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Fanfiction

Dog Days - Blaue Flecke

von Dr. S

Niemand im ganzen Schloss sprach darüber, dass Draco Malfoy verloren hatte. Wieder einmal war Harry Potter das beliebteste Gesprächsthema, nur hatte Draco diesmal rein gar nichts dagegen. Innerhalb weniger Stunden hatte sich herumgesprochen, dass Potter ein lebenslanges Quidditch-Verbot ergattert hatte. Die Weasley-Zwillinge hatten sich gemeinsam angeschlossen, weil sie anscheinend alles zusammen machten, auch wenn nur einer von ihnen seine Fäuste hatte sprechen lassen.

Dracos Rippen zeigten am nächsten Tag deutliche Spuren dieser Auseinandersetzung mit Potter und George Weasley. Als er sich am Morgen aus seinem Schlafanzug schälte, entdeckte er blauviolette Flecke, die sich über seine Seiten und Rippen zogen. Der Schmerz verfolgte ihn den ganzen Tag über. Ganz besonders, wenn ihn wieder einmal einer seiner Teamkameraden aus dem Hinterhalt tackelte.

Pucey erwischte ihn nach Zauberkunst und riss ihn in seinem Umarmungsversuch fast um. Warrington und Bletchley fingen ihn nach Kräuterkunde bei den Gewächshäusern ab und hoben ihn auf ihre Schultern – nur um ihn dann kopfüber in einen Schneehaufen zu werfen. Nach solchen Aktionen war er dankbar für Crabbe und Goyle, die links und rechts nervige Erstklässler zur Seite stießen, die die Korridore wie ein desorientierter Korken verstopften und nahezu unpassierbar machten, ohne sich die Rippen noch ganz zu brechen.

Draco wollte nicht zu Madam Pomfrey gehen und alle daran erinnern, dass er vier Fäuste auf einmal abbekommen hatte. Lieber hatte er den Groll und die Schadenfreude, die Potter und den Weasley-Zwillingen ganz von alleine entgegenschlug. Niemand schien sich wirklich zu erinnern, dass er ihre Schläge abbekommen hatte, was daran liegen konnte, dass man es ihm nicht ansah. Black hatte gute Arbeit bei seinem Gesicht geleistet. Sein Spiegelbild schaute ihm Veilchenfrei und mit gerader Nase entgegen, und er gab sich große Mühe Haltung trotz der angeschlagenen Rippen zu bewahren.

Im Laufe des Tages wünschte er sich, er hätte Black auch seine Rippen gezeigt. Der Schmerz machte das lange Sitzen während dem Unterricht schwerer und am Ende des Schultages schier unerträglich. Beim Abendessen konnte er kaum aufrechtsitzen. Draco stocherte in einem Püree aus Erbsen herum, während Crabbe und Goyle versuchten voneinander Hausaufgaben abzuschreiben. Über ihre zusammengesteckten Köpfe hinweg konnte er den Lehrertisch sehen.

Die riesenhafte Gestalt des Wildhüters fehlte noch immer. Das bedeutete, Black machte es sich weiterhin in der heruntergekommenen Bude gemütlich – Umstände, unter denen niemand leben wollte. Auch nicht für seinen Patensohn. Vor allem nicht für seinen Patensohn. Ihn und Potter verband nicht einmal Blut. Blacks Motivation erschloss sich ihm einfach nicht.

Draco spielte mit dem Gedanken Black einen Besuch abzustatten und ihn nach dem Zauberspruch zu fragen, der sein Veilchen geheilt hatte. Vielleicht würde der auch bei seinen Rippen helfen… Black würde ihm besser antworten, sonst hatte er noch immer Professor Snape in der Hinterhand. Oder Umbridge.

Das Krötengesicht von Professor saß am Lehrertisch und lächelte ohne jede Sympathie auf den kleinen Professor Flitwick herunter. Sie hatte Draco nach dem Unterricht noch aufgehalten und vollgelabert. Zuerst hatte sie so getan, als würde Dracos Zustand sie interessieren, bevor sie von der gerechten Strafe gesprochen hatte, die sie den Gryffindors zugeführt hatte, ganz offensichtlich auf der Suche nach Komplimenten dafür. Als wäre sie Hogwarts‘ ganz eigener Auserwählter, um diesen rotgoldenen Schandfleck eines Hauses aus der Schule zu löschen.

Draco konnte darüber nur die Augen verdrehen. Jemand wie Black hatte keine Angst vor einer kleinen Ministeriumsangestellten. Nicht wie sein Vater… Lucius stellte sich lieber freiwillig unter den Scheffel des Ministeriums. Es machte mehr Sinn in seiner Position, natürlich, und brachte jede Menge Vorteile mit sich, auch wenn es langweilig war. Wenn es nach Draco ginge, würden sie das Ministerium einfach untergraben.

Black scherte sich nicht darum, wie langweilig oder gefährlich diese Frau war. Wahrscheinlich würde er sie einfach beißen, wenn sie in die Hütte spazierte. Er tanzte ihr unter der Nase herum, als würde ihn die konstante Gefahr entdeckt zu werden amüsieren. Das Risiko gefiel ihm. Er hatte Draco nicht gehen lassen, weil er ihm vertraute. Kein Gryffindor war dämlich genug ihm zu vertrauen. Er hatte ihm sein Gedächtnis gelassen und ihn gehen lassen, weil er das bisschen Adrenalin genoss. Die Aussicht, dass jeden Moment jemand durch seine Tür stürmen könnte.

Draco stellte sich vor, wie Black in der ungemütlichen Hütte saß und auf jedes Knarzen an der Tür lauschte. Mit diesem dämlichen, dreisten Grinsen im Gesicht. Dem unantastbaren Ausdruck in den tiefgrauen Augen…

„Wieso lächelst du so?“

Draco schaute vom Lehrertisch weg, den er gar nicht mehr gesehen hatte, und drehte sich nach der Stimme um. Pansy hatte den Platz neben ihm besetzt, ohne vorher um Erlaubnis zu bitten.

Draco entspannte seinen Mund. „Ist ein schöner Tag, reicht das nicht?“

Pansy kicherte, was ihrem Mopsgesicht nie besonders gut tat. Es verkrampfte sich unter jedem Hauch Freude unschön. „Du bist so witzig.“

„Und du so geistreich“, murmelte Draco trocken.

„Was?“ Über ihr Kichern hatte Pansy ihn nicht verstanden. Draco schüttelte den Kopf und sie vergaß sofort, dass er überhaupt etwas gesagt hatte. Auch wenn sie offenbar versuchte wettzumachen, dass sie die Gelegenheit verpasst hatte über seinen möglichen Witz zu lachen. Pansy umklammerte seinen Arm und nickte mit dem Kinn in Richtung der Türen. „Guck mal, wer sich da wieder unter Leute traut.“

Harry Potter und sein Gefolge marschierten in die Große Halle ein. Potter wirkte angespannt und bereit seine Faust durch den Brustkorb eines unschuldigen Slytherins zu rammen. Neben ihm redete Granger hastig auf ihn ein. Das Wiesel schlurfte hinter ihnen drein, als würde er seine eigene Gewitterwolke über sich haben. Dabei war er der einzige aus seiner Familie, der jetzt noch in Gryffindors Mannschaft den Pokal aus weiter Ferne betrachten konnte.

„Hey, Weasley“, rief Draco, als die drei Gryffindors die hintere Ecke des Slytherintischs passierten, wo er eingepfercht zwischen Pansy auf der einen und einem lesenden Nott auf der anderen Seite saß. Crabbe und Goyle schauten von ihren Pergamentrollen auf, die sie mit Püree bekleckert hatten, und drehten sich nach Potters Anhängsel um.

Weasley hatte gar keine Wahl als sich bei so viel Aufmerksamkeit kurz umzudrehen. Ein Wunder, dass er bei seinem Lampenfieber nicht über seine eigenen Füße stolperte, wenn mehr als zwei Augenpaare auf einmal ihn anschauten. Granger war zu beschäftigt auf Potter einzureden, um Weasley einfach weiterzuziehen, wie sie es sonst so gerne tat.

„Jetzt, wo deine Brüder ihre Quidditch-Karriere vorzeitig beendet haben, hat deine Familie da genug Gold für einen vernünftigen Besen für dich übrig?“, rief Draco. „Der Eisstiel, den du fliegst, kann kaum die Ehre deiner Familie retten, hm?“

Pansy wieherte vor Lachen, unterstützt von Crabbe und Goyle, die sich vor Prusten aneinander festhielten. Nott schien von ihm wegzurutschen, mied aber eher die neugewonnene Aufmerksamkeit. Der Rest des Tischs drehte sich gerade nach dem Lachen um. Seine Mannschaftskameraden entdeckten Weasley sofort und fingen an zu grinsen, stimmten dabei leise die Melodie von Weasley ist unser King an.

„Halt die Klappe, Malfoy“, murmelte Weasley.

„Weißt du, wenn du willst, tausch ich deinen Eisstiel, gegen meinen Besen“, sagte Draco. „Ich würde wirklich gerne sehen, was für eine Show du darauf ablieferst. Auch ein Nimbus 2001 wird dich nicht vor der nächsten Blamage retten.“

Grölendes Lachen brach am Slytherintisch aus, so laut, dass Draco fast vergaß, wie Pansys Finger sich in seinen Arm krallten. Ihr Lachen direkt an seinem Ohr verursachte ein unangenehmes Klingeln.

Weasley errötete bis über beide Ohren. Er schien etwas sagen zu wollen, als Potter wie ein wildes Tier vor ihn sprang und Dracos Sicht versperrte.

„Weißt du was, Malfoy?“, fuhr er ihn an. „Falls du es nicht gemerkt hast, aber dich retten nicht einmal sieben Nimbus 2001 vor einer Blamage.“

Draco war, als hätte Potter ihm zwischen die schmerzenden Rippen gestochen. Er zuckte betont unberührt mit den Schultern. „Ich weiß ja nicht, was du unter einer Blamage verstehst, Potter. Immerhin hab ich noch meinen Platz im Team, während du deinen Besen nie wiedersehen wirst.“

Potter verengte die leuchtendgrünen Augen zu schmalen Schlitzen, als würde er den Todesfluch aus ihnen schießen können. Er ballte die Hände zu Fäusten. Seine Rechte war an den Fingerknöcheln aufgeschürft, die andere merklich geschwollen, obwohl sie Dracos Gesicht nie berührt hatte. Ungewöhnlich angespannt, so würde er Potters Verhalten in der letzten Zeit bezeichnen. Leicht zu reizen, wie ein Löwe mit einem Dorn in der Pfote.

„Chrm, chrm.“

Das Lachen am Slytherintisch erstarb und alle Köpfe drehten sich herum. Professor Umbridge war vom Lehrertisch heruntergekommen, hatte sich unauffällig zwischen den Tischen durchgeschlängelt und blieb vor Potter stehen. Sie lächelte falsch.

„Gibt es ein Problem hier?“, fragte sie in einem süßlichen Tonfall.

„Nein“, sagte Potter.

Umbridge grinste. „Ganz in Ihrem Interesse hoffe ich, dass das der Wahrheit entspricht. Sie haben schon genügend Nachsitzen in den nächsten Wochen, finden Sie nicht?“

Potter sah aus, als würde er jeden Moment explodieren. Draco hoffte, dass er Umbridge eine runterhauen würde – nicht nur, weil er gerne sehen würde, wie schnell Potter dafür von der Schule fliegen würde. Er brauchte keine Hilfe von einer Fußabtreterin wie Umbridge. Nicht gegen Potter.

„Wir sehen uns heute Abend, nicht wahr?“, fragte Umbridge. „Setzen Sie sich und essen vernünftig, Mr. Potter.“

„Ich hab keinen Hunger mehr“, murmelte Potter und drehte sich auf den Absätzen um.

„Harry, warte.“ Granger versuchte ihn aufzuhalten, wurde aber im selben Augenblick von Weasley zurückgehalten.

Umbridge betrachtete zufrieden, wie Potter alleine aus der Großen Halle flüchtete. Dann warf sie Draco eins der mädchenhaften Lächeln zu, die ihr Krötengesicht verzerrten, und kehrte an ihren Platz zurück. Kaum war sie weg, kehrte das Schmunzeln in die Gesichter der Slytherins zurück.

„Hey“, rief Warrington ihm zu. „Wenn du ihn nochmal dazu kriegst dich zu verprügeln, fliegt er vielleicht von der Schule. Wär das nicht der Hammer?“ Montague klatschte ihn ab, als wäre das wirklich die Idee des Jahres gewesen. Und so viel dazu, dass alle vergessen hatten, wie Potter auf ihn eingeschlagen hatte.

Pansy kicherte wieder in sein Ohr. Sie drückte sich dicht an seine Seite. Über den Sommer über war ihr Körper merklich weicher an Stellen geworden, über die Draco nicht nachdenken wollte, die er aber überdeutlich spürte. Stattdessen schoss ihm die letzte Nacht in den Kopf, als Blacks Körper sich gegen seinen gepresst hatte. Hart und unnachgiebig. Warm, selbst in der Erinnerung.

Ein merkwürdiges Gefühl, heiß und pochend, breitete sich in seinem Magen aus, wickelte sich wie eine Schlange um seine Eingeweide. Auch wenn es nur in seiner Fremdheit unangenehm war, schob er es auf seine verletzten Rippen.

Draco rutschte in einer ruckartigen Bewegung aus Pansys Umklammerung. Mit gequälter Miene schob er eine Hand auf seine Rippen, die nicht mehr und nicht weniger als eben schmerzten. „Autsch…“

Pansy schaute ihn ein wenig entrüstet an. „Was…“

„Die Gryffindors haben ihre Spuren hinterlassen“, sagte Draco und kniff dramatisch die Augen zusammen.

„Oh, nein.“ Pansys Entrüstung wandelte sich in übertriebene Sorge, die ihre Stirn in Falten legte. „Ich bring dich in den Krankenflügel.“

„Nein. Nein, ich… brauch nur etwas… Raum“, sagte Draco. Crabbe und Goyle warfen ihm den gleichen verwunderten Blick zu, als könnten ihre beiden Erbsengehirne nicht einmal zusammen verstehen, wieso er sich nicht in Pansys Arme warf. Neben ihm gluckste Nott in sein Buch hinein. „Etwas Luft“, sagte Draco schärfer und stand auf.

Pansy presste genervt die Lippen aufeinander. Sie musterte Draco einen Moment abschätzend und schaute zurück zu ihren Freundinnen, die neugierig zu ihnen blickten, als würden sie erwarten Pansy käme mit dem Trimagischen Pokal zurück.

„Es ist kalt draußen“, sagte Pansy schließlich. „Sehr kalt. Ich will nicht draußen spazieren gehen.“

Draco zog eine Augenbraue hoch. „Ich wollte auch alleine gehen.“

Crabbe und Goyle, die sich halb aufgerichtet hatten, plumpsten wieder auf ihre Hinterteile. Pansy schaute ihm schmollend hinterher, als er sich aus der Großen Halle hinaus in die Eingangshalle stahl. Hier standen die weiten Flügeltüren nach draußen offen und ließen den eisigen Wind und einige Schneeflocken hinein. Hinter ihm klirrten Gläser und Geschirr, begleitet vom andauernden Lachen der Slytherins. Der Gryffindortisch war ungewöhnlich ruhig.

Draco war sein Lachen ebenfalls vergangen. Er hatte sich mehr davon erhofft, Potter mit seinem Rauswurf aus dem Team aufzuziehen. Irgendwie… Umbridge hatte ihm das bisschen Spaß weggenommen.

Er blieb an den Toren stehen, lehnte sich an die Schlossmauer und schaute auf die Ländereien herunter. Der Himmel war bereits stockfinster und verschleierte Mond und Sterne hinter einer grauen Wolkendecke. Dicke Schneeflocken fielen herunter. Potter stapfte durch den Schnee auf die Hütte des Wildhüters zu. Draco ahnte, was er dort wollte. Er würde sich bei Black über ihn ausheulen und seinem Patenonkel erzählen, wie grausam und gemein Draco Malfoy war. Und Sirius würde ihm glauben.

Allein der Gedanke machte ihn krank. Draco stand auf den Stufen zu den Ländereien und zog sich die Umhangseiten fest um den Körper, um die Kälte noch eine Weile auszuschließen. Potter hatte kein Recht ihn zu diskreditieren. Black konnte sich selbst eine Meinung bilden.

Draco stand frierend im Türbogen und hasste Potter mehr, als an normalen Tagen, als ihn ein anderer Gedanke wie ein Klatscher am Hinterkopf traf. Potter mochte über ihn sagen, was er wollte, aber was, wenn Black über ihn sprach? Wenn er Potter von gestern erzählte? Davon, wie Draco sich nach der Niederlage an sein Fell geklammert hatte. Ihm viel zu viel gezeigt hatte.

Als Potter in der Hütte des Wildhüters verschwand, trat Draco hinaus in den Schnee.

~*~

Die Klinge blitzte im Schein der Kerzen auf. Sirius setzte das scharfe Messer an seine Kehle, während seine eigenen Augen ihm aus dem Spiegel konzentriert entgegenblickten.

Auch einen Tag nach dem Spiel hatte Harry sich noch nicht bei ihm gemeldet. Natürlich hatte er viel um die Ohren mit den Prüfungen, seiner kleinen Widerstandsgruppe und jetzt wahrscheinlich auch noch dem Nachsitzen, das er sich nach dem Spiel eingefangen haben musste. Sirius machte sich keine Sorgen.

Er zog die Klinge über seinen Hals bis zum Kinn und entfernte den letzten Rest Bartstoppeln. Eine falsche Bewegung und er hätte sich selbst die Kehle aufgeschnitten. Ohne besonders große Vorsicht hob er die Messerklinge an seine unrasierte Wange. Er machte sich keine Sorgen wegen einem kleinen oder großen Schritt.

Er tanzte einen viel gefährlicheren Tanz.

Draco Malfoy wusste, wer er war und wo er sich versteckt hielt, und nicht einmal ein Versprechen hielt ihn davon ab irgendjemandem davon zu erzählen. Jeden Moment könnte jemand durch diese Tür stürmen… Snape. Oder schlimmer noch: Umbridge.

Sirius zog das Messer geschickt über seine Wange. Die Augen seines Spiegelbilds funkelten im Schein der Kerze, die er sich herangezogen hatte. Sie funkelten, als würde die Aussicht auf Gefahr ein ganz eigenes Licht hinter ihnen entzünden. Nur war da keine Gefahr. Draco würde ihn genauso wenig verraten, wie diese Klinge ihn schneiden würde.

Er setzte das Messer an der anderen Wange an und zog die Klinge ein Stück über die straff gezogene Haut, als jemand gegen die Tür hämmerte.

Sirius zuckte zusammen und stieß die Klinge durch seine Haut. Blut perlte sich aus dem Schnitt.

Die Tür wurde aufgestoßen, bevor er ein Handtuch greifen konnte. Harry stürmte in einem Wirbel aus Schneeflocken herein. Die Wärme im Inneren der Hütte kam ihm so hart entgegen, dass seine Brille binnen weniger Sekunden beschlug.

„Harry.“ Sirius legte das Messer weg, das er zum Rasieren benutzt hatte. „Was –“

„Ich bin raus“, sagte Harry und riss sich die Brille herunter, um sie zu putzen. Ohne sie sah er wie ein desorientierter Maulwurf aus. „Aus der Mannschaft. Umbridge hat mir ein lebenslanges Spielverbot verpasst. George und mir. Und Fred! Dabei hat er gar nichts getan. Sie hat meinen Feuerblitz einkassiert. Fudge hat ihr die Erlaubnis gegeben – Ausbildungserlass Nummer fünfundzwanzig. Sie hat nur drauf gewartet, unser Team auseinander zu nehmen. Bestimmt hat sie ihn wochenlang bearbeitet, wie sie uns noch das Leben schwermachen kann. Das mit den Clubs hat ja nicht gereicht, was?“

Sirius brauchte einen Moment, um diesen Schwall an Informationen zu verarbeiten. Er ging an Harry vorbei und schloss die Tür, bevor jemand den Lichtstrahl aus der Hütte kommen sah. „Ganz ruhig, Harry. Atme erstmal durch, setz dich und erzähl mir in einem normalen Tempo, was passiert ist.“ Er führte seinen Patensohn an der Schulter zu einem Stuhl beim Kamin und setzte sich gegenüber auf den Stuhl, den Draco in der letzten Nacht besetzt hatte.

Harry wischte mit dem Ärmel über seinen Brillengläser. Seine Wangen waren gerötet von dem kurzen Marsch durch die Kälte – oder aber vor Zorn. Sein Redeschwall hatte ihn atemlos zurückgelassen. Die Worte mussten sich den ganzen Tag in ihm angestaut haben, wie ein Gewitter, das sich am Himmel zusammenbraute und ohne Vorwarnung von einer Sekunde auf die nächste ausbrach.

„Umbridge hat euch ein lebenslanges Spielverbot gegeben?“, fragte Sirius nach. „Doch nicht, weil ihr euch mit Draco Malfoy geschlagen habt. Das hätte höchstens Nachsitzen gegeben.“

Harry setzte seine Brille wieder auf, schaute Sirius aber nicht an. „Doch, genau deswegen. Zumindest hat Umbridge das als Ausrede benutzt. McGonagall hätte uns nur Nachsitzen gegeben. Und Malfoy stolziert durch die Gänge, als hätte er genau das geplant.“

Sirius dachte daran, wie aufgelöst Draco gestern wegen dem Spiel gewesen war. Wenn sein Kapitän ihn rausgeworfen hatte, dann schien Harrys eigener Rauswurf ihn zumindest aufzuheitern. „Was hat er überhaupt zu euch gesagt?“

„Er hat Mr. und Mrs. Weasley beleidigt. Und meine Mutter“, sagte Harry.

„Er hat euch provoziert“, sagte Sirius. Das hatte er bereits gewusst. Merkwürdigerweise stimmten Harrys und Dracos Aussage miteinander überein.

Harry schaute ihn wütend an. „Willst du mir auch sagen, dass ich überreagiert habe? Oder bist du auf seiner Seite?“

Sirius zog eine Augenbraue hoch. „Ich bin der Letzte, der dir Vorwürfe macht, Harry. Allerdings wäre ich davon ausgegangen, dass du Malfoys Kommentare gewohnt bist. Du solltest deinen Ärger nicht auf einen schlechten Verlierer wie Malfoy fokussieren. Gut möglich, dass er auch seine Probleme hat und du in diesem Moment das Ventil warst, um das rauszulassen.“

Harry runzelte die Stirn, als würden sie in einer Welt leben, in der es schier unmöglich war, dass Draco mit den Nerven am Ende im Schnee saß. Aber Sirius spürte die heißen, salzigen Tropfen noch immer in seinem Fell.

„Ist mir egal, ob Malfoy irgendwelche Probleme hat. Ich kann seine Sprüche nicht mehr hören. Nächstes Mal stopf ich ihm richtig das Maul.“

Sirius hatte selten so viele hasserfüllte Worte aus Harrys Mund kommen gehört. In letzter Zeit schien er bis zum Rand mit Wut gefüllt zu sein. „Es ist leicht auf jemanden wie Malfoy wütend zu sein und ihn verantwortlich zu machen. Genau das will er wahrscheinlich auch. Gib ihm nicht die Genugtuung. Umbridge ist für dein Spielverbot verantwortlich.“

Harry musterte ihn von der Seite, die grünen Augen blitzend wie der Todesfluch, wenn er sich in den ewig dauernden Sekunden kurz vorm Abschuss in einem grellgrünen Licht an der Spitze eines Zauberstabs sammelte.

„Hast du dich bei Dumbledore beschwert?“, fragte Sirius.

„Dumbledore hat Besseres zu tun“, war Harrys Standardausrede. Bitter und unterschwellig verletzt. Er rieb sich über den Rücken seiner linken Hand. „Ich hab heute Abend wieder Nachsitzen bei ihr. Fred und George auch. Sie haben das nicht verdient.“ Als er Sirius‘ Blick bemerkte stand er auf und drehte ihm den Rücken zu, um ins Feuer zu schauen. Der Zorn kehrte in seine erschöpfte Stimme zurück. „Quidditch war alles, worauf ich mich gefreut habe. Was hab ich jetzt noch?“

Sirius behielt lieber für sich, wie sehr ihn Harrys Worte gerade an Draco erinnerten.

„Ich könnte jetzt auch abhauen. Was für einen Unterschied würde es machen? Weißt du, was mir gestern klar geworden ist? Es wäre besser gewesen, wenn sie mich im Sommer aus Hogwarts geworfen hätten. Ich müsste mich nicht mit Umbridge, Snape und Malfoy rumschlagen, und du wärst in Sicherheit. Wir hätten zusammen im Grimmauld Place wohnen können.“

Sirius seufzte. Es grenzte an Verzweiflung freiwillig im Grimmauld Place wohnen zu wollen. Er hatte Harry schon im Sommer keinen Strich durch diese Rechnung machen wollen, aber er wusste, dass sein Patensohn letztendlich immer zurück zu den Dursleys musste. Zu seiner eigenen Sicherheit. Und er wusste, dass Harry, so deprimiert und sauer er gerade sein mochte, kein Feigling war. Kein noch so schlechter Ruf oder fiese Kommentare konnten ihn aus Hogwarts kriegen.

Harry drehte sich zu ihm um, ein ganz anderes Leuchten in den Augen. „Wir könnten Pettigrew suchen gehen und deine Unschuld beweisen. Dann könnten wir zusammen dem Orden helfen Voldemort zur Strecke zu bringen.“

Sirius stand auf und trat an Harrys Seite, legte ihm eine Hand auf die Schulter. Harry schaute ihn hoffnungsvoll an, als würde er für einen Moment wirklich glauben, dass das eine Option war.

„Stell dir vor, du wärst rausgeworfen worden“, sagte Sirius sanft, „was wäre dann aus der DA geworden? Nichts. Weil du nicht da gewesen wärst, um sie ins Leben zu rufen. Du hast doch Spaß daran Umbridge auf der Nase rumzutanzen, oder?“

Harry präsentierte einen leicht gehobenen Mundwinkel, der Ansatz eines Lächelns, bevor er nickte. „Ja, aber…“

„Du machst es mit deinen Freunden zusammen, und die anderen Häuser brauchen jemanden wie dich, um zu lernen, wie sie sich im Notfall verteidigen können. Willst du sie im Stich lassen?“

Harry schüttelte nicht einmal den Kopf, so offensichtlich war die Antwort darauf.

Sirius klopfte ihm aufmunternd auf die Schulter, und tatsächlich brachte er etwas Haltung zurück in Harrys hängende Glieder. „Dann jetzt erst recht, nicht wahr?“

Harry zeigte ihm ein richtiges, wenn auch kleines Lächeln. „Du hast Recht. Danke, Sirius.“ Er drückte sich gegen ihn und umarmte Sirius fest. Sein wirres rabenschwarzes Haar kitzelte ihm das Kinn. Sirius schmunzelte und legte einen Arm um Harry, wuschelte durch die Haare, die er von seinem Vater geerbt hatte.

Im Fenster hinter Harry regte sich etwas. Sirius sah durch einen winzigen Spalt zwischen den Vorhängen etwas Weißes aufblitzen; ein hellblonder Haarschopf entwischte seinem Blick um Haaresbreite.

Sirius tätschelte Harry stirnrunzelnd auf den Rücken. „Was hältst du von einer Tasse Tee?“

Harry ließ ihn los. „‘tschuldige, aber ich muss zum Nachsitzen.“ Als er gehen wollte, packte Sirius seine Hand und schob den Ärmel zurück, der die eingeritzten Buchstaben verstecken sollte. Die Worte waren zu rötlichen Schrammen zusammengeschrumpft. Es waren seine Fingerknöchel, die geschwollen und aufgeschürft waren.

„Malfoys stures Gesicht“, sagte Harry mit einem schwachen Grinsen und zog seine Hand aus Sirius‘ Griff. „Umbridge lässt mich nur Böden schrubben. Wirklich.“

„Wenn nicht“, sagte Sirius scharf, „gehst du zu Dumbledore. Oder ich werde es tun.“

Alle Farbe, Zorn oder Verlegenheit, wich mit einem Mal aus Harrys Gesicht. Sein Grinsen zitterte leicht. „Sicher.“ Er hob die andere Hand zum Winken. „Ich muss jetzt los. Wir sehen uns.“

„Warte.“ Sirius holte eine kleine Dose vom Tisch und öffnete sie vor Harrys Augen, zeigte ihm die orangene Paste darin. „Das ist besser als Murtlap-Essenz. Für deine… Fingerknöchel.“

„Wo hast du…“

„Ich hab den Morgen als Hund damit verbracht ein paar Zutaten zusammenzusuchen“, sagte Sirius und deutete auf den kleinen Kessel, den er auf Hagrids Küchentisch abgestellt hatte. Der Großteil der Paste lagerte in einer Schale daneben. „Kein großes Ding. Professor Sprout schließt die Gewächshäuser nie besonders gut ab.“

Harry machte ein Gesicht, als wäre es ein großes, schlechtes Ding. „Du warst draußen?“

„Sonst hätte ich auch in London bleiben können“, sagte Sirius. Harrys Sorgenfalte schien noch tiefer zu werden. Sirius drückte ihm die Paste in die Hand und schob ihn zur Tür.

„Danke“, sagte Harry, bevor er mit einem letzten, sorgenvollen Blick hinaus in den Schnee ging.

Durch den Spalt in der Tür beobachtete Sirius, wie Harry sich zurück zum Schloss kämpfte. Seine Silhouette wurde kleiner, schmaler und verschwand schließlich. Endlich war er außer Sichtweite.

Sirius trat durch die Tür und stieg die Stufen herunter. Seine Schritte knirschten im Schnee. Sie waren nicht die einzigen. Er schlug einen Bogen nach rechts in den Hintergarten, der in Schatten und leuchtendem Schnee versank.

Draco kauerte dort unter dem Fenster. Seine Augen schwollen an, als er entdeckte, wie Sirius aus der Dunkelheit auf ihn zugeschossen kam. Er öffnete den Mund, brachte aber keinen Ton heraus, ehe Sirius ihn an den Schultern packte und mit Kraft gegen die Hütte stieß.

„Was glaubst du, tust du hier?“, knurrte er fast so gut, wie seine Animagusgestalt.

Draco starrte ihn aus großen Augen an, kauernd vor Schreck und dem Ruck des Aufpralls. Er holte tief Luft, eine Bewegung, die seine Brust spürbar gegen Sirius‘ hob, und richtete seine Haltung wieder. Er war ein Stückchen größer als Harry und musste zu Sirius aufblicken, aber reckte das Kinn dabei so geschickt, dass er ihm das Gefühl gab auf ihn herunterzusehen.

„Ich dachte, es würde dich vielleicht interessieren, dass ich nicht aus dem Team geworfen wurde“, sagte Draco.

„Nein, es interessiert mich nicht“, gab Sirius scharf zurück und machte einen Schritt weg von Draco, dessen Körper in der Kälte jede Wärme abhanden gekommen war. Seine leicht zitternden Hände und die farblosen Lippen versuchten Mitleid in Sirius zu wecken, für das er aber keinen Platz in sich fand. „Mein Patensohn darf nie wieder – oder zumindest für dieses Jahr – Quidditch spielen, und das ist teilweise deine Schuld, also werde ich nicht einmal so tun, als würde ich mich für dich freuen.“

Draco fuhr sich mit beiden Händen über die Roben, als würde er Falten wegstreichen müssen, die Sirius dort hineingebracht hatte. „Wie du bereits gesagt hast… Es ist nicht für immer. Nicht bei Potter.“

„Pass auf, was du sagst. Und zu meinem Patensohn sagst du am besten gar nichts mehr“, warnte Sirius. „Wenn ich dich noch einmal erwische, wie du hier herumschleichst, wirst du mich kennenlernen. Davon abgesehen, dass es dir nichts bringt zu schnüffeln. Türen und Fenster sind magisch abgedichtet. Du kriegst nichts zu hören, mit dem du Harry weiter das Leben schwermachen kannst. Ich bin nicht blöd.“

Ein Schatten fiel auf Dracos Gesicht. Eine Illusion der Dunkelheit, wahrscheinlich, aber für einen kurzen Moment wirkte er verletzt. Sirius trat zurück, bis nicht einmal mehr der weiße Schnee genügte um Dracos Ausdruck zu entziffern.

„Du meinst, so blöd wie Potter?“, fragte Draco.

Sirius blieb mitten im Schritt stehen und schaute über die Schulter. „Was hast du gesagt?“

Draco hob mit einer übertriebenen Gleichgültigkeit die Schultern. „Ich denke nur, wenn er weiter wie ein tollpatschiger Hippogreif durch den Schnee stapft, werden bald viel neugierigere Augen an deinem Fenster kleben. Oder hast du eine gute Ausrede, warum Fußspuren zur Hütte des abwesenden Wildhüters führen? Ich finde das außerordentlich verdächtig.“

„Slytherins tendieren dazu allerlei Dinge verdächtig zu finden“, sagte Sirius, „und stecken ihre Nasen dann viel zu tief in Angelegenheiten, die sie nichts angehen.“

„Black.“ Diesmal blieb er nicht stehen. „Ich hab die Spuren verschwinden lassen, falls es dich interessiert.“

„Das interessiert mich so sehr wie Drachenmist, Malfoy.“

Sirius stieg die Stufen hoch und schlug die Tür hinter sich zu. Er kochte so sehr, dass er noch im Inneren der Hütte eine sichtbare Atemwolke ausstieß. Die Gänsehaut auf seinen nackten Unterarmen ließ ihn die Hemdärmel herunterkrempeln. Er stellte sich ans Feuer und wünschte, er könnte das Flohnetzwerk benutzen, um Kreacher anzuflohen. Oder Remus. Mit Umbridges Händen so oft im Feuer blieb ihm allerdings nur die Möglichkeit Tee zu kochen. Gerade wollte er nach dem Kessel greifen, als jemand hart gegen die Tür klopfte.

Er drehte sich um und sah zu, wie die Tür langsam aufgeschoben wurde, gerade einmal einen Spalt breit, der groß genug war einen Menschen durchzulassen. Dracos blonder Haarschopf schob sich zuerst herein, gefolgt in einer schlangenhaften Bewegung vom Rest seines Körpers. Er schloss die Tür, indem er sich rücklings dagegen lehnte.

„Du solltest darüber nachdenken auch das Türschloss magisch abzudichten“, sagte er.

„Verschwinde.“

„Worüber hast du mit Potter gesprochen?“

„Verschwinde!“

Draco rührte sich nicht. „Ich dachte nur, dass es äußerst unvorteilhaft wäre, wenn du deinem geliebten Patensohn die falschen Dinge erzählst. Das würde ihn sicher nur aufwühlen.“

Sirius verschränkte die Arme vor der Brust. „Deswegen hast du spioniert… Du wolltest sichergehen, dass ich nichts ausplaudere, was dir… unangenehm sein könnte.“

Er hätte genau das tun sollen. Harry hätte nichts mehr aufgemuntert, als die Nachricht über die Tränen seines selbsternannten Erzfeindes. So viel Held auch in ihm steckte, ein bisschen Schadenfreude gönnte man jedem. Und gerade gönnte er Draco die damit einhergehende Blamage. Draco, der sich wieder einmal nur um sich scherte. Um sich und seinen elenden Ruf, den er unter den wachsamen Augen seines Vaters hegte und pflegte, wie jemand mit Generationen von ‚reinem Blut‘ sollte. Eine Niederlage im Quidditch änderte daran wenig.

„An deiner Stelle“, begann Draco kühl, „würde ich hoffen, dass du genau das nicht getan hast. Wir wollen ja nicht, dass mir auch etwas rausrutscht, das, sagen wir, dir unangenehm sein könnte.“

Sirius hob beide Augenbrauen. Er hätte erwarten sollen, dass jemand wie Draco jeden mitleidigen Funken Sympathie, den man sich gerade eingestand, wie ein brutaler Schauerregen auslöschte.

„Du willst mich erpressen“, sagte Sirius und grinste schief. „Ernsthaft?“

„Du hältst deinen Mund, und im Gegenzug halte ich meinen Mund“, sagte Draco. „Das klingt mir eher nach einem fairen Tausch.“

Sirius lehnte sich mit der Hüfte gegen den riesigen Tisch und schlug die Knöchel lässig übereinander. „Fair, meinst du? Meine Freiheit gegen deinen sowieso schon schlechten Ruf? Tauschen wir doch gleich einen Comet 260 gegen einen Feuerblitz.“

„Vielleicht ist das nicht alles.“ Dracos Blick hatte etwas von scharfen Messerklingen, die ganz leicht unter die Haut gingen. „Vielleicht will ich mehr von dir?“ Draco trat auf ihn zu, einen Schritt nach dem anderen. Zwei von ihnen beobachtete Sirius abwartend, beim Dritten runzelte er die Stirn. Draco schob eine Hand unter den Saum seines Hemdes und zog ihn hoch. Blasse Haut blitzte hervor.

Instinktiv wich Sirius mit dem Oberkörper zurück. Draco zog sein Hemd bis zu den Rippenbögen, und mit jedem Zentimeter blanker Haut realisierte Sirius, wie lang zwölf Jahre in Askaban und zwei auf der Flucht wirklich waren. Er schluckte trocken.

„Was soll das…“

„Das tut weh“, murmelte Draco. Er hatte das Hemd bis über seine Rippen gezogen, drehte sich leicht zur Seite und präsentierte Sirius ein Muster aus blauvioletten Flecken, gerändert mit dünnen, tiefroten Äderchen. Es sah aus, als würde es mehr als wehtun.

„Scheint, Harry hat sein Ziel nicht verfehlt“, sagte Sirius und schmunzelte ein wenig erleichtert. Er kannte viele schlimme, bösartige Slytherins, die nie zu tief sinken konnten, und seine Erwartungen anscheinend negativ beeinflusst hatten.

„Witzig“, gab Draco trocken zurück. „Und genau genommen war er das nicht alleine.“

„Warum zeigst du das nicht Madam Pomfrey? Es ist ihr Job, sich um sowas zu kümmern.“

„Du hast dich ganz gut um mein Gesicht gekümmert“, sagte Draco und fügte widerwillig hinzu: „Ich will nicht unbedingt alle dran erinnern, dass ich vor versammelter Mannschaft Gryffindors Zorn abgekriegt hab.“

„Ach? Ich hätte dir zugetraut die blauen Flecke auszunutzen, bis die ganze Schule dich bemitleidet.“

„Mitleid, weil barbarische Gryffindors mich überwältigt haben? Vielleicht vor zwei Jahren“, erwiderte Draco bitter.

Sirius hatte das Lachen der anderen Slytherins im Ohr, während ihr Sucher am Boden gelegen hatte. Hilfe kam bei seinen Freunden anscheinend erst weit nach Schadenfreude. Typisch für Jungs in diesem Alter. Keiner wollte schwach wirken.

Sirius seufzte geschlagen. „Gut, meinetwegen.“ Er stemmte sich vom Tisch weg und tauschte den Platz mit Draco, indem er ihn in einer kleinen Drehung gegen die Holzplatte schob. Dracos Hände waren ihm im Weg. Er zog sie beiseite, bis Draco sie auf den Tisch legte, und hielt das Hemd selbst hoch. Erst untersuchte er die blauen Flecken mit den Augen, dann tastete er vorsichtig darüber. Dracos Haut war weich und pochte warm an der geprellten Stelle. Draco atmete scharf ein, als der Druck seiner Finger zu stark wurde. Sirius sparte sich eine Entschuldigung.

„Könnte angebrochen sein“, murmelte er und fragte sich dabei, wann er zur Privatschwester von Draco Malfoy geworden war. Sirius zückte seinen Zauberstab. „Atme ganz ruhig aus.“ Dracos Atem traf ihn warm an der Schläfe und ließ sein Haar flattern. Sirius tippte gegen den blauen Fleck.

Einem leisen Knacken folgte ein abgehakter Schmerzenslaut aus Dracos Mund. Er atmete zittrig in hektischen Zügen ein und wieder aus. Sirius zog den Zauberstab über die Prellung, bis er an Dracos Bauch erkennen konnte, dass seine Atmung sich beruhigte.

Er fing aus dem Augenwinkel Dracos Blick auf. „Denk nicht, dass ich Mitleid mit dir habe. Du hast verdient, was du bekommen hast.“

Draco schaute zur Seite weg. Er entdeckte den Kessel auf dem Tisch und linste hinein, offensichtlich auf der Suche nach einer Ablenkung. „Was ist das?“

Sirius konzentrierte sich wieder auf die Prellung, die er zumindest kühlen wollte, bevor sie Draco eine schlaflose Nacht bescherte. „Für offene Wunden, Schnitte, Kratzer, Schrammen…“

„Wie das da?“

Sirius hob den Blick und entdeckte, dass Draco ihm auf die Wange schaute. Er ertastete dort den Schnitt, den er längst vergessen hatte. Das würde Dracos vorige starre Blicke erklären.

„Hat Potter seine Wut auch an dir ausgelassen?“, fragte Draco.

„Ich hab mich beim Rasieren geschnitten“, sagte Sirius. „Früher oder später wird dir das auch mal passieren.“

„Wieso machst du das abends?“

„Man macht die merkwürdigsten Dinge aus Langeweile“, antwortete Sirius, während er Dracos Verletzung abschwellen ließ. Er hatte keine Lust Draco seinen Tagesablauf – einen Großteil davon verbrachte er als Hund – zu erklären. „So –“

Etwas Kaltes, Schmieriges berührte seine Wange. Draco hatte seinen Daumen in die Salbe gesteckt und verteilte sie in einer sanften Bewegung auf Sirius‘ Wange, fuhr längs über die Schnittwunde. Die Spitzen seines Zeige- und Mittelfingers legte er beinahe stützend auf Sirius‘ Kiefer ab und ging mit dem Daumen dreimal sicher auch jede Stelle des Schnitts unter Salbe zu bedecken. Ein leises Prickeln breitete sich unter seiner Berührung, unter der Salbe aus.

„Scheint zu funktionieren“, sagte Draco, während ein kaum merklicher Hauch Rosa seine Wangen füllte. Als er Sirius wieder anschaute, fehlte seinem Blick allerdings jegliche Unsicherheit. Stur und verlangend fixierte er Sirius. Seine Stimme kühlte in einen kommandierenden Ton ab: „Du musst mir zeigen, wie man das macht.“

Sirius hasste es, herumkommandiert zu werden. Er steckte seinen Zauberstab weg und ließ Dracos Hemd über seinen Bauch fallen. Beide freie Hände stützte er neben Draco auf dem Tisch ab. „Muss ich das?“

„Wenn du nicht willst, dass ich mich verplappere“, sagte Draco stichelnd. „Hast du keine Angst davor?“

„Nein. Wenn du mich hättest verraten wollen, hättest du es schon getan, richtig?“

Dracos Mundwinkel zuckten und sein Kiefer verkrampfte sich. „Typisch Gryffindor. Furchtlos bis zur Stupidität. Ein gesunder Funken Vorsicht könnte dir nicht schaden, Black.“

„Nun, wo wir schon bei Klischees sind… Du bist ein Slytherin. Bring mir alles über Feigheit bei, Malfoy.“

Dracos Gesichtsausdruck verhärtete sich. Er schubste Sirius mit einer Hand von sich weg und stieß sich mit der anderen vom Tisch ab, rutschte direkt in die schmale Lücke, die zwischen dem Tisch und Sirius entstanden war. Brust an Brust blieb er vor ihm stehen. Er atmete schneller, bemühte sich aber keinen Zug über seine Lippen kommen zu lassen.

„Nur ein Idiot würde mich nicht ernstnehmen“, zischte er.

„Das hat nichts damit zu tun, wie ernst ich dich nehme. Ich lasse mich nicht erpressen“, sagte Sirius. „So einfach ist das.“

„Wieso mir dann helfen?“

Sirius zog eine Augenbraue hoch, sparte sich aber eine Antwort. Das schien Draco noch wütender zu machen.

„Du denkst, ich hätte es nicht in mir dich zu verraten, ja? Dass ich zu feige dafür bin?“

Sirius verdrehte die Augen. „Ich denke, dass du gerade vor dir selbst rechtfertigen willst, wieso du mich nicht ans Messer geliefert hast. Deswegen der Erpressungs-Nonsens. Netter Versuch den perfiden Slytherin herauszukehren.“

Dracos Gesichtsmuskeln zuckten, wie bei einem Krampf, dem verzweifelten Versuch, sich zusammenzureißen. Er stieß Sirius mit beiden Händen aus dem Weg und stürmte zur Tür.

„Wage es nicht, Potter ein Wort über gestern zu verraten, Black. Ich meine es ernst, und wenn du mich nicht ernst nimmst, wirst du das bereuen.“ Draco riss die Tür auf, glitt hindurch und schmiss sie, ohne je loszulassen, hinter sich ins Schloss.

Sirius lief ihm nach, öffnete die Tür und stoppte, ehe er einen Schritt hinaus in die Dunkelheit machen konnte. Die Kälte und die entfernten Lichter von Hogwarts hielten ihn auf. „Draco.“ Der blonde Haarschopf drehte sich nicht nach ihm um, sondern ignorierte ihn stur und entfernte sich schnell.

Sirius seufzte schwer, tigerte durch die Hütte und blieb vor seinem Spiegelbild stehen, das ihm vorwurfsvoll entgegenstarrte. Vielleicht hätte er das anders formulieren müssen. Auch wenn er sich sicher war, dass Draco versuchte vor sich selbst zu rechtfertigen, dass er Sirius Black, den landesweit gesuchten Massenmörder, nicht verraten hatte. Ein Schutzmechanismus, um das Bild zu erhalten, das er selbst von sich hatte. Und wenn Draco jetzt glaubte sich darin bestärken zu müssen, würde er ihn so schnell wie möglich ans Messer liefern.

Vielleicht musste er die heutige Nacht als unschuldiger, unauffälliger Hund verbringen. Oder gleich draußen im Schnee. Oder er sollte zurück nach London gehen, bevor Draco etwas Dummes tat. Bevor Harry keinen Patenonkel mehr hatte.

„Idiot“, murmelte er seinem Spiegelbild zu. Er wischte die Salbe von der Wange. Der Schnitt war zu einem roten Streifen zusammengeschrumpft, Blut und Schmerz längst verklungen. Vielleicht war es besser Draco hasste ihn. Vielleicht war es besser nach London zurückzukehren, ehe er noch dümmere Sachen machte.

Er rieb unbewusst Zeigefinger und Daumen gegeneinander und spürte dazwischen noch immer die fremde, weiche Haut, übersät mit blauen Flecken. Es war besser, wenn Draco ihn hasste.


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Sie kämmt sich ihr Haar offensichtlich schon sehr, sehr lange nicht mehr.
Jamy Temime, Kostümbildnerin, über Prof. Trelawney