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Fanfiction

Unsere Heldenleben - Annettes kleines Problem

von Viola Lily

Wotcha!,
den Ferien sei dank, es geht weiter. Das letzte Kapitel ist jetzt schon so lange her, aber ich hatte halt so viel zu tun... wenn ich mal zum Schreiben kam, dann an meiner Haupt-FF. Aber hier gehts natürlich auch weiter und ich bin zuversichtlich, dass ich verhältnissmäßig schnell wieder aufhole.
Viel Spaß,
Vio

________________________________


Pac denkt zu viel über Anna nach und Rez erfährt Annettes schmerzliches Geheimnis



Mit dem Mai fing endlich die schöne Zeit des Frühlings an. Die Tage wurden wärmer und es gab - dank der Feiertage - 2 verlängerte Wochenenden, an denen die Schüler der Vahrensburg ausgiebig ihren Freizeitaktivitäten nachgehen konnten.
So kam es, dass Rez und seine Freunde oft auf der Wiese hinter der Burg saßen und das gute Wetter genossen. Für gewöhnlich spielten sie dann Flug-Ball, Wikinger-Schach, Kricket und Federball. Manchmal redeten sie auch über den Unterricht, Lehrer und Mitschüler, dösten in der Sonne oder machten Hausaufgaben.
So auch am Freitag-Nachmittag drei Wochen nach dem Maifest. Rez saß allein auf einer Decke, um ihn herum tapsten Harlekin und Fiodora, die beiden Katzen von Desi und Silva, und räkelten sich in der Sonne. Silva selbst war irgendwo mit Aaron unterwegs (vermutlich saßen sie auf der Terrasse des Speisesaals), was Rez durchaus nicht bedauerte. Pac hatte dieses Thema mittlerweile sehr gut verarbeitet, doch Rez hielt es für das Beste, wenn sich die beiden in nächster Zeit nicht häufiger sehen würden als nötig war. Für ihn galt es, nichts zu riskieren, denn im Moment baumelte Pac 10 Meter über dem Boden auf seinem Besen und versuchte mit Desi und Jördi so etwas wie Quidditch zu spielen. Und es war ihm durchaus zu zutrauen, dass es ihn beim Anblick des Pärchens vom Besen haute.
Nachdenklich sah Rez hinauf zu seinen Freunden. Pac hatte schon lange kein Quidditch mehr gespielt. Er war lieber im Musikraum und spielte Geige. Desi und Jördi hingegen konnten nicht oft genug auf den Besen sitzen und ihrem Lieblingssport nachgehen. Doch da waren sie fast die Einzigen. Quidditch war hier in Deutschland genauso beliebt wie in anderen Ländern auch, und ein paar Vereine konnten durchaus auf internationalem Niveau mithalten. Doch die Vahrensburg verfügte leider nicht über die Mittel (und Flächen), sich ein eigenes Stadion aufs Gelände zu bauen. So wie in Hogwarts, was Desi bei jeder sich bietenden Gelegenheit laut beklagte. Der Quidditch-Verein der Schule konnte nur einmal in der Woche trainieren, und dafür mussten sie immer ins Stadion der Stürmischen Böcke nach Köln flohen. Ein ziemlich großer Aufwand. Es gab natürlich noch mehr Vereine, bei denen sie trainieren dürften, doch das war alles eine Angelegenheit der Kontakte - die ganze Familie Rohdmann stammte aus dem Rheinland, da war es nicht verwunderlich, dass die Schüler der Burg zum Trainieren ins Stadion der Dom-Stadt geschickt wurden.
Hier auf dem Schulgelände mussten sie allerdings mit der Wiese vorlieb nehmen. Und aus den Gesichtern seiner Freunde konnte Rez lesen, dass ihnen das gar nicht passte. Weil Klatscher und Schnatze so etwas wie ihren eignen Kopf besaßen, durften sie nicht eingesetzt werden - es bestünde sonst Gefahr, dass sie über's Schulgelände hinaus schießen würden. Also blieb nur noch der Quaffel als sportliches Hilfsmittel übrig, doch auch hier kamen immer wieder Beschwerden auf, wenn dieser rote Ball auf die Decken und Köpfe anderer Teenager hinunter fiel. Zudem war der Platz auch noch ziemlich klein.
„Wie soll ich denn bitte vernünftig trainieren, wenn ich hier keinen Schnatz jagen darf?“, hörte Rez Desi mecker. Er musste die Augen zusammen kneifen, als er zu dem blonden Mädchen hinauf sah, denn die frühabendliche Sonne schien ihm in die Augen.
„Glaubst mir, mir gefällt es, nur gegen Jäger zu spielen?“, maulte Jördi zurück und flog neben sie. „Und dann haben wir nur einen Ring. Das hier ist doch kein Bastketball.“
„Mädels, ihr seid doch schon gut“, entgegnete Pac beschwichtigend. „Sonst würdet ihr nicht im Schulverein spielen. Was wollt ihr mehr?“
Die beiden Mädchen guckten sich genervt an. Sie hatten diese Frage schon so oft mit Pac ausdiskutiert, dass sie aufgehört hatten, zu zählen.
„Seltsam, ich komme mir vor wie in Verkehrte Welt“, entgegnete Desi nachdenklich und flog um Pac herum.
„Genau“, pflichtete Jördi bei. „Wir treiben hier doch Sport, und normalerweise werden Kerle so was gefragt.“
Dabei schaute Jördi so auffordernd in Rez' Richtung, sodass dieser nur gutmütig mit den Schultern zuckte und grinste. Jördi und Desi wussten offenbar genau, worüber sie gerade redeten, doch Pac schien kein Wort davon zu verstehen. Er fühlte sich ziemlich unwohl in seiner Haut.
„Ihr seid doch alle langweilig“, sprach Jördi weiter und blickte direkt auf das Buch, was Rez in der Hand hielt. „Was ist das für ein Schinken?“
Rez entgegnete prompt: „Holsteiner, geräuchert. Der Serrano war leider schon aus.“
Jördi starrte Rez an und Rez starrte Jördi an. In Zeitlupe hob sich ihre linke Augenbraue und ein leichtes Lächeln stahl sich in ihr Gesicht. Eindeutig ein Zeichen dafür, dass Rez soeben den schlechtesten Witz des Monats gerissen hatte. Dann wandte sie sich wieder ab und flog zurück zu Desi. Die beiden wollten weiter trainieren, doch Pac landete neben Rez auf der Decke und legte den Besen ab.
„Ich komm zu dir“, sagte er außer Atem. „Da nehm ich's doch lieber mit deiner Langeweile auf als mit zwei Mädchen, die sich gegen die Männerwelt verschwören wollen.“
„Was soll das?“, rief Desi empört. „Warum hörst du auf?“
„Keinen Bock mehr.“
Desi und Jördi passte es gar nicht, dass Pac einfach so die Klotten hinschmiss und machten sich auf die Suche nach einem neuen Mitspieler.
„Dann du, Rez! Komm schon.“
„Nein, danke. Quidditch ist nicht so meins“, rief er zurück.
Die Mädchen seufzten und fingen wieder an, sich den Quaffel zu zupassen.
„Quidditch war noch nie so deins“, bemerkte Pac und fing an, Harlekin mit seinem Grashalm zu ärgern.
„Ich bleib' lieber mit den Füßen auf dem Boden“, entgegnete Rez. „Das bewahrt mich vor einem Absturz.“
„Absturz in welchem Sinne?“
„In dem Sinne, dass man stirbt. Ich sag nur Flugzeuge... .“
„Ach“, sagte Pac schnell und verzog das Gesicht. „Gib doch einfach zu, dass du Flugangst hast.“
Raz warf seinem besten Freund einen bösen Blick zu und guckte demonstrativ wieder in sein Buch. Trotzdem spürte er Pacs Grinsen auf seiner Haut und er schaffte es nicht mehr, sich zu konzentrieren. Außer Pac wussten nur wenige von seiner Höhenangst: nämlich seine Eltern und Herr Malleke, der Sportlehrer. Diese Angst war Rez nicht peinlich - jeder Mensch hatte schließlich seine Macken - doch er war nicht erpicht darauf, dass es gleich die ganze Schule wusste. Er hasste es, im Rampenlicht zu stehen und dem Interesse der Öffentlichkeit ausgeliefert zu sein.
Ganz im Gegensatz zu seinen Eltern. Und heute war nicht das erste mal, dass er sich fragte, was er alles von seinen Eltern nicht hatte. Noch nie hatte Rez ein Kinderfoto von seinem Vater gesehen. Nur zu gern hätte er gewusst, wie ähnlich er seinem Vater sieht, als dieser jung war. Und seine Mutter? Wie gern hätte er dasselbe Durchsetzungsvermögen wie sie, denselben Mut, sich den Wahrheiten zu stellen und die eindrucksvolle Präsenz, die sie stets an den Tag legte.
Ein Schatten huschte über die Seiten und verwirrt blickte er wieder zu Desi und Jördi. Anna-Sophie Bauer aus ihrer Klasse hatte sich zu ihnen gesellt und nach ein paar kurzen Worten passten sie sich im bahnbrecherischen Tempo den Quaffel zu.
Völlig unvermittelt bemerkte Pac: „Wusstest du, dass Anna zum Sommercamp vom QBB angenommen wurde?“
„QBB?“
Quidditch Bären Berlin?“
„Aha“, entgegnete Rez und hakte im verschwörerischen Ton nach: „Und so wie du dich anhörst wirst du mir auch in wenigen Sekunden deine höchst vertraulichen Quellen verraten, oder?“
Rez' Blick war unnachgiebig und spätestens in dem Moment, wo er das Buch zu klappte und Pac seine volle Aufmerksamkeit schenkte, gab es für ihn keinen Ausweg mehr.
„Sie hat es mir gestern erzählt“, gestand Pac mit leiser Stimme. „Ich soll's eigentlich keinem weiter verraten, da es noch nicht offiziell ist.“
Rez hob eine Augenbraue. Anna-Sophie Bauer vertraute Pac so etwas streng Vertrauliches an?
„Seit wann steht ich euch denn so nahe?“, hakte Rez neugierig nach. „Hat das etwa mit dem Maifest zu tun?“
Es war zwar schon zwei Wochen her, doch Rez konnte sich noch gut daran erinnern, dass Pac und Anna zusammen getanzt hatten.
„Wir sind nur Freunde“, entgegnete Pac unwirsch, und diesmal war er es, der böse guckte.
Rez wollte seinen besten Freund nicht ärgern - früher oder später würde der Zeitpunkt kommen, wo er ihm alles erzählen würde. Oder, je nachdem, wie sich die Dinge entwickelten, auch nicht.
„Aber das ist doch gut für sie, oder?“, entgegnete Rez daher und ließ sich von seinen Gedanken nichts anmerken.
„Auf jedem Fall“, antwortete Pac, legte sich auf den Rücken und sah verträumt hinauf zu den fliegenden Mädchen. „Sie ist sehr talentiert. Der Verein wäre echt blöd gewesen, wenn Sie sie nicht genommen hätten. Die hat es echt gut.“
Pac schnaubte nach dieser Aussage und wandte den Blick ab.
„Du bist doch nicht etwa neidisch, oder?“, hakte Rez nach. „Dabei bist du der letzte, der mit so etwas ankommen muss. Niemand ist besser auf der Geige als du. Sie nennen dich schon den neuen David Garreth.“
Pac verzog das Gesicht, protestierte aber nicht: „Vergleich mich doch nicht mit dem. Was der macht, ist nicht so meins. Aber vielleicht hast du Recht.“
„Womit habe ich Recht?“
Pac richtete sich wieder auf. Nachdenklich fuhr er sich durch die dunklen Locken und blickte Rez dann geradewegs in die Augen.
„Es ist mir nicht mehr wichtig, ein Zauberer zu sein. Darüber bin ich mir in Klaren geworden, als ich in England war. Ich hab dir doch von dieser Lauren erzählt - diese mega-gute Hornspielerin. Als ich sie traf, wurde mir klar, dass ich nicht der Einzige bin - dass es außer mir auch noch andere Hexen und Zauberer gibt, deren Bestimmung es ist, Musik zu machen. So wie es Annas Bestimmung ist, Quidditch-Spielerin zu werden.“
„Und was ist mit Jördi? Die ist doch auch so 'ne Mega-Musikerin.“
Aus den Augenwinkeln sahen die beiden Jungen, dass Annette es sich keine 5 Meter weiter mit einer Decke und einem Glas Kürbissaft auf der Wiese bequem machte. Um unerwünschte Zuhörer zu vermeiden, senkte Pac die Stimme.
„Jördi's Eltern sind beide Muggel. Für sie ist die Musik schon da gewesen, bevor sie überhaupt geboren wurde. Außerdem glaube ich, dass es bei ihr etwas - anderes ist.“
„Etwas anderes?“, hakte Rez misstrauisch nach und guckte kurz hinauf zu Jördi. „Es ist doch nichts passiert, oder?“
Pac schüttelte den Kopf.
„Nein, keine Sorge. Mit der ist alles in Ordnung. Solange-.“
„Iiiiiiiiihhhhhhhhhhhhhhhhhhh!“
In Windeseile drehten Rez und Pac die Köpfe in Annettes Richtung. Mit weit geöffnetem Mund starrte sie an sich herunter, ein leeres Glas in der linken Hand und dem eiskalten Inhalt auf ihrem Kleid verteilt. Nicht weit von ihr lag der Quaffel im Gras.
„Oh-ooohh“, raunte Pac gedehnt.
Um auf das vorbereitet zu sein, was jetzt kommen würde, versah Rez sein Buch mit einem Lesezeichnen und klappte es zu. Dann erhob er sich und zusammen mit Pac ging er auf Annette zu. Diese starrte wutentbrannt hinauf zu den fliegenden Mädchen.
„Du! Das hast du mit Absicht gemacht.“
Mit ausgestrecktem Arm zeigte sie auf Jördi, welche sofort wutenbrannt das Gesicht verzog.
„Hallo? Ich hab gar nichts gemacht!“, rief sie und verschränkte die Arme.
„LÃœG NICHT!“, schrie Annette zurück. „Ich hab's doch genau gesehen.“
Jördi verdrehte die Augen und schien sich nichts aus Annettes Dilemma zu machen. Sie bemerkte nicht einmal dass sich Annette verzweifelt durch die Haare fuhr und auf die Lippen biss. Rez kannte sich nicht mit Mädchen aus, aber er wusste ganz genau, wie Menschen guckten, wenn sie kurz vom Heulen waren.
Instinktiv trat er neben Annette: „Komm, ich helfe dir.“
Annette warf ihm einen kurzen Blick zu und als Rez in ihre weit geöffneten, traurigen Augen sah, empfand er plötzlich so viel Mitleid mit ihr wie… wie schon lange nicht mehr.
„Es ist doch nur ein Kleid“, hörte er von oben Jördi's gelangweilte Stimme. „So was kann man waschen.“
Dieser Satz brachte bei Annette das Fass zum überlaufen. Im Bruchteil einer Sekunde hatte sie ihren Zauberstab gezückt und einen Fluch auf Jördi los geschossen. Zum Glück war diese schnell und geschickt und konnte dem Fluch ausweichen - andererseits hätte sich Annette wohl für einen schweren Unfall verantworten müssen. Doch man konnte nicht leugnen, dass Jördi der Schock ins Gesicht geschrieben stand. Und auch die Umstehenden starrten die Klassensprechein mit offenem Mund an, die immer noch mit gezückten Zauberstab und wutenbranntem Gesicht auf Jördi zeigte.
Damit die Lage nicht noch weiter außer Kontrolle geriet, legte Rez beruhigend eine Hand auf Annettes Arm.
„Lass' gut sein.“
Sie warf ihm einen wirren Blick zu und setzte an, etwas entgegen zu setzen, doch Rez schnitt ihr das Wort ab.
„Bitte nimm den Zauberstab wieder runter.“
Langsam und äußerst widerwillig ließ Annette den Arm sinken. Dann sah sie ein letztes mal zu Jördi herauf und wandte sich ab. Dass sie von oben bis unten mit Kürbissaft bespritzt war, schien ihr erst jetzt wieder aufzufallen.
„Na toll“, murmelte sie. Ihr Zorn war völlig verflogen war einer bestürzten Gleichgültigkeit gewichen. Dann ging sie, ohne ein weiteres Wort zu verlieren, zurück in die Burg.
Rez war sich unschlüssig. Sollte er Annette lieber in Ruhe lassen und hier bleiben? Oder sollte er seiner Intuition folgen und ihr Gesellschaft leisten? Er wusste nicht, warum, aber Annette war heute nicht wie sonst. Noch nie hatte außerhalb des Unterrichts den Zauberstab gegen jemanden erhoben geschweige denn, jemanden mutwillig verhexen wollen. Irgendetwas stimmte nicht mit ihr.
Rez senkte den Blick und bemerkte erst jetzt das Buch, das noch dort, wo Anette gesessen hatte, im Gras lag. Es war kein Schulbuch, sondern sah ganz nach einem Krimi oder Liebesroman aus.
„Was auch immer in die gefahren ist“, hörte er Jördi von oben abfällig sagen. „Die sollte mal ganz dringend ihre Prioritäten klären.“
Ob es jetzt an Jördi's abfälligem Ton lag oder daran, dass sie sich nicht im Mindesten um ihre Mitmenschen scherte - diese Worte jedenfalls entfachten eine seltsame Wut auf sie, die er noch nie gespürt hatte. Entsetzt drehte er sich zu ihr herum. Er starrte sie nur an - mehr tat er nicht, doch das reichte, um Jördi's Gesichtszüge zum Einfrieren zu bringen.
Von einer Sekunde auf die andere hatte er eine Entscheidung getroffen. Mit einer schnellen Bewegung hob er das Buch auf und ohne einen letzten Blick über die Schulter zu seinen Freunden zu werfen folgte er Annette zurück in die Burg.

„Anni!“
Er holte sie ein, als sie gerade im Foyer die Treppe hinauf ging. Überrascht drehte sie sich auf halber Strecke um und sah über das Geländer zu ihm hinunter.
„Du hast dein Buch vergessen“, bemerkte er und hielt das Buch hoch, damit sie es sehen konnte.
„Oh, danke Lorenz.“
Sie klang immer noch ein bisschen verwirrt. Und ihrem Gesichtsausdruck nach schien sie auch immer noch völlig neben der Spur zu stehen. Rez hatte schon lange nichts mehr mit Annette zu tun gehabt, was hauptsächlich an ihrer kühlen Natur gelegen hatte. Schon von Schulbeginn an hatte sie nie ein Geheimnis über ihre gute Herkunft und ihrer Familie gemacht und dass sie sehr pingelig war hatte auch nicht zu einem warmen Verhältnis beigetragen. Doch er kannte sie noch von der Zeit vor der Vahrensburg - schließlich kamen sie beide aus sehr alten Zaubererfamilien. Und ihre Mütter waren gut befreundet.
„Ist alles in Ordnung?“, fragte er und als Annette ihn daraufhin verschreckt und mit wässrigen Augen ansah, fügte er hinzu: „Ich bin ein guter Zuhörer.“
Annette lächelte leicht und nickte dankbar.
„Aber bitte nicht hier“, bat sie mit leiser Stimme. „Irgendwohin, wo nicht so viel los ist, ok?“
„Zum alten Kloster?“
Annette schien kurz zu überlegen, doch als lautes Gelächter aus den oberen Stockwerken an ihre Ohren drang, nickte sie eifrig.
„Komm, hier drin herrscht zu viel gute Laune.“
Annette rauschte an Lorenz vorbei zum Haupttor, und ihm blieb nichts anderes übrig, als ihr Kopfschüttelnd zu folgen. Während sie schweigend den Burghof durchquerten, blickte er sie hin- und wieder von der Seite an, in der Hoffnung, einen Grund für ihre schlechte Laune zu finden. Doch Annette hielt den Blick nach vorn gerichtet und behielt ihr zügiges Tempo bei, bis sie das Haupttor hinter sich gelassen hatten. Mit dem freien Blick auf den Parkplatz und den Wald, der sich vor ihnen erstreckte, schien auch die Anspannung aus Annette zu weichen und ruhigeren Schritten ging sie weiter.
Neben der Hauptauffahrt zur Vahrensburg führte ein schmaler Pfad in den Wald, und diesen Weg schlug Annette ein. Rez war selbst schon sehr oft in diesem Wald spazieren gewesen - oft mit Freunden aber auch mal allein. Er war gern hier, wenn ihm der Schulstress mal wieder zu viel wurde. Hier fühlte er sich unbeobachtet und frei, konnte seinen Gedanken freien Lauf lassen und so richtig abschalten. Genau das richtige, was Annette jetzt brauchte.
Rez gab ihr die Zeit, die sie brauchte, um ihre Gedanken zu ordnen, und so gingen sei eine Weile still nebeneinander her. Er hörte die Vögel zwitschern, das beruhigende Rauschen des Windes, der durch die Bäume fegte und einmal hörte er sogar das Hupen eines Muggel-Zuges, dessen Gleise unten am Fluss entlang führten.
Nach einer Weile brach Annette endlich das Schweigen.
„Ich hab mich vorhin echt dämlich aufgeführt. Je länger ich darüber nachdenke, umso kindischer kommt es mir vor.“
„Naja, so schlimm war's ja auch nicht“, versuchte Rez sie zu beruhigen.
„Aber ich wollte Jördis verfluchen“, sagte sie schnell. „Ich habe noch nie so dermaßen die Kontrolle über mich verloren... .“
Rez, der die ganze Sache ein wenig lockerer sah, zuckte nur mit den Schultern: „Aber es war dein gutes Recht. Und Jördi ist echt ein bisschen gemein gewesen.“
„Ein bisschen zu oft, wenn du mich fragst“, fauchte sie leicht. „Dieses Mädchen bräuchte links und rechts mal eine gescheuert. Und 'ne Einweisung in eine Heilerziehungsanstalt, wenn du mich fragst. Doch dafür ist es bereits zu spät.“
„Na komm, so schlimm ist sie nun auch wieder nicht.“
„Du wiederholst dich!“, bemerkte sie trocken und hob skeptisch eine Augenbraue.
„Soll ich wieder gehen?“, fragte Rez und blieb auffordernd stehen.
Doch Annette packte ihn am Arm und zog ihn weiter: „Nein, so war das nicht gemeint. Ich kann nur nicht verstehen, wie du mit ihr befreundet sein kannst. Früher hätte ich dich nie so eingeschätzt.“
„Früher bist du auch noch nicht so stolz gewesen“, gab er zurück.
Betroffen guckte Annette ihn an und hielt den Mund. Darauf wusste sie eine Weile nichts zu sagen, weshalb sie schweigend weiter gingen.
„Weißt du, Anni“, setzte Rez irgendwann an und starrte gedankenverloren in die Ferne. „Ich weiß es selbst nicht so genau - also, dass ich mit Jördi befreundet bin, meine ich.“
„Ich hab schon verstanden, was du meinst... .“
Rez überhörte Annettes bissigen Ton und fuhr unbeirrt fort: „Es ist vermutlich, weil sie einfach das genaue Gegenteil von dem ist, was ich bin. Weil sie so ist, wie manchmal gern selbst sein würde.“
Annette lachte laut auf: „Was? Wie sie? Vorlaut, indiskret und ohne jeglichen Respekt vor anderen?“
Rez schüttelte leicht den Kopf: „Nein. Das sind nur die Seiten, die du kennst. Ich meine mutig, charakterstark und selbstsicher.“
Annette schnaubte nur und Rez lächelte mild. Er hatte nichts anderes erwartet: beim Thema Jördis gingen ihre Meinungen nun mal auseinander.
„Anni“, wiederholte sie und ihre Stimme nahm einen ruhigen Unterton an. „So hast du mich früher auch immer genannt.“
„Weil deine Mutter dich immer so gerufen hat. Anni, komm heim. Essen ist fertig.“
Annette und Rez lachten, als sie sich an ihre gemeinsame Kindheit zurück erinnerten.
„Weißt du noch, wie wir damals diesen Staudamm in der Luther gebaut haben?“, fragte Annette. „Dein Vater war an dem Tag ausgerutscht und war von oben bis unten nass.“
„Ja, ich erinnere mich. Wie alt waren wir da? 7? oder 8?“
Damals hatten sie noch im Sandkasten gespielt - Annette hatte immer die Regeln bestimmt und wollte immer gewinnen. Rez hatte sich einfach nur gefreut, jemanden zu haben, mit dem er überhaupt spielen durfte. Seine Eltern sahen in allen Dingen eine Gefahr für ihn - er könnte stolpern und und schmutzig werden oder sich sogar das Knie aufschlagen. Und wer konnte schon sagen, mit was für Kindern er sich anfreunden würde? Wie gut, dass seine Mutter mit Annettes Mutter gut befreundet war - auch wenn das kleine Mädchen bisweilen ein bisschen herrisch war.
Annettes Stimme riss ihn aus seinen Gedanken: „Weißt du, all die Jahre habe ich versucht, es ihnen Recht zu machen.“
Rez musste nicht lange überlegen, wen Annette mit Ihnen meinte. Wie seine Eltern auch gehörten ihre zu einer sehr alten Zauberer-Familie, waren reich und genossen hohes Ansehen. Kein Wunder, dass sie großes von Annette erwarteten. Doch ihre guten Noten und ihre Position als Klassensprecherin sprachen für sich - warum klang Annette dann so traurig?
„Ich habe alles getan, damit sie stolz auf mich sind. Hab` gelernt wie eine Blöde, in den Ferien für jedes Fach drei Bücher im Voraus gelesen, habe alles getan, damit ich Klassensprecherin werde... .“
„Und jetzt sind sie nicht zufrieden, oder wieso bist du so niedergeschlagen?“, fragte Rez und hoffte, jetzt endlich eine Antwort auf ihre seltsame Verhaltens zu Ohren zu bekommen.
Sie waren mittlerweile an der alten Klosterruine angekommen. Das alte Gemäuer war bis auf wenige Meter eingefallen und man erkannte den Grundriss nur noch an den mit Moos und hohem Gras bewachsenen Wänden. In den letzten 200 Jahren hatte die Natur sich das zurückgeholt, was die Menschen ihr damals genommen hatten. Nur zwei weiße, niedrige Steinplatten, die senkrecht in den Himmel ragten, erinnerten an den Ort, wo sich früher der Altar befunden haben musste. Während sie im alten Kirchenschiff umher gingen, erzählte Annette weiter.
„Ich habe es ja nicht nur für sie getan, sondern auch für mich. Schließlich ist es seit Generationen so, dass die weiblichen Feuertanzes irgendwann die Aufgabe bekommen, das Lebensfeuerritual durch zu führen.“
„Ja, du hast mir schon vor Jahren erzählt, dass es in deiner Familie eine besondere Gabe gibt.“
Annette schluckte und nickte: „Genau. Diese Gabe wird immer über die Großmutter auf die erstgeborene Enkelin übertragen. Wenn meine Oma Thusnelda also irgendwann sterben sollte, wäre es meine Aufgabe, das Lebensfeuerritual durch zu führen.“
„Aber das klingt toll. Das ist eine sehr wichtige Aufgabe“, bemerkte Rez und fügte hinzu: „Hast du vielleicht Angst davor, dass du etwas dabei falsch machen könntest?“
Annette blieb stehen und drehte sich zu ihm um. Sie sah traurig aus, doch auch irgendwie ängstlich. Ja, sie musste vor irgendetwas Angst haben.
„Es ist keine Schande, Angst zu haben“, fügte Rez hinzu und lächelte aufmunternd. „Auch eine Annette Feuertanz ist nur ein Mensch.“
Annette blickte ihm fest in die Augen. Rez merkte, dass da noch etwas anderes war, was sie beschäftigte. Sie biss sich auf die Lippen. Die nächsten Worte schienen ihr eine Menge Überwindung zu kosten.
„Ich habe sie nicht.“
Es klang wie ein Geständnis. Und mit diesen Worten füllten sich Annettes Augen mit Tränen. Erst war Rez nicht klar, was sie damit meinte, doch nach und nach dämmerte ihn, womit Annette in letzter Zeit so zu kämpfen hatte.
„Du hast die Gabe nicht?“
Annette schüttelte den Kopf und wischte sich eine Träne weg.
„Ich weiß, ich darf nicht darüber reden - aber... .“
Annette versuchte sich guten Gewissens dazu durch zu ringen, nichts zu verraten, aber am Ende sprudelten die Worte nur so aus ihr heraus: „Ich habe es am Tag des Lebensfeuer-Rituales in meiner Zukunft gesehen. Ich habe alles Mögliche gesehen. Alles, nur nicht, dass ich die Nachfolgerin meiner Großmutter werde. Ich hatte schon vorher vermutet, dass mit mir etwas nicht stimmt- die Zeichen eines Elementi-Magiers äußern sich für gewöhnlich mit 12 oder 13 - aber dieses Ritual war wie eine Bestätigung. Ich bin keine Elementi-Magierin und werde es auch nie sein.“
Rez hatte mal in einem Buch etwas über Elementi-Magier gelesen. Weltweit gab es nur sehr wenige und hier und Deutschland höchstens drei oder vier. Unter den Schülern gab es keine - oder sie wollten sich nicht outen. Hexen und Zauberer mit dieser Gabe waren etwas Besonderes, beinahe etwas Kostbares, was es zu schützen galt. Und jetzt verstand er auch, weshalb Annette so niedergeschlagen war. Sie wusste von Anfang an, dass sie eine Elementi-Magierin sein würde. Sie wurde sogar dazu erzogen, später mal die Aufgabe ihrer Großmutter zu übernehmen - eine schwere und ehrenvolle Aufgabe. Jahrelang hatte sie sich darauf vorbereitet und erst vor kurzem erfahren, dass alles umsonst war.
Das klang alles ziemlich niederschmetternd und er empfand tiefstes Mitgefühl für Annette. Es schien sie wirklich zu bekümmern. Doch eine Sache störte ihn an dieser Geschichte.
„Aber...“, setzte er an und trat auf sie zu. „Hast du nicht vorhin gesagt, dass immer die Erstgeborenen Mädchen zweiter Generation in deiner Familie diese Gabe erhalten?“
Annettes Auen waren immer noch mit Tränen gefüllt und sie musste viel Kraft aufwenden, sie zurück zu halten. Sie schaffte es nicht mal, ihm zu antworten, da sie immer noch die Lippen fest aufeinander presste.
Rez wusste, dass seine nächsten Worte sie heftig verletzten konnten. Doch er konnte sich nicht sicher sein, wenn er es nicht von Annette selbst hörte.
„Du hast doch gar keine ältere Schwester“, sagte er. „Also, wer hat diese Gabe dann?“
Es waren nur zwei Worte, doch die reichten aus, um die Tränen, die Annette bisher so erfolgreich zurück gedrängt hatte, zum laufen zu bringen. In mehreren Rinnsalen flossen sie ihr die Wangen hinunter, als sie ihm antwortete.
„Meine Stiefschwester.“


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