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Fanfiction

Mud and Blood - Familienbande

von Dr. S

Der Hogwarts-Express ratterte gemächlich durch die verschneite Landschaft. Nebel hing über dem Horizont und die ganze Umgebung vermischte sich zu einer weißgräulichen Masse, als würden sie durch ein tiefhängendes Wolkenmeer fahren. Lily kniete mit dem Rücken zur Tür auf der Sitzbank und kramte in ihrem Koffer herum, der über ihr auf der Gepäckablage untergebracht war. Sie musste sich strecken, um durch den Schlitz hineinzusehen, und ertastete das Stück Seide trotzdem eher, als es zu erspähen. Lily zog die Krawatte heraus und klappte den Koffer zufrieden zu, fiel zurück auf ihren Platz.

„Also?“, fragte Dorcas, die sie zusammen mit Mary von der anderen Sitzbank beobachtet hatte. „Eine Krawatte?“

„Ich hab sie draußen gefunden und wollte sie zurückgeben“, sagte Lily. Ihre Laune erlaubte ihr im Moment nicht barsch zu sein. Sie war mit einem Lächeln und den Gedanken bei Regulus aufgewacht. So gut wie in dieser Nacht hatte sie lange nicht geschlafen, und nichts schien ihr das kaputt zu machen. Auch nicht die verstohlenen Blicke, die ihre Freundinnen austauschten.

„So, so…“ Mary war bis zum äußersten Rand der Bank vorgerutscht und beugte sich auch noch neugierig vor, als würde eine Krawatte ihr den Sinn des Lebens verraten. „Sicher, dass nicht doch etwas Interessantes bei Slughorns Party passiert ist?“

„Willst du von meiner überwältigenden Entdeckung einer verlorenen Krawatte hören?“, gab Lily zurück. „Es war ein verschneiter dreiundzwanzigster Dezember und das Schloss vibrierte unter der schwungvollen Musik eines führerlosen Streichquartetts –“

Mary stoppte sie mit einer Handbewegung. „Ich will lieber wissen, wem sie gehört.“

Dorcas starrte die Krawatte einfach stirnrunzelnd an, weshalb Lily sie zusammenfaltete und wegsteckte.

„Ich kann euch das nicht sagen. Was, wenn es dem schlampigen Besitzer unangenehm ist?“

„Wieso hast du keine Notiz ans schwarze Brett gehängt?“, fragte Dorcas. „Wenn der schlampige Besitzer sie vermisst, soll er sie sich selbst wiederholen.“

Lily seufzte. Sie hätte nicht gedacht, dass eine Krawatte so viel Neugierde wecken könnte. Eigentlich hatte sie sie gar nicht einstecken wollen, als sie sie draußen im Hof entdeckt hatte. Aber als Regulus und sie das erste Mal wieder ein paar Zentimeter zwischen sich gehabt hatten, war ihr danach gewesen etwas zu sagen. Egal was. Ein panischer Sturm von Worten, um keine Stille aufkommen zu lassen. Also hatte sie die Krawatte gegriffen. Sie hatte geahnt, wem sie gehörte, und Regulus es gewusst. Die Erinnerung ließ sie dennoch verlegen erröten.

„Vielleicht willst du den Besitzer ja auch wiedersehen“, sagte Mary und faltete gespannt die Hände, als würde sie Lily anbetteln ihr mehr zu sagen.

„Ich nehm sie nur mit, falls ich ihn bei der Patrouille sehe“, sagte Lily. Das entsprach nicht ganz der Wahrheit. Sie hoffte darauf, ein oder zwei Worte mit ihm wechseln zu können und diese Krawatte war ihr Vorwand. „Wir sehen uns später.“

Lily stand zu Marys Enttäuschung auf. Sie hing inzwischen eher in der Luft als noch zu sitzen.

„Lily, komm schon. Du wolltest uns erzählen, wenn du etwas Spannendes erlebst. Und wenn du auf Slughorns Party nichts erlebt hast, dann hast du irgendwas falsch gemacht.“

„Oder du warst noch nie auf Slughorns sogenannter Party“, sagte Dorcas und kassierte dafür einen Ellenbogenstoß von Mary. „Lass sie doch. Wenn sie uns nicht sagen will, wieso sie wie ein Honigkuchenpferd strahlt, obwohl wir sie um sechs aus dem Bett geholt haben.“

Lily blieb an der Tür stehen, schaute in die mehr und weniger unschuldigen Gesichter der beiden und hob die Augenbrauen. „Ich hatte einen schönen Abend, reicht das?“

Mary strahlte. „Wegen James?“

Lily legte den Kopf schief. „Was hat James damit zu tun?“

„Ihr beide habt diese ‚werden sie oder werden sie nicht‘-Sache am Laufen, da wird man schon mal neugierig. Habt ihr euch geküsst?“

Lily schnaubte, aber ihre Wangen fingen an zu glühen. „Die Sache läuft nur in deinem Kopf, Mary. Vielleicht solltest du damit zur Abwechslung mal James auf den Keks gehen, dann kann er dir das Gleiche sagen wie ich. Wir sind Freunde, nicht mehr und nicht weniger.“

Mary kicherte, als hätte Lily das genaue Gegenteil gesagt. Dorcas sagte nichts und das sagte so ziemlich alles.

„Wir sehen uns später“, wiederholte Lily und schob sich durch die Tür hinaus auf den schmalen Gang. Kaum zwei Menschen hatten hier nebeneinander Platz und der Zug schwankte in den Kurven so stark, dass man kaum gerade gehen konnte. Lily musste sich an der Fensterwand abstützen. Entweder das Tempo oder etwas anderes brachte sie leicht aus dem Gleichgewicht. Ihre Wangen fühlten sich heiß an.

Mary versuchte immer wieder diesen Gedanken in ihren Kopf zu pflanzen und damit weckte sie nur die Erinnerung, wie James ihr früher unter allen Umständen ein Date hatte abluchsen wollen, und das meistens ohne jeglichen Charme. Severus hatte ihr irgendwann sogar übelgenommen, dass James sich sie für seine Sprüche ausgesucht hatte. Als hätte sie ihn ermutigt. Und sie hatte nun wirklich das Gegenteil getan. Manchmal erstaunte sie immer noch, wie lange er sich nicht hatte beirren lassen. Manchmal fehlte es ihr beinahe…

Und dass Mary ihr solche Dinge sagte, half nicht unbedingt. So sehr sie sich auch sträubte, es weckte die Erinnerung an letzte Nacht. Als sie James umarmt hatte. Lily hatte sich nichts dabei gedacht, und sie bezweifelte, dass es James anders gegangen war. Es hatte sich richtig angefühlt, gut sogar, als würde man nach einem Schneesturm nach Hause ins Warme kommen und sich in seine Lieblingsdecke kuscheln.

Lily durchquerte gedankenversunken den Wagon und betrat den nächsten, als jemand ihr plötzlich den Weg versperrte. Sie machte gerade noch rechtzeitig einen Satz zurück, ehe der Aufprall unvermeidbar wurde. Lily hob beide Hände, zur selben Zeit entschuldigend und um den Abstand zu sichern, und schaute hoch. Die Hitze in ihren Wangen loderte wie Feuer auf. James grinste auf sie herunter.

„Vorsichtig“, sagte er. „Ich hab gehört bei sowas gab’s schon Verletzte.“

Lily schmunzelte, versteckte das aber schnell hinter einer Hand, die hoffentlich auch die Hitze in ihren Wangen verdeckte. „Wo kommst du denn her?“

„Aus meinem Abteil?“ James schien sich sein Grinsen nicht verkneifen zu können. „Ich mache meine Patrouille. Als Schulsprecher gehört das zu meinen langweiligsten Pflichten. Also…“ Er beugte sich zu ihr vor, einen schlechten Versuch von ernster Miene im Gesicht, und schaute sie über seine Brillengläser streng an. „Was suchen Sie auf dem Gang, Miss Evans?“

Lily verdrehte die Augen. „Als Schulsprecherin gehört es zu meinem langweiligsten Pflichten sicherzugehen, dass niemand versucht den Wagon mit den Slytherins abzukoppeln“, erinnerte sie James an den letzten Versuch Severus ‚Schniefelus‘ Snape loszuwerden.

James hob übertrieben erschrocken eine Hand vor seinen weit geöffneten Mund, als könnte er nicht fassen, dass jemand so etwas tat.

Lily nahm die Hände endgültig wieder herunter und verschränkte sie stattdessen hinter ihrem Rücken, auch wenn ihr Gesicht sich noch warm anfühlte. „Und? Fühlst du dich besser?“

James musterte sie kurz. Der Themenwechsel schien ihm nicht zu missfallen, aber leicht unangenehm zu sein. Sein Grinsen bekam einen verlegenen Knick. „Besser, ja. Entschuldige, wenn ich dich mit meinen Beziehungsproblemen genervt habe.“

„Oh, James, du hast mich schon mit schlimmeren Dingen mehr genervt.“ Sie ignorierte James‘ Schmollmund. „Konntet ihr reden und alles klären?“

James zuckte mit den Schultern. Beim Frühstück hatten Sirius und er dicht nebeneinander gesessen, miteinander getuschelt und nach der Hälfte ihres Frühstücks die Teller getauscht, damit James Sirius‘ Rührei aufessen konnte und Sirius seine Cornflakes.

„Ihr habt sicher mehr als genug Zeit miteinander zu reden. Vielleicht ohne Metaphern“, sagte Lily. „Ihr verbringt die Ferien doch zusammen.“

„Ja. Hoffentlich aber mit etwas anderem als Diskutieren.“ James‘ Gesicht hellte sich auf, wie bei einem Kind, das am Weihnachtsmorgen die Geschenke unter dem Baum erspähte. Lily fragte sich unweigerlich, was James und Sirius in den Ferien wohl trieben. Oder ihrer Umgebung antaten.

Lily strich ihm über den Arm, was sie erst merkte, als es schon zu spät war. „Euch fällt bestimmt was ein.“

„Definitiv. Meine Ferien sind nie langweilig, wenn Sirius dabei ist.“ James tätschelte sehr flüchtig ihren Handrücken, bevor sie seinen Arm losließ. Er sah so ehrlich aufgeregt aus, dass man neidisch werden konnte. „Wir sollten mal weiter, bevor irgendwelche perfiden Erstklässler den Zug mit Stinkbomben füllen.“

Er drückte sich flach gegen die Wand, damit Lily sich an ihm vorbeiquetschen konnte, und grinste sie dabei breit an. Lily tat ihm amüsiert den Gefallen und machte einen Seitenschritt an ihm vorbei. Sie gingen in entgegengesetzte Richtungen davon. Lily tastete nach der Krawatte in ihrer Tasche und zögerte, schaute über die Schulter. Sie konnte in den nächsten Wagon sehen, wo James sich zu Dorcas und Mary ins Abteil lehnte.

„Die Fahrkarten bitte, meine Damen“, sagte er in einer extra tiefen Stimme und holte sich damit ein Kichern.

Lily ertappte sich dabei zu lächeln. Sie schüttelte das ab und ging weiter. Ihr gingen die wenigen Sätze durch den Kopf, die sie ihn mit Sirius hatte wechseln hören. Jetzt, wo sie nicht mit den Gedanken ganz woanders war, lagen sie ihr schwerer auf dem Magen. Sie beschlich das bange Gefühl, dass James und Sirius‘ sogenannte Diskussion etwas mit ihr zu tun hatte. Etwas mit ihr und Regulus.

Der Gedanke an Regulus ließ ihr Herz wieder rasen, als würde es den Endspurt eines Wettrennens gewinnen wollen. Sie hatte nicht einmal im Schlaf nicht an ihn denken können. Das machte ihr fast ein bisschen Angst.

Lily spielte mit der Krawatte in ihrer Tasche, während sie durch den ratternden Zug schlenderte. Im nächsten Wagon schob sie sich an zwei Hufflepuffs vorbei, die Eisblumen auf den Fenstern nachzeichneten. Eine Kröte hüpfte ihr entgegen. Lily ging in die Hocke und fing sie mit beiden Händen auf. Ein Erstklässler stürzte aus dem nächsten Abteil und rief den Namen seiner ausgerissenen Kröte, krachte dabei beinahe in Lily, als sie sich wieder aufrichtete. Sie fing ihn ab und gab ihm seine Kröte zurück, wofür er ihr sehr verschüchtert dankte und zurück in sein Abteil flüchtete.

Aus dem Abteil daneben hörte sie Stimmen:

„Wer denkt die eigentlich, wer sie ist? So ein respektloses Verhalten uns gegenüber ist absolut inakzeptabel. Ich jedenfalls lasse mich von einem dreckigen, kleinen Schlammblut nicht so dreist behandeln.“

Lily räusperte sich und steckte den Kopf in das Abteil. Mit hochgezogenen Augenbrauen schaute sie auf Mulciber herunter. Wilkes saß neben ihm und sah aus, als würde er gerade dem Sinn des Lebens lauschen. Gegenüber von ihnen teilten Avery und Rosier sich eine Ausgabe des Tagespropheten, die sie bei Lilys Anblick senkten. Auf der Titelseite zischelte das Dunkle Mal von einem grauen Himmel. Severus war nicht bei ihnen, aber sie sah seine ausgebeulte Tasche auf dem Platz neben Mulciber, was sie vermuten ließ, dass er ebenfalls die Gänge patrouillierte.

„Was willst du, Evans?“ Mulciber erhob sich pompös von seinem Sitz, wie von einem Thron, und blickte auf sie herunter. Seine linke Wange war leicht geschwollen und er war nah genug, dass sie einen bläulichen Fleck auf seinem Jochbein erkennen konnte. „Dein Lover ist nicht hier.“

„Wen meinst du damit jetzt nochmal?“, fragte Avery und rieb sich die Schläfe. „In letzter Zeit behauptest du jeder Zweite hätte was mit Evans.“ Er tauschte ein Grinsen mit Rosier.

„Er meint Severus“, raunte Rosier ihm zu.

„Severus, Regulus, Professor Slughorn, Potter, Black, Lupin, der eine Kerl mit der Augenklappe, der dicke mit den wässrigen Augen und dem Rattengesicht, wie auch immer sein Name war, Potter und Black…“ Avery warf überfordert die Hände in die Luft.

„Für Liebestränke scheint das bisschen Magie in ihrem Blut auszureichen“, sagte Wilkes.

Lily ignorierte die anderen und konzentrierte sich auf Mulcibers toten Blick. „Ich habe gehört wie du ein sehr unschönes Wort benutzt hast, Mulciber. Entschuldige dich dafür, oder das Erste, was du nach den Ferien in Hogwarts machst, ist nachsitzen.“

„Wieso sollte ich irgendetwas tun, das du mir sagst, Evans?“ Mulciber verschränkte die Arme vor der Brust – im Hintergrund zählten Avery und Rosier immer noch ihre ‚Verehrer‘ an den Fingern ab. „Du bist nicht einmal eine vernünftige Hexe.“

Lily verdrehte die Augen. „Du spielst auch immer nur dieselbe Platte ab, oder? Wird dir das nicht irgendwann langweilig?“

„Er hat Recht, oder?“, warf Wilkes ein. „Eine Hexe hätte niemals zugeschlagen, sondern ihren Zauberstab benutzt.“

Mulciber wurde puterrot. Avery und Rosier drehten die Köpfe in seine Richtung und ihre Blicke wanderten über sein Gesicht, wo das Veilchen sich abzeichnete.

Avery prustete los. „Sie hat dich geschlagen?“, fragte er, atemlos vor Lachen, und legte gleich darauf ein paar neue Gluckser drauf. „Du hast dich von einem Mädchen verprügeln lassen?“ Als er grölend laut auflachte, presste Rosier ihm eine Hand auf den Mund, sparte aber selbst nicht an einem gehässigen Grinsen in Mulcibers Richtung.

Mulciber ballte die Fäuste zusammen. Er sah aus, als würde er Lily den Schlag am liebsten zurückgeben. „Du findest das wohl witzig“, raunte er, als wäre Lily diejenige, die vor Lachen keine Luft mehr bekam. „An deiner Stelle würde ich aufpassen, was ich sage und tue, Evans.“

„Du willst das ‚Schlammblut‘ also nicht zurücknehmen? Gut.“ Lily lächelte ihr freundlichstes Lächeln. „Ich gebe Professor McGonagall Bescheid und du kannst dich auf ein paar schöne Stunden Nachsitzen freuen. Frohe Weihnachten, alle miteinander.“ Sie winkte der Runde und ging weiter, während sie sich Mulcibers Vergehen auf ein Stück Pergament schrieb.

„Du solltest darauf achten, wem du den Rücken zukehrst“, rief Mulciber ihr nach.

„Weil du deine Gegner nie von vorne konfrontierst, schon klar.“

„Deine Freundin Macdonald hat mir den Rücken zugewandt, und sie bereut es immer noch.“

Lily blieb stehen. Sie fasste an der Krawatte vorbei nach ihrem Zauberstab und drehte sich langsam um. „Was hast du gesagt?“

„Ich glaube, das war der Anfang eines Geständnisses“, kam eine Stimme von hinten. Lily schaute über die Schulter direkt in Regulus‘ Gesicht. Er musste den Wagon betreten haben, als sie noch auf ihrem Pergament geschrieben und nicht auf den Weg geachtet hatte. Oder er kam einfach aus dem Nichts. „Willst du weitermachen, Mulciber?“

„Denk du lieber zweimal darüber nach, ob du weitermachen willst“, sagte Mulciber warnend. „Du hilfst einer wie der. Schon wieder.“

„Du hast schon Nachsitzen, wenn ich richtig gehört habe“, sagte Regulus gelangweilt. „Allerdings bin ich mir sicher, dass Professor Slughorn gerne noch eins drauflegt, wenn es um Miss Evans geht.“

Mulciber schnaubte. Eine Hand packte ihn von hinten an der Schulter und irgendwer schien ihm etwas zu sagen. Mulciber schoss einen letzten, vor Hass brennenden Blick in Lilys Richtung und schlug die Abteiltür hart zu.

Lily drehte sich zu Regulus um. Ihr Herz klopfte immer noch zu schnell und hart, obwohl der Schreck verflogen war, und je länger sie Regulus ansah, desto schlimmer schien es zu werden. „Was war das gerade?“

Regulus zog fragend die Augenbrauen hoch.

„Du hast mir geholfen.“

„Ich glaube nicht, dass du meine Hilfe gebraucht hättest“, sagte Regulus. „Aber ich konnte mir schwer verkneifen Mulciber eins reinzuwürgen. Nach letzter Nacht.“

Lily verpasste ihm einen sanften Klaps gegen die Brust und lächelte gegen ihren Willen. „Ich dachte, dass wir uns nur sehen wollten.“

Regulus nickte verstehend und zog Zeigefinger und Daumen über seine Lippen, als würde er sie mit einem Reißverschluss verschließen. Lily konnte jetzt nichts mehr gegen ihr Lächeln tun. Sie deutete zum Ende des Wagons.

„Ich werd dann mal weiter.“ Sie schob sich an Regulus vorbei, streifte dabei mehr als notwendig von seinem Körper und ging ein paar Schritte rückwärts, hielt seinen Blick fest, bevor sie sich umdrehte. Nichts fiel ihr schwerer als wirklich weiterzugehen. Dann packte sie etwas am Handgelenk.

Regulus rauschte wortlos an ihr vorbei und zog sie mit sich zum Ende des Wagons. Er machte große, schnelle Schritte und Lily stolperte ihm überrascht hinterher bis ins hinterste Abteil. Regulus ließ sie los und schaute raus in den Korridor, vergewisserte sich, dass niemand sie gesehen hatte, bevor er die Tür schloss. Er drehte sich wieder zu ihr um und lehnte sich mit dem Rücken gegen die Tür.

Lily schüttelte konfus, aber belustigt den Kopf. „Was hast du vor?“

„Ich wollte mit dir reden“, sagte Regulus.

„Ach, ja. Das kannst du draußen im Flur ja nicht tun.“

„Als ich es vorhin versucht habe, warst du zu beschäftigt mit James Potter, um mich zu bemerken.“

Lily verging ihr kleines Lächeln. Regulus verzog keine Miene, obwohl James ein heikles Thema für ihn war, und für einen Moment befürchtete Lily, dass er jedes Gespräch zwischen ihr und James genauso missverstehen wollte wie Mary.

„Ich hab einen Wagon weiter gewartet, dass du vorbeikommst. Ich wollte euch nicht stören“, sagte Regulus.

„Hättest du aber ruhig“, sagte Lily und trat an ihn heran, legte die Hände auf seine Brust. Er trug dunkle Roben, schlicht und doch nicht leger. Nichts schien an ihm je leger auszusehen. Der Kontrast zu seinen Festtagsroben war da, aber nicht so stark wie bei James. So gefiel er ihr auch sehr gut.

Besonders mit dem hauchzarten Ansatz eines Schmunzelns auf den Lippen. „Ich merk es mir fürs nächste Mal.“

Lily zog ihren Zauberstab hervor und richtete ihn auf die Tür. „Colloportus.“

„Schließt du mich ein?“, fragte Regulus, während Lily den Zauberstab wieder wegsteckte.

„Du willst doch nicht gestört werden, oder?“ Lily schlang die Arme um seinen Rücken und umarmte Regulus fest. Er war warm und standhaft, wie eine angenehme Stütze, und es war niemand da, der ihr sagen konnte, dass sie sich nicht kurz festhalten durfte.

Regulus strich ihr über den Hinterkopf und durch die langen Haare. „Alles in Ordnung?“

„Wenn du davon absiehst, dass Mulciber immer noch ein mieser Bastard ist, ja.“

„Falls es dir hilft, heute Morgen hat er versucht eine Schwellung in seinem Gesicht zu heilen, die ach so wehgetan hat, und hat es dabei nur schlimmer gemacht. Er hat sich fast das Gesicht weggesprengt und seine Nase hat erst nach dem Frühstück aufgehört zu bluten.“

„Ah, deswegen das Veilchen. Ich dachte schon, ich bin stärker als ich aussehe“, sagte Lily und schaute hoch zu Regulus. Seine tiefgrauen Augen lagen sanft auf ihr und jeder Gedanke an Mulciber oder irgendetwas anderes schien ganz weit weg. Er öffnete den Mund, um etwas zu sagen, aber sie ließ ihn nicht.

Lily küsste ihn. Sie umfasste sein Gesicht und zog ihn dicht zu sich herunter, und dafür musste sie sich gar nicht anstrengen. Er kam ihr entgegen, eine Hand in ihrem Nacken liegend, und ließ keine Sekunde ihres Kusses unerwidert. Als sie sich löste, drückte er ihr noch einen kurzen Kuss auf die Lippen. Sie lächelte.

„Worüber wolltest du reden?“, fragte sie leise.

„Gestern.“

Lily wurde von einer Sekunde auf die andere unwohl. Vielleicht hatte er schon zu viel nachgedacht. Sie fuhr sich mit der Zunge über die Lippen, wo sie seine noch schmecken konnte. „Du meinst…“

„Mein Bruder“, sagte Regulus, als könnte er ihre Unsicherheit spüren und wollte sie gleich unterdrücken.

Lily setzte sich auf die Bank neben das Fenster und nahm Regulus‘ Hand, zog ihn neben sich. Er wirkte unsicher, ein wenig blass und seine Hand lag kraftlos in ihrer. Sie lächelte ihn ermutigend an. „Was ist mit ihm?“

„Ich hab ihn gestern getroffen, als ich zurück in die Kerker gegangen bin. Er wollte mit mir reden“, sagte Regulus und blickte dabei abwesend auf Lilys Hand. „Wir haben nicht miteinander gesprochen, seit er von zu Hause weggelaufen ist, und ich hab nicht gewusst, wie ich reagieren sollte, als er direkt vor mir aufgetaucht ist. Wie aus dem Nichts.“

Lily drückte Regulus‘ Hand. „Was wollte er?“

„Er hat uns gesehen, als wir…“ Er erklärte den Rest mit einem Schulterzucken, was Lily in einem anderen Moment niedlich gefunden hätte.

„Kein angenehmes Thema für eure erste Unterhaltung nach zwei Jahren“, sagte Lily.

Regulus behielt sie scharf im Blick, was sie sehr an Sirius erinnerte. „Ja. Er hat sich am Anfang nicht einmal sein dämliches Grinsen sparen können. Als ob das alles nie passiert wäre und wir vor ein paar Wochen noch zusammen gefrühstückt hätten.“

„Wollte er dich bloß aufziehen?“, fragte Lily verwundert.

„Nein. Er denkt immer ein Witz würde die Stimmung lockern“, sagte Regulus und verdrehte die Augen, obwohl Sirius gar nicht in der Nähe war. „Er wollte wissen, was ich mir dabei gedacht habe. Ob ich vergessen hätte, wie unsere Eltern reagieren würden. Er wollte mir nur unter die Nase reiben, dass er schon mitgekriegt hat, dass wir Zeit miteinander verbringen, weil Sirius Black natürlich immer sofort weiß, was in Hogwarts vor sich geht. Er hätte auch gehört, wie Mulciber mich aufzieht, weil ich dir einmal geholfen habe, und…“

„Und was?“

Regulus zögerte. Jedes Wort schien ihm unglaublich schwer zu fallen und Lily konnte nichts anderes tun, als ihm weiter über den Handrücken zu streicheln und abzuwarten. Sie wollte ihn nicht zwingen mit ihr zu reden.

„Er wollte wissen, ob ich über die Konsequenzen einer solchen Schwärmerei nachgedacht habe. Er hat sich wie mein Vater angehört.“ Regulus versuchte den Ärger in seiner Stimme zu unterdrücken, aber Lily hörte ihn vielleicht gerade deswegen deutlich heraus. Sein sonst so sachlicher Ton verriet jeden Moment, wenn er weniger Kontrolle über seine Emotionen hatte. Und wenn James ein heikles Thema war, dann war Sirius für ihn wie ein brodelnder Vulkan kurz vor dem Ausbruch.

„Was hast du ihm gesagt?“, wollte Lily wissen.

„Dass ich immer noch darüber nachdenke“, sagte Regulus. „Er war… überrascht, dass ich länger als eine Sekunde dafür brauche. Immerhin bin ich kein Hitzkopf ohne Gehirnmasse.“

Lily hob verdutzt die Augenbrauen.

„Da hat er mich zitiert“, sagte Regulus gedrückt. „Das macht er gerne, wenn er extra nervtötend sein will.“

Lily konnte diese Sticheleien unter Geschwistern gut nachvollziehen. „Das hast du hoffentlich schlagfertig zurückgegeben.“

Regulus zuckte unschlüssig mit den Schultern. „Ich war sauer. Er kommt einfach zu mir, als wäre nichts gewesen, und hält mir Vorträge. Dazu hat er nicht das Recht, und wenn er das je hatte, hat er es weggeworfen, als er einfach abgehauen ist.“ Lily spürte unter ihren Fingern, wie Regulus‘ Puls in seinem Handgelenk raste. „Wenn er nicht davon gelaufen wäre, wie ein feiger Hund, müsste ich mir nicht so viele Gedanken machen. Ich hätte nicht den Namen und die Zukunft eines ganzen Hauses auf den Schultern. Er hat mich damit allein gelassen. Ganz allein. Er wollte seine eigenen Entscheidungen treffen und genau das hat er getan, und dabei hat er mir jede Möglichkeit genommen meine Entscheidungen selbst zu treffen. Er hat kein Recht mir irgendwelche Vorwürfe zu machen. Ich bin ein guter Sohn und er ist ein Verräter.“

Regulus presste die Lippen fest aufeinander. Seine Stimme hatte bei den letzten Silben zu beben bekommen und seine Hand in Lilys zitterte deutlich. Sie rutschte an ihn heran und streichelte über seinen Rücken. Er war wieder bis in den letzten Muskel angespannt, als würde wirklich das Gewicht eines Hauses auf seinen Schultern liegen.

„Du solltest ihm das sagen, Regulus“, schlug sie vor.

Regulus krümmte sich wie bei starken Bauchschmerzen. „Ich hab’s ihm gesagt. Sehr laut.“

Lily seufzte. Regulus schaute sie nicht mehr an und eine leichte Röte stieg in seine Wangen. Allein die Erinnerung an einen Moment, in dem er die Kontrolle verloren zu haben schien, war ihm extrem unangenehm.

„Was hat Sirius darauf geantwortet?“, fragte sie.

„Nichts“, sagte Regulus mit heiserer Stimme, als hätte er die Worte gerade noch einmal geschrien. „Er hat mich einfach angestarrt und ich bin gegangen. Kannst du… Kannst du das verstehen?“

Lily legte ihm eine Hand auf die Wange und drehte Regulus‘ Kopf zu sich. „Natürlich kann ich das verstehen, Regulus. Niemand will verlassen werden, besonders nicht von seiner Familie. Blut soll bekanntlich dicker als Wasser sein.“

„Du findest das nicht lächerlich?“

„Nein. Es ist nicht gut sowas in sich reinzufressen. Wenn du wütend auf ihn bist, musst du das ab und zu rauslassen.“ Lily streichelte von Regulus‘ ungewöhnlich warmer Wange in sein Haar und fuhr durch die dichten schwarzen Strähnen. „Sirius kann das ab. Professor McGonagall staucht ihn regelmäßig zusammen und er traut sich immer noch unter seiner Bettdecke hervor. Es ist gut, dass du das rausgelassen hast.“

Regulus verschränkte seine Finger mit ihren, während er ihr zuhörte, schien aber abgelenkt. „Ich kann mit niemanden über sowas reden.“

„Du hast mit mir geredet“, korrigierte Lily und lächelte ihn an. „Hat doch funktioniert, oder?“

Regulus schien nicht ganz überzeugt. Seine Stirn knitterte unter leichten Sorgenfalten. „Ich wollte dir davon erzählen, weil es dich auch etwas angeht. Es ist nicht nur meine Sache, wenn Sirius uns gesehen hat, und es wäre falsch dir das nicht zu sagen.“

Lily schluckte gegen einen Kloß in ihrem Hals an. „Regulus, ich…“

Regulus schaute sie an. Er sah so verloren aus wie selten zuvor, als wäre seine kontrollierte, unterkühlte Maske zerbrochen ohne eine Chance sie wieder zu reparieren, und er fühlte sich nicht wohl dabei. Lily wollte ihm nicht ausgerechnet jetzt sagen, dass sie vor ihm gewusst hatte, dass Sirius etwas geahnt hatte. Aber sie schämte sich, dass sie ihn nicht auf so eine Konfrontation vorbereitet hatte.

Sie rutschte dicht an seine Seite und küsste ihn auf die Wange. „Du kannst dir immer eins meiner Ohren ausborgen, egal wie lächerlich du dir vorkommst.“

Regulus nahm eine ihrer Haarsträhnen zwischen die Finger und folgte ihr bis zu den Spitzen. Er schien etwas sagen zu wollen, beugte sich stattdessen aber vor und küsste sie. Lily schloss die Augen, und als Regulus noch näherkam, anstatt sich zu lösen, lehnte sie sich in den Kuss hinein. Dass es der letzte für eine ganze Woche sein könnte, daran wollte sie gar nicht denken.

„Ich wollte dich auch nochmal sehen“, murmelte er, worauf Lily ihn tiefer, hungriger küsste. Seine Arme schlangen sich fest um sie, bis sie in seiner Umarmung verschwand. Die Sitzbank schien zu klein für sie, obwohl sie sich in eine Ecke drängten, sie die Beine auf den Sitz zog und ganz gegen Regulus drückte. Sie fuhr mit den Händen unter seinen Roben, wo nur noch sein Hemd sie von ihm trennte.

„Ich sollte gehen“, sagte er viel zu schnell, nahm dabei aber gerade genug Abstand von ihr, um zu sprechen. „Wir sind sicher bald in London.“

Lily biss sich auf die Unterlippe und Regulus strich ihr mit abwesendem Blick durch die Haare. Sie wusste nicht wieso, aber sie dachte an Sirius. Eigentlich sollte sie Regulus sagen, dass sie mit seinem Bruder über ihn gesprochen hatte, auch wenn Sirius‘ Überfall in der Bibliothek eine Weile her war. Aber das letzte Mal, als er geglaubt hatte, sie würde ihn anlügen, war das nicht gut ausgegangen.

„Wenn du reden willst, hab ich auch in den Ferien ein Ohr übrig“, sagte sie und setzte sich auf, zog die Hände von Regulus‘ Brust. „Frohe Weihnachten, Regulus.“

„Ich bezweifele, dass das passieren wird.“ Regulus strich ihr wieder die Haare aus dem Gesicht, zog sie mit beiden Händen zu sich und gab ihr einen tiefen Kuss. Lily ließ ihn nur ungerne wieder weg. „Bis dann.“

„Geh du vor. Sonst denkt noch jemand, wie wären hier zusammen gewesen“, sagte Lily und zwinkerte ihm zu.

Regulus schlug seinen Zauberstab gegen die Tür und murmelte: „Alohomora.“ Er ging nicht ohne einen letzten Blick in ihre Richtung. Lily winkte ihm. Kaum hatte er die Tür wieder zugeschoben seufzte sie auf und ließ sich in den Sitz zurückfallen.

Vielleicht hätte sie es ihm sagen sollen, aber sie wollte jetzt keinen Stress. Nicht kurz bevor sie sich so lange nicht sahen und Regulus diese Zeit sowieso damit verbringen wollte nachzudenken. Sie schaute aus dem Fenster und lächelte, zählte in ihrem Kopf langsam bis zehn, bevor sie aufstand und Regulus aus dem Abteil folgte.

Sie ging den verlassenen Gang entlang in den nächsten Wagon. Aus den offenstehenden Abteiltüren kamen Stimmen und Lachen. Der halbe Zug schien sich auf Weihnachten zu freuen und eigentlich wünschte sie sich, Regulus würde auch schöne Weihnachten haben. Am besten zusammen mit ihr.

Sie betrat den nächsten Wagon, anscheinend zu schnell. Regulus stand dort im Korridor und unterhielt sich mit Sirius. Lily blieb verdutzt stehen, schaute von einem Black zum anderen. Der Anblick war nicht neu, aber ungewohnt. Sirius lehnte an der Fensterwand und hielt Regulus am Arm fest. Beide schauten gleichzeitig in ihre Richtung. Regulus‘ Blick war eiskalt, was Lily mehr als nur verwirrte. Er riss sich von Sirius los, kehrte ihnen den Rücken zu und ging weiter.

Sirius kniff die Augen zusammen.

Lily trat auf ihn zu. „Was hast du ihm gesagt?“

Sirius schaute sie an. „Er hat mit dir geredet, hm?“

„Gerade eben. Anscheinend bist du doch ein Stalker, Sirius“, sagte Lily.

„Nicht ganz“, sagte Sirius. „Ich hatte meine Gründe da draußen zu sein. Bessere wahrscheinlich, als du.“

Lily zog die Krawatte aus ihrer Tasche und hielt sie Sirius hin.

„Ah, kein Wunder, dass ich sie nicht gefunden habe. Danke dir.“ Sirius nahm die Krawatte und faltete sie ordentlich, bevor er sie einsteckte.

Lily lehnte sich neben ihm gegen das Fenster. „Was hast du ihm über mich gesagt, Sirius? Dass er die Finger von mir lassen soll? Ich wusste nicht, dass du mich wirklich so wenig leiden kannst.“

Sirius schaute sie mit einer hochgezogenen Augenbraue an. „Ich kann dich leiden, Lily. Darum geht’s hier nicht.“

„Sondern?“

Sirius schnaubte auf, stieß sich vom Fenster weg und stellte sich ihr gegenüber hin, um sie ansehen zu können. Der Gang war zu eng, um viel Platz zwischen ihnen zu lassen.

„Ich hab dir das schon mal erklärt, wenn ich mich richtig erinnere“, sagte er. „Unsere Eltern sind extrem konservativ, wenn man es so ausdrücken will. Sie haben meine Cousine aus dem Stammbaum gebrannt, weil sie einen muggelstämmigen Zauberer geheiratet hat. Was glaubst du, werden sie mit Regulus tun, wenn er sich auf dich einlässt?“

Lily schaute sich um, aber der Gang war weitestgehend leer. Aus einem Abteil in der Nähe konnte sie Peter lachen hören. Sie schaute wieder Sirius an. „Also hast du Regulus gesagt, dass er einen Fehler macht. Dass ich ein Fehler bin?“

„Nein“, sagte Sirius entrüstet. „Ich wollte nur wissen, ob er sich das gut überlegt hat.“

„Du hast ihm eingeredet, dass es eine schlechte Idee ist“, sagte Lily zischend. „Du mischst dich ein, obwohl ihr anscheinend seit Ewigkeiten nicht miteinander gesprochen habt. Wieso machst du das?“

Sirius wischte sich die Haare aus der Stirn. „Hör zu, ich weiß, dass du anscheinend denkst, ich hätte was gegen dich, und ich war mir selbst nicht sicher, was ich davon halten soll. Von dir und Regulus zusammen. Das ist verdammt problematisch.“ Er hob die Hand, als Lily widersprechen wollte. „Aber du bist ein tolles Mädchen. Du bist clever, witzig, hübsch und… muggelstämmig.“

Lily runzelte die Stirn. „Soll das ein Kompliment sein? Das wäre das erste Mal.“

Sirius nickte ihr zu, als würde er ‚gern geschehen‘ sagen wollen. „Die Sache ist… Ja, ich habe das für keine gute Idee gehalten, aber du wolltest nicht auf mich hören und jetzt steckt ihr da anscheinend drin, und ich denke, dass es vielleicht keine schlechte Idee ist.“

„Warte.“ Lily wusste nicht, ob sie ihm folgen konnte. „Du willst gar nicht, dass ich ihn in Ruhe lasse?“

„Regulus ist ein Idiot“, sagte Sirius. „Er ist ein naiver, leicht beeinflussbarer Idiot.“

Lily schoss ihm einen strafenden Blick zu, der bei Sirius genauso wenig Wirkung zeigte wie McGonagalls.

„Aber er hat ein gutes Herz“, fuhr er ungerührt fort. „Er ist mit den Ansichten unserer Eltern groß geworden und hat sie aufgesogen, aber er ist nicht blöd. Er weiß, dass die meisten davon lächerlich sind. Das Problem ist, dass er es glauben wollte. Er wollte, dass unsere Eltern Recht haben, und manchmal hab ich ihn darum beneidet, dass er das konnte. Regulus hat immer alles gegeben, um gut vor unseren Eltern dazustehen, und ich konnte das nicht. Aber du…“ Sirius schien ein Grinsen zurückzubeißen. „Du bist alles, was unsere Eltern hassen.“

„Danke“, sagte Lily unsicher.

„Vielleicht bist du der Auslöser, den er braucht, um zu merken, was sie für Idioten sind“, sagte Sirius und klang gleichzeitig aufgeregt und verzweifelt. „Darüber hab ich nachgedacht.“

Lily hielt sich an dem aufgeregten Glühen in Sirius‘ Augen fest. Sie hatte das dringende Bedürfnis ihm zu sagen, dass genau das passieren würde. Sein Blick erinnerte sie an James‘, als er davon gesprochen hatte die Ferien ungestört mit seinem besten Freund zu verbringen.

Sirius zuckte mit den Schultern. „Einen Versuch ist es wert, oder? Wenn du einen Versuch willst, meine ich.“

„Wieso sollte ich das nicht?“, fragte Lily verwirrt.

Sirius schaute sie mit diesem bohrenden Blick an, als könnte er direkt in ihr Inneres blicken. „James“, sagte er, was Lily noch ratloser zurückließ. „Vielleicht hast du es verdrängt, aber ich bin da gestern reingestolpert. Es sah sehr eindeutig aus.“

Lily schüttelte sofort den Kopf. „Da ist nichts. James hat kein Interesse mehr an mir, das solltest du wissen, Sirius.“

Sirius schluckte so hart, dass Lily es sehen konnte, und seine Stimme schien gepresst. „James sagt immer genau das Gleiche“, murmelte er um ein Lächeln bemüht, aber es hatte ihm nie weniger gestanden. „Fühlt sich immer an, als würde er mir ins Gesicht schlagen.“

Lily gab dem plötzlichen Bedürfnis nach Sirius‘ Schulter zu berühren. „Wir sind Freunde, nicht mehr und nicht weniger. Hast du… Regulus das gesagt?“

„Ich hab ihm nicht gesagt, dass ihr vorm Kaminfeuer gekuschelt habt“, sagte Sirius eine Spur zu gelassen. „Falls du das meinst.“

Lily konnte sich nicht auf seinen Tonfall oder Ausdruck konzentrieren, wenn er solche Dinge sagte. „Du hörst dich wie Mary an.“

„Vielleicht sollte es dir Sorgen machen, dass sich mehrere Menschen so anhören.“ Sirius schaute in die Richtung, aus der sie gekommen war, aber bevor sie seinem Blick folgen konnte, lehnte er sich zu ihr und stützte sich neben ihrem Kopf am Fenster ab. „Allerdings muss ich sagen, dass sich Lily Black irgendwie merkwürdig anhört.“

Lily fasste Sirius‘ Arm und zog ihn herunter, schaute den Gang herunter in den nächsten Wagon. Severus stand dort wie angewurzelt und starrte sie an.

„Oh, Schniefelus.“ Sirius dehnte den Spitznamen genüsslich. „Ich hab dich gar nicht gesehen. Wolltest du vorbei?“

„Wenn dein dickes Hinterteil den Gang nicht blockieren würde, könnte ich das“, sagte Severus durch aufeinander gepresste Zähne.

„Entschuldige vielmals“, sagte Sirius und machte Platz – indem er sich gegen Lily drückte. Sie hielt die Luft, als er sie mit seinem Körper dicht gegen das eiskalte Fenster in ihrem Rücken presste. Er zwinkerte ihr zu und sie konnte sich ein Glucksen nicht verkneifen. Severus sah aus, als würde er mit der Faust durch das Fenster schlagen wollen. Und nach allem, was er gestern nicht nur über Sirius und sie gesagt hatte, hatte Lily kein Mitleid mit ihm.

Severus setzte sich schlurfend in Bewegung.

„Ach, übrigens…“ Sirius schnippte hinter seinem Rücken mit dem Zauberstab und holte im nächsten Moment einen Blumenstrauß hervor, den er Severus fast über den Kopf zog und Lily entgegenhielt. Zwei Dutzend Rosen in einem tiefen Rot sprangen ihr entgehen. „Eine für jede Stunde seit gestern, in der du mich zum Lächeln gebracht hast.“

Lily nahm die Blumen mit einem Schmunzeln an und schnupperte an ihnen, während Severus sich durch die schmale Lücke zwischen Sirius und der Wand hindurchquetschte. In seiner Schläfe pulsierte eine Vene deutlich und Lily konnte sehen, wie er beide Hände zu Fäusten ballte, als er den Gang weiter herunterlief.

„Danke“, sagte Lily. „Aber musste das sein?“

Sirius wog den Kopf nachdenklich hin und her, aber sein Grinsen war Antwort genug. „Snape war derjenige, der allen erzählen musste, dass wir ja so verliebt sind. Nicht wahr? Ich will seine Traumblase ja nicht zerstören.“

Lily konnte sich nicht mehr erinnern, ob sie das so genau erwähnt hatte. Sie gab Sirius einen Schubs, damit er wieder auf einen unschuldigeren Abstand zurückstolperte.

„Sowas in der Art hast du aber nicht Regulus gesagt, oder?“, fragte sie, während sie ein wenig ratlos mit dem Rosenstrauß gestikulierte. Sie wusste nicht, wohin damit.

Sirius zückte seinen Zauberstab und schnippte, ließ die Blumen damit genauso schnell verschwinden, wie er sie heraufbeschworen hatte. „Er hat sich nicht so abrupt verzogen, weil ich irgendetwas Falsches gesagt habe, sondern weil du anscheinend vergessen hast ihm etwas zu sagen.“

Lily starrte ihn ahnungslos an.

„Du hast ihm wohl nichts von unserem Pläuschchen in der Bibliothek erzählt. Du weißt schon, als ich dir gesagt habe, dass das für euch beide böse enden wird und du dir Watte in die Ohren gestopft hast.“

„Also hast du das für mich übernommen?“

„Nicht wirklich. Er kam hier vorbei und hat mir gesagt, dass ich keine Tricks bei dir versuchen muss, weil ihr über alles geredet hättet. Also hab ich gesagt, dass du ihm sicher bestätigt hättest, dass ich nichts getan habe, außer mir Sorgen zu machen. Den Rest wird er sich gedacht haben. Ich wusste nicht, dass wir ein kleines Geheimnis haben, Lily.“

Lily stöhnte auf und vergrub das Gesicht in den Händen. Sie dachte an den Moment, als sie die Chance gehabt hatte genau das anzusprechen und es lieber nicht getan hatte. Ausgerechnet weil sie nicht gewollt hatte, dass Regulus sich wegen ihr aufregte.

„Wieso, Sirius?“, murmelte sie in ihre Hände.

„Ich dachte, miteinander reden würde bedeuten, dass ihr beide redet“, sagte Sirius. „Er ist nicht dumm, Lily, und überrascht sah er auch nicht aus.“

„Er sah wütend aus“, sagte Lily und hatte Regulus‘ eisigen Blick vor Augen, als würde er gerade vor ihr stehen.

„Dann hast du ihn noch nie wütend gesehen.“ Sirius umfasste ihr Handgelenk und zog ihren Arm herunter, um ihr Gesicht freizulegen. „Und wenn ihr deswegen nie wieder ein Wort miteinander redet, dann war es das auch nicht wert.“

„Du hast keine Ahnung“, sagte Lily ärgerlich und stieß Sirius aus ihrem Weg. Sie wollte so schnell wie möglich mit Regulus reden, kam aber keine zwei Schritte weit, ehe der Hogwarts-Express eine scharfe Bremsung einlegte. Lily stolperte vorwärts und fiel gegen die Fensterwand. Sie schaute direkt auf den Bahnsteig neundreiviertel.

Ein heller Pfiff ertönte und die Schüler strömten wie auf Kommando aus ihren Abteilen, fluteten die Korridore. Lily kämpfte sich zwischen ihnen durch, presste sich durch Ellenbogenschranken und Kofferbarrieren in Richtung Zugtür und hüpfte nach draußen auf den Bahnsteig.

Eiskalte Winterluft kroch sofort unter ihre Kleidung. Sie nahm sich selbst in den Arm, während sie sich zitternd im Kreis drehte und auf dem vollen Bahnsteig nach Regulus Ausschau hielt. Familien fanden einander, Eltern schlossen ihre noch jungen Kinder nach den ersten Monaten getrennt voneinander in die Arme oder schauten sich genauso verwirrt um wie sie. Eulenschreie hallten über den Bahnhof, als die Vögel beim Aussteigen in ihren Käfigen umhergeschleudert wurden. Hier und da jagte eine Katze durch ein Paar Beine.

Lily drehte und wandte sich, wollte schon fluchen, als sie Regulus endlich entdeckte. Er stieg zwei Wagons weiter aus dem Zug. Lily spurtete los, lief wie bei einem Slalom zwischen den anderen Schülern hindurch – ein breiter Sechstklässler versuchte ihr auszuweichen und sprang dabei direkt in ihren Weg, schlug sie brutal aus der Bahn. Lily rutschte auf dem schneebedeckten Bahnsteig fast aus. Sie schlitterte ein paar Meter und fing sich gerade noch. Kurz musste sie sich neu orientieren, entdeckte Regulus aber schnell wieder. Er zerrte seinen Koffer in eine leerere Ecke des Bahnsteigs.

„Regulus!“

Er drehte sich zu ihr um. Sie eilte die letzten Meter auf ihn zu und sackte atemlos in sich zusammen, stützte sich auf ihren Knien ab, während sie nach Luft schnappte.

„Alles in Ordnung?“, fragte Regulus.

„Sirius hat mir gesagt, dass er dir gesagt hat, was er mir in der Bibliothek gesagt hat, und es tut mir leid, dass ich dir nicht vorher gesagt hab, was er mir gesagt hat.“ Sie holte tief Luft und stieß sie gleich wieder aus. Als sie Regulus von unten anschaute, sah der komplett verwirrt aus.

„Was?“, fragte er schließlich.

Lily richtete sich auf und hielt sich die stechenden Seiten. „Du bist sauer auf mich.“

„Hol erstmal Luft“, bat Regulus und stellte seinen Koffer hin, aber Lily winkte ab, als er ihr bedeutete sich hinzusetzen.

„Ich will nicht, dass du sauer auf mich in die Ferien gehst, Regulus“, sagte sie. „Zumindest nicht, ohne mir eine Chance zu geben das zu erklären.“

Er verschränkte die Arme vor der Brust. „Okay.“

Lily schnappte immer wieder nach Luft, was ihr schwerer zu fallen schien, je genauer Regulus sie anschaute. Ihr fiel keine Erklärung ein.

„Ich bin nicht sauer“, sagte Regulus und ließ Lily damit wirklich sprachlos zurück. „Ich bin enttäuscht. Ich dachte, wir wären ehrlich miteinander. Zumindest hab ich dir eine perfekte Vorlage geben mir zu erzählen, dass Sirius und du euch anscheinend gerne über mich unterhaltet. Wieso hast du mir nicht davon erzählt?“

„Weil…“ Lily fühlte sich genauso überfordert wie damals in der Bibliothek, als Sirius ihr all diese Dinge erzählt hat, ohne dass sie wirklich darüber hatte nachdenken wollen, was sie für Regulus empfand. Jetzt konnte sie an nichts anderes denken, als dass Regulus gleich verschwinden und nie wieder ein Wort mit ihr reden würde. Dass er nicht einmal mehr nachdenken würde, ob aus ihnen mehr als ein kleines Geheimnis werden konnte. „Was hätte ich denn sagen sollen, Regulus? Wir waren nichts. Wir haben nur Zaubertränke zusammen gebraut, als Sirius zu mir gekommen ist. Hätte ich dir sagen sollen, hey, Black, dein Bruder denkt, dass ich in dich…“ Lily biss sich auf die Unterlippe.

Regulus‘ Augen hatten sich leicht geweitet.

„Wie hättest du darauf reagiert?“, fragte sie hastig und strich sich eine Haarsträhne hinters Ohr. „Du wolltest sowieso niemandem sagen, dass ich dir in Zaubertränke helfe. Es ist unser kleines Geheimnis und wenn du gewusst hättest, dass es geplatzt ist, was hättest du dann gemacht? Davon abgesehen, dass Sirius Dinge gesagt hat… die ich… die mich sehr…“ Sie wusste nicht, was sie sagen sollte.

Regulus ließ sie nicht aus den Augen. „Du hättest es mir zumindest jetzt sagen sollen.“

„Damit du wieder weglaufen kannst? Das machst du nämlich gerne, wenn du denkst, dass ich nicht ehrlich zu dir bin. Bitte.“ Lily nickte den Bahnsteig herunter, wo die Menschen in Richtung der Absperrung zur Muggelwelt schlenderten. „Geh. Sei sauer auf mich. Ich wette, das macht es sehr leicht für dich einen Grund zu finden, warum wir uns nicht mehr sehen sollten.“

Lily umklammerte sich selbst gegen die Kälte. Ihre eigenen Finger krallten sich schmerzhaft fest in ihre Oberarme, als sie versuchte ein Zittern zu unterdrücken. In ihr loderte ein wütendes Feuer, und sie hatte keine Ahnung, ob sie auf Regulus oder sich selbst sauer war.

„Ich bin noch hier“, sagte Regulus.

„Darüber hab ich mich auch schon gewundert“, antwortete Lily.

Regulus trat an sie heran, und jeder Zentimeter, den er näherkam, machte es schwerer die Arme verschränkt zu halten. Sie wollte sich an ihn lehnen. Sein Körper war warm und verlockend nah, als wüsste er das und wollte sie mit der Nähe ärgern.

„Das ist auch nicht einfach für mich, Regulus“, sagte sie gepresst.

„Ich weiß“, antwortete Regulus.

„Nein. Du weißt nicht, wie es ist, wenn Sirius Black dich ansieht, als würdest du seinen kleinen Bruder in eine Bärenfalle locken.“

„Deswegen solltest du mir sagen, wenn es dir zu viel wird.“

„Damit du gar nicht erst nachdenken musst?“ Lily schüttelte den Kopf. „Das hättest du wohl gerne.“

„Nein“, sagte Regulus trocken.

Lily lächelte schief. „Tut mir leid, dass ich das für mich behalten hab.“

„Es tut mir leid, dass ich nicht abgehauen bin. Ich wollte deine Erwartungen nicht enttäuschen.“

Sie lachte.

„Verzeihung“, sagte eine Stimme hinter ihr.

Lily sah, wie Regulus‘ Gesicht jede Farbe auf einen Schlag verlor, bevor sie sich umdrehte. Ein großgewachsener Mann stand hinter ihr. Er hatte tiefschwarzes Haar mit ersten grauen Strähnen an den Schläfen, was ihn älter aussehen ließ, als er wahrscheinlich war. Seinem Blick fehlte jede Wärme.

„Vater“, sagte Regulus. „Ich hab euch schon gesucht.“

„Regulus.“ Mr. Black klopfte seinem Sohn zur Begrüßung auf die Schulter. Seine Augen wanderten dabei wieder zu Lily. Er sah seinen Söhnen sehr ähnlich, aber das gute Aussehen, dass er Regulus und Sirius vererbt hatte, schien glanzlos, wie das Gefieder eines Vogels, der zu lange in einem Käfig gesessen hatte.

„Vater, das ist Lily Evans“, sagte Regulus. „Sie ist Schulsprecherin.“

Lily hatte nichts anderes erwartet, aber es schmerzte ein wenig, dass Regulus sie so vorstellte. Er ließ alles aus, was ihr sofortige Antipathien seines Vaters einbringen würde.

Lily lächelte Mr. Black an und streckte die Hand aus. „Freut mich Sie kennenzulernen, Mr. Black.“

Regulus‘ Vater musterte sie von oben bis unten und nickte. „Sehr erfreut.“ Zu ihrer Überraschung griff er ihre Hand und schüttelte sie. Dann stellte er sich neben seinen Sohn, ohne sie aus den Augen zu lassen. „Sehr hübsch“, sagte er knapp, sodass Lily nicht wusste, was sie sagen sollte und nur lächelte. „Sie sind Schulsprecherin, Miss Evans?“

Sie nickte. „Oh, ja. Jemand musste das ja werden.“

Regulus starrte an ihr vorbei.

„Evans…“ Mr. Black zog nachdenklich die Augenbrauen zusammen. „Ich erinnere mich an keinen Evans aus meiner Schulzeit.“

„Das sollte dir alles über dieses Mädchen sagen, was du zu wissen brauchst“, sagte eine weibliche Stimme. Mrs. Black, wie Lily annahm, trat an die Seite ihres Mannes. „Würdest du dir bitte die Hände waschen, Orion?“

„Mutter“, sagte Regulus entrüstet.

„Liege ich etwa nicht richtig?“ Mrs. Black schaute Lily das erste Mal an. Sie sah älter als ihr Ehemann aus, hatte aber die gleichen hochmütigen Gesichtszüge. Ihre grauen Augen brannten mit einem Feuer, das Lily an Sirius erinnerte, aber so außer Kontrolle, als würde es jeden Moment in Wahnsinn umschlagen. „Du kommst aus einer Muggelfamilie, Mädchen?“

„Mein Name ist Lily.“ Sie versuchte gar nicht Mrs. Blacks Hand zu schütteln.

„Das ist mir egal“, sagte Mrs. Black. „Ich will dich nicht noch einmal in der Nähe meines Sohnes sehen, haben wir uns verstanden?“

„Mutter.“ Regulus‘ Stimme schien leiser geworden zu sein. „Wir haben uns nur unterhalten.“

„Ja, ich dachte eigentlich, ich hätte dir etwas anderes beigebracht“, sagte Mrs. Black, während Mr. Black sich unauffällig, aber für Lily schmerzhaft offensichtlich die Hand an seiner Robe abwischte.

„Sie ist Schulsprecherin“, sagte er. „Sie müssen wohl miteinander reden, Darling.“ Der Kosename schien seinen herablassenden Tonfall noch zu intensivieren.

„Entschuldigung“, sagte Lily um Ruhe in der Stimme bemüht. „Aber ich bin nicht taub und auch nicht dumm. Wenn Sie implizieren wollen, dass Sie besser sind als ich, weil meine Eltern keine Zauberer sind, dann zeigen Sie mir doch Ihren Stammbaum, damit wir uns ansehen können, wie viele Reinblüter da wirklich drin sind.“

„Was hast du gesagt?!“ Mrs. Black schoss vor, wie ein Adler, der eine Maus vom Boden reißen wollte. Sie machte eine Bewegung, als würde sie Lily packen wollen, aber Mr. Black fing ihre Hand ab.

„Wir sollten los“, sagte er angespannt.

„Habt ihr da nicht jemanden vergessen?“ Alle Blacks drehten sich gleichzeitig um und erstarrten, wie von einem Lähmungszauber getroffen. Sirius zog seinen Koffer zu ihnen rüber. „Ich dachte, ich komme über Weihnachten mal wieder nach Hause. Ah, die Freude in euren Gesichtern ist überwältigend“, sagte er, als seine Mutter aussah, als würde sie ihm an die Gurgel springen wollen.

„Du willst was?“, zischte sie. „Hast du den Verstand verloren, Sirius? Nur über meine Leiche. Du bist in meinem Haus nicht willkommen.“

Sirius legte sich eine Hand aufs Herz, als wäre das ein nettes Kompliment gewesen.

Lily schaute zu Regulus, der nicht nur überrascht sondern ziemlich überfordert schien. Als er ihren Blick bemerkte, schüttelte er sachte den Kopf.

„Es ist auch mein Haus“, sagte Mr. Black da, und seine Frau schaute ihn entgeistert an. „Wenn mein Sohn nach Hause kommen will, kann er das.“

Für einen Moment sah sogar Sirius überrascht aus, dann grinste er. „Großartig. Dann gehen wir doch mal und versuchen eine Familie zu sein.“

Mr. Black umfasste die Hand seiner Frau fest, bekam aber nur eine Faust zu fassen, die er anscheinend unter Kontrolle bringen musste. Er nickte Sirius hinter sich her, aber der hatte sich schon in Bewegung gesetzt und ging voran. Seine Eltern folgten. Regulus stand erstarrt da.

„Was war das?“, fragte Lily ihn leise.

Regulus schüttelte ratlos den Kopf. „Er hat mir nicht… Ich weiß nicht.“ Er lehnte sich zu ihr rüber und einen Moment lang dachte Lily, er würde die Distanz komplett schließen, aber er verharrte einige Zentimeter von ihr entfernt. „Es tut mir leid, was sie gesagt haben. Sie meinen es nicht so.“

„Oh, ich glaube, sie haben es ganz genau so gemeint.“ Lily streifte seinen Arm, bevor sie sich eines Besseres besann. „Alles okay bei dir?“

„Regulus?“, donnerte die Stimme seiner Mutter zu ihnen.

Regulus schien keine Antwort für Lily zu haben. „Ich muss gehen. Wir essen mit den Malfoys zu Abend, also… Frohe Weihnachten, Lily.“

Lily ließ ihn stumm gehen, als sie sich erinnerte, worauf sie ihn nie angesprochen hatte. Lucius Malfoy und sein merkwürdiges Gespräch mit Regulus war ihr in dem ganzen Trouble entfallen. Und gerade wusste sie nicht, was sie schockierter zurückließ. Der Anblick von Sirius bei seiner Familie war zu verwirrend. Nach allem, was sie von Regulus gehört hatte, hätte sie gedacht Sirius würde eher vom Astronomieturm springen als wieder einen Fuß in sein Elternhaus zu setzen.

Als sie hinter der Absperrung verschwanden, riss Lily sich los. Sie ging an der roten Lok des Hogwarts-Expresses vorbei und zurück zu ihrem Wagon, als sie James entdeckte. Er stand mit Remus und Peter auf dem Bahnsteig, die sich hinter ihm mit entsetzten Gesichtern unterhielten. James sagte gar nichts. Er starrte auf die Stelle, wo Sirius eben verschwunden war, und sah aus, als hätte jemand ihm ins Gesicht geschlagen. Als er Lily entdeckte, rührte er sich wieder, wenn auch sehr steif.

„Ich hab deinen Koffer“, murmelte er und deutete auf den Koffer neben seinem. „Du warst nicht da, also…“

„Danke“, sagte Lily, und als er nicht darauf reagierte, hakte sie sich bei ihm ein und drückte sanft seinen Arm. Was immer Sirius vorhatte, er schien es nicht einmal James gesagt zu haben.


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