Forum | Chat | Galerie
 
Startseite | Favoriten
Harry Potter Xperts
Harry Potter Xperts
Startseite
Newsarchiv
Link us
Sitemap
Specials
Shop
Buch 7
Buch 6
Buch 5
Buch 4
Buch 3
Buch 2
Buch 1
Lexikon
Lustige Zitate
Gurkensalat
Hörbücher
Harry, A History
Steckbrief
Biographie
Werke
Erfolgsgeschichte
Interviews
Bilder
Harry Potter & Ich
JKRowling.com
Film 7, Teil 1 & 2
Film 6
Film 5
Film 4
Film 3
Film 2
Film 1
Schauspieler
Autogramme
Galerie
Musik
Videospiele
Downloads
Lesetipps
eBay-Auktionen
Webmaster
RSS-Feed
Geburtstage
Gewinnspiele
Twitter
Fanart
Fanfiction
User-CP
Quiz
Währungsrechner
Forum
F.A.Q.
Ãœber uns
Geschichte
Impressum

Fanfiction

Mud and Blood - In den Drei Besen

von Dr. S

Schnee löste Mitte November den heftigen Regenfall ab, und am Morgen des Trips nach Hogsmeade lagen die Ländereien unter einer weißen Decke begraben. Das Dorf sah aus wie eine Reihe von Lebkuchenhäusern unter einer Schicht Zuckerguss. Ein idyllischer Anblick, der ohne den eiskalten Wind, der es unter alle dicken Kleidungsschichten schaffte, fast romantische Spaziergänge herausgefordert hätte.

Lily ließ diese Gedanken draußen in der Kälte erfrieren und betrat bibbernd die Drei Besen, dicht gefolgt von einer Schneewehe. Sie klopfte sich die weißen Flocken von den Schultern und aus den langen Haarsträhnen. Den halben Morgen hatte sie damit verbracht ihr Haar hübsch, aber unauffällig hübsch aussehen zu lassen – immerhin hatte sie nichts Besonderes vor. Überhaupt nichts.

Ihre Tasche war prallgefüllt mit Weihnachtsgeschenken für ihre Eltern und Schwester. Sie hatte sich Zeit beim Einkaufen gelassen, genug Zeit, dass eine gewisse Person sich hierher bequemen konnte. Aber sie entdeckte Regulus auch nach einem zweiten Mal Umsehen nicht, weder an der Bar, wo Madam Rosmerta Butterbier auf einem Tablett balancierte, noch an einem der Tische sitzen. Die meisten waren besetzt. Severus saß in der dunkelsten Ecke mit Mulciber und Wilkes und blickte sehr starr auf sein Glas. Viel weiter in der Mitte des Pubs stapelte Remus Bierdeckel auf einander.

Lily sah auf ihre Uhr. Es war noch früh. Mindestens eine Viertelstunde würde sie Regulus noch geben. Eigentlich war sie davon ausgegangen, dass es nicht nötig wäre, ihn aus dem Schloss zu zerren und hierher zu zwingen. Sie hatten bei ihren Treffen zwar nicht noch einmal ausführlich über den Ausflug nach Hogsmeade gesprochen und verabredet waren sie auch nicht, aber er hatte den Eindruck gemacht, sie würden sich heute sehen. Lily hatte gehofft, sie würden sich heute sehen.

Das hier war kein Date, und trotzdem fühlte sie sich versetzt.

Lily schüttelte diese unangebrachten Gefühle ab, wie ein nasser Hund den Regen, und setzte ein Lächeln auf. Remus hatte sie entdeckt und winkte von seinem einsamen Plätzchen aus. Sie setzte sich zu ihm.

„Was machst du hier denn so ganz allein?“, fragte sie.

„Das könnte ich zurückgeben.“ Remus legte die Bierdeckel wieder weg – sein Stapelhäuschen war einen grausamen Tod durch Erschütterung gestorben. „Die anderen holen gerade Getränke und einer musste den Platz besetzen. Was ist deine Ausrede?“

Von hier aus hatte Lily die Tür perfekt im Auge und konnte jeden sehen, der ging oder kam. Es sprach nichts dagegen, dass sie Remus eine Weile Gesellschaft leistete. „Wahrscheinlich die Kälte. Da bleibt man lieber im Schloss.“

Remus lächelte sie an. Es vertrieb die tiefen Schatten unter seinen Augen nicht. Der Mond wurde mit jedem Tag voller und sie wussten beide, was das bedeutete, auch wenn sie noch nie wirklich darüber gesprochen hatten. Sein Geheimnis schwebte unausgesprochen zwischen ihnen, seit sie gemeinsam als Vertrauensschüler durch die Korridore patrouilliert waren. Und sie einmal im Monat alleine. Sie hatte ihn das ein oder andere Mal im Krankenflügel besucht und so getan, als wüsste sie nicht, warum er dort war. Und Remus hatte gerne so getan, als wüsste er nicht, dass sie es wusste.

„Das ist eine schlechte Ausrede“, sagte Remus und sein Blick ging an die Theke, wo James und Sirius Madam Rosmerta so zum Lachen brachten, dass ihr das Butterbier vom Tablett rutschte – direkt auf Peter. Er quietschte und der ganze Pub schien plötzlich zu lachen. James trocknete Peters Roben mit einem Zauberstabwink. Remus schüttelte den Kopf darüber. „So ganz unter uns, wie stellt James sich als Schulsprecher an?“

Lily hörte die Angespanntheit in Remus‘ Stimme. Er gab sich alle Mühe James den Posten zu gönnen, aber es musste sich sehr merkwürdig anfühlen zwei Jahre als Vertrauensschüler zu verbringen, nur damit ein anderer Gryffindor Schulsprecher wurde, und dann auch noch sein Freund. Lily konnte sich selbst noch sehr gut an den Moment im Hogwarts-Express erinnern, als James Potter sie als Schulsprecher begrüßt hatte. Sie hatte Remus erwartet und Severus befürchtet, aber der Anblick des Abzeichens auf James‘ Brust hatte ihr den Atem verschlagen. Es stand ihm überraschend gut.

„Er schlägt sich ganz gut“, sagte sie und versuchte nicht zu enthusiastisch zu klingen.

Remus lächelte und wirkte müder denn je. „Er schlägt sich besser als ich. Ach, sei ehrlich, Lily“, fügte er hinzu, als Lily ihn warnend ansah. „Ich konnte sie nie im Zaum halten, weder James noch Sirius. Jetzt, wo er sich die Hörner abgestoßen hat, ist James die perfekte Wahl. Wenn sich Sirius von jemandem an die Leine legen lässt, dann von ihm.“

„Ich finde, du warst ebenfalls eine gute Wahl.“ Lily drückte Remus‘ Hand, die geballt auf dem Tisch lag. Sie lächelte, als die Schatten unter seinen Augen ein wenig heller wurden. „Davon abgesehen will ich nicht in der Welt leben, wo Sirius sich anleinen lässt.“

Remus gluckste. „Ja, das wäre für beide nicht gut. Sirius und die Welt.“

„Redet ihr über mich?“ Sirius rutschte auf den Platz gegenüber von ihnen, die Augenbrauen leicht hochgezogen.

„Ich glaube, sie haben über die Welt geredet.“ James setzte sich neben ihn und stellte zwei Butterbier vor sich ab.

„Wo ist der Unterschied?“, fragte Sirius und lehnte sich lässig in die Ecke der Sitzbank, einen Arm über die Lehne gestreckt.

James grinste ihn an, dann schob er sein zweites Butterbier Lily hin. „Hey, Lily. Ich hab dir eins mitgebracht. Geht auf mich.“

„Danke, James, aber ich wollte eigentlich gleich wieder gehen“, sagte Lily.

„Und jetzt hast du einen Grund zu bleiben“, sagte James.

Lily schmunzelte. Sie tätschelte Remus‘ Hand wie zum Abschied und nahm das Butterbier. „Ich wollte dir deinen Platz nicht wegnehmen, Peter.“

„Schon gut.“ Peter reichte Remus sein Butterbier und watschelte zum Nachbartisch, wo er sich einen Stuhl ausborgte, den er mit einem ohrenbetäubenden Quietschen über den Boden an ihren Tisch heranzog. Am Kopfende stellte er ihn ab und plumpste darauf; so klein, wie er war, kam er gerade einmal mit den Zehenspitzen auf den Boden. Aus seinen wässrigen Augen schaute er in die Runde und schien sich zu fragen, wieso alle ihn schweigend anstarrten.

„Das war sehr grazil“, kommentierte Sirius.

Peter streckte ihm die Zunge raus. „Du hättest gern, dass ich grazil durch die Gegend tänzele, ja? Trag du doch einen Stuhl wie eine Schwuchtel herum, Sirius.“

„Ich bin ein Zauberer, Peter. Ich lasse meinen Zauberstab das Tragen übernehmen“, sagte Sirius. „Und das ganz ohne den diskriminierenden Bastard raushängen zu lassen.“

Peter öffnete den Mund, die Pausbacken tiefrot angelaufen.

„Und, Lily?“ James stieß mit seinem Butterbier gegen ihrs und zerstörte damit die unangenehme Stimmung, die sich zusammenzubrauen schien. „Was treibt dich so ganz alleine nach Hogsmeade?“

„Schlechte Ausreden auf drei, zwei…“

Lily stieß Remus mit dem Ellenbogen an. „Ich brauche keine Ausrede. Ich musste Weihnachtsgeschenke besorgen. Meine Eltern lieben magischen Kram.“

„Was hast du ihnen besorgt?“, fragte James neugierig.

„Oh, eine selbstbindende Krawatte für meinen Vater – das letzte Exemplar hat versucht ihn zu erwürgen und er fand es ganz wunderbar – und ein Mini-Universum im Glas für meine Mutter. Meine Schwester bekommt Schokolade.“

„Magische Schokolade?“, fragte James in einem zweideutigen Tonfall.

Lily dachte an Petunias Schrei, als ihr einmal ein Schokofrosch aus der Verpackung gesprungen war. Seitdem hatte sie keine Süßigkeiten mehr von Lily stibitzt. „Das würde ihr eher nicht gefallen. Was ist mit dir?“

„Mein Dad kriegt ein Foto und meine… äh…“ James unterbrach sich selbst, bevor er seine Mutter erwähnen konnte, und fuhr sich durch die sowieso schon wirren Haare. Eine Geste, die Lily früher in den Wahnsinn getrieben hatte. „Ja, das wird nett.“

Sie fühlte sich sehr plötzlich sehr schlecht und schaute schnell zu Sirius. „Und du? Irgendwas Hübsches geplant?“

Sirius ließ sich nie anmerken, dass er anscheinend seit über einem Jahr keinen Fuß mehr in sein zu Hause gesetzt hatte. „Na ja…“ Sein Blick ging kurz zu James, der mit einem starren Ausdruck in den Augen sein Butterbier trank. „Ich könnte mich ertränken. Das würde sie sicher für drei Weihnachten freuen.“

James prustete mitten im Schluck vor Lachen los und wandte sich gerade noch rechtzeitig ab, bevor er Lily in einen Sprühregen aus Butterbier tauchte. Peter war dagegen nicht so glücklich. Er bekam alles frontal ab. Schon wieder triefte er vor Butterbier.

„Sorry, Wurmschwanz“, murmelte James noch halb lachend und wischte sich dabei mit der Serviette über den Mund.

„Merlin sei Dank bin ich ein Zauberer, was?“ Sirius zückte seinen Zauberstab wie ein Ritter sein Schwert und trocknete Peter mit einem lässigen Schnippen. Peter sah aus, als würde er ihn dafür ertränken wollen, dann seufzte er und ließ den Kopf hängen, als würde er sich selbst ertränken wollen.

„Das war nicht dein Ernst, oder? Du findest sicher ein besseres Geschenk, Sirius“, hakte Lily nach. Sie versuchte das ein oder andere Mal ein paar Informationen aus Sirius herauszukitzeln, aber wenn es um ihre Eltern ging waren die Black Brüder sich verblüffend ähnlich. Undurchschaubar. Regulus erwähnte seine Eltern nicht einmal mehr am Rande, seit er Lily einen kleinen Blick unter die Fassade erlaubt hatte. Aber er konnte ihr noch in die Augen sehen.

„Ich bleib dieses Weihnachten in Hogwarts“, sagte Sirius.

„Tust du nicht“, raunte James und Sirius schenkte ihm ein warmes Lächeln, so ganz ohne Arroganz, wie man es sonst von ihm gewöhnt war. Von der Seite konnte Lily erkennen, wie Peter mit den Augen rollte.

„Jaah, es wäre auch zu viel verlangt, wenn ihr eine Nacht getrennt voneinander verbringen müsstet“, murmelte Peter, während er sich unsichtbare Butterbierspritzer von seiner trockenen Robe wischte.

„Du bist so ein Sonnenschein heute, Peter.“ Sirius sparte nicht am Sarkasmus.

„Was ist mit deinem Bruder?“, fragte Lily. „Hast du für ihn ein Geschenk oder würde er sich auch über deinen Tod freuen?“

Sirius schaute sie über sein Butterbier hinweg an, scharf wie eine Pfeilspitze kurz davor ihr Ziel zu treffen. Er sah sie öfter so an, wenn sie über Regulus sprach, oder sie bildete es sich ein, weil sie unbedingt versuchte sich kein allzu großes Interesse anmerken zu lassen. Weder James noch Remus und erst recht nicht Peter schienen ihre Frage irgendwie merkwürdig zu finden.

„Hm“, machte Sirius schulterzuckend.

„Du könntest ihm ein Fläschchen Talent schenken“, sagte James. „So wie er das letzte Spiel vermasselt hat.“

Sirius hob eine Augenbraue und einen Mundwinkel und kehrte zurück zu seiner typischen lässigen Arroganz.

„Wenn man vom Teufel spricht“, raunte Remus ihr ins Ohr.

James und Peter drehten sich um, Sirius als einziger nicht, und Lily hatte die Tür so gut im Blick, dass sie nur aufsehen musste. Regulus kam herein, tief in ein Gespräch mit seinem Quidditch-Kollegen Chambers verwickelt. Schneeflocken hatten sich in seinen tiefschwarzen Haaren verfangen. Er wischte sie weg und schaute auf, sah Lily einen Moment lang direkt an. Lily merkte erst da, wie breit sie lächelte und es war zu spät es sich zu verkneifen.

Sie musste also nicht hoch zum Schloss und ihn ins Dorf zerren. Er hatte sein halbes Versprechen gehalten.

Lily brach den Blickkontakt und löschte ihr Lächeln mit einem großen Schluck Butterbier aus. Sie wandte sich Sirius zu, dessen Blick sie gar nicht erst suchen musste. Er hatte anscheinend kein Auge für die Ankunft seines Bruders gehabt.

Sie versuchte schnell wieder zu lächeln und strahlte ihn an. Sirius trank sein Butterbier aus.

„Kannst du das glauben?“, murmelte James in Sirius‘ Richtung. „Dass er sich noch hierher traut…“

„Was meinst du?“, fragte Lily.

James schüttelte den Kopf in ihre Richtung. „Ähm… Nur… Das Spiel. Eine solche Demütigung schüttelt man nicht so einfach ab.“

Lily runzelte die Stirn. „Demütigung? Soweit ich mich erinnere, hat er den Schnatz gefangen.“

„Na ja…“ James fuhr sich wieder durch die Haare, und diesmal hatte die Geste sicher nichts damit zu tun, dass ihm unwohl war. „Dir wird sicher nicht entgangen sein, dass ich in der Zeit, dir er gebraucht hat um den Schnatz zu fangen, das Spiel gewonnen habe.“

„Das ist aber sicher nicht nur die Schuld von Slytherins Sucher“, sagte Lily.

„Nein, da kommt die ganze Unfähigkeit aller Spieler zusammen“, erwiderte James grinsend.

„Wenn du kein Tor mehr gemacht hättest, James, wäre das Spiel anders ausgegangen und Regulus Black wäre der Held des Spiels.“

„Ja, aber er war eine kleine Schnecke und ich bin der Held des Spiels.“ James winkte das wie eine Tatsache ab. Alle Momente, in denen er sich wie ein normaler Mensch aufführte, krachten wie ein instabiles Haus aus Bierdeckeln in sich zusammen, wenn er ab und zu solche Dinge raushaute. „Ich hab fünfzehn Treffer gemacht. Einer davon gehört dir.“

„Du kannst ihn gerne zurückhaben. Und das hier auch.“ Lily legte zwei Sickel neben James‘ Butterbier, bevor sie aufstand.

„Wo willst du hin?“, fragte James verwirrt.

„Schulsprecherkram.“

„Dann komm ich mit.“

„Seit wann?“, gab Lily skeptisch zurück. „Ich gehe Professor Slughorn einen Gefallen tun. Dir noch viel Spaß dabei ein Arsch zu sein. Euch auch, Jungs.“

Kaum kehrte sie ihnen den Rücken zu, rutschte Peter auf ihren Platz. Lily fasste ihr Ziel an der Bar ins Auge und schluckte gegen ihr hart klopfendes Herz an, als sie sich darauf zu bewegte. Regulus saß mit dem Rücken zu ihr da und faltete seinen silbergrünen Schal wieder und wieder zusammen.

Lily tippte ihm auf die Schulter. „Hi.“

Er blickte sie von der Seite an, ohne den Kopf groß zu drehen. Etwas flackerte über seine Augen und ließ sie aufleuchten – sicherlich das merkwürdige Licht im Pub. „Evans.“

Manchmal überlegte sie, wie es sich wohl anhören würde, Regulus‘ Stimme ihren Vornamen sagen zu hören.

„Ich dachte schon, du würdest dich nicht blicken lassen“, sagte sie.

„Ich hätte nicht gedacht, dass du nichts Besseres zu tun hast, als auf mich zu warten. Davon abgesehen hast du mir keine Uhrzeit genannt. Wir waren nicht verabredet.“

Lily nickte. Das hier war keine Verabredung. Sie wollte nur sichergehen, dass Regulus sich amüsierte. „Ich will dich auch gar nicht stören. Vielleicht sollte ich verschwinden, bevor dein Freund wieder auftaucht.“

„Ich glaub nicht, dass er das mitkriegt.“ Regulus lehnte sich leicht nach hinten und öffnete den Blick auf Chambers, der zwei Höcker weiter in einer dunklen Ecke saß â€“ nur nicht allein. Er schaffte es sich einen Barhocker mit einem Mädchen aus Ravenclaw zu teilen. Sie küssten sich, als wären sie Dementoren und würden versuchen sich gegenseitig die Seele auszusaugen.

„Unangenehm“, sagte Lily und rutschte auf den Hocker neben Regulus. Seine Augen folgten jeder ihrer Bewegungen sehr genau.

„Das war keine Einladung. Du kannst ruhig zurück zu deinem Date gehen.“

„Wie bitte?“

„Ich dachte, du bist mit James Potter hier. Jedenfalls scheint ihr euch gut miteinander zu amüsieren.“

„Was?“ Lily blickte rüber zu James, der mehr als ein wenig neugierig zu ihnen sah, und prustete los. Sie konnte nicht anders, hielt sich sogar eine Hand vor den Mund, um sich zu stoppen. James schien ein wenig verletzt, als er sich wegdrehte und Sirius etwas ins Ohr flüsterte. Lily schluckte die letzten Gluckser herunter. „Nein. James ist hier, ich bin hier, wir sind sozusagen gleichzeitig hier. Nicht miteinander.“

Regulus zog eine Augenbraue hoch, als würde er das in Frage stellen wollen, tat das aber nicht.

„Amüsierst du dich schon gut?“, fragte Lily.

„Ja, es ist phantastisch das fünfte Rad am Wagen zu sein.“ Regulus warf einen weiteren Blick zu Chambers und dessen Freundin.

„Warum hast du dir kein hübsches Date besorgt?“, rutschte es Lily heraus. Sie hätte das nicht fragen sollen. Die Vorstellung war keinesfalls absurd, aber trotzdem wollte sie sich lieber nicht auf dieses Territorium vorwagen.

Regulus kreuzte ihren Blick kurz und schaute genauso schnell wieder weg. „Dafür hab ich keine Zeit, das solltest du eigentlich wissen. Ich kriege in letzter Zeit auch ohne Anhang nichts hin.“

Lily lächelte und genau das war wahrscheinlich die falsche Reaktion. Sie kämmte sich die Haare mit allen Fingern zurück, um sich abzulenken. Von der Frisur, für die sie mehr vom Morgen als an allen anderen Tagen der Woche verschwendet hatte, war sicher nicht mehr viel übrig. Aber Regulus sah sie sowieso nicht an.

„Du weißt, dass das nicht stimmt.“

Regulus fuhr über den Rand von seinem Glas. „Was hat Potter gesagt, um dich zu vertreiben?“

Lily winkte ab. Sie hielt es für keine gute Idee Regulus zu sagen, dass sie James Potter seinetwegen sitzengelassen hatte. Es hatte ihr einfach nicht gefallen, dass irgendjemand so über Regulus redete.

Regulus ließ sein Glas nicht in Ruhe, fuhr eine Runde nach der anderen über den Rand, während er sie forschend musterte. Auch das hatte er mit seinem Bruder gemeinsam. Ein messerscharfer Blick, der unangenehm tief gehen konnte und in den falschen Momenten vielleicht auch wehtat.

„Du kannst es mir verraten“, sagte Regulus und zu Lilys Verblüffung beugte er sich dabei nah an sie heran. „Ich verrat es auch niemandem.“ Er musste seine Stimme kaum heben, damit sie ihn selbst über das laute Raunen im Pub hören konnte.

Ihr Herz schlug in einem anderen Rhythmus, weit von Zorn entfernt. Die Hitze in ihren Wangen, die James hineingetrieben hatte, verblasste und wurde von einer anderen abgelöst. Normalerweise schaffte Regulus irgendwie sie runterzuholen, wenn sie sich über irgendetwas, vielleicht auch zu Unrecht, aufregte. Gerade passierte das genaue Gegenteil.

„Ich kann noch näher kommen, wenn ihn das weiter aufregt“, raunte Regulus. Sein Blick ging über Lilys Schulter, wo sie wusste, dass James dort saß und vermutlich gerade herüberblickte. Regulus schien der Gedanke zu gefallen ihn ein bisschen zu ärgern und Lily brachte er auch zum Lächeln.

Und irgendwo tat es auch weh.

Lily schlug ihm sanft gegen den Oberarm. „Spar’s dir. Das interessiert ihn nicht.“

Regulus zog sich wieder zurück und für einen Moment glaubte sie ein Zucken in Regulus‘ Mundwinkeln zu erkennen.

„Kann ich euch zwei Hübschen noch was bringen?“ Rosmerta tauchte vor ihnen auf und beäugte Regulus‘ leeres Glas. Sie stützte sich auf verschränkten Armen auf der Theke ab. Ihr Ausschnitt war tief genug für viel Trinkgeld und keine Armlänge mehr von Regulus entfernt. Allerdings schien er beschäftigter mit dem Inhalt seiner Taschen zu sein. Er legte vier Sickel auf die Theke.

„Machen Sie mir noch zwei.“

„Alles klar, Süßer.“ Rosmerta verabschiedete sich mit einem Zwinkern und mehr Gold.

„Oh, Regulus. Das ist nicht nötig“, sagte Lily.

„Nimm es als Dankeschön“, murmelte Regulus, ohne sie anzusehen. Er schien auf einmal sehr interessiert an Chambers, der die Hand seiner Freundin zwischen seine nahm und ihr dabei irgendetwas zuflüsterte. „Für… du weißt schon was.“

„Regulus, das ist wirklich nicht nötig.“

„Es ist nur ein Butterbier. Schütt es weg, wenn du willst.“

Lily lächelte. „Danke dir.“

Regulus nickte knapp.

„So.“ Madam Rosmerta stellte zwei volle Gläser vor ihnen ab und nahm Regulus das Leere ab. Sie schaute sie an, als würde sie eine Lobesrede dafür erwarten, strahlte über die perfekt geschminkten Lippen. „Und? Habt ihr noch was Spannendes vor heute? Ich hab gehört, Madam Puddifoot hat super Sahnetörtchen im Angebot. Wenn ihr lieber hier seid, kann ich euch bestimmt zwei beschaffen. Ein süßes Pärchen wie euch seh ich gerne hier.“

„Wir sind kein –“, sagte Lily gleichzeitig mit Regulus und stoppte auch im selben Moment. Sie warfen einander einen schnellen Blick zu.

Rosmerta hob entschuldigend die Hände. „Wenn ihr noch was braucht, ich bin gleich da drüben.“ Sie ging zu einem Pack wartender Drittklässler, die ihr erstes Butterbier probieren wollten.

Lily nahm einen Schluck von ihrem und ging zweimal sicher, dass kein Schaum auf ihrer Lippe zurückblieb.

„Also, wenn du nicht mit James Potter hier bist“, begann Regulus zögerlich, „heißt das, du bist alleine unterwegs?“

„Ich weiß nicht, wieso jeder so tut, als wäre das verboten.“ Lily war nicht das erste Mal alleine in Hogsmeade. Früher waren es die Tage gewesen, die sie definitiv mit Severus verbracht hatte. Selbst wenn sie im Unterricht oder beim Essen getrennt voneinander und mit anderen zusammen gewesen waren, sie hatten immer Hogsmeade fest eingeplant gehabt. Und es jetzt mit jemand anderem zu tun, selbst ihren Freundinnen, fühlte sich irgendwie falsch an.

„Ich hätte das auch machen sollen“, sagte Regulus. Da war ein Anflug von Bewunderung unter der Reue in Regulus‘ Stimme und Lily konnte nicht anders als wieder zu lächeln.

„Ab und zu ist es ganz nett allein zu sein.“ Lily behielt Regulus‘ Gesicht sehr genau im Auge. Er war selten allein, aber er wirkte selbst in großen und kleinen Gruppen immer etwas verloren. Als würde er sich nicht wohl fühlen. Als würde er dort nicht hingehören.

„Und trotzdem sitzt du lieber bei meinem Bruder als irgendwo alleine“, sagte Regulus.

„Ich sagte, ab und zu. Und ich bin auch nicht mit deinem Bruder hier, falls das jetzt die Runde machen sollte“, antwortete Lily und stupste Regulus verspielt mit dem Ellenbogen an. Er schien sie zu ignorieren und trank sein Butterbier.

„Kein Gerücht wäre absurder“, murmelte er.

Lily hob die Augenbrauen. „Ach, bin ich unter seinen Standards?“

„Ich wüsste nicht, dass Sirius Standards hat“, sagte Regulus, „wenn man sich so seine Freunde ansieht.“

Lily seufzte. „Er ist dein Bruder, Regulus. Und ihr verhaltet euch, als wärt ihr Todfeinde. Wieso?“

„Du zeigst ein verstörend großes Interesse an Sirius, dafür, dass du auch nicht mit ihm hier bist.“

„Regulus…“ Lily konnte darüber nur die Augen verdrehen. „Du weißt, wieso ich mich interessiere. Du kannst mir diese Dinge nicht erzählen und erwarten, dass ich sie todschweige.“

Regulus sah sich um, als würde jeder im Pub Lily hören können. Er rutschte bis an den äußersten Rand seines Hockers, sodass er schon mehr aufrecht stand als saß. Lily legte ihre Hand auf seinen Arm und er erstarrte.

„Vielleicht solltet ihr euch zusammensetzen und ausdiskutieren, was immer passiert ist.“

„Du weißt nicht, was passiert ist.“

„Dann erzähl’s mir.“

Regulus zog seinen Arm ruppig weg. „Wenn ich dir all meine Geheimnisse erzähle, hast du keinen Grund mehr mich zu nerven.“

„Spricht eigentlich dafür, dass du mir irgendwas erzählst“, sagte Lily, aber Regulus schien nicht so erpicht darauf sie loszuwerden. „Sonst muss ich Detektiv spielen… Ich glaube, dass du es persönlich nimmst, dass er dich im Stich gelassen hat.“

„Das kann man schlecht nicht persönlich nehmen.“ Die Schärfe in seiner Stimme sollte sie eigentlich einen Rückzieher machen lassen, aber sie fühlte sich zu dem genauen Gegenteil herausgefordert.

„Er hatte vielleicht seine Gründe. Vielleicht solltet ihr reden. Immerhin ist er immer noch dein Bruder.“

„Das bedeutet nichts“, sagte Regulus. „Er ist mein Bruder, na und? Blut, Familie, das bedeutet alles nichts. Das ist ein gesellschaftliches Konstrukt um Kinder auf die moralischen Normen vorzubereiten und am Leben zu halten, mehr nicht. Wenn wir nicht verwandt wären, hätten wir nie im Leben ein Wort miteinander gewechselt. Es macht keinen Unterschied, dass wir nie wieder eins wechseln werden.“

„Dafür klingst du ziemlich verbittert.“

Regulus stellte sein Glas hart ab, sodass der Inhalt fast über den Rand schwappte. „Es macht keinen Unterschied. Du kannst dir das vielleicht nicht vorstellen, Evans, aber es macht wirklich keinen Unterschied.“

„Ich kann mir das sehr gut vorstellen. Ich habe eine Schwester“, sagte Lily, „und unser Verhältnis ist auch nicht gerade das Beste.“

Regulus‘ skeptischer Blick traf sie in einem wunden Augenblick. „Das hab ich nicht gewusst. Welches Haus?“

„Das mit den großen Fenstern in Spinner’s End“, sagte Lily und als Regulus eine Augenbraue hochzog, konnte sie trotz des heiklen Themas nicht anders als zu glucksen. „Sie ist ein Muggel. Und sie hält mich für einen Freak.“

Regulus drehte sich das erste Mal, seit er James in den Wahnsinn hatte treiben wollen, in ihre Richtung. Hinter ihm ertönten schmatzende Geräusche aus Chambers‘ Richtung. „Freak?“

Lily zuckte mit den Schultern, als würde es sie nicht verletzen, wenn Petunia ihr das eine Ding vorwarf, für das sie nichts konnte.

„Du bist kein Freak, Evans. Muggel hatten immer entweder Angst vor uns oder waren neidisch. Sie akzeptieren nur ganz selten, dass wir alle Menschen sind. Ihretwegen müssen wir so versteckt leben…“

Lily hatte das Thema nicht in diese Richtung lenken wollen. „Aber sie ist meine Schwester. Selbst wenn sie mich manchmal in den Wahnsinn treibt… und verletzt. Ich weiß, wenn es hart auf hart kommt, dann sind wir für einander da.“

Regulus‘ Hand zuckte in ihre Richtung. Lily fragte sich, ob sie wohl so verletzlich aussah, wie sie sich gerade fühlte. Sie mochte es nicht, über Petunia zu reden. Es fiel ihr unglaublich schwer, und wenn sie darüber nachdachte, dann konnte sie ziemlich gut nachvollziehen, wieso Regulus auch nicht gerne über seine Familie sprach.

„Dann hoffe ich, dass sie dich nicht enttäuschen wird“, sagte Regulus bitter.

Lily lächelte. „Das wird sie nicht. Wir sind Schwestern.“

„Oho!“ Eine große Hand landete auf ihrer Schulter und Lily zuckte herum. Professor Slughorn stand hinter ihr, den dicken Bauch in purpurnen Samt gepresst. „Lily, was für ein wunderbarer Anblick, so in trauter Zweisamkeit mit Regulus. Freut mich, dass das so gut zwischen ihnen funktioniert.“

„Mich auch“, sagte Lily.

„Regulus, mein Lieber.“ Professor Slughorn legte die andere Hand auf Regulus‘ Schulter und drückte zu. „Ich bin sehr zufrieden mit Ihren Fortschritten, nur um es noch einmal klar und deutlich zu sagen. Am Anfang des Jahres hatte ich schon befürchtet, Sie wären auf Erstklässler-Niveau zurückgerutscht, aber spätestens ihr Euphorie-Elixier letzte Woche hat das Gegenteil bewiesen. Der gute Regulus war weit vor allen anderen fertig, Lily, das hätten Sie sehen sollen. Und sein Einsatz von Honigwasser hat mich tanzen lassen, wie schon seit fünfzig Jahren nicht mehr.“

Regulus schien unter seinen Schultern verschwinden zu wollen.

„Das freut mich zu hören“, sagte Lily. „Nicht, dass es mein Verdienst ist. Ich kitzele nur Regulus‘ Talent ein bisschen heraus.“

„Bitte“, murmelte Regulus leicht genervt.

„Oho, ich bin sehr zufrieden mit Ihnen beiden. Und das hier ist doch ein netter Nebeneffekt.“ Professor Slughorn drückte ihre beiden Schultern gleichzeitig und grinste von einem Ende seines Schnauzers zum nächsten. „Ich sehe immer gerne, wenn die Hausrivalitäten überwunden werden können. Sie sind ein Vorbild für alle Gryffindors und Slytherins, wenn ich das so sagen kann.“

„Ähm…“ Lily schüttelte langsam den Kopf.

„Freuen Sie sich schon auf meine Weihnachtsparty?“, fragte Slughorn, ehe sie etwas sagen konnte.

„Ich kann nicht, Professor“, sagte Regulus. „Sie werden sicher verstehen, dass ich mit der Schule beschäftigt bin.“

„Oh, das dürfen Sie sich nicht entgehen lassen. Ich habe Hamish MacFarlan eingeladen, der ehemalige Kapitän der Magpies. Er leitet jetzt die Abteilung für magische Spiele und Sportarten. Wäre das nichts für Sie, Regulus?“ Er ließ die buschigen Brauen hüpfen. „Und wenn Sie das nicht überzeugt, dann sicherlich andere Aussichten. Ich werde Sie doch zusammen sehen, oder?“

„Oh, wir sind nicht…“ Diesmal versuchte Lily sich alleine darum herumzureden, dass ihr ständig irgendwelche Gerüchte um die Ohren flogen.

„Oh…“ Professor Slughorn hörte sich so enttäuscht an, wie ein verwöhntes Kind, das nur fünfzehn Weihnachtsgeschenke bekam. „Entschuldigen Sie bitte. Ich wollte keine Anspielungen machen. Sie verbringen so viel produktive Zeit miteinander und das sehr erfolgreich. Wirklich, Lily, wenn Sie diese Nachhilfestunden nicht vorgeschlagen hätten, wäre der gute Regulus wohl für den Tod vieler weiterer Augenbrauen verantwortlich. Weiter so.“ Er klopfte ihnen noch einmal auf die Schultern und suchte sich dabei schon das nächste Ziel aus der Schülermenge heraus. Professor Slughorn verschwand in James‘ Richtung.

Lily atmete tief durch. „Ich mag ihn wirklich, aber manchmal kann er sehr anstrengend sein.“

Regulus sagte nichts, sondern starrte sie nur bohrend an.

Lily lächelte zittrig. „Nervig, oder? Ich kann nirgendwo hingehen, ohne dass man mir eine Romanze andichtet.“

Regulus schob sein Glas von sich weg. „Du hast Professor Slughorn den Vorschlag mit der Nachhilfe gemacht?“, fragte er leise und klang dabei bedrohlicher, als würde er schreien. „Ich dachte, er hätte dich dazu aufgefordert, weil du so gut wärst?“

„Ähm, wo ist der Unterschied?“, fragte Lily.

„Der Unterschied ist, dass du mich angelogen hast. Du hast gesagt, das wäre Professor Slughorns Idee gewesen. Nicht deine. Dass du das nicht tust, weil du mir etwas schuldig bist.“

„Ich hab nicht –“

„Lüg mich nicht an, Evans. Ich mag Ehrlichkeit.“

„Dafür bist du aber nicht sonderlich ehrlich zu mir“, sagte Lily.

Regulus stand auf. „Ich bin ehrlich. Ich sage dir vielleicht nicht alles, aber ich bin ehrlich.“

„Regulus, warte.“ Lily fasste ihn am Arm, als er sich zum Gehen wandte, aber sie konnte ihn kaum festhalten, da schlug er ihre Hand weg.

„Lass mich in Frieden, Evans.“ Und ohne sich auch nur von Chambers zu verabschieden stürmte er aus den Drei Besen. Der Wind schlug die Tür hinter ihm zu, so hart, als hätte er seinen Ärger gespürt und für ihn die Tür knallen wollen.

Lily sank seufzend zurück auf ihren Hocker. Sie schluckte gegen den Klumpen Wut an, der ihr das Atmen im Moment schwer machte. Ob sie auf Regulus‘ dramatischen Abgang oder auf sich selbst sauer war, wollte sie jetzt gar nicht wissen.

Sie versuchte sich mit dem letzten Schluck Butterbier zu beruhigen und entdeckte dabei den silbergrünen Schal, den Regulus auf der Theke liegengelassen hatte. Sicherlich fror er sich gerade den Hals ab.

Lily griff den Schal und lief ihm nach. Der Wind blies ihr eisig entgegen, als sie auf die Straße trat. Schnee wirbelte in dicken Flocken vom Himmel, verwischte ihre Sicht wie ein weißer Regenschauer. Er verhedderte sich in ihren Haaren, die ihr wie ein roter Vorhang vors Gesicht flogen. Lily wischte die roten Strähnen unruhig zur Seite und schaute dabei nach rechts und links. Sie entdeckte Regulus auf dem Weg zurück zum Schloss und eilte ihm nach, blieb dabei in einer kniehohen Schneewehe hängen. Als sie endlich in Rufweite war, war ihr jemand zuvor gekommen.

Mulciber und Wilkes hatten sich bei der Baustelle rumgetrieben, die seit letztem Schuljahr vom Honigtopf übriggeblieben war. Lily erinnerte sich gut an den heißen Sommertag kurz vor den Prüfungen, als nicht nur die Todesser sondern Lord Voldemort persönlich diesen Hogsmeade-Trip in einen Alptraum verwandelt hatten. Warum genau sie es auf den Honigtopf abgesehen hatten, wusste sie immer noch nicht, aber sicherlich waren sie nicht scharf auf ein paar Eismäuse gewesen.

Regulus schien sich etwas Ähnliches zu fragen, als er die Ruine betrachtete. Der Besitzer hatte in dem Teil des Ladens, der wieder zugänglich war, seine Waren aufgestellt und machte das Beste daraus, dass es auf ihn schneite. Wilkes jedenfalls hatte eine riesige Tüte voller Gummiwürmer in der Hand und den Mund so voll mit ihnen, dass einer aus seinem Mundwinkel hing. Der Gummiwurm sah aus, als würde er versuchen den Zähnen zu entkommen.

Lily ging langsamer und wrang Regulus‘ Schal in den Händen. Sie hielt sich in den Schatten von Derwish & Banges, damit Mulciber sie nicht sah. Eigentlich wollte sie vermeiden irgendetwas vor ihm auszudiskutieren – und gleichzeitig wollte sie wissen, was er von Regulus wollte, obwohl sie angeblich keine Freunde waren. Sie wagte sich näher, bis sie einigermaßen verstehen konnte, was er sagte.

„Ein Wunder, dass das noch hält, hm?“ Mulciber zog eine bösartige Grimasse, als er den Blick über die halb verkohlten Außenwände des Honigtopfs gleiten ließ. „Wilkes und ich wollten mal pusten. Sehen, ob es noch hält. Hast du Lust?“

Regulus stieß ein Schnauben aus und damit eine kleine Atemwolke.

„Oh, nicht gut drauf?“, fragte Mulciber voll von falschem Mitleid, während Wilkes kicherte, als hätte er den besten Witz aller Zeiten erzählt. „Hat Chambers dich versetzt? Oder hast du Chambers versetzt?“

„Was meinst du?“ Regulus klang eisig wie der Schneewind, der Lily unter den Kragen fuhr.

„Wir waren auch in den Drei Besen“, sagte Mulciber und deutete auf Wilkes. Lily fragte sich kurz, wo sie Severus gelassen hatten, oder ob er sich wieder in den Schatten herumtrieb, die er so gerne mochte. „Wir haben gesehen, dass du mit dem Schlammblut geredet hast.“

Lily strapazierte die Maschen von Regulus‘ Schal, als sie sich daran klammerte. Das Wort trieb ihr Herz schneller an, als alle von James Potters dummen Sprüchen zusammen.

Regulus schien sich dafür nicht zu interessieren. „Ich bin Vertrauensschüler. Ab und zu muss ich mit den Schulsprechern reden.“

„Ah…“ Mulciber drehte einen halben Kreis um ihn, wie eine Hyäne, die seine Beute auslachte, bevor sie sie verspeiste. „Gibst du Potter demnächst auch einen Drink aus, ja?“

„Ich bin nicht in der Stimmung für Späße, Mulciber“, sagte Regulus zischend und über den heulenden Wind konnte Lily ihn kaum verstehen. „Komm einfach auf den Punkt.“

Mulciber blieb stehen, wechselte einen Blick mit Wilkes und beugte sich dann zu Regulus, als würde er ihm einen guten Ratschlag geben. „Ich glaube, dass du nicht so professionell bist, wie du tust. Dafür hast du sie ein bisschen zu lange angesehen.“

„Ja“, sagte Wilkes. „Bisschen sehr lange.“

Mulciber schnitt ihm mit einer Handbewegung das Wort ab. „Ich erinner mich noch sehr gut dran, wie du sie aus der Schlammpfütze gerettet hast, in die sie gehört. Warst du ihr Ritter in glänzender Rüstung, ja?“, stichelte er, aber Regulus verzog keine Miene und scheinbar gefiel ihm das gar nicht. Sein Ton wurde schärfer. „Ich erinner mich auch noch sehr gut an die Strafarbeit, die du mir aufgedrückt hast. Was hast du dafür gekriegt? Wie weit unter ihren Rock hat sie dich gelassen?“

Regulus machte einen plötzlichen Schritt vor und Mulciber zuckte zurück. „Ich mache meinen Job, Mulciber, und das bei jedem Haus. Wenn du meinst Erstklässler aus dem Fenster baumeln zu lassen ist ein gesundes Hobby, dann ist das dein Problem. Mach es, wenn ich nicht in der Nähe bin.“

Mulciber streckte die Wirbelsäule durch und versuchte wieder auf Augenhöhe zu kommen. „Du stehst auf sie, gib’s zu“, sagte er, eine Hand in der Tasche, wo Lily seinen Zauberstab vermutete. „Ich dachte, du hättest mehr Niveau. Zugegeben, sie hat ein ganz hübsches Gesicht, aber ich würde ein Schlammblut wie sie nicht einmal anfassen, wenn mein Leben davon abhinge.“ Er grinste erneut, verzog den Mund zu der Fratze eines Clowns aus einem Horrorfilm. „Ich könnte mich überwinden sie für dich festzuhalten, wenn du’s so nötig hast.“

Lily schnappte schockiert nach Luft, und im gleichen Moment machte Regulus eine Bewegung, als würde er Mulciber in seine fiese Fratze schlagen wollen. Ein Teil von Lily wünschte sich, er würde genau das tun, und ein anderer wollte ihm selbst eine saftige Ohrfeige geben.

Aber Mulciber riss seinen Zauberstab heraus und hielt ihn Regulus unters Kinn. „Ah, ah. Ganz ruhig. Oder ist das der Muggel-Einfluss, der dafür sorgt, dass du dich wie dein Bruder benimmst?“ Er stupste Regulus mit seinem Zauberstab an. „Hey, ich kenn da diesen netten Spruch, den ich super drauf hab. Wenn du willst, kann ich dich dazu bringen zu tun, was immer du eben tun willst, und hinterher könntest du sagen, dass du es gar nicht wolltest, Black. Super Ausrede, oder?“

„Du bist ein Psychopath, Mulciber“, sagte Regulus. „Kein Wunder, dass er dich nicht haben wollte. Selbst mit reinem Blut.“

Mulciber verging sein Grinsen. „Dich wird er auch nicht haben wollen, wenn er rauskriegt, dass du auf Kuschelkurs mit solchen Leuten gehst.“

„Ihm geht es nicht darum, wie rein dein Blut ist oder darum Muggel zu foltern“, sagte Regulus. „Es geht darum, dass Zauberer sich nicht mehr vor Muggeln verstecken müssen. Leute wie du sind Schuld daran, dass er einen schlechten Ruf bekommt. Und jetzt nimm das Ding weg, bevor ich dich den Rest des Jahres Nachsitzen lassen.“

Lily stand da, als hätte eine Teufelsschlinge sie an den Boden gefesselt. Sie hielt sich an Regulus‘ Schal fest, als würde sie sonst umfallen.

Es waren nicht Mulcibers Worte, die sie so schockierten, sondern Regulus‘ blinde Naivität. Er musste nicht aussprechen, um wen es ging, damit sie mitkam. Lord Voldemort schien mittlerweile in jedem Kopf zu sitzen.

Sie wollte sauer auf Regulus sein, weil er die Wahrheit nicht sehen wollte, aber gleichzeitig hatte sie Angst, dass dieser naive Idealismus sein Ende sein würde. Lily steckte den silbergrünen Schal in ihre Tasche und ließ Regulus zurück zum Schloss gehen.


Wenn Du Lob, Anmerkungen, Kritik etc. über dieses Kapitel loswerden möchtest, kannst Du einen Kommentar verfassen.

Zurück zur Übersicht - Weiter zum nächsten Kapitel

Twitter
HPXperts-Shop
Buch: Der Heckenritter von Westeros: Das Urteil der Sieben
Top-News
Suche
Updates
Samstag, 01.07.
Neue FF von SarahGranger
Freitag, 02.06.
Neue FF von Laurien87
Mittwoch, 24.05.
Neue FF von Lily Potter
Zitat
Wenn man wie ich über Böses schreibt und wenn einer der beschriebenen Figuren im Grunde ein Psychopath ist, hat man die Pflicht, das wirklich Böse zu zeigen, nämlich, dass Menschen getötet werden.
Joanne K. Rowling