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Fanfiction

Mud and Blood - Blut

von Dr. S

Die Luft war zum Schneiden dick, aufgeladen wie vor einem Sommergewitter und das im tiefsten Winter. Severus stand wie eine dunkle Säule im Schnee, der Wind schlug die weiten Roben um seine Knöchel, und ohne seine Füße hätte er wie ein Dementor ausgesehen.

Lily umfasste instinktiv Regulus‘ Roben, als würde sie ihn festhalten müssen, aber er rührte sich nicht von der Stelle. „Was machst du hier draußen?“, rief Lily zu Severus rüber, sehr bemüht die Ruhe in ihrer Stimme zu halten.

Severus rührte sich endlich. Er schlug seinen Umhang mit einer dramatischen Geste zur Seite, damit er bei seinem ersten Schritt vorwärts nicht über den weiten Saum stolperte. „Du tust so, als wäre es ein Verbrechen so spät noch unterwegs zu sein, aber du gehst auch nicht mit gutem Beispiel voran“, sagte er zischend, ging um den Zaun herum und blieb einen Steinwurf von ihnen entfernt stehen. Er musterte sie abfällig von Kopf bis Fuß. „Weiß dein Freund, dass du dich mit seinem Bruder triffst?“

Lily rollte mit den Augen und atmete so schwer aus, dass die Kälte ihren Atem in eine kleine Wolke verwandelte.

Regulus blickte sie stirnrunzelnd an, aber in seinem Blick konnte sie nicht nur Verwirrung sondern Panik erkennen.

„Oh, bitte, Severus. Sirius hat sich darüber lustig gemacht, dass du dir diesen Unfug überhaupt eingeredet hast.“

„Entschuldige. Ich hatte vergessen, dass du seinen Humor neuerdings amüsant findest“, sagte Severus gedehnt, als würde das Thema ihn langweilen. Er fixierte Regulus beinahe beiläufig. „Wahrscheinlich soll ich dir auch glauben, dass das hier reiner Zufall ist? Bist du ins Flohnetzwerk gestolpert, Black, und ausgerechnet hier rausgekommen?“

„Snape.“ Regulus schüttelte warnend den Kopf.

Severus‘ Lippen kräuselten sich in ein süffisantes Lächeln. „Wenn ich mich recht erinnere, solltest du doch woanders sein.“

Diesmal war es an Lily die Stirn zu runzeln und Severus‘ Gesichtsausdruck nach schien das genau die Reaktion gewesen zu sein, die er sich gewünscht hatte. Sie wollte ihm diese Genugtuung nicht geben, trat auf Severus zu, aber Regulus fasste sie am Arm, nicht fest genug um sie zurückzuhalten, aber die Geste reichte, damit sie an seiner Seite stehenblieb.

„Du kannst andeuten, was du willst“, sagte sie. „Es interessiert mich nicht, was du denkst, und dich sollte nicht interessieren, was ich mit wem tue. Das ist allein meine Sache.“

„Ich hab nicht mit dir geredet“, gab Severus zurück, „oder sprichst du jetzt für euch beide? Wie wenig Selbstbewusstsein hast du, dass du dir das gefallen lässt, Black?“

„Ich habe dir nichts zu sagen, Snape“, erwiderte Regulus.

Severus schob die Hände in die Umhangtaschen, ballte sie dort deutlich sichtbar zu Fäusten. „Dafür hast du deiner Freundin etwas zu sagen, nehme ich an.“

„Danke, Snape, aber ich brauche deine Hilfe nicht um Konversationen zu führen“, sagte Regulus mit trockenem Sarkasmus.

„Du hältst dich für etwas Besseres, schon verstanden.“ Severus verzog spöttisch die Mundwinkel, aber gleichzeitig regte die Faust in seiner Tasche sich, als würde er etwas greifen. „Besonders jetzt, wo du dir ein hübsches Accessoire gegriffen hast.“

„Severus“, warnte Lily.

„Hast du dich angesprochen gefühlt?“ Severus‘ spöttisches Grinsen wurde immer mehr zu einer Fratze, als würden Wut und Verbitterung seine Gesichtsmuskeln in alle Richtungen ziehen. „Natürlich hast du das. Ich bin mir ziemlich sicher, dass dir dein ach so toller Prince Charming hier nicht verraten hat, was er so getrieben hat, bevor er dir einen nächtlichen Besuch abgestattet hatte.“

Lily schnaubte, aber aus dem Augenwinkel konnte sie Regulus schlucken sehen. Sie warf ihm einen kurzen, aber doch zu langen Blick zu. Severus grinste, als hätte er gerade einen Erstklässler aus Gryffindor auf seiner Patrouille erwischt und durfte ihm Punkte abziehen und Nachsitzen geben.

„Ich weiß, dass es nicht viel braucht um dich neugierig zu machen, Lily“, sagte er.

„Und du versuchst es absichtlich?“ Lily schüttelte den Kopf. „Glaubst du, ich falle auf sowas rein? Ich weiß, was du vorhast, Severus.“

„Weißt du auch, was er vorhat?“ Severus nickte in Regulus‘ Richtung, traute sich anscheinend nicht die Hände aus den Taschen zu nehmen. „Hast du ihr gesagt, was du getan hast, Black? Hast du?“

„Es geht dich nichts an, was ich Lily sage“, sagte Regulus. Sein sonst so gelassener Tonfall litt unter seinen merklich verkrampften Kiefern.

„Du hast es ihr nicht gesagt“, zischte Severus, wie ein frustrierter Lehrer, der nach einem Dutzend Fehlversuche immer noch nicht die richtige Antwort bekommen hatte. „Du hast es ihr nicht gesagt, sonst würde sie hier nicht mit dir stehen oder dich überhaupt ansehen.“

„Ich stehe hier übrigens noch“, warf Lily ein.

„Du verdienst es nicht angesprochen zu werden, wenn du dich so dämlich verhältst“, fuhr Severus sie an. „Merkst du nicht, was er tut, Lily?!“

Regulus machte einen plötzlichen Schritt nach vorne, wie eine Raubkatze, die zum Sprung ansetzte. „Du hast nicht zu entscheiden, wann ich ihr was sage oder nicht, Snape.“

Severus reagierte fast im selben Augenblick und riss seine Hand aus der Tasche, hielt seinen Zauberstab Regulus entgegen. „Meinst du?“

Lily riss entsetzt die Augen auf. „Bist du verrückt geworden, Severus? Steck den weg!“

„Wenn er dir sagt, was für ein scheinheiliger Mistkerl er ist“, gab Severus zurück, ohne den Blick von Regulus zu nehmen, der sich von dem Zauberstab nicht einschüchtern ließ. Wenn überhaupt, machte es ihn wütender. Seine Stirn kräuselte sich wütend und unter den zusammengezogenen Augenbrauen wirkten seine Augen noch dunkler. Severus schien dieser Anblick nichts auszumachen. „Sag es ihr, Black.“

„Ich lasse mich nicht erpressen, Snape“, antwortete Regulus, und seine Stimme war so ruhig, dass er umso bedrohlicher klang.

„Dann sag ich es ihr.“

Lily hob beide Hände. „Ich will nicht hören, was du zu sagen hast, Severus. Nicht, wenn du es nur hinter deinem Zauberstab sagen kannst.“

Severus schnaubte abfällig. „Du hast doch nur Angst die Wahrheit zu hören. Dass er nicht besser ist als ich, und mich hast du ohne zu Blinzeln abgeschrieben. Du bist nichts als ein scheinheiliges Miststück, wenn du bei ihm ein Auge zudrückst.“

„Halt dich zurück, Snape“, sagte Regulus drohend, obwohl Lily den Kopf in seine Richtung schüttelte.

„Sag’s ihr, Black“, sagte Severus zischend. „Sag ihr, wo wir uns vorhin getroffen haben. Oder bist du genauso ein Feigling wie dein Bruder?“

„Das ist doch lächerlich“, murmelte Regulus und drehte ihm den Rücken zu.

Severus‘ Nüstern flatterten und er riss seinen Zauberstab ruckartig zur Seite, schnitt wie mit einem Schwert durch die Luft. Kein Lichtblitz begleitete den Fluch und das einzige Geräusch war ein plötzliches Ratschen von Stoff, der auseinander gerissen wurde. Regulus gab einen dumpfen Schmerzenslaut von sich und griff seinen linken Arm. Lily schlug sich erschrocken die Hände vor den Mund, dämpfte den Schrei, der in ihrer Kehle steckenblieb. Blut quoll über den zerschnittenen Ärmel in Regulus‘ Mantel, wie Wasser, das mit unaufhaltsamer Kraft aus einem Damm brach. Regulus hielt seinen Arm fest umklammert, aber das Blut lief zwischen seinen Fingern durch und über seinen Handrücken, fiel in dicken roten Tropfen in den weißen Schnee.

„Zeig es ihr“, blaffte Severus und streckte den Zauberstab erneut aus.

Lily riss ihren eigenen Zauberstab aus ihrer Tasche. „Expelliarmus!“

Severus blockte ihren Zauberspruch mit einer panischen Geste. Er starrte sie aus großen Augen entsetzt an, während die Vene in seiner Schläfe weiter heftig pochte. „Hast du gerade –“

Lily feuerte den Entwaffnungszauber erneut ab, diesmal non-verbal, aber Severus blockte auch diesen. Er machte einen Schritt zurück, als sie einen nach vorne tat und den Zauberstab zitternd auf ihn richtete.

„Er hatte dir den Rücken zugedreht“, fauchte sie. „Wer ist hier jetzt der Feigling?!“

Severus blockte nicht mehr. Sein ganzes Gesicht verzog sich in eine groteske Maske der Wut. „Ich bin kein Feigling“, schnaubte er und schlug einen Schockzauber in ihre Richtung.

Lily ließ den roten Lichtblitz von ihrem Schildzauber abprallen, und er flog mit doppelter Geschwindigkeit auf Severus zu, der sich in letzter Sekunde alles andere als elegant duckte. „Du bist ein Feigling und lächerlich, Severus. Das hier geht zu weit.“

„Du bist so ein dummes, naives Schlammblut“, zischte Severus und holte mit dem Zauberstab aus.

Regulus sackte neben ihr auf die Knie. Lily wirbelte herum, ohne einen weiteren Blick für Severus oder was immer er mit seinem Zauberstab tat übrig zu haben, und fiel neben Regulus in den Schnee. Sie stützte ihn mit einer Hand, fasste mit der anderen nach seinem Arm. Er blutete immer noch.

„Lass mich sehen“, murmelte sie und löste Regulus‘ blutverschmierte Finger von dem Schnitt, der sich quer über seinen linken Unterarm zog. Er war tief und lang, wie von einem scharfen Messer. Innerhalb einer Sekunde waren auch ihre Finger blutig. Der Fluch musste seine Pulsader erwischt haben, so schnell quoll das Blut hervor. Sein zerschnittener Ärmel hing nass über seiner zitternden Hand.

„Ich kann nicht… Ich weiß nicht, wie…“ Regulus deutete hilflos mit dem Zauberstab auf den Schnitt. Er schwankte gefährlich. Der Schock trieb ihm kalten Schweiß auf die Stirn.

„Ist schon gut“, sagte Lily ruhig und schob Regulus‘ Zauberstabhand aus dem Weg. Sie kannte diesen Fluch. Severus hatte damit in ihrem fünften Jahr experimentiert, falls er sich verteidigen müsste. Unter anderem hatte James‘ Wange damit Bekanntschaft gemacht.

Lily zog ihren Zauberstab über den Schnitt und murmelte den melodiösen Heilzauber, der das Blut wieder zurückzog und die Wunde zuwachsen ließ. Regulus hatte noch immer Schwierigkeiten sein Gleichgewicht zu halten. Zu viel seines Blutes befleckte den Schnee.

„Siehst du jetzt, worauf du dich eingelassen hast, Lily?“, zischte Severus.

Lily schoss ihm einen eisigen Blick über die Schulter zu. „Ich wünschte gerade, ich hätte mich nie auf dich eingelassen.“

Severus ließ seinen Zauberstab sinken. In seinem Blick brannte keine Wut mehr, keine Verbitterung zerrte an seinen Mundwinkel; er sah verletzt aus. Als hätte sie ihn mit seinem Lieblingszauber getroffen.

Lily stützte Regulus, legte seinen Arm um ihre Schulter und jeweils eine Hand auf seine Brust und seinen Rücken. „Kannst du aufstehen?“

„Ja. Ja, es geht mir gut“, sagte Regulus, aber als sie ihn hochzog sackte er gegen ihre Seite. Sein Gewicht brachte sie aus dem Gleichgewicht. Sie stolperte und musste ihren Halt mit einem Ausfallschritt im Schnee finden, um sie beide aufrechtzuhalten. „‘tschuldige“, murmelte Regulus in ihr Ohr.

Lily schüttelte den Kopf. „Das wird Narben geben, wenn du kein Diptam bekommst. Ich hab welches zu Hause.“

„Ist schon gut. Ich sollte gehen“, sagte Regulus, aber Lily ließ keinen Widerspruch zu und zog ihn vorwärts. Sie überquerten die Wiese in Richtung Stadt. Die Straßen waren verlassen und dunkel, umso lauter war Severus‘ Stimme.

„Das wirst du auch noch bereuen, Lily“, rief er ihnen nach, aber Lily drehte sich nicht um, wollte ihm diese Genugtuung nicht geben. „Wenn er dich fallenlässt, werde ich da sein und lachen, so wie du gelacht hast, als James Potter mich vor der ganzen Schule gedemütigt hat.“

Lily musste sich auf die Zunge beißen, um nichts zu erwidern. Ihr lag mehr auf der Zunge, als sie ertragen konnte, und als sie den ganzen Ärger herunterschluckte, schien ihre Kehle zu eng um zu atmen. Sie klammerte sich an Regulus fest, obwohl er sie als Stütze nötiger hatte. Seine Schritte waren ungleichmäßig, bei jedem zweiten Schritt schlurfte er mit der Schuhsohle über den Schnee und sein Kopf rollte auf ihre Schulter. Als sie ihn ansprach, bekam sie erst Sekunden später eine zögerliche Antwort.

Es schien eine halbe Ewigkeit zu dauern, bis sie wieder vor ihrer Haustür standen. Lily kramte ihren Schlüssel heraus, schloss die Tür auf und versuchte sie möglichst leise aufzuschieben – auf halbem Wege quietschte sie entsetzlich in den Angeln.

„Lily? Bist du das?“, kam die Stimme ihres Vaters aus dem Arbeitszimmer. Der Rest des Hauses lag im Dunkeln.

„Ja, Dad. Ich geh gleich hoch. Gute Nacht“, rief Lily und schob Regulus eilig auf die Treppe zu.

„Schlaf gut, Liebes.“

Lily half Regulus die Treppen nach oben, und jeder ihrer Schritte schien die Stufen knarzen zu lassen. Sie spürte Regulus‘ Blick auf sich, wich ihm aber aus. Sie konnte sich denken, dass es ihm nicht gefiel in ihr Zimmer geschmuggelt zu werden, aber das war ihr lieber als ihren Eltern erklären zu müssen, wieso überall Blut an ihnen klebte.

Ihr Zimmer lag rechts neben dem Treppenabsatz im ersten Stock. Petunias Zimmertür am Ende des Flures stand noch offen und das rote Licht ihrer Lavalampe fiel durch den Spalt, malte merkwürdige Muster an die Wand. Lily schlüpfte hinter Regulus in ihr Zimmer und schloss die Tür, verriegelte sie mit ihrem Zauberstab.

„Okay, setz dich.“ Sie deutete auf ihr Bett, aber Regulus rührte sich nicht vom Fleck. Lily schob ihn sanft auf die Bettkante, zwang ihn sich zu setzen und bog zu ihrem Schreibtisch ab, schaltete die Lampe dort an. Sie zog alle Schubladen auf, als würde sie sich plötzlich in ihrem eigenen Zimmer nicht mehr zurechtfinden, bevor sie fand wonach sie suchte. Ein kleines Fläschchen, das Professor Slughorn ihr zu ihrem letzten Geburtstag geschenkt hatte. Diptamessenz. Sie hoffte, dass es sich noch gehalten hatte.

Lily setzte sich neben Regulus auf die Bettkante und zog das halb abgerissene Stück von Regulus‘ Ärmel herunter. Es legte nicht genug von seinem Arm frei.

„Kannst du den abnehmen?“, bat Lily und öffnete die Knöpfe von Regulus‘ Mantel, bevor er widersprechen konnte. Abschütteln musste er ihn selbst, während sie das Fläschchen Diptam öffnete.

„Es geht mir wirklich gut“, sagte Regulus. Er hatte jede Farbe im Gesicht verloren und die Schatten unter seinen Augen wirkten tiefer, als jene in den Gassen von Spinner’s End. „Das ist sicher nicht nötig.“

„Das war ein schwarzmagischer Fluch und er wird Narben hinterlassen, wenn du kein Diptam nimmst. Willst du das?“

Der Ärmel seines Pullovers war ebenfalls zerrissen, ließ sich aber leichter hochkrempeln. Darunter war der Schnitt noch deutlich zu erkennen, hob sich rot von seiner blassen Haut ab, umrahmt von getrockneten Blutflecken.

„Würdest du mich mit Narben nicht mehr mögen?“, fragte Regulus stichelnd.

Lily schmunzelte, nahm den Blick aber nicht von der tiefroten Stelle, auf die sie vorsichtig Diptam verteilte. „Natürlich. Ich wäre untröstlich, wenn du nicht mehr hübsch und perfekt wärst.“

Regulus‘ Lächeln war klein und schien noch zerbrechlicher, weil seine Haut aschfahl war. „Sirius meint immer, Frauen würden Narben anziehend finden. Vorausgesetzt man endet nicht wie Mad-Eye Moody.“

„Ach? Ich finde, du bist zu jung für Narben irgendwelcher Art.“ Lily verkorkte das Fläschchen, während sie im Auge behielt, wie neue Haut über die rote Stelle wuchs, wo Severus‘ Fluch seine Spuren hinterlassen hatte. Sie strich sanft darüber, um sicherzugehen, das alles in Ordnung war. Die neue Haut fühlte sich dort noch dünn wie Papier an, das jeden Moment reißen konnte. Lily ließ den Blick über seinen restlichen Arm wandern, fand aber nichts Ungewöhnliches dort. Auf keinen Fall etwas, das sie dazu bringen würde nie wieder mit ihm zu reden.

„Ich kannte diesen Zauber überhaupt nicht“, sagte Regulus. „Keiner meiner Heilzauber hat irgendetwas ausgerichtet… Woher wusstest du, was du tun musstest?“

„Severus hat es mir gezeigt. Er hat sich den Zauber selbst ausgedacht, deswegen kennst du ihn nicht“, erwiderte Lily. „Das letzte Mal, als er ihn benutzt hat, hat er James Potters Wange damit aufgeschlitzt. Ein kleiner Kratzer. Man sieht ihn auch nur noch, wenn man ganz genau hinsieht. Ich hatte keine Ahnung, dass er inzwischen so etwas daraus gemacht hat.“

Regulus legte die Stirn in Falten. Er war noch immer sehr blass.

„Ich verrate dir nicht, wie er funktioniert“, sagte Lily und Regulus‘ Miene lockerte sich amüsiert auf. Sie war froh, dass er scheinbar gar nicht daran gedacht hatte sie danach zu fragen. Severus liebte seine kleinen Zauberexperimente, aber irgendwann hatte er angefangen immer mehr dunkle Magie zu benutzen und damit wollte sie nichts zu tun haben. Sie erinnerte sich zu genau an seinen fast manischen Blick, als er von diesem erzählt hatte, ihn ihr gezeigt und stolz erklärt hatte, dass James Potter sich jetzt nicht mehr trauen würde über ihn zu lachen.

Lily schüttelte den Kopf. „Ich kann nicht fassen, dass er das wirklich getan hat. Was ist nur in ihn gefahren?“

„Ich kann es mir denken“, sagte Regulus und schaute sie an, als würden sie beide wissen, wovon er redete. Lily runzelte die Stirn, was Regulus dazu verleitete ihr eins seiner seltenen Lächeln zu zeigen, als hätte sie etwas Niedliches getan. „Er ist eifersüchtig.“

Lily verdrehte die Augen und sah lieber zu, wie Regulus‘ Haut wieder perfekt und ebenmäßig zuwuchs.

„Lily, er hat mich aufgeschlitzt, weil er gesehen hat, wie wir uns geküsst haben. Er war eifersüchtig, weil er in dich verliebt ist.“

Lily versuchte die Hitze zu ignorieren, die in ihre Wangen schoss. „Bist du sicher, dass er nicht verliebt in dich ist? Das halte ich für wahrscheinlicher.“

Regulus hob beide Augenbrauen und die Hitze in ihren Wangen stieg an, bis ihr Gesicht glühte, als hätte sie es gerade ins Kaminfeuer gesteckt.

„Wenn er mich mögen würde“, sagte sie langsam, als würde sie einem sturen Kind etwas erklären müssen, „hätte er mich nicht als Schlammblut bezeichnet, von den ganzen anderen Beleidigungen abgesehen. Er wäre auch noch mit mir befreundet. Aber Tatsache ist, dass er lieber mit Mulciber befreundet sein wollte.“

Die rote Stelle auf Regulus‘ Arm war fast vollkommen verschwunden, auch wenn sie noch eine Delle unter ihren Fingern spüren, wenn sie darüber strich.

„Es tut mir leid, Regulus“, sagte sie seufzend.

„Das ist nicht deine Schuld“, antwortete er und legte seine Hand auf ihre, die sie nicht von seinem Arm nehmen wollte.

„Regulus, was hat er damit gemeint?“, fragte sie leise und suchte seinen Blick. „Er hat gesagt, ihr hättet euch vorhin getroffen? Wo? Und wieso dieser Arm?“

Regulus hielt ihrem Blick stand, nahm sich aber einen Moment, bevor er antwortete: „Auf dem linken Arm tragen die Anhänger des Dunklen Lords das Dunkle Mal als Erkennungszeichen.“

Lily ließ ihre Hand auf Regulus‘ Arm liegen. „Wozu brauchen sie ein Erkennungszeichen? Reicht es nicht, dass sie sich alle unter denselben Masken verstecken?“

„Der Dunkle Lord ruft sie damit zu sich, wenn er einen sicheren Treffpunkt gefunden hat.“ Regulus nahm die Hand von Lilys und zeichnete neben ihren Fingern ein Zeichen, das seinen halben Unterarm einzunehmen schien. Größer und in Lilys Vorstellung hässlicher als eine Narbe je sein konnte.

„Du hast keins“, stellte sie mit trockener Kehle fest.

„Nein“, sagte Regulus, klang aber nicht als wäre das etwas Gutes. „Aber ich hätte eins haben können.“

Lily merkte, wie ihre Finger sich in Regulus‘ Arm gruben und es ihr nicht wichtig war, wie empfindlich die Haut darunter war. Es war das eine Szenario, über das sie nicht einmal in ihren dunkelsten Momenten hatte nachdenken wollen. Vor dem sie am meisten Angst gehabt hatte.

„Das wollte Lucius Malfoy von dir, oder?“, brachte sie merkwürdig heiser hervor. Jedes Wort kratzte in ihrer Kehle. „Er ist einer von denen.“

„Ich wollte das, Lily“, sagte Regulus. Er hätte sie ohrfeigen können und sie wäre sich weniger dumm vorgekommen. „Ich habe lange nichts anderes gewollt, als dieses Mal auf meinem Arm zu haben. Es meinen Eltern zu zeigen. Aber als ich letzten Sommer die Chance bekommen habe… hab ich gezögert. Ich habe die Artikel über den Dunklen Lord im Tagespropheten so oft gelesen, dass ich sie auswendig kann, und ich weiß, dass die meisten davon pure Propaganda sind, aber sie haben sich auf einmal anders angehört. Ich weiß auch nicht… Ich hab darüber nachgedacht, was Sirius immer gesagt hat, dass ich ein naiver Dummkopf bin und unseren Eltern alles blind abkaufe. Was, wenn er nicht ganz falsch damit liegt? Ich hab die Artikel wieder und wieder gelesen, bis ich nicht mehr wusste, was daran wahr und was nicht ist. Und du… Du hast mir diese Dinge im Trophäenzimmer gesagt, die mir nicht mehr aus dem Kopf gehen.“ Er schob sich die Haare aus dem Gesicht, leicht verschwitzt von dem kalten Schweiß, den der Blutverlust auf seine Stirn getrieben hatte. „Ich weiß nicht mehr, was ich glauben soll.“

Lily atmete tief durch und nahm Regulus‘ linke Hand fest in ihre. Sie kam sich dumm vor, wie das naive Dummchen, für das Sirius Regulus hielt, aber gleichzeitig wollte sie ihn jetzt weniger denn je loslassen.

„Ich habe dich nicht angelogen“, sagte sie. „Alles, was ich dir erzählt habe, hab ich selbst erlebt und nicht aus dem Tagespropheten.“

Regulus schluckte deutlich. „Ich will dir glauben“, sagte er, aber es klang, als würde er genau das für keine gute Idee halten. „Was, wenn das das Problem ist? Wenn ich einfach nicht mehr objektiv sein kann…“

„Regulus, ich –“

Ein scharfes Klopfen unterbrach sie. Jemand ruckelte an ihrer Türklinke, klopfte erneut. Regulus zuckte so scharf zusammen, dass Lily ihn aus Versehen mit den Fingernägeln kratzte, als er ruckartig seinen Arm aus ihrer Umklammerung zog.

„Lily?“, rief Petunia durch die Tür. „Bist du wieder da?“

„Ja“, gab Lily zurück. „Was ist denn?“

„Dad meinte, ich solle mich bei dir entschuldigen.“ Selbst die Tür dämpfte ihren gelangweilten Tonfall nicht. „Ich war angeblich nicht besonders höflich zu deinem Freund – auch wenn er hier mitten in der Nacht aufgetaucht ist.“

„Willst du das nochmal versuchen?“, fragte Lily. „Bis jetzt hört es sich nicht nach einer Entschuldigung an.“

Sie glaubte Petunia durch die Tür hindurch grunzen zu hören. „Er scheint… nett zu sein. Und er sieht tatsächlich ganz annehmbar aus. Ich meine, dieser Aufzug ist schon grotesk – als wäre er aus dem viktorianischen London gefallen.“

Regulus zog eine Augenbraue hoch und schaute auf seinen Pullover herunter, als würde er dort einen Fehler finden können.

„Ist schon gut, Tuney“, sagte Lily.

„Willst du nicht… aufmachen?“, fragte Petunia.

Regulus drehte sich um und schaute ihr Fenster an, als würde er sich daraus stürzen wollen. Lily musste sich ein Lachen verkneifen.

„Ich…“ Lily schaute sich in ihrem Zimmer um, als würde sie eine Ausrede an ihren Wänden finden können. „Ich bin schon im Bett. Wir unterhalten uns morgen, okay?“

Petunia schwieg einen Moment. „In Ordnung. Schlaf gut, Lily.“

„Du auch.“ Lily legte sich einen Finger auf die Lippen, als Regulus den Mund öffnete, und lauschte auf Petunias Schritte. Sie traute es ihrer Schwester zu noch weiter vor der Tür zu stehen, das Ohr fest gegen das Holz gedrückt, um herauszufinden, ob sie etwas im Schilde führte. Aber sie hörte deutlich Petunias Absätze, für die sie plötzlich dankbar war, den Flur entlanglaufen und eine Tür ins Schloss fallen.

Lily atmete erleichtert aus.

Regulus hatte mittlerweile wieder etwas Farbe im Gesicht. „Das hätte schiefgehen können. Ich glaube nicht, dass deine Schwester begeistert wäre mich mitten in der Nacht in deinem Zimmer vorzufinden.“

Lily musste da wohl oder übel zustimmen. „Am Ende hättest du mich heiraten müssen, um keine Schande über die Familie zu bringen“, sagte sie und zwinkerte ihm zu. „Sie nimmt alles ein bisschen ernst in letzter Zeit.“

„Sie gibt sich zumindest mehr Mühe als bei eurer Diskussion vorhin. Teile davon konnte ich durch die Haustür hören.“

„Diskussion ist gut“, sagte Lily seufzend, worauf Regulus sie nur noch bohrender anzusehen schien. Sie winkte ab, weil Petunia momentan das Letzte war, über das sie sprechen wollte, aber Regulus schien erpicht darauf sein Thema noch eine Weile aufzuschieben. Lily zuckte mit den Schultern. „Ich dachte, dass wir uns wenigstens über Weihnachten gut verstehen würden, weißt du?“

„Weihnachten ist nicht bekannt dafür in der Realität harmonisch abzulaufen“, sagte Regulus.

Lily seufzte. „Petunia ist meine Schwester. Ich will ihr gerne erzählen, was mich beschäftigt und was bei mir los ist, aber alles was ich tue scheint sie einfach nur… anzuwidern. Als wäre ich glücklich, um sie zu ärgern. Manchmal weiß ich nicht, wie ernst sie es meint, wenn sie mich einen Freak nennt.“

„Wenn es dich verletzt meint sie es zu ernst.“

Lily schüttelte den Kopf. „Ist schon in Ordnung. Wir sind Schwestern, das schließt Streitereien sozusagen mit ein. Du weißt, wovon ich rede.“

Regulus schaute sie an, als würde er ihr gerade weil er es verstand kein Wort glauben. Sein Verhältnis zu seinem Bruder war genauso angespannt, das hatten sie miteinander gemeinsam. Aber Sirius hatte ihm gerade erst bewiesen, das Blut wirklich dicker als Wasser zu sein schien.

Lily lächelte Regulus entgegen, aber ihr war, als hätte sie das Echo von Petunias Worten vorhin wieder eingeholt, obwohl sie sie bis eben erfolgreich abgeschüttelt hatte. Das Brennen kehrte in ihre Augen zurück, und diesmal war keine Wut da, auf die sie es schieben könnte.

„Es ist nicht schön sowas zu hören“, sagte sie und hasste ihre Stimme für das leichte Zittern darin. Sie schluckte, aber es tat weh. „Sie macht mich dafür verantwortlich, dass sie unseren Eltern nicht ihren Freund vorstellen kann, weil sie ihm sagen müsste, dass ich… anders bin. Dabei kann ich nichts dafür.“

„Du bist nicht anders. Du bist besonders“, sagte Regulus.

Lily drehte das Fläschchen Diptam in ihren Fingern. „Ich weiß nicht… Manchmal fühlt es sich an, als würde ich nirgendwo richtig hingehören. Weder in mein zu Hause, noch in die Zaubererwelt. Meine Schwester hasst mich dafür, dass ich zaubern kann, und deine Eltern verabscheuen mich dafür, dass ich aus der Muggelwelt komme.“

Regulus legte eine Hand auf ihre Mütze und zog ihren Kopf an seine Schulter. Irgendwie machte seine Nähe alles nur schlimmer, trieb dasselbe Brennen von vorhin in ihre Augen, als Petunia sie einmal zu oft einen Freak genannt hatte. Sie hatte nicht einmal gemerkt, dass sie noch ihre Mütze trug, bis jetzt unglaublich warm darunter wurde.

„Die Welt lässt sich nicht in eine Muggel- und Zaubererwelt unterteilen“, raunte Regulus leise, aber bestimmend. „Wir leben in derselben, und wenn wir uns nicht verstecken würden, hätten die Muggel irgendwann auch nicht mehr solche Probleme mit uns. Das geht zu weit, wenn es Familien auseinander bringt.“

Lily lächelte ihn für so viel Idealismus an, wenn auch schief. „Aber Voldemort will das nicht für uns, das musst du doch verstehen.“

„Er will, dass wir uns nicht mehr vor den Muggeln verstecken“, sagte Regulus zögerlich. „Was, wenn wir nur ein schlechtes Bild von ihm haben, weil die meisten seiner Anhänger ihn falsch verstehen oder Fans von Schwarzer Magie sind? Ich bin nicht so. Du bist nicht so. Oder?“

Lily drückte ihn weg von sich, gleichermaßen skeptisch und enttäuscht. „Worauf willst du hinaus?“

„Nichts.“

„Gut“, sagte Lily. „Weil ich mich nicht einmal auf Lord Voldemorts Seite stellen würde, wenn mein Leben davon abhinge.“

Sie stand auf und Regulus griff nach ihrer Hand, als würde er sie zurückhalten wollen, aber sie entzog sich seinem Griff ohne Schwierigkeiten. Seine sonst guten Reflexe schienen unter dem Blutverlust gelitten zu haben.

„Ich hab es auch nicht getan, falls du dich erinnerst.“

„Du hast es noch nicht getan“, korrigierte Lily. Sie wollte nicht sauer klingen und sie war es auch nicht. Vielleicht enttäuscht. Aber sie wusste, dass Regulus nicht davon sprach Muggel abzuschlachten und muggelstämmige Zauberer auszustoßen. Er romantisierte die Idee von Voldemort vielleicht zu sehr, und sein Hintergrund, der so ganz anders als ihrer war, machte es ihm umso schwerer davon loszulassen. Sie seufzte. „Eigentlich sollte dir das mehr als deutlich machen, dass du nicht vollständig hinter der Sache stehst. Du brauchst mich nicht, damit ich dir sage, ob du das Richtige tust.“

„Ich weiß“, sagte Regulus. „Aber ich musste dich sehen, um zu wissen, dass ich das Richtige tue.“

Lily lächelte. Sie öffnete ihre Schreibtischschublade und legte das Fläschchen mit der Diptamessenz zurück an seinen Platz. Ihr rollten ihre Versuche von flüssigem Glück entgegen, mit denen sie sich die Zeit in den Ferien vertrieben hatte. Erst jetzt fiel ihr auf, dass ihr Kessel und die Zutaten, die sie heute eher lustlos zerschnitten hatte, noch auf ihrem Tisch lagen. Sie versuchte sie schnell wegzuräumen, bevor Regulus sie noch bemerkte.

Sie hörte ihn aufstehen. Er näherte sich mit immer noch hörbar unsicheren Schritten. „Also… Du hast dein Zimmer mit Regenbogen gefüllt, als du vierzehn warst? Du hast wohl vergessen deinen Eltern zu sagen, dass minderjährige Zauberer in den Ferien nicht zaubern dürfen.

Lily drehte sich herum und schob ihre Schublade dabei hastig zu. Regulus schaute sie triumphierend an, worauf sie amüsiert den Kopf schüttelte. Sie schubste Regulus zurück aufs Bett, als er es wagte sie streng anzublicken.

„Es heißt, dass wir in den Ferien nicht zaubern dürfen. Zaubertränke brauen wird nie explizit erwähnt“, sagte sie und setzte sich neben ihm. Sie nahm seine Hand und bildete sich ein, dass Regulus‘ Züge sich entspannten, als hätte er diese Bestätigung nötig gehabt. „Was genau da schiefgegangen ist, weiß ich auch nicht mehr. Zu viel von allem, wahrscheinlich. Wir haben einfach gerne experimentiert, Severus und ich.“

Regulus‘ Gesicht verdunkelte sich wieder. „Snape weiß Bescheid“, murmelte er, als würde ihm die unangenehme Begegnung mit Severus erst jetzt wirklich klar werden. „Er wird es allen erzählen.“

„Ich weiß nicht, wie geheim unser kleines Geheimnis ohnehin noch ist“, sagte Lily.

„Ich hätte nichts dagegen gehabt es noch eine Weile so zu lassen“, sagte Regulus und schien ihre Hand dabei noch fester zu halten, als würde er befürchten, dass sie das falsch verstehen und davonlaufen würde.

„Ich kann es kaum erwarten allen zu erzählen, was für ein Glück ich habe“, sagte Lily leise und streichelte beruhigend über Regulus‘ Hand, die ihre ein wenig zu fest umklammerte.

„Auch, wenn meine Eltern mich aus dem Stammbaum brennen? Immerhin brauchen sie mich jetzt nicht mehr.“

„Es würde mich nicht stören, wenn sie den Ast absägen, der dich zu den Malfoys verbindet“, versuchte Lily zu scherzen, aber Regulus reagierte darauf kaum. „Vielleicht reagieren sie nicht so, wie du glaubst.“

„Du hast gesehen, wie sie darauf reagiert haben, dass wir uns nur unterhalten haben, Lily. Glaubst du wirklich, sie würden sich damit abfinden, dass mehr zwischen uns ist?“

„Du machst dir nur zu viele Gedanken.“

„Nein, ich hab mir nicht genügend Gedanken gemacht“, sagte Regulus. „Es wäre mir lieber gewesen, wenn wir selbst entscheiden könnten, wann wir unser kleines Geheimnis verraten. Dass Snape jetzt rumlaufen und allen wer weiß was erzählen wird, gefällt mir nicht.“

Lily rutschte dicht an ihn heran, bis ihr Oberschenkel gegen seinen drückte, und nahm sein Gesicht in beide Hände, senkte die Stimme: „Ich werde ihn nichts erzählen lassen, okay?“

Regulus lächelte sie an, ein kleines, verschmitztes Lächeln, das seinen Blick tausendmal intensiver scheinen ließ. Seine Blässe, die Ringe unter seinen Augen, all das nahm ihm nichts von seinem guten Aussehen. Das Licht ihrer Schreibtischlampe warf einen scharfgeschnittenen Schatten auf sein Profil, betonte das Leuchten in seinen Augen. Es war ein merkwürdiger Moment um zu realisieren, dass er in ihrem Zimmer saß.

Er beugte sich vor, und mit jedem Zentimeter, den er näherkam, beschleunigte Lilys Herz um mehrere Schläge gleichzeitig. „Du hast mir gefehlt“, murmelte er und zog ihr in einer sanften Bewegung die Mütze von den Haaren. Lily küsste ihn. Er verharrte dicht an ihren Lippen, als sie sich wieder löste, und schloss die Distanz wieder, küsste sie tiefer und hungriger, als sie nach allem heute Abend erwartet hätte. Sie schob die Hand in seinen Nacken und ließ ihn nicht mehr weg, selbst als ihr der Atem ausging.

Unter ihrem Mantel wurde es heiß, schrecklich heiß, sodass sie ihn am liebsten losgeworden wäre. Das hier fühlte sich anders als jeder andere Kuss zuvor an. Ihr Zimmer schien kleiner, das einzige Licht darin weit weg und warm, als wäre für nichts anderes als sie Platz darin. Und davon auch nur so wenig, dass sie eng zusammenrücken mussten.

In einem rauschähnlichen Anflug glitt Lily auf seinen Schoß, ohne Regulus dabei aus ihrem Kuss zu lassen. Er machte keine Anstalten wegzurutschen, sondern genau das Gegenteil, schlang die Arme um ihren Oberkörper, um sie noch dichter an sich zu ziehen. Lily atmete schwer gegen seine Lippen aus, jeder Atemzug drängte ihre Brust eng gegen seine, bis sie das Gefühl hatte seinen Herzschlag besser als ihren eigenen zu spüren. Seine Hände trieben die Hitze noch stärker unter ihren Mantel, eine fuhr sanft über ihren Rücken und blieb auf ihrer Hüfte liegen. Nicht hoch genug und nicht tief genug. Sie stemmte sich an ihm hoch, die Finger tief in seinen Haaren vergraben, und wusste nicht genau, was sie erwartete, welche Richtung ihr für seine Hände lieber wäre. Sie blieben, wo sie waren, wenn überhaupt, hielt er sich noch fester an ihrem Rücken fest.

Sie bekamen immer mehr Schräglage, und Lily ertappte sich dabei das sogar noch zu provozieren. Regulus musste sich nach hinten abstützen, um nicht auf ihr Bett zu fallen, nur um sie im nächsten Moment fest um die Hüfte zu packen und in einer geschickten Drehung auf den Rücken zu befördern.

Lily entfuhr ein überraschtes Keuchen, aber der erste Moment, als Regulus‘ Gewicht ohne Hindernisse auf ihr lag, ließ sie eher nach Luft schnappen. Seine Lippen verschlossen ihre, bevor sie richtig Luft holen konnte, und das schien auch unwichtig. Sie schob die Hände auf seinen Rücken, zog dabei unabsichtlich den Saum seines Pullovers nach oben. Seine Haut war warm und weich, und sie schob die Finger weit unter seinen Pullover auf seinen Rücken, grub sie dort tiefer in sein Fleisch.

Sie keuchte, seufzte vielleicht einmal zu oft, denn Regulus löste sich von ihren Lippen. Dafür drückte er den nächsten Kuss auf ihre Wange, die wie Kohlen unter seinem Mund glühte. Ihr Herz schlug ihr bis in den Hals, als Regulus‘ Lippen und Zunge dort ihre Spuren hinterließen. Sein Körper presste sich hart gegen ihren. Lily war versucht ihm den Pullover über den Kopf zu ziehen, einfach um mehr davon zu spüren.

Er hatte für sie geblutet. Er hatte sich für sie entschieden, davon war sie im Moment vollkommen überzeugt und der Gedanke ließ sie verliebter denn je sein. Sie zog Regulus‘ Gesicht zu ihrem, küsste ihn innig. Seine Hand fuhr von ihrer Hüfte nach oben zu ihren Rippen, warm und fest, aber dank der dicken Wolle ihres Mantels zu weit weg.

Lily löste den Kuss, bekam aber sofort einen neuen von Regulus. Sie zog den Kopf zurück, einmal, zweimal, und lächelte, als Regulus sie immer wieder einholte, bis sie schließlich tief in ihrem Kopfkissen lag.

„Warte“, murmelte sie zwischen zwei dieser Lippenberührungen und Regulus stemmte sich hoch, nahm die ganze Wärme seines Körpers mit. Lily knöpfte ihren Mantel auf und streifte ihn ab, wofür Regulus ihr mehr Platz gab und wegrutschte, sich neben sie setzte. Er schaute weg, ein glühendes Rosa wie beim Sonnenaufgang auf den Wangen. Sein Blick driftete zu ihr, auch wenn er seinen Kopf wegdrehte.

Lily legte ihren Mantel weg, legte seinen Schal obendrauf und küsste Regulus auf die Wange, brennend heiß unter ihren Lippen. Sie zog ihn zurück zu sich, presste die Lippen auf seinen Hals, wo sie den kalten Schweiß schmeckte, den der Schock und Blutverlust hinterlassen hatten. Sie hatte das Gefühl, Regulus würde vor ihr zurückweichen, nur um sie gleichzeitig an sich zu ziehen. Sein Blick ging an ihr herunter, als würde er ihren Pullover sehr interessant finden. Bei jedem Kuss drängte er sich enger gegen sie, bis sie ganz automatisch ein Bein um ihn wickelte.

Er löste sich völlig unvermittelt, atmete schwer aus und schaute ihr mit festem Blick entgegen. Lily fühlte sich, als hätte sie zwei Mäntel übergezogen. Heiß und stickig, aber nicht unangenehm.

„Ich sollte gehen“, murmelte Regulus.

Lily schluckte. „Du hast ziemlich viel Blut verloren. Ich weiß nicht, ob ich dich ruhigen Gewissens gehen lassen kann“, sagte sie.

Regulus lächelte sie an. „Ich sollte wirklich gehen.“

Sie konnte sich nichts vorstellen, das sie im Moment weniger wollte. „Wahrscheinlich.“

Er küsste sie noch einmal, aber bevor sie das erwidern konnte, setzte er sich auf. Lily wurde augenblicklich kälter, als hätte jemand das Fenster aufgerissen. Sie versuchte sich den Moment einzuprägen, aber Regulus zog bereits seinen Mantel an. Lily rutschte an seine Seite und half ihm den linken Arm durch seinen Mantelärmel zu stecken, auch wenn er sie dafür ansah, als würde er sich bevormundet fühlen. Der zerschnittene Ärmel stellte sich als kleine Herausforderung raus, als er die Hand erst durch das Loch stecken wollte. Sie nutzte das Loch aus und schaute sich die neue Haut auf seinem Arm noch einmal genau an. Es sah gut aus. Nicht schlimm genug um ihn hier zu behalten.

„Kommt dein Hauself dich hier abholen?“, fragte sie, als sie anfing zu lange und zu zärtlich durch seine Haare zu streicheln. Ihr Herz klopfte noch immer hart und fest, und sie befürchtete, dass er es hören konnte, wenn sie nichts sagte. „Ich habe noch nie einen gesehen.“

„Nein. Kreacher traut sich nicht in ein Muggelhaus. Er hat… eine leichte Phobie“, sagte Regulus und knöpfte seinen Mantel zu. „Davon abgesehen habe ich ihm nicht gesagt, wo genau ich bin. Ich wollte nicht riskieren, dass er Ärger mit meiner Mutter kriegt, sollte sie ihn dazu bringen ihr von meinem kleinen Ausflug zu erzählen.“ Er schaute sie an, als sie sich ein Glucksen nicht verkneifen konnte, und lächelte. In einer plötzlichen Geste fuhr er ihr durch die Haare, strich sanft durch die langen Strähnen. „Du bist ganz zerzaust“, murmelte er.

Lily lehnte sich in seine Berührung hinein, genoss wie perfekt sie sich gegen seine Handfläche schmiegen konnte. „Ich bring dich nach unten.“

Regulus ließ sich einen Moment Zeit, der Lily hinterher zu kurz vorkam, bevor er nickte. Sie stand auf, umfasste mit beiden Händen seine und zog ihn mit sich hoch. Zumindest eine Hand musste sie befreien um die Tür zu öffnen. Der Flur und das ganze Haus lagen in Dunkelheit. Nur das Licht der Straßenlaternen warf einen fahlen Schimmer durch die Fenster. Es war still, aber Lily legte sich sicherheitshalber einen Finger auf die Lippen und bedeutete Regulus ihr nachzuschleichen. Die Treppenstufen knarzten unter jedem ihrer Schritte, aber kein Geräusch im Haus antwortete darauf. Sie erreichten ohne Zwischenfall die Haustür. Lily öffnete sie.

Ein eiskalter Hauch glitt unter die Wolle ihres Pullovers und sie nahm sich selbst in den Arm, ließ Regulus los. Ihn hielt nichts mehr zurück, aber er verharrte dennoch auf der Türschwelle.

„Danke, Lily“, sagte er leise. „Du hättest mich draußen stehenlassen können oder mich rauswerfen können, als ich dir davon erzählt habe.“ Er rieb sich über den linken Arm.

Lily schüttelte den Kopf. „Hätte ich nicht.“

Regulus umfasste ihr Gesicht und küsste sie ein letztes, langes Mal, und anstatt sich selbst umarmte sie lieber ihn. Am liebsten hätte sie ihn gar nicht mehr losgelassen.

„Du hast mir auch gefehlt“, flüsterte sie, als würde sie ihren eigenen Worten nicht über den Weg trauen. Regulus verzog keine Miene, aber das Lächeln war in seinen Augen zu sehen, brachte sie wie frisch polierte Messer zum Blitzen.

„Gute Nacht, Lily“, sagte er und trat von ihr weg.

Sie umarmte sich wieder selbst. „Wenn du nochmal vorbei kommen willst, sorge ich dafür, dass keiner versucht dich umzubringen.“

Regulus versteckte den Ansatz eines Schmunzelns, indem er sich umdrehte. Er winkte noch, bevor er die Straße herunterging, und Lily winkte zurück, als er noch einmal über die Schulter schaute. Sie lächelte, bis er ihr wieder den Rücken zukehrte und die Straße herunterlief. Lily hatte das beklemmende Gefühl nur das Falsche oder nicht genug gesagt zu haben und gleichzeitig breitete sich eine angenehme Wärme in ihr aus, die sie am liebsten einschließen würde. Sie behielt Regulus im Auge, bis er um eine Ecke bog und vollständig aus ihrem Blick verschwand. Seufzend drehte sie sich wieder der Tür zu.

Aus dem Augenwinkel bemerkte sie die Gestalt unter der Straßenlampe. Lily fuhr wieder zurück und schaute auf die andere Straßenseite. Severus stand in seinem weiten Umhang an der Ecke und starrte zu ihr rüber. Sein Versuch in die Schatten zu flüchten war nur halbherzig.

Lily atmete tief durch, aber sie hatte es nicht in sich einfach wieder ins Haus zu gehen. Sie stürmte aus dem Haus und überquerte in großen, schnellen Schritten die Straße. Severus machte nicht einmal mehr einen halbherzigen Versuch sich zu verstecken.

„Was soll das?“, fuhr sie ihn an und blieb knapp eine Armlänge entfernt von ihm stehen. Der Lichtkegel der Straßenlaterne war gerade stark genug, dass sie die Zornesfalte zwischen seinen Augenbrauen erkennen konnte. „Spionierst du mich aus, Severus?“

„Ich gehe in meiner Heimatstadt spazieren“, sagte Severus gepresst. „Was kann ich dafür, wenn du so spät abends noch Besuch hast?“

„Du hättest ihn umbringen können“, zischte Lily.

Severus verdrehte die Augen. „Die Welt hätte mir gedankt. Ein verzogener Bengel weniger.“

Lily schoss vor, als würde sie ihn ohrfeigen wollen, und Severus wich mit aufgerissenen Augen zurück. „Du bist so ein widerlicher Mistkerl.“

„Fass mich bloß nicht an“, gab Severus zischend zurück. „Ich will nicht wissen, wo du deine Hände gerade gehabt hast.“

Lily löste ihre Arme erst jetzt aus der Verschränkung vor ihrer Brust, nur um die Hände zu Fäusten zu ballen. Sie hätte nicht gedacht, dass sie innerhalb weniger Sekunden von überglücklich zu brennend vor Zorn wechseln konnte.

Severus schien ihr Schweigen als Bestätigung zu nehmen. „Ich bin nicht blöd, Lily. Ich weiß, was ihr oben in deinem Zimmer getan habt. Er hat so getan, als hätte er Schmerzen um ein bisschen Mitleid aus dir zu pressen, nicht wahr? Du hast ihn sicher brav getröstet.“

„Denk doch, was du willst“, sagte Lily kühl.

„Er hat jetzt, was er wollte“, erwiderte Severus ärgerlicher. „Du hast ihm seine scheinheiligen Lügengeschichten aus der Hand gefressen und ihm abgekauft, dass er kein mieser, versnobter Bastard ist, der Muggel wie dich verachtet. Wie kannst du so dumm sein und auf den reinfallen? Du verdienst, dass er dich fallenlässt. Was er tun wird, auch wenn er dir sicher etwas anderes zugeflüstert hat. Ich hoffe, das war es wert.“

„Du machst dich lächerlich, Severus, und du merkst es nicht einmal.“

„Ich mache mich lächerlich?“ Severus schnaubte wie ein Drache kurz vorm Feuerspucken. „Du hast ihn – mit ihm –“ Er gestikulierte unverständlich für sie herum und deutete zu ihrem Fenster. „Er ist nichts, Lily. Er ist ein dummer, hohler Idiot.“

„Er ist nicht so dumm auf Lord Voldemort reinzufallen“, sagte Lily und hielt Severus‘ zornigem Blick stand. „Anders als du. Da habt ihr euch doch getroffen, oder nicht? Glaubst du, ich kann mir nicht denken, was das bedeutet? Du bist einer von denen geworden.“

„Nein“, zischte Severus. „Menschen wie ich müssen für alles in ihrem Leben arbeiten, anders als dein lieber Prince Charming, der alles in den Hintern gesteckt bekommt.“

„Du solltest froh sein, dass es dir nicht leicht gemacht wird so einen Fehler zu machen“, sagte Lily eindringlich.

„Ich werde mir das erarbeiten“, sagte Severus mit einem manischen Funkeln in den tiefschwarzen Augen. „Der Dunkle Lord weiß Talent zu schätzen und ich habe davon mehr, als Black Gold in seinem Verlies. Ich werde an der Seite des Dunklen Lord stehen, ganz oben, und dein Blutsverräter-Freund wird von mir persönlich bekommen, was er verdient.“

Lily schlug ihm quer über das Gesicht. Ihre Hand traf klatschend auf seine Wange, ein Geräusch, das in der Stille der Nacht doppelt so laut schien.

„Du solltest dich reden hören“, sagte sie. Severus starrte sie einfach nur an, blinzelte nicht einmal, als hätte sie ihn schockgefroren. „Wir waren mal Freunde, Severus. Wenn du mich je auch nur ein kleines bisschen leiden konntest, behältst du für dich, was du heute Abend gesehen hast.“

Sie drehte sich um und ging zurück auf die andere Straßenseite.

„Man sagt nicht Nein zum Dunklen Lord, Lily“, rief Severus ihr nach. „Nicht einmal, wenn man dumm wie Brot ist.“

Lily ignorierte ihn. Erst in ihrem Haus, als sie die Tür hinter sich schloss, wagte sie wieder durchzuatmen. Ihre Hand kribbelte noch von dem Schlag. Blut klebte an ihren Fingern. Regulus‘ Blut. Severus hatte versucht ihn ihr wegzunehmen, und sie hatte Angst, dass er bei all der Wut in ihm ein zweites Mal nicht verstreichen lassen würde. Sie wünschte, Regulus wäre jetzt hier. Sie wünschte, sie hätte ihn nicht gehen lassen…


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