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The Black Mirror - Die falsche Seite

von Dr. S

Draco schlug die Augen in einem Zimmer auf, das ihm vertraut und gleichzeitig fremd vorkam. Er lag in einem Bett, dessen Kissen und Laken nach Zitrone und altem Mahagoni rochen. Ein Strahl Sonnenlicht zwängte sich zwischen schweren Vorhängen hindurch und fiel auf seine Decke. Sein Bett.

Draco setzte sich langsam auf. Seine Hand wanderte unter die Decke, unter sein Hemd und auf seine Hüfte. Kein Blut, keine Wunde ertastete er.

Erst auf den zweiten Blick bemerkte er die Gestalt in seinem Augenwinkel. Seine Mutter saß an seiner Bettkante. Sie schien… alt. Ihre blauen Augen schwammen in Tränen, umrahmt von tiefen Ringen. Kleine Fältchen lagen um ihre Mundwinkel, die sie zu oft herunterzog. Gerade biss sie sich auf die Unterlippe. Sie sagte nichts, sondern streckte ihre zitternde Hand aus und strich Draco über die Wange. Dann beugte sie sich vor und schloss ihn in ihre Arme. Als Draco die Hände auf ihren Rücken legte, merkte er, dass sie viel an Gewicht verloren hatte.

„Ich dachte, wir würden dich nie wieder sehen.“ Narcissa löste die Umarmung, ließ ihn aber nicht los. Ihre Finger glätteten sein Haar und seine Kleidung. „Ich hätte nie gehen sollen. Dieser Urlaub war eine unsinnige Idee. Dich hier alleine zu lassen… in dieser Zeit…“ Sie wischte sich verächtlich eine Träne weg, die es gewagt hatte über ihre Wange zu laufen. „Keine Sorge, Draco. Rodolphus und Rabastan sind weggesperrt in Askaban. Der neue Zaubereiminister hat sich um sie gekümmert. Er ist nicht sehr… koordiniert, aber sehr engagiert. Wir hatten Auroren, die das ganze Haus auf den Kopf gestellt haben. Möglicherweise mit… anderen Intentionen. Oh, Draco, ich bin so erleichtert, dass du zu uns zurückgefunden hast.“

Draco schaute sich wie in Trance um, während seine Mutter sich ihre Tränen mit einem zerknüllten Taschentuch abwischte. „Was ist passiert?“

„Du warst verletzt, hast Blut verloren und… du warst sehr aufgewühlt. Also haben wir dich in dein Zimmer gebracht. Damit du dich ausruhen kannst.“

Er wusste, was passiert war, aber das hatte er nicht hören wollen. Er war durch den Spiegel gefallen und wieder zu Hause. In seinem Zimmer. Exakt wie er es verlassen hatte. Aber er hatte etwas verändert. Und trotzdem war Regulus nicht hier.

„Draco…“ Narcissa griff seine Hand. „Sag mir, was mit dir passiert ist. Wo bist du gewesen? Was haben die beiden mit dir gemacht?“

„Ich hab etwas geändert. Es sollte –“

Ein Klopfen unterbrach ihn. Draco schaute zur Tür und in ihm glühte ein Funken Hoffnung auf.

„Narcissa, ist er – Draco, du bist wach.“

Und erlosch sofort wieder. Sein Vater steckte den Kopf herein. Lucius‘ Anblick entfachte keine Freude in ihm, auch keine Wut. Seine Eingeweide erkalteten, als würde pures Eis durch seine Venen fließen.

Lucius kam ins Zimmer, wagte sich mit schlaffen Schultern an Dracos Bett. Seit dem Ende des Krieges hielt er sich unsicherer, fast demütig. Ein gewaltiger Unterschied zu dem hochmütigen Auftreten seiner jüngeren Version.

„Wie geht es ihm?“ Seine Stimme war die Gleiche, kühl und desinteressiert, nicht einmal an ihn gerichtet.

Draco schlug die Decke beiseite, und trotz der Proteste seiner Mutter, richtete er sich auf. Er kam fast bis auf eine Höhe mit seinem Vater, nah genug, um ihm in die Augen zu blicken. „Das ist deine Schuld“, zischte er.

Lucius runzelte die Stirn und sein Blick ging zu Narcissa. Er schien dort keine Antwort zu finden. „Wovon redest du, Draco?“

„Du hast mich geschubst. Deinetwegen bin ich überhaupt hier. Das ist alles deine Schuld.“

„Draco, ich hab mir genauso viele Sorgen wie deine Mutter gemacht. Ich habe nach dir gesucht. Und es ist nicht meine Schuld, dass die Lestranges ihren Verstand verloren haben.“

„Ja, es ist niemals deine Schuld. Wir sitzen nicht in dieser Scheiße fest, weil du dich zu gerne im Rampenlicht sonnst. Das ist natürlich alles meine Schuld!“

„Wag es nicht so mit mir zu reden“, sagte Lucius und hob den Zeigefinger an Dracos Brust. Seine Hand zitterte. „Ich bin dein Vater, vergiss das nicht. Du verdankst mir –“

„Ich verdanke dir gar nichts“, blaffte Draco und stieß Lucius mit beiden Händen von sich. Sein Vater stolperte zurück, und Draco riss seinen Zauberstab vom Nachttisch, richtete ihn auf Lucius‘ Brust.

„Draco!“ Narcissa packte seinen Arm.

Er feuerte keinen der hundert Flüche ab, die ihm auf der Zunge lagen, senkte den Stab aber auch nicht. Lucius hatte an der Wand Halt gefunden und schaute ihn aus vor Panik geweiteten Augen entsetzt an.

„Du scherst dich nicht um mich“, presste Draco hervor, und so sehr er sich auch bemühte, das Zittern kroch langsam in seine Stimme. „Das hast du nie. Ich bin bloß ein Statussymbol für dich. Wie Mutter. Wie dieses Haus. Wie die verdammten Pfauen. Dich interessiert bloß Prestige und unser Name.“

„Draco, ich sage das nur noch einmal –“

„Mir ist egal, was du sagen willst“, fuhr Draco dazwischen. „Du bist eine Schande für unseren Namen, Vater. Und ich wäre lieber ein bescheuerter Weasley als dein Sohn.“

Lucius lief rot an vor Zorn oder Scham oder allem zusammen.

„Draco.“ Narcissa legte beide Hände auf seine Schultern. „Du weißt nicht, was du sagst.“

„Ich hasse dich“, sagte Draco und meinte jedes Wort davon.

Lucius konnte ihm nicht länger in die Augen sehen. Vielleicht beschämte ihn der Anblick seines einzigen Sohnes den Tränen nahe und bis in die letzten Glieder bebend.

„Lasst mich allein.“ Er schob seine Mutter von sich weg. „Alle beide.“

„Aber… Draco“, begann Narcissa zögerlich. „Du musst uns sagen, was passiert ist. Das Ministerium will es wissen, wir wollen es wissen.“

„Verschwindet.“ Draco ließ die Tür mit dem Zauberstab aufspringen. Er schaute weder seine Mutter noch seinen Vater an, sondern lauschte ihren Schritten, bis sie auf dem Flur verschwanden. Dann wischte er sich die Feuchtigkeit aus den Augenwinkeln und drehte sich um.

Ein Schrei quälte sich aus seiner Kehle. Er schlug mit dem Zauberstab aus, ließ die Matratze aus seinem Bett fliegen. Kissen und Laken rissen unter seiner Wut auf, Federn flogen ihm um die Ohren, und er sackte in einem Regen aus Daunen auf den Boden. Seine Fingerknöchel bluteten, wo sie zu hart auf das harte Holz seines Betts getroffen waren.

Er atmete schwer und konnte nicht aufhören zu zittern, als würden Minusgrade in seinem Körper herrschen.

Nichts. Er hatte rein gar nichts geändert. Ansonsten wäre sein Zimmer anders, seine Eltern anders, irgendetwas anders. Draco schloss die Augen. Regulus wäre hier.

Oder? Er wusste nicht, wie lange er so auf dem Boden saß, als ihn dieser Gedanke wie ein Pfeil traf. Vielleicht hatte er sich ein zu schnelles Urteil erlaubt. Die Veränderungen könnten da draußen sein. Irgendwo. Regulus könnte da draußen sein. Er musste.

Draco stand auf, drückte die Schultern durch und zog sich zum ersten Mal seit Ewigkeiten wieder seine eigenen Sachen an. Er ging um Regulus zu finden.

*

In brütender Hitze stand Draco vor der Nummer zwölf des Grimmauld Place. Er schien Glück zu haben. Der Zauber, der das Haus vor kurzem noch verschleiert hatte, war verschwunden. Anscheinend wollte Potter das hier zu seinem zu Hause machen. Vielleicht hatte es den Zauber aber auch nie gegeben. Vielleicht hatte er etwas verändert.

Draco stand einen Moment lang unschlüssig vor der Tür und starrte die goldene zwölf an. Regulus wartete dahinter… oder vielleicht nicht. Vielleicht war er zwanzig Jahre älter. Vielleicht hatte er den kleinen Enkel, den Orion sich gewünscht hatte. Oder vielleicht war er gar nicht da. Draco wusste nicht, was ihm am meisten Angst machte.

Er hämmerte mit der Faust gegen die Tür. Den kurzen Moment, den er danach warten musste, kam ihm wie eine Ewigkeit vor. Dann öffnete sich die Tür knarrend. Er blickte auf Kreacher herunter, alt und mit weißem Haar in den riesigen Ohren. Seine Augen schwollen bei Dracos Anblick an.

„Kreacher tut es sehr leid“, sagte der Hauself, „aber Master Harry ist nicht im Land.“

Draco spürte einen Stich im Brustkorb bei der Erwähnung des falschen Masters. „Ich bin nicht seinetwegen hier. Kreacher, du… du kennst mich, oder?“

„Natürlich kennt Kreacher Mr. Malfoy. Kreacher erinnert sich an alles, was Mr. Malfoy in seinem sechsten Schuljahr getan hat. Master Harry hat Kreacher verboten mit schwarzen Magiern zu sprechen.“ Kreacher wollte die Tür schließen, aber Draco schob seinen Fuß dazwischen.

„Es geht nicht um mich, Kreacher. Ich will wissen, ob Reg–“

„Nehmen Sie nicht den Namen meines Meisters in den Mund!“ Kreacher schlug die Tür so hart zu, dass Draco vor Schmerz aufschrie, als sein Fuß zerquetscht wurde. Er nahm ihn nicht raus.

„Ich wollte nur – Ich will bloß â€“â€œ

„Master Regulus war ein guter Zauberer. Kreacher wird nicht zulassen, dass Sie seine Erinnerung beschmutzen.“ Kreacher schnippte mit den Fingern und Dracos Fuß zuckte zurück. Die Tür knallte vor seiner Nase ins Schloss.

Draco hämmerte noch einmal dagegen, hämmerte und klopfte, bis der Schmerz in seinem Fuß nur noch leise dagegen hielt. Er wusste, dass es vergebens war. Genauso, wie ein Teil von ihm einsehen wollte, dass all das hier vergebens war, seit er sich auf der anderen Seite des Spiegels wiedergefunden hatte.

War. Ein einziges Wort, das schwer wie Tonnen in seinem Magen lag.

Beide Fäuste an der Tür abgestützt erstarrte Draco. Der Blick einer Muggel-Frau, die aus dem Nachbarhaus gekommen war, haftete einen Moment lang an ihm, dann ging sie kopfschüttelnd weiter, als hätte sie sich getäuscht. Draco hatte sich getäuscht, da war er sich sicher. Der letzte Funken Hoffnung in ihm starb, und er fand nichts um ihn zu schüren.

Er hatte nichts geändert. Alles fühlte sich wie immer an, und das brach kleine Stücke aus seinem Herzen heraus. Er war ein dummer, naiver Junge gewesen überhaupt zu glauben, dass er etwas ändern könnte. Die Geschichte ließ sich auch nicht in den Händen eines Malfoys formen.

Draco drehte der Tür den Rücken zu und setzte sich auf die Stufen, für wie lange wusste er nicht. Menschen kamen und gingen, ohne ihn überhaupt zu bemerken. Für ihn waren sie nur gesichtslose Gestalten, verschwommene Figuren in den Winkeln seiner brennenden Augen.

Er erinnerte sich, als er hier im Regen gesessen hatte, ohne einen Ort, an den er gehen konnte, und Regulus ihn gefunden hatte. Der Schatten eines Kusses kribbelte auf seinen Lippen. Am Himmel war kein Zeichen von Regen.

Als er nach Hause zurückkehrte war es spät und sein Kopf leer. Jeder Schritt war eine automatisierte Bewegung an den einzigen Ort, den er hier hatte. Trotz Sonnenscheins schienen die Gärten trüb und grau, die Eingangshalle ließ ihn sogar frösteln. Die Dunkelheit hing noch immer in jeder Ritze des Hauses, genau dort, wo Draco sie zurückgelassen hatte.

Er hörte Stimmen aus dem Salon kommen. Draco wollte sie ignorieren und steuerte die Treppe an, als schnelle Schritte ihn einholten.

„Draco?“ Seine Mutter kam aus dem Salon und hielt ihn zurück. Sie winkte ihn zu sich herunter und sagte keinen Ton, bis er vor ihr stand. „Du musst uns sagen, was passiert ist, Draco. Der Zaubereiminister persönlich ist hier, um mit dir zu reden, und er lässt sich nicht abwimmeln.“

Draco hörte noch immer Stimmen aus dem Salon kommen. „Ist Vater bei ihm?“

Narcissa griff seine Hand. „Ich weiß, dass du sauer auf deinen Vater bist. Merlin weiß, dass ich es war. Aber bitte, nicht direkt vor dem Minister. Das können wir uns nicht leisten.“

Draco biss sich auf die Zunge. Er konnte sich so einiges leisten, im Gegensatz zu seinem Vater. Mit erhobenem Haupt ging er voraus in den Salon.

Kingsley Shacklebolt saß mit einer Tasse Tee in den Händen auf dem Sofa und drehte sich um, als er Dracos Schritte kommen hörte. Er stand auf, Lucius auf seinem Sessel den Rücken zu gekehrt, ohne ihn seinen Satz zu enden reden zu lassen.

„Draco.“ Kingsley stellte seine Tasse ab, aus der er anscheinend nicht getrunken hatte, und kam auf ihn zu. Er streckte die Hand nach Dracos aus, griff aber ins Leere. Ohne sich davon stören zu lassen fasste er Draco an der Schulter. Er schaute ihn fassungslos und starr an. Seine Stimme, so wichtig für seinen Posten, schien ihn verlassen zu haben. Dann räusperte er sich. „Was hast du dir dabei gedacht? Einfach zu verschwinden, wo wir dich gerade wiedergefunden haben?“

„Niemand hat mich gefunden“, sagte Draco kühl. „Ich bin kein Gefangener und kann mein Haus verlassen, wenn ich das möchte.“

Kingsley nickte das ab, als wollte er schnell auf den eigentlichen Punkt kommen. „Ja, natürlich, aber wir haben überall nach dir gesucht. Du verstehst sicher, dass es uns interessiert, wo du gewesen bist.“

„Ihr Auroren-Team braucht definitiv noch einiges an Training, Sir. Vielleicht sollten Sie nicht so viele Amateure anheuern, nur weil sie in Harry Potters Club gewesen sind.“

Kingsley schob seine Hand von Dracos Schulter auf seinen Oberarm, als wollte er ihn dort festhalten. „Ich habe die Lestranges hier vorgefunden. Sie mussten mindestens einen Tag hier gewesen sein, und von dir keine Spur. Als wir sie festnehmen konnten, haben sie natürlich kein Wort gesagt“, sagte er. „Ich hab mir Sorgen gemacht.“

Draco schaute auf die fremde Hand auf seinem Arm und zog eine Augenbraue hoch. „Haben Sie so wenig andere Dinge, um die Sie sich sorgen müssen? Ich nehme an, Hogwarts hat sich von alleine wieder aufgebaut.“

„Hogwarts steht noch nicht wieder“, sagte Kingsley langsam.

„Aha.“ Draco ließ den Zaubereiminister stehen und stellte sich zu Lucius, der sichtlich amüsiert über Dracos Kontra in seine Teetasse schmunzelte. Er runzelte die Stirn, als Draco vor ihm stehenblieb und die Hand ausstreckte. „Gib mir deinen Verlies-Schlüssel.“

Lucius stellte seine Teetasse ab. Von seinem Schmunzeln war nicht einmal mehr ein Schatten zurückgeblieben. „Wie bitte?“

„Dein Schlüssel zu unserem Verlies, gib ihn mir“, verlangte Draco.

Lucius richtete sich langsam auf. Er war immer noch größer, aber Draco fühlte sich von den wenigen Zentimetern nicht eingeschüchtert. „Ich bin dein Vater“, sagte er leise, als wären seine Frau und der Zaubereiminister nicht wenige Meter entfernt von ihnen in Hörweite. „Du hast kein Recht so mit mir zu reden.“

„Du hast jedes Recht verloren, als du in Askaban gelandet und ausgebrochen bist. Deine ursprüngliche Strafe hast du nie abgesessen, wenn ich mich recht erinnere“, sagte Draco. „Das hier ist mein Haus. Du bist nur ein Gast.“

Lucius verengte die Augen zu schmalen Schlitzen, aus denen die Wut hervorblitzte. „Wie kannst du es wagen?“

Draco beugte sich zu seinem Vater vor und senkte die Stimme, bis weder Narcissa noch Kingsley, sondern nur Lucius ihn hören konnte: „Ich weiß mehr als eine Sache, die dich nach Askaban bringen würde. Doppelt so lange, wie deine eigentliche Strafe, Vater.“

Lucius‘ zittriger Atem streifte seine Wange. Draco lehnte sich zurück und streckte die Hand aus. Die Wangen rot mit Wut befleckt griff Lucius in die Innentaschen seiner Roben. Keine Sekunde zweifelte Draco an ihrem Ziel. Lucius schlug den Schlüssel mit einem Klaps in Dracos Hand.

Draco drehte ihm den Rücken zu und reichte den Schlüssel an Kingsley weiter. „Darin sollten Sie alles finden, was Sie brauchen, um Hogwarts wieder bewohnbar zu machen.“

Kingsley zögerte den Schlüssel zu nehmen. „Bist du dir da sicher, Draco?“

„Ich tue nur meine Pflicht als gutes Mitglied unserer Gemeinschaft“, sagte Draco.

„Das ist… sehr großzügig. Versuchst du mich zu bestechen?“

„Nein“, erwiderte Draco. „Ich mache Sie bloß darauf aufmerksam, dass es wichtigere Dinge gibt, als langweilige Gespräche mit unwichtigen Menschen zu führen.“

Kingsley seufzte, schien aber große Mühe zu haben seine Mundwinkel in der Geraden zu halten. „Ich verstehe.“ Er klopfte Draco nicht auf die Schulter, tätschelte sie auch nicht, sondern strich beinahe sanft über sie. „Ich bin froh, dich wiederzusehen. Und ich komme wieder. Dann reden wir.“

Kingsley schüttelte Narcissas Hand zum Abschied und begegnete Lucius‘ eisigem Blick mit einem Lächeln. Er ging nicht, ehe er noch einmal Draco Schulter berührt hatte. Narcissa brachte ihn zur Tür, und kaum war sie ins Schloss gefallen, packte Lucius Draco fest am Arm.

„Das hast du gerade nicht wirklich getan“, zischte er.

Draco machte sich mit einem Ruck los. „Wieso? Hast du eine weitere Reise geplant?“

„Lucius“, sagte Narcissa, als sie in den Salon zurückkam. „Ich denke, dass das eine gute Entscheidung von Draco war. Wir können ein bisschen positive Presse durchaus gebrauchen.“

„Auf die Kosten meiner Würde?“, fragte Lucius ärgerlich.

„Würde?“ Draco lachte spöttisch auf. „Wo hast du die denn wiedergefunden?“

Lucius schlug ihm schallend ins Gesicht. Die Wucht seines Zorns wischte Dracos Kopf zur Seite. Narcissa schrie vor Schreck auf. Sie stellte sich vor Draco, aber er schob sie zur Seite und wischte sich Blut von der aufgesprungenen Lippe. Nichts im Vergleich zum Cruciatus-Fluch.

„Reiß dich zusammen, Lucius. Das ist dein Sohn“, sagte Narcissa. Sie versuchte Dracos Gesicht zu umfassen, aber auch diesmal entglitt er ihren Händen.

„Keine Sorge“, murmelte er ihr zu und reckte das Kinn in Richtung seines Vaters. „Das ist das wahrscheinlich ehrlichste Geschenk, das ich je von dir bekommen habe. Ich werd’s voller Stolz tragen.“

Lucius ballte die Fäuste, hob aber keine von beiden. „Du willst mir die Schuld an allem geben, ja? Nur zu, Draco. Vergiss einfach, dass du unseren Ruf hättest retten können. Der Dunkle Lord hat dir eine Aufgabe gegeben, und du hast versagt. Du warst schon einmal Herr dieses Hauses; ich sehe gerne zu, wie du es ein zweites Mal herunterwirtschaftest.“ All das kratzte Draco genauso wenig wie die Ohrfeige. Er hatte Fehler gemacht, aber er hatte sie auch eingesehen. Ganz im Gegensatz zu seinem Vater. Er begegnete Lucius‘ Worten mit einem kühlen Lächeln.

„Du bist eine Enttäuschung“, sagte Lucius, und Draco erstarrte. Erst jetzt fühlte er sich geohrfeigt. Er fühlte sich allein und verlassen, wie inmitten einer Höhle mit einem schwarzen See. Und tausendmal lieber wäre er dort als wieder hier. Der Zorn wusch jedes andere Gefühl weg. Zorn auf den hochnäsigen Pfau, der ihm alles genommen hatte, was ihm wichtig war.

Draco hatte seine Hand innerhalb eines Wimpernschlags am Zauberstab. Er zog ihn nicht. Mit zitternder Stimme sagte er: „Du willst wissen, wo ich gewesen bin? Komm. Ich will es dir zeigen.“

„Ich –“

Draco packte Lucius am Arm, so fest, dass er unter seinen abgemagerten Muskeln Knochen zu spüren glaubte. „Komm, Vater.“ Er zog, und der anfängliche Widerstand seines Vaters verschwand nach dem ersten Ruck. Lucius befreite sich zwar aus Dracos Griff, wollte auf einer Höhe mit ihm gehen, aber Draco beschleunigte seine Schritte und stürzte mit Schwung in die Vorratskammer.

Lucius zögerte einzutreten. „Was? Hast du mit dem falschen Ding gespielt? Du warst immer schon zu neugierig.“

„Ich hab den ganzen Sommer hier zugebracht. Weggesperrt, wie eins dieser unnützen Erbstücke.“ Draco bat ihn mit einer kühlen Geste herein. „Nach dir, Vater.“

Lucius trat ein, und Draco schnitt seiner Mutter den Weg ab, die gleich dahinter folgen wollte. Er ließ sie herein, blieb aber dicht hinter Lucius, drängte ihn bis zur letzten Regalreihe. Der schwarze Spiegel erhob sich aus der Dunkelheit. Draco zückte den Zauberstab und warf ein silbriges Licht neben den Spiegel. Ein blutroter Handabdruck funkelte auf der Spiegeloberfläche. Lucius‘ Augen bemerkten ihn gar nicht, genauso wenig schien er sich für den Spiegel zu interessieren. Sein Blick wanderte über andere Objekte und blieb an dem blutverschmierten Schwert hängen. Draco wagte nicht zu fragen, ob sein Blut ebenfalls an dieser Klinge hing.

Über Lucius‘ Schulter hinweg schaute Draco seinem Spiegelbild in die Augen. „Die Frage ist nicht, wessen Schuld es ist, sondern ob du dir noch in die Augen schauen kannst.“

Lucius‘ Spiegelbild runzelte die Stirn. „Deswegen der Spiegel? Sehr poetisch.“ Er machte Anstalten sich umzudrehen, aber Draco hieb seinen Zauberstab in Lucius‘ Kniekehlen. Lucius‘ Schrei ging durch die ganze Vorratskammer, konnte aber nicht das reißende Knirschen übertönen, als irgendetwas brach.

Narcissa keuchte, schrie aber weder, noch warf sie sich vor ihren Ehemann.

Lucius fiel auf die Knie.

Draco griff eine Faust voll weißblondem Haar und riss den Kopf seines Vaters nach oben, sodass Lucius sein schmerzverzerrtes Gesicht im Spiegel sehen konnte. Dicht an seinem Ohr knurrte er: „Kannst du dir in die Augen sehen, Vater?“

„Draco“, presste Lucius hervor, erbärmlich um Autorität in der Stimme bemühte.

„Ich hab zu dir aufgesehen“, zischte Draco. „Ich wollte so sein wie du. Du warst mein Held. Und du hast das belohnt, indem du unsere Familie dem Dunklen Lord vor die Füße geworfen hast. Kannst du noch mit dir leben?“

Lucius‘ Augen zitterten in ihren Höhlen. Sie verrenkten sich, als sie den Blickkontakt zu Draco nicht über den Spiegel aufbauen wollten. „Ich…“ Der Schmerz streckte Lucius‘ Stimme. Autorität wandelte sich schnell in Flehen. „Ich weiß es nicht.“

Draco fand keinen Tropfen Mitleid in sich, so sehr er auch suchte. „Ich auch nicht“, sagte er und stieß Lucius vorwärts, rammte seinen Kopf mit voller Wucht gegen den Spiegel – und hindurch. Mit einem Tritt stieß er den Rest seines Vaters durch den Spiegel.

Dann war er verschwunden, und es war still bis auf das Rauschen in Dracos Ohren. Seine Mutter stand hinter ihm, die Hände über ihrem Mund zusammengeschlagen, und ließ ihn nicht aus den Augen. Draco sein Spiegelbild auch nicht. Er legte eine Hand auf den Spiegel, knapp über dem blutroten Handabdruck. Nichts passierte.

*

Sein Vater blieb auch in den nächsten Tagen verschwunden. Draco wartete auf so etwas wie ein schlechtes Gewissen. Er wünschte, er würde Reue fühlen, aber der Spiegel blieb ihm verschlossen. Er konnte sich noch in die Augen sehen.

Vielleicht war er kalt geworden. Kalt, wie Regulus‘ Augen, die ihn bis in die wenigen Stunden Schlaf verfolgten, die er in seinem eigenen Bett fand.

Er saß draußen in den Gärten auf einer steinernen Bank nicht weit entfernt von dem Ort, wo er mit Regulus gesessen hatte. Die Pfauen spazierten zwischen den Hecken hindurch und die Sonne schien heiß auf ihn herunter. Seine Ärmel waren lang und schwer.

Er vermisste Regulus. So sehr, dass der Gedanke an ihn wehtat. Er konnte nicht einmal die Zeitung durchblättern aus Angst, dass er die tragische Heldengeschichte ansehen musste. Vielleicht mit einem Foto.

Er hatte nichts verändert. Reg hatte ihn verändert. Das war alles.

Am Horizont zog sich ein grauer Wolkenstreifen über einem Teppich aus Baumkronen zusammen. Dort hatte er mit Regulus zusammen die Lüfte unsicher gemacht. Was würde er dafür geben noch einmal mit ihm zusammen Quidditch zu spielen.

Nein. Er hatte etwas verändert. Sein Regulus war nicht tot, sondern hinter dem Spiegel.

Dracos Blick ging zum regenlosen Himmel. Er fragte sich, ob Regulus ihn wohl suchte. Er hatte ihn immer gesucht, selbst im strömenden Regen. Aber hier schien die Sonne. Er könnte auf Regen warten, oder alles dafür geben um noch einmal Regulus‘ Gesicht zu sehen. Seine Hand zu halten. Durch sein Haar zu streichen. Ihn zu küssen.

Draco dachte über das Wie nach, als eine Gestalt durch das Tor kam und die Auffahrt herunterging. Es war der bescheuerte Zaubereiminister. Draco hatte ihn genauso lange wie seinen Vater nicht gesehen. Kingsley entdeckte ihn sofort. Er bog ab und betrat das Gras. Die neugierigen Pfauen reckten ihre Hälse, als sie ihm hinterherblickten.

„Draco, wie geht es dir?“

Draco musste zur Seite rücken, als Kingsley sich unaufgefordert neben ihn setzte. „Sie hätten das per Eule fragen können.“

„Ehrlich gesagt bin ich geschäftlich hier“, sagte Kingsley.

„Sie sind immer geschäftlich hier.“

Kingsley erwiderte darauf nichts. „Dein Vater hatte eine Anhörung heute Morgen, ist aber nicht aufgetaucht. Unter uns, niemand sträubt sich dagegen ihn aus Askaban rauszuhalten. Hast du ihn gesehen?“

„Nein“, sagte Draco kalt. „Nicht seit ich wieder hier bin. Er hat sich ein wenig gekränkt gefühlt. Und wieso kümmert sich der Zaubereiminister persönlich darum? Gehen Ihnen die Amateur-Auroren aus?“

„Ich habe dir angedroht, dass ich wiederkommen würde. Übrigens kannst du uns auch gerne ein oder zwei Hände im Aurorenbüro leiden. Wir sind stark unterbesetzt.“

„Ich weiß. Aber ein Blick in unser Verlies sollte Ihnen zeigen, dass diese Hände sich nicht einmal schmutzig machen müssen, wenn Hogwarts dreimal renoviert werden muss“, sagte Draco und präsentierte Kingsley seine Handflächen.

Er kassierte ein schiefes Lächeln dafür. „Dein Vater schien sehr wütend. Ist irgendetwas vorgefallen? Zwischen euch?“

„Ich dachte, das besagte Verlies würde Sie davon abhalten mich auszufragen“, gab Draco zurück.

„Was das betrifft…“ Kingsley griff in seine Umhangtasche und zog den Schlüssel heraus. „Ich habe lange darüber nachgedacht, aber nein, danke.“

Draco runzelte die Stirn. Er nahm Kingsley den Schlüssel nicht ab. „Nein? Sie brauchen das Gold.“

„Nun, wenn der Preis dafür ist, dass ich dir keine Fragen mehr stelle, kann ich den leider nicht bezahlen“, sagte Kingsley und öffnete Dracos Faust, um den Schlüssel sorgsam darin zu platzieren. Er lächelte, und Draco fühlte sich merkwürdig leer. Es hatte eine Zeit gegeben, da hatte er sich nach dieser Aufmerksamkeit gesehnt – das schien zwanzig Jahre her zu sein.

„Hogwarts braucht das Gold“, sagte Draco.

„Du kannst es selbst direkt zum Komitee bringen. Hogwarts braucht übrigens auch das ein oder andere Paar Hände.“ Als Draco demonstrativ seine Hände hob, schmunzelte Kingsley. „Arbeit ist nicht nur dazu da Gold anzuhäufen. Man kommt unter Menschen, knöpft Beziehungen, findet Ablenkung… Willst du wirklich den Rest deiner Tage hier abgeschnitten von allem verbringen? Gibt es nichts, das du tun willst?“

Es gab eine Sache, die er tun wollte. Eine einzige.

Kingsleys Finger streiften seine Wange. „Die ist neu…“

Draco schaute ihn verunsichert an. „Was…“

Konzentriert musterte Kingsley sein Gesicht. „Eine Narbe… Schramme, gut versorgt, dabei zu heilen. Sieht nach einem unsauberen Sectumsempra aus. Die Lestranges?“

Draco wollte sich an die Wange fassen, wollte das Überbleibsel aus der Vergangenheit schützen, aber Kingsley nahm die Hand nicht weg. Sie war fein, feiner als die, die Regulus an der gleichen Stelle abbekommen hatte. „Woher…“

„Ich bin Auror“, sagte Kingsley. „Ich muss ein Auge für Details haben.“

Draco straffte die Schultern. Jeden Morgen wachte er mit einem Loch in seinem Herzen auf, wo Regulus gewesen war, und keine sanfte Berührung konnte das füllen.

Er drehte den Kopf von der fremden Hand weg und bedeckte seine Wange. „Sie sind kein Auror, sondern Zaubereiminister. Und der sollte sich nicht in meiner Gesellschaft blicken lassen.“

„Du hast Recht. Aber vor allem der Minister sollte keine Unterschiede zwischen denen machen, die ihm viel oder wenig Gold bieten können.“ Kingsley schaute ihn ernst an. „Ich will, dass du weißt, dass du mit mir reden kannst, Draco. Über das, was mit dir passiert ist.“

Draco wusste genau, worüber er reden wollte. „Da ist ein Raum“, begann er nachdenklich. „In der Mysteriumsabteilung. Ein Raum der Zeit. Vielleicht wollen die mein Gold?“

Kingsley lächelte ihn an. „Vielleicht brauchen sie dort ein talentiertes Paar Hände.“

„Sie würden mich… einen Malfoy einen Unsäglichen werden lassen?“

Unsägliche hatten freien Zugang in die Gebiete der Magie, die am wenigsten erforscht waren. Tod, Liebe… die Zeit. Wenn der Spiegel ihn nicht durchlassen wollte, würde er einen anderen Weg finden. Er konnte nicht darauf warten, dass Regulus ihn finden würde.

„Ich könnte sehen, was sich machen lässt“, sagte Kingsley.

Die Aufregung ließ Draco zittern. Er nickte. „Wenn Sie mir diesen Gefallen tun… mache ich, was immer Sie wollen. Alles.“

Kingsley berührte seine Schulter, die Augen merkwürdig dunkel. „Ich muss jetzt gehen. Wir sehen uns, Draco“, sagte er und stand auf. Der Schatten in seinem Blick verschwand. „Wenn du deinen Vater siehst… die Auroren suchen nach ihm.“

Draco nickte erneut. Er konnte nicht antworten. Er würde Regulus wiederfinden, und wenn es Jahre dauerte.

Draco stand auf und begleitete Kingsley bis zur Auffahrt, verabschiedete sich von ihm. Sie gingen getrennte Wege, der Minister in Richtung Tor und Draco zurück zum Haus. Auf der Türschwelle drehte er sich um und fing ein letztes Winken von Kingsley auf, bevor der ins Nirgendwo disapparierte.

Draco schluckte. Es fiel ihm schwer zu glauben, dass kein Gold der Welt ihm diesen Gefallen gekauft hatte. Er fragte sich, was er dafür bezahlen musste.

Etwas Nasses traf seine Wange. Draco schaute hoch in den grauen Himmel. Ein zweiter Regentropfen fiel direkt auf seine Unterlippe. Er fing den Tropfen unter seinen Zähnen ein – und lächelte.

Während der Regen langsam an Kraft gewann, kehrte Draco ins Haus zurück. Die Tür ließ er offen, als würde er den Regen hereinbeten. Er ging in die Vorratskammer und blickte wie die letzten Tage auch in den Spiegel. Seine Augen wirkten in dem Glas kalt wie Eis. Ihm war, als würde Regulus ihm entgegenschauen.

Er legte eine Hand gegen den Spiegel und fragte sich, ob Regulus dahinter dasselbe tat. Auf der richtigen Seite.

Ende


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