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Fanfiction

Dog Days - Wie Spuren im Schnee

von Dr. S

Nach der Doppelstunde Zaubertränke fing Draco Professor Snape an dessen Schreibtisch ab, wo er noch die Phiolen ihres Stärkungstranks stehen hatte. Um sich langsam vorzutasten, verwickelte er ihn in ein Gespräch über die Heilpaste von gestern.

„Klingt nach einer Mixtur aus Murtlap-Essenz mit Diptam. Wieso fragen Sie, Draco? Haben Sie sich verletzt?“ Professor Snape musterte ihn aus seinen schwarzen Augen von oben bis unten, als könnte er durch seine Roben alte Wunden erkennen. „Potter und Weasley haben doch keine langfristigen Spuren ihrer barbarischen Neigungen an Ihnen hinterlassen, oder?“

Draco hielt sich am Gurt seiner vollgestopften Schultasche fest, die mit jeder Stunde schwerer wurde. Er hatte nicht wieder auf dieses Thema zu sprechen kommen wollen. Deswegen war er nicht hier. Die halbe Nacht hatte er kochend vor Zorn seinen Baldachin angestarrt, anstatt zu schlafen, und Black innerlich verflucht. Seine Worte wühlten ihn auch jetzt noch auf, wenn er nur an sie dachte. Sein ganzes Verhalten machte ihn wütend. Ein besserwisserischer, arroganter Mistkerl, der ihn für einen kleinen Feigling hielt, mehr war Black nicht.

„Nein“, sagte Draco. „Es geht mir gut. Haben Sie die Kombination schon einmal ausprobiert? Ich hab in der Bibliothek nichts darüber gefunden.“

„Habe ich nicht, nein, und ich bezweifele, dass Sie viele Information über eine derartige Verschwendung von Ressourcen finden werden. Nur jemand mit zu vielen Galleonen würde darüber nachdenken.“

„Aber es scheint sehr effektiv zu sein.“ Draco erinnerte sich an die Schnittwunde, die unter der Salbe wieder zusammengewachsen war. Er hatte es deutlich unter seinem Daumen gespürt, als er über Blacks Wange gefahren war. Unter der Schicht der kühlen, schmierigen Paste hatte er die gespaltene Haut ertastet, und im nächsten Augenblick hatte sie sich magisch zusammengezogen. Ganz warm und prickelnd brannte die Berührung noch immer auf seinem Finger nach.

„Haben Sie es ausprobiert?“, fragte Professor Snape.

„Nein“, antwortete Draco indigniert, was nichts an Professor Snapes Gesichtsausdruck änderte. Wahrscheinlich, weil er damals seine Eltern genau dann besucht hatte, als Draco in der Küche seinen neuen Kessel hatte ausprobieren wollen. Mit explosivem Erfolg. „Aber vielleicht könnten Sie es ausprobieren und mir beibringen, Sir?“

„Auch wenn ich Ihr Engagement schätze, Sie haben mit Ihren ZAGs sicherlich genug zu tun.“ Snape führte ihn an der Schulter zum Ausgang des Klassenzimmers. Sie traten in den Kerkergang hinaus, auch am helllichten Tag düster und von Fackeln beschienen. Crabbe und Goyle hatten am Treppenaufgang auf ihn gewartet – oder sich von Peeves aufhalten lassen. Der Poltergeist baumelte direkt über den Stufen von der Decke und trällerte etwas über Trolle in Menschenform.

Professor Snape wandte sich Draco mit gesenkter Stimme zu: „Davon abgesehen würde ich ungerne in gewissen Ministeriumsaugen auffallen, indem ich ausgewählten Schülern Einzelstunden gebe.“

Draco wrang die Hände um den Gurt seiner Tasche. Black hatte ihm diese Paste nicht erklären wollen und Snape schien es nicht zu können. Er sollte enttäuschter darüber sein, dass ihm ein so interessantes Geheimnis verwehrt wurde. Irgendwie war er das aber nicht.

Professor Snape beobachtete einen Moment, wie Draco den Ledergurt seiner Tasche knarzend verdrehte. „Ist noch etwas anderes, Draco?“

Das war der Moment. Der perfekte Moment, um Professor Snape zu erzählen, wer sich in der Hütte des Wildhüters versteckte. Der perfekte Moment Black zu verraten. Keine Menschenseele außer ihnen in Hörweite, um die Information auszunutzen und ihm seinen Ruhm zu stehlen. Crabbe und Goyle oder Peeves zählte er nicht als Seelen.

„Da ist…“ Er zögerte und verstand selbst nicht, wieso. Professor Snape würde ihm nicht seinen Ruhm stehlen, wenn die Dementoren Black zurück nach Askaban schleppten. Askaban, wo Black seine dreisten, frechen Sprüche in der Kehle stecken bleiben würden. Sollte er daran doch ersticken. Einsam und alleine, fernab von Potters schmachtenden Blicken, mit oder ohne seine Seele.

Draco dachte an die dunklen Gestalten der Dementoren zurück, die ihm in seinem dritten Jahr im Zug begegnet waren, eingehüllt in tiefschwarze Umhänge. Er erinnerte sich an den rasselnden Atem unter den tief ins Gesicht gezogenen Kapuzen, als würden sie mit jedem Atemzug alles Glück aus der Umgebung ziehen wollen. Sein Inneres zog sich beim Gedanken an sie zusammen.

Professor Snape schaute ihn forschend aus seinen schwarzen Augen an. Ganz so, als würde er jeden Moment in Dracos Geist schlüpfen und seine Gedanken auseinandernehmen. „Sprechen Sie frei, Draco.“

„Ich…“ Er schüttelte den Gedanken an die Dementoren ab und hatte stattdessen Blacks dreistes Grinsen vor Augen. „Ähm…“

„Er ist verlüüübt!“ Peeves fiel direkt vor Dracos Gesicht. Er baumelte von der Decke, schwang grinsend hin und her und schüttelte dabei die Glocken an seiner Mütze in einer grotesken Melodie. „Malfoy lübt Snape! Hast du deine Liebeserklärung hübsch geübt, Dray-Dray? Hast du einen Song geschrieben?“

„Peeves“, sagte Professor Snape warnend.

Der Poltergeist übertönte ihn mit einem gackernden Lachen. Er schaukelte wild vor und zurück und fing an zu singen: „Malfoy lüüübt Schniefelus!“

Draco ließ vom Gurt seiner Tasche ab. Ohne Peeves‘ kugelnde Augen zu treffen schaute er an ihm vorbei. „Hast du dieses Rasseln gehört? Wie von Ketten…“ Er grinste in die Leere des Korridors. „Oh, hallo Baron!“

Peeves‘ Lachen ging in ein hohes Fiepen über, als hätte man die Luft aus einem Ballon gelassen. Er drehte sich um sich selbst, aber anstatt sich nach dem Blutigen Baron umzusehen, drehte er sich einfach weiter und düste zwischen Crabbe und Goyle vorbei das Treppenhaus hoch.

Professor Snape nickte ihm zu. „Elegant, Draco. Was wollten Sie sagen?“

Draco zögerte und schüttelte dann umso hastiger den Kopf. „Es war nichts Wichtiges, Sir.“

Professor Snape runzelte offensichtlich skeptisch die Stirn. „Wenn Sie sich für Heiltränke interessieren, oder dem, was damit einhergeht, können wir uns später im Jahr bei der Berufsberatung über Ihre Optionen unterhalten.“

Draco schnaubte abfällig. „Ja, mein Vater würde es zu schätzen wissen einen Heilstümper in der Familie zu haben.“

„Vielleicht sollten wir das in meinem Büro besprechen“, schlug Professor Snape vor.

Draco ging einen Schritt zurück. „Ich muss jetzt wirklich los. Ich hab Quidditchtraining. Entschuldigen Sie, dass ich Sie aufgehalten habe, Sir.“

Damit verabschiedete er sich in Windeseile und ließ Professor Snape mit einem Stirnrunzeln zurück.

Crabbe und Goyle folgten ihm die Treppe nach oben in die Eingangshalle. „Wer ist Schniefelus?“, fragte Goyle.

Draco zuckte mit den Gedanken ganz woanders die Schultern. Das war seine Chance gewesen. Sie war so nah gewesen, dass er die Worte noch in seiner Kehle spürte. Aber er hatte keines von ihnen herausgebracht. Wieso? Draco schaute konzentriert auf seine Füße, während er die Stufen nach oben stieg. Peeves war der Grund. Er war im Weg gewesen und hatte den angeblich ruhigen Moment zerstört. Peeves hatte ihm seine Chance auf Ruhm und vielleicht sogar einen Orden des Merlin ruiniert.

Er hatte ihm seine Chance auf eine Lektion für Black kaputt gemacht.

„Ich wusste nicht, dass du verknallt in Snape bist“, sagte Crabbe grinsend wie ein Affe.

„Und ich wusste nicht, dass du schlechter als Longbottom in Zaubertränke bist“, gab Draco gedehnt zurück. Goyle unterstützte ihn mit einem gurgelnden Glucksen, obwohl er selbst kaum besser als Crabbe war, der unverständlich vor sich hingrunzte, dass sein Kessel alt war und deswegen in sich zusammengeschmolzen war. Er trug ihn immer noch als platte Metallpfütze mit Henkel in seinem Rucksack herum.

„Hast du gekriegt, was du von Snape wolltest?“, fragte Goyle neugierig. „Ging’s um Potter?“

„Es geht immer um Potter, richtig?“, sagte Draco bitter und dachte an Blacks Reaktion, als er von Potters Rauswurf erfahren hatte. Als er in seiner menschlichen Gestalt aus der Dunkelheit auf ihn zugestürmt war, hatte er mehr denn je einer Bestie geglichen. Draco spürte seinen festen Griff noch immer auf seinen Schultern. Natürlich war er auf Potters Seite. Kein Wort darüber, dass sein geliebtes Patenkind sich falsch verhalten haben könnte. Black war genau wie alle anderen, wenn es um Potter ging. Harry Potter konnte nichts falsch machen. Dabei hatte Draco nichts mit seinem Rauswurf zu tun, so anders das jeder in der Schule zu sehen schien. Und er würde niemanden berichtigen. Der Ruhm für Potters Spielverbot verantwortlich zu sein war alles, was ihm nach der blamablen Niederlage geblieben war.

Black hasste ihn. Er verabscheute ihn, das hatte Draco mehr als deutlich zu spüren bekommen. Und trotzdem hatte er Potter nicht verraten, wie sehr diese Niederlage Draco aufgewühlt hatte. Er verstand nicht warum und das verwirrte ihn. Black hatte keine Angst vor ihm, auch das hatte er mehr als deutlich gemacht. Er hielt ihn für einen feigen Slytherin wie er im Buche stand.

Potter hatte gute Arbeit geleistet ihn zu diskreditieren.

„…machst das wirklich gut, Harry“, hörte er eine weibliche Stimme sagen.

In der Eingangshalle schaute Draco von seinen Füßen auf und schaute zum Fuß der Großen Treppe. Potter stand dort eingepfercht zwischen seinen Anhängseln und unterhielt sich mit Cho Chang, Cedric Diggorys tragischer Ex-Freundin.

„Aber mit dem Quidditchtraining diese Woche weiß ich nicht, ob ich es schaffe.“

„Corner und sein Freund schaffen es“, sagte Weasley ruppig. „Ginny hat gesagt, einer von ihnen wär auch im Team.“

Chang versuchte ihn zu ignorieren. „Sicher findest du das unsensibel, wo du nicht mehr spielen darfst. Umbridge hatte kein Recht dazu – das sehen wir alle im Ravenclaw-Team so“, fügte sie schnell hinzu, als könnte man ihre Meinung einzeln falsch verstehen. „Sie ist eine alte Sabberhexe.“

Potter grinste, als hätte er einen Aufmunterungszauber abbekommen. „Na ja, es wäre schade, wenn du nicht könntest. Du machst wirklich Fortschritte.“

Während Granger unauffällig versuchte Weasley mit sich aus dem Weg zu ziehen, bauten Crabbe und Goyle sich in Dracos Weg auf, lautstark darüber diskutierend, was Crabbes Kessel zum Schmelzen gebracht haben könnte. Draco stieß Crabbe hart gegen die Brust, um ihn wenigstens ein Stückchen zur Seite zu schieben. Sein Blick über Crabbes Schulter war stark eingeschränkt und über seine dröhnende Stimme konnte er nur schwer verstehen, was Chang sagte.

„Ich versuch’s“, sagte sie heiterer, als hätte sie nur darauf gewartet, dass Potter ihre mögliche Abwesenheit betrauerte. Sie zeigte Potter irgendetwas, das zwischen ihre Finger passte und golden aufblitzte. „Hab ich immer dabei.“

Potter starrte ihr wie geblendet hinterher, als sie ging, und als er sich zu seinen Freunden herumdrehte, kreuzte er Dracos Blick. Sie starrten einander einen Moment lang an. Draco zog den rechten Mundwinkel in ein provozierendes Grinsen, und Potter stieg so schnell die Treppe rauf, dass er sich sicher war, dass mehr als Flirtversuche hinter diesem Geplänkel steckten.

Potter führte etwas im Schilde.

Jemand fasste seinen Arm. „Chang lässt sich wirklich gehen, findest du nicht?“ Pansy war an seiner Seite aufgetaucht, umringt von ihren Freundinnen. Sie schaute in die gleiche Richtung wie Draco, wenn auch ein Stockwerk höher, wo Chang zu sehen war. Ihre Stimme schlug einen missbilligenden Tonfall ein, als hätte Draco etwas falsch gemacht. „Ihre Augen sind immer geschwollen und ganz rot; sie kann sich nicht einmal mehr schminken. Neulich hab ich sie Rotz und Wasser im Klo heulen sehen – wortwörtlich. So eklig.“

„Aha“, machte Draco. Er beobachtete viel interessierter, wie Potter von seinen Freunden eingeholt wurde. In letzter Zeit sah man ihn auffällig oft in der Nähe von Hufflepuffs und Ravenclaws, anstatt den üblichen Verdächtigen aus Gryffindor.

„Wie auch immer…“ Pansy umklammerte Dracos Arm mit beiden Händen, wie eine Teufelsschlinge. „Süß von dir, dass du auf mich gewartet hast. Zabini hat mich vollgequatscht, wie du sicher gesehen hast.“

„Nein“, sagte Draco desinteressiert.

„Na ja… Wir haben noch Zeit bis zum Abendessen. Gehen wir in die Bibliothek?“, fragte Pansy mit Blick auf Crabbe und Goyle, die alleine beim Gedanken daran aussahen, als würden sie sich übergeben müssen. Kein Ort in Hogwarts vergraulte sie besser.

„Ich hab Training“, murmelte Draco. Er vergaß immer noch, dass Crabbe und Goyle jetzt zu seinem Training gehörten. Ihre Muskeln hatten sie ins Team gebracht, nicht ihr Talent, und oft hörte er Geflüster, dass das neuerdings die Regel für Slytherins Mannschaft war, wenn man sich ihre Spieler so ansah. Talent zählte nicht, sondern andere Qualitäten.

„Oh! Wie wäre es, wenn ich dir zusehe?“, schlug Pansy vor. „Und danach könnten wir –“

„Ja, meinetwegen. Ich muss vorher in die Eulerei“, sagte Draco und löste sich so plötzlich aus Pansys Umklammerung, dass ihre Fingernägel scharf über seinen Arm kratzten. „Bis gleich“, murmelte er Crabbe und Goyle zu und quetschte sich zwischen Pansys Freundinnen hinaus auf die Ländereien.

Der Schnee reichte inzwischen bis zu seinen Knöcheln. Draco zog tiefe Spuren hinter sich her, als er in großen Schritten die Eulerei ansteuerte. Kalter Wind schlug ihm entgegen und kroch unter seinen Kragen, als er die vereisten Stufen hochstieg, die sich um den kargen Turm schlängelten. Eulen saßen in den schmalen Fenstern, den Rücken zum schwindenden Tageslicht gewandt, und warteten darauf zur Jagd zu fliegen. Schnee lag auf dem Dach und verfing sich in den Spalten zwischen den alten Steinen. Ein fast beängstigend hoher Turm, der innendrin so schmutzig war, dass Draco vermied ihn bereits zu betreten.

Ganz oben auf der Treppe setzte er sich auf eine Stufe und stellte den Kragen gegen den Wind auf, während er eine Rolle Pergament und eine Feder aus seiner Tasche kramte.

Er setzte an, um seinem Vater von Potters merkwürdigem Verhalten zu berichten. Im Sommer hatte er ihm genau das versprechen müssen. Draco schrieb ein paar hastige Zeilen über die Schule, was für eine gute Note er auf seinen Stärkungstrank bekommen hatte und wie schnell er seine Schnecke in Verwandlung hatte verschwinden lassen. Dann hielt er inne. Er musste einen Moment überlegen, wie er seine Niederlage beim Quidditch umschrieb, aber trotzdem von Potters Spielverbot erzählte. Ein paar nüchterne Sätze später hatte er Potters und Weasleys Schläge dem Ergebnis folgen lassen und sich dafür bedankt, dass Madam Hooch lange genug aufgehört hatte zu lachen, um die Gryffindors von ihm runterzuhexen. Er schrieb, dass er nicht mehr als ein Kitzeln gespürt hatte. Dann widmete er sich ausgiebig Potters Verlangen sich mit anderen Häusern zu treffen.

Zwei Absätze später war er fertig und las seine Zeilen noch einmal durch. Etwas fehlte. Seine Feder zitterte. Er sollte über Black schreiben. Wenn er schon nicht Professor Snape sein Geheimnis anvertraute, und erst Recht nicht Umbridge diesen Vorteil verschaffte, dann war die beste Anlaufstelle sein Vater. Oder?

Draco hob den Blick. Von hier oben hatte er einen guten Ausblick über ein dichtes Blätterdach und die Hütte des Wildhüters dahinter. Eingeschneit und scheinbar verlassen stand sie da, aber Draco wusste, dass dem nicht so war. Dass Black sich dort drinnen versteckte und ihn für einen Feigling hielt. Wahrscheinlich war er heute Morgen ausgeruht aufgewacht, mit einem Lächeln auf den Lippen, weil niemand an seine Tür geklopft hatte. Er musste sich prächtig darüber amüsieren, dass Draco ihn noch nicht verraten hatte.

Womöglich hatte er Potter doch alles erzählt, gerade weil Draco versucht hatte ihn davon abzuhalten. Auch wenn Black seinen Patensohn seit letzter Nacht nicht gesehen hatte. Draco schüttelte den Kopf. Black hatte mehr als genug Gelegenheit das nachzuholen, wenn er Potter heute seine Gutenachtgeschichte vorlas. Draco hatte seine Gelegenheit ihm sein Verhalten heimzuzahlen bereits verpasst.

Er würde nicht riskieren, dass Potter erfuhr, wie sehr er nach dem Spiel am Boden gewesen war.

Draco stieß die Feder so hart auf das Pergament, dass er ein Loch darin zurückließ. Die letzten Zeilen schrieb er in einem Anflug hitziger Entschlossenheit. Gerade unterschrieb er, als ein schweres Gewicht auf seiner Schulter landete. Ein stattlicher Waldkauz schuhuhte ihm ins Ohr und streckte begierig sein Bein aus, um den Brief entgegen zu nehmen. Draco streichelte über das graugescheckte Gefieder des Vogels, der ihm schon lange keine Süßigkeiten mehr von seiner Mutter gebracht hatte. Er rollte das Pergament zusammen und band es an das Eulenbein, ließ den Vogel aber nicht fliegen.

„Wir haben vorher noch was zu tun“, murmelte er und hob den Waldkauz von seiner Schulter. Draco stieg mit ihm in den Armen die vereisten Stufen herunter auf die Ländereien. In der Ferne sah er die klobigen Gestalten von Crabbe und Goyle zum Stadion stapfen. Er folgte ihnen nicht, sondern bog am Fuß der Eulerei ab und folgte dem Waldrand zur Hütte des Wildhüters. Der Waldkauz gab einen beinahe fragenden Laut von sich, als Draco sich verstohlen umdrehte und sicherging, dass niemand ihn im Blick hatte. Trotzdem ging er zur Hintertür der Hütte.

Er presste das Ohr gegen die Tür und lauschte, aber genau wie gestern hörte er auch nach einigen Sekunden nichts. Black hatte Türen und Fenster wirklich abgedichtet. So, wie er ihn bisher kannte, hieß das aber nicht, dass er abgeschlossen hatte.

Draco legte sich seine Worte zurecht. Er würde Black den Waldkauz mit dem Brief zeigen und ihm eine letzte Chance geben ihn ernst zu nehmen – ansonsten ließ er die Eule fliegen.

Aber als er die Tür öffnete, war niemand da. Draco verging das fiese Grinsen, das er extra aufgesetzt hatte. Die Hütte war verwaist, und keine Spur, keine Asche im Kamin, kein Kessel auf dem Tisch, keine Falte in der Bettdecke wies auf jemanden hin, der hier lebte. Es war, als wäre Black nie hier gewesen.

Draco ließ unbewusst den Waldkauz los, der sich im Fall fing und in den Himmel davonflog.

Sirius hatte ihn ernst genommen.

~*~

Am Rand des Verbotenen Waldes kauerte der große Hund hinter verschneiten Hecken. Sein schwarzes Zottelfell stand im starken Kontrast zu dem weißen, staubigen Schnee, der inzwischen knöcheltief lag, aber die Schatten des Verbotenen Waldes tarnten ihn gut. Aus seinem Versteck heraus schaute er zu Hagrids Hütte herüber.

Draco stand in der offenen Tür, starr und perplex. Ein stattlicher Waldkauz flatterte aus seinen Händen in den Himmel davon. Es dauerte einen Wimpernschlag, bis Draco herumfuhr und der Eule nachsprang.

„Merlin! Komm zurück, Merlin. Sofort.“

Sirius glaubte zuerst, Draco würde fluchen, wie Zauberer es eben taten, dann realisierte er, dass die eifrige Eule einen fragwürdigen Namen hatte. Er schnaubte amüsiert. Eigentlich sollte es ihn nicht wundern, dass Narcissas Sohn seine Eule nach dem größten Zauberer aller Zeiten benannte; nach dem wahrscheinlich berühmtesten Mitglied des Hauses Slytherin, auch wenn viele diese Tatsache verdrängten. Slytherin konnte große Zauberer hervorbringen, aber Leute wie Voldemort warfen einen tiefen Schatten auf die ohnehin schlechte Reputation Slytherins. Sirius war nur froh, dass die arme Eule nicht Raczidian hieß, nach dem Zauberer, dessen Herz so voller schwarzer Magie war, dass sein eigener Patronuszauber ihn umgebracht hatte. Narcissa hätte das gefallen, und offensichtlich hatte sie schon bei ihrem Sohn alleine über den Namen entschieden.

Draco stampfte ein paar Schritte durch den tiefen Schnee, bevor er die aussichtslose Verfolgung aufgab. Der Waldkauz war bereits nicht mehr als ein Fleck am bewölkten Himmel. Draco schnaubte so hart und frustriert, dass sein Atem in einer Wolke zum Himmel flog. Dann trat er ohne Vorwarnung in eine Schneewehe. Der feine Schnee wirbelte wie Staub auf und wurde vom Wind in seine Richtung getragen. Sirius duckte sich weit hinter die Büsche. Zwischen den kahlen Ästen konnte er Dracos Umriss nur noch schwer erkennen. Er beobachtete, wie Draco sich wieder der Hütte zuwandte und einen weiteren langen Blick ins Innere warf, bevor er die Tür zuzog.

Sirius hatte den halben Tag hier draußen verbracht und auf diesen Moment gewartet. Er hatte Dracos Reaktion entgegengefiebert, wenn er die Hütte ohne Lebenszeichen vorfand. Wut, Frustration und vielleicht ein rotes Gesicht. Nichts davon bekam er, nachdem die Schneewehe gelitten hatte. Er sah nicht viel, aber doch deutlich, wie Dracos Haltung in sich zusammensackte. Den Kopf ließ er hängen, genauso wie die Schultern, während der Wind ihm durch die Haare blies. Er wirkte beinahe traurig.

Sirius musste einen Moment darüber grübeln, bevor er glaubte das auf Enttäuschung zurückführen zu können.

Draco drehte sich ein letztes Mal in Richtung der Hütte, fast so, als würde er erwarten seine verlorene Chance auf ein Titelblatt im Tagespropheten würde plötzlich durch die Tür kommen. Dann ging er in Richtung des Quidditch-Stadions davon.

Sirius schaute ihm nach. Er ging ganz sicher, dass Draco nicht nur darauf wartete, dass er sich in Sicherheit wähnte und dann zurückkam, um ihn auf frischer Tat zu ertappen. Draco mochte unentschlossen sein, eine tickende Zeitbombe, sogar, aber er war nicht dumm. Sein Blick hatte etwas Berechnendes. Sirius traute ihm zu, dass er durch diese Fassade eines Abgangs seinerseits blickte. Und das konnte er nicht riskieren.

Er würde Hogwarts nicht verlassen, solange Hagrid nicht zurückkam oder Harry ihn nicht mehr hier wollte. Aber Draco durfte ruhig genau davon ausgehen.

Sirius setzte sich zurück in den Schnee, der knirschend unter seinem Gewicht nachgab. Mit dem Schwanz schlug er ein scharfwinkliges Dreieck in das pudrige Weiß. Seit Stunden hockte er hier draußen. Ihm war kalt und langweilig. James hätte gewusst, was er mit sich anfangen sollte. Er hatte Langeweile nie lange dauern lassen. Er fehlte ihm…

Sirius schüttelte sein Zottelfell, bis er frei vom Schnee, wenn auch nicht wärmer war, und trabte am Waldrand entlang. Er konnte die Spuren im sonst unberührten Schnee sehen, wo Draco seinen Teamkameraden ins Stadion gefolgt war. Als er aus dem Waldrand spähte, entdeckte er die Spieler in der Luft ihre Trainingskreise ziehen. Der Schneefall nahm zu und verschleierte den Anblick wie weißer Regen.

Sirius schaute sich um und wagte sich aus dem Wald heraus. Hechelnd lief er den kurzen Weg zum Stadion und wartete in dessen Schatten darauf, wie seine Pfotenspuren nach einigen Minuten schon wieder unter einer neuen Schicht Schnee verschwunden waren. Als würde der Himmel ihn in Sicherheit wiegen wollen.

Sein Schwanz wedelte ganz freudig, als Sirius seine Abkürzung auf die Tribünen des Stadions einschlug. Hinter einem Vorhang aus Schnee versteckt suchte er sich seinen Platz auf der höchsten Bank – aber er war nicht der Einzige. Weder das Wetter noch die Kälte hatten alle Schaulustigen vertreiben können. Einige Reihen unter seinem Lieblingsplatz entdeckte Sirius zwei Mädchen; eine war blond mit einem gelangweilten Gesichtsausdruck, die andere hatte ein Mopsgesicht, das ihm bekannt vorkam, weil seine Besitzerin sich gerne an Dracos Arm klammerte.

Sirius setzte sich hinter die Bank und legte die Schnauze auf die eingeschneite Sitzfläche. Die Mädchen würden ihn nicht einmal sehen, wenn sie sich umdrehten, und die Spieler am Himmel sowieso nicht.

Er konnte die dunkelgrünen Roben durch die Luft flitzen sehen. Eine Stimme, die er für die des Kapitäns hielt, schrie seine Treiber an, dass er sie unangenehm tiefe Bekanntschaft mit ihren Schlaghölzern machen lassen würde, wenn sie noch einmal versuchten ihn umzubringen.

Nicht die schlechtesten Konditionen bei denen er ein Training beobachtet hatte, auch wenn er die Slytherin-Trainingseinheiten an einer Hand abzählen konnte. Gut, vielleicht zwei Hände. Er hatte Draco im Regen spielen sehen und seinen Bruder vor vielen, vielen Jahren…

Sirius hatte Draco am Himmel ins Auge gefasst. Er flog in lässigen Schlangenlinien über den Platz auf der Suche nach dem Schnatz. Regulus war auch Sucher gewesen… James war einmal als Sucher eingesprungen, erinnerte er sich. Den Schnatz, den er gefangen hatte, hatte er ständig mit sich herumgetragen.

Irgendetwas an Dracos Haltung auf seinem teuren Besen schien lustlos, demotiviert. Das erste Training nach einer Niederlage schien ihm nicht viel zu bedeuten. Gut möglich, dass er mit den Gedanken noch bei seinem fast-Rauswurf war.

„Hat er das Ding schon gefangen?“, hörte er das Mädchen mit dem Mopsgesicht sagen. Die Blondine daneben schüttelte den Kopf. „Er scheint sich gar keine Mühe zu geben. Am Ende gefällt ihm dieses grässliche Wetter.“

„Ja, Pansy, jeder liebt es, wenn einem die Finger abfrieren“, sagte die Blondine. „Besonders, wenn man damit einen Schnatz fangen soll.“

Das arme Slytherin-Mädchen hatte weder ein außergewöhnlich hübsches Gesicht, noch einen hübschen Namen. Betrübt schien sie darüber nicht zu sein. „Dann hoffe ich, dass Draco sich die Finger abfriert.“

Sirius stellte die Ohren auf. Miss Pansy Mopsgesicht hatte sein Mitleid gerade verspielt.

„Dann kann ich sie ihm hinterher aufwärmen“, fügte Pansy kichernd hinzu.

Sirius verdrehte die Augen und richtete sie wieder auf die Spieler. Es würde Harry nicht mehr viel bringen, wenn er sich ihre Manöver einprägte, aber vielleicht konnte er seinem Patenkind von ein, zwei grässlichen Unfällen berichten.

„Ich weiß nicht, ob er daran Interesse hat“, rief Pansys Freundin über einen Windstoß hinweg.

„Was soll das heißen? Hat er mit dir geredet, Daphne?“

Daphne drehte den Blondschopf herum und schaute Pansy an, als würde sie ihr die Haare ausreißen wollen, weil sie es so absurd zu finden schien, dass sich jemand mit ihr unterhielt.

„Ich hab Augen im Kopf“, sagte sie schnippisch. „Du kannst solange du willst in der Kälte hocken, das interessiert ihn genauso wenig, wie dein Geflirte mit Zabini.“

Pansy schnaubte etwas zu empört. „Zabini kann reden mit wem er will, das interessiert mich nicht. Ich bin hier, um meinen Draco zu unterstützen.“

Daphne klatschte locker in die Hände, weil ‚Pansys Draco‘ gerade einem Klatscher ausgewichen war. Er musste aber erst an ihrer Tribüne vorbeifliegen, damit Pansy aufsprang und ihm zujubelte.

Sirius blickte ihm nach. Das Gebrüll des Kapitäns verfolgte Draco, als er eine weitere Runde um das Stadion drehte und mit den Augen abwesend in die Luft schaute.

„Ist er nicht toll?“, sagte Pansy so laut, dass wahrscheinlich nicht einmal die Spieler auf dem Feld überhören konnten – vielleicht wollte sie genau das. „Wie ein Adler, findest du nicht? Stolz und elegant… Wir passen so gut zusammen, oder Daphne? Wir denken und sagen sogar das Gleiche, es ist fast schon absurd. Vorhin erst hat er mir aus der Seele gesprochen, wie sehr Cho Chang sich gehen lässt.“

„Hast du das nicht zu ihm gesagt, Pansy?“

„Ich hab es gesagt und er hat es gedacht, genau wie ich meine, Daphne.“ Pansy seufzte auf. „Ich verstehe nicht, wie irgendjemand sagen kann, das einzig attraktive an ihm wäre sein Gold. Zabini hat mir tatsächlich gesagt, nur ein Verlies so tief wie das der Malfoys würde so ein Rattengesicht wettmachen – bösartig clever. Mein armer Draco.“

„Ich weiß nicht. Ich kenne mindestens zwei Personen, die in ihn verknallt sind“, sagte Daphne.

„Was?“ Pansys Kopf ruckte so weit herum, dass Sirius sich duckte, weil er befürchtete, sie würde aus dem Augenwinkel einen Blick auf ihn erhaschen können. „Wer?“, fragte sie zischend und klang schon wieder, als hätte sie nie etwas Absurderes gehört.

„Ich hab versprochen nichts zu sagen“, sagte Daphne in einem Ton, der genauso gelangweilt wie ihr Gesicht war.

„Du bist die mieseste Freundin auf der Welt“, sagte Pansy. „Du kennst zwei Menschen, die mir meinen Freund wegnehmen wollen, und sagst mir nichts.“

Sirius fragte sich, ob das Mopsgesicht nicht zählen konnte oder sich absichtlich aus der Gleichung nahm. Sein Blick ging zurück zu Draco, während Daphne sich rechtfertigte, dass eine Erkältung genug Beweis von Freundschaft sei.

Draco flog in Zickzack-Bewegungen über ihnen, die Augen weit außerhalb des Stadions auf etwas fixiert. Als der Schnatz direkt neben seiner Nase auftauchte, machte er eine hektische Bewegung, als würde er eine Fliege wegwischen wollen, und fing den goldenen Ball. Pansy sprang applaudierend auf, nachdem Daphne sie angetippt hatte. Draco winkte ihr mit dem Schnatz in der Hand. Er schien nichts dagegen zu haben seinen eigenen Fanclub dabei zu haben. Sirius schaute ihn an und versuchte eine Ähnlichkeit zu einer Ratte in seinem Gesicht zu finden. Er fühlte sich persönlich angegriffen. Da war genug Black in Draco, um noch seinen Nachwuchs gut aussehen zu lassen.

Der Kapitän kam auf Draco zugeflogen und fing an zu schreien und mit den Armen zu wedeln. Draco zuckte nur mit den Schultern und setzte zum Landeanflug an, wie der Rest der Mannschaft. Vielleicht schrie Montague auch seine Komplimente, zuzutrauen wäre es ihm.

Pansy und Daphne standen auf, klopften einander den Schnee von den Schultern und stiegen zähneklappernd von der Tribüne. Sirius hörte sie noch eine Etage tiefer bibbern. Er ließ sich einen Moment Zeit, um das Stadion zu betrachten. Das Tribünen-Oval war komplett eingeschneit und kein Fleckchen Grün war noch auf dem Boden zu erkennen, nicht einmal nachdem die Fußspuren der Slytherins den unbefleckten Schnee zertrampelt hatten.

Er dachte an James und wie sie zusammen einmal das Quidditch-Finale im Sommer in Schnee getaucht hatten. McGonagall war außer sich gewesen, als sie das Spiel verschieben mussten. Professor Flitwick hatte ihnen extra Punkte gegeben, so begeistert hatte ihn diese Leistung. Den ganzen Nachmittag hatten sie schwitzend im kalten Schnee gestanden und sich die beste Schneeballschlacht ihres Lebens geliefert.

Der Gedanke daran hatte ihn einmal glücklich gemacht, aber gerade wartete Sirius vergebens auf eine laue Wärme in seinem Magen. Er fror vor Kälte. Es gab niemanden mehr mit dem er den Sommer zum Winter werden lassen konnte. Oder umgekehrt. Er würde gerne McGonagalls Gesicht sehen, wenn das Ufer des zugefrorenen Sees sich über Nacht in einen weißen Sandstrand mit Palmen verwandelte.

Sirius fiepte leise. Schnee lag auf seiner Schnauze. Er schüttelte die weißen Flocken ab und begab sich eilig auf den Rückweg. Wenn er schnell genug war, konnte er Draco noch abpassen und testen, ob er sich dazu hinreißen ließ einen weiteren Blick in Hagrids Hütte zu werfen. Erst, wenn er das nicht tat oder sich danach überzeugen ließ, dass Sirius Black wirklich verschwunden war, konnte er sich wieder in die Hütte wagen. Und sich am Kaminfeuer aufwärmen.

Sirius erreichte den Fuß des Stadions, als die Spieler noch in den Umkleiden zu sein schienen. Zumindest warteten Pansy und Daphne am Eingang und traten dabei auf der Stelle, um ein wenig Wärme in ihre Knochen zu bringen. Sirius schmunzelte über die klappernden Zähne des Mopsgesichts, während er sich in den Schatten der Tribüne versteckte.

Es dauerte kaum eine Minute, da kamen die ersten Spieler mit nassen Haaren aus der Umkleide. Der Kapitän führte sie an. Montague schien erpicht darauf der Erste zu sein. Als er die beiden Mädchen entdeckte, baute er sich mit einer wichtigen Miene vor ihnen auf, die seine beiden Teamkollegen zu amüsieren schien, anstatt sie einzuschüchtern.

„Steht hier nicht so dumm rum. Draco räumt noch auf und braucht eine Weile. Er sagt, er will nicht, dass ihr euch seinetwegen erkältet. Rauch steht euren Ohren angeblich nicht.“

„Oh, wie süß von ihm“, sagte Pansy etwas steif. „Aber –“

„Geht schon“, knurrte Montague wie ein Wachhund, der sein Heim verteidigen wollte. Er ließ keines der Mädchen zu Wort kommen und stieß das empörte Mopsgesicht vorwärts. Daphne folgte und unterhielt sich demonstrativ mit dem Hüter, anstatt ihrer Freundin.

Ein wenig später folgte der Rest der Mannschaft, außer Draco. Seine beiden gorillahaften Freunde lieferten sich ein hitziges Ellenbogen-Duell, während der letzte Jäger ein wenig außer Atem hinter ihnen her trottete.

Sirius wunderte sich, dass Draco sich so viel Zeit ließ. Musste er wirklich aufräumen oder zögerte er seinen Rückweg zum Schloss absichtlich hinaus? Sirius konnte sich diese plötzliche einsame-Wolf-Nummer nicht erklären. Draco war fast nonstop von Freunden oder solchen, die sich so nannten, umringt. Er schien sie nur zu meiden, wenn er unzufrieden mit sich war. Wenn er im Regen sitzen wollte.

Der Drang nachzusehen stieg in Sirius auf. Verfluchte Neugierde. Sowas brachte Katzen um, aber keine Hunde. Die Ironie brachte ihn dazu sich weiter in den Schatten zu halten. Er musste sichergehen, dass Draco sich von seinem Abgang hatte überzeugen lassen.

Die Dunkelheit brach bereits herein, als Draco sich endlich zeigte. Vorsichtig lugte er aus dem Eingang des Stadions heraus und schaute sich sehr genau um. Er trat heraus und zog sich die Kapuze ins Gesicht, bevor Sirius seinen Ausdruck deuten konnte. Der Schnee fiel dick und heftig auf ihn herunter, zwang ihn in eine gebückte Haltung, als er sich gegen den eisigen Wind stemmte. Nach einigen Metern schlug er eine eindeutig andere Richtung als seine Kameraden ein – Richtung Hagrids Hütte, so wie Sirius es geahnt hatte.

Sirius folgte ihm am Waldrand. Inzwischen waren die Schatten so tief, dass sie ihn dank seines Fells verschluckten. Seine Körpertemperatur war allerdings so niedrig, dass der Schnee, der sich im Zottelfell verfangen hatte, lange schon nicht mehr schmolz. Draco konnte er gut im Auge behalten. Der Schnee schien hell, selbst in der abendlichen Düsternis, und die Gestalt im schwarzen Umhang, die sich gegen Schnee und Wind stemmte, zeichnete sich eindeutig ab. Seine Fußspuren verschwanden allerdings schnell unter einer Schicht frisch gefallenen Schnees.

Sirius wagte sich an den Zaun von Hagrids Kürbisfeld, als Draco sich an einem der Fenster auf die Zehenspitzen stellte und versuchte hineinzuschauen. Ob er etwas sah, das ihn interessierte, konnte Sirius nicht sagen. So oder so ging Draco an das nächste Fenster, schaute auch dort sorgfältig hinein und ging erst dann zur Hintertür. Er hob die Hand, als würde er klopfen wollen, zögerte aber.

Sirius setzte vorsichtig eine Pfote vor die andere, um den pudrigen Schnee nicht zu laut knirschen zu lassen, als Draco sich umdrehte. Er schaute sich ruckartig um, als hätte er etwas gehört, und Sirius erstarrte. Einen Moment lang hörte er nichts bis auf rauschendes Blut in seinen Ohren. Dann drehte Draco sich wieder um und zögerte diesmal nicht, öffnete ohne Vorwarnung die Tür.

Erneut begrüßte ihn verlassene Stille. Als das panische Rauschen in Sirius‘ Ohren abklang, wurde er auch von ihr überflutet. Einen Moment lang schien die Welt unter einen Lähmzauber gefallen zu sein, dann brauste der Wind raschelnd durch die kahlen Baumkronen. Sirius spürte ein grässliches Kribbeln in der Hundeschnauze, als ein Niesen sich ankündigte. Er stemmte sich mit all seiner sturen Entschlossenheit, Draco nie wieder auf sich aufmerksam zu machen, dagegen.

Draco schaute in die Hütte hinein, als würde er erwarten jemanden hinter der Tür zu entdecken. Er zog den Kopf zurück, schloss die Tür und drehte ihr den Rücken zu. Der Wind erwischte ihn frontal und ließ seine Kapuze bis zum Haaransatz zurück. Sirius konnte den Ausdruck in seinem Gesicht erkennen, steif und abwesend, irgendwie trüb. Etwas ziepte in seiner Brust, als er ihn so sah. Nicht einmal damals im Regen sitzend hatte Draco so traurig ausgesehen.

Sirius wollte einen Schritt nach vorne machen. Er wollte hechelnd und mit dem Schwanz wedelnd vor Draco auftauchen und Schneeflocken aus der Luft fangen, bis er wieder lachte. Er wollte ihm sagen, was für einen schlechten Frauengeschmack er hatte, und dass es wahrscheinlich eine bessere Idee war seinen brüllenden Kapitän zu daten. Und all das am liebsten, während er sich an einem Kaminfeuer wärmen konnte, den Kopf in Dracos warmen Schoß liegen hatte und sich von ihm das Haar – das Fell streicheln ließ.

Dann schlug Draco seine Faust hart gegen die Tür. Der Aufprall war laut und sicher schmerzhaft. Sirius blieb, wo er war, und sah zu, wie Draco der Hütte einen Blick zuwarf, als hätte sie ihm diese Schmerzen absichtlich zugefügt. Er lief in einem schnellen Laufschritt zurück zum Schloss, ohne sich noch einmal umzublicken. Die Spuren seiner Schritte verschwanden binnen weniger Augenblicke.

Das Kribbeln in Sirius‘ Schnauze stieg ins Unermessliche. Dracos Gestalt war noch nicht in der Ferne verschwunden, als das Niesen aus ihm brach und seinen ganzen Hundekörper schüttelte. Sehnsüchtig blickte er die Hütte an, der er sich wieder nähern konnte, und versuchte sich darauf zu freuen ein Feuer im Kamin anzuzünden. Ungestört und allein. Es fiel ihm verdammt schwer sich zu freuen. Alles war wie geplant gelaufen und er konnte sich nicht freuen. Anscheinend hatte das Hundefell ihn nicht vor einer Erkältung geschützt.


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