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Fanfiction

The Flaw of Perfection - Planlos

von Dr. S

Blicke und Hände auf sich zu spüren, war ihm nicht unbekannt. Er war Harry Potters Sohn. Der Tagesprophet hatte zwei Seiten über seine Geburt geschrieben. Als Quidditch-Kapitän und mit mehr als ein paar Siegen auf seinem Konto, war er es gewöhnt, dass sich in regelmäßigen Abständen alle Gryffindors – und einmal sogar die Ravenclaws nach einer sehr seltsamen Saison – auf ihn stürzten. Aber in gewissem Maße war er darauf immer vorbereitet gewesen.

Das Chaos beim Frühstück überforderte ihn maßlos. Alle fragten ihn über die Thunderers aus. Ob er schon unterschrieben hatte, ob er gleich in die erste Mannschaft kam, wo er in Thundelarra wohnen würde. Aber keiner verriet ihm, woher sie das eigentlich wussten. Jeder schien eine andere Quelle zu haben, und die Quellen hatten ebenfalls Quellen.

James nickte nur und kam wenn sowieso nur zu kurzen oder halben Antworten, bevor jemand ihm ins Wort fiel und seine Zukunft mit einer ganz obskuren Farbpalette ausmalte. Weißblond schien da niemals eine Rolle zu spielen. Scorpius hielt sich aus alledem raus.

James hatte ihn wiedergefunden. Er saß am Slytherintisch und schälte einen Apfel, bis nicht nur die grüne Schale, sondern das Innere als ungebrochene Spirale auf seinem Teller lag. Jedenfalls den einen Blick über, den er durch das Chaos an fremden Köpfen durchschmuggeln konnte. Er konnte ihn nichts fragen, ihm nichts erklären… nicht einmal seine Hand halten. Dabei hätte er das bisschen Halt gerade sehr nötig gehabt.

Als der Unterricht rief und der Tumult sich auflöste, war Scorpius bereits verschwunden. Keine Chance mehr bis zum Mittagessen mit ihm zu reden. James wurde von einer Traube sehr neugieriger Mädchen bis zum Klassenzimmer für Verwandlungen getrieben. Ihre Fragen waren immer die gleichen, und mit knappen Antworten und Schulterzucken wimmelte er sie nicht ab. Sie redeten einfach weiter, als hätten sie gar keine Antwort erwartet. Es war, als säße er zwischen seinen Cousinen am Küchentisch fest.

Dabei beschäftigte ihn gerade nur noch eine Sache. Er konnte die Menschen, die von Australien wussten, an einer Hand abzählen, und einer davon hatte ihn in diesen Schlamassel gebracht. Egal, was die anderen sagten, es war ein Schlamassel. Er fand rein gar nichts Gutes daran.

Jemand, der sich gerne selbst reden hörte. Jemand, der vermutlich dachte, er würde ihm einen Gefallen tun. Weil er immer alles besser wusste.

Beim Klassenzimmer angekommen entdeckte er genau, nach wem er gesucht hatte. Sein Cousin lehnte seelenruhig an der Wand, die Nase in ihrem Verwandlungsbuch vergraben. James stob aus der Traube von neugierigen Mädchen heraus, die sich hinter ihm auflöste, und preschte auf ihn zu.

Louis hob gerade noch den Kopf, dann bekam James seinen Kragen zu packen. Mit einem Rumps stieß er ihn gegen die Wand, hart genug, dass sein Hinterkopf hörbar auf den Stein traf. Statt einem Wort oder Satz kam nur ein Schmerzenslaut über seine Lippen.

„Du…“ James krallte seine Finger in Louis‘ Kragen, bis er ihn nach Atem ringen hörte. Mit brodelndem Blick lehnte James sich vor. „Du hast keine Nacht abwarten können, die Bombe platzen zu lassen, was?“

Louis wich nicht vor ihm zurück. Er brachte eine Hand zwischen die Wand und seinen Kopf, massierte sich die Stellte, die zu nahe Bekanntschaft mit dem harten Stein gemacht hatte. Sein fragender Blick versuchte James‘ Stand zu halten. „Ich weiß nicht, was du meinst.“

„Was machst du denn da?“, brachte Fred schockiert hervor. Er hatte neben Louis gestanden, vor Schreck einen Satz zurückgemacht und traute sich wieder heran, nur vorsichtig, fast so behutsam, wie er James an der Schulter packte.

James schoss ihm einen Seitenblick zu, nicht mehr, aber es reichte, damit Fred die Hand wieder wegnahm. Wieder fixierte er Louis, spürte den Druck seiner Augenbrauen, als er sie zusammenzog und sie einen Schatten in sein Blickfeld warfen. Er verstärkte seinen Griff um Louis‘ Kragen, zwang ihn nah an sich heran, bis er die Stimme nicht über ein Raunen heben musste, um gehört zu werden:

„Du hast allen von Australien erzählt. Keine zwölf Stunden, nachdem ich’s dir anvertraut hab. Ich dachte, nachts alleine in einem dunklen Korridor miteinander zu sprechen, würde implizieren, dass das unter uns bleiben soll.“

„Jamie, du –“

„Jamie mich nicht“, knurrte James.

Louis‘ Blick erkaltete. „Ich habe niemandem ein Sterbenswörtchen gesagt. Wie kommst du darauf?“

„Ich hab kombiniert. Jemanden zu finden, der davon wusste und es allen Gryffindors stecken konnte, war nicht schwer. Langweilt der Fall dich schon, hm?“

Louis antwortete darauf nicht. Er musterte ihn kurz. „Wieso regst du dich darüber eigentlich so auf?“ Eine Antwort darauf reimte er sich selbst zusammen, verdrehte die Augen, als wäre sie verdammt offensichtlich. „Du hast es ihm noch nicht gesagt? Du hattest die ganze verdammte Nacht Zeit.“

„Ich wollte auf einen besseren Zeitpunkt warten. Und der war sicher nicht in der Großen Halle davon überrollt zu werden.“ Er ließ Louis los, drehte sich um und sofort fanden alle Schaulustigen etwas anderes, das sie ohne zu blinzeln anstarren konnten. Einen tiefen Atemzug später lehnte er sich gegen die Wand zwischen Louis und Fred. „Wenn du es nicht warst –“

„Ich war’s nicht.“

„Woher wissen dann alle davon?“ James schaute Fred an, immerhin derjenige, der ihn heute Morgen als Erster umgerannt hatte.

Als hätte er Angst, James würde ihn auch erwürgen, machte Fred einen Schritt zurück. Er hob beide Arme zu einem schwachen Schutzschild. „Keine Ahnung. Als ich in den Gemeinschaftsraum kam, haben sie schon an den Banner rumgemalt.“ Er erlaubte sich ein Grinsen. „Das Känguru war von Lily. Süß, nicht?“

James verengte misstrauisch die Augen. „Mhm.“

„James…“ Fred tastete sich sehr vorsichtig an ihn ran. „Du freust dich ziemlich… äh, innendrin, wenn du verstehst, was ich meine.“

„Schön ausgedrückt, Fred. So würde ich es auch bezeichnen, nachdem er mich grad stranguliert hat“, murmelte Louis. Er band sich seine verrutschte Krawatte neu und schaute James dabei an, als hätte er gerade einen Knuddelmuff unters Sofa gekickt.

James ignorierte das. „Lily hat also…“ Er konnte seine Frage nicht zu Ende formulieren. Die Stunde fing an und ein Strom Schüler quetschte ihn ins Klassenzimmer herein.

Fred hatte während Verwandlungen besseres zu tun, als sich ausfragen zu lassen. Er kämpfte sich immer noch mit menschlichen Verwandlungen ab, so wie der Großteil der anderen Schüler. Sowieso war Verwandlungen kein Fach, bei dem man es wagen sollte sich zu unterhalten, sonst flossen die Hauspunkte aus ihrem Stundenglas, wie aus einem gebrochenen Damm. Und wenn man sich nicht genügend konzentrierte, lief man den halben Tag mit einem unsichtbaren Arm durch die Gegend, weil allen anderen verboten wurde bei der Rückverwandlung zu helfen.

Während Zaubertränke hatte Fred arge Probleme überhaupt seinen Kessel aufzustellen. Er schien einfach nicht einschätzen zu können, wo sein Arm anfing und wieder aufhörte, oder wo er überhaupt gerade war. Seine Zutaten landeten diverse Mal im Feuer oder wieder auf dem Tisch.

James hätte ihm trotz Verbot geholfen, wenn er mit den Gedanken nicht ganz woanders gewesen wäre. Lily hatte von Australien gewusst, zumindest hatte sie es angedeutet, als sie sich in den Drei Besen unterhalten hatten. Vielleicht war es ihr nicht nur ihm gegenüber rausgerutscht. Auch unbeabsichtigt verbreitete sich sowas wie ein Lauffeuer in Hogwarts.

Ein Skarabäus traf ihn am Hinterkopf und holte ihn in die Gegenwart zurück. Als er sich umdrehte, entdeckte er Hastings am Tisch mit seinen Slytherin-Freunden. Wie auf Kommando hoben sie ein Banner, etwa so lang wie die am Gryffindortisch. Darauf hing ein Känguru kopfüber an einem Besen und flog mit Volldampf gegen eine Tribüne. Im Chor, viel einstudierter, als die Gryffindors heute Morgen, formten sie denselben Singsang, der James schon vorhin hatte erröten lassen – Merlin sei Dank stumm.

„Das hat er also während Verwandlungen gebastelt“, murmelte Fred.

James verdrehte die Augen. Als er sich wieder seinem Kessel zuwandte, ertappte er Louis dabei sein Lachen in der Faust zu verstecken. Er verengte die Augen.

„Was?“ Louis zuckte mit den Schultern. „Das war… amüsant und clever. Die Allegorie eines Kängurus über Kopf – down under, du verstehst? Und dann puff…“ Er streckte eine Hand aus und ließ die andere Faust dagegen krachen. „…fliegt es gegen die… weil du… James. Lass das.“

James hatte sich über den Tisch gelehnt, Louis‘ Pufferfischaugen gegriffen und drohte seine Faust direkt über seinem Kessel wieder zu öffnen. Das schien Louis gar nicht witzig zu finden. Er schob James behutsam aber bestimmend weg von seinem Kessel, und das alles, während Fred James leise anfeuerte den Trank zu ruinieren.

Am Ende ließ James die Pufferfischaugen zurück in ihr Behältnis fallen und widmete sich wieder seinem eigenen Skele-Wachs.

Bis zum Mittagessen verlor er kein Wort mehr über Australien. Fred hätte ihm gesagt von wem alle es wussten, wenn er eine Ahnung gehabt hätte. Und er hatte genug damit zu tun mit der linken Hand zu essen. Er versuchte sich James‘ Unterstützung zu leihen, um die Unsichtbarkeit rückgängig zu machen, bekam aber leider nicht seine volle Aufmerksamkeit.

James behielt mit mindestens einem Auge immer den Slytherintisch im Blick. Scorpius aber fand er nicht. Weder am Ende, noch am Anfang und nicht einmal irgendwo in der Mitte. Albus und Rose konnten ihm auch nicht sagen, wo er steckte. James blieb keine andere Wahl, als davon auszugehen, dass Scorpius verdammt sauer auf ihn sein musste.

Und das alles wegen Australien… Auch jetzt war das noch das Topthema am Tisch der Gryffindors. Nummer eins setzte sich neben ihn und erzählte eine gefühlte Stunde, wie er mal ein Freundschaftsspiel zwischen den Thunderers und Magpies gesehen hatte – anscheinend mit seiner Freundin zusammen, die sehr erfolgreich Interesse heuchelte.

Als Lily mit ihren Freundinnen im Schlepptau zum Essen kam, hielt nicht einmal mehr Freds halb erfolgreicher Versuch den Arm sichtbar zu machen fest. Er ließ den schummerigen Ellenbogen links liegen und schnappte sich Lily an der Hand, als sie ihn passierte. Sofort stand er auf und zog sie zur Seite weg.

„Kann ich mal kurz mit dir sprechen?“

Lily strahlte ihn an. „Soll ich nochmal meinen super australischen Akzent machen? Den finden die da unten sicher sehr rassistisch.“

Ihre Freundinnen, allesamt Mädchen, die für James irgendwie gleich aussahen, kicherten.

James zuckte nicht einmal mit der Wimper. Er zog Lily zum Eingang der Halle und blieb dort stehen. Hier stand er sicherheitshalber im Weg, um Scorpius notfalls abzufangen. Er warf einen Blick nach draußen in die Eingangshalle und sah immer noch keine Spur von ihm.

Lily schaute ihn erwartungsvoll an, wippte von den Fersen auf die Zehen. Sie hatte lange nicht mehr so gelassen gewirkt. Nach der Stadionsache war sie fast so heftig in Tränen ausgebrochen, wie nach James‘ Besenunfall, aber von Rötung war jetzt nichts mehr in ihren Augen zu sehen. James wünschte, er könnte sich mehr darüber freuen, dass es seiner Schwester besser ging.

„Warst du das?“, fragte er.

Lily legte stirnrunzelnd den Kopf schief.

„Du wusstest das mit Australien. Erzähl mir nichts.“

„Mum hat sowas angedeutet, ja“, sagte Lily schulterzuckend. „Aber ich wusste nicht, dass du eine Zusage bekommen hast. Das ist doch super. Wieso ziehst du ein Gesicht wie Onkel Percy, wenn man ihn von der Arbeit abhält?“

„Du bist sicher, dass es dir nicht gegenüber irgendwem rausgerutscht ist?“

Lily verging ihr Lächeln allmählich. Sie schaute James an, als würde er sie für dumm verkaufen. „Nein.“

„Weißt du dann, wer’s im Gemeinschaftsraum rumgetratscht hat?“

„Als ich aufgestanden bin, wussten es schon alle. Albus hat’s mir gesagt. Ich dachte, dass du es ihm erzählt hast.“

„Ich hab’s niemandem erzählt“, sagte James.

Lily zögerte. „Warum? Mum hat gesagt, dass du nichts Besseres kriegst. Ist es, weil sie sich darum gekümmert hat? Du weißt doch, dass du das Zeug dazu hast – auch ohne Vitamin B.“

„Hätte sie es mich dann nicht alleine entscheiden lassen können?“, gab James zurück, schärfer, als Lily es anscheinend erwartet hatte.

Sie wich einen Schritt vor ihm zurück, duckte sich leicht unter ihren Schultern. „Du wolltest das doch immer, James…“

„Mum hat keine Ahnung, was ich will. Und sie hat’s auch nicht für mich zu entscheiden.“

Lily schüttelte leicht den Kopf. „Du trainierst so hart, mehr als wir alle zusammen, und das seit Jahren. Soll das umsonst gewesen sein? Willst du das jetzt wegwerfen? Wofür?“

James öffnete den Mund. Dann schloss er ihn wieder und schluckte.

„Du…“ Lily fasste ihn vorsichtig am Handgelenk. „Du bist ziemlich blass, James. Geht’s dir nicht gut?“

„Doch. Sicher. Hast du…“ Er atmete tief durch. „Hast du Scorpius gesehen?“

Sie nickte. „Professor Belby hat ihn in sein Büro zitiert. Nichts Schlimmes, glaube ich.“

„Gut. Super. Ich muss zu Geschichte.“ James drehte sich von seiner Schwester weg, schulterte seine Tasche.

„Du kommst aber nachher zum Training, oder?“ Lily ließ ihn erst los, nachdem er genickt hatte. James rang sich obendrauf zu einem Lächeln durch, von dem ihm ganz schlecht wurde, winkte noch und eilte dann die Treppen nach oben. Lily blieb mit verschränkten Armen im Türrahmen stehen.

Sobald er außer Sichtweite war, verlangsamte James sein Tempo. Er stieg die Treppen langsamer hoch, erklomm sie schwer wie die letzten Meter eines Berges. Am liebsten wäre er in die andere Richtung gegangen, hätte Scorpius abgefangen und Geschichte geschwänzt. Dann hätte er sich endlich erklären können und das ganze Zeug von seiner Seele geredet.

Er streifte den Eingang zum dritten Stock und prallte genau dort in einen streunenden Schüler. Mit einem Rumps fiel der andere zu Boden. James fing sich gerade noch an der Wand. Er schaute herunter.

„Scorp…“

Scorpius hockte mit gespreizten Beinen auf dem Boden. Seine Tasche lag neben ihm in einer frischen Pfütze aus smaragdgrüner Tinte. Er seufzte, als wäre ihm gerade die ganze Welt auf die Schultern gefallen.

James hockte sich zu ihm. „Sorry, ich hab dich nicht gesehen.“

„Ist schon gut. Ich hab nicht aufgepasst. Eigentlich wollte ich nur so schnell wie möglich zum Essen.“

James reparierte mit einem Zauberspruch das Tintenglas und ließ die Tinte wieder zurücklaufen. Ein paar von Scorpius‘ Büchern behielten tropfende Pergamentecken. Als James sich darum kümmern wollte, nahm Scorpius ihm die Bücher sofort ab und stopfte sie zurück.

„Komm hoch.“ James fasste Scorpius an der Hand und half ihm auf die Füße. Er klopfte für ihn den Staub von seiner Rückseite, nicht ganz ohne Hintergedanken, was ihm eine hochgezogene Augenbraue einbrachte, die er mit einem Grinsen quittierte.

„Du wolltest zu Geschichte?“, fragte Scorpius.

James nickte. „Ich… Äh… Ich hab dich schon gesucht. Wo hast du gesteckt?“

„Oh…“ Scorpius zuckte mit den Schultern. „Ich wollte eure kleine Party heute Morgen nicht stören. Dann hat Belby mich aufgehalten. Er wollte wissen, ob ich alleine in meinem Schlafsaal bleiben will oder zu den Siebt- oder Fünftklässlern ziehen will. Das erklärt sich von allein, hm?“

Für James tat es das eigentlich nicht.

Scorpius schaute ihn an, als würde er genau das in seinem Gesicht lesen können. „Ich meinte, dass ich gut alleine zurechtkomme. Bei den Fünftklässlern wäre es wahrscheinlich nicht anders, als vorher in meinem Schlafsaal – nur ohne dass morgens ein Eimer kaltes Wasser in meinem Gesicht landet. Oben drauf wäre ich der alte Sack, der etwas merkwürdige Malfoy, der ihnen was wegguckt, wenn sie sich umziehen. Da kann ich drauf verzichten.“

„Zu den Siebtklässlern kannst du jedenfalls nicht“, sagte James. „Dann würde Hastings dich im Schlafanzug sehen, und das will ich nicht.“

Sie lachten beide darüber. Aber ein Lachen war selten so tonlos und kurz gewesen.

„Ich bin eigentlich auch ganz schön hungrig“, sagte Scorpius und deutete mit einer Geste an James vorbei, die man auch gut als Winken hätte verstehen können.

James fasste sein Handgelenk, zog die Hand aus dem Winken heraus. „Können wir bitte kurz reden?“

Scorpius schaute an ihm vorbei, irgendwo in Richtung der Großen Treppe. „Sicher, dass du nicht zuerst allen anderen davon erzählen willst? Über Banner in der Großen Halle kann ich dann den Kontext schließen.“

James schluckte hart. Es fühlte sich an, als hätte ein Kloß seine Luftröhre verschlossen. Er wagte den Blick zu heben und das Gefühl verschwand nicht. Scorpius‘ Blick verdoppelte jeden schweren Gewissensbiss, den er heute auf seinen Schultern getragen hatte.

„Ich wollte dir davon erzählen“, sagte er mit schwacher Stimme. „Wirklich. Gestern Nacht, heute Morgen… Seit ich diesen verfluchten Brief bekommen habe.“

„Wie lange ist das denn her?“, fragte Scorpius nach was sich wie eine Ewigkeit anfühlte und doch ein Wimpernschlag war. Seine Stimme war so anders, als lägen Jahre dazwischen. Leise und heiser, so ganz ohne das Positive, was ihr sonst Farbe verlieh.

„Können wir das irgendwo in Ruhe und nicht in einem Korridor besprechen, durch den gleich eine Horde Schüler trampelt?“

„Ich glaube nicht, dass allzu viele Siebtklässler noch Geschichte belegt haben“, sagte Scorpius, und da hatte er natürlich Recht, aber ein bisschen Privatsphäre wäre James doch lieber. Er setzte einen flehenden Blick auf, der mit Hundeaugen wahrscheinlich besser funktioniert hätte. Irgendwie schaffte er es aber Scorpius rumzukriegen.

James schob ihn den Gang herunter, vorbei an Portraits und Ritterrüstung, zum inzwischen verlassenen Klassenzimmer für Verteidigung gegen die dunklen Künste. Scorpius ließ seine Tasche auf den Boden gleiten und lehnte sich rücklings gegen ein Pult.

James zog die Tür hinter sich zu. Sicherheitshalber warf er noch einen Blick nach draußen in den Korridor, nur um mögliche Störenfriede endgültig auszuschließen. Dann drehte er sich um und stellte sich Scorpius‘ steifer Miene. Er hatte ihn selten so versteinert gesehen. Seine ganze Haltung schien anders zu sein.

„Es tut mir leid“, sagte James. Er näherte sich vorsichtig, wie bei einem Einhorn, das bei seinem Anblick davon galoppieren würde. „Ich wollte wirklich nicht, dass du so davon erfährst. Ich weiß auch nicht, wie das passieren konnte. Ich hab niemandem ein Wort erzählt – nein, warte. Louis hab ich davon erzählt. Aber er hat mich gezwungen. Du kennst ihn doch. Wenn du ihm nichts sagst, schlüpft er entweder in deinen Kopf oder zieht dir nachts Erinnerungen aus dem Hirn, während du schläfst.“

Scorpius‘ Lippen, bis eben eine schmale Linie, zuckten leicht. Ein erstes Anzeichen, dass er James nicht lange böse sein konnte – hoffentlich.

„Ich hab keine Ahnung, wer’s aufgeschnappt und ausgeplaudert hat, aber wenn ich denjenigen finde, dann kann der sich warm –“

„James, ist schon gut. Ich glaub dir.“

Etwas leichter um die Schultern setzte James sich neben Scorpius auf das Pult. Seine Schulter presste sich in Scorpius‘. Er hob eine Hand und fuhr mit zwei Fingern durch Scorpius‘ Haar.

„Bist du noch sauer?“

Scorpius verschränkte die Arme vor der Brust und schaute James an. Er sah müder aus, als noch heute Morgen. Die Ringe unter seinen Augen hatten zugenommen, vielleicht auch nur verstärkt gegen die Blässe seiner Haut.

„Wahrscheinlich sollte ich froh sein, dass wenigstens Hastings nach mir davon erfahren hat.“ Seine Stimme kratzte sich immer tiefer.

James wich seinem Blick aus, schaute zu dem Modell eines Werwolfs in der Ecke.

„Warte.“ Anscheinend hatte ihn eine kleine Geste, ein Blick zur falschen Zeit in die falsche Richtung verraten. „Das… Das ist jetzt nicht dein Ernst.“

„Ich hab’s ihm nicht erzählt“, empörte James sich. „Er… Er war nur zufällig da, als ich mir den Brief durchgelesen hab.“

Scorpius schnaubte. „Wenn ich nackt im Bett liege fällt er demnächst auch zufällig auf mich.“

„Das ist nicht lustig“, knurrte James und ballte beide Fäuste zusammen.

„Genau“, gab Scorpius scharf zurück. Er stieß sich vom Pult ab und stellte sich frontal vor James. Irgendwie wirkte er größer als sonst. „Ich sollte der Erste sein, dem du sowas erzählt. Oder zumindest einer der ersten. Stattdessen verheimlichst du mir das für… wie lange? Wochen? Mo-“

„Vielleicht genau deswegen“, fuhr James dazwischen. „Du freust dich nicht für mich. Kein Wort darüber, was für eine Riesenchance das ist, oder dass du stolz bist. Dass ich das hier verdient habe.“

„Ich dachte, du willst was Besseres mit deinem Leben anfangen. Heute Morgen noch hast du mir was ganz anderes erzählt“, blaffte Scorpius. Selten hatte James ihn so laut werden hören. Nicht einmal dem Klops gegenüber. Vielleicht kam es ihm auch nur so vor, weil er die geballte Lautstärke seiner Stimme ungeschützt abbekam. „Was war das mit dem Büro deines Vaters, James? Leere Worte? Ein Ablenkungsmanöver, während du schon für Australien packst? Eine dreiste Lüge?“

„Nein! Nein.“ James hob warnend den Zeigefinger. Er wollte sich keinen Lügner schimpfen lassen. Er hatte nicht gelogen. Er hatte nur nicht die richtigen Prioritäten gesetzt. Versucht es sich einfach zu machen. „Ich habe noch nicht zugesagt. Ich weiß, dass es heute Morgen so ausgesehen haben muss.“

„Ziemlich, ja.“ Scorpius holte aus und wischte James‘ Finger aus seinem Gesicht. Rote Flecken brannten auf seinen Wangen. Nicht Verlegenheit, nicht Scham, sondern Wut.

James stemmte sich wieder vom Pult herunter. Er hüpfte direkt vor Scorpius‘ Füße. Keine Hand hätte zwischen sie gepasst, weil Scorpius diesmal keinen Schritt weg tat.

„Was soll das heißen?“, hakte James nach. „Was Besseres?“

Scorpius drehte schnaubend den Kopf zur Seite. Seine Arme flüchteten sich erneut in eine Verschränkung.

„Quidditch passt dir nicht, was?“, reimte James sich zusammen. „Du würdest lieber mit einem Auroren prahlen.“

Scorpius verdrehte die Augen. „Ich würde dich unterstützen, wenn du der verdammte Hausmeister von Hogwarts werden wollen würdest – solange es dich glücklich macht.“

„Quidditch macht mich glücklich“, sagte James erschöpft. Er sah zu, wie Scorpius die Augen schloss und tief durchatmete, als müsse er sich beruhigen. „Ich stehe morgens wegen Quidditch auf, ich trainiere jeden Tag. Ich bin nicht Kapitän geworden, weil es niemand besseren gab. Ich liebe Quidditch.“

„Tust du nicht“, platzte es aus Scorpius heraus, lauter noch als eben. Eine Flamme fehlte seinem Atem, dann hätte er einem Drachen Konkurrenz gemacht. „Es zu sagen, es runterzurattern wie auswendig gelernt, macht es nicht wahr, James. Du hast keinen Spaß daran. Du trainierst so verbissen, um irgendjemandem was zu beweisen, um perfekt zu sein. Und dabei verlierst du bloß den Spaß am Fliegen.“

„Das ist nicht wahr“, knurrte James.

Scorpius atmete die Lautstärke seiner Stimme weg. Die Härte blieb. „Weißt du, worin du verdammt gut bist? Darin, dich selbst zu belügen. Quidditch wird dir nicht wieder mehr Spaß machen, wenn du mehr trainierst. Du sagst das jedes Mal. Jedes Mal, wenn ich dich frage, ob es dir noch Spaß macht, siehst du das als Kritik und trainierst härter. Das ist kein gesunder Ehrgeiz mehr, James. Das macht dich kaputt.“

James hatte darauf keine Antwort. Er wollte darauf nicht einmal antworten. Das war absoluter Blödsinn.

„Ich dachte, du kapierst das irgendwann selbst. Ich wollt’s dir nicht sagen müssen.“

„Jaah… Ja. Wenn dir was an mir liegen würde, hättest du mich jetzt unterstützt.“ James drückte seine Hand gegen Scorpius‘ Brust und schubste ihn einen Schritt weit nach hinten, weg von sich. Er bekam nicht richtig Luft. Sie fühlte sich heiß in seinen Lungen an, und mehr Raum änderte daran auch nichts. „Genau jetzt.“

Scorpius machte den Schritt wieder zu. „Wozu?“ Er rammte seine Faust hart gegen James‘ Brustbein. In seinen Augen herrschte ein Gewitter, brodelnd und angsteinflößend, eines vor dem man sich ins Haus flüchten wollte. „Wir wissen beide ganz genau, wieso du mir von dieser Riesenchance nichts erzählt hast.“

„Jeder sagt mir, dass das so offensichtlich ist, also bitte.“ James warf die Hände in die Luft. „Erleuchte mich! Was geht in mir vor?“

Scorpius‘ Lippen blieben als schmale Linie zurück, verletzt und weit entfernt von einem Lächeln. „Du denkst, dass du nicht beides haben kannst. Für dich heißt es entweder oder. Entweder die Thunderers oder ich.“

James nahm die Hände runter.

„Und der Plan war immer Quidditch, nicht wahr? Also sagst du mir nichts davon, weil alles, was du mir sagen würdest, der schnellste Weg Richtung Ende wäre.“ Zu dem Gewitter seiner Augen kam Regen, der sich nach einem Blinzeln sonderbar funkelnd in seinen Wimpern verfing. „Sprich es einfach aus.“

„Scorp…“

„Scorp mich nicht“, verpasste er James ein kurzes Déjà-Vu. „Sag mir einfach die Wahrheit. Sag, dass du mich wegen Quidditch abschießt. Dass es egal ist, was ich jetzt noch sage.“

„Ich…“

„Sag es!“

James bekam eine fest geballte Faust direkt in die Brust. Er musste nach neuer Luft schnappen. „Quidditch war immer der Plan“, sagte er auch sich selbst. „Wenn’s dunkel ist, träumen wir alle mal, aber Plan ist Plan.“

Scorpius zog seine Faust, seine Hand von James‘ Brust, nicht ohne die Fingerspitzen über seine Krawatte fahren zu lassen. Als traute er sich nicht auch nur eine Stoffschicht weniger wegzulassen. „Geht doch.“ Er machte einen Schritt nach hinten, bückte sich nach dem Gurt seiner Tasche und schulterte sie, während er sich umdrehte.

„Scorpius. Warte.“ Er packte ihn am Ärmel, fest genug, um ihn abzubremsen, aber nicht genug, damit er sich umdrehte. „Ich seh das doch nur realistisch. Ich wäre am anderen Ende der Welt. Du hast noch ein Jahr in Hogwarts vor dir. Sechzehntausend verdammte Kilometer.“

„Dann geh nicht“, hauchte Scorpius, als hätte er Angst auch nur einen Ton zu laut zu werden. Er hing mit dem Blick an der Wand fest, auch als James sich um ihn herumlehnte. Seine Stimme, sein ganzer Kiefer zitterte. „Lass mich nicht hier alleine“, sagte er der Wand.

James strich mit den Fingerknöcheln über Scorpius‘ Wange. Etwas Nasses streifte seine Fingerspitze in der Nähe des Augenwinkels.

Langsam zwang Scorpius seinen Blick herum, folgte dann mit dem Kopf und schließlich sogar mit dem Körper. „So oder so sehen wir uns nächstes Jahr weniger. Würdest du mich aus London heraus auch nicht mehr haben wollen?“

„Darum geht’s doch nicht“, sagte James heiser. Er wusste nicht, wo seine Stimme hin war und warum sie ihn ausgerechnet jetzt im Stich ließ. „Ein anderer Kontinent schlägt mehr auf die Psyche, ja. Wir hätten nur Briefe, ab und zu ein Gespräch übers Flohnetzwerk – vorausgesetzt wir hätten Zeit dafür.“ James schüttelte allein bei der Vorstellung den Kopf. „Ich könnte nicht einmal deine Hand halten, wenn mir gerade danach ist.“ Er bekam mit den freien Fingern Scorpius‘ Hand zu fassen, strich über angespannte Knochen und Sehnen bis zu zitternden Fingern.

Scorpius öffnete seine Finger, ließ James‘ zwischen seine. Er hob ihm das Kinn entgegen, brachte seine Lippen näher.

„Wir wissen nicht, wie das wird. Ich will nicht nach ein paar Monaten wiederkommen und… feststellen, dass wir uns auseinander entwickelt haben. Was, wenn du jemand anderen kennenlernst? Wenn ich dann nur im Weg stehe. Wenn du mich dafür hasst, dass du dich verpflichtet fühlst… Was, wenn ich wiederkomme und nicht mehr der bin, in den du dich… du weißt schon. Das kann ich nicht von dir verlangen.“

James erkannte seine Stimme kaum wieder. Er fühlte sich, als würde seine Mutter ihm einen Vortrag halten, den er selbst nicht hören wollte.

„Weißt du, was das wirklich Traurige daran ist?“, fragte Scorpius. „Dass du es nicht einmal ausprobieren willst.“ Er zog seine Hand aus James‘, langsam, als würde er sich Widerstand erhoffen. „Viel Glück in Australien.“

James streckte sich nach ihm, und alles, was er dafür bekam, war ein Schritt Abstand und ein Griff ins Leere. Scorpius drehte ihm den Rücken zu und ging ohne ein weiteres Wort, einen weiteren Blick. Er ließ die Tür offen. Seine Schritte hallten aus dem Korridor zurück in das Klassenzimmer. James lauschte ihrem gleichmäßigen Rhythmus, der so ganz konträr zu dem Schlagabtausch in seinem Brustkorb war.

Dann wurde es ruhig. Egal, wie sehr er seine Ohren anstrengte, er hörte nur das leise Murmeln von Schülern und Portraits, knarzendes Holz und unheimliche Echos. Die Schlossgeräusche hatten Scorpius verschluckt.

James fiel nach hinten gegen den Tisch, die letzte Stütze, die ihn davon abhielt wie ein Häufchen Elend auf den Boden zu sinken. Er presste eine Hand vor sein Gesicht. Ein nasser, heißer Tropfen fiel auf seine Handfläche.

Er schwänzte Geschichte, alleine und nicht absichtlich.


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