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Fanfiction

The Black Mirror - Borgin & Burkes

von Dr. S

Am nächsten Morgen wachte Draco als eng zusammengerollter Ball in Sirius Blacks Bett auf und wollte den Kopf nicht unter der Decke herausstecken. Er hatte keine Ahnung, wie spät es war. Seit er gestern in dieses Bett gekrochen war, hatte er nicht mehr unter der Decke hervorgeschaut.

Regulus und er hatten sich am Treppenaufgang getrennt und der letzte Augenkontakt, den er mit jemandem gehalten hatte, war der geschrumpfte Kopf eines Hauselfen beim Aufstieg gewesen. Er war sich nicht sicher, ob er froh darüber gewesen war, oder doch lieber noch einen warmen Tee in der Küche getrunken hätte. Mit Regulus zusammen. Regulus, der ihn geküsst hatte. Was er erwidert hatte.

Unter der Decke wurde es plötzlich einige Grad heißer. Der ganze Moment war ihm zu genau und gleichzeitig ziemlich verschwommen in Erinnerung. Sein letzter Kuss war eine Weile her, vielleicht hatte er sich deswegen hinreißen lassen. Dazu war er noch mit den Nerven am Ende gewesen. Irgendeinen Grund musste es geben, am besten einen, für den sein Vater ihn nicht wie Sirius Black aus dem Stammbaum brennen würde.

Dieses Zimmer hatte einen bösen Einfluss.

Ein Klopfen ließ ihn senkrecht in die Höhe schießen. Regulus‘ widerlicher Hauself schob die Tür auf und steckte seine Schnauze neugierig herein. Er murmelte etwas von Frühstück, glotzte Draco an, bis er ein Nicken bekommen hatte, und schien sich dann verpflichtet zu fühlen wieder zu verschwinden. Regulus hatte ihm verboten irgendwem irgendetwas über Draco zu verraten. Er hatte den Hauself in der Zukunft… in der Gegenwart nie wirklich wahrgenommen, aber womöglich reichte Kreachers fragwürdige Loyalität in dieser Hinsicht tief genug, dass er nie etwas gesagt hatte. Vorausgesetzt so funktionierte das mit der Zeit überhaupt.

Draco bekam schon wieder Kopfschmerzen, wenn er darüber nachdachte. Er stand mit Beinen wie Blei auf und stahl sich ein paar von Sirius Blacks Klamotten zusammen. Mit einem mulmigen Gefühl stieg er schließlich die Treppen herunter. Jeder Appetit war ihm vollständig vergangen, als er die Küche betrat und Regulus dort vorfand. Sie schauten einander für den Bruchteil einer Sekunde an, dann fand Draco einen sehr interessant geformten Hybriden aus Pfanne und Topf in der Spüle.

„Morgen“, sagte Regulus. Er störte sich nicht am fehlenden Blickkontakt und drückte Draco ein Glas Kürbissaft in die Hand. „Ich dachte schon, ich würde dich heute gar nicht mehr zu Gesicht bekommen.“

„Nun…“ Draco nippte an dem Saft und richtete den Blick starr auf das orangefarbene Getränk. Regulus stand direkt vor ihm. Er konnte sehen, wie seine Brust sich beim Ein- und Ausatmen bewegte. Trotz Kürbissaft schien seine Kehle wieder trocken zu sein, seine Stimme kratzig. „Es ist gestern ein bisschen spät geworden.“

„Ich hatte befürchtet, du hättest dich erkältet. Es geht dir gut, oder?“ Regulus hob seinen Handrücken an Dracos Stirn, aber bevor eine Berührung daraus wurde, duckte Draco sich unter seinem Arm weg und nahm seinen Platz am Tisch ein. Er nickte die Frage einfach ab. „Wir haben etwas Aufpäppeltrank im Haus, falls –“

„Es geht mir gut“, sagte Draco scharf.

Regulus blieb wie versteinert stehen. Erst, als Draco sich bereits einen kleinen Berg Rührei auf den Teller geschaufelt hatte, rührte Regulus sich wieder und setzte sich neben ihn.

„Gut“, sagte er, als gäbe es keine unangenehme Pause in ihrem Gespräch. „Ich dachte mir, dass wir nach dem Frühstück einen kleinen Ausflug in die Nokturngasse machen könnten und Borgin einen Besuch abstatten.“

„Ich brauche also einen Babysitter um in die Nokturngasse zu gehen?“, murmelte Draco und stocherte lieblos in dem weißgelben Eihaufen rum.

„Wir können behaupten, dass wir Recherche für unsere Hausaufgaben betreiben. Falls er misstrauisch wird.“

„Ich hab Hogwarts schon hinter mir.“

„Ich auch. Aber Borgin wird uns das wohl kaum ansehen. Also?“

Draco wagte es Regulus anzusehen, nicht direkt in die Augen, und sah keinen einzigen Hinweis darauf, was er vorhatte. Seine Miene war schwerer zu deuten als eine Kristallkugel in Trelawneys stickigem Klassenzimmer. Er musste etwas vorhaben. Draco war sich sicher. Regulus versuchte sich bei ihm einzuschleimen, weil jetzt, wo er hier festsaß, die Wahrscheinlichkeit gestiegen war nützliche Informationen aus ihm herauszubekommen.

„Meinetwegen“, sagte Draco.

Ohne ein weiteres Wort zu wechseln aßen sie nebeneinander ihr Frühstück. Regulus schien sich nicht daran zu stören, dass das einzige Geräusch ein leises Pfeifen aus Kreachers Nase war. Er konnte zum Glück nicht Dracos Herz unregelmäßig schlagen hören.

*

Eine Viertelstunde später traten sie auf das nasse Kopfsteinpflaster der Nokturngasse. Der Regen hatte aufgehört, aber seine Spuren in großen Pfützen auf Gehwegen und Straßen hinterlassen. Für Mitte Sommer blies ihnen ein kühler Windzug nach dem anderen entgegen.

Draco stellte seinen Kragen auf. Sein Handgelenk kribbelte dort, wo Regulus ihn beim Apparieren festgehalten hatte. Anscheinend konnte man seinem Zauberstab nicht genug vertrauen, damit er das alleine tat. Alle Hinweise darauf, dass er es gestern gut alleine hinbekommen hatte, waren an Regulus abgeprallt.

Das Tageslicht machte die Gasse nicht unbedingt heller als sie spät am Abend gewesen war und viel mehr als gestern war auch nicht los. Dieselbe Katze, die ihm gestern Abend über dem Weg gelaufen war, entpuppte sich als stalkerisches Vieh, das von einem Ladeneingang zum nächsten hinter ihnen herhuschte. Ihre roten Augen blitzten auffällig aus den Schatten heraus.

Draco war froh, als sie Borgin & Burke’s betraten und dem starren Blick entkamen. Die Türklingel hallte in dem dunklen, schummerigen Laden wider und holte den Besitzer an die Theke. Borgin begrüßte sie mit einem schmierigen Grinsen, das er sich bei zahlender Kundschaft immer aufzwang.

Außer Regulus und ihm trieb sich bloß ein einziger Mensch im Laden herum. Ein sehr kleiner, dicker Mann, der sich die Kapuze seines schwarzen Umhangs tiefer ins Gesicht zog, als die neuen Kunden hereinkamen, und fasziniert ein Aquarium ohne Fische betrachtete. Draco hatte das merkwürdige Gefühl ihn schon einmal gesehen zu haben.

„Der junge Mr. Black, was für eine Ehre“, begrüßte Borgin Regulus. „Und ganz alleine. Wie geht es Ihrem werten Herrn Vater? Ich habe ihn schon eine Weile nicht gesehen. Man hört allerdings er –“

„Es geht ihm gut, danke“, sagte Regulus in einem so scharfen Ton, dass niemand sich weiter vorwagen und schneiden wollte. Draco verlockte es auf einmal sehr die Klinge zumindest anzustupsen und nachzufragen. Er musste es auf später verschieben. „Und ich bin nicht alleine. Mein Freund und ich haben ein Problem.“

Borgin musterte ihn, als wäre ihm gerade erst aufgefallen, dass noch jemand neben Regulus stand. Draco störte sich daran überraschend wenig, auf jeden Fall nicht so sehr, wie als Regulus‘ ‚Freund‘ bezeichnet zu werden. Er musste sich auf die Zunge beißen, damit er sich nicht rechtfertigte.

„Es geht um einen Spiegel“, sagte Draco. „Einen Spiegel, der so eine Art Portal ist. Das Problem ist, wenn man durchgegangen ist, kommt man anscheinend nicht mehr zurück.“

Borgin runzelte die Stirn. „Den Spiegel habt ihr nicht hier gekauft, oder?“

„Wir wollen kein Gold zurück“, gab Draco genervt zurück. „Ich will bloß wissen, wieso man durch einen Spiegel fällt, in einem wahllosen Punkt in der Zeit landet und nicht mehr zurück kann.“

„Oho, würdest du das genauer ausführen?“ Borgin duzte ihn im Gegensatz zu Regulus, das hatte Draco nicht überhört und es senkte seine Stimmung gewaltig. „Ein Portal, das dir eine Zeitreise ermöglicht hat, dürfte eine Menge einbringen.“

„Rein hypothetisch“, sagte Regulus. Er beugte sich zu Borgin, eine Faust auf der Theke abgestützt. Als er die Finger leicht spreizte funkelte das Gold einiger Galleonen zwischen ihnen und fing sofort Borgins Blick auf. „Natürlich?“

„Natürlich“, sagte Borgin und in der kurzen Zeit, in der Draco die Augen verdrehte, schnappte er sich die Galleonen. „Verzauberte Spiegel fixieren sich meistens auf Individualität, darauf sind sie immerhin ausgelegt. Normale sprechende Spiegel zum Beispiel spielen auf den narzisstischen Drang gut auszusehen an. Es gab diese eine Hexe, die ihren Spiegel so verzaubert hat, dass er ihr immer Komplimente gemacht hat, egal wie viele Vögel sich in ihrem Haar eingenistet hatten. Andere bedienen sich einer weniger oberflächlichen Ebene, zeigen einem zum Beispiel wonach auch immer man sich am meisten sehnt, was einen am glücklichsten machen würde.“ Er schnippte mit den Fingern, als hätte ihn ein plötzlicher Gedankenblitz getroffen. „Wir haben ein Objekt da, das herausfindet, was einem nicht an sich gefällt und darauf herumhackt, bis man wahnsinnig wird – oder, im Fall der letzten Besitzerin, sich die Augen ausbrennt. Interesse?“

„Nein“, sagte Draco gleichzeitig mit Regulus. Sie schauten einander kurz an, aber Draco widmete sich schnell wieder Borgin, der ein altes Buch unter dem Tresen hervorgekramt hatte und ihm eine dicke Staubschicht entgegenpustete. Draco kämpfte gegen den Hustenreiz an: „Das he-heißt, e-ehehe-es ist – ist – meine Schu-huld…“

Regulus klopfte ihm auf den Rücken. „Mein Bruder hatte einen Spiegel, der ihm nur erlaubt hat mit seinem besten Freund zu reden. Das hatte sicher nichts mit seiner Individualität zu tun.“

„Interessant“, murmelte Borgin. „Hat der junge Mr. Black besagten Spiegel noch?“

„Ich bezweifele, dass er ihn verkaufen würde“, sagte Regulus. Leiser und in Dracos Richtung fügte er hinzu: „Wenn er nur noch sein Spiegelbild hat, wen soll er dann verträumt anstarren?“

Draco gluckste irgendwo zwischen den letzten Hustern.

Borgin blätterte in seinem Buch herum, schlug dabei relativ grob alte Pergamentseiten zur Seite, die an den Ecken bereits zerbröselten. „Nun, hier ist die Rede von einem Spiegel, der ein Portal in eine Parallelwelt sein soll.“

Draco verging jeder Sinn nach Lachen wieder. „Eine Parallelwelt… so wie ein Alternativuniversum?“

„In dem alles spiegelverkehrt ist, ja.“ Borgin schaute sie an, als würde er auf eine Bestätigung warten, dass alles verkehrtherum zu lesen war. Er bekam nichts als starre Mienen zurück. „Wenn Sie mir das Objekt zeigen, könnte ich –“

„Das ist nicht möglich“, sagte Regulus. „Es ist rein hypothetisch, schon vergessen?“

Borgin tat das mit einem gar nicht amüsierten Lächeln ab. „Rein hypothetisch, was haben Sie gesehen, als Sie in den Spiegel geblickt haben? Das könnte einen Hinweis auf seine Natur geben.“

„Mich mit einem neuen Paar Socken“, sagte Draco kühl.

„Nur mein Spiegelbild“, fügte Regulus hinzu. Draco hatte vergessen, dass er auch in den Spiegel geblickt hatte, nach seinem Verschwinden gestern sogar etwas Zeit alleine vor ihm verbringen konnte. Er fragte sich, wo Regulus wohl landen würde, wenn er aus Versehen dagegen fallen würde. Vorausgesetzt überhaupt, dass der Spiegel noch funktionierte. Er hätte ihn hineinstoßen können, um es auszuprobieren.

„Sind Sie sich da sicher?“, fragte Borgin.

Draco runzelte die Stirn. „Ich weiß sehr wohl, wie mein Spiegelbild aussieht.“

„Trotzdem gibt es diverse Menschen, die sich tagtäglich über ihr eigenes Spiegelbild erschrecken“, sagte Borgin grinsend. „Oder über Menschen, die einem zum Verwechseln ähnlich sehen.“ Sein Blick wanderte über Dracos Gesicht, als wäre jede Linie Teil einer aufschlussreichen Karte. So musste Harry Potter sich fühlen, wenn alle angestrengt auf seine Narbe starrten.

Nur würde Draco Malfoy sich das nicht von einem gierigen Halsabschneider gefallen lassen. Er öffnete den Mund, als ein lautes Scheppern durch den Laden hallte. Der dicke Mann am anderen Ende des Ladens hatte eine Ansammlung von Zangen und blutigen Instrumenten umgerissen.

Borgin fluchte und kam schimpfend hinter seiner Theke hervor. Während er den Mann zusammenstauchte, griff Draco über die Theke und schnappte sich das alte Buch. Fast gleichzeitig packte Regulus ihn am Arm und zog ihn aus Borgin & Burke’s raus. Wieder im Freien stoppte er nicht, bis sie sich zwei Häuser weiter hinter die Biegung in Richtung Winkelgasse flüchteten.

„Verdammt.“ Draco riss sich aus Regulus‘ Umklammerung. Er wollte auch einen kleinen Mann zum Zusammenstauchen. „Er kennt mich nicht gut, deswegen wollte ich doch erst mit einem Trottel wie dem reden.“

„Man muss kein Trottel sein, um dein Gesicht einzuordnen“, sagte Regulus in einem kühlen Tonfall, der wohl beruhigend sein sollte. „Besonders nicht, wenn du mit so einer Geschichte ankommst.“

„Du hättest auch nicht davon anfangen müssen, dass sie ‚rein hypothetisch‘ ist“, gab Draco schnippisch zurück, was Regulus nur mit einem Augenrollen quittierte. Draco ließ ihn damit durchkommen, weil ihm zugegeben auch nichts Besseres eingefallen wäre, und verstaute das Buch in Regulus‘ Tasche, weil er selbst keine hatte.

„Was zum…“ Regulus schien das Buch erst jetzt bemerkt zu haben. „Hast du das mitgehen lassen?“

„Du hast ihm genügend Galleonen dagelassen“, sagte Draco. „Ganz von denen abgesehen, die er meinem Vater im Laufe der Jahre aus der Tasche geleiert hat. Das Teil wird er nicht vermissen.“

Regulus‘ Lippen bebten unter einem Schmunzeln, das er sich wie einen Krümel am Mundwinkel wegzuwischen versuchte. Er schüttelte den Kopf und sagte nichts mehr.

Etwa fünf Minuten später traten sie zurück in die Winkelgasse. Neben ihnen erhob sich das weiße Marmorgebäude von Gringotts und auf den Stufen hinauf tummelten sich einige Hexen und Zauberer, die es aber alle sehr eilig zu haben schienen. Sowieso war auf der Straße ungewöhnlich wenig los, wenn man bedachte, dass Ferien waren und das neue Schuljahr kurz bevor stand. Kleine Erstklässler, die man leicht durch die Gegend werfen konnte, suchte man vergebens. Hier und da ein paar Teenager, die sich nicht von ihren Eltern zu Hause hatten einsperren lassen. Im Vergleich zur Nokturngasse war das hier allerdings Hogsmeade an einem freien Wochenende der Hogwarts-Schüler.

„Und jetzt?“, fragte Draco. Ihm war nicht wohl sich in das Getümmel zu stürzen. Seit Mai hatte er sich nicht mehr so großen Menschenmengen ausgesetzt und das auch nicht, ohne dass alle ihn wie ein widerliches Geschwür angestarrt hatten. Im Gegensatz zu einer Party voller Menschen, die sowieso über einander urteilten, war das hier etwas ganz anderes. Er fuhr sich unruhig durch die Haare, und im Moment hätte er sich wohl unter einem Gestrüpp roter Strähnen wohler gefühlt.

Regulus konnte das nicht verstehen, aber zumindest sah er so aus, als würde er es versuchen. „Besprechen wir Borgins Gefasel irgendwo genauer. Hast du Lust auf ein Butterbier im Tropfenden Kessel?“

„Ich weiß nicht…“ Alles erschien ihm besser als die bis zum Ersticken gefüllte Straße. Eben war sie ihm noch breiter vorgekommen, nach seinem ersten Schritt aber fühlte er sich, als wäre er in Hogwarts in den Strom Schüler geraten, der aus Professor Snapes Kerker flüchtete und dabei über Leichen ging. Er ertappte sich dabei seinen zweiten Schritt schräger zu tun und an Regulus‘ Seite zu treten.

Überall waren Gesichter, die er zu erkennen glaubte. Jünger, faltenfreier vielleicht, aber alle mit einem Schatten im Gesicht, den er nicht länger auf das schlechte Wetter schieben konnte, auch wenn sich dunkle Wolken über ihnen zusammenbrauten. Er wusste, vor wem die Menschen sich fürchteten, weil er genau solche Ausdrücke vor nicht einmal einem halben Jahr noch auf der Straße gesehen hatte.

„Komm schon. Es tut keinem gut jeden Tag im Haus zu verbringen“, sagte Regulus.

„Das musst du gerade sagen, Stubenhocker.“

Die ganze letzte Woche über hatte Regulus nicht oft einen Fuß vor die Tür gesetzt. Meistens hatten sie zusammen im Grimmauld Place gehockt und… anscheinend zu viel Zeit miteinander verbracht.

„Es hat ununterbrochen geregnet. Die zehn Minuten, bevor es wieder anfängt, können wir einen kurzen Spaziergang durch die Winkelgasse machen.“

„Romantisch“, murmelte Draco und bereute das gleich. Er hatte nicht vergessen, was zwischen ihnen vorgefallen war, aber für einen Moment schien alles zwischen ihnen wieder normal gewesen zu sein. Angespannt, aber normal. Er wollte Regulus nicht auf die Idee bringen darüber zu reden.

Der Tropfende Kessel glänzte mit dem gleichen heruntergekommenen Flair, das ihn auch zu Dracos Zeiten berühmt gemacht hatte. Diverse Stühle und Tische, deren Holzbeine aussahen, als hätte eine Katze ihre Krallen daran gewetzt, standen im Gastraum bis in die hintersten Ecken verteilt. Tom arbeitete noch immer an der Bar, sah immer noch ziemlich alt und haarlos aus. Beim Betreten des Gasthauses hatte Draco unweigerlich das Gefühl wieder ein Stückchen näher nach Hause zu kommen.

Regulus visierte einen Tisch neben einem Fenster an, musste aber umlenken, als Draco in die hinterste, dunkelste Ecke plumpste. Während er seinen Blick angewidert über ein noch rauchendes Brandloch im Boden wandern ließ, bestellte Regulus ihnen zwei Butterbier. Er hatte seit Wochen kein Butterbier mehr getrunken. Shacklebolt hatte ihm diverse Male vorgeschlagen genau das hier zu tun: ein Butterbier im Tropfenden Kessel oder anderswo zu trinken und dabei irgendetwas zu besprechen, das ihn sowieso nicht interessierte. Draco hatte ihm gesagt, dass er sich eins mitbringen müsse, wenn sein untrainierter Gaumen die kitzelnde Zitronennote im Tee nicht verstehen würde. Beim nächsten Besuch hatte der bescheuerte Minister ihm ein Butterbier mitgebracht; das letzte Mal, dass er eins bekommen hatte. Sein Vater war nicht sehr begeistert gewesen.

Lucius wäre auch über das hier alles andere als begeistert. Aber aus einem anderen Grund, fügte Draco stumm hinzu. Er linste zu Regulus, der Borgins Buch über Spiegel hervorgeholt hatte und darin blätterte, die Stirn konzentriert in Falten gelegt, die Augen über die Zeilen huschend. Selbst beim Lesen strahlte er diese hochmütige Arroganz aus, die ihm so gut stand. Er sah verdammt gut aus. Auch objektiv betrachtet.

Draco zwang sich wegzusehen, als er zum zweiten Mal seine Butterbierflasche gegen die Wange und nicht den Mund drückte. Die Hitze in ihnen brannte gegen den kalten Flaschenhals.

Er verstand nicht, wieso Regulus diesen Weg einschlug, wenn er Informationen aus ihm herausbekommen wollte. Ein sehr verwirrender Weg, wahrscheinlich ging es darum. Dabei hatte er die richtigen Verbindungen und Mittel um einfach alles aus ihm herauszufoltern. Das erschien ihm definitiv einfacher, als ihn erst ans andere Ufer zu rudern.

Draco verschluckte sich fast an seinem Butterbier. Machte er am Ende den Eindruck schon dort zu sein? Er überlegte scharf, ob er etwas in der Richtung gesagt hatte. Er hatte nicht viel gesagt, eigentlich, immer darauf bedacht sich nicht zu verplappern. Regulus war nicht dumm. Er schien sogar ziemlich clever zu sein. Am Ende setzte er sich sein Puzzle einfach zusammen, wie es ihm gefiel.

„Draco, hast du mir zugehört?“

„Hm?“ Draco blinzelte alle abschweifenden Gedanken weg. Der Tropfende Kessel schien viel voller als eben noch zu sein, als wären innerhalb weniger Sekunden ein Dutzend Zauberer hineinappariert. Ihr Tisch war abseits genug um außer Hör- und vielleicht sogar Sichtweite zu sein. An der Bar aber entdeckte er einen rabenschwarzen Haarschopf, den er glaubte schon einmal gesehen zu haben. Schlimmer noch, er glaubte wirklich eine fette Ratte zu sehen, die unter seine Sitzbank huschte, wie ein brauner Blitz.

„Ich hab gefragt, was du vorhast, falls du nicht wieder nach Hause kommst“, sagte Regulus.

Draco schaute ihn misstrauisch an. „Willst du mich loswerden, oder was?“

„Ich kann mir vorstellen, dass das nicht einfach ist, aber es ist eine Möglichkeit. Was, wenn der Schürhaken, der wie aus dem Nichts auf dich zugeflogen kam, den Spiegel zerstört hat, und du deswegen festsitzt?“

„Du merkst dir meinen Wortlaut ein bisschen zu genau, Black.“

Regulus seufzte und knallte das Buch zu; ein paar letzte Staubkörner wirbelten aus den Seiten heraus. „Ich versteh, dass du mir nichts sagen kannst… oder willst –“

„Zauberern, die mit der Zeit spielen, passieren schlimme Dinge“, unterbrach Draco ihn scharf. „Sie bleiben vielleicht hinter einem verdammten Spiegel stecken, oder so. Jedes Wort birgt ein gewisses Risiko. Entschuldige also, dass ich dir nicht mein Herz ausschütte.“

„Ich versuche nur dir zu helfen“, erwiderte Regulus ruhig. „Das versuche ich schon die ganze Zeit, falls du es noch nicht gemerkt hast. Ich kann verstehen, dass du dich nicht verplappern willst, dass du dich mit niemandem wirklich auseinandersetzen willst, weil du nur nach Hause und das alles vergessen willst, aber ich versuche dir dabei zu helfen. Und ich finde, dass ich mir ein bisschen Vertrauen verdient habe.“

Draco schnaubte und schüttelte den Kopf, während er zum wiederholten Male das Etikett auf der Butterbierflasche las. Er spürte Regulus‘ eiskalten Blick unter seine Haut kriechen und eine Gänsehaut über seine Wirbelsäule jagen.

„Es war kein Schürhaken“, murmelte er. „Gut, der Schürhaken hat mich verbrannt, aber jemand hat ihn auch nach mir geworfen. Und diejenigen haben mich auch bis zum Spiegel verfolgt, gegen den ich dann gefallen bin. Sie waren… ziemlich wütend. Es ist gut möglich, dass sie ihn in die Luft gejagt haben. Dann sitze ich wirklich hier fest.“

„Vielleicht… hatte es was mit Verzweiflung zu tun.“ Auf Dracos fragenden Blick fügte Regulus schnell hinzu: „Du wolltest weg von… wem auch immer, und der Spiegel hat dich weggebracht.“

Draco schüttelte den Kopf. „Am Nachmittag davor hab ich den Spiegel entdeckt und er hat da bereits gemacht… was immer er eben tut. Das kann es nicht gewesen sein.“ Er verbarg das Gesicht in einer Hand. „Was… Was wenn ich festsitze?“

Was dann, ja? Konnte er noch länger so tun, als wüsste er nicht, was passieren würde? Es hatte ihm gestern schon die meisten seiner Nerven gekostet.

Ein Knarzen ertönte, als Regulus neben ihm auf die Sitzbank rutschte. Er streckte die Hand aus, als wolle er Dracos Schulter berühren, zögerte aber und ließ es ganz bleiben. Draco wünschte, er hätte es sich nicht anders überlegt, und der Gedanke füllte ihn mit heißer Scham.

„Ich sollte…“ Was immer Regulus sollte, er verriet es Draco nicht. „Ich komme gleich wieder.“ Stattdessen stand er auf und Draco, aus einem Reflex heraus, als würde er nach dem Schnatz greifen, packte ihn am Hemd. Er zog, gar nicht mal kräftig, aber anscheinend war Regulus darauf nicht vorbereitet und fiel aus seinem Gleichgewicht direkt gegen Draco. Im letzten Moment stützte er sich an der Rückenlehne der Sitzbank ab, direkt neben Dracos Kopf. Er war zu plötzlich viel zu nah. Fast so nah, wie sie sich gestern gewesen waren.

Draco hielt den Atem an. Auf die Distanz konnte er Regulus‘ Blick nicht entkommen. Im kühlen Grau seiner Augen schien er sich zu spiegeln.

„Ich… äh…“

Regulus senkte den Blick, als hätte die Bewegung von Dracos Mund ihn dazu gezwungen, und er blieb wie hypnotisiert hängen. Irgendetwas hämmerte gegen Dracos Handfläche. Erst einen Moment später merkte er, dass er seine Hand noch auf Regulus‘ Brust hatte und dass das sein Herzschlag zu sein schien. Als Regulus wieder aufschaute kam er gleichzeitig ein Stückchen näher, und Draco hätte nichts dagegen gehabt das Stückchen entgegenzukommen.

Scham und etwas anderes, über das er nicht nachdenken wollte, brannten in seinem Nacken. Er stieß Regulus von sich weg.

„Bring mir ein Butterbier mit“, befahl er, und was immer er gerade in Regulus‘ Blick gesehen hatte würde definitiv verschwinden.

Regulus ging so schnell, als wäre Draco mit der Peitsche hinter ihm her. Er blieb alleine mit dem verstaubten Buch zurück und seufzte.

Um ihn herum tuschelte und lachte man. Er entdeckte den rabenschwarzen Haarschopf von vorhin beim Fenster sitzen, dort wo Regulus sich hatte setzen wollen. Eine Frau mit langen dunkelroten Haaren hatte ihren Kopf an seine Schulter gelehnt, und ein zweiter schwarzhaariger Mann setzte sich mit vier Flaschen zu ihnen. Er sagte irgendetwas und die Frau schoss herum. Ihre leuchtendgrünen Augen trafen Dracos auch in den Schatten.

Sofort richtete er den Blick auf sein Butterbier. Er ließ den letzten Schluck hin- und herschwappen. Regulus hatte Recht. Er wollte sich mit all den Menschen hier nicht auseinandersetzen. Solange sie gesichtslose Niemande blieben, konnte er ohne Probleme, ohne Gewissensbisse wieder nach Hause. Er durfte nicht einmal ganz platonische Sympathie zulassen.

In ein paar Monaten, höchstens, würde Regulus tot sein, und er durfte nichts dagegen unternehmen.

„Hi“, grüßte ihn eine Stimme. Draco schaute hoch in ein Gesicht, das Regulus‘ verdammt ähnlich war, bis auf das strahlende Grinsen. „Entweder hab ich dein Gesicht vergessen, oder es gibt einen für mich weniger peinlichen Grund, warum du mein Hemd trägst.“


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