ihr gemeinsames Gewicht stieß sie zu Boden. Mary schrie auf, als hätte man sie erschossen. Lily spürte Schlamm zwischen ihren Fingern, wo sie sich auf dem Boden abgestützt hatte.

„Lasst ihn in Ruhe“, hörte sie Rosier sagen. James hatte seinen Zauberstab gezogen und auf Severus gerichtet, hielt Sirius aber immer noch mit einer Hand zurück. Avery schubste James zurück.

„Ja, Severus kann nichts dafür, dass dein Lover sich nicht beherrschen kann, Potter.“

„Du bist nur eifersüchtig, dass du die Schlammkur nicht gekriegt hast, oder Potter?“, warf Mulciber ein und blickte herablassend auf Lily herunter. „Wir wissen alle, wie scharf du darauf warst.“

Wilkes pfiff aufreizend. Sirius zuckte in seine Richtung, worauf er quietschend zur Seite sprang. Mulciber stieß Sirius gegen die Brust, was er besser nicht getan hätte. James hielt ihm seinen Zauberstab unter die Nase – es krachte, als der Fluch an seiner Schläfe explodierte. Aber nicht James hatte ihn abgefeuert, sondern Wilkes. James konnte sich gerade noch darunter wegducken und der Zauber traf frontal auf eine Rüstung bei der Treppe, sprengte ihren Helm weg.

„Was ist hier los?“

Alle sprangen auseinander. Professor McGonagall stand in der Schlammpfütze am Eingang zur Großen Halle. Mit ihrem riesigen Spitzhut sah sie noch größer aus, als sie ohnehin schon war, und ihre imposante Haltung ließ die ganze Eingangshalle verstummen.

„Miss Evans?“ Ihr Blick ging auf Lily herunter. „Was ist passiert? Alles in Ordnung?“

Lily nahm James‘ Hand und ließ sich von ihm aufhelfen. Sie schenkte ihm ein dankbares Lächeln und nickte Professor McGonagall zu. James‘ Hand ließ ihre nur zögerlich los.

„Mr. Potter und Mr. Black, wieso überrascht mich das nicht?“, seufzte Professor McGonagall.

„Es war nicht ihre Schuld“, rief Dorcas aus. Mary nickte heftig.

„Nun, Miss Meadowes, Sie habe ich nicht gefragt. Mr. Potter, würden Sie mir als Schulsprecher erklären, wieso Mr. Filch seine Nacht damit verbringen wird den Boden zu schrubben.“

„Wenigstens hat er dann mal nachts etwas zu tun“, sagte Sirius schneidend. Er brodelte innerlich, das konnte Lily sehen. Sie wusste, dass sich das seit den Ferien, in denen Severus Regulus‘ Arm aufgeschlitzt hatte, in ihm angestaut hatte.

Professor McGonagall räusperte sich über das ausbrechende Glucksen hinweg. Sie bedeutete den anderen Schülern zu verschwinden, was natürlich nicht auf große Unterstützung traf. Alle wollten sehen, was passiert war oder noch passieren würde. Lily versuchte sich in dem Durcheinander umzusehen, während James alles erklärte, aber sie konnte Regulus nicht entdecken und er war bereits verschwunden gewesen, als Professor McGonagall aufgetaucht war.

„Ich hab ihn rausgehen sehen“, murmelte Dorcas ihr über die Schulter zu und schob sie in Richtung Tor. Lily bedankte sich stumm und stahl sich davon, auch wenn alle, ganz besonders James, ihr hinterher zu blicken schienen. Sie rutschte in der Schlammpfütze fast aus. Es würde nicht viel ändern. Ihr rechtes Bein war bis zum Rock schlammig.

Lily lief auf die Ländereien heraus und wickelte sich fester in ihren Umhang, um den kalten Wind auszuschließen. Der Schnee lag nicht mehr so tief wie noch vor ein paar Wochen, aber sie konnte deutlich frische Spuren erkennen. Sie folgte ihnen bis zu Hagrids Hütte, wo sie sich in mehrere aufspalteten. Einige Spuren führten in Richtung Wald, andere zum Quidditch-Stadion. Das Gryffindorteam hatte heute Training gehabt, eine der Spuren gehörte also James. Der Wald schien so gar nicht zu Regulus zu passen. Lily folgte den Spuren zum Stadion.

Sie erreichte es fünf Minuten später, als der Schlamm auf ihrem Bein eiskalt geworden war und dabei schien einzufrieren. Das Stadion war verlassen, wie nicht anders erwartet. Die Tür zu den Slytherinkabinen stand offen und als sie eintrat hörte sie das dumpfe Rauschen der Dusche. Lily entdeckte Regulus‘ Tasche auf der Bank bei seinem Spind. Sie erinnerte sich an das letzte Mal, als sie hier gewesen war. Es kam ihr wie eine Ewigkeit vor, dass sie ihn hier das erste Mal in den Arm genommen hatte.

Lily schaute vorsichtig in die Duschen hinein. Regulus stand barfuß in der Mitte und knöpfte sein Hemd auf, das vom Schlamm fast vollständig durchtränkt war. Nur noch einzelne weiße Streifen blitzten unter der braunen Schicht hervor.

„Regulus?“

Er fuhr herum und zog sein offenes Hemd wieder über die Schultern, zog es sich eng um den Körper. Lily fühlte sich, als würde er sie ausschließen.

„Ich wollte nur sehen, ob es dir gut geht.“

Regulus vermied es sie anzusehen. Sein Gesicht war dreckig und sein Haar verklebt vom Schlamm, auch wenn er anscheinend versucht hatte es schnell auszuspülen.

„Sie haben mich nicht aufgeschlitzt“, sagte er kühl, aber unter der Schicht Eis hörte sie ein leises Zittern heraus. „Es ist nur Schlamm, das tut nicht weh.“

Lily trat in die Dusche und Regulus wich vor ihr zurück, mitsamt Kleidung unter den Strahl der Dusche. Er kniff die Augen zusammen, als das Wasser ihn durchtränkte, und schaltete die Dusche ab.

„Ich kann heute nicht anders als mich zu blamieren“, murmelte er.

Lily kam an seine Seite und umfasste seinen Arm, strich auch über den verdreckten Stoff seines Hemdes, egal wie schmutzig ihre Finger zurückblieben. „Du hast dich nicht blamiert. Die wollten dich blamieren, und wenn du dein Kinn hochhältst, wie du es versucht hast, wird es nicht funktionieren.“

Regulus atmete schwer ein und aus. Die heiße Luft, die das Wasser zurückgelassen hatte, hinterließ einen feuchten Film auf seinem schmutzigen Gesicht. Er blinzelte zu schnell, um ihr etwas vorzumachen.

„Das würde nur leider nichts bringen, weil niemand sehen würde, wie hoch ich mein Kinn halte. Ich kann nie wieder einen Fuß in dieses Schloss setzen.“ Er machte sich von ihr los und sackte mit dem Rücken gegen die feuchte Kachelwand. Lily wollte nach seiner Hand greifen, aber er hob beide an sein Gesicht, versteckte sich hinter ihnen. Seine schnapphafte Atmung wurde dumpf von seinen Handflächen aufgefangen.

„Sei nicht dumm, Regulus“, sagte Lily und strich ihm tröstend über den Arm.

„Wenn ich nicht dumm wäre, hätte ich verstanden, dass sie die ganze Zeit von meinem kleinen Geheimnis wussten. Aber ich war naiv und dumm. Ich dachte, wenn sie etwas ahnen würden, dass sie sich vielleicht an den Gedanken gewöhnen, wenn ich ihnen Zeit gebe. Wie kann man so dumm sein? Ich hab sie förmlich eingeladen mich vor der ganzen Schule bloßzustellen.“ Er schien mit jedem Wort schwieriger an Luft zu kommen.

„Das heißt nicht, dass alle automatisch von uns wissen, Regulus“, versuchte Lily ihn zu beruhigen.

Nur schien sie Regulus damit nicht aufzuheitern. Er rutschte an der Kachelwand herunter auf den Boden, wo er wie ein nasser Hund sitzenblieb. Lily kniete sich neben ihn auf den Boden. Ihre Strümpfe und ihr Rock waren sofort nass. Sie strich ihm das Haar aus der Stirn, wischte die gröbsten Schlammspuren weg, auch als Regulus den Kopf von ihrer Hand wegdrehen wollte.

„Ich bin lächerlich“, presste er heiser hervor.

„Nein, du bist verletzt und das ist in Ordnung“, sagte Lily entschieden und gab ihm einen Kuss auf die schmutzige Wange. Erst dann schien Regulus sich nicht mehr darum zu kümmern. Er zog sie an sich und nahm sie fest in den Arm. Seine nasse, eisige Stirn drückte sich gegen ihren Hals, als er sich an ihre Schulter schmiegte. Sie strich über seinen Rücken, über das nasse, schlammdurchtränkte Hemd, das ihm schon halb von der Schulter hing. Sein blanker Rücken war kalt und angespannt, als sie darüber strich.

„Das ist meine Schuld“, murmelte sie. „Ich wollte dich nie in Schwierigkeiten bringen. Irgendwie hab ich mir alles immer weniger kompliziert vorgestellt.“

Regulus schüttelte den Kopf. „Nichts davon ist deine Schuld.“

„Severus hat das getan, um mir eins auszuwischen. Sein Geburtstagsgeschenk, sozusagen. Er hat es mir selbst gesagt. Und du musst darunter leiden…“

„Er scheint mir sehr eifersüchtig zu sein…“

„Er ist verbittert“, sagte Lily. „Und Lucius Malfoy hat ihn angestachelt, glaube ich. Er denkt, dass ich dir nichts als Schwierigkeiten bringen werde. Ich hab ihn vorhin vor Dumbledores Büro getroffen…“

Regulus‘ Augen weiteten sich. „Das hast du mir nicht gesagt.“

„Ich wollte, aber du hast mir keine große Gelegenheit dazu gelassen“, gab Lily schmunzelnd zurück. Regulus‘ finstere, ernste Miene bekam einen kleinen Riss als er das erwiderte.

Er hob die Hand an ihr Gesicht, als würde er ihr eine Haarsträhne aus der Stirn schieben wollen, bemerkte vorher aber seine schmutzigen Finger und ließ es. „Ich hab dir deinen Geburtstag schön ruiniert. Sicher gibt es unzählige amüsantere Menschen, mit denen du jetzt ein Stück Kuchen aus der Küche stibitzen könntest.“

„Nein. Nein, hast du nicht. Nicht einmal wenn es mich interessieren würde, dass ich zu alt für dich werde“, sagte Lily und fuhr über seine offenen Hemdseiten. „Vielleicht sollten wir dich aus diesen Sachen holen.“

Regulus beobachtete ihre Hände sehr genau. „Worauf willst du hinaus?“

„Ich dachte, das wäre offensichtlich?“ Sie lächelte herausfordernd, aber Regulus‘ Antwort darauf war ihre Hände unter seinem Hemd hervorzuziehen und es zuzuknöpfen.

„Ich hab nichts zum Wechseln da“, murmelte er und unter dem Schmutz in seinem Gesicht glaubte sie einen Rotschimmer zu erkennen, als hätte er in die falsche Richtung gedacht. „Was hat Lucius zu dir gesagt?“

Lily seufzte und kuschelte sich an Regulus‘ Seite, lehnte den Kopf an seine Schulter. Sie zog seinen Arm um sich, ganz zufällig den linken, und während sie ihm von ihrer unangenehmen Begegnung mit Lucius Malfoy erzählte, strich sie über seinen Unterarm, nicht ohne sich zu fragen, ob er unter seinem Ärmel vielleicht doch einen Grund versteckte sie nicht an sich heranlassen zu wollen.

Oder Lucius Malfoy setzte sie gerade erfolgreich matt.


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