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Fanfiction

The Flaw of Perfection - Alte Wunden

von Dr. S

„Das nennst du einen Schlag?! Du hältst es für sinnvoll den verdammten Klatscher anzustupsen? Denkst du, er fliegt sich von alleine in die richtige Richtung, Fred?!“

„Sag mir gefälligst nicht, wie ich meinen Klatscher zu schlagen habe, James. Davon verstehst du nämlich rein gar nichts!“

„Ich bin der Kapitän. Ich kann all eure Jobs übernehmen und tausendmal besser darin sein. Vor allem, wenn ihr so eine Scheiße wie heute abliefert!“

Fred knallte seine Spindtür zu – zu fest, um sie ins Schloss zu kriegen. Sie ging quietschend wieder auf. Er rammte die Faust gegen das Metall und dieses Mal wagte sie es nicht wieder aufzugehen. Sein brodelnder Blick sprach für sich.

James machte den entscheidenden Schritt auf ihn zu. Er überthronte ihn um einen halben Kopf und lehnte sich trotzdem bedrohlich nah heran. „Hast du noch irgendwas zu sagen?“

Fred atmete tief durch. „Pass auf, James. Sonst hast du morgen nur noch einen Treiber.“

„Und du denkst, das würde das Spiel großartig beeinflussen? Denkst du, wir würden ein ganzes Spiel haushoch verlieren, weil du nicht da bist, um einen überflüssigen Ball in die falsche Richtung zu schlagen?“

Hinter ihm drückte sich Nummer drei beschämt Eis gegen die blutige Schläfe.

„Überflüssig, hm?“ Fred rammte seinen Schlagarm gegen James‘ Brust. „Willst du das nochmal sagen, nachdem du dich daran erinnerst, wie oft ich deinen Schädel vorm Platzen gerettet habe?“

James wischte Freds Arm weg, noch einmal, als Fred sofort wieder ausholte, und packte ihn am Kragen. „Soll ich dich daran erinnern, wie oft ich ein Spiel gewonnen habe, ohne dass du überhaupt ins Schwitzen gekommen bist?“

„Du kannst dich dran erinnern, weil ich die beschissenen Klatscher von dir –“

„Wenn du so gut bist, wieso erwischst du dann deine eigene –“

„Ich erwische dich gleich, du –“

„Jungs!“ Lily packte James am Arm. Sie war die Einzige, die sich überhaupt an sie herangetraut hatte. Bestimmend zog sie James von Fred weg. „Unfälle können passieren, oder? Sich darüber aufzuregen ist doch albern.“

„Albern?“, fuhr James sie an. „Albern?! Ihr findet das wohl alle albern, was? Weil das heute auf dem Feld wirklich albern war, und beschämend und unter eurer aller Niveau.“ Er schaute in die Gesichter seiner Mannschaft, betretene Blicke und rote Wangen. „Das war unser letztes Training vor dem Spiel morgen. Dem entscheidenden Spiel, falls ihr’s vergessen habt. Und ihr seht aus, als wäre es ein merlinverdammter Spaß!“

„Bevor wir dich als Kapitän hatten, war Quidditch auch Spaß“, blaffte Fred ihn an. „Du führst dich in letzter Zeit auf, als gäbe es nichts anderes. Ein Quidditch-besessener, sturer, verbissener Bastard bist du geworden. Kein Wunder, dass Scorpius nichts mehr mit dir zu tun haben will!“

Das war ein Stich in die absolut falsche Stelle. James schoss vor. Er packte Fred mit beiden Händen am Kragen und rammte ihn gegen seinen Spind. Er war so kurz davor ihm die Faust in die Fresse zu schlagen. So kurz, dass er es schon vor sich sah. Blutige Nase, fehlende Zähne, Schmerz…

„James, nicht doch!“ Lily quetschte sich zwischen sie, schubste James mit einem Ruck von Fred weg. „Was soll das denn?“

James behielt seine geballte Faust auf Schlaghöhe.

„Du…“ Fred schaute ihn bissig über ihre Schulter an. „Vielleicht hast du morgen einen Treiber weniger. Mal schauen, wie dir das passt.“

James senkte die Faust. Er sagte nichts mehr, drehte Fred nur den Rücken zu. Eine Sekunde später hörte er stampfende Schritte und eine Tür, die ins Schloss geschlagen wurde. Er schaute sich sein Team an.

„Verschwindet schon“, sagte er und winkte sie zum Ausgang der Umkleide. „Und gebt euch morgen gefälligst ein bisschen Mühe.“

Stumm und schlurfend verließ der Rest der Mannschaft die Umkleide. James ließ sich etwas zurückfallen, damit sie in Ruhe über ihn herziehen konnten, werkelte irgendwie an seinem Spind herum. Nummer eins hatte sich zurückfallen lassen. Er legte James eine Hand auf die Schulter.

„Er war nur wütend. Ist wütend. Du weißt schon. Er lässt uns morgen nicht im Stich“, sagte er und klopfte James ein paar Mal auf den Rücken. „Was nicht bedeutet, dass du dich in letzter Zeit nicht wie ein Arsch aufgeführt hast.“

„Bald müsst ihr das ja nicht mehr ertragen“, gab James kühl zurück.

Nummer eins seufzte ihm ins Ohr und folgte den anderen aus der Umkleide heraus.

James wartete wieder. Er wollte nicht das Risiko eingehen mit jemand anderem hoch zum Schloss gehen zu müssen. In seinen Venen pulsierte noch immer Wut, heiß und dickflüssig, und er befürchtete, dass ein falsches Wort ihn explodieren lassen würde.

Er atmete tief durch, einmal, zweimal, bis die Luft nicht mehr brennendheiß in seine Lungen strömte. Erst dann verließ er ebenfalls die Umkleide und ließ das letzte Training hier hinter sich. Er schleppte sich und ein Gewicht zum Schloss hoch, das schwerer als ein Felsbrocken wog. Es zerrte ihn seit ein paar Wochen runter. Allmählich sollte er sich daran gewöhnen.

Pünktlich zum Abendessen kam er in die Große Halle. Er setzte sich alleine ans Ende des Tisches. Fred saß mit Louis, Nummer eins und dessen Freundin in der Mitte. Er schien immer noch rot vor Wut, und James wollte sich das nicht antun müssen. Lange allein essen konnte er aber nicht. Sein Bruder pflanzte sich mit Rose zu ihm und laberte etwas über seine Stunde Zaubertränke, das James nicht interessierte.

Er kaute auf einem Stück trockenem Brot herum und schaute zum Slytherintisch herüber. Scorpius war nicht zu sehen. In letzter Zeit bekam James ihn beim Essen gar nicht mehr zu Gesicht. Oder auf den Fluren. Oder überhaupt. Es wurde ihm schmerzhaft bewusst, wieso Scorpius ihm vor diesem Jahr selten frontal ins Auge gestochen war. Er verstand sich darauf sich rar zu machen.

„Ich muss noch in die Bibliothek“, murmelte James und unterbrach damit Albus‘ Ausführungen, wie irgendein Slytherin scheinbar Opfer eines Zaubertrankunfalls geworden war.

Eigentlich hatte er nichts mehr zu tun. Die Prüfungen standen bevor, also war das eine fragwürdige Aussage. Louis verbrachte mehr Zeit in der Bibliothek als James auf dem Trainingsplatz – weil er im Gegensatz zu James nicht splitten musste. Aber alle Hausaufgaben für die nächste Woche hatte James bereits abgearbeitet. Er hegte die leise Hoffnung, dass ein paar dröge Sätze über die verschiedenen Interpretationen der Zahl sieben ihn müde werden lassen würden.

Als er die Bibliothek erreichte, war sie nahezu verlassen. Er ertappte sich dabei sogar die dunklen Ecken der Verbotenen Abteilung nach anderen Schülern abzusuchen.

Manchmal fand er Scorpius hier, meistens hinter einem Stapel Bücher und Pergamente, der ihn wie eine hohe Mauer versteckte. Dann starrte James statt seiner Bücher ihn an. Anscheinend auffällig. Scorpius bemerkte das jedes Mal. Er schaute auf und nach einem kurzen Moment der Überraschung schickte er immer ein kleines Lächeln in James‘ Richtung.

Aber bevor er sich zusammenreißen und zu ihm gehen konnte, war er verschwunden, oder James‘ Mut verpuffte wie ein ausgelachter Irrwicht.

Sie hatten nichts miteinander zu besprechen. Nichts hatte sich geändert. Nichts würde sich ändern. Auch wenn er vielleicht gerne mit ihm gesprochen hätte, ihn einfach nur gerne sehen würde, musste er das Ganze realistisch sehen.

James legte die Bücher weg, als das Licht seiner magischen Lampe das Einzige in der Bibliothek war. Auch von draußen kam nicht mehr als schummeriges Mondlicht, der seinen Weg die ewiglangen Korridore und Treppen hoch, nicht verschönerte. Die Ausgangssperre für die höheren Jahrgänge war noch ein paar Stunden entfernt. Mehr als ein paar Hauskameraden tummelten sich in dunklen Nischen, aus denen sie plötzlich herausbrachen und ihm viel Glück für Morgen wünschten. Australien erwähnte jeder Zweite. Es schien niemanden zu interessieren, dass James auf beide Themen kaum bis überhaupt nicht reagierte.

Er hatte sein Training, steckte da alles rein, und das sollte als Beweis reichen, wie wichtig ihm der Pokal war. Er trainierte früher, länger und härter. Neulich erst hatte Fred ihm die verdammte Schulter ausgekugelt. Es hatte ihn nicht großartig interessiert, im Gegensatz zu der Kopfverletzung heute, weil es seine Schulter gewesen war. Den blauen Fleck hatte er auch nach erfolgreicher Einrenkung mehrere Tage verstecken müssen.

James stieg durch das Portraitloch und passte zum Glück einen günstigen Moment ab. Die meisten Blicke waren auf dem Platz vorm Kaminfeuer gerichtet, wo zwei Viertklässler ein Wettessen von Schokolaken zu überstehen versuchten, ohne sich zu übergeben. James schaute sich das nicht genauer an und bog gleich in Richtung Schlafsaal ab. Er stieg eine gewundene Treppe nach oben, verfolgt von wilden Anfeuerungsrufen und Gelächter. Ein besonders lauter Ausbruch, der irgendeinen wirklich widerlichen Grund haben musste, drängte ihn schnell hinter die Schlafsaal-Tür. Er drückte sie mit seinem Rücken ins Schloss. Ganz konnte er die Stimmen nicht aussperren.

An einem anderen Tag hätte er seine Mannschaft ins Bett gescheucht. Das Spiel war morgen und sie sollten ausgeschlafen sein. Nach allem, was heute passiert war, versuchte er ihnen ein paar Lacher zu gönnen. Ihm war nicht wohl dabei. Der Spaß konnte warten, bis sie gewonnen hatten, den Pokal in der Tasche hatten.

James setzte sich auf sein Bett, zog sich die Schuhe aus und dachte an den funkelnden Pokal, während er sich die schmerzenden Zehen massierte.

Slytherin hatte das letzte Spiel gegen Hufflepuff haushoch gewonnen. James‘ Meinung nach nicht überraschend, für viele andere aber genauso verblüffend, wie für die Hufflepuffs selbst. Ihr Vorsprung nach dem Spiel gegen Gryffindor hatte sie in Sicherheit gewiegt, vielleicht sogar aus den sonst so bescheidenen Dachsen etwas Hochmut gekitzelt. Dementsprechend niederschmetternd war die haushohe Niederlage gewesen.

Eine eins zu zwanzig Niederlage, nachdem der Pokal schon in Reichweite gewesen war, schien das ganze Haus Hufflepuff unter die Erde zu verbannen. Seit der Niederlage sah man Hufflepuffs nur selten die sonnigen Tage genießen.

Ihr Kapitän erlitt einen Nervenzusammenbruch, der ihn zwei Tage bibbernd im Krankenflügel hocken ließ, als ihm die Führung so dreist genommen worden war. Natürlich könnte das auch daran gelegen haben, dass Hastings sich ihn für die Partnerarbeit in Verteidigung gegen die dunklen Künste geschnappt und lange und lautstark Salz in die Wunden gerieben hatte. Was er und sein Team sowieso die ganze Zeit taten, wenn sie einen einzigen Hufflepuff auf den Gängen aufgabelten.

Slytherin hatte die Führung übernommen und machte es sogar Ravenclaw schwer an sie heranzukommen. Kapitän Dingens hatte James nach Alte Runen zur Seite genommen und ihm eingeredet, dass sie beide den Pokal nicht in Slytherin’schen Händen lassen wollten, und es einfacher sein würde, wenn Gryffindor Ravenclaw einfach ein paar Tore mehr machen ließ, damit sie den Vorsprung einholten. James hatte ihm in den Magen geboxt.

In letzter Zeit war er vielleicht ein wenig reizbar.

Die Tür ging auf. James schaute hoch, direkt in Freds genervtes Gesicht.

„Oh“, machte er, was James die Augen verdrehen ließ. „Hi.“

James gab eine brummende Begrüßung zurück. Er warf sich rücklings auf sein Bett und schaute an den Baldachin. Freds Gestalt entging ihm auch aus dem Augenwinkel nicht. Dicht gefolgt von Louis und Nummer eins, die sich ausgelassen unterhielten. Fred tigerte an James‘ Fußende auf und ab. Sein Umriss schlich sich aus James‘ Augenwinkel und wieder hinein. Er hielt an und James hörte ihn tief einatmen, als würde er etwas sagen wollen. Allerdings kam ihm nichts über die Lippen.

James gähnte und streckte sich, bis er mit den Zehen das Fußende berührte. Er zog die Vorhänge aus dem Halt der goldenen Kordeln und ließ sie vor das Bett fallen, wie ein schützendes Schild. Das Licht wurde von den schweren tiefroten Vorhängen ausgeschlossen, die Stimmen und das Gelächter seiner Mitbewohner nicht. James war daran gewöhnt, wie sie an das morgendliche Klingeln seinen Weckers.

Auch zugedeckt von der Dunkelheit fiel es ihm schwer in den Schlaf zu finden. Er lag auf dem Rücken, die Arme hinterm Kopf verschränkt und wartete darauf, dass seine Lider von alleine zufallen würden. Seine Beine, all seine Gliedmaßen waren schwer genug, dass die Lider folgen sollten. Er trainierte extra hart, extra lange, bis er kaum noch Kraft hatte sich in den Gryffindorturm zu schleppen, und das alles, damit er abends nicht gefühlte Stunden an seine Decke starrte. Damit er nicht anfing zu grübeln. Er spürte ganz neue Muskeln, oder längst vergessene zurückkommen, und trotzdem ertappte er sich dabei seine Gedanken wandern zu lassen.

James drehte sich auf die Seite. Nach links, nach rechts und wieder auf den Rücken. Frustriert schnaubte er die Decke an. Das Spiel morgen lief vor seinen Augen ab. Und es lief nicht gut. Er sah all die Spielzüge noch einmal so daneben gehen wie heute. All die Schüsse und Würfe, die Nummer eins so einfach abgewehrt hatte. Dann die schwachen Würfe, die glatt an ihm vorbeigegangen waren. Der Klatscher, den Fred nicht richtig erwischt hatte. Der daraufhin Nummer drei fast den Kopf gesprengt hatte.

Seine Vorhänge wurden auseinander gezogen. Licht blendete ihn, bevor Louis den Kopf zu ihm hereinsteckte. „Hey.“

„Ich schlafe schon“, murmelte James und drehte ihm den Rücken zu.

„Okay.“ Louis schloss die Vorhänge, ging aber nicht. Sein Gewicht drückte die Matratze neben James herunter, als er sich setzte. Er schnippte sich ein Licht in die Handfläche, das weich und nicht blendend über James‘ Schulter fiel. Der Schein verfing sich im Rotton der Vorhänge und schien dadurch wärmer zu werden.

Von oben fiel ein Pergamentumschlag herunter und landete direkt neben James‘ Gesicht.

„Teddy hat mir geschrieben. Anscheinend hast du ihm seit Wochen nicht mehr geantwortet. Und der Gute fängt an ein bisschen nervös zu werden, dass ihm der Trauzeuge wegläuft.“

James kniff die Augen zusammen. „Scheiße.“ Er presste sich eine Hand vor die Augen, als müsse er sich vor dem schwachen Licht schützen. „Das hab ich komplett… Scheiße.“ Er hatte so viel zu tun gehabt. Die Prüfungen rückten fast so schnell näher, wie das letzte Spiel der Saison. Er hatte alles in diese beiden Dinge gesteckt, was er an Energie hatte. Wahrscheinlich um zu vergessen. Und das Einzige, was er wirklich erfolgreich verdrängt hatte, war Teddys Hochzeit.

Schwerfällig setzte er sich auf und griff den Umschlag. „Und das ist?“

„Die Einladung, die du nie mit einem wichtigen Kreuzchen zurückgeschickt hast“, sagte Louis. „Wir wissen alle, dass du dich vor der Hochzeit deiner Cousine nicht einmal mit Onkel Harrys Tarnumhang drücken kannst, aber der bürokratische Müll muss sein. Sonst sorgt Victoire dafür, dass du weder Hühnchen noch Steak kriegst.“

James klappte mit dem Daumen die Lasche des Umschlags auf. Die Karte darin fühlte sich weicher und glatter als Pergament an. Er zog sie bloß eine Ecke weit heraus.

„Kreuz einfach an, ob du allein kommst oder mit –“ Louis ließ sich von James‘ scharfen Blick nicht aus dem Rhythmus bringen. „– Hastings, keine Ahnung“, sagte er, als ob ihm bis eben nicht ein anderer Name im Sinn gewesen wäre.

James schlug ihm den Briefumschlag gegen den Mund.

„Autsch“, sagte Louis sehr betont und rieb sich säuerlich den Schmerz von den Lippen. „Mach das nochmal und ich nehm Hastings mit um dich in den Wahnsinn zu treiben.“

James schlug ihn noch einmal. Soweit würde nicht einmal Louis gehen, bloß um ihn zu ärgern. Er legte den Brief neben sich, als Louis sich nicht mehr traute die Hand von seinem Mund wegzunehmen.

„Da ist nur eine Person, die ich mitnehmen wollen würde“, murmelte James.

„Dann frag ihn“, sagte Louis, als wäre es das Einfachste auf der Welt.

„Du denkst nicht ernsthaft, dass er Ja sagen würde?“

Louis zuckte mit den Schultern. „Entgegen aller Annahmen weiß ich tatsächlich nicht immer alles. Probier’s aus.“ Er ließ sich nicht erklären, was für eine bescheuerte Idee das war. „Kannst du dir vorstellen, dass die beiden das wirklich durchziehen? Ich erinner mich, wie Victoire Teddy als Teenager hinterhergehechelt hat und jetzt heiraten sie. Weißt du noch, als sie gerade frisch zusammen waren?“

„Teddy hat sich in unseren Gemeinschaftsraum geschlichen und jeden Abend so getan, als würde er noch hier zur Schule gehen“, sagte James nickend. „Er hat’s so überzeugend rübergebracht, dass Neville es ihm abgekauft hat.“

Louis gluckste. „Ja, das war gut. Und er hat es zwei Jahre durchgezogen.“

James zog die Augenbrauen zusammen, als ihm ein Licht aufging. Er fixierte Louis im Licht seines magischen Lichtballs. „Ich weiß, was du vorhast. Lass es.“

„Ich weiß nicht, was du –“

„Louis.“

„James.“ Louis schob geschlagen die Lippen vor. Falls er wirklich geglaubt hatte, das wäre subtil gewesen. Er ballte die Faust um sein magisches Licht und löschte es so. „Ach, und Fred hat versucht sich bei dir zu entschuldigen. Vielleicht schlägst du ihm das nächste Mal nicht deine… Vorhänge vor der Nase zu.“

„Seit wann hält das irgendwen auf in mein Bett zu steigen?“, gab James zurück. Daraufhin schlug Louis ihm die Vorhänge vor der Nase zu. Soweit das eben möglich war.

Alleine und im Dunkeln sitzend, lauschte James den Stimmen von draußen. Es klang sehr danach, als würde Fred Louis ausfragen, aber ob er nun eine befriedigende Antwort oder nicht bekam, sein Kopf blieb außerhalb von James‘ Vorhängen. Eigentlich war er ganz froh darum. Es wäre ihm lieber morgen aufzustehen und einfach so zu tun, als sei alles wieder gut. Dann musste keiner von ihnen sich entschuldigen.

Und viel wichtiger, er musste sich keinen Treiber als Ersatz für Fred suchen.

James ließ sich wieder auf die Matratze fallen. Er strich über das glatte Pergament des Umschlags, irgendwie abwesend, wie er es vor einiger Zeit noch mit einem anderen Brief getan hatte. Der lag immer noch in Scorpius‘ Schlafsaal. James brauchte ihn nicht wirklich, vermisste ihn auch nicht, und er hielt es für ziemlich unsensibel Scorpius nur deswegen anzusprechen.

Vielleicht könnte er… James machte in der Dunkelheit nur den vagen Umriss des Umschlags aus. Das elfenbeinfarbene Pergament verschwamm vor seinem Blick, vermischte sich mit den nächtlichen Schatten, bis sie eine schwammige Mischung ergaben, auf die man sich nicht fixieren konnte, auch wenn man es versuchte.

Er malte sich aus, wie er Scorpius fragen würde ihn zu dieser Hochzeit zu begleiten. In seinen Gedanken wurde er dafür ausgelacht. Nicht von Scorpius, sondern von hunderten Flubberwurm-großer Versionen seiner selbst. Eine kleine Armada von ihnen sauste auf Miniaturbesen um seinen Kopf. Ihr Lachen schaffte es direkt in seine Gehörgänge und wiederholte sich dort wie ein Echo in einer leeren Höhle.

James schreckte auf. Der Brief fiel von seiner Brust in seinen Schoß. Er schaute sich um, fuhr sich durch die Haare, und hob den Umschlag auf. Keine kleinen Potters, keine Mini-Besen. Er musste kurz weggenickt sein.

James wühlte sich aus seinen Vorhängen heraus ins Freie. Im Schlafsaal glühte schummeriges Licht von einer einzigen magischen Kugel, die Louis um den Kopf flog. Er saß unterm Fenster, den Rücken an die Wand gelehnt, und zielte mit dem Zauberstab gerade auf eine Socke, als James ihn ablenkte.

„Alles okay?“, fragte er misstrauisch.

James hatte dasselbe fragen wollen. Er nickte nur. „Wo sind die anderen?“

Der Rest des Schlafsaals lag im Dunkeln. Die Vorhänge der Betten von Fred und Nummer eins waren geschlossen. Kein Schimmer Licht drang durch die Lücken, Freds Schnarchen war aber nicht zu hören.

„Morgen ist der große Tag“, sagte Louis. „Da bringt es wohl viel sich stundenlang nervös von einer Seite auf die andere zu rollen.“

„Du hörst dich wie meine Freundin an“, kämpfte sich die Stimme von Nummer eins durch die Vorhänge seines Bettes.

Louis lachte. „Und ich dachte, deine Freundin tendiert eher zum Schreien.“

Ein Kissen flog zwischen den Vorhängen hindurch und traf Louis an der Schläfe. „Autsch“, sagte er wieder. „Wieso krieg ich heute alles ab? Das behalt ich jetzt.“ Er klemmte sich das Kissen in den Schoß. „Wo willst du hin, James?“

James hatte sich seine Schuhe angezogen und in Richtung Tür geschlichen. „Frische Luft holen“, murmelte er.

Louis schaute auf seine Armbanduhr. „In einer Stunde ist meine Patrouille. Dann bist du entweder wieder hier oder ich sammel dich ein.“

James winkte ab und verließ den Schlafsaal. Louis würde ihm keine Punkte abziehen und irgendwelche Geständnisse gab es dieses Mal auch nicht aus ihm zu kitzeln. Er brauchte einfach etwas Luft.

In den Gängen war wenig los. Hier und da lief er in ein paar jüngere Schüler, die sich noch immer im Schloss verliefen. Vertrauensschüler kreuzten seinen Weg, in den letzten Wochen wenig erpicht darauf ihre Patrouillen abzulaufen, anstatt für ihre ZAG- oder UTZ-Prüfungen zu lernen. In besonders dunklen Nischen erahnte er ab und zu ein Pärchen dabei ungestört Zeit miteinander zu verschwenden. Mit zugeschnürter Kehle versuchte er nicht hinzusehen, einfach an denen vorbeizulaufen, die so eng aneinander geschmiegt waren, dass aus zwei Schatten einer wurde.

Scorpius und er hatten auch ihre Plätzchen gehabt, wo sie die Minuten bis zur Ausgangssperre miteinander verbracht hatten. Er hatte nie gedacht, dass das viele Orte waren. Eine Handvoll, höchstens. Aber als er jetzt alleine durch die Gänge streifte, schien er keine Stelle zu finden, die er nicht mit Scorpius verband.

Er wanderte ohne Ziel bis ins Erdgeschoss.

Die Dunkelheit sickerte durch die geöffneten Fronttüren des Schlosses. Fackeln kämpften gegen die Schatten an, lockten dadurch aber nur Insekten und Motten herein. Eines der Viecher flog direkt in die Flamme herein und verpuffte zu Asche. James beobachtete die letzten Sekunden der Motte von den untersten Stufen aus.

Die letzten Schüler kamen von abendlichen Spaziergängen am See zurück ins Schloss. Sie stiegen an ihm vorbei, riefen ihm die üblichen Glückwünsche zu, die sich so falsch in seinen Ohren anhörten. Wie immer beachtete er sie nicht.

Er hatte die Einladung bis nach hier unten geschleppt und ertappte sich dabei sie wieder anzustarren. Der Tag heute hatte bewiesen, dass er nicht nur ein mieser Kapitän, sondern auch ein ganz furchtbarer Trauzeuge war. Eigentlich sollte es ihm nicht erlaubt sein überhaupt aufzutauchen. Louis hätte einen besseren Trauzeugen abgegeben, und James wahrscheinlich auch ein schlechtes Blumenmädchen.

James steckte den Umschlag in die Hosentasche. Er schaute sich um. Die Gänge waren noch dunkler als im Erdgeschoss, die Steinwand vor ihm kahler und unfreundlicher als jede andere im Schloss. Er stand direkt vor dem Eingang zum Gemeinschaftsraum der Slytherins.

Das war keine gute Idee. Er konnte sich nicht einmal ausmalen, wie fest der Arschtritt sein würde, mit dem Scorpius ihn wieder hinauswarf.

James schaute sich um, sah weder von rechts noch links einen perfiden Slytherin heranschleichen, und versteckte sich unter einem Desillusionierungszauber, wie das letzte Mal, als er hier gewesen war. Das Passwort war das Gleiche. Seit Scorpius‘ Unfall wurde es nicht mehr so häufig geändert, und man fand ihn abends auch nicht mehr ausgesperrt auf dem Korridor sitzen.

Etwas war allerdings anders. Der Gemeinschaftsraum war noch recht gut gefüllt.

„Was zum…“ Ein Fünftklässler lief fast in James hinein, als er sich über den geöffneten Durchgang wunderte. Während er den Kopf nach draußen steckte, quetschte James sich an ihm vorbei. Der Fünftklässler kam ratlos wieder herein. Einen Moment sah er aus, als würde er James direkt ansehen. „Hast du das gesehen?“

„Ja, immer wenn du verlierst, versuchst du abzulenken.“ Direkt hinter James saß ein Mädchen an einem Tisch. Ein Schachspiel stand vor ihr. Die Trümmer schwarzer Figuren türmten sich neben dem Brett.

„Ich bin nicht am Verlieren. Ich bin bloß… nett zu dir.“ Der Fünftklässler setzte sich zu dem schmunzelnden Mädchen und dem mageren Rest seiner Figuren.

James atmete tief durch. Es war eine Sache ein verlassenes Schlangennest zu betreten, aber sich ihnen auszuliefern, gerade während ihre Aggression Gryffindors gegenüber kurz vor dem Quidditch-Finale auf einem Höhepunkt zu sein schien, war einfach nur dumm. Und wozu machte er das? Groß nachgedacht hatte er nicht. Jetzt, wo er hier war, fing er an sich die Konsequenzen auszumalen.

Ein vertrautes Lachen stoppte das abrupt.

James drehte den Kopf herum. Am Kaminfeuer, auf einem Sessel, der breit genug für zwei Personen war, hockte Hastings im Schneidersitz. Auf dem Sofa daneben saß Slytherins Hüter, der entweder etwas Witziges gesagt hatte oder sich blamierte, indem er sehr merkwürdige Töne aus der Gitarre auf seinem Schoß herauszupfte.

„Das ist nicht wahr“, sagte Hastings. „Ich mag ihn nicht. Ich kann ihn… gut leiden.“

Sein Hüter nickte nur. „Sicher.“

„Ernsthaft. Ich steh nicht auf blond“, meinte Hastings, und James, der sich hatte vorbeischleichen wollen, blieb abrupt stehen.

„Das stört dich daran?“ Der Hüter lachte auf, schlug dabei hart in die Saiten der Gitarre. Die beiden Schachspieler schauten ihn übel gelaunt an, was ihn nicht interessierte. Er beugte sich über das Instrument zu Hastings und senkte die Stimme ein bisschen. „Dich stört seine Haarfarbe? Nicht die Tatsache, dass es ein verdammter Kerl ist? Und obendrauf noch der… nervtötendste Bastard, den ich in meinem ganzen Leben getroffen habe?“

„Blondinen sind kein Grundnahrungsmittel“, sagte Hastings, „sondern ein Snack.“

„Aus deiner Sicht war das jetzt eher ein Pro, Dick.“

„Red dir ein, was du willst. Das hat alles einen tieferen Sinn.“

Der Hüter schlug eine Reihe von Tönen an, die sogar nach einer Melodie klangen. „Red du dir das besser ein. Wenn du das morgen durchziehst, dann hast du sowas von verschissen.“

„Willst du, dass ich es sein lasse? Ich warte seit Monaten auf diesen Tag“, sagte Hastings.

„Auf keinen Fall. Das wird der Hammer.“

„Ja, ein bisschen eklig, aber der Hammer.“

James verharrte am Ende des Sofas und wartete auf das Ende des elenden Gekichers. Auf einen kleinen Hinweis, eine Andeutung, was ihr verdammtes Thema war. Er musste es ausgesprochen hören, bevor er es glauben konnte. In seiner Brust versuchte ein bekanntes grünes Monster es sich gemütlich zu machen.

„Hey“, begann der Hüter, „willst du Galway Girl hören? Ich hab’s endlich drauf.“

„Nein, bloß nicht“, sagte Hastings, aber da hatte sein Freund schon angefangen zu spielen. Auf das wichtige Thema kamen sie nicht zurück.

James versuchte ruhig zu atmen, nicht dem Drang nachzugeben seine Fäuste zu ballen. Einmal zum Schlag bereit war er sich nicht sicher, ob er sie noch zurückhalten könnte.

Scorpius hatte ihm versichert, dass Hastings keine Chance bei ihm hatte. Dass er die eigentlich gar nicht wollte. Und selbst wenn sich das geändert hatte, durfte er sich eigentlich nicht mehr einmischen.

James drehte sich auf den Absätzen um und stürmte los – direkt auf die Schlafsäle zu. Wem machte er was vor? Er musste sich einmischen. Er konnte nicht anders.

Vor Scorpius‘ Tür hielt er, schnaufend wie nach einem langen Training. Er hämmerte gegen die Tür. Beim zweiten Mal klopfte er lockerer an. Die Anspannung in seinen Muskeln blieb. Innerhalb weniger Sekunden kam ihm hundertmal der gleiche Gedanke. Abzuhauen. Schnell.

Er rang noch mit sich, als die Tür geöffnet wurde.

„Dick, ich hab dir gesagt, dass ich nicht –“ Scorpius hielt inne. Seine Augen wanderten von James‘ linker Schulter zu seiner rechten und darüber hinaus. Ein roter, geschwollener Rand zeichnete sich direkt unter dem Weiß seiner Augen ab. Sein Haar war am Hinterkopf zerwühlt und er versuchte es mit der rechten Hand zu ordnen.

James konnte ihn nur ansehen. Er hatte das Gefühl von seinem Duft eingehüllt zu werden, wenn er tief einatmete. So nah waren sie sich eine gefühlte Ewigkeit nicht gewesen.

„Hallo?“ Scorpius runzelte die Stirn. „Wer…“

Das war seine Chance. Entweder sagte er jetzt etwas oder blieb unsichtbar und verschwand wieder.

Scorpius‘ Blick schoss im nächsten Moment direkt auf seine Höhe, bohrte sich fast direkt in seine. „James?“

So schnell rieselten Chancen durch die Finger. „Ähm… Ja. Ich… Ich sollte wieder gehen.“ Er drehte sich herum, machte den ersten Schritt die Treppe herunter, als Lachen und ein halber Satz ihm entgegenkamen. „Oi…“

„Komm rein.“ Scorpius packte ihn. Seine Hände griffen halb blind, halb aus Erfahrung nach seinem Arm, landeten aber auf seiner Seite und Brust. Er zog trotzdem und holte James in seinen Schlafsaal herein.

„Scorpius“, drang Hastings‘ Stimme zu ihm herein. „Du bist noch auf. Siehst du, du hast ihn mit deinem Gejammer vertrieben, Alter.“

„Gute Nacht“, sagte Scorpius kühl und schloss die Tür. Er drehte sich um und suchte den düsteren Schlafsaal nach James ab. Ohne Erfolg. „Kannst du…“

James nahm den Zauber von sich. Er steckte seinen Zauberstab weg und bemühte sich überall hinzusehen, nur nicht zu Scorpius. Alleine die Nachttischlampe brannte, erhellte gerade einmal Scorpius‘ Bett. Decke und Laken waren durcheinander gekommen. Scorpius musste schon geschlafen haben.

„Ich wollte dich nicht… äh…“ Er schaute Scorpius doch an, ganz aus Gewohnheit heraus, und schluckte den Rest des Satzes herunter. Scorpius‘ Blick lag genau auf ihm, als hätte er darauf gewartet, dass James ihn ansah. Etwas fehlte, irgendein Funken in dem tiefen Grau, und es tat James weh danach zu suchen und nichts zu finden.

„Was machst du hier?“, fragte Scorpius.

James schluckte. „Ich… musste dich sehen.“

Scorpius wich seinem Blick aus. Er straffte seinen Pyjama, zog das Hemd am Saum herunter, bis es ordentlich über den Hosenbund hing. Seine Zehen verkrampften sich, als wollten sie in den Boden greifen.

„Das Spiel morgen macht dich nervös, hm?“, stellte er fest.

James nickte. In der Dunkelheit glaubte er ein Lächeln an Scorpius‘ Mundwinkel ziehen zu sehen. Es hätte auch ein Flackern im Licht sein können, aber die andere Option war ihm lieber.

Scorpius setzte sich auf seine Bettkante. Er klopfte neben sich, was James als Aufforderung nahm sich zu setzen.

„Heute war ein… ein Scheißtag“, sagte er und seufzte erschöpft. „Das Training ist mies gelaufen. Alles, was hätte schiefgehen können, ist schiefgegangen. Meine Würfe waren schwach, die der anderen haben nicht getroffen, Nummer eins hat ein paar davon auch noch durchgehen lassen. Und Fred hat Nummer drei fast den Schädel weggeschlagen. Ich hab… Ich hab ihn dafür angeschrien und… irgendwie wohl… Er ist sauer auf mich. Alle sind sauer auf mich. Teddys Hochzeit ist in ungefähr zwei Monaten und ich hab als Trauzeuge versagt.“ Er leistete sich einen weiteren Seufzer, schwerer als der imaginäre Felsbrocken, den er seit einer Weile hinter sich herschleppte. „Und auf meinen Aufsatz über den Wolfsbanntrank hab ich ein Annehmbar bekommen. Wenn das so weitergeht, schaff ich den UTZ am Ende nicht.“

Scorpius lächelte jetzt wirklich. Er legte seine Hand auf James‘ Oberschenkel, streichelte über den verspannten Muskel. „Man sagt doch, wenn die Generalprobe schiefgeht, läuft beim Auftritt alles gut.“

James lachte auf. Es war nicht wirklich ein Lachen. Eher ein Schnauben, das von seiner Stimme unterstützt wurde. Sein Lächeln aber war ehrlicher als die ganzen letzten Tage über, und es traf Scorpius anscheinend unvorbereitet. Er schaute wieder weg, diesmal zur Seite.

„Und ich glaube nicht, dass Lupin dich zu seinem Trauzeugen macht, weil er viel Arbeit von dir erwartet. Er wusste doch, dass du dieses Jahr deinen Abschluss machst und viel zu tun hast“, fuhr Scorpius fort. „Vielleicht macht er sich bloß Sorgen.“

„Vielleicht…“ James verfolgte die Bewegungen von Scorpius‘ Hand auf seinem Oberschenkel. Seine Finger blieben weit von der Innenseite entfernt und dicht beim Knie. Vorsichtig, während Scorpius ihm sagte, warum Professor Belby ihn nicht durchfallen lassen würde, bewegte James seine Hand in Richtung seines Beines. Er griff Scorpius‘ Hand in einem unbeobachteten Moment.

Stille breitete sich zwischen ihnen aus.

James schaute ihn an. „Danke“, sagte er und drückte Scorpius‘ Hand, bis die anderen Finger gezwungen waren sich um seine zu schließen. Es hatte ihm gefehlt seine Hand zu halten. Wie sehr, das merkte er erst jetzt. Alles an Scorpius fehlte ihm. Sein Duft, seine weiche Haut, sein so verdammt blondes Haar… und ganz besonders sein Lächeln. Ein Ansatz davon kehrte zurück, kam aber nicht bis an seine Augen heran. Sein Blick blieb trüb wie der Himmel vor einem Gewitter.

Scorpius nickte. „Kein Problem.“

James zögerte. Er wollte Scorpius sagen, wie sehr ihm das gefehlt hatte. Ihm am Ende des Tages zu sagen, was ihn beschäftigte. Sich anzuhören, was Scorpius beschäftigte. Auf genau das musste er aber verzichten.

„Wie…“ James rückte näher, bis sein Knie sich gegen Scorpius‘ Oberschenkel drückte. „Wie geht’s dir?“

Scorpius suchte keinen Abstand zu ihm. Kurz ging ein Zucken durch seine Muskeln, seine Hand, als würde er wegrutschen wollen. Es ließ sich leicht wegstreicheln. Scorpius‘ Blick war schwerer einzufangen. Er hob die Schultern.

„Okay“, sagte er. „Denke ich. Du… Ich hab auch Prüfungen. Viel zu tun.“

James nickte und spürte seine Nase gegen Scorpius‘ streifen. Er hatte nicht gemerkt, dass er ihm so nah gekommen war. Im nächsten Moment küsste er Scorpius. Und er bekam keinen Arschtritt, aber auch keine Erwiderung. Scorpius‘ Lippen blieben steif wie der Rest seines Körpers, bis James sich löste. Erst dann wagte er zu atmen. Sein Gesichtsausdruck, seine ganze Haltung hatten etwas gequältes.

James umfasste sein Gesicht, wollte nur die fremden Falten irgendwie wegstreichen, und küsste ihn noch einmal. Und diesmal gab Scorpius das zurück, öffnete den Mund leicht und schob die Lippen gierig gegen James‘. Seine Arme wickelten sich um James‘ Schultern. Das hatte ihm gefehlt.

Er packte Scorpius um die Hüfte und warf ihn mit dem Rücken auf die Matratze. Mit Schwung setzte James sich auf seinen Schoß, ohne den Kuss auch nur im Ansatz abzubrechen. Scorpius‘ Zunge in seinem Mund ließ ihm dazu auch gar keine Gelegenheit.

James drängte sich mit seinem ganzen Gewicht gegen ihn. Seine Hände fuhren über Scorpius‘ Brust zu seinem Hosenbund. Ehe er irgendetwas mit seinen Fingern anfangen konnte, packte Scorpius sein Handgelenk. Er drehte sich aus dem Kuss heraus und schüttelte den Kopf.

„Das ist keine gute Idee“, sagte er zwischen schweren Atemzügen, die seine Brust hoch und runter drückten.

James setzte sich auf, blieb aber auf Scorpius‘ Schoß. „Wieso?“

Scorpius schaute ihn an, als wäre das die dämlichste Frage, die er je gehört hatte. „Nichts hat sich geändert.“ Er stemmte sich auf den Ellenbogen hoch, kam James damit wieder näher. Seine Lippen schienen unerreichbarer als vorher. „Oder?“

James antwortete nicht. Die einzige Antwort, die er geben konnte, gefiel ihm nicht.

„Wir können das nicht machen, James. Du kannst nicht herkommen und so tun, als wäre alles in Ordnung. Ich kann das nicht.“

James rieb sich das Gefühl von heißer Scham aus dem Nacken. Er rutschte von Scorpius herunter. „Entschuldige“, sagte er leise. „Ich wollte nicht… Ich…“

„Du hattest einen harten Tag“, sagte Scorpius, als müsse er nicht nur sich sondern auch James davon überzeugen. „Und morgen ist das entscheidende Spiel. Du wolltest dich wahrscheinlich nur ablenken.“

„Nein.“ James holte Scorpius‘ Hand zurück in seine. „Du fehlst mir.“

Der gequälte Ausdruck grub sich zurück in Scorpius‘ Gesicht. „Du fehlst mir auch.“

„Wo ist dann das Problem?“

„Das Problem lässt dich gerade nicht schlafen“, sagte Scorpius geduldig.

James grinste. „So wütend ist Fred nicht auf mich. Das renkt sich wieder ein.“

Scorpius musste schmunzeln, anscheinend widerwillig, so wie er sich auf die Unterlippe biss, um es zu unterdrücken. „Wir haben auch nicht wegen Fred Schluss gemacht.“

„Für mich fühlt es sich nicht an, als hätten wir überhaupt Schluss gemacht. Wir reden nur nicht miteinander, und das ist scheiße.“

Scorpius zog seine Hand aus James‘ Fingern. „Du solltest jetzt lieber gehen.“ Er stand auf und ging in Richtung Tür, als müsse er James den Weg zeigen.

„Wenn du dich so fühlst“, sagte James und kam ihm nach, „wieso lächelst du mich dann noch an? Wieso wirfst du mich nicht raus?“

„Ich kann nicht anders“, gab Scorpius scharf zurück. Er klang, als wäre er wütend auf sich selbst. Seine Hand ballte sich um die Türklinke zur Faust. „Ich kann nicht anders. Wenn ich dich sehe, muss ich lächeln. Als hätte ich plötzlich einen Grund dazu.“

James lächelte. Er griff in seine Hosentasche, wo er die Einladung verstaut hatte. „Diesen Sommer… Ich kann jemanden zu Teddys Hochzeit mitnehmen –“

Scorpius presste ihm die flache Hand auf den Mund. „Was immer du sagen willst, sag es mir in zwei Tagen?“

„Wieso in zwei Tagen?“, nuschelte James, worauf Scorpius die Hand herunterzog.

„Weil du morgen sehr damit beschäftigt sein wirst den Pokal zu feiern.“

„Ich bin nicht hier, weil ich nervös bin“, sagte James, und er brauchte nicht Scorpius‘ hochgezogene Augenbraue, um sich zu korrigieren. „Okay, ein bisschen vielleicht.“

Scorpius öffnete die Tür einen Spalt. „Geh jetzt schlafen. Viel Glück morgen.“

James drehte sich zum Gehen, verharrte vor dem Türspalt und wirbelte zurück zu Scorpius. „Schaust du dir das Spiel an?“

Scorpius überlegte. Als hätte er wirklich noch nicht darüber nachgedacht. Er schaute James an, und die Falte auf seiner Stirn wurde nur tiefer. „Ich denke schon.“

James ließ ein weiteres Lächeln zu. Er beugte sich zu ihm vor, an seinen Lippen vorbei und gab ihm einen Kuss auf die Wange. „Du darfst auch Patriotismus zeigen, wenn Slytherin den Pokal gewinnen sollte“, murmelte er, bevor er sich wieder aufrichtete.

Scorpius hatte das Kinn gesenkt und die Augen auf den Boden gerichtet. Sein rechter Mundwinkel knickte nach oben. James behielt ihn noch eine Sekunde im Blick, dann schob er die Tür weiter auf und verließ den Schlafsaal.

Als er die Treppe herunterging war er noch dabei abzuwiegen, ob es am Ende eine gute oder schlechte Idee gewesen war hierher zu kommen.

Er betrat den dunklen Gemeinschaftsraum, entdeckte auf den ersten Blick niemanden, und bemerkte im nächsten den Schatten beim Kaminfeuer. James presste sich zurück in den Aufgang. Das erste Mal realisierte er, dass er sich nicht unsichtbar gemacht hatte.

Der Schatten richtete sich auf und schaute sich um. Es war Hastings. Er schien sicher zu gehen, dass niemand ihn beobachtete. Dann setzte er sich in Bewegung. Er ging zum Ausgang des Gemeinschaftsraums.

James wusste nicht, ob er verwirrt oder erleichtert sein sollte. Es wäre niemals gut gegangen, wenn ausgerechnet Hastings ihn hier entdeckte. Andererseits war es ihm schleierhaft, was er um diese Uhrzeit noch draußen zu suchen haben könnte.

James hatte die Wahl. Sich entweder nicht um Hastings‘ Angelegenheiten zu scheren oder ihm nachzuspionieren. Beides bedeutete, dass er den Gemeinschaftsraum verlassen musste, also nahm er das als Erstes in Angriff.

Vorsichtig schlich er sich durch den Durchgang nach draußen in den schwach beleuchteten Korridor. Hastings‘ Schritte hallten von den hohen Wänden wider. Er war bereits um eine Ecke verschwunden und bewegte sich in Richtung der Wendeltreppe, die in die Eingangshalle führte.

James hielt kurz inne. Es war nicht merkwürdig, dass Hastings nachts durch das Schloss schlich. Mehr als eine Nacht verbrachte er gar nicht in seinem Schlafsaal. James hatte ihn schon oft in aller Frühe erst ins Bett kriechen sehen, da war er gerade zum Laufen aufgestanden. Was immer er jetzt vorhatte, wahrscheinlich wollte James gar nichts Genaueres darüber wissen.

Sowieso war da ein Spiel, auf das er sich konzentrieren musste, und nicht einmal das wollte er gerade. Er konnte Scorpius‘ Lippen noch auf seinen spüren und wollte das auskosten.

James hakte Hastings ab und ging den Korridor herunter. Zumindest versuchte er ihn abzuhaken. Als er die Eingangshalle erreichte, tummelte Hastings sich auf der Großen Treppe. Der Fackelschein aus dem ersten Stock verlängerte seinen Schatten, sodass er fast die ganzen Stufen herunterreichte. James beobachtete, wie er sich erneut umschaute und dann in den Korridor im ersten Stock einbog.

Im ersten Stock. Was konnte er ausgerechnet dort wollen?

James erinnerte sich an das merkwürdige Gespräch mit Slytherins Hüter. Hastings hatte irgendetwas hammermäßig Ekliges vor. Er hoffte sehr, dass es nichts mit Scorpius zu tun hatte. Scorpius, der in seinem Schlafsaal war. Weit davon entfernt sich irgendwo ungestört mit Hastings im Schloss zu vergnügen. Falls irgendetwas, das man mit Hastings tun konnte, vergnüglich sein konnte.

James stieg die Große Treppe nach oben und verharrte auf dem Weg in den zweiten Stock. Er schaute in den Korridor des ersten hinein. Die Fackeln dort flackerten im Wind eines offenstehenden Fensters. Er sah einen silbrigen Schimmer am Ende des Flurs, wo das Klassenzimmer für Muggelkunde zu finden war. Hastings war verschwunden.

James nahm einen Fuß von der untersten Treppenstufe und wandte sich dem Korridor zu. Langsam bewegte er sich dem offenen Türbogen zu, der in den Gang hineinführte. Er lugte vorsichtig hinein, sah aber nichts bis auf verschlossene Türen und verformte Schatten von Ritterrüstungen.

Nach dem ersten Schritt hinein fiel der zweite viel leichter. James ging leise, wollte nicht auf sich aufmerksam machen, und beschleunigte dennoch, bis er die erste Biegung erreichte. Er presste sich an die Wand und schaute um die Ecke. Portraits hingen hier an den Wänden und schlummerten vor sich hin. An der t-förmigen Kreuzung ein paar Meter entfernt stand eine Tür einen Spalt offen. Er konnte Licht sehen.

James schlich darauf zu. Er horchte auf so etwas wie Stimmen. Hastings führte nicht einmal Selbstgespräche.

Bei der Tür angekommen überlegte er ein letztes Mal, ob das eine gute Idee war. Dann schob er sie einfach auf und machte sofort den ersten Schritt in die unbenutzte Toilette.

„Hastings?“, rief er.

Hinter ihm schlug die Tür mit einem Rumps zu. James fuhr herum und ruckelte an der Klinke. Sie ließ sich nicht öffnen.

„Expelliarmus.“

James wurde der Zauberstab aus der Hosentasche gerissen. Er versuchte ihn aus der Luft zu schnappen, warf sich mit seinem ganzen Gewicht danach. Krachend landete er auf dem Boden.

„So viel Einsatz, hui.“

James hob den Kopf, noch immer auf dem Boden liegend. Hastings saß etwa fünf Meter entfernt auf einem Waschbecken. Er baumelte mit den Beinen und drehte James‘ Zauberstab zwischen den Fingern.

„Was soll das?“, blaffte James ihn an. „Gib mir meinen Zauberstab zurück.“

Hastings tat so, als würde er überlegen. „Nah“, sagte er dann. „Selbst Schuld, wenn du mir hinterherspionierst.“

„Ich wollte nur… Woher hast du das gewusst?“

Hastings rutschte von dem Waschbecken herunter. „Ich hab dein zartes Stimmlein aus dem Schlafsaal kommen hören. Du und Scorpius wieder, hm? Oder brauchtest du vor deinem großen Tag morgen nur was, wo du Dampf ablassen konntest?“

James stemmte sich wie aus einem Liegestütz hoch. „Du bist eifersüchtig“, sagte er. „Gib’s ruhig zu, dann sparen wir uns dieses Pseudo-Bösewicht-Tralala.“

„Eifersüchtig? Auf dich oder den Kleinen?“, gab Hastings zurück. „Nein, ich hab nur… wie sagt man? Die Gelegenheit beim Schopfe gepackt. Ich hatte das hier eigentlich anders geplant. Ich hatte einen verdammt guten Plan. Ist schade darum. Aber man muss improvisieren können. Davon verstehst du natürlich nichts, Mr. Ich-hab-einen-uralten-angestaubten-Plan-von-dem-ich –“

„Ich hab’s kapiert“, unterbrach James ärgerlich.

„Ich hätte ehrlich gesagt nicht gedacht, dass es funktioniert. Du bist früher viel neugieriger gewesen, bevor du so ein verbissener Bastard geworden bist. Na ja… Meine Rückseite zu verfolgen muss sehr verlockend sein, was?“ Hastings schaute erst über die eine, dann über die andere Schulter nach besagter Rückseite. Er grinste James an.

James gab ein gekünsteltes Lachen von sich. „Was willst du?“

„Weißt du, wo wir hier sind?“

James schaute sich um. Er ließ den Blick über die Toilettenkabinen wandern, die Waschbecken, allesamt verrostet und uralt, ehe er bei dem Loch im Boden hängen blieb. Es war rund, im Durchmesser weit genug, dass ein Basilisk sich durchquetschen konnte, und etwa vier Meter tief, bevor eine Lucke es verschloss. Eine Sicherheitsmaßnahme, damit zu neugierige, junge Schüler nicht nach Lust und Laune dort herunterkletterten.

„Das ist das alte Badezimmer von der maulenden Myrte. Der Eingang zur Kammer des Schreckens“, sagte James. Sein Vater gab jedes Jahr für die Zweitklässler eine Führung dort hinunter. Dann zeigte er ihnen die verwinkelten Überreste von Salazar Slytherins verdammt komplizierten Plan Muggelgeborene auszulöschen und erzählte Geschichten von Tom Riddle und seinen Horkruxen.

„Genau. Zehn Punkte für Gryffindor.“

James drehte sich wieder zu Hastings. „Was hat das mit – umpf.“ Er bekam einen saftigen Tritt in den Magen. Die Luft wurde aus seinen Lungen gestoßen, sein Gleichgewicht brach zusammen und er fiel rücklings über. Der Boden fing ihn nicht auf. Er stolperte über den Rand des Lochs und fiel tiefer.

James verabscheute fallen so sehr. Wie in Zeitlupe sah er sich den Arm ausstrecken, ein letzter verzweifelter Griff nach der Kante. Er verfehlte. Eine knapp verpasste Chance, die ihm durch die Finger glitt.

Mit einem Rumpsen landete er auf der Luke. Das stabile Holz bewahrte ihn davor hunderte Meter unter die Schule zu fallen, und alles, was es dafür wollte, war eine Beule auf seinem Hinterkopf zu hinterlassen. James stöhnte und rieb sich den Schmerz weg.

Hastings hockte am Rand des Lochs. „Erinnerst du dich an unser letztes Spiel?“

James schaute wütend zu ihm. Er erinnerte sich an das letzte Spiel gegen Slytherin, ja. „Du warst ein unfaires Arschgesicht.“

„Du hast meinen Zauberstab zerbrochen“, gab Hastings knurrend zurück. „Damit lass ich dich nicht davon kommen. Du kriegst den Pokal nicht. Nicht einmal den Versuch, verstanden? Du bleibst hier, am wahrscheinlich verlassensten Ort der Schule, und kannst nicht einmal zusehen, wie deine Mannschaft gegen Ravenclaw verliert.“

James setzte sich auf. Der Schlag auf den Hinterkopf hatte ein Schwindelgefühl zurückgelassen, das durch den Ruck verstärkt wurde. Er schwankte. „Das ist doch…“ James musste Brechreiz herunterschlucken. „Das Spiel fängt gar nicht erst ohne mich an.“

„Jaah, was das angeht…“ Hastings holte eine verkorkte Flasche aus seinem Umhang. „Du erinnerst dich an mein Ohnegleichen auf den Vielsafttrank? Ich hab für den richtigen Moment geübt. Dein Freund hat mir übrigens super geholfen. Er ist so nett.“

James wurde schon wieder schlecht. Diesmal musste er hart schlucken, damit ihm sein Abendessen nicht wieder herauskam. Er fasste sich an den Kopf, spürte dort aber nur den Schmerz des Aufpralls. „Daran hast du nicht gedacht. Von da oben kommst du schlecht an meinen Kopf ran“, murmelte er und fuhr sich durch die lückenlosen, dichten Haare. Er grinste.

Hastings ebenfalls. „Daran hab ich schon vor Alte Runen gedacht, als du dich wie ein Berserker auf mich gestürzt hast. Ein kleines, aber feines Büschelchen. Hat leider nicht dafür gereicht mich mal an Scorpius zu kuscheln.“ Er seufzte. „Vielleicht will er einen todtraurigen Potter ja morgen nach der Niederlage seines Lebens trösten.“

James sprang auf die Füße. „Du widerliches Arschgesicht! Fass ihn an und ich schlag dir deine verdammte Fresse ein, wenn ich hier rauskomme!“ Während er sich um Kopf und Kragen schimpfte, lachte Hastings nur.

„Du regst dich darüber mehr auf, als über den Pokal den du nicht kriegst. Was dir Australien höchstwahrscheinlich auch kaputt machst. Wo sind deine Prioritäten jetzt? Das ist ziemlich undurchsichtig. Weißt du, manchmal dachte ich wirklich, es würde dich mehr in den Wahnsinn treiben, wenn ich dir Scorpius wegnehme. Aber dann ziehst du diese Sache mit den Thunderers ab und man fragt sich… bedeutet der Kerl ihm überhaupt was?“

„Du bist eifersüchtig“, rief James sauer nach oben. „Gib’s zu.“

„Ich bin nicht eifersüchtig.“

„Du hättest Scorpius von den Thunderers erzählen können, aber das hast du nicht. Das weiß ich“, sagte James. „Irgendwo in deiner Matschbirne musst du also sowas wie ein Gewissen haben. Hör noch einmal drauf und lass mich hier raus. Lass mich fair verlieren oder gewinnen und komm damit klar.“

Hastings schaute auf ihn herunter, den herablassenden Blick eines Muster-Slytherins aufgesetzt. So steinhart, das ein Gewissen nicht nach außen dringen konnte. „Du hast Recht. Ich mag Scorpius. Wie man einen Freund eben mag. Und ich hab ihm nichts von den Thunderers gesagt, ja.“ Hastings grinste perfide. „Ich hab nur allen anderen davon erzählt.“

James sprang die Wand nach oben. Er rutschte von dem geschliffenen Stein an, konnte sich nicht halten, und versuchte doch wieder und wieder Hastings zu packen.

„Keine Sorge. Nach dem Spiel hol ich dich da wieder raus. Bis dahin.“ Hastings verschwand von dem Loch. Seine Schritte wurden übertönt von weiteren Beleidigungen, die wie aus einem gebrochenen Damm aus James herausströmten. Hastings kam zurück. Er hatte ein riesiges… Ding in der Hand. Es hatte die Form eines Zylinders und eine kleine Röhre am Ende.

„Du sollst ja nicht verdursten.“ Hastings hängte das Ding in das Loch hinein, bis das Röhrchen direkt vor James‘ Nase hing. „Mein Knuddelmuff hatte so eine Trinkflasche. Er hat seine Zunge sonst immer in die Toilette gesteckt.“

James ballte beide Fäuste. Er brodelte, ihm war so heiß, dass er glaubte aus den Ohren zu dampfen. Eine weitere Beleidigung kam nur als Knurren über seine Lippen.

„Oh, und da haben wir ja noch was.“ Hastings nahm James‘ Zauberstab in die Hand. Er strich mit den Fingern über das polierte Holz, wie Ollivander, wenn er Maß nahm. Dann hob er das Knie an.

„Nein!“, brüllte James.

Hastings hielt inne. Er grinste. Dann warf er den ungebrochenen Stab hinter sich ins Waschbecken. Das Holz landete dort mit einem Echo sicher, aber außer Reichweite.

„Wir sehen uns Morgen, Potter. Versuch ruhig zu schreien.“ Hastings winkte. „Ich hab noch ein Date. Vor einem großen Spiel bin ich immer so nervös.“ Er streckte sich und verschwand so aus James‘ Blickfeld. Springen, hüpfen, rufen brachte alles nichts. Er fing Hastings nicht wieder ein. Die Tür fiel lautstark hinter ihm ins Schloss.

James gab nicht auf. Er brüllte lauter. Die Beleidigungen gingen ihm aus, die Drohungen sowieso – immerhin saß er in einem verdammte Loch fest. Die Wände waren zu glatt um sich festzuhalten oder daran hochzuklettern, und die demütigende Trinkflasche hielt sein Gewicht nicht fest.

Der Mond stand hoch am Himmel und schien durch das Fenster hinter ihm, als James heiser und erschöpft auf den Boden sackte.


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