von SynthiaSeverin
Donnerstagnachmittag, 15:30 im POOPS (Potters out of Plot SchÀnke, der Bar, in der sich die Charaktere treffen, wenn sie gerade mal nichts im Canon zu tun haben. )
Es war ein ruhiger Nachmittag. An der Theke saĂen zwei Gestalten, an einem der Tische ebenfalls ein kleines GrĂŒppchen. Sonst herrschte gĂ€hnende Leere in der Bar und der Wirt (er hatte leichte, aber nur ganz leichte, Ăhnlichkeit mit Aberforth Dumbledore) gĂ€hnte ebenfalls â als plötzlichâŠ
KRACH⊠die BartĂŒre flog auf. Eine junge Frau hastete in den Schankraum, Schreie von der StraĂe waren zu hören, dann fiel die TĂŒre knallend ins Schloss. Völlig auĂer Atem und mit bebendem Puls presste sich die Frau mit aller Kraft gegen die TĂŒre. Das wirre dunkelrote Haar wirbelte um ihr Gesicht und die grĂŒnen Augen schweiften verzweifelt und angstvoll durch den Raum.
Auf einem der StĂŒhle vor der Bar regte sich plötzlich ein Kopf voller langer, schwarzer, fettiger Haare. Ruckartig wandte er sich in Richtung TĂŒre um. âLily! Welch schöne Ăberraschung!â, rief eine MĂ€nnerstimme begeistert. Der dazu gehörige Körper setzte sich sofort in Bewegung, âund ich dachte, du wĂ€rst tot!â
âDas wĂ€re ich auch fastâ, sagte die junge Frau verzweifelt, als der Mann im schwarzen Umhang auf sie zugestĂŒrmt kam, âDank deiner Leute, Sev!â
âMeiner Leute?!?â, fragte der Schwarzhaarige verwundert, âWelcher Leute denn?â
Wie zur Antwort lieĂ ein heftiger Schlag gegen das Holz die TĂŒre erzittern.
âAch, du meinst die Fangirls!â, lachte der Mann, âdie sind nicht wegen mir hier, sondern wegen Alan Rickman!â
Die junge Frau warf ihm einen finsteren Blick zu, der verriet, dass sie seine Art von Humor nicht teilte. âSie hĂ€tten mich fast in StĂŒcke gerissen!â, sagte sie ernst.
Severus Snape seufzte. âLass mich mal vorbei, ich regele das!â
Kurz darauf wurde es sehr still vor der SchÀnke.
âWie hast du das denn gemacht, Sev?â, fragte Lily Evans verwundert.
âEin wenig DiplomatieâŠ. und die Androhung, dass ich nicht mehr in Slash - Fanfictions mitspiele, wenn sie nicht verschwindenâ, antwortete Snape nĂŒchtern, âAber nun komm erst mal rein. Du siehst ja ganz zerzaust aus!â
Mit einer galanten Bewegung fĂŒhrte er sie zu einem der Tische. Noch immer vom Schock nicht ganz erholt lieĂ sich die junge Frau auf einem Stuhl nieder.
âMöchtest du etwas trinken, Lily?â, fragte Severus Snape.
âWillst du mich etwa einladen, Sev?â antwortete Lily Evans verwundert.
âimmerâ, antwortete Snape und zwinkerte ihr zu.
âWas darf ich mir denn aussuchen?â
âAlles!â
âGut, dann hĂ€tte ich gern ein GlĂ€schen Goldlackwasserâ
Der schwarze Umhang schwebte zur Bar und kehrte mit einem Glas in der Hand zurĂŒck.
âEin GlĂ€schen Goldlackwasser fĂŒr die Dame, garantiert nicht mit Amortentia gepanscht, obwohl ich dich nur allzu gerne damit abfĂŒllen wĂŒrdeâ, witzelte Snape und setzte sich auf die Bank ihr gegenĂŒber. Dann senkte er die Stimme âUnd nun erzĂ€hl mal, was ist eigentlich passiert?â
Lily, die am Glas genippt hatte, setzte ab. âBist du dir sicher, dass du dir meine Probleme anhören willst? Ich will dich damit echt nicht belasten. Zumal ich schon ein schlechtes Gewissen habe, nach dem, was ich da drauĂen zu hören bekommen habe⊠â
âUnsinnâ, sagte Snape bestimmt, âHast du die BĂŒcher deines Sohns nicht gelesen? Ich bin der beste Zuhörer von ganz Hogwarts. Also wo drĂŒckt der Schuh?â
Lily blickte ihn fĂŒr einen Moment lang verwundert an.
âWeiĂt du, Sev, so kenne ich dich ja gar nicht! Du benimmst dich gerade ganz schön out of characterâ
âDas tu ich in dieser Fanfiction andauerndâ, antwortete Snape trocken, âSo wie in 90% aller anderen Fanfictions auch. Aber wenn es dir nicht passt, kann mich unsere Fanfiction-Autorin sicher wieder zum zynischen Kotzbrocken mutieren lassen⊠â
âNein, so gefĂ€llst du mir viel besserâ, sagte Lily rasch und leichtes LĂ€cheln huschte ĂŒber ihre Lippen. Dann jedoch nahm ihr Gesicht wieder betrĂŒbte ZĂŒge an.
âEs ist⊠deine Fans, sie machen mir VorwĂŒrfeâŠâ
âWelche VorwĂŒrfe?â, fragte Snape interessiert.
âNajaâ, sagte Lily kleinlaut, âzum Beispiel meinten Sie, dass ich unbarmherzig war, damals als du nach den ZAG-PrĂŒfungen vor dem Gryffindorturm schlafen wolltest, weil ich dir nicht zuhören wollte, keine fĂŒnf Minuten.â
âJa, finde ich auchâ, antwortete Snape ernst, âNicht mal fĂŒnf Minuten des Nicht zuhören Wollens, was ich dir eigentlich sagen will. Das war wirklich erbĂ€rmlich wenig Zeit. Ich hab immerhin ganze sechs Jahre meines jugendlichen Lebens nicht wirklich zugehört, was du mir eigentlich sagen wolltest. Da hĂ€ttest du mir wirklich schon ein wenig lĂ€nger nicht wirklich zuhören wollen können!â
Die junge Frau schaute betroffen.
âDas tut mir leid, Sevâ, antwortete sie schuldschwer, âIch wusste nicht, dass dich das so getroffen hat. Kannst du mir verzeihen? Ich verspreche dir, dass ich mir das nĂ€chste Mal mehr Zeit nehmen werde, um dir nicht wirklich zuzuhörenâ
âAch, alles schon vergessen, was damals warâ, antwortete Snape gequĂ€lt lĂ€chelnd, âich meinte nurâŠâ
âDu nimmst das zu sehr auf die leichte Schulter, Sev! Dabei verletzt es dich, das sehe ich dochâ, fuhr Lily nach einem Schluck Goldlackwasser fort, âGenau wie die Sache mit der ungewaschenen Unterhose, nachdem du mich dreckiges Schlammblut nanntest. Deine Fans meinten, dass ich das als Freundin in der Situation niemals hĂ€tte sagen dĂŒrfen. Ich finde, sie haben Recht. Freunde beleidigen sich doch nicht gegenseitig! Ich hab ein verdammt schlechtes Gewissen deswegen. Und wo ich dich jetzt so seheâŠâ
Severus Snape schien auf einmal sehr nachdenklich zu werden.
âhmm, ich fĂŒrchte, da kann ich dir wohl nicht widersprechen!â, sagte er schlieĂlich, âJa, das war wirklich sehr gemein von dir, Lily! Und es hat mich verletzt. Jemanden zu beleidigen, nachdem er dir ,dreckiges Schlammblutâ an den Kopf geworfen hat, als du ihm helfen wolltest, das ist wirklich unverzeihlich. WĂ€rst du eine echte Freundin gewesen, dann hĂ€ttest du vor James und Sirius lĂ€chelnd erklĂ€rt, dass ich es eigentlich nicht so meinte und in Wirklichkeit nur âprĂ€geduschte MugglestĂ€mmigeâ sagen wollte. Aber was du getan hast⊠das lĂ€sst mich jetzt, wenn ich es mir recht ĂŒberlege, wirklich an deiner Freundschaft zweifeln. Erst helfen und sich dann dafĂŒr nicht einmal dafĂŒr beleidigen lassen wollen! Also so fies wie du da mit mir umgegangen bist⊠habe ich dir ĂŒberhaupt jemals etwas bedeutet?â
Lily schien plötzlich den TrĂ€nen nahe zu sein âOh Severus!â, sagte sie leise, âNatĂŒrlich hast du mir etwas bedeutet. Aber⊠ich war 16⊠da macht man halt manchmal Fehler. Es hat mich verletzt, dass du mich beleidigt hast, als ich dir helfen wollte. Wie kann ich das wieder gut machen? Kannst du mir jemals vergeben, dass ich das Schlammblut nicht einfach so geschluckt habe?â
âDas muss ich mir noch ĂŒberlegen, du dreck⊠Àh Lily, ob ich dir das wirklich verzeihen kann!â, sagte Snape zornig.
Die junge Frau schniefte.
âDeine Fans⊠sie meinten⊠sie meinten sowieso, dass ein groĂer Fehler von mir war, dir den Laufpass gegeben zu haben. Dass es eine riesen Dummheit von mir war.â
âJa, allerdingsâ, sagt Severus Snape verbittert, âDu, so etwas wie eine JĂŒdin, kĂŒndigst dem Jungen, der unbedingt zur gröĂten Naziclique der Schule gehören wollte, einfach so die Freundschaft?!? Wie dumm kann man sein? An deiner Stelle hĂ€tte ich mir sofort einen Heiratsantrag gemacht Wirklich - ein solches GoldstĂŒck an deiner Seite hĂ€ttest du doch kein zweites Mal gefunden. Dass du DAS nie zu schĂ€tzen wusstest, LilyâŠâ
Die junge Frau wirkte nun wirklich schwer getroffen âsie sagen⊠sie sagen ja auch⊠ich hĂ€tte dich gar nicht verdientâ, schluchzte sie und TrĂ€nen kullerten ĂŒber ihre Wangen, âoh ich war so blind, Severus!â
âJa, jemanden, der deine Schwester mit Stöcken bewirft, dir vorschreiben will, mit wem du befreundet zu sein hast und dessen Kumpels Menschen wie dich als Abschaum betrachten, hast du wirklich nicht verdient. Ich war immer viel zu gut fĂŒrâ, sagte Snape unnachgiebig, âUnd ich gebe dir auch noch ein Goldlackwasser aus! Warum rede ich eigentlich ĂŒberhaupt noch mit dir? Bin ich dumm?â
Mit einem Ruck stand der Mann in schwarz auf und machte Anstalten zu gehen.
âNEIN, bitte bleib!â, rief Lily verzweifelt, âEs tut mir leid! Es tut mir alles ja so leid! Ich war nur⊠ach Severus, ich mochte nur einfach deine seltsame Art von Humor nicht. Dass du die ganzen Sachen mit der schwarzen Magie, die Avery und Mulciber angestellt haben, so lustig fandest. Ich verspreche dir, das kommt nicht mehr vor!â
âWie, fandest du das etwa nicht witzig?â, fragte Severus verwundert und wandte sich wieder zu ihr um.
âNein, nicht wirklich!â, antwortete Lily und kniff die Augen zusammen.
âEigenartigâ, sagte Snape verblĂŒfft, âDabei hab ich das nur gemacht, um dich zu beeindruckenâ. Plötzlich huschte ein kindliches LĂ€cheln ĂŒber seine Lippen und er nahm wieder Platz. âWeiĂt du, Lily bei den Todessern⊠das war ein HeidenspaĂ. Du hĂ€ttest dabei sein mĂŒssenâ, flĂŒsterte er ĂŒber den Tisch gebeugt zu, âwie die Inferi so stumpfsinnig durch die Gegend getapert sind, das war so ulkig. Und die ganzen Unverzeihlichen FlĂŒche⊠Gut, Avada Kedavra war vielleicht ein bisschen heftig, das stimmt.â
Ein tief angewiderter Ausdruck trat auf Lilys Gesicht.
âDeine Fans sagen, dass du gar nicht so tief in die Dunklen KĂŒnste abgerutscht wĂ€rst, wenn ich mich mehr um dich gekĂŒmmert hĂ€tte. Ich glaube, sie haben Recht. Ich hĂ€tte vorrausehen mĂŒssen, in welche Richtung du dich entwickelst und mehr auf dich achten mĂŒssen. Ich habe meine Pflicht, dich auf den rechten Weg zurĂŒckzubringen, vernachlĂ€ssigt. Aber ich hatte am Ende einfach das GefĂŒhl, du bist ein hoffnungsloser Fall.â
Der Mann in Schwarz schien Lily fĂŒr eine ganze Weile zu mustern.
âAh, jetzt verstehe ich alles!â, rief er plötzlich, âNatĂŒrlich so ergibt das alles Sinnâ
âWovon redest du?â, fragte Lily verdutzt.
âNa davon, dass du als Sozialarbeiterin tĂ€tig warst. Warum hast du mir das denn nie erzĂ€hlt? Gehörte das mit zu deinem Beruf, das zu verschweigen? Ich wusste gar nicht, dass wir so etwas wie Schulsozialarbeit an Hogwarts haben. Bisher dachte ich immer, Dumbledores Beratungsstelle fĂŒr suizidale Todesser wĂ€re die einzige Einrichtung dieser Art an unserer Schule. Deine jahrelangen BemĂŒhungen darum, mir die Augen zu öffnen, dass ich mit meinem Faible fĂŒr Rassismus und schwarze Magie auf dem Holzweg war, das war sicher eine Art von Streetwork, nicht wahr? Niederschwellige Angebote und so. Und wie hast du es eigentlich geschafft, im Alter von 11 bis 16 schon ein abgeschlossenes Studium in diesem Bereich zu haben? Und warum hast du gekĂŒndigt? Warst du mit meinem Fall zu ĂŒberfordert? Ich hab ja gehört, dass so ein Job nervlich ziemlich belastet! Oder war die Bezahlung einfach zu schlecht, weil Dumbledore Trelawney nun doch die Gehaltserhöhung erteilt hat? Ich sagâs ja immer, soziale Berufe sind einfach unterbezahlt.â
Mit einem Handgriff schnappte sich Snape Lilys Goldlackwasser und kippte einen krÀftigen Schluck hinunter.
Lily hob derweil die Augenbrauen und warf ihm einen Blick zu, als solle Snape dingend noch ein zweites Mal eine psychologische Beratungsstelle aufsuchen.
FĂŒr eine ganze Weile schwiegen die alten Freunde sich an.
Plötzlich brach Snape in schallendes GelÀchter aus.
âMensch, Lilyâ, sagte er vergnĂŒgt, âdu lĂ€sst dich aber leicht zum Narren halten. War doch nur ein SpĂ€Ăchen! Aber dein Gesicht gerade war göttlich!â
âWeiĂt du, Sevâ, sagte die junge Frau plötzlich wĂŒtend, âwenn ich es mir so recht ĂŒberlege warst du alles andere als ein Unschuldsengel.â
âIch?â, sagte Snape pikiert. âIch bin ein Opfer meiner schlimmen Kindheit. Ich kann nichts fĂŒr mein Handeln. Egal, was ich tue, meine traumatischen Erfahrungen zwingen mich dazu! Wenn ich MuggelstĂ€mmige Schlammblut nenne, Schwarze Magie lustig finde oder dich auf dem Arm nehme, sind daran nur mein Vater, Sirius Black oder James Potter schuld. Mein kaltes Elternhaus und Mobbing lassen mich zum denkunfĂ€higen, ferngesteuerten Roboter werden. Als ehemalige Schulsozialarbeiterin solltest du das eigentlich wissen!â Snape zwinkerte und prostete ihr zu, âaber wenigstens hast du jetzt keine SchuldgefĂŒhle mehr, nicht wahr?â
Lily lachte. âNein, die hast du mir gerade grĂŒndlich ausgetrieben!â
âAlso bin ich doch wieder der zynische Kotzbrocken?â
âDas muss ich mir noch ĂŒberlegenâ, sagte Lily leise lachend, âĂŒbrigens war ich nie Schulsozialarbeiterin. Das war alles ehrenamtlich!â
âSo, auch noch ein Ehrenamt? Du bist wirklich ein Engel, Lilyâ, hauchte Snape ihr zĂ€rtlich zuâŠ.
In diesem Moment schlug irgendwo eine Uhr zur vollem Stunde. Genervt blickte Snape auf.
âIch fĂŒrchte, ich muss zurĂŒck nach Hogwarts â Neville mobben, Gryffindor Hauspunkte abziehen und Draco fĂŒrs ZuspĂ€tkommen loben. Hach, als Kotzbrocken vom Dienst hat manâs schon nicht leichtâŠâ
âSehen wir uns mal wieder, Sev?â, fragte Lily betrĂŒbt, âich fand es gerade doch noch sehr schön mit dir!â
âGewiss. SpĂ€testens in der nĂ€chsten SS/LE-Fanfiction. Die mag ich noch immer am liebsten!â, antwortete Snape, zwinkerte und stand auf.
âBis dahinâ, flĂŒsterte er ihr zum Abschied noch zu, âLass dich nicht von meinen Fangirls nerven! An dich kommen DIE eh nie ranâ
Mit wehendem Umhang rauschte Snape aus dem POOPS.
Lily blickte auf ihr Goldlackwasser, das fast leer war. Dann schĂŒttelte sie den Kopf und lachte.
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