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Fanfiction

Bewährung der besonderen Art - Die Zukunft hat begonnen

von Zuckerdrache

„Schau mal Harry, es schneit.“

Draco stand an einem der Fenster im kleinen Salon und beobachtete die weißen Flocken, wie sie sanft und lautlos zu Boden schwebten. Der Himmel spuckte die winterliche Pracht in riesigen Mengen aus und auf dem Pflaster bildete sich bereits ein dicker weißer Teppich.

Harry trat hinter seinen Freund und umschlang zärtlich dessen Mitte. Über Dracos Schulter warf er nun ebenfalls einen Blick nach draußen. Niemand war auf dem Grimmauldplace zu sehen. Nur eine einsame Katze streunte über den Platz und hinterließ eine gerade Spur kleiner Pfotenabdrücke im Schnee.

„Meinst du der Schnee bleibt liegen?“, flüsterte Draco, während er gedankenverloren über Harrys Finger streichelte.

„Keine Ahnung, vielleicht. Wäre zu Weihnachten ja mal ganz nett. In Godric's Hollow schneit es ganz sicher. Und wenn wir deine Mutter besuchen, ... Malfoy Manor in Weiß kenne ich noch nicht", antwortete Harry.

"Mmh, wäre schön. Ist sehr idyllisch, wenn es verschneit ist."

Draco lehnte sich entspannt gegen Harrys Oberkörper. Er fühlte sich wohl in Harrys Armen. Harrys inzwischen so vertraute Nähe umhüllte ihn wie ein schützender Mantel. Aus Momenten wie diesen schöpfte er die Kraft für die übrige Zeit, in der er ohne Harry war, sich selbst behaupten und dabei oft gegen Windmühlen ankämpfen musste.

"Bin sehr gespannt auf den Besuch bei deiner Mutter", murmelte Harry. "Es ist immer noch ein eigenartiger Gedanke, zukünftig auf Malfoy Manor ein und aus zu gehen."

Draco lachte amüsiert. Noch immer fanden sie beide, wie auch ihre Verwandten und Freunde, das eine oder andere etwas eigenartig wenn es um ihre Beziehung ging. Dracos erster Besuch im Fuchsbau war solch ein Ereignis gewesen, insbesondere, als Draco auf der berühmten Weasley-Uhr einen Zeiger nahe Harrys entdeckte, der seinen Namen trug.

Harry küsste Draco aufs Ohr und knabberte übermütig an dessen Ohrläppchen. Er genoss diesen freien Sonntag ebenso wie Draco. Sie hatten lange geschlafen, sich geliebt, ein ausgiebiges Bad genommen, ein spätes und erlesenes Frühstück genossen, ehe sie sich in den kleinen Salon zurückzogen, um zu Lesen und Fernzusehen.

Sie hatten anstrengende Wochen hinter sich. Sowohl Draco als auch Harry hatten eine aufreibende erste Zeit in ihrer Ausbildung erlebt und deswegen auch nur wenig gemeinsame Freizeit gehabt. Meist nur am Wochenende und da hauptsächlich am Sonntag, da die Samstage häufig ihren Freunden gehörten, mit denen sie sich natürlich auch treffen wollten. Jedenfalls war die Zeit wie im Flug vergangen, denn heute war bereits der dritte Advent.

„Oh Mann, es wird schon wieder dunkel“, stöhnte Draco und beobachtete, wie auf dem Grimmauldplace die Laternen angingen. Der Himmel war inzwischen Grau in Grau und lediglich der dichte Schleier aus Schneeflocken sorgte noch vermeintlich für etwas Helligkeit. Doch auch die würde bald verschwunden sein, abgelöst vom nachtblauen Dunkel des sich gerade ankündigenden Abends.

"Komm, lass uns wieder auf die Couch wechseln. Der Tee ist fertig und die Scoones duften bis hier her."

Harry löste sich von Draco, packte dessen rechte Hand und zog ihn hinter sich her. Mit einem lauten Seufzen ließ er sich wieder in die Kissen fallen. Draco liebte diese faule Seite an Harry. Von zu Hause kannte er das nicht. Die Sonntage auf Malfoy Manor waren immer durchstrukturiert und häufig mit gesellschaftlichen Events ausgefüllt gewesen. Einfach nur abzuhängen, das war in seinen Kreisen nicht üblich. Lediglich mit Dobby hatte er als Kind so einige übermütige Stunden erlebt, in denen der Hauself ihm das Gefühl gab, einfach nur das tun zu dürfen, auf das er gerade Lust hatte. Hogwarts hatte ihn anfangs ziemlich überrascht, da sich die Schüler am Sonntag selbst beschäftigen mussten. Aber damit konnte er sich schnell anfreunden und mit zunehmendem Alter verfluchte er es sogar, die Ferien auf dem Manor verbringen zu müssen. Die Reise mit Harry hatte seinen Drang nach Selbstverwirklichung dann noch zusätzlich gespeist.

Dieses Wochenende hatten sie sich entschieden, einen chilligen, vom Nichtstun geprägten Sonntag zu verleben. Selbst der sonst übliche Sonntagsspaziergang war heute ausgefallen. Und das Gefühl der wohligen Wärme, das Draco schon den ganzen Tag durchflutete machte ihn glücklich.

Harry schenkte dampfenden Tee in die Tassen und reichte Draco eine, zusammen mit einem von Mollys Scoones.

"Hier, probier. Wenn Molly eines kann, dann ist es Kochen und Backen. Kein Wunder, dass Rons liebste Beschäftigung das Essen ist."

Draco griff sich das Gebäck. Es schmeckte wirklich gut und der Tee, den Kreacher ihnen serviert hatte war erlesen. Kreacher verwöhnte sie beide wirklich sehr. Seit Narzissa dem ehemaligen Hauselfen ihrer Tante Walburga aufgetragen hatte, sich gut um Draco und Harry zu kümmern, riss sich der eigentlich schon recht betagte Elf beinahe beide Beine aus, um alles zu ihrer Zufriedenheit zu erledigen. Er lebte total auf dabei. Schließlich war Narzissa eine direkte Verwandte seiner seligen Herrin und sich nun um deren Sohn kümmern zu dürfen, war ihm ein besonderes Bedürfnis. Er akzeptierte inzwischen auch, dass sein neuer Herr Harry Potter hieß, denn dessen Freund war schließlich ein Abkömmling einer Black und das reichte Kreacher, um andere Unzulänglichkeiten zu übersehen. Auch wenn er Harry gegenüber noch immer etwas wortkarg war, unfreundlich war er nicht mehr. Er zeigte vielmehr Respekt. Auch Harrys Freunden gegenüber.

"Schmecken wirklich gut", bestätigte Draco noch kauend Harrys Aussage über Molly und griff sich noch mehr von dem Gebäck.

"Und? Hast du noch immer keine Einladung zur Weihnachtsfeier der Uni bekommen?"

Harry lehnte sich zurück, stopfte sich einen Scoone in den Mund und nippte an seinem Tee.

Draco schüttelte den Kopf.

"Nein, aber ich könnte ja sowieso nicht hingehen. Sehr praktisch, dass eure Feier im Ministerium am selben Tag ist und ich als dein Partner auch eingeladen bin."

Draco grinste etwas schief. Nur der Umstand, dass er der Freund des Helden war, gab ihm die Gewissheit, auf dieser Feier erwünscht zu sein. Inzwischen hatte man sich zwar in der Zaubererwelt an den Gedanken gewöhnt, dass Harry Potter und Draco Malfoy ein Paar waren, aber ohne Harry an seiner Seite begegneten viele Draco weiterhin mit Misstrauen.

Das Rauschen im Blätterwald nach ihrem Interview war schneller verklungen als gedacht und spätestens nach Harrys Ausraster auf dem Halloween-Ball des Ministeriums war Ruhe eingekehrt. Harry hatte Draco damals einfach mitgebracht, obwohl er nicht eingeladen war. Aber natürlich konnte man dem Retter der Zaubererwelt nicht verbieten, seinen Partner mitzubringen. Trotzdem gab es viele missbilligende Blicke und eine unbedachte und beleidigende Bemerkung seitens Harrys Ausbilder Robbards brachte dann das Fass bei Harry zum Überlaufen. Er stürmte auf die Bühne und wirkte einen Sonorus, damit ihn auch ja jeder verstehen konnte.

"Hört zu Leute", donnerte seine Stimme bis in die hinterste Ecke des Saales, "über den Charakter eines Menschen zu urteilen, ohne ihn zu kennen ist sicher die einfachste Lösung, aber es zeugt von Gleichgültigkeit und Intoleranz, der Bequemlichkeit, sich vorgegebenen Vorurteilen bedenkenlos anzuschließen. Ich habe Draco Malfoy während meines Jahres in der Muggelwelt von einer ganz neuen, positiven Seite kennengelernt und gerade deshalb ist er jetzt mein Partner. Wer das nicht akzeptieren kann, möge sich in Zukunft von mir fernhalten, mit allem was dazugehört. Wer sich aber weiterhin mit meiner Anwesenheit schmücken will, hat auch meinen Partner mit Respekt zu behandeln, so wie es meine Familie und meine Freunde auch tun, denn Respekt hat er sich inzwischen redlich verdient."

Das Klatschen von Harrys Freunden klang ziemlich verloren inmitten des riesigen Saales, aber als Kingsley sich anschloss, gefolgt von Harrys Kollegen, ließen sich doch immer mehr der übrigen Anwesenden mitreißen, ebenfalls zu applaudieren. Wenn auch nicht alle. Robbards entschuldigte sich daraufhin bei Harry und Draco und es wurde doch noch ein netter Abend.

Zur Weihnachtsfeier der Ministeriumszentrale und der Abteilung für Magische Strafverfolgung wurde Draco nun als Harrys Partner, ganz formvollendet in Schriftform, auch eingeladen. Andernfalls wäre Harry eben einfach weggeblieben.

"Wir hätten auch beide Veranstaltungen besuchen können. Schließlich sind wir Zauberer. Aber wer nicht will, der hat schon. Das enttäuscht mich ehrlich gesagt. Ich kenne die Finanzlage der Uni", resümierte Harry. "Sie laden dich nicht ein und verzichten so darauf, mich als Zugpferd vor ihre Uni spannen zu können. Das ist ziemlich überheblich und vor allem kurzsichtig, findest du nicht? Ich wäre durchaus bereit gewesen, mal die eine oder andere Spende zu tätigen. Aber so ..."

Draco nickte und ein sarkastisches Lächeln umspielte seine Lippen.

"Sicher. Genau so habe ich das meinem Professor gegenüber auch verlauten lassen. Er wurde plötzlich ziemlich still und brabbelte etwas von unverständlichem Verhalten der Uni-Leitung, verknöcherten Strukturen und ähnlichem Zeugs. Glaub mir, ich bin froh, dass ich ein duales Studium absolviere und die Hälfte der Zeit bei Severus im Labor verbringe. Die Forschungsarbeit ist voll mein Ding, das hab' ich schon gemerkt. Da fühl' ich mich auch wohl und vor allem werde ich akzeptiert."

Ein herzliches Lachen entfloh Harry, während er seine Tasse abstellte und sich die Fernbedienung des Muggelfernsehers griff.

"Wäre auch sehr eigenartig, wenn dir ausgerechnet in Severus Snapes Team kein Respekt entgegengebracht würde."

Draco grinste und legte leger seine Füße auf Couchtisch. Harry lehnte sich zurück und tat es ihm gleich, zappte so schnell durchs Programm, dass Draco kaum erkennen konnte, was da nun zu sehen war. Aber daran hatte er sich inzwischen gewöhnt. Er wartete geduldig, bis sich Harry für einen Sender entschieden hatte. Meist war das gewählte Programm auch nach Dracos Geschmack, wobei ihm Fernsehen sowieso nicht so wichtig war. Er liebte es mehr, zu Lesen. Aber da er mit Harry gemeinsam vor dem Fernseher sitzen konnte, genoss er es trotzdem. Und so saßen sie auch jetzt Schulter an Schulter nebeneinander und verfolgten eine Doku über Südafrika. Draco erkannte einiges wieder und mit jeder Minute freute er sich mehr auf ihren bevorstehenden Silvester-Urlaub in Kapstadt.

Harry schien seine Gedanken zu ahnen.

"Freust du dich auf Kapstadt?"

"Klar", kam es kurz und bündig von Draco, gefolgt von einem dicken Schmatzer auf die Wange. "Ich kann es kaum erwarten, Kapstadts magische Seite kennenzulernen."

Harry nickte und beugte sich näher zu ihm.

"Ich bin sicher, wir werden viel Spaß haben", raunte er gegen Dracos Lippen, ehe er unvermittelt begann, ihn leidenschaftlich zu küssen. Gleichzeitig wanderten Harrys Hände unter Dracos Pullover, legten sich warm und sanft streichelnd auf seine Haut. Ein Schauer erfasste Draco, sein Blut rauschte plötzlich ziemlich laut durch seine Adern und er hörte sein Herz hektisch klopfen. Auch er hatte inzwischen Harrys heiße Haut unter seinen Händen und zusammen mit dem Gefühl, Harry zu schmecken, zu riechen, ihn in seinem Mund und an seinem ganzen Körper zu spüren führte das schnell zu einem handfesten Problem. Ein Problem, das natürlich keines war, sondern nur den Auftakt zu einem weiteren leidenschaftlichen Intermezzo darstellte.

Wenn da nicht dieses komische Geräusch gewesen wäre, dass sich da plötzlich in seine Sinne drängte.

Ein unangenehmes, lautes Klacken störte ihn ungemein. Und es hörte auch nicht auf, als Harry, noch immer Draco küssend, nach der Fernbedienung tastete und den Fernseher ausschaltete.

Es klackte einfach weiter. Lauter, schneller und immer heftiger, ja fast wütend hallte das Geräusch in Dracos Ohren wider. Harry knurrte unwillig, schien sich ebenso gestört zu fühlen. Schließlich sahen sich beide gleichzeitig dazu veranlasst, ihr intimes Spiel zu unterbrechen und die störende Geräuschquelle ausfindig zu machen. Sie wurden schnell fündig.

Am Fenster konnten sie einen dunklen Schatten erkennen, der sich recht groß hinter der Scheibe abzeichnete. Draco war der Erste, der aufstand und sich dem Fenster näherte. Harry folgte ihm aber auf dem Fuße, denn inzwischen war beiden klar, dass da eine Eule auf dem Fenstersims saß und vehement nach Einlass verlangte.

„Das ist Kassiopeia, die Eule meiner Mutter.“

Draco schluckte nervös und öffnete hastig einen der Fensterflügel. Die Eule, eine wunderschöne Schleiereule, schuhute in einer Art und Weise, die man fast schon als ärgerlich bezeichnen konnte. Zusätzlich schickte sie dem Sohn ihrer Herrin einen durchdringenden Blick aus schwarzen Augen, die in ihrem fast weißen, herzförmigen Gesichtsschleier wunderbar zur Geltung kamen.Schließlich hüpfte sie in den Fensterrahmen und breitete die Schwingen aus, um das kurze Stück zu einem der Sessel flatternd zu überbrücken.

Draco schloss das Fenster und wandte sich mit dem flauen Gefühl einer unangenehmen Vorahnung im Bauch dem großen Vogel zu, der jetzt majestätisch auf der Lehne thronte.

„Die Gute sieht wieder ziemlich überheblich aus. Sie weiß wirklich genau, wie schön sie ist“, lästerte Harry amüsiert, griff sich einen der Scoones und hielt ihn der Eule hin. Die reagierte allerdings mit einem abwehrenden Hacken nach Harrys Hand, ehe sie sich aufplusterte, die Flügel etwas öffnete und schüttelte und dann Draco ihr Bein hinhielt, an dem eine kleine Schriftrolle befestigt war, die Draco vorsichtig ablöste.

„So meine Schöne. Alles gut. Jetzt ruh' dich aus“, flüsterte er dem Tier zu. Das Gebäck aus Dracos Hand nahm sie anstandslos entgegen und widmete sich sofort dem Verzehr. Harry hatte inzwischen die Eulenkekse vom Kamin geholt, die in jedem Zimmer für das leibliche Wohl eintreffender Posteulen bereitstanden. Und diesmal nahm sie die ihr von Harry dargebotene Nahrung gnädig an.

Dracos Herz klopfte indes bis zum Hals. Eine Eule von seiner Mutter verhieß bestimmt nichts Gutes. Ihre Verabredung zu Weihnachten war bereits unter Dach und Fach und Draco hatte das Gefühl, dass es darum auch gar nicht gehen würde. Er nestelte nervös das Pergament auseinander. Harry war inzwischen neben ihn getreten.

„Was will sie? Ist was passiert?“

Draco las die wenigen Zeilen, die in der filigranen Schnörkelschrift seiner Mutter geschrieben waren und das Erste was ihm spontan entfloh war ein unwilliges Schnauben.

„Das kann sie doch nicht ernst meinen“, jammerte er und drückte Harry den Brief in die Hand. Frustriert ließ sich Draco auf dem Sessel nieder, auf dessen Lehne noch immer Kassiopeia saß und Eulenkekse futterte. Draco lehnte sich zurück, hob seine Hand und streichelte gedankenverloren über das weiße Gefieder an ihrem Bauch und den goldbraunen, graugefleckten Schwingen.

„Sie will, dass du sie nächsten Samstag nach Askaban begleitest, um deinen alten Herrn zu besuchen?“

„Genau das“, bestätigte Draco frustriert. Er erinnerte sich nur ungern an seinen letzten Besuch bei seinem Vater.

„Und du bist davon wenig begeistert“, schlussfolgerte Harry, während er sich ihm gegenüber auf der Couch niederließ. Seine Äußerung entsprach hundertprozentig der Wahrheit. Aber obwohl sein Ton neutral anmutete, konnte Draco in Harrys Augen sehen, dass der sich fieberhaft überlegte, ob er Dracos angedachte Weigerung nun gutheißen sollte oder nicht.

„Natürlich bin ich davon nicht begeistert“, machte Draco seinem Unmut Luft. Er stellte das Streicheln von Kassiopeia ein und lehnte sich wieder nach vorne, die Unterarme auf den Oberschenkeln aufgestützt. Er fixierte das flackernde Licht der drei Kerzen, die auf dem von der Hauselfe seiner Mutter kunstvoll gestalteten Adventskranz für vorweihnachtliche Stimmung sorgten. Dass Harry den Brief immer wieder durchlas und dann seufzend auf den Tisch legte, bekam er nur am Rande mit.

„Ich war das letzte Mal vor zwei Jahren bei meinem Vater. Es war das erste Nachkriegsweihnachten und es war selbstverständlich für mich, meine Mutter nach Askaban zu begleiten. Aber es war keine Freude. Mein Vater war natürlich verbittert und in einem ziemlich schlechten körperlichen und seelischen Zustand. Er hat kaum gesprochen. Aber wenn er was sagte, dann war es nur negativ. Und er ließ sich natürlich darüber aus, dass ich ausgerechnet dich, „diesen Potter“, wie er sich ausdrückte, als Bewährungshelfer habe. Wenn es möglich gewesen wäre, hätte er das wohl gerne verhindert. Es war eine Erniedrigung für ihn, naja anfangs ja auch für mich. Aber nicht lange wie du weißt. Er wurde jedenfalls ziemlich sauer, weil ich mich damals schon nicht wirklich negativ über dich geäußert habe und ihm nicht zustimmte. Und auch, weil du dich geweigert hast, auch für ihn als Zeuge auszusagen ...“

Harry schnaubte mit einer Mischung aus Amüsement und verhaltenem Ärger.

„Geht's noch? Entschuldige mal, aber dein Vater war Todesser aus Überzeugung. Er hätte mich im Ministerium am liebsten eigenhändig um die Ecke gebracht, wenn es ihm Punkte verschafft hätte, aber da Voldemort das selbst erledigen wollte, hat er natürlich gekuscht. Und er hat tatsächlich geglaubt, ich würde auch für ihn aussagen? Aus welchem Grund?“

Draco schaute seinem Freund jetzt wieder direkt in die Augen, lächelte, als er das Grün angriffslustig aufblitzen sah.

„Mein Vater saß der irrigen Annahme auf, dass du meiner Mutter und mir nur geholfen hast, um Profit daraus zu schlagen. Seinem Denken entsprechend. Daher erwartete er auch Hilfe für sich, da er ja das Oberhaupt der Familie ist. Dass du das aus ganz anderen Gründen getan hast, das hat er glaube ich bis heute nicht verstanden.“

Draco schenkte sich eine weitere Tasse Tee ein und nippte an dem heißen Getränk.

„Ich will da nicht hin“, murmelte er zwischen zwei Schlucken.

Harry hatte sich zurückgelehnt, strich sich nachdenklich mit beiden Händen die Haare zurück und verschränkte die Finger im Nacken.

„Du drückst dich nur vor der wahrscheinlich nicht sehr positiven Reaktion deines Vaters auf uns, hab ich recht? Deine Mutter hatte ja schon Probleme damit und hofft wahrscheinlich noch immer auf eine Frau in deinem Leben. Bei deinem Vater dürfte das noch weit extremer ausfallen.“

„Da kannst du Gift drauf nehmen“, nickte Draco zustimmend. „Wahrscheinlich will er mich nur deswegen sehen. Denn seine letzten Worte vor zwei Jahren waren, ... wenn du das Haus Malfoy nicht repräsentieren willst wie sich das gehört, dann brauchst du dich hier nie wieder blicken zu lassen.“

„Naja“, warf Harry ein, „mit solch einer Entwicklung hätte er sicherlich niemals gerechnet. Das MUSS er dir einfach persönlich austreiben. Wahrscheinlich wird er dich erst massakrieren und dann enterben.“

Draco lachte.

„Das wird er sich in der Umgebung nicht trauen und zu erben gibt es ja wohl nicht mehr viel, was er mir versagen könnte. Ich baue mir jetzt lieber selbst etwas auf. Was mir ehrlich gesagt auch besser gefällt, dank dir!“

Ein Stirnrunzeln bildete sich plötzlich unter Dracos locker ins Gesicht fallendem Pony.

„Du meinst also, ich soll meine Mutter begleiten?“

„Ja, das meine ich.“

Harry lehnte sich nach vorne, um sich einen weiteren Scoone zu greifen. Bevor er ihn genüsslich in den Mund steckte, erklärte er Draco aber noch warum.

„Ich denke, du solltest deinem Vater unmissverständlich klar machen, dass du jetzt dein eigenes Leben führst, da er dir keine Grundlage hinterlassen hat, die du fortführen könntest. Du musst für dich selbst sorgen. Und das tust du gut. Dass du dabei Hilfe bekommen hast, das ist ja nichts schlechtes. Es zeigt vielmehr, dass man dich als Mensch sieht, der die Hilfe verdient hat. Im Gegensatz zu deinem Vater. Der sitzt in Askaban. Du bist in der besseren Position. Das musst du ihm zu verstehen geben. Und dabei ist unsere Beziehung völlig nebensächlich. Das ist deine Privatsache, die ihn einen feuchten Eulendreck angeht.“

„Dein Wort in Merlins Ohr, ich wünschte, ich hätte es schon hinter mir ...“, antwortete Draco und stöhnte frustriert, griff sich das Pergament und erhob sich, um eine Feder zu suchen. Nachdem er ein kurzes „Gut, ich begleite Dich“ als Antwort hinterlassen hatte, wohl wissend, dass seine Mutter genau erkannte, wie unwohl ihm dabei war, band er die Nachricht wieder an Kassiopeias Bein, die ihm schon erwartungsvoll dasselbe hinstreckte, kaum dass er fertig war mit Schreiben.

„So Kassiopeia, dann bring das mal zu deiner Herrin zurück“, flüsterte er ihr zu und strich ihr zum Abschied nochmal über das Gefieder. Die Schleiereule schuhute und hüpfte auf Dracos ihr dargebotenen Arm, auf dem er sie zum Fenster trug, um sie wieder hinauszulassen.

„Und jetzt komm wieder her“, hörte er in seinem Rücken Harry. Als er sich umdrehte, klopfte Harry mit seiner Hand neben sich auf das Polster. „Wo waren wir stehengeblieben?“

Draco grinste und wenig später waren beide wieder so sehr mit Küssen und mehr beschäftigt, dass Draco vorerst vergaß, was er seiner Mutter gerade versprochen hatte ...

******

Eine knappe Woche später war Narzissas Bitte dann wieder sehr präsent. Der letzte Samstag vor Weihnachten, der auch der letzte Besuchstag in diesem Jahr war, begann bitter kalt und düster. Die Sonne wollte an diesem Morgen nicht so recht aus ihrem Versteck hinter dem dichten Dunstschleier auftauchen, der die Stadt in ein graues Tuch hüllte. Das Wetter passte zum Anlass und Dracos Stimmung rutschte noch mehr in den Keller. Selbst Harrys aufmunternde Worte konnten ihn nicht davon abhalten, in eine schwermütige Stimmung zu verfallen, kaum dass er den Kamin betreten hatte, um zum Ministerium zu flohen, wo er sich mit seiner Mutter treffen wollte.

Harry hatte sich sogar angeboten, ihn bis nach Askaban zu begleiten, aber Draco lehnte dankend ab. Er wollte seinen Freund nicht damit behelligen, denn das Gespräch mit seinem Vater war ganz allein seine Angelegenheit. Und seiner Mutter wollte er bei diesem für sie so deprimierenden Besuch nicht auch noch Harrys Anwesenheit zumuten. Auch wenn Narzissa Harry inzwischen an Dracos Seite akzeptierte, so war Draco nach wie vor der Überzeugung, dass sie dies vor allem tat, weil sie ihren Sohn glücklich sehen wollte und Harry war der einzig sichere Garant, dies auch zu gewährleisten. Ob sie Harry inzwischen wirklich mochte, das konnte er ihrer Art, mit Harry umzugehen nach wie vor nicht sicher entnehmen. Sie war freundlich und zuvorkommend, mitunter sogar herzlich. Aber er war sich einfach nicht sicher, ob nicht auch Berechnung dahintersteckte. Seine Mutter war ihm in mancher Hinsicht noch heute ein Buch mit sieben Sigeln. Was dagegen sein Vater über Harry dachte, das konnte er sich sehr wohl denken und daher hatte er sichtlich miese Laune, als er seine Mutter begrüßte, die kurz nach ihm aus einem der Besucherkamine schritt.

„Hallo mein Junge“, kam Narzissa lächelnd auf ihren Sohn zu, „wie schön, dass du mich heute begleitest. Dein Vater wird sich freuen.“

Draco erwiderte den Wangenkuss seiner Mutter nur halbherzig, denn die Hoffnung, die in ihrer Mutmaßung mitschwang, konnte er nur mit blankem Sarkasmus beantworten.

„Freuen Mutter? Worüber sollte er sich freuen? Es gibt nichts, was in seinen Augen dazu geeignet wäre, es auch nur mit Wohlwollen zu bedenken. Er wird mich verurteilen. Aber vielleicht ist dieser Schnitt nötig, damit ich mich endlich auf mein eigenes Leben einlassen kann.“

„Draco, so darfst du nicht denken. Natürlich war dein Vater nicht begeistert, als er die neuesten Entwicklungen von mir erfuhr. Aber er ist dein Vater und er liebt dich, er will nur dein Bestes“, versuchte Narzissa, Draco zu besänftigen. Der aber schnaubte nur verbittert, während er mit Narzissa den Kamin ansteuerte, der sie direkt zu der Außenstelle des Ministeriums an der Küste bringen würde, von wo aus sie das Schiff nach Askaban besteigen würden.

„Oh ja, er liebt mich, aber nur, solange ich so funktioniere wie er das für richtig befindet“, brachte Draco seine Überzeugung zum Ausdruck. „Was Vater noch mehr liebt als mich ist Macht, Ansehen und die Stellung unserer Familie in der Gesellschaft. Wenn ich da nicht mitziehe, ist es auch mit der Liebe nicht mehr weit her. Und mein Bestes …, das muss ihm genehm sein.“

Narzissa schüttelte resigniert den Kopf.

„Du tust deinem Vater Unrecht“, flüsterte sie, den Blick krampfhaft gen Boden gerichtet, was Draco zu der Erkenntnis brachte, dass er den Nagel auf den Kopf getroffen hatte.

Wenig später bestiegen die beiden mit anderen Besuchern das Schiff, das ein Mal im Monat Askaban ansteuerte, um den Verwandten der Gefangenen die Möglichkeit zu geben, ihre Angehörigen zu besuchen. Anlässlich des Weihnachtsfestes hatten sich sehr viele Besucher an der Anlegestelle eingefunden, so dass sich das Schiff sowohl über als auch unter Deck recht schnell füllte. Da auf Grund der Witterung natürlich niemand die Plätze im Freien benutzen wollte, platzen die beheizten Räume bald aus allen Nähten. Draco und Narzissa fanden einen Platz auf dem Oberdeck. Draco rollte innerlich mit den Augen, als sich seine Mutter ausgerechnet zu Marietta Parkinson setzte, die wohl ihren Mann besuchte.

„Draco, wie schön, dich auch mal wieder zu sehen“, säuselte Pansys Mutter in ihrer nach wie vor vorhandenen affektierten Art.

Draco erwiderte den Gruß, ohne eine Regung zu zeigen. Hier den Malfoy von früher rauszuhängen fiel ihm nicht schwer.

„Sie sind allein, Marietta? Wo ist Pansy? Ist sie nicht mit dem jungen Nott zusammen? Wollen die beiden nicht auch ihre Väter besuchen?“

Draco merkte sofort, dass die Fragen seiner Mutter aufgesetzt waren. Es hatte sich nichts an der Scheinheiligkeit in der Gesellschaft der Reinblüter geändert. Niemand aus ihrem alten Bekanntenkreis war Narzissa erhalten geblieben. Gerade die Malfoys wurden jetzt mit Verachtung gestraft, da es ihr Anwesen war, von dem das Grauen Voldemorts zum Endspurt ansetzte, der Harry sei Dank nicht zum Ziel führte. Die einzige Freundin, die Narzissa inzwischen noch hatte war Leandra Greengrass, deren Ansinnen ja einst gewesen war, ihre Tochter Astoria mit Draco zu verheiraten. Heute erzählte sie ihr regelmäßig von Astorias Werdegang, der augenscheinlich nichts mit dem einer heiratswilligen jungen Dame gemein hatte. Astoria studierte im Ausland und war keinesfalls gewillt, schon den Ehehafen anzusteuern.

Mrs Parkinson riss Draco aus seinen Gedanken, als er sie seinen Namen aussprechen hörte.

„ … Draco scheint einer der wenigen zu sein, der es noch für nötig hält, seinen Vater zu ehren. Pansy will mit ihrem Vater nichts mehr zu tun haben, Theo hat sich auch von seinem Vater losgesagt. Unsere Familien brechen auseinander Narzissa… und alles nur wegen diesem Potter, der all unsere Zukunftspläne mit dem Sieg über den Dunklen Lord zerstörte. Wie kannst du es mit deinem Gewissen vereinbaren, Draco, mit Harry Potter eine Beziehung zu führen und gleichzeitig ein Malfoy zu bleiben?“

Das süßliche Lächeln von Mrs Parkinson schlich sich als brechreizfördernde Übelkeit in Dracos Magen. Er schluckte den aufkommenden Ärger herunter, um nichts Unüberlegtes zu sagen.

„Der Krieg hat uns alle verändert, Marietta“, kam ihm seine Mutter zu Hilfe. „Es muss nicht von Nachteil sein, Harry Potter in der Familie zu haben.“

Das sofort aufkeimende wissende Grinsen im Gesicht der schwarzhaarigen Frau, der Pansy so aus dem Gesicht geschnitten war, erfüllte Draco erneut mit Wut. Hier wurden gänzlich falsche Dinge unterstellt.

„Mutter“, warf er sofort ein. Doch Narzissas Blick ließ ihn verstummen.

„Gut gemacht, mein Junge. Man muss immer den bestmöglichen Weg suchen, um vorwärts zu kommen“, sülzte die Parkinson weiter und Draco war sich sicher, demnächst entsprechendes im Tagespropheten lesen zu können. Sollte dies das Los sein, dass sie beide noch wer weiß wie lange zu tragen hatten? Die Guten unterstelltem ihm Böses und die Bösen bezichtigten ihn der Berechnung. Er würde den Mantel des wahren Slytherin sicher nie loswerden und er war froh, dass zumindest Harry und ihre gemeinsamen Freunde ihm seine ehrlichen Gefühle für den Gryffindor abnahmen. Selbst seine Mutter hoffte insgeheim auf eine gefühlsmäßige Verirrung, um spätere Enkelkinder nicht endgültig ausschließen zu müssen. Und sie schien es für besser zu halten, seine Intentionen der öffentlichen Meinung anzupassen, um nicht noch größeren Schaden zu erleiden.

Was für ein scheinheiliges Getue. Draco war einfach nur angewidert und nur die Tatsache, dass er sich auf diesem Schiff befand, das mit einem Anti-Apparierschutz belegt war, hielt ihn davon ab, sofort hier zu verschwinden.

Draco machte daher gute Miene zum bösen Spiel und hielt sich mit weiteren Bemerkungen zurück, während Narzissa die Parkinson in ein belangloses Gespräch über die Gestaltung der kommenden Weihnachtstage verwickelte. Als das Schiff endlich am Steg der Gefängnisinsel anlegte war Draco froh, diesem Desaster endlich entkommen zu können, wohl wissend, das das nächste bereits auf ihn wartete.

Die beiden betraten die grauen Mauern Askabans und wurden augenblicklich von der nassen Kälte, die in dem alten Gemäuer wohnte eingehüllt. Zitternd wickelte sich Narzissa in ihren Umhang, während Draco die kalte Umgebung fast begrüßte, da sie es ihm leichter machte, seinen Geist zu klären und sich gegen seinen Vater zu wappnen. Das aufkommende Gefühl einer unterschwelligen Angst, als er sich bei Betreten des Gefängnisses wieder an seine eigene, nur wenige Wochen andauernde Haft hier erinnerte, verdrängte er gekonnt.

Sie durchschritten zahlreiche dunkle, nur mit magischen Fackeln spärlich erhellte Gänge. Obwohl keine Dementoren mehr in Askaban weilten war die Atmosphäre nicht minder schrecklich und Draco hatte zumindest in dieser Hinsicht Mitleid mit seinem Vater, der bereits viele Monate hier verbringen musste, als noch Dementoren die Gefangenen bewachten. Lucius war ein gezeichneter Mann, als er danach wieder nach Hause kam. Und doch brachte er es nicht fertig, sich dem Grauen zu entziehen, setzte seine Familie weiterhin dem Dunklen Lord und dessen Machenschaften aus, fügte sich dem Diktat des Aggressors.

„Wir sind da“, ranzte der Wärter, der sie durch das Labyrinth geführt hatte und blieb vor einer Zellentür stehen, die er jetzt mittels eines riesigen Schlüssels öffnete. Nach dem Krieg hatte man jegliche Magie aus Askaban verbannt. Zauberstäbe hatten hier keine Wirkung mehr, die Zellen wurden mit schweren Schlössern verriegelt. Es war seitdem keinem Gefangenen mehr gelungen, aus Askaban zu flüchten.

Knarrend öffnete sich die schwere Metalltür und Narzissa und Draco konnten eintreten.

„Sie haben drei Stunden“, kam es noch von dem grobschlächtigen Mann, ehe er die Tür mit einem lauten Knall wieder ins Schloss zog und sich der Schlüssel zwei Mal im Schloss drehte.

Lucius stand, ihnen den Rücken zudrehend, an der Maueröffnung, die ein Fenster darstellen sollte und durch die man nur einen sehr eingeschränkten Blick auf den Himmel werfen konnte. Die Anstaltskleidung hing schlaff an seinem dünner gewordenen Körper und sein langes Haar war glanzlos, aber trotzdem zu einem ordentlichen Zopf gebunden.

„Hallo Lucius“, begrüßte Narzissa ihren Mann, ging langsam auf ihn zu, als wäre sie sich nicht sicher, ob er ihr Erscheinen gutheißen würde.

Langsam dreht sich Lucius zu ihr um. Sein Gesicht war eingefallen und für einen Sekundenbruchteil voller Härte. Erst der Anblick Narzissas zauberte ein Lächeln in die verhärmten Züge, das auch in seine Augen wanderte und so Lucius' Blick Wärme schenkte.

„Meine Liebe, wie geht es dir? Du siehst hinreißend aus“, flüsterte er in ihr Haar, während er Narzissa so fest umarmte, als wäre er ein Ertrinkender und sie der Rettungsring. Erst als er den Kopf hob und seinen Fokus auf Draco warf konnte Draco förmlich sehen, wie sich die Miene seines Vaters wieder verschloss, auch wenn er meinte, einen Anflug von Unsicherheit zu bemerken, der aber verflog, als Lucius Narzissa aus seiner Umarmung entließ und sich Draco näherte.

„Ah, Draco, nach zwei Jahren hast du dich also dazu herabgelassen, mich mal wieder zu besuchen.“

Draco schluckte die spitze Bemerkung hinunter, die ihm bereits auf der Zunge lag.

„Hallo Vater, es freut mich, dich zu sehen“, sagte er stattdessen und war froh, als die ungelenke und sehr verhaltene Umarmung vorbei war, die die beiden Männer so schnell wie möglich hinter sich brachten. Lucius war ihm gegenüber noch nie ein Freund von körperlichen Zuneigungsbezeigungen gewesen, was sich jetzt noch verschlimmert hatte. Die unterkühlte Stimmung stand wie eine unsichtbare Wand zwischen ihnen.

Die drei setzten sich an den kleinen Tisch, der wohl nur anlässlich des Besuches heute zwei Stühle mehr um sich stehen hatte und mit Tee und Gebäck ausgestattet war. Das Ministerium hatte wirklich keine Mühen gescheut, dem Weihnachtsbesuch der Angehörigen wenigstens ein Mindestmaß an familiärer Stimmung zu ermöglichen. Kingsley Shacklebolts Richtung war eindeutig eine andere, als es die Zaubererwelt bisher kannte.

Narzissa schenkte Lucius, Draco und sich selbst den dampfenden Tee ein, während sich Vater und Sohn mit verhaltenen Blicken taxierten. Lucius war derjenige, der schließlich die Stille durchbrach.

„Wie mir deine Mutter erzählt hat, gibt es Neuigkeiten in deinem Leben, die gelinde gesagt überhaupt nicht in mein Weltbild passen. Welcher Neigung du nachhängst bleibt dir überlassen, solange du es hinter verschlossenen Türen tust und dir nach außen hin eine Frau suchst, mit der du unsere Linie fortführst. Habe ich dir DAS beigebracht? So egoistisch zu sein und die Familie zu vergessen?“

Draco lächelte versonnen. Genauso hatte er sich das vorgestellt. Vorwürfe und Verurteilungen, Vorurteile und Unverständnis. Aber er würde sich wehren. Das erste Mal in seinem Leben wollte er seinem Vater die Stirn bieten.

„Du nennst mich egoistisch?“, fragte er seinen Vater und reckte forsch das Kinn. „Wer hat denn das Leben von Frau und Kind aufs Spiel gesetzt, nur um Macht und Ansehen an der Seite eines Mannes zu erlangen, der nachweislich ein Verbrecher war?“

„Das willst du doch nicht etwa vergleichen?“, feuerte Lucius zurück. „Dir geht es doch nur um dein persönliches Vergnügen. Ich hingegen habe immer versucht, den Fortbestand meiner Familie zu sichern.“

„Ja, den Fortbestand der ach so noblen Familie Malfoy, die dafür auch über Leichen ging. Fast hätte ich mir auch auf diese Weise die Finger schmutzig gemacht. Zwei Mitschüler wären beinahe gestorben. Ich bin nicht stolz darauf, wirklich nicht. Ich schäme mich, dass ich so tief gesunken bin“, konterte Draco.

„Du hast es für uns getan, mein Schatz, für mich … auch das Mal … ich träume heute noch davon“, warf Narzissa bewegt ein.

„Macht es das besser? Severus hat an meiner statt dieses Opfer gebracht, nicht nur durch den Schwur gebunden, den er dir geleistet hat, Mutter, sondern auch wegen dem Versprechen, das er Professor Dumbledore gab. Ich habe ihm viel zu verdanken, denn ich habe versagt. Ohne Severus wäre das sicher unser aller Tod gewesen.“

Dracos Verbitterung darüber, dass man ihm solche Dinge abverlangt hatte und er eine gewisse Zeit tatsächlich bereit gewesen war, dies auch zu tun, war nicht zu überhören.

Lucius räusperte sich, aber Draco sprach einfach weiter.

„Als du wieder frei warst, Vater, bist du ihm sicher nur aus Angst weiter gefolgt und hast mich erneut in seine Arme getrieben, immer noch hoffend, dass dann alles gut wird. Und ich war ebenso blind und feige wie du … ich habe immer alles getan, um dir zu gefallen und meine Familie zu retten. Es hätte mich fast das Leben gekostet. Ich habe es nur Harrys Mut zu verdanken, dass ich noch am Leben bin.“

Lucius' Miene blieb unergründlich, aber es arbeitete in ihm, denn sein Kiefer war angespannt, die Wangenmuskeln zuckten. Sein Sohn hatte ihn gerade einen Feigling genannt und Draco rechnete dementsprechend mit einem Ausbruch. Doch weit gefehlt. Lucius schien jeglicher Kraft beraubt.

„Du verstehst das nicht, Draco. Ihm weiter zu dienen war die einzige Möglichkeit, uns und unseren Besitz zu erhalten. Wäre er an die Macht gekommen, wären wir jetzt an der Spitze der Gesellschaft ..“

„Und zu welchem Preis?“, schrie Draco fast. „Meinst du wirklich, es wäre erstrebenswert gewesen, in solch einer Gesellschaft zu leben? Es ist gut, so wie es gekommen ist. Auch wenn uns jetzt nicht mehr viel gehört von dem, was wir vorher hatten. Aber wir sind am Leben und haben die Möglichkeit, uns etwas Neues aufzubauen. Etwas Besseres ...“

Lucius schnaubte.

„Eine schwule Beziehung mit Potter nennst du also etwas Besseres?“

Narzissas zarte Hand legte sich auf die Finger von Lucius und streichelte sachte über die rissige Haut.

„Dass Mister Potter sich bereits damals so für unseren Draco eingesetzt hatte, als ich mich dort im Wald über ihn beugte und ihn unbemerkt nach Dracos Verbleib fragte, das konnte ich ja nicht ahnen. Aber ich wusste, dass er der Einzige sein würde, der das Überleben Dracos sichern konnte, indem er seiner Bestimmung nachkommt. Dafür musste er Überleben. Ich war also egoistisch. Als Mutter wollte ich, dass es meinem Sohn gutgeht. Und das will ich auch jetzt noch. Ich möchte, dass Draco glücklich ist. Das musst du doch auch so sehen, Lucius.“

„Herrje, natürlich möchte ich, dass unser Sohn glücklich ist, Narzissa. Aber muss er dafür gleich mit seinem Retter intim werden und sich ausgerechnet ihn als Partner aussuchen? Wer wird unseren Namen weitertragen, wenn keine Schwiegertochter da sein wird, die unseren Enkel austrägt?“, blaffte Lucius sie dermaßen an, dass sie ihre Hand abrupt zurückzog und hastig nach ihrer Teetasse griff, um einen Schluck zu trinken.

„Ist das alles, an was du denken kannst? Den Fortbestand unseres Namens?“

Draco war wütend, denn ihm wurde klar, dass Malfoy Manor für ihn endgültig gestorben sein würde, sobald sein Vater Askaban irgendwann verlassen durfte.

„Lucius, jetzt reg dich doch nicht so auf“, versuchte Narzissa erneut, der Eskalation entgegenzuwirken. „Denk doch mal daran, wie positiv sich diese Beziehung zu Mister Potter für uns gestalten kann. Er ist schließlich die wichtigste Person in unserem Land, nach dem Zaubereiminister, den er persönlich kennt und der ihm sehr gewogen ist.“

Dracso Nackenhaare stellten sich auf, denn Narzissas Schützenhilfe konnte nur nach hinten losgehen. Hier stand wieder die Unterstellung im Raum, er hätte alles geplant und zu seinem eigenen Nutzen forciert. Auch sein Vater schien Eins und Eins zusammenzuzählen. Sein Blick wurde wohlwollend.

„Draco, mein Junge, kann es sein, dass ich dich unterschätzt habe? Hast du das alles absichtlich herbeigeführt? Um das Ansehen unserer Familie wieder herzustellen, die uns zustehende gesellschaftliche Stellung zu sichern, damit irgendwann eine standesgemäße Eheschließung folgen kann?“

Lucius wuchs förmlich auf seinem Stuhl, malte sich wohl schon eine rosige Zukunft aus, wie er sie sich vorstellte.

Draco schüttelte resigniert den Kopf. Sein Vater würde es nie verstehen.

„Du bist genauso verblendet wie Mrs Parkinson vorhin. Die alten Zeiten sind vorbei, Vater. Ich habe es mir nicht absichtlich ausgesucht, mich in Harry zu verlieben. Es ist einfach passiert. Ich liebe ihn und so absurd ich das mit Blick auf unsere unrühmliche Vergangenheit auch finden mag, … aber er liebt mich auch, wir sind ein Paar. Und ich werde niemals eine Frau heiraten. Selbst wenn die Beziehung mit Harry nicht für ewig sein sollte … ich fürchte, ich bin schwul“, stellte Draco mit aller ihm möglichen Schärfe und am Ende anklingender Ironie klar.

„Da ist das letzte Wort noch nicht gesprochen“, wetterte Lucius, dessen Miene wieder kalt und abweisend wurde.

„Du bist also bereit, unseren Familiennamen aussterben zu lassen?“, setzte er noch provozierend nach, was Draco nur ein trauriges Lächeln entlockte.

„Vater, wir sind noch viel zu jung, um uns darüber schon Gedanken zu machen. Meine beruflichen Ambitionen scheinen dich hingegen gar nicht zu interessieren, oder doch? Ich studiere Tränke, werde den Abschluss zum Tränkemeister machen. Das geht einige Jahre. Außerdem wollen wir die Welt noch weiter bereisen, schöne Dinge erleben und uns weiterentwickeln. Zudem hat Harry bereits einen Sohn. Einen Patensohn. Teddy ist sogar mit mir verwandt, weil seine Großmutter Andromeda Mutters Schwester ist. Ich könnte mir sehr gut vorstellen, ihm mit Harry zusammen ein Ersatzvater zu sein. Schließlich ist er auch ein Black. Wer weiß, vielleicht adoptiert ihn Harry irgendwann sogar. Dann könnte er das Erbe der Potters und der Malfoys weiterführen.“

Lucius' Augen weiteten sich geschockt und er ließ sich schwer atmend in seinem Stuhl nach hinten sinken.

„Das wirst du mir nicht antun, Draco!“, stieß er jammervoll aus, sehr wohl ahnend, dass sein Sohn sich hier nicht reinreden lassen würde.

„Mach' die Augen auf, Vater“, bestätigte Draco die wachsende Erkenntnis seines Vaters. „Wenn du irgendwann Askaban wieder verlassen darfst, wird dich eine andere Welt erwarten als die, die du verlassen hast. Eine Welt, in der dein Name, unser Name nicht mehr das gilt, was er früher mal bedeutete und du darauf angewiesen bist, dass Mutter und ich es bis dahin geschafft haben, den Namen Malfoy wieder gesellschaftsfähig zu machen. Solange du das und die Tatsache, dass der Mann an meiner Seite Harry Potter ist nicht akzeptierst, siehst du mich hier nicht wieder. Ich wünsche dir den Umständen entsprechend alles Gute und dass du bald hier rauskommst. Aber ich wünsche mir auch , dass du mich irgendwann so akzeptieren kannst wie ich bin. Ich muss schließlich auch damit leben, dass mein Vater ein aktiver Todesser war. Leb' wohl, Vater.“

Damit erhob sich Draco und wollte zur Tür gehen, doch Narzissa sprang ebenfalls auf und hielt ihn zurück.

„Warte, Draco, du kannst doch jetzt nicht so gehen. Könnte ihr euch denn nicht einfach verzeihen? Euch gegenseitig achten und dem anderen Verständnis entgegenbringen?“

Ihr Blick wanderte zwischen Draco und Lucius hin- und her, blieb schließlich an Lucius hängen, der noch immer starr und stumm auf seinem Stuhl saß.

„Mister Potter ist wirklich ein sehr netter Mann, Lucius. Du müsstest sehen wie die beiden sich ansehen, wie sie miteinander umgehen. Ich bin froh, dass Draco jemanden gefunden hat, der ihn so liebt und den er auch so lieben kann. Auch wenn es keine Frau ist. Bitte, versuch es wenigstens … Lucius ...“

Draco rechnete es seiner Mutter hoch an, dass sie hier so Partei für ihn ergriff. Schließlich lief sie Gefahr, dass Lucius sich auch ihr entgegenstellte. Und sie liebte Lucius, das wusste Draco. Trotz allem was passiert war liebte sie ihren Mann. Der blieb nach wie vor stumm auf seinem Stuhl sitzen, starrte jetzt Draco an. Der sah sehr wohl, wie heftig es in Lucius arbeitete. Er konnte die Qual in seinem Gesicht förmlich sehen, da er es nicht mehr schaffte, seine sonst so akkurat sitzende Fassade aufrecht zu erhalten. In ihm stritten sich die Liebe zu seinem Sohn mit Tradition und Pflichterfüllung. Natürlich wollte er seinen Sohn nicht verlieren, aber dafür musste er ihn so nehmen wie er nun mal war und akzeptieren, was Draco für sich entschieden hatte. Doch er schien noch nicht so weit zu sein. Er brauchte Zeit. Dass Draco ihm die Stirn geboten hatte, schien ihn ebenso zu beschäftigen wie die Tatsache, dass Harry Potter jetzt Dracos Lebensgefährte war. Seine Welt lag in Scherben und ließ sich so schnell nicht wieder kitten.

Draco räusperte sich verhalten.

„Lass gut sein, Mutter. Ich habe nicht erwartet, dass er jubelt. Du hast schließlich auch eine ganze Weile gebraucht. Und sei ehrlich, du hoffst noch immer auf eine Schwiegertochter“, grinste Draco seiner Mutter unverhohlen ins Gesicht.

„Draco, bleib ernst. Man muss sich eben in Dinge fügen, die nicht zu ändern sind und das Beste daraus machen. Ob das das Manor ist oder dass ich jetzt arbeiten muss oder vielleicht mal einen Mann als Schwiegersohn bekomme. Wir müssen alle umdenken. Auch dein Vater. Und was in einigen Jahren ist, das wissen wir alle nicht.“

Draco lächelte. Seine Mutter war wirklich eine Frau, die sich von nichts unterkriegen ließ, sich den Gegebenheiten anpasste und nach jedem Rückschlag wie ein Phönix aus der Asche in neuem Glanz auferstand. Sie verlor niemals ihre Würde und er war sich sicher, dass sie auch Lucius wieder zu Würde verhalf, wenn er irgendwann wieder ein freier Mann sein würde.

„Ich gehe jetzt, Mutter“, ließ Draco sich nicht darin beirren, diesen Ort jetzt zu verlassen, denn er würde hier und heute mit seinem Vater keine Einigung erzielen. „Bleib du noch bei Vater und genießt die restliche Zeit, die ihr noch habt. Ihr seht euch schließlich erst wieder in vier Wochen. Bis gleich.“

Er küsste seine Mutter auf die Stirn, drehte sich um und klopfte an die Tür.

„Schon fertig?“, maulte der Wärter, nachdem er die Tür aufgeschlossen hatte.

„Ich ja, meine Mutter bleibt noch“, erwiderte Draco kurz und bündig. Ehe er dem Mann nach draußen folgte, drehte er sich nochmal zu seinem Vater um, nickte ihm kurz zu. Und wider Erwarten nickte sein Vater zurück, während ein winziges Lächeln an seinen Mundwinkeln zupfte.

Draco war trotz des unerfreulichen Verlaufs des Gespräches doch zufrieden, denn er hatte seinem Vater seinen Standpunkt klargemacht. Jetzt war sein Vater an der Reihe. Jetzt musste Lucius reagieren, den nächsten Zug machen. Draco würde warten. Vielleicht gab es ja doch eine Chance, dass er wieder ein normales Verhältnis zu seinem Vater aufbauen konnte. Auch wenn das wohl nie wieder so werden würde, wie es vor Voldemort war. Auch Harry war nicht gerade gut auf Lucius zu sprechen und er hatte allen Grund dazu. Es würde vielleicht immer schwierig bleiben, aber es war nicht hoffnungslos.

Mehr als zwei Stunden später stieß auch Narzissa wieder zu Draco. Sie verlor kein Wort mehr über Lucius. Was sie mit ihrem Mann besprochen hatte behielt sie für sich und Draco fragte auch nicht nach. Es war bereits alles gesagt.

„Wir werden dieses Jahr ein schönes Weihnachten haben, Draco. Ich freue mich darauf, wenn ihr beiden mich besucht.“

Narzissa lächelte dabei und doch konnte Draco den leisen Schmerz in ihren Augen erahnen, der davon zeugte, dass sie traurig war, erneut ohne Lucius feiern zu müssen.

Draco legte ihr den Arm um die Schulter und drückte sie an sich.

„Ja, wir werden sicher ein schönes Fest haben. Aber auf Silvester freue ich mich am meisten.“

Und mit diesen Gedanken beschäftigte er sich auch auf der Rückfahrt, die sie diesmal in Gesellschaft einiger fremder Hexen und Zauberer verbrachten, die Narzissa und ihn nicht ansprachen, so dass sich Draco irgendwann gedanklich ausklinkte, um sich die Reise mit Harry auszumalen.

Endlich wieder im Ministerium angekommen verabschiedete sich Draco recht bald von seiner Mutter, um schnell wieder nach Hause zu kommen, zu Harry. Es war ihm ein besonderes Bedürfnis, nach diesem anstrengenden Tag noch Zeit mit seinem Freund zu verbringen. Vor allem wollte er sich von ihm die Bestätigung dafür holen, dass er gut und richtig gehandelt hatte.

Als Draco im Grimmauldplace aus dem Kamin stieg war alles dunkel.

Nanu, ist Harry nicht zu Hause?, schoss es Draco durch den Kopf.

Er wirkte einen Lumos und ging auf den Flur, wo er sich die Schuhe von den Füßen streifte, den Mantel auszog und ihn mit Schal und Mütze an die Garderobe hängte. Dabei sah er den Lichtschein, der unter der Tür des kleinen Salons durchschimmerte. Dort war er also und wartete wohl schon auf ihn.

Freudig öffnete Draco die Tür und trat ein. Wohlige Wärme schlug ihm entgegen. Das Feuer im Kamin knackte und prasselte leise. Der Fernseher lief und war mit dem Feuer die einzige Lichtquelle im Raum. Draco grinste. Harry lag auf der Couch und schlief. Schnell war Draco bei ihm und drückte ihm sachte einen federleichten Kuss auf die Lippen, unter dem sich Harrys Lippen zu einem schelmischen Grinsen verzogen.

„Hey, du hast gar nicht geschlafen“, raunte ihm Draco zu und kniff ihn in die Seite.

„Wo denkst du hin?“, erwiderte Harry lachend. „Ich bin schließlich Auror. Das leise Knarren der Dielen im Flur hat mich geweckt.“

Harry setzte sich auf und musterte Draco mit neugierigem Blick.

„Und? Wie war es in Askaban … was hat dein Vater gesagt?“

Draco zögerte nur einen winzigen Moment, dann griff er sich Harrys Hand und zog ihn von der Couch.

„Komm mit!“

Harry folgte ihm ohne etwas zu sagen in die Bibliothek, wohl ahnend, was Draco vorhatte. Der öffnete das dort auf einem antiken Tischchen stehende Denkarium, das Draco Harry zum Geburtstag geschenkt hatte. Schließlich zog sich Draco diesen bestimmten Erinnerungsfaden aus dem Kopf und ließ ihn sanft in die Flüssigkeit gleiten, die das Denkarium ausfüllte.

„Ich möchte, dass du es dir ansiehst. Es betrifft ja auch dich.“

„Okay“, meinte Harry nur und ließ Dracos Hand nicht los, als er sich über das Denkarium beugte und mit seinem Geist in Dracos Erinnerung eintauchte.

„Das hast du wirklich gut gesagt“, bekam Draco einige Zeit später von Harry die Bestätigung, die er brauchte, um das immer wieder aufkeimende schlechte Gewissen erfolgreich zu verdrängen.

„Du denkst nicht, dass ich zu hart war? … Ungerecht oder unverschämt?“

Draco war noch nicht überzeugt. Doch Harry, der das sehr wohl bemerkte, packte ihn an den Schultern und drückte beherzt zu.

„Dein Vater ist derjenige, der sich bei dir entschuldigen müsste, weil er dich in seine Angelegenheiten mit reingezogen hat, wo man schließlich wegen seinem Versagen Dinge von dir verlangt hat, die man eigentlich nicht von einem 16-jährigen verlangen sollte. Du hast ihm deinen Standpunkt klargemacht, völlig berechtigt und angemessen. Jetzt ist er am Zug. Und wenn er seinen Sohn nicht verlieren will, dann wird er den nächsten Schritt tun. Warte einfach ab. Ich bin sicher, er wird sich arrangieren. Es dauert wahrscheinlich, … aber irgendwann ....“

Draco blieb skeptisch.

„Du glaubst tatsächlich, dass er uns eines Tages akzeptiert?“

„Deine Mutter hat es schon getan und die will er sicher nicht verlieren. Er wird sich fügen, glaub mir. Ich bin sicher nicht scharf darauf, irgendwann Weihnachten mit deinem Vater zu feiern … aber ich schätze, darauf wird es hinauslaufen. Und ich glaube, dass du dann sehr froh sein wirst. Denn im Grunde liebst du deinen Vater doch … trotz allem was passiert ist. Und er liebt dich auch, da bin ich sicher.“

Jetzt lächelte Draco. Ein Stein fiel ihm vom Herzen. Auch wenn er nicht wusste, wie sich das mit seinem Vater weiterentwickeln würde, sie hatten eine Chance. Und Harry blieb auch hier an seiner Seite.

„Danke Harry, das bedeutet mir sehr viel, wobei das wohl wirklich noch eine Weile dauern wird. Aber es ist schön zu wissen, dass du dann nichts dagegen hast ...“

Draco legte eine Kunstpause ein, als ihm ein Gedanke kam, der ihn schon eine Weile beschäftigte. Er traute sich erst nicht, es jetzt anzusprechen, aber schließlich fragte er doch.

„Jetzt mal noch eine andere Sache, Harry, … was ist eigentlich mit deiner Familie?“

Harry runzelte die Stirn.

„Ich gehe mal stark davon aus, dass du nicht die Weasleys meinst, oder?“

Ein Kopfschütteln zeigte Harry, dass er richtig lag mit seiner Vermutung.

„Natürlich nicht, die kenne ich ja.“

Harry atmete tief ein und stoßartig wieder aus. Die Dursleys bereiteten ihm noch immer Bauchschmerzen, wenn er nur an sie dachte, das wusste Draco auch. Aber es beschäftigte ihn ebenso, wie Draco die Sache mit seinem Vater.

„Ich habe mir schon überlegt, sie noch mal zu besuchen“, begann Harry zögerlich. „Ich will ihnen wenigstens ein einziges Mal sagen, … wie ich mich gefühlt habe die ganzen Jahre. Onkel Vernon ist mir dabei egal. Aber Tante Petunia ist die Schwester meiner Mutter. Ich will verdammt nochmal verstehen, warum sie so zu mir war. Und Dudley werde ich sagen, dass er sich meiner Welt nicht verschließen sollte. Er könnte schließlich durchaus mal ein magisches Kind bekommen. Ich schätze, das werde ich im nächsten Jahr mal angehen.“

„Soll ich dich begleiten?“, kam es ganz automatisch von Draco, der geradezu darauf brannte, die Muggelverwandtschaft von Harry kennenzulernen. Nicht nur, weil er inzwischen an die Gesellschaft von Muggeln gewöhnt war, sondern, weil auch er wissen wollte, weshalb die Dursleys Harry so stiefmütterlich behandelt hatten. Es lag nahe, dass ebensolche Vorurteile bei den Muggeln gegenüber ihren magischen Verwandten bestanden, wie bei den Reinblütern umgekehrt gegenüber den Muggeln. Er erinnerte sich gut an die Erzählungen seiner Mutter, die die Sortierung ihres Cousins Sirius Black nach Gryffindor ebenso miterlebt hatte, wie die anschließenden entsetzten und diskriminierenden Reaktionen innerhalb der Familie. Das Brandloch im Wandteppich mit dem Familienstammbaum, der heute noch im Grimmauldplace hing, stellte schließlich das unrühmliche Ende einer jahrelangen Hetze dar, die Dracos Tante Bellatrix noch dadurch krönte, dass sie ihren eigenen Cousin in verblendetem Hass tötete. Draco ertappte sich aber auch selbst dabei, dass er inzwischen nur deswegen an seine Tante Andromeda dachte, weil deren Enkel Harrys Patensohn war. Auch er war damit aufgewachsen, dass die Schwester seiner Mutter für die Familie nicht mehr existierte. Doch er wollte so nicht mehr weitermachen und wünschte sich deswegen auch für Harry eine Aussöhnung mit seiner leiblichen Familie.

„Das wäre schön“, meinte Harry erfreut und drückte Draco einen Kuss auf den Mund. „Und wird sicher sehr amüsant. Tante Petunia fällt wahrscheinlich in Ohnmacht, wenn sie bemerkt, dass ich einen Mann liebe und Onkel Vernon wird hinterher die Wohnung desinfizieren, damit er und Dudley sich nicht anstecken. Allein die Vorstellung ist es schon wert, das Ganze auch wirklich anzugehen. … aber erst wenn wir wieder aus Kapstadt zurück sind. Und jetzt lass' uns noch was essen und dann … ins Bett gehen.“

Harry zwinkerte ihm zu und da es noch nicht so spät am Abend war wusste Draco sofort, was genau sein Freund damit meinte ...

******

Weihnachten wurde ein ausgesprochen harmonisches Fest. Das vergangene Christfest fernab der Heimat in Kapstadt hatte Draco ja vergessen wollen, aber in diesem Jahr war schon die Vorweihnachtszeit so schön gewesen, dass er schon richtiggehend eingestimmt war, als der Morgen des Heiligen Abend schließlich anbrach.

Nach einem ausgiebigen Frühstück begleitete Draco Harry das erste Mal zu Andromeda Tonks, um Teddy Lupin zu besuchen. Draco fand es insgeheim ziemlich traurig, dass er Harry quasi als Fremder zu seiner eigenen Tante begleitete. Denn er kannte diese Schwester seiner Mutter nicht, er war ihr vorher nie begegnet. Aber inzwischen war es ihm sehr wichtig, auch diesen Zweig seiner Verwandtschaft kennenzulernen.

Seine Mutter hatte bislang noch keine Anstalten gemacht, sich ihrer Schwester wieder zuzuwenden, obwohl Andromeda von Narzissas Familie als Einzige noch übrig war. Aber es waren inzwischen Jahrzehnte vergangen. Die entstandene gesellschaftliche Kluft hatte sie auch emotional voneinander entfernt, so dass eine Annäherung schwierig erschien. Harry hatte Narzissa allerdings schon mehrfach ermuntert, Andromeda einfach zu besuchen. Denn als die damals Ausgestoßene erhoffte sich Andromeda zwar insgeheim ein Wiedersehen mit ihrer Schwester, scheute aber den ersten Schritt, da sie Angst vor erneuter Ablehnung hatte. Immerhin war Narzissa auch heute noch Lucius Malfoys Ehefrau und nach wie vor eifrig in der reinblütigen Zauberergesellschaft unterwegs.

Das kleine Haus der Familie Tonks, in dem Andromeda noch immer lebte, duckte sich tief verschneit zwischen Bäumen und Sträuchern, die ebenfalls, wie mit Zuckerguss überzogen kaum unter der kalten Pracht auszumachen waren. Es hatte die ganze Nacht und auch noch am Morgen geschneit. Alles war verborgen unter einer geschlossenen Schneedecke, die lediglich vom Haus zur Straße eine irritierende Unterbrechung aufwies, dort, wo Andromeda Schnee geschippt hatte.

Harry und Draco tauchten unweit des Hauses neben dem Wäldchen auf, um die Muggel im Dorf nicht unnötig zu verschrecken. Sie stapften durch den Schnee und wurden wenig später von der schon in der offenen Tür wartenden Andromeda erwartet.

„Harry, wie schön, dass du noch vorbeikommst“, rief sie dem Paten ihres Enkels freudig entgegen. Die Tatsache, dass Draco neben seinem Freund herlief schien sie weder zu überraschen, noch zu stören. Nachdem sie Harry in eine feste Umarmung gezogen und ihn an sich vorbei ins Haus geschoben hatte, wandte sie sich Draco zu.

„Mein Junge, du bist also Draco, Narzissas Sohn. Schön, dass du dich entschlossen hast, Harry nun bei seinen Besuchen hier zu begleiten“, kam es etwas zittrig über ihre Lippen. Sie zögerte erst, doch schließlich nahm ihre bewegte Stimmung überhand. Sie machte zwei Schritte auf Draco zu und schlang auch um ihn ihre Arme. Fest und innig drückte sie Draco an sich. Der wusste kaum wie ihm geschah. Der Schreck über die fatale Ähnlichkeit mit Bellatrix hatte ihn erst erstarren lassen. Doch bei näherem Hinsehen war ihr Haar eher braun als schwarz und als er Andromeda nun aus der Nähe in die braunen Augen schaute, erkannte er dort etwas gänzlich anderes. Er sah größere, weichere und hellere Augen, in denen er seine Mutter wiedererkannte. Auch wenn Narzissa blaue Augen hatte, so war die Ähnlichkeit doch unverkennbar. Ein Blick voller Liebe und Wärme, der zu seinem großen Erstaunen nicht nur Harry galt sondern auch ihm. Andromeda führte Draco ins Haus und schloss die Tür. In dem winzigen Flur fasste sie Draco nochmal an den Händen und fing seinen Blick ein.

„Du siehst deinem Vater sehr ähnlich“, murmelte sie leise, den einen Kopf größeren jungen Mann noch immer intensiv musternd. Draco senkte innerlich seufzend die Lider, denn diese Aussage erfüllte ihn nicht wirklich mit Freude. Die Ähnlichkeit mit seinem Vater hatte ihm in den letzten Monaten schon so manche unangenehme Situation beschert. Auch jetzt sammelte sich wieder leiser Groll in seinem Bauch, der wie eine ätzende Flüssigkeit durch seine Eingeweide waberte und ein unangenehmes Brennen hinterließ.

„Ich ...“, setzte Draco schon zu einer abwehrenden Antwort an, nicht ohne seiner Tante einen abweisenden Blick zuzuwerfen. Doch ihr sanfter Händedruck auf seinem Arm ließ ihn innehalten und ihre lächelnden Augen besänftigten seinen Unmut. Ihre Worte jedoch, nahmen ihm dann komplett den Wind aus den Segeln.

„...aber was mir Harry schon alles über dich erzählt hat, das zeigt mir, dass du vom Wesen her sehr viel mehr Narzissas Sohn bist. Und ich erkannte dabei auch so manches an dir, was mir nicht unähnlich ist. Narzissa hätte sich niemals mit einem Gryffindor, einem Mann der weißen Seite, wie es Harry nun mal ist eingelassen. Du hast das getan, … weil dir deine Gefühle wichtiger sind als alles andere. Das scheint mein kleines Erbe an dich gewesen zu sein. Und nun komm', du sollst Teddy kennenlernen ...“

Draco schluckte, war sichtlich gerührt von der offenen Art seiner Tante, die damit im krassen Gegensatz stand zu ihrer Schwester Bellatrix, die bösartig, fanatisch und unberechenbar gewesen war. Aber wie er von seiner Mutter wusste, hatte Narzissa sich immer besonders gut mit Andromeda verstanden. Und laut Harry war Andromeda auch die Lieblingscousine seines Paten Sirius gewesen, ein weiteres Schwarzes Schaf der Familie Black. Draco grinste, denn ihm kam der Gedanke, dass er sich ganz gut in die Reihe der abtrünnigen Blacks einreihte. Er war schließlich der letzte reinblütige Black und als Partner von Harry Potter ein exzellenter Anwärter für ein Brandloch in Walburgas Wandteppich. Nur gut, dass die alte Schreckschraube im Grimmauldplace nichts mehr zu melden hatte.

Harry, der seinen Freund die ganze Zeit mit einem freudigen Lächeln bedachte, legte Draco einen Arm um die Taille und ging mit ihm hinter Andromeda in das kleine Wohnzimmer, das trotz der offensichtlichen Enge sehr gemütlich eingerichtet war. Neben dem Kamin stand ein üppig geschmückter Weihnachtsbaum, das Kaminfeuer prasselte, auf dem Couchtisch davor standen Tee und Gebäck. Die Möbel waren einfach und doch geschmackvoll. Irgendwie erkannte Draco auch hier die Handschrift einer Black, nicht so edel und erlesen wie bei seiner Mutter, aber alles passte gut zusammen und ergab ein harmonisches Bild.

Unweit des Weihnachtsbaumes saß ein Kleinkind auf dem Boden, das augenscheinlich per Zauber daran gehindert wurde, sich dem Baum zu nähern. Es versuchte immer wieder vergeblich nach den unten hängenden Kugeln zu greifen, konnte aber dem glitzernden Schmuck nicht näher kommen als wenige Zentimeter, was in dem kleinen Mann ziemlichen Unmut auslöste. Sein braunes Haar wechselte plötzlich die Farbe und wurde pink, dann war es wieder kurz braun, um dann hellblau zu werden, feuerrot oder grasgrün. Je ungehaltener der Kleine wurde, desto schneller wechselten die Farben, um schließlich in einem wüsten Farbenmix zu enden … und fürchterlichem Geschrei.

Andromeda hatte die Arme in die Hüften gestemmt, stand nun aufgebracht neben ihrem Enkel, während Harry und Draco unweit der Tür stehenblieben, um das Schauspiel zu beobachten.

„Teddy Lupin, hör auf mit dem Geschrei. Der Baum ist und bleibt tabu. Du hast dein eigenes Spielzeug. Außerdem haben wir Besuch. Harry ist da … und er hat jemanden mitgebracht, den du noch nicht kennst, dein, ja was bist du eigentlich genau für ihn, Draco ..?“

Andromeda wandte sich zu Draco um, wobei der, wie Harry auch, noch immer Teddy im Blick hatte. Der hatte nämlich, kaum dass er den Namen Harry hörte, aufgehört zu schreien und den Kopf in ihre Richtung gedreht. Als er Harry erblickte überzog ein Strahlen sein Gesicht.

„RI“, kam es enthusiastisch aus Teddys Mund. Obwohl er seinen Paten ein ganzes Jahr nicht gesehen hatte, hatte Harry es geschafft, in den wenigen Monaten seit ihrer Rückkehr ein sehr inniges Verhältnis zu seinem Patenkind aufzubauen. Teddy hatte regelrecht einen Narren an Harry gefressen. Blitzschnell ließ er sich nach vorne auf die Hände fallen, stellte sich auf seine Füße, richtete sich auf und wuselte mit seinen kurzen Beinen zu Harry. Überraschenderweise hatte er jetzt schwarzes Haar, was Draco mit Erstaunen zur Kenntnis nahm.

„Hallo mein Kleiner“, rief Harry erfreut aus und ging in die Knie, um Teddy zu umarmen.

„Er verändert seine Haarfarbe jetzt willentlich?“, blickte er zu Andromeda auf, die begeistert nickte.

„Das macht er erst seit einigen Tagen, und immer, wenn ich von dir rede oder wenn er dein Bild sieht, dann werden seine Haare schwarz.“

Andromeda war sichtlich stolz auf die metamorphmagischen Fähigkeiten ihres Enkels.

„Er ist noch talentierter als seine Mutter es war. Ich denke, da schlagen die Gene von Remus durch. Er war zwar auch nicht reinblütig, aber magischer als Ted.“

Harry wandte sich wieder dem Jungen zu, dessen Haare noch immer schwarz waren.

„Schau mal Teddy, ich hab' dir heute deinen Onkel Draco mitgebracht.“

„Onkel?“ Dracos Augenbrauen wanderten nach oben. Er war alles, aber sicher nicht Teddys Onkel.

„Naja, zweiten Grades“, erklärte Harry, „aber das versteht er sowieso noch nicht.“, und wieder zu Teddy gewandt „Dracos Mama und deine Oma sind Schwestern. Möchtest du Draco mal Hallo sagen?“

Teddys braune Augen richteten sich interessiert auf Draco, der sich unweigerlich ziemlich durchleuchtet vorkam, als wolle Teddy bis in die Tiefen seiner Seele blicken. Ganz automatisch ging auch Draco in die Hocke und lächelte. Der Kleine war ein wirklich süßer Junge.

Langsam löste sich Teddy aus Harrys Umarmung und ging zaghaft auf Draco zu. Der streckte ihm die Hand hin und tatsächlich lag kurz darauf Teddys kleine Hand in seiner.

„Hallo Daco“, flüsterte Teddy und Draco klappte fast die Kinnlade herunter, als die Haare des Jungen plötzlich in hellem Blond erstrahlten. Allerdings nur kurz, bevor sie wieder braun wurden und er zu seiner Oma hüpfte.

„Naja, wenn es auch mit der richtigen Aussprache noch etwas hapert, seine Magie ist schon mächtig aktiv.“

Draco fühlte sich sehr wohl im Haus seiner Tante. Es wurde ein richtig netter, harmonischer Nachmittag, bei dem Draco so einiges über seine Mutter, deren Schwestern und seine Cousine erfuhr. Er war froh, dass er sich dazu entschlossen hatte, Harry bei der Betreuung seines Patenkindes zu unterstützen. Das hätte er natürlich auch getan, wenn Teddy nicht mit ihm verwandt gewesen wäre, aber so war es umso schöner. Denn jetzt hatte er etwas dazugewonnen. Seine Familie war gewachsen. Es war schön, noch eine andere Anlaufstelle zu haben neben Malfoy Manor. Ein Ort, wo er sagen konnte, ich geh' Familie besuchen, ein Ort, wo er willkommen war.

Als Draco und Harry am späten Nachmittag Andromeda und Teddy wieder verließen versprach Draco seiner Tante in die Hand, dass er bald mir Narzissa wiederkommen würde. Dass seine Tante ihn daraufhin mit Tränen in den Augen verabschiedete, machte ihn zuversichtlich, dass sie das Weihnachten im nächsten Jahr alle zusammen feiern würden.

Direkt aus Andromedas Garten apparierten die zwei dann postwendend nach Malfoy Manor. Da sie den Weihnachtstag auf Grund einer eindringlichen Einladung von Molly und Arthur Weasley im Fuchsbau verbringen würden, blieb für Narzissa nur der Heiligabend, da sie nach Weihnachten schon auf dem Weg nach Südafrika sein würden.

Narzissa öffnete persönlich die Tür, nachdem Draco mehrmals mit dem filigranen Türklopfer in Schlangenform gegen das edle Holz geklopft hatte. Dabei erinnerte er sich immer wieder gerne an Harrys amüsierte Bemerkung, als dieser das erste Mal mit ihm hier gewesen war. „Einmal Slytherin, immer Slytherin“, woran Draco auch jetzt wieder dachte und lächelte. Auch Andromeda war in Slytherin gewesen und hatte doch eindeutig den Mut einer Gryffindor bewiesen. Vielleicht hatte der Hut sie ja sogar dorthin einsortieren wollen und sie hatte ihn überredet, sie lieber nach Slytherin zu stecken, um ein Familiendrama zu vermeiden. Vielleicht hätte sie sich anders entschieden, wenn Sirius damals auch schon auf Hogwarts gewesen wäre. So handelte sie lieber slytherin.

„Frohe Weihnachten“, empfing sie die Hausherrin mit strahlendem Lächeln. Draco freut sich, dass seine Mutter ihr Alleinleben so gut meisterte. Allerdings entging ihm nie die leise Sehnsucht in ihren Augen, wenn sie in einem vermeintlich unbeobachteten Moment gedankenverloren mit dem Amulett spielte, das an einer filigranen Platinkette um ihren Hals hing. Es enthielt je ein Bild von Lucius und Draco und war ihr von Lucius kurz vor Beginn der Schlacht um Hogwarts geschenkt worden. Draco wusste, dass sie sehr oft an Lucius dachte. Sie vermisste ihn und hoffte sehr, dass ihre Bemühungen um eine frühzeitige Entlassung auf Bewährung bald Erfolg haben würden.

Draco und Harry wurden von Narzissa in den großen Salon geführt, wo alles weihnachtlich und sehr edel geschmückt war. Der Esstisch war festlich gedeckt, wobei die Speisen noch alle mit silbernen Hauben abgedeckt waren. Tannenduft und ein undefinierbarer Mix aus weihnachtlichen Aromen lag in der Luft, was Draco unweigerlich an seine Kindheit erinnerte.

„Setzt euch, ein kleiner Aperitif?“, steuerte sie Narzissa zu der Sitzgruppe vor dem Kamin.

Nicht wirklich eine Antwort abwartend griff sich Narzissa bereits zwei der drei gefüllte Sektkelche und reichte sie den beiden.

„Harry …, Draco ….“

Harry hatte Narzissa schon bei ihrem ersten Besuch nach Dracos endgültigen Auszug aus dem Manor gebeten, ihn mit dem Vornamen anzureden und Narzissa hatte es sich nicht nehmen lassen, sich dies dann ebenso von ihm zu wünschen. Sicherlich schwang bei ihr auch der Gedanke mit, dass es von Vorteil sein könnte, mit Voldemorts Bezwinger auf Du und Du zu sein. Aber da die beiden ganz gut miteinander auskamen, rückte dieser Gedanke bei Draco mehr und mehr in den Hintergrund. Er war zufrieden mit der Entwicklung.

Draco bewunderte generell Harrys Begabung, seine Mitmenschen schnell von sich einnehmen zu können. Obwohl er in Hogwarts anfangs eher der Außenseiter war, so zeigte seine Tätigkeit in der DA später, dass er es gut verstand, Gleichgesinnte hinter sich zu scharen und anzuleiten. Draco war sicher, dass ihm das in seinem Beruf als Auror auch zugute kommen würde. Auch als Professor auf Hogwarts konnte er sich Harry gut vorstellen. Vielleicht eine Option, wenn er irgendwann des Kämpfens müde sein würde.

Die drei stießen an und Draco merkte, dass Narzissa etwas auf der Zunge lag. Er konnte sich denken, was es war und wollte ihr daher die Anspannung nehmen.

„Ich soll dich von Andromeda grüßen. Sie hat sich sehr gefreut, mich kennenzulernen. Und ich war ebenso erfreut, auch wenn ich im ersten Moment dachte, Bellatrix steht in der Tür.“

Harry neben ihm gluckste.

„Das ging mir damals genauso. Aber nur auf den ersten Blick. Dann merkt man doch die äußerlichen Unterschiede, vom Charakter ganz zu schweigen ...“

Narzissa saß aufrecht, hielt etwas steif ihr Glas vor sich, so als müsse sie sich an etwas festhalten. Man konnte ihr Schuld und schlechtes Gewissen förmlich an der Nasenspitze ansehen. Draco war überrascht, dass sie ihre sonst so herrschaftliche Maske vor Harry fallen ließ.

„Mutter, ich möchte Andromeda im neuen Jahr wieder besuchen … und ich würde mich freuen, wenn du mich begleitest. Ich habe ihr das versprochen und sie hat es erfreut aufgenommen.“

Narzissa nahm hastig einen Schluck ihres Aperitifs, ehe sie irgendwie erleichtert ausatmete. Doch trotzdem schien sie noch Zweifel zu haben.

„Bist du sicher, dass sie mich sehen will? Ich hab sie die ganzen Jahre ebenso verstoßen wie der Rest der Familie. Ich hätte eher damit gerechnet, dass sie mir die Tür vor der Nase zuschlägt. Eigentlich habe ich sie immer vermisst, aber ich durfte das nie zeigen oder gar erwähnen. Schließlich hat sie damals die Ideale der Familie verraten.“

Harry runzelte kurz die Stirn, schürzte die Lippen. Sicher dachte er gerade an Sirius. Aber das Lächeln, das er kurz darauf zeigte bezeugte, dass er nicht vorhatte, ihr Vorwürfe zu machen.

„Lass' gut sein, Narzissa. Wir müssen diese Zeiten hinter uns lassen und in die Zukunft schauen. Andromeda möchte ihre Schwester wieder zurückhaben. Das hat sie mir genau so gesagt. Sie hat zu viel verloren, sie möchte nicht auch noch auf dich verzichten müssen.“

Narzissa lächelte verhalten, aber ihre Augen strahlten.

Als sie Draco und Harry dann zu Tisch bat, fiel Draco dann etwas auf, was ihm bislang entgangen war, da er durch das Jahr in der Muggelwelt daran gewöhnt war, keine Hauselfen mehr um sich zuhaben.

„Sag mal, Mutter, wo ist eigentlich Prudy? Du hast doch wohl nicht selbst gekocht?“, fragte er Narzissa und zwickte sie belustigt in die Taille, was ihr einen erschrockenen Aufschrei entlockte.

„Draco, der Einfluss deines Freundes ist offensichtlich“, maßregelte sie ihren Sohn, doch ihre freundliche Miene strafte die vermeintlich bösen Worte Lügen.

„Ich habe Prudy freigegeben. Sie hat das Essen zubereitet, ich habe aber den Weihnachtskuchen gebacken und die Tafel gedeckt. Nun ist sie auf Hogwarts, um dort den anderen Elfen aus ihrer Familie zu helfen und dort mit ihnen Weihnachten zu feiern.“

Draco rückte seiner Mutter den Stuhl weg, damit sie sich setzen konnte und nahm dann ihr gegenüber neben Harry Platz.

„Kreacher ist auch auf Hogwarts“, meinte Harry. „Interessant, dass auch für die Hauselfen Hogwarts zu einer Heimat geworden ist, zu der man immer wieder gerne zurückkehrt. Ich vermisse Hogwarts manchmal sehr, obwohl wir dort auch sehr schlimme Dinge erleben mussten. Aber es war immer mein einziges wirkliches zu Hause. Mehr als jeder andere Ort. Erst jetzt hat sich das geändert. Ich fühle mich sehr wohl im Grimmauldplace und in Godric's Hollow. Vor allem, weil Draco bei mir ist ...“

„Das ist schön.“

Obwohl Narzissa es Ernst meinte, konnte Draco den traurigen Unterton in ihrer Stimme heraushören. Sie trauerte noch immer dem verlorenen Ersatz-Oberhaupt der Familie Malfoy auf Malfoy Manor hinterher. Auch wenn sie Dracos Auszug akzeptierte, verdaut hatte sie seine Entscheidung gegen die Familientradition noch nicht.

Harry lenkte die Unterhalten während des Essens auf wundersame Weise in angenehmere und vor allem lustigere Gefilde. Daher hatten die drei einen wirklich angenehmen Abend. Die Nacht verbrachten die beiden in Dracos alter Wohnung, die jetzt als kleiner Gästetrakt fungierte. Es war ein eigenartiges Gefühl, sowohl für Draco als auch für Harry, hier gemeinsam die Nacht zu verbringen. Beide hätten im siebten Schuljahr, als Harry, Ron und Hermione von Scabior und seinen Mannen gefangen und ins Manor gebracht worden waren, sicher lauthals gelacht wenn man ihnen vorausgesagt hätte, dass sie einmal gemeinsam in einem Bett des Gästehauses die Christnacht verbringen würden. Aber Draco war froh darüber, dass sich alles so entwickelt hatte. Er hatte einen Menschen gefunden, der ihn so liebte wie er war und den er ebenso liebte. Dass das ausgerechnet Harry Potter war, sah er zwar als eine eigentümliche Entwicklung an, aber im Grunde war es nebensächlich. Hauptsache, sie waren glücklich miteinander.

Was die beiden allerdings nicht fertigbrachten war, unter diesem Dach intim zu werden. Obwohl sie bei ihrem sehr ausgiebigen Gute-Nacht-Kuss sehr wohl beide das Verlangen spürten, den anderen ganz in Besitz zu nehmen, konnte Harry wohl in Dracos Augen lesen, dass es heute Nacht nicht dazu kommen würde. Auch am nächsten Morgen sprang Draco recht schnell aus dem Bett, um sich im Bad unter eiskaltem Wasser abzukühlen. Als er frierend und zitternd aus der Dusche stieg, stand Harry nackt und sichtlich erregt im Türrahmen. Draco schluckte und seufzte gequält. Er ahnte, dass Harry sich nicht mehr würde zurückhalten lassen. Harry schien die Situation zudem zu amüsieren.

„Hey du Dramaqueen, du weißt schon, dass wir hier zaubern dürfen, oder? Es gibt Stillezauber und Verschlusszauber. Wo liegt dein Problem?“

Draco schlüpfte schnell ein seinen angewärmten Bademantel, verzichtete sogar darauf, sich noch einzucremen, um Harry nicht noch mehr Anschauungsmaterial für erotische Gedanken zu liefern.

„Ich weiß nicht, ich kann das hier nicht. Mit meiner Mutter unter einem Dach.“

„Deine Mutter ist nicht mehr hier“, raunte Harry mit einer Stimme, die Draco die Härchen im Nacken aufstellte. „Ich hab' sie gerade ins Waisenhaus gehen sehen. Ich denke, da findet jetzt die Bescherung statt. Sie wird eine Weile weg sein.“

Draco stand jetzt am Waschbecken und griff automatisch zur Zahnbürste, um sich die Zähne zu putzen. Er musste Zeit gewinnen. Konnte er es wirklich tun? Hier? Obwohl ja das Gästehaus nicht das Manor war, also ein eigentlich neues Refugium, das mit seinem Elternhaus nichts mehr gemeinsam hatte.

Warum kommt es mir so falsch vor, hier mit Harry zu schlafen?

Er wusste nicht ob es allen Kindern bei dem Gedanken, in ihrem Elternhaus Sex zu haben, genauso ging, aber er hatte damit gerade ein Problem.

Noch während Draco die Zähne putzte trat Harry hinter ihn, umarmte ihn und drückte ihm dabei seine gefährlich anregende, pulsierende Erregung gegen den Po.

„Lass es zu, Draco. Ich habe schon alle nötigen Zauber gesprochen. Niemand wird es mitkriegen. Wobei, wir haben in einem Bett geschlafen. Deine Mutter ist nicht von gestern ...“, raunte ihm Harry ins Ohr und sorgte damit für weiteres Herzwummern, erhöhten Blutdruck und Hitzewallungen. Von der erneut wachsenden Härte in seinem Schritt ganz zu schweigen.

Draco spuckte aus und spülte sich den Mund, legte in gespielter Ruhe die Zahnbürste zur Seite. Er hatte noch immer die linke Hand auf dem Waschbecken aufgestützt, hielt den Kopf gesenkt und wischte sich mit einem Handtuch den Mund ab.

„Würdest du etwa im Fuchsbau mit mir schlafen wollen, wenn wir, umgeben von lauter Weasleys dort heute Abend übernachten würden?“

Er spürte genau Harrys Grinsen in seinem Nacken, fühlte dessen heißen Atem über seine Haut streichen. Harrys Stimme war von einem verschmitzten Lächeln durchtränkt, als er antwortete.

„Das ist was anderes. Der Fuchsbau ist so klein, dass wir wahrscheinlich mit jemandem das Zimmer teilen müssten, wenn wirklich alle Anwesenden auch dort schlafen würden. Deshalb flohen wir ja auch nach Hause. Außerdem fliegen wir schon in zwei Tagen nach Kapstadt und sollen vorher noch alle deine Freunde besuchen und müssen packen und dann zum Flughafen zu fahren, weil du unbedingt mit dem Flugzeug fliegen willst, anstatt den uns geschenkten Portschlüssel zu benutzen. Wir werden ewig durch die Nacht fliegen, werden dort wahrscheinlich nicht viel schlafen, am Vormittag völlig gerädert in Kapstadt landen, werden von der dortigen Zauberergemeinde empfangen, unser Zimmer beziehen und uns umziehen, werden den Minister treffen und Smalltalk betreiben, den ganzen Tag herumgeführt und abends bei einem Galadiner abgefüttert, ehe wir endlich total geschafft ins Bett fallen und sofort einschlafen werden.“

Harrys Stimme war total theatralisch geworden und Draco grinste amüsiert in sich hinein, denn dass ihre Kondition zu weit mehr fähig war, das wussten sie beide. Harry war ungeduldig, das war deutlich zu spüren und Draco gefiel das.

„Das dauert mir alles viel zu lange … ich will dich jetzt!“, machte Harry am Ende mehr als deutlich klar, was er wollte. Und dass Harrys Hand bei diesen Worten vorwitzig unter Dracos Bademantel geschlüpft war und zärtlich seinen Schaft umschloss, während er sich gleichzeitig an Dracos Rückseite rieb war wenig hilfreich dabei, Dracos eigenes Verlangen erfolgreich zu unterdrücken, das er mit der kalten Dusche doch so wirksam abgekühlt hatte. Zumindest für kurze Zeit.

„Dann erzähl keine endlosen Geschichten, wenn dir das alles zu lange dauert“, knurrte Draco angespannt, richtete sich auf und ließ seinen Kopf nach hinten fallen, um sich sichtbar dem Gefühl der Lust hinzugeben. Harry hatte es geschafft. Der Punkt war erreicht, an dem Draco sich dem in ihm wütenden Feuer ergeben musste. Das Blut rauschte durch seine Adern, sammelte sich in immer stärker werdender Anspannung zwischen seinen Lenden, wo noch immer Harrys Hand dafür sorgte, dass das auch so blieb. Draco stöhnte laut.

Harry reagierte sofort, biss Draco leicht in den Nacken, leckte über seine Haut, stöhnte in sein Ohr, während er Draco blitzschnell von seinem Bademantel befreite.

„Unten oder oben?“

„Wenn du mich schon in meinem Elternhaus verführst, dann lass wenigstens mich oben sein“, stieß Draco aus, bevor er sich aus Harrys Griff befreite, um sich umzudrehen.

Beide stöhnten, als ihre Erregungen sich berührten und ihre Zungen in einem leidenschaftlichen Kuss miteinander tanzten. Draco spürte sofort, dass Harry die Zügel bereitwillig an ihn abgab. Draco liebte es, wenn Harry das tat. Denn ebenso wie Draco sich gerne von Harry verführen ließ, liebte es auch Harry, von Draco genommen zu werden. Es zeugte von gegenseitigem Vertrauen, dass sie beide so problemlos die Rollen tauschen konnten. Und es machte Draco gerade ganz schwindelig, dass Harry das ausgerechnet hier zuließ, obwohl heute eigentlich Harry die treibende Kraft war.

Wie die beiden ins Bett gekommen waren, das wusste Draco danach nicht mehr wirklich. Nachdem Harry ihm die Führung überlassen hatte, hatte sich in Dracos Kopf ein Schalter umgelegt und er hatte nur noch gefühlt, seinen Verstand völlig ausgeschaltet. Erst als beide schwitzend und schwer atmend, nass und verklebt nebeneinanderlagen wachte Draco aus seinem Rausch wieder auf.

„Wow, Draco, das war eine Wucht. Ich bin sicher, ich muss mein Frühstück gleich stehend einnehmen“, flüsterte Harry und streichelte ihm dabei träge über die Brust.

Draco wandte ihm erschrocken das Gesicht zu.

„Hab ich dir wehgetan? Ist es arg schlimm?“

Harrys Kopfschütteln beruhigte ihn nicht wirklich.

„Nein, hast du nicht. Es war geil. Aber es wird ohne Zauber sicher anhalten bis wir in Kapstadt sind. Also bitte kein Heilzauber, sonst muss ich dich womöglich auf der Flugzeugtoilette vernaschen.“

„Harry, du unersättlicher Lüstling“, lachte Draco, küsste seinen Freund liebevoll auf den Mund, um sich dann aus seiner Umarmung zu befreien.

„Ich geh alleine duschen … und du danach. Sonst kommst du doch noch auf dumme Gedanken ...“

In der Tür drehte er sich nochmal um, um sicherzugehen, dass Harry ihm nicht folgte. Doch der lag noch grinsend im Bett und zwinkerte ihm zu.

„Keine Angst, ich hab jetzt echt Hunger. Und es ist Zeit fürs Frühstück, wir müssen uns beeilen.“

Da Prudy aus Hogwarts zurück war, servierte sie diesmal persönlich den wirklich exzellenten Weihnachtsbrunch. Draco und Harry hatten gerade am Tisch Platz genommen, Harry mit leicht verkniffenem Gesicht, als auch Narzissa zur Tür hereinkam und die beiden freudig begrüßte.

„Einen wundervollen guten Morgen wünsche ich euch. Entschuldigt, dass ich zu spät bin, aber die Kinder wollten mich nicht gehen lassen. Es war eine sehr schöne Bescherung. Wie ich sehe, habt ihr euch schon zum Frühstück niedergelassen. Dann verschieben wir unsere Bescherung auf später.“

Sie hatte Draco und Harry zu verstehen gegeben sitzen zu bleiben, war stattdessen hinter ihre Stühle getreten und hatte erst Draco einen Wangenkuss gegeben und Harry zart beide Hände kurz auf die Schultern gelegt.

„Ich habe direkt auch wieder Hunger. Hatte nur ein wenig Tee und Porridge, bevor ich zu den Kindern gegangen bin“, beendete Narzissa ihren Monolog und setzte sich auf ihren Stuhl.

Ihr Blick streifte mit einem eigentümlichen Lächeln über die beiden jungen Männer, ehe sie sich leise seufzend Kaffee einschenkte, sich Rührei und Speck auftat und nach einem Toast griff, um ihn mit Butter zu bestreichen.

Draco war sich sicher, dass seine Mutter ihm an der Nasenspitze ansah, aus welchem Grund er so tiefenentspannt und überglücklich strahlend neben Harry saß. Auch Harry hatte noch immer gerötete Wangen und diesen funkelnden Blick, den er immer danach hatte. Aber das wusste natürlich nur Draco. Er selbst kam sich jedenfalls durch Narzissas eindringliche Blicke irgendwie entlarvt vor, war aber am Ende doch eher davon überzeugt, dass seine Mutter sich darüber gar keine Gedanken machte. Sie hatte sicherlich nur erneut registriert, wie glücklich und zufrieden er und Harry miteinander waren. Etwas, was sie Lucius immer wieder erklären würde, um ihn dazu zu bringen, die Beziehung seines Sohnes zu Harry Potter zu akzeptieren. Dafür war Draco seiner Mutter sehr dankbar.

Nachdem sie ausgiebig gespeist, danach die Geschenke ausgetauscht und sich noch etwas unterhalten hatten, machten sich Draco und Harry auf, zum Fuchsbau zu flohen. Anders als Andromeda hatten die Weasleys ihren Kamin ans Flohnetzwerk angeschlossen. Damit war die Reise entsprechend kurz.

Obwohl es nicht Dracos erster Besuch im Fuchsbau war, hatte er auch heute wieder ein eigenartiges Gefühl, als er in dem schrägen und verwinkelten zu Hause der Familie Weasley aus dem Kamin stieg. Natürlich waren alle schon da und Draco und Harry platzten gerade in das gemütliche Beisammensein kurz vor der Teestunde.

Harry wurde natürlich wie immer mit großem Hallo begrüßt, geherzt, umarmt, gebusselt und auf die Schulter geklopft. Aber auch Draco wurde freundlich willkommen geheißen, so als wäre es eine andere Zeit gewesen, in der er seinem Vater folgend alle Weasleys als Blutsverräter und Hermione als Schlammblut bezeichnet hatte. Es war für Draco immer wieder eine besondere Erfahrung, wie viel Liebe und Wärme in dieser Familie herrschte, so dass man sich, im eigentlich für eine so große Familie recht winzigen Fuchsbau trotzdem vorkam wie in einem Palast.

„Hey Malfoy“, begrüßte ihn Ron zuerst, da er am nächsten stand, „das Schachbrett steht schon bereit. Ich hoffe, wir können nachher noch eine schnelle Partie einlegen.“

Ron schüttelte ihm die Hand und zwinkerte ihm zu, wurde aber dann von Hermione verdrängt, die ihn umarmte und rechts und links auf die Wange küsste.

„Fröhliche Weihnachten, Draco“, meinte sie fröhlich und flüsterte ihm noch eine persönliche Frage ins Ohr.

„Ich frage mich, wann er dich endlich mit Vornamen anspricht.“

„Wenn ich seine Prüfung bestanden habe?“, flüsterte Draco zurück und wandte sich dann lächelnd Blaise und Ginny zu.

Nach und nach machte er bei allen Weasleys die Runde, sogar Percy drückte ihm die Hand, auch wenn der dabei ziemlich verkniffen dreinschaute.

Charlie war ebenfalls aus Rumänien angereist und hatte zu Harrys und Dracos Überraschung einen Mann an seiner Seite, den er als seinen Lebensgefährten vorstellte und der auf den Namen Marius hörte. Charlie begrüßte nach Harry auch Draco besonders innig, vielleicht deswegen, weil er jetzt nicht mehr der einzige Mann in der Familie war, der eine gleichgeschlechtliche Beziehung führte.

Als sich später alle am vergrößerten Esstisch niederließen, um Tee und Mollys Kuchen und Gebäck zu genießen, war das nervöse Pulsieren in Dracos Brustkorb und das unangenehme Ziehen in seinem Bauch verschwunden. Er war tatsächlich in dieser Familie als Harrys Freund integriert worden, er fühlte sich akzeptiert und angenommen. Das war mehr als er je erhofft hatte.

Wenn ihm die übrige Zauberergesellschaft auch noch längere Zeit Verachtung und Misstrauen entgegenbrachte, dann musste er das eben so schlucken und das Beste daraus machen. Irgendwann würde sich das ändern, denn er hatte Harry, Familie und viele Freunde im Rücken, die ihm die nötige Stärke verliehen, um immer wieder zu zeigen, dass er nicht mehr der Todessersohn war, den alle, die ihn nicht persönlich kannten in ihm sahen.

Am Abend forderte ihn Ron tatsächlich noch zu einem Schachspiel heraus, das Draco für sich entscheiden konnte. Ron ließ sich eine Revanche natürlich nicht nehmen, so dass Draco und Harry erst sehr spät nach Hause flohten, da die folgende Partie ziemlich schwierig wurde und dementsprechend lange dauerte. Am Ende war Draco deswegen etwas unkonzentriert, so dass Ron ihn Schachmatt setzte.

Draco war nach diesen schönen Festtagen müde und glücklich und stieg nach dem ebenso zufriedenen Harry in den Kamin.

„Bye Harry, und viel Spaß am Kap, Draco“, war das letzte was er von Ron hörte, bevor ihn der Sog des Transports durch das Flohnetzwerk zerrte.

Als Draco im Grimmauldplace aus dem Kamin stieg und Harry ins Schlafzimmer folgte, überzog ein zufriedenes Lächeln sein Gesicht.

Noch am nächsten Morgen beim Frühstück freuten sich beide gleichermaßen über Rons endgültigen Segen für ihre Beziehung, indem er Draco endlich beim Vornamen nannte.

Der Besuch bei Dracos Freunden verlief gleichermaßen harmonisch, so dass die beiden einen Tag später lachend und scherzend ihre Koffer für Kapstadt packten.

„Ich fass es nicht, dass wir tatsächlich fliegen. Wir haben einen Portschlüssel und du willst auf Muggelart reisen. Diese Entwicklung deiner Persönlichkeit finde ich tatsächlich etwas erschreckend“, lamentierte Harry breit grinsend und warf zwei Jeans und drei Hemden aufs Bett, wo schon Unterwäsche, Socken und T-Shirts lagen.

Draco war mit seinem Koffer bereits fertig und saß mit angezogenen Beinen auf der Fensterbank, das Kinn auf den Knien abgelegt. Er legte leicht den Kopf schräg, um Harry anschauen zu können.

„Wie, du freust dich nicht, dass ich mich für die Reiseformen der Muggel inzwischen sehr begeistern kann? Ich finde fliegen einfach faszinierend. Auch wenn es mir am Anfang Angst gemacht hat, weil ich es nicht selbst beeinflussen kann, finde ich es inzwischen echt cool. Auch wenn ich ohne Anti-Übelkeitstrank nicht auskomme, aber das stört mich nicht. Und für die Rückreise nehmen wir ja den Portschlüssel.“

„Das könnten wir auch jetzt schon. Wir könnten etliche Stunden früher dort sein“, beschwerte sich Harry nun schmollend und Draco war sich nicht sicher, ob sein Freund nun wirklich etwas ungehalten war oder ihn doch nur aufzog.

„Komm schon, Harry. Du liebst es doch auch, zu Fliegen“, begann Draco erneut.

„Auf dem Besen, ja.“

Draco rollte mit den Augen und verließ seine erhöhte Sitzposition. Mit den Händen in den Hosentaschen schlenderte er auf Harry zu. Der räumte gerade die letzten Kleidungsstücke in den Koffer und richtete sich auf, als Draco direkt neben ihm stehenblieb.

„Gib zu, dass du es auch genießt, im Flieger neben mir zu sitzen, aus dem Fenster zu schauen, den Ausblick zu genießen und mich über den Wolken zu küssen ...“, raunte ihm Draco lasziv ins Ohr.

Harry wandte sich um und legte Draco ganz sanft eine Hand in den Nacken, so dass sich bei Draco alle Härchen aufstellten. Ihre Blicke verhakten sich. Je länger Draco in Harrys grüne Augen blickte, desto heftiger begann es in seinem Bauch zu kribbeln. Wohlige Wärme durchflutete seinen Körper. Wieder übermannte ihn dieses Gefühl, das er nicht wirklich beschreiben konnte und das er zuvor noch nie so intensiv gefühlt hatte. Schon gar nicht bei einem anderen Mann. Er genoss es jedes Mal aufs Neue, wenn diese Emotionen in immer stärker werdender Heftigkeit in ihm aufwallten und ihn fast zu überwältigen drohten. Als hätte Harry ihm das Begehren von den Augen abgelesen zog er ihn zu sich und küsste ihn. Ausgiebig und innig, voller Inbrunst und Hingabe.

„Du solltest dort oben nur zur Toilette gehen während ich schlafe“, brummte Harry, nachdem er sich wieder von Draco gelöst hatte, „sonst machen wir uns womöglich der Unzucht in luftigen Höhen schuldig.“ Er grinste und kniff Draco, noch immer eine Hand in dessen Nacken platziert, mit den Fingern der anderen in die Wange.

„Potter, du durchaus liebenswerter kleiner Bastard musst aufpassen, dass ich dich in luftiger Höhe nicht gleich auf deinem Sitz festnagle, schließlich sind wir Zauberer“, zischte Draco ebenso grinsend und fing Harrys Mund wieder ein. Seine Hände hatte er schon längst aus den Hosentaschen gezogen, um sie fest auf Harrys Rückseite zu platzieren. Harry andächtig küssend stellte er sich die angedrohte Situation vor, aber insgeheim wusste er, dass nichts dergleichen geschehen würde, denn er würde genug damit zu tun haben, das mulmige Gefühl beim Start zu verdrängen, er würde wieder einen Trank gegen Reiseübelkeit benötigen, der ihn müde machte und musste sich dann für die Landung wappnen. Obwohl er das Fliegen in einem Flugzeug wirklich sehr liebte, war es für ihn mit leichten Unannehmlichkeiten verbunden, die ihm auf einem Besen nun mal nicht passierten. Aber er wusste ganz genau, wie sehr wiederum Harry das Portieren hasste. Es war für ihn noch unangenehmer als das Flohen. Und daher sah Draco es als gerecht an, dass sie beide gleichermaßen mit kleinen Problemchen zu kämpfen haben würden. Draco auf dem Hinflug, Harry auf der Rückreise per Portschlüssel.

Ein weiterer intensiver Blick von Harry offenbarte, dass der genau wusste, was in Draco vorging und Dracos Miene zeigte Harry, dass es bei ihm ebenso war. Harry lächelte versonnen und streichelte Draco kurz über die Stelle, in die er kurz zuvor noch gekniffen hatte. Harry sagte nichts, aber der Ausdruck in seinen Augen sprach Bände und bescherte Draco erneut ein absolutes Wohlgefühl.

Er wusste nicht, ob er dieses Glück wirklich verdient hatte, aber er war dankbar, dass er es erleben durfte.

******

Am nächsten Tag starteten sie endlich in den so heftig herbeigesehnten Urlaub. Am frühen Nachmittag flogen sie nach Amsterdam, von wo aus sie dann am frühen Abend nach Kapstadt weiterreisten.

Den Flug verbrachten sie, natürlich entgegen ihrer gegenseitigen Prophezeiungen, damit, sich an ihre gemeinsame Reise zu erinnern und sich angeregt über einzelne Erlebnisse zu unterhalten, die ihnen besonders im Gedächtnis geblieben waren. Lustige Stimmung wechselte so ab mit leicht melancholischen Momenten und so manchem heißen Geplänkel, was dann doch im einen oder anderen verhaltenen Kuss endete. Da sie ihre mit einem Ignorierzauber belegten Zauberstäbe im Handgepäck verstaut hatten, versuchte sich Harry sicherheitshalber mit dem einzigen Zauber, den er bisher per stabloser Magie beherrschte, dem Muffliato. So konnten die beiden wenigstens gefahrlos über alles reden, was ihnen in den Sinn kam, ohne dass jemand etwas davon mitbekam. Besonders als irgendwann fast alle um sie herum schliefen, war das sehr nützlich. Als die Maschine am Vormittag endlich in Kapstadt landete, konnte Draco tatsächlich behaupten, den Flug genossen zu haben. Durch ihre angeregten Gespräche, das gespannte Verfolgen des Sonnenunter- und aufgangs, die Mahlzeiten und einige Stunden Schlaf war die Zeit schnell vergangen und da auch der selbst zubereitete Trank gegen Reiseübelkeit vorzüglich gewirkt hatte, war Draco sogar etwas enttäuscht, dass sie per Portschlüssel zurückreisen würden.

Beim Verlassen des Flughafens wehte ihnen ein laues Lüftchen um die Nase, was im krassen Gegensatz stand zu der schneidenden Kälte, die sie in London zurückgelassen hatten. Winterjacke und Pullover waren bereits im Handgepäck verschwunden und wurden durch die leichte Sommervariante ersetzt. Gut gelaunt steuerten die beiden alsbald das nächste Taxi an, verstauten ihre Koffer im Kofferraum und ließen sich zu dem Treffpunkt fahren, an dem ihr Kontaktmann aus der südafrikanischen Zauberergesellschaft sie erwarten sollte.

Nahe dem Green Market Square ließen sie anhalten und standen wenig später mit ihrem Gepäck am Rande des Platzes. Beide ließen ihre Augen über den Markt schweifen, auf dem viele fliegende Händler ihre Waren anboten. Draco wusste noch von ihrem letzten Besuch, dass man hier von afrikanischem Kunsthandwerk über Schmuck bis hin zu Lederwaren alles finden konnte. Dass sie gleichzeitig auch der magischen Einkaufsstraße Kapstadts so nah waren, das ahnten sie damals nicht. Und daher war Draco jetzt umso gespannter, auf welchem Weg sie dorthin gelangen würden.

Die Stimmung auf dem Platz war verführerisch. Der Klang der südafrikanischen Trommeln riss einen sofort mit und ließ auch Draco nicht kalt. Auch Harry neben ihm wippte bereits mit dem Fuß.

Der Markt war voller Menschen aller Hautfarben, die sich in den Hüften wiegten und im Takt in die Hände klatschten. Zahlreiche Tänzer, allesamt barfüßig, rissen vom Rhythmus gezogen ein Loch in die Menge, in dem sie sich von den Umstehenden angeheizt dem Rhythmus hingaben. Draco betrachtete fasziniert dieses bunte Treiben, musterte die Verkaufsstände in ihrer Nähe, wo hölzernen Giraffen, Puppen, bunte Ketten, Steine, Masken und Tücher von den Souvenirverkäufern feilgeboten wurden. Entlang der prächtigen Häuserfassaden säumte elegantes Personal die Terrassen der Cafés, Restaurants und Lokale und Draco hatte eigentlich eher Lust, es sich hier mit Harry gemütlich zu machen, anstatt jetzt den offiziellen Teil ihrer Reise zu absolvieren.

„Mister Potter, Mister Malfoy“, hörten sie plötzlich eine Stimme hinter sich, die sie veranlasste, der fröhlichen Kulisse vor sich den Rücken zu kehren. Ein junger Mann kam auf sie zu, nur wenig älter als sie selbst, strohblond und braungebrannt, leger gekleidet in Muggeljeans, Sneakers und T-Shirt. Er schüttelte erst Harry und dann Draco die Hand, während er sich wortreich vorstellte.

„Darf ich mich vorstellen? Ich bin Jonathan Fitzgerald, aber nennen Sie mich bitte Jon. Ich bin der Assistent des Zaubereiministers und darf sie ganz herzlich in der Kapstadter Zauberergesellschaft begrüßen. Bitte folgen Sie mir in das Cafè dort drüben. Dort ist der Eingang zur Clearance Alley ...“

Jonathan zeigte auf ein hübsches, kleines Cafè, das zu ihrer Linken zum Verweilen einlud. Draco war es schon bei ihrer Ankunft ins Auge gefallen, weil es irgendwie nicht in die Architektur der Umgebung passte. Es war also tatsächlich nur für Zauberer sichtbar und das äußere Erscheinungsbild erinnerte stark an Fortescue's Eissalon in der Winkelgasse.

„Die Muggel sehen da übrigens ein leerstehendes Haus im viktorianischen Stil, das … schon seit vielen Jahren … zum Verkauf steht. Nur, dass es keiner kaufen will und das auch keinen weiter stört“, flüsterte er Harry ins Ohr und lachte dabei, ehe er den zwei Besuchern voranging, die mit ihrem Gepäck beladen folgten. Draco war froh, als sie die Tür endlich hinter sich schließen und ihr Gepäck so klein zaubern konnten, dass es bequem in ihre Jackentaschen passte. Während Jonathan ein paar Worte mit der Bedienung wechselte, musterten Draco und Harry im Entree des netten Cafès die etwas altmodische Einrichtung und zumindest Draco fühlte sich sofort wie zu Hause. Nicht etwa weil ihm die Möbel sonderlich gefielen, sondern weil diese das Flair ihrer magischen Welt widerspiegelten, zu der er jetzt wieder gehörte. Er freute sich darauf, diesen Ort, den er mit Harry schon auf Muggelart besucht hatte, nun auch auf magische Weise zu erleben.

Jonathan Fitzgerald beendete sein Geplänkel mit der jungen Frau und wandte sich wieder Draco und Harry zu.

„Folgen Sie mir meine Herren.“

Voller Enthusiasmus strebte er dem Hinterausgang zu und blieb vor einer Tür stehen, die aus fast schwarzem Holz gefertigt war und keinerlei Schloss, Klinke oder sonst eine Vorrichtung zum Öffnen hatte. Jonathan zückte seinen Zauberstab und berührte die Tür, die kurz aufleuchtete und sich lautlos zur Seite bewegte.

„Funktioniert wie in ihrer Winkelgasse“, erklärte er. „Sie werden ja sicherlich nicht nur in der Clearance Alley bleiben wollen. Unsere Stadt hat so viele schöne Dinge zu bieten. Aber das wissen Sie ja bereits.“

Draco und Harry nickten zustimmend und folgten dem Mann, den Draco bei genauerer Betrachtung als recht attraktiv empfand.

„Hey, muss ich mir Gedanken machen?“, raunte ihm Harry leise zu, als sie beide durch die Türöffnung getreten waren und Jonathan durch einen hell erleuchteten Gang folgten. „Du starrst ihm auf den Po“. Ein leichter Vorwurf klang unterschwellig mit.

Draco kicherte amüsiert.

„Ich hole mir nur Appetit, essen werde ich immer zu Hause“, flüsterte Draco so leise wie möglich, während er Harrys angriffslustig funkelnde Augen fixierte und ihm verheißungsvoll zuzwinkerte.

„Das will ich dir auch geraten haben“, raunte Harry, lachte dabei aber in einer Art und Weise, die zeigte, dass er es ebenso sah wie Draco. Er hatte den attraktiven Südafrikaner gleichermaßen von oben bis unten gemustert. Auch wenn sie beide keinerlei Interesse an anderen Männern hatten, so liefen sie keinesfalls mit Scheuklappen durch die Gegend.

„So meine Herren, da sind wir“, wandte sich Jonathan jetzt um, um Draco und Harry mit einer einladenden Armbewegung an sich vorbei zu lotsen. Als sie den Torbogen durchschritten hatten, fanden sie sich auf einer Straße wieder, die vor buntem Leben nur so strotzte. Aber anders als die Winkelgasse gestaltete sich die Clearance Alley hell, etwas exotisch und sehr bunt. Die einzelnen Gebäude vereinten kaptypische Stile. Blütenweiß gestrichene Bauten im kapholländischen Stil wechselten ab mit bunten, aber schlicht gehaltenen, doppelgeschossigen Häusern der georgianischen Epoche und den eher kunstvoll gestalteten, mit schmiede- und gusseisernen Balkonen, Geländern und geschnitzten Holzrahmen um die Oberlichter versehenen Gebäuden der viktorianischen Bauart. Einiges erinnerte also doch sehr an die Winkelgasse, nur dass es eben sehr viel heller, freundlicher und bunter war. Lediglich die Filiale von Gringotts sah genauso aus wie die in der Londoner Zauberer-Einkaufsmeile, nur dass das Weiß hier noch mehr strahlte.

Die drei jungen Männer schlenderten durch die Menschenmenge, die zu Dracos großer Erleichterung kaum Notiz von ihnen nahm. Bis nach Südafrika war es wohl nicht so durchgedrungen, was Harry Gutes oder Draco Böses getan hatten. Fast keiner erkannte sie, nur wenige schauten etwas genauer und intensiver hin und zumindest Harry wurde dann ab und an freundlich angelächelt. Harry war hier kein Held, kein Star, kein Idol, dem die Jugend nacheiferte und die Presse nachstellte. Das konnte also, so wie vor einem Jahr, ein wirklich entspannter Aufenthalt werden.

„Wir sind gleich da“, erklärte ihnen Jonathan. „Anders als in London ist unser Ministerium hier in der Clearance Alley zu finden. Und direkt daneben befindet sich ihr Hotel. Sie können also gleich einchecken und sich frischmachen. Um 12 Uhr warte ich dann auf sie vor dem Ministerium.“

Wenig später befanden sie sich auf einem kleinen Platz, an dessen Stirnseite sich ein majestätisches Stadthaus im Kap-Rokoko-Stil präsentierte. Strahlend weiß, zweistöckig, die Fassade dominiert von vielen Sprossenfenstern und dem kunstvoll barocken Balkon, der von Säulen gestützt, dem Eingang eine imposante Umrahmung gab. Es war eine perfekte Kopie des als „The Old Town House“ bekannten ehemaligen Rathauses und jetzigen Museums am Greenmarket Square. Rechts daneben schmiegte sich das kleinere, aber nicht weniger eindrucksvolle Hotel als perfekte Kopie, wie ein kleiner Bruder an die Seite des Ministeriums. Jonathan steuerte darauf zu und meldete kurz darauf die beiden prominenten Gäste an der Rezeption an.

Draco und Harry hatten kaum Zeit, das ihnen offerierte Zimmer zu begutachten. Es war riesig und sehr ansprechend eingerichtet. Das Bad entlockte Draco einen begeisterten Pfiff. Leider kamen sie nur dazu, eine schnelle Dusche zu nehmen und sich umzukleiden, denn die Uhr mahnte zur Eile.

Punkt 12 Uhr steuerten sie den Eingang des Ministerium an. Schick gekleidet in hellen Stoffhosen, weißen Hemden, mit lose gebundener Krawatte und Slippers waren beide eine Augenweide. Und staunten nicht schlecht, als ihnen Jonathan in Anzug und Krawatte gegenübertrat. Hermines Tipp war also Gold wert gewesen. Die Zauberer Kapstadts hatte die traditionellen Roben in den Bereich der hochoffiziellen Anlässe verbannt. Daher waren die Zauberer hier selbst im Ministerium kaum von Muggeln zu unterscheiden, da sie es inzwischen gelernt hatten, ihre Kleidung den gerade üblichen Modetrends der Muggel anzupassen. Obwohl Draco die formelle Zaubererkleidung sehr schätzte, war es ihm sehr recht, dass es hier ziemlich leger zuging. Er hatte während ihrer Reise die Muggelkleidung zu schätzen gelernt und fand außerdem, dass Harry in einem Armani-Anzug bei weitem attraktiver aussah, als in der schönsten Festrobe – von sich selbst ganz zu schweigen.

Jonathan führte sie durch das ebenso schöne Innere des Ministeriums, in dem vor allem der Innenhof ins Auge fiel, in dessen Mitte ein Brunnen und viele Pflanzen für eine erfrischende Atmosphäre sorgten. Die zwei Stockwerke um den Innenhof beherbergten die repräsentativen Abteilungen, das Aurorenbüro und auch der Minister und seine Mitarbeiter waren hier zu finden. Wie in London gab es aber auch einige Stockwerke, die sich unter der Erde befanden. Draco und Harry wurden allerdings auf direktem Weg zum Minister geführt.

Draco war ziemlich angetan von der offenherzigen Art des Zaubereiministers. Der war noch recht jung, höchstens Anfang 40, und hatte sehr fortschrittliche Ansichten. Er erzählte, dass sein Vorgänger die Gruppierung der Todesser um Voldemort und den Krieg in England mit großer Sorge betrachtet hatte. Aber bis Kapstadt waren die Schergen des Dunklen Lords Merlin sei Dank nie vorgedrungen. Als Minister Murray dann das Amt übernahm, war der Krieg bereits vorbei. Allerdings hatte er alles Wissenswerte darüber sehr interessiert verfolgt und war ein großer Bewunderer von Albus Dumbledore. Für Harry empfand er großen Respekt, weil der jahrelang im Kampf gegen Voldemort bestehen konnte, obwohl er eigentlich noch Schüler war.

Nach dem von Harry vorausgesagten Smalltalk und einem Rundgang durch sämtliche Abteilungen des Ministeriums lud sie der Minister zu einem frühen Dinner, das auf dem großen Balkon im ersten Stock serviert wurde. Mit dem Minister, seinem Assistenten und einigen Abteilungsleitern, die sich dazugesellten, nahmen Draco und Harry nun ihre erste Mahlzeit im Kapstadter Zaubererviertel ein. Von dort oben hatten sie einen hervorragenden Blick auf die Clearance Alley. Und trotz des eigentlich offiziellen Charakters ihres Urlaubsbeginns fühlte sich Draco sehr wohl. Er beobachtete Harry, der sich angeregt mit dem Chefauror über die hiesigen Ausbildungsmodalitäten unterhielt. Harry wirkte zufrieden und sehr souverän. Auch Draco kam ins Gespräch mit dem Leiter der Abteilung für Tränkeforschung und -reglementierung. Ein Ressort, das in London noch in den Kinderschuhen steckte, weswegen er besonders aufmerksam zuhörte. Man konnte ja nie wissen, wohin sein Weg ihn beruflich führen würde.

Am Abend entführte sie Jonathan noch ein einen der angesagtesten Clubs in der Clearance Alley, so dass sie erst weit nach Mitternacht völlig geschafft in ihr Hotel zurückkehrten und todmüde ins Bett fielen.

Erst am nächsten Morgen begann ihr wahrer Urlaub. Vogelgezwitscher drang in Dracos Bewusstsein und holte ihn sanft aus seinem Traum. Dadurch nahm er auch das gleißende Sonnenlicht, das zwischen den nicht ganz zugezogenen Vorhängen ins Zimmer flutete, durch seine noch geschlossenen Lider wahr. Er blinzelte, drehte sich auf den Rücken und streckte sich wohlig.

Draco gähnte entspannt und blickte neben sich. Harrys Bettseite war leer. Aus dem Bad war das stetige Rauschen der Dusche zu hören. Draco streifte die Decke zur Seite und schwang seine Beine aus dem Bett. Mit wenigen Schritten war er am Fenster, schob die Vorhänge vollständig zur Seite und öffnete die Balkontür. Es war angenehm warm und das Leben pulsierte auf der Clearance Alley.

Draco breitete die Arme aus und atmete tief ein und aus, ehe er sich unvermittelt umdrehte, um zu Harry ins Bad zu eilen. Der wollte gerade die Dusche verlassen, aber Draco wusste das zu verhindern ...

Nach einem ausgiebigen Frühstück und einem ebenso ausgedehnten Bummel durch die Clearance Alley überlegten die beiden, was sie mit dem restlichen Tag noch anfangen wollten. Und irgendwie kamen beide auf dieselbe Idee. Sie wollten nach Camps Bay apparieren, wenige Kilometer südwestlich der Innenstadt und am Atlantik gelegen. Hier hatten sie im letzten Jahr Weihnachten verbracht und den Jahreswechsel gefeiert. Draco erinnerte sich gerne daran, denn bereits damals war da etwas Besonderes zwischen ihnen.

Den Gutschein, den ihm Harry damals geschenkt hatte benutzte er auch heute noch als Lesezeichen. Und wenn er mal wieder frustriert nach Hause kam, weil es so kraftraubend war, gegen Windmühlen anzukämpfen, dann las er Harrys Zeilen darauf und mit dem Lächeln, das sich dabei auf seine Lippen schlich, besserte sich auch seine Laune. Die Erinnerung an den Weihnachtstag und an die erfüllten Wünsche war ebenso stimmungsaufhellend, denn es war alles wunderschön gewesen. Das Picknick im botanischen Garten, das leckere Abendessen am Strand. Seine Wünsche. Ein einsamer, fauler Tag zu zweit am Strand von Lantau Island mit allen erdenklichen Annehmlichkeiten, ein Besenflug über eben jenen Strand bei Hongkong und ein weiterer Flug durch den Grand Canyon. Besonders letzteren hatte er mehr als genossen. Nicht nur wegen des Fliegens durch dieses eindrucksvolle Naturwunder, ganz nahe an Harrys Rücken gepresst, was schon das Allergrößte überhaupt war. Auch an ihr besonderes, intimes Erlebnis auf dem Grund des Canyons erinnerte er sich immer wieder gerne, denn es war einfach etwas ganz Besonderes gewesen.

Die Rückkehr nach Camps Bay erfüllte Draco daher mit mehr Melancholie als er vorher dachte. Der Anblick des Strandes, mit dem Panorama des Tafelberges und der Zwölf Apostel im Rücken ließ ihn schlucken. Ein Jahr war vergangen und sie kamen als Paar an diesen Ort zurück. Übermorgen würden sie hier das neue Jahr begrüßen und er wünschte sich, dass ihm das Glück weiter gewogen bleiben würde.

Sie schlenderten Hand in Hand am Strand entlang. Dracos Herz klopfte schnell, holperte irgendwie aufgeregt in seinem Brustkorb, so als würde er ahnen, dass hier gleich etwas wichtiges passieren würde. Oder war es doch nur die Freude, wieder hier zu sein, an einem der Orte, die sie bereits auf Muggelart bereist hatten?

Harry blieb stehen und ließ seine Hand los.

„Ich muss sagen, dass ich den Schnee, den wir in London zurückgelassen haben, wirklich nicht vermisse. Ist das nicht genial hier? Ich finde es total klasse.“

Harry ließ sich rücklings in den Sand fallen und streckte Arme und Beine weit von sich.

Draco blieb noch einen Moment stehen, setzte sich dann aber doch neben Harry in den Sand.

„Hey, was ist?“, meinte Harry noch voller Enthusiasmus, konnte aber seine wachsende Besorgnis nicht verbergen. „Warum bist du so still? Was hast du?“

Draco erinnerte sich an ihr Versprechen, sich immer alles zu sagen. Mit der linken Hand griff er sich Harrys Rechte und zog diese an seine Lippen, hauchte federleichte Küsse auf die Fingerspitzen, ehe er Harrys Augen suchte und seinen Blick einfing.

„Es war eine tolle Idee von deinen Freunden, uns nochmal hierher zu schicken. Es ist überwältigend, das alles wieder zu sehen. Es wieder als vollwertiger Zauberer zu sehen. Zusammen mit dir, als Paar. Ich bin wirklich überwältigt und total geflasht von allem hier. Deswegen bin ich gerade so still.“

Harry setzte sich auf, um Draco näher zu sein, ließ seine Augen nicht von ihm. Sie versanken geradezu im Blick des anderen.

Harry lächelte auf eine sehr anziehende, aber auch liebevolle Weise, kam Draco noch näher und flüsterte Wange an Wange gegen Dracos Ohr, so dass er nicht nur dessen einschmeichelnde Stimme hörte, sondern auch den Atem spürte, der mit jedem Wort kitzelnd über seine Haut strich.

„Weißt du, Draco … erinnerst du dich noch an das Gespräch, das wir hier letztes Jahr geführt haben, eines nachts, nach einem deiner Albträume? Du hast dich damals als meinen emotionalen Mülleimer bezeichnet. Ich denke, ich muss dir da sehr widersprechen. Du bist inzwischen so viel mehr für mich, du bist mein Freund … mein Partner, dem ich alles erzähle, dem ich zuhöre und mit dem ich alles erleben will und alles teile, weil … ich dich liebe.“

Draco spürte Harrys Lippen an seiner Wange entlangstreichen und ein hauchzarter Kuss wurde auf seine Lippen getupft.

„Ich bin sehr froh, dass wir dieses Silvester noch einmal hier verbringen. Das wird genial ...“, flüsterte Harry weiter.

Draco, von dieser ausführlichen Liebeserklärung etwas überrumpelt, konnte kaum einen klaren Gedanken fassen. Jetzt raste sein Herz geradezu und ihm stockte der Atem. Trotzdem verzog sich sein Mund zu seinem breiten Lachen und ein befreites Glucksen bildete sich in seiner Kehle. Er holte hastig Luft, räusperte sich verlegen und drückte Harry nun seinerseits einen schnellen Kuss auf den Mund. Dann flüsterte auch Draco, weil er Angst hatte, mit lauten Worten die romantische Stimmung zu zerstören, die zweifelsohne gerade vorherrschte.

„Ja Harry, dein Freund und Partner. Wer hätte das jemals gedacht. Ich kann es manchmal immer noch nicht glauben. Du hast mir eine Bewährung der besonderen Art geschenkt, die mir wahnsinnig viele Erkenntnisse, wunderbare neue Eindrücke, eine Menge Spaß und vor allem … die Liebe gebracht hat. Ich liebe dich auch.“

Wenig später tauchte der Sonnenuntergang Kapstadts Küste in ein rotes Licht. Ein zauberhafter Schein legte sich über die sich zärtlich küssenden Männer und verlieh der Szene etwas märchenhaftes. Doch dies war kein Märchen. Dies war das wahre Leben. Die gemeinsame Zukunft von Draco Malfoy und Harry Potter hatte endgültig begonnen und wurde von beiden mit offenen Armen begrüßt.

Ende


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