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Fanfiction

The Flaw of Perfection - Dicker als Blut

von Dr. S

Sekunden sollten sich nicht wie Stunden anfühlen, und trotzdem fühlte James sich, als wäre er eine Ewigkeit diesem quälenden Anblick ausgesetzt. Scorpius mit dem Rücken an dem Zaun lehnend, der ihn von der Heulenden Hütte trennte, gegen das alte Holz gepresst von Kapitän Arschgesicht. Und sie küssten sich. Hastings küsste seinen Scorpius.

Das war schlimmer als eine Armee von Dementoren und Irrwichten.

James ballte die Hände zu Fäusten, während ein unmenschliches Knurren aus seiner Kehle kam. Ein Zittern ging durch jeden einzelnen seiner Muskeln, sogar bis in seine Zehen, und er gab dem Drang nach loszustürmen. Mit einer Drehung floh er ins Dickicht neben dem erdigen Pfad und versteckte sich wie ein feiger Slytherin hinter einer Mauer aus Zweigen und Büschen.

Er hätte sich gerne selbst geschlagen, oder zumindest seine Beine, weil er nicht verstand, was er gerade tat, oder was überhaupt passierte. Aber kaum stützte er sich am Stamm eines Ahorns ab und versuchte sich zu fassen, hörte er ein dumpfes Klatschen. James schaute wieder um den Baumstamm herum. Ganz vorsichtig.

Scorpius hatte Hastings mit beiden Händen von sich weggeschubst. „Hast du sie noch alle?“, fragte er beißend leise, wie ein zum tödlichen Sprung ansetzendes Raubtier. Sein Blick schwankte zwischen Wut und Verwirrung.

„Ich hab das als Einladung verstanden“, sagte Hastings und wagte sich, für einen Slytherin ganz untypisch waghalsig, wieder näher an Scorpius heran. Er strich ihm eine weißblonde Strähne aus dem Gesicht. Eine Geste, die sanfter war als alles, was James je von ihm gesehen hatte. Und das brachte genauso viel Verwirrung in Scorpius‘ Gesicht, wie gerade durch James‘ Eingeweide wirbelte.

Scorpius stieß erneut beide Hände flach gegen Hastings‘ Brust, hielt ihn auf Abstand, aber doch keine Armlänge entfernt. „James ist nicht hier. Nochmal zum Mitschreiben: Es ist niemand hier, den du auf die Palme bringen würdest. Also hör auf mit dem Unsinn, klar?“

„Mhm, ja, es ist niemand hier. Kein Potter, der für dich da ist, wenn’s dir schlecht geht. Nur ich… Sagt das nicht alles Nötige?“ Hastings streichelte über Scorpius‘ Wange bis zu seinem Kiefer. Kurz vor den Lippen packte Scorpius sein Handgelenk.

„Lass es. Das ist nicht witzig.“

„Was, wenn ich nicht versuche witzig zu sein? Wenn ich’s ernst meine?“ Hastings machte einen Schritt vor, als gäbe es irgendwelchen Platz, den er füllen müsste. Er hatte seine freie Hand am Saum von Scorpius‘ Hemd, wie James heute Morgen, bereit den nächsten Schritt darunter zu machen. „Hab ich keine winzig kleine Chance?“

Scorpius wich mit dem Kopf zurück, der einzige Körperteil, den er bewegen konnte ohne Hastings näher zu kommen. „Du hast keine Chance James damit zu provozieren, falls du das meinst. Und ich werd’s ihm selbst erzählen, dann lachen wir dich zusammen aus, weil du ernsthaft denkst, das würde funktionieren.“

James wartete hinter seinem Baum auf ein klareres, deutlicheres Nein. Das hier provozierte ihn mehr als jede Bemerkung, die Hastings je über sein nicht existierendes Talent für Quidditch fallengelassen hatte. Er wäre am liebsten losgestürmt und hätte das beendet. Wie konnte Scorpius etwas anderes denken? Wieso beendete er das nicht einfach?

„Ich tu das nicht um Potter eins reinzuwürgen. Ich verbringe gerne Zeit mit dir“, sagte Hastings. „Und du mit mir, das spür ich.“

„Das ist mein Zauberstab“, sagte Scorpius kalt. „Und ich benutze ihn, wenn du jetzt nicht deine Pfoten weg nimmst.“

James atmete durch. Das kam näher ran.

„Siehst du? Das mag ich an dir. Du hast Feuer.“ Hastings schob Scorpius‘ gehobenen Zauberstab einfach zur Seite und beugte sich näher. Seine Stimme hatte etwas hypnotisierendes, so leise und eindringlich: „Du bist clever, schlagfertig, man kann sogar mit dir reden, und dein Lächeln… ist verdammt hübsch anzusehen.“ Die letzten Millimeter zwischen ihnen ließ er hinter sich und interessierte sich wenig dafür, dass Scorpius sich wegdrehte, packte ihn einfach im Nacken und zog ihn wieder heran.

Erst James‘ Schulterklopfer stoppte ihn – und bewahrte ihn vor Scorpius‘ Knie, das schon nach oben zuckte.

„Verbrenn dir nicht die Finger“, sagte James und rammte seine geballte Faust in Hastings‘ Fresse, kaum dass er sich umgedreht hatte. Hastings fiel mit einem Geräusch, als müsse er sich übergeben, direkt gegen Scorpius, der eingekerkert zwischen den anderen Armen gar keine Wahl hatte, als ihn aufzufangen. Und deswegen zeigte Hastings grinsend blutverschmierte Zähne, als er den Kopf wieder in James‘ Richtung drehte.

„Potter“, spuckte er samt Blut aus. „Hast du deine Strafarbeit schon versaut?“

„Ist das so unwahrscheinlich? Du bist der Experte nach fünf Minuten fertig zu sein.“

„Ach?“ Hastings‘ Augen weiteten sich nicht bloß, sondern quollen förmlich hervor, als wollten sie James dafür anspringen. Er ließ sich sein Grinsen nicht verderben. „Vielleicht solltest du dir dann noch einen kleinen fünf-Minuten-Spaziergang gönnen“, sagte er und schob seine Hand auf Scorpius‘ Hüfte.

Scorpius, mit beiden Händen auf Hastings‘ Oberarmen, schubste ihn von sich weg genau dann, als James Hastings am Kragen packte.

„Wie wär’s, wenn du deine Griffel von meinem Freund nimmst“, schlug James vor, als würde er einen freien Nachmittag mit spontanen Ideen füllen müssen. Schlagartig wurde er ernst und senkte die Stimme bedrohlich leise: „Bevor ich sie dir alle einzeln breche.“

Hastings leckte das Blut von seinen Zähnen. „Du hast so viel Klasse, Potter. Wie ein wildes Tier. Sehr… na ja, attraktiv.“

„James, lass ihn“, sagte Scorpius, die Hände beschwichtigend gehoben. „Das ist es nicht wert. Es ist nichts passiert.“

Hastings stieß ein gekünsteltes Lachen aus. „Dafür erinner ich mich aber ziemlich gut an deine Zunge in meinem Mund.“

James fühlte sich, als wäre in seinem Magen ein Kaminfeuer außer Kontrolle geraten. Seine Hände um Hastings‘ Kragen zitterten. „Spar’s dir, Hastings. Ich hab alles gesehen“, brachte er überraschend gelassen heraus, dabei war das die größte Lüge, die er erzählt hatte, seit er seiner Schwester gesagt hatte, er würde sich nicht an Scorpius‘ Namen erinnern. Er hatte nichts gesehen, jedenfalls nicht genug, um das widerlich grüne Monster zu beruhigen, das sein Herz wie einen Gummiball quetschte. Was, wenn er das Wichtigste verpasst hatte? Wenn er nicht schnell genug gewesen war, Scorpius ihn gesehen und nur schnell reagiert hatte?

Hastings lachte nur, als würde er glatt durch ihn hindurchschauen. „Wenn du auch nur einen Teil von dem gesehen hättest, was ich gerade gespürt habe, hättest du mehr getan als mich mit deiner Faust zu streicheln.“ Er fixierte James herausfordernd, als würde er die Wiederholung ihres Korridorkampfes nicht abwarten können. „Letztes Mal hast du mir vor Eifersucht die Nase zertrümmert und dir eine Strafarbeit eingefangen. Jetzt kratzt es dich nicht einmal?“

Alles an Hastings kratzte James gerade, und er wollte ihn wortwörtlich kratzen. „Du bist ein erbärmlicher Verlierer und ein Schwein. Keine Gefahr für mich.“

Ein, zwei geplatzte Äderchen zogen sich über das Weiße von Hastings‘ Augen. Er verengte sie. „Frag das lieber nochmal deinen Freund.“

„Oh, bitte…“ Scorpius lehnte mit verschränkten Armen am Zaun und schüttelte den Kopf, als müsse er sich mit kleinen, nervenden Kindern abgeben – gerade ähnelte er sehr seinem stets genervt, gelangweilt drein blickenden Vater. „Ich kann mir vorstellen, dass eine Bulldogge besser küsst als du.“

Hastings verging sein schleimiges Grinsen, als hätte James nachgegeben und es ihm rausgeprügelt. Wie aus dem Nichts stieß er James mit einem Faustschlag in den Magen von sich weg. James schnappte nach Luft und taumelte zurück, während Hastings sich befreite. Er drängte Scorpius zurück in die vorherige Position, ein Ausdruck in den Augen als wolle er ihn erwürgen.

„Ach?“, brachte er gepresst hervor. „Schön. Dann lass dir von mir versichern, dass du dich wie ein nasser Schwamm küsst.“

Scorpius gluckste. „Du hast anscheinend Erfahrungen damit, ja?“

Hastings‘ Hand zuckte schneller als ein Blitz vor. Er packte Scorpius fest ums Kinn, zerrte es zu sich her, bis sie sich in die Augen sahen. Auch dort gab es zu viele Blitze.

James holte die verlorene Luft mit einem hektischen Zug wieder ein und eilte an Scorpius‘ Seite. Er packte Hastings in der Armbeuge. „Wag es nicht.“

„Ich schwöre, ich würd’s tun“, sagte Hastings leise und ohne James anzusehen. Er schien ihn nicht einmal bemerkt zu haben, die Augen immer noch auf Scorpius fixiert. „Du verpasst was, Kleiner. Potter ist dröge wie altes Brot.“ Von der Seite schoss er James einen hämischen Blick zu. „Das hat seine Freundin zumindest immer gesagt.“

„Immer noch besser, als was ich über dich sagen werde“, erwiderte Scorpius.

Hastings stieß ein schnaubendes Lachen aus. „Ich nehm mir noch einen für unterwegs, Potter.“ Damit schoss er vor und küsste Scorpius‘ zusammengepresste Lippen. Innerhalb eines Sekundenbruchteils ließ er wieder von ihnen ab, kaum genug Zeit um James wieder die Faust heben zu lassen, und Hastings machte auch schnell einen Schritt zurück. „Ja, anscheinend passt ihr doch ganz gut zusammen“, sagte er und ging rückwärts den Hang herunter, bösartig grinsend und ungestraft für so viel Dreistigkeit.

James wollte ihm nach, machte schon den ersten Schritt und hätte auch die nächsten gemacht, obwohl Hastings ihm den Rücken zugedreht hatte, aber Scorpius packte ihn um die Hüften. Mit beiden Händen auf James‘ Bauch und der ganzen Kraft in seinen Armen hielt er ihn an Ort und Stelle.

„Lass. Lass bitte“, nuschelte er in James‘ Schulter hinein, und der flehende Ton hielt James besser fest als Scorpius‘ Arme es je könnten.

James kehrte Hastings‘ Gestalt, zurück auf dem erdigen Pfad zum Dorf, den Rücken zu. Er hatte nicht einmal Zeit die Arme richtig zu öffnen, da umklammerte Scorpius ihn schon wieder, schmiegte sich eng an seine Brust und Schulter. James war, als würde der Schmerz von seinem Brustkorb als tonnenschwerer Stein in seinen Magen plumpsen. Er seufzte und legte die Arme um Scorpius.

„Ich glaub, er hatte einfach Angst vor dem Ort hier. Typisch Slytherin, nicht?“, murmelte James und schaute über Scorpius‘ Kopf hinweg auf das verlassene Grundstück.

Vor ihnen türmte sich die Heulende Hütte auf einem kleinen Hügel auf, umrahmt von dem alten, grün überwucherten Zaun. Das Haus knarzte im Wind, als hätte es eine eigene Stimme, die um Hilfe schrie. Fenster und Türen waren mit Brettern vernagelt. Die Schutzzauber waren vor Jahren verstärkt worden, um allerlei Schaulustigen den Weg zu versperren. Über dem morschen Dach zogen sich graue Wolken zusammen.

Scorpius drehte den Kopf, ohne ihn von James‘ Schulter zu nehmen, bis er zu ihm hochsehen konnte. Sein Blick bohrte sich heiß unter James‘ Haut, blieb aber unerwidert. „Tut mir leid“, sagte er leicht heiser. „Den hab ich nicht kommen sehen.“

James blickte auf Scorpius herunter, auf sein weißblondes Haar, das im aufkommenden Wind wie ein Seidenvorhang flatterte, dann schaute er zurück auf die Hütte. Ein bitterer Nachgeschmack klebte unter seiner Zunge. Er schaute Scorpius an und sah den falschen Kerl an ihm kleben. Und das ließ sich nicht rückgängig machen. Hastings würde immer einen Kuss von Scorpius gestohlen haben.

„Wenigstens hast du dich nicht provozieren lassen“, sagte Scorpius, die Handflächen warm zwischen James‘ Schulterblättern liegend. Seine Brust drückte nah genug an James‘, dass er ein unregelmäßiges Pochen zu spüren glaubte. „Was meinte er mit dem Unsinn, du hättest ihm meinetwegen die Nase zertrümmert? Ich dachte, es ging um das Feld?“

James‘ Muskeln versteiften sich, spannten sich unter seiner Haut, bis sie steinhart schienen. „Den anderen hast du kommen sehen?“

Scorpius schaute James mit gerunzelter Stirn an. „Hm?“

„Du hast ihn geküsst“, sagte er, und die Worte hörten sich an, als würde jemand anderes sie sagen, um ihn damit aufzuziehen. Ihm war, als müsse er sich gleich übergeben.

„Eigentlich hat er mich geküsst“, korrigierte Scorpius. Wenn möglich, schmiegte er sich noch enger an James. Sein Haar kitzelte ihn am Hals. Aus dem Augenwinkel bekam er mit, wie Scorpius sich mit dem Handrücken über die Mundpartie wischte. „Ich will da nicht dran denken… Erzähl mir lieber, was dich hierher verschlägt. Teufelsschlingen beseitigt?“

„Wär dir lieber gewesen, ich hätte noch eine Weile gebraucht, was?“ James‘ eisiger Ton überraschte ihn selbst. Die Wut auf Hastings hatte ihn bis eben verschlungen, aber jetzt klang sie ab, je weiter er sich von ihnen entfernte, und machte Platz dafür sauer auf Scorpius zu sein. Weil er es so weit hatte kommen lassen.

„Heh…“ Scorpius‘ Lachen erstarb schnell und wurde von einem verwirrten Blick abgelöst. Er lockerte seine Umklammerung um James genauer, irgendwie abschätzend zu mustern. „Wieso sagst du das so? Ich wünschte, dein Timing wäre besser gewesen.“

„Mhm, sah aus, als hättest du gegen ein paar Sekunden länger mit ihm nichts gehabt.“

Scorpius ließ ihn komplett los. „Wie viel hast du denn gesehen?“ Seine Stimme schlug James‘ haushoch, wenn es um Kälte ging. Es wollte zu dem positiven Zug, der sich um seine Mundwinkel eingegraben hatte, nicht passen.

„Alles Wichtige.“

„Du hast hier also stundenlang rumgestanden, anstatt mir zu helfen?“

„Stundenlang, da sagst du’s schon. Wenn das nichts bedeuten würde, hättest du dich nicht so lange abknutschen lassen“, sagte James, und das unmenschliche Knurren kehrte zurück aus seiner Kehle und raute seine Stimme auf. „Du hättest dir selbst helfen können, wenn du gewollt hättest. Du bist kein zwölfjähriges Muggel-Mädchen. Du hast zwei Fäuste, zwei Füße und einen verdammten Zauberstab.“

Scorpius trat mit erstarrter Miene zurück. „Du denkst, dass ich das wollte?“

„Du hast nicht Nein gesagt“, gab James zurück. Er erinnerte sich sehr genau, dass er auf die eine, definitive Antwort gewartet hatte. „Sag mir, wie’s passiert ist.“

Scorpius sagte rein gar nichts. Er stand einfach nur da, blass als ginge es ihm wirklich nicht gut, und erwiderte James‘ Blick mit einer grauen Leere in den Augen.

„Sag mir, wie’s passiert ist“, wiederholte James scharf. „Erklär’s mir.“

„Er hat mich gegen den Zaun gepresst und geküsst! Aus heiterem Himmel. Ich hab –“

„Von Anfang an“, blaffte James dazwischen. „Du bist mit ihm nach Hogsmeade gegangen und hast nicht an sowas gedacht, willst du das behaupten? Da war keine verdammte Spannung zu spüren, ja? Was genau wolltest du hier überhaupt, so schick rausgeputzt?“

Scorpius stützte sich rücklings auf dem alten Zaun ab. Er atmete tief durch, schüttelte aber den Kopf, als wäre ihm das alles unwichtig oder zu blöd. „Ich hab mich nicht rausgeputzt“, sagte er, bevor James sich durch sein Schweigen gekränkt fühlen konnte. „Ich trage ganz normale Sachen. Ich kann nichts dafür, dass du mich nur vor Tagesanbruch und in der Schuluniform kennst.“

„Ich kenne dich auch in Alltagssachen, und dieses Zeug machst du sonst nicht mit deinen Haaren. Und dieses Hemd ist –“

„Ich hab drauf geachtet, dass ich ordentlich aussehe, mehr nicht“, unterbrach Scorpius ihn scharf. „Ich wollte mit deinem Onkel reden und nicht den falschen Eindruck machen. Falls dich das interessiert, es hat nicht geklappt. Sein Kollege hat mich nicht im Laden haben wollen und ich bin gegangen. Hastings hat sich an mich rangeklettet. Es war kein abgesprochenes Date. Es war ein nervender Parasit, der dich in den Wahnsinn treiben wollte – und das hat er anscheinend hingekriegt.“

„Ich seh das nur logisch. Du brauchtest eine tröstende Schulter“, sagte James. „Bei einem einsamen Spaziergang ausgerechnet hier draußen. Wo euch niemand sehen würde. Scheint mir eindeutig.“

„Nein“, empörte Scorpius sich. „Ich meine… Ja, es war nicht schön, was der Kerl gesagt hat. Ich bin einfach gegangen und wollte etwas frische Luft, mehr nicht. Hastings hat mich eingeholt, wie gesagt, weil er nerven wollte. Und ja, er hat ein paar nette Dinge gesagt, und als ich klarstellen wollte, dass er gar nicht erst versuchen muss, dich eifersüchtig zu machen, hat er mich geküsst. Ich hab’s nicht kommen sehen.“

James konnte sich das nicht vorstellen. Er versuchte es, was schwer genug war, weil sein Kopf so lebhaft und farbig jedes Detail ausmalte, das passiert sein könnte. Und es tat weh. Er hatte das seit Monaten kommen sehen.

„Es hat nichts bedeutet“, sagte Scorpius eindringlich. „Es war nur ein bescheuerter Kuss von ein paar Sekunden.“

„Und wie konnte es dazu kommen?“, fragte James. Er wartete auf die Antwort, musste sie aber selbst geben: „Weil du ihn gelassen hast. Du hättest ihn schon auf dem Weg nach Hogsmeade vertreiben können. Oder vor Wochen klarstellen, dass er keine, ich zitiere, winzig kleine Chance hat. Und spätestens eben hättest du ihm einen schönen Fluch aufhalsen können. Aber das hast du nicht.“

Ein kühler Wind wirbelte zwischen ihnen hindurch. Scorpius verschränkte die Arme, fröstelte, und ließ seine Lippen voneinander getrennt zittern. Er schüttelte den Kopf.

„Das wird mir zu blöd“, murmelte er, stieß sich von dem Zaun ab und ging ohne auch nur einen weiteren Blick an James vorbei. Er steuerte den Umweg zum Schloss an, einen Bogen ums Dorf herum in Richtung Quidditch-Stadion. Seine Schritte waren schnell, fast als würde er weglaufen. Sein Umriss hob sich von einer dichten Mauer tiefgrauer Wolken ab, auf die er unaufhaltsam zu lief.

James folgte ihm, stemmte sich gegen erste nasse Tropfen, die ihm entgegen schlugen. „Gib einfach zu, dass du auf die Aufmerksamkeit stehst.“

Scorpius schaute über die Schulter, ein Glühen in den Augen, das jeden Regentropfen hätte verdampfen lassen. Er sagte nichts, ging aber schneller.

„Hast du drüber nachgedacht?“ James holte ihn ein, da hatten sie bereits den Rand des Dorfes erreicht. Scorpius‘ Tempo bestätigte nur, was James befürchtete. Dass Hastings die ganze Zeit Recht gehabt hatte. Scorpius genoss die Aufmerksamkeit, weil er jahrelang nicht genug bekommen hatte. Ihm war jede recht. Und er wollte weg von James, weil er das nicht zugeben konnte.

„Sag schon.“ James packte Scorpius am Arm und brachte ihn mit einem Ruck zum Stehen.

Scorpius stieß ihn weg, und vielleicht lag es daran, dass James ihm nicht wehtun wollte, aber bei Hastings hatte er nie einen so großen Abstand nach einem Schubs erzielt. Er ging weiter, wenn auch rückwärts. So dringend wollte er also weg. „Worüber soll ich denn nachgedacht haben?“

„Ich hab keine Ahnung“, sagte James, die Arme gen Himmel gestreckt, als würde die Antwort dort nass herunterfallen. Dabei hatte er sich tatsächlich an Sarkasmus versucht. „Du verbringst viel Zeit mit einem Typen, der an dir rumgräbt. Woran könntest du da denken? Wie es wäre mit dem Quidditch-Kapitän von Slytherin zusammen zu sein? Wie es wäre ihn zu küssen? Ihn zu vögeln?“

Scorpius blieb stehen. Seine Wangen glühten, vorher schon von seinem Tempo, und jetzt bekamen sie einen dunkleren Stich in Richtung Scham. „Du machst dir ja interessante Gedanken. Vielleicht stehst du auf ihn, so besessen wie du von Hastings bist.“

James überbrückte die letzten Schritte, blieb erst eine halbe Armlänge vor Scorpius stehen. „Das war kein Nein.“

„Was willst du hören, James? Würde es dir besser gehen, wenn ich sage, dass ich jede Nacht wach liege und davon träume Richard Hastings in meinem Bett zu haben?“ Scorpius seufzte. „Dann nein. Darüber hab ich nie nachgedacht.“

James wollte das glauben. Alles in ihm schrie danach Scorpius zu glauben. Er brachte das verdammt überzeugend rüber.

„Vielleicht hätte ich nie mit ihm reden sollen.“ Scorpius‘ Ton schwächte ab, geriet ins Schwanken, als würde er sich auf unsicheres Terrain begeben. „Es hat mir gefallen einmal nicht jeden Abend alleine im Gemeinschaftsraum rumsitzen zu müssen. Und es war mir nicht unrecht, dass mich jemand reingelassen hat, wenn zufällig wieder das Passwort geändert worden ist. Vielleicht war das nicht fair von mir, und ich wollte dich sicher nicht verletzen, aber… aber ich würde dich doch nie hintergehen! Ich kann nicht glauben, dass du mir sowas zutraust.“

So schnell wie das Wetter in den Bergen Schottlands wechselte die Schuldfrage. Das war nicht fair. James hatte nicht mit Scorpius‘ Erzfeind rumgeknutscht, trotzdem fühlte er sich wie der Mistkerl hier. Er wischte sich einen nassen Tropfen von der Stirn, der sofort von einem neuen ersetzt wurde.

Auf ihrer rechten Seite dunkelte nächtliche Finsternis den Wald ab, dessen Grenze aus Blättern und Ästen im Wind schwankte. Hinter einer Reihe aus hügeligen Abhängen kam die Silhouette der Peitschenden Weide bereits in Sicht. Das war das erste Mal, dass James den Weg von der Heulenden Hütte bis zur Peitschenden Weide überirdisch gegangen war. Und er hatte es nicht einmal bemerkt.

Auf der anderen Seite erhoben sich die Türme und Tribünen des Quidditch-Stadions. Es lag genau unter der Schlechtwetterfront, die es in tiefere Schatten als ein verfluchtes Schloss im Schwarzwald tauchte. In der Luft hing der penetrante Geruch von Regen an einem warmen Tag. Die kleinen Tropfen fielen immer kürzer hintereinander.

James fuhr sich durch die ersten feuchten Haarsträhnen. „Dreh das jetzt nicht um. Darum geht’s überhaupt nicht.“

„Worum denn dann? Du – Du prügelst dich sogar, weil du eifersüchtig bist. Du vertraust mir nicht.“

„Nein… Ich…“ James schüttelte den Kopf, bekam hilflos überfordert mit seinen eigenen Gedanken aber kein Wort mehr heraus.

„Ich würde mich nie auf den einlassen“, sagte Scorpius scharf und mit bebender Stimme. Seine Augen machten dem düsteren Himmel Konkurrenz, der jeden Moment ein Gewitter rauslassen würde. Das letzte Mal hatte James ihn so gesehen, kurz bevor er Hooper in ein Ferkel verwandelt hatte. „Hastings ist ein Mistkerl. Er ist ein betrügerischer, rücksichtsloser Bastard, der nichts als sich selbst und Quidditch im Kopf hat. Was soll ich mit dem? Ich weiß, dass es mir niemand zutrauen würde, aber ich habe einen Knut Würde.“

„Dann hast du den wohl verlegt“, platzte es aus James heraus. Er zitterte am ganzen Körper wie Scorpius‘ Stimme. „Du redest mit ihm, lachst mit ihm, lässt dich von ihm trösten, obwohl du weißt, was das mit mir macht! Ich sitze in Hagrids Kürbisfeld und denke an nichts anderes, als was du mit ihm hier treiben könntest. Was, wenn ihr euch super versteht? Was, wenn ihr mehr gemeinsam habt als wir? Wenn dir auffällt, dass er besser in Quidditch ist, in der Schule vielleicht… dass man mit ihm mehr Spaß haben kann, als mit dem langweiligen, verbissen Potter?“

„Du bist ein Idiot, James“, blaffte Scorpius ihn an. „James Potter ist mein Freund.“ Er sagte das, als könne er es selbst nicht glauben, und verlor trotzdem nicht die Frustration aus seiner Stimme. „Davon hat mein dreizehnjähriges Ich nicht einmal zu träumen gewagt; dem hätte es gereicht, wenn du dir meinen Namen gemerkt hättest. Ich liebe dich, James, und ich würde dich nicht für tausend falsche Freunde eintauschen. Aber du… du fühlst dich nicht… Wenn du dich meinetwegen so fühlst, dann solltest du mich besser eintauschen.“

James blinzelte und fühlte sich erneut, als würden während eines Schwungs seiner Wimpern ganze Stunden vergehen.

Ein Donnern füllte die Stille zwischen ihnen. Scorpius legte sich die Hand auf den Mund wie vorhin, als er sich den Abdruck von Hastings‘ Lippen weggewischt hatte. Der Rotschimmer seiner Wangen blitzte zwischen seinen Fingern durch.

Ohne Vorwarnung drehte er sich um und ging scheinbar ziellos los, wieder einfach nur weg. Nach einigen Metern verfiel er in einen Laufschritt, der immer mehr an Tempo gewann. Er rannte schon fast. Der glitschige Rasen ließ ihn einige Meter schlittern, bevor er stolpernd sein Gleichgewicht zurückgewann. Es war nicht der Regen, vor dem er davon lief, aber als würde er vor ein bisschen Wasser Schutz suchen, verschwand er hinterm Quidditch-Stadion.

James blickte ihm nach. Er suchte nach seiner Wut, aber das einzig warme Gefühl in seinem Magen kribbelte zu aufgeregt dafür. Ein Lächeln zog an seinen Mundwinkeln und er konnte sich nur schwer dagegen stemmen. Scorpius liebte ihn. Die Worte hallten in seinem Kopf wider und wollten nicht sacken.

Ein gleißend heller Blitz gab der Zeit ihr richtiges Tempo zurück. James schreckte auf wie aus einem schlechten Traum. All die anderen Dinge, die Scorpius gesagt hatte, droschen auf ihn ein, und er wollte sich am liebsten ohrfeigen dafür, dass er ihn hatte gehen lassen.

Was machte schon ein pseudo-perfider Plan von Hastings, wenn sie nichts darauf geben würden? Ein Kuss, gut, anderthalb veränderten rein gar nichts. James hatte doppelt so viele Menschen wie Scorpius geküsst und keiner davon hatte ihm annähernd so viel bedeutet.

Der Regen plätscherte bereits auf ihn nieder, als er endlich entschied Scorpius sofort zu folgen. Er wollte keine ganze Nacht schlecht schlafen, weil sie sich so voneinander getrennt hatten.

Im Durchgang zu den Tribünen blieb er stehen. Die plötzliche Trockenheit erwartete ihn mit einer ungemütlichen Kälte, die die Regenflecken auf seinen Schultern und Oberschenkeln eisig wegpusten wollte. Von Scorpius war nichts zu sehen, und als James schon befürchtete, er wäre weiter bis hoch zum Schloss gelaufen, bemerkte er die nassen Fußspuren auf dem Boden. Er folgte ihnen einige der langen Holztreppen bis in die Tribünen, wo normalerweise die Hufflepuffs beiden Mannschaften ein faires Spiel wünschten.

Bei den niedrigeren Rängen lösten die Spuren sich von der Treppe in Richtung Tribüne. James steckte den Kopf zurück ins Freie. Inzwischen waren aus den vereinzelten, dicken Tropfen regelrechte Wasserfäden geworden. Der Himmel war dunkel wie am Abend. Ab und zu quälte sich ein Blitz durch die dicke Wolkenwand und der Donner folgte in immer kürzeren Abständen. Es hörte sich an, als würde über ihnen der Himmel zusammenkrachen.

Scorpius saß etwa auf der untersten Sitzreihe, nahe beim hölzernen Geländer, etwa in der Mitte. Er schaute sich nicht um, als James zu ihm hinauskam, zuckte aber deutlich genug um zu zeigen, dass er ihn bemerkt hatte. Im Regen war von seinem ordentlich gescheitelten Haar nichts mehr übrig. Es hing ihm in wirren Strähnen in die Stirn, wie Seile für einzelne Regentropfen, die daran herunterklettern und in sein Gesicht fielen.

James setzte sich neben ihn. Er legte seine rechte Hand in Scorpius‘ Nacken und die andere auf seine Wange, drehte seinen Kopf zu sich herum und küsste ihn. Lang, tief, bis die Überraschung verschwand und ihre Lippen den vertrauten, ewig spannenden Rhythmus fanden. Scorpius, wütend oder nicht mehr ganz so sehr, fasste ihn grober als sonst im Nacken, ließ ihn aber auch dann nicht so schnell wieder weg.

Zwei Blitze später trennten sie sich unter einem monströsen Donnergrollen, aber bis auf ihre Lippen lösten sie nichts. James strich den Regen von Scorpius‘ Wange.

„Ich liebe dich auch“, sagte er heiser.

Scorpius zog die Lippen, rotgeschwollen von ihrem Kuss, in ein Lächeln, das dem gegabelten Blitz über ihnen Konkurrenz darin machte die grauen Wolken zu spalten. Er schnellte vor, küsste James noch einmal, und drückte sich an seine Schultern. So fest hatte Scorpius ihn selten gehalten.

James schloss die Arme um ihn. „Du schmeckst nach Hastings“, murmelte er.

Scorpius schaute zu ihm hoch. Sein Lächeln flackerte nicht einmal. „Woher willst du das denn wissen?“

„Nach Verbitterung und Enttäuschung, ist nicht schwer zu erraten“, gab James samt Zwinkern zurück.

„Küss mich länger, dann geht’s weg“, sagte Scorpius fast schon herausfordernd. James konnte Schokolade, Butterbier und ganzen Ausflügen nach Hogsmeade widerstehen, aber den verschmitzten Zug um Scorpius‘ Mundwinkel wollte er sich nicht entgehen lassen. Er drückte ihm einen weiteren Kuss auf, und danach einen zweiten, aber einen Rückstand von anderen Lippen schmeckte er nicht.

Er hätte trotzdem stundenlang weitermachen können.

„Es tut mir leid“, sagte Scorpius leise.

„Es tut mir leid.“ James legte ihm einen Finger auf die Lippen. „Vergessen wir’s. Nur, damit du’s weißt, kampflos hätte ich dich sowieso nicht gehen lassen.“

Scorpius verdrehte die Augen, aber sichtlich geschmeichelt. Eine Böe schlug ihm Haare direkt vor die Augen und ließ das Wasser auf ihrer Haut eisig brennen. „Wir sollten zum Schloss zurück, sonst erkältest du dich noch.“

„Nur ich? Schon klar.“ James stand auf. Er streckte eine Hand nach Scorpius aus. „Auf dem Weg erzählst du mir aber, was du unbedingt mit meinem Onkel besprechen wolltest.“

Ein hölzernes Klacken ertönte, als ein rundes, Schnatz-großes Ding von hinten zwischen James‘ Füße rollte. Er schaute herunter, gerade noch rechtzeitig bevor es in einer bläulichen Wolke explodierte. Seine Füße und Knöchel schrien vor Kälte. Als sich der Nebel legte, steckten sie zentimetertief in einem Chaos aus Eiszapfen.

„Was zum –“

„Er wollte deinen Onkel fragen, ob wir sein Zeug für deinen… Unfall benutzt haben“, kam eine Stimme von hinten. Scorpius sprang auf die Füße, zog seinen Zauberstab, während James über die Schulter schaute. Der Fettklops stand im Ausgang der Tribünen, die winzigen Augen zwischen den speckigen Lidern kaum zu erkennen. Er hatte sich mit einer Kapuze vor dem Regen geschützt, genauso wie zwei seiner Freunde, die neben ihm gehässig kicherten.

„Oh, sehr witzig“, schnauzte James. Er versuchte seine Füße erfolglos zu bewegen. „Was wollt ihr jetzt tun? Mir einen Kitzelfluch aufhalsen, bis ich anfange zu heulen?“

„Ich hol dich da raus“, sagte Scorpius und richtete den Zauberstab auf das Eis.

„Tust du nicht.“ Der Klops zückte seinen Zauberstab, dicht gefolgt von Warlow und Lynch.

Scorpius hob seinen zurück auf gegnerische Höhe. Er hatte nicht einmal einen Funken Belustigung in den Augen übrig, als hätte er so einen gebündelten Gefrierzauber direkt auf die Iris gekriegt. An seinem Zauberstab sammelten sich erste Funken zu einem Fluch zusammen, bevor der Klops überhaupt ausholen konnte.

„Expelliarmus!“ Aber der Zauber kam nicht aus seinem Mund, sondern von hinten. Ein gewaltiger Knall, für einen Entwaffnungszauber zu gewaltig, schleuderte den Zauberstab aus Scorpius‘ Hand über das Geländer der Tribüne. Scorpius umklammerte seine Hand und zischte vor Schmerz auf. Hinter ihm stand Hooper im anderen Tribünenaufgang. Seine Hasenmopsfresse verzerrte sich zu einem gehässigen Grinsen, nachdem er Scorpius einfach in den Rücken gehext hatte.

„Du mieser, kleiner Feigling“, brüllte James und feuerte den Fluch zurück, ehe einer damit zu rechnen schien, dass er auch einen Zauberstab hatte. Hoopers Stab flog noch meterhoch in die Luft, da drehte James sich bereits um und zielte auf die anderen. Er erwischte Lynchs Zauberstab, schleuderte auch den weit in die Luft, und katapultierte den von Warlow irgendwo zwischen die Bänke. Sein Besitzer quietschte ängstlich auf und hechtete dem Stab hinterher, quetschte sich bis zum Hintern zwischen die Holzbänke.

Der Fettklops duckte sich unter James‘ Entwaffnungszauber, wimmerte dabei auf und drehte sich zur Seite weg, als wüsste er nicht, ob er weglaufen oder sich einem unfairen Duell stellen sollte. Er entschied sich für Letzteres, und das mit einem Grinsen, das Hastings‘ Bösartigkeit wie Voldemort bei der Maniküre wirken ließ. Gleichzeitig mit James holte er aus.

„Crucio!“

James‘ Zauber landete abgefälscht im dunklen Himmel, als der Unverzeihliche Fluch ihn traf. Er hätte geschrien, wenn seine Stimme dafür reichen würde. Nie hatte er so einen Schmerz gespürt. Als würden tausend brennend heiße Nadeln unter seine Haut gerammt werden. Sein Zauberstab fiel zu Boden und James knickte nach hinten weg. Seine Füße blieben in der Eispfütze stecken.

Zitternd und keuchend hockte er so da und wartete darauf, dass es aufhörte. Scorpius‘ Stimme drang in sein Ohr vor, dicht gefolgt von dem schallenden Gelächter des Klopses.

„James. James, alles okay?“

„Seht ihr?“, hörte er den Fettklops sagen. „Verschlägt sogar Potter die Sprache. Das hätten wir gleich machen sollen.“ Sein Grinsen hatte einen Schlag ins Verrückte, als es James direkt anvisierte. „Anstatt uns mit deinem Besen aufzuhalten, nicht?“

James schnappte nach Luft, aber seine Lungen blieben leer zurück. Scorpius‘ Finger gruben sich in seinen Oberarm.

„Ich wusste, dass du das warst“, sagte Scorpius, und seine Stimme zitterte zu sehr um einschüchternd zu wirken. „James hätte draufgehen können. Das ist schlimm genug. Was denkst du dir hierbei?“

„Ja, Malfoy, die Leier kennen wir schon.“ Der Fettklops formte mit dem Daumen und Rest seiner Finger einen Mund aus seiner Hand, der die Klappe sehr weit aufriss. Er zwängte seine Stimme eine Oktave höher, weit entfernt von Scorpius‘ Tonlage. „Ihr könnt das nicht machen. Das arme Tier hat euch nichts getan. Das ist grausam, mimimimi.“

Lynch und Hooper lachten darüber, Warlow hockte immer noch zwischen den Bänken. Der Fettklops beachtete nicht von welchen seiner Freunde er Unterstützung bekam.

„Weißt du, wie enttäuschend es ist, wenn man mit Draco Malfoys Sohn in einen Schlafsaal kommt“, sagte der Klops, „und es stellt sich heraus, dass er einem kein winziges Geheimnis über schwarze Magie verraten will? Entweder, weil er dafür zu arrogant ist oder sich für etwas Besseres hält. Oder weil er einfach eine riesengroße Memme ist. Ja, Potter, ich hab deinen Besen manipuliert.“

Lynch machte eine Bewegung, als wolle er Einspruch erheben, aber der Klops fuhr ihm einfach über den Mund.

„Dein kleiner Freund hätte dir sicher erzählen können wie. Er hat’s mir die ganze Zeit erzählt.“ Wieder brachte er seine Stimme in schmerzhafte Höhen. „Ich weiß, was du getan hast, Borgin, und sobald ich es beweisen kann, fliegst du dafür von der Schule, ladida!“ Er räusperte sich und schüttelte genervt den Kopf. „Als ob irgendjemand ihm mit Beweisen glauben würde.

„Borgin?“, fragte James nach, die Stimme schwach und heiser. „Wie in Borgin & Burkes?“

„Oh, Potter, das ist aber nicht die Art Ort wo du dich rumtreiben solltest“, sagte der nicht länger namenlose Klops. „Aber ja, der gehört meinem Großvater. Nette Dinge gibt’s dort. Malfoy hat seinen Vater dazu gebracht nachzufragen, ob ich davon was eingesackt hätte. Dabei kann man es sich viel leichter machen, wenn dein Onkel alles verkauft, was nötig ist, um dir eine Lektion zu erteilen.“

„Wow“, brachte James mit vollerer Stimme hervor. „Ihr wollt mir einen Streich spielen. Wirklich sehr bösartig.“

„Du kennst diese Augäpfeldinger“, sagte Lynch. „Neben den Ohr-Abhörzeugs? Eines davon haben wir in deine Umkleide geschmuggelt und zugesehen –“

Der Klops rammte ihm seinen Ellenbogen in den Magen. „Ich erzähle das“, zischte er, und während Lynch sich stumm den Bauch hielt, fuhr er fort. „Wir haben uns damit deine Kombination geholt. Nicht, dass das nötig gewesen wäre. Deine Schwester macht sehr oft einen Spazierflug mit deinem Besen, wusstest du das? Hinterher lässt sie ihn immer einfach in der Umkleide liegen, während sie duschen ist. Übrigens ein sehr hübsches Ding.“

James schnellte vor – kam aber nicht weit. Die Eispfütze hielt ihn in der sitzenden Position gefangen, und sein Versuch aufzustehen ließ die Bande klischeehaft böser Slytherins lachen.

„Das ist das Problem mit Leuten, die sich für die Oberbösewichte halten“, sagte Scorpius. „Sie wollen dir immer ihre Pläne erläutern. Denkst du ernsthaft auch, dass niemand James glauben würde?“

„Ja, wahrscheinlich“, sagte der Klops und zuckte alles an Schulter, das sich von seinem gewaltigen Nacken unterschied. „Aber wer sagt, dass wir es soweit kommen lassen? Ganz bescheuert sind wir ja nicht, Blondie.“

Hooper kicherte vor Vorfreude wie ein mümmelndes Kaninchen.

„Weißt du“, fing der Klops an und drehte seinen Zauberstab genüsslich zwischen den Fingern, „was mit Menschen passiert, die zu lange dem Cruciatus-Fluch ausgesetzt sind? Ihr Verstand… macht Plopp wie ein Ballon. Und dann kann dein Potter nicht nur niemandem mehr einen verständlichen Satz sagen, sondern sich auch nicht mehr in Sachen einmischen, die ihn nichts angehen. Und weißt du, was das Beste daran ist? Dass wir dir die Schuld in die Schuhe schieben werden, Malfoy.“ Er grinste jetzt wie ein kleines Kind vor Weihnachten. „Du bist ein bisschen durchgedreht, weil Potter dich verlassen wollte, nachdem er das kleine Techtelmechtel von dir und Hastings nicht wegstecken konnte. Das wird niemand für unwahrscheinlich halten.“

Während der Klops und seine Freunde lachten, gebadet in das Licht eines neuen Blitzes, sprang Scorpius auf und lieferte das Donnergrollen. Knurrend wie ein wildes Tier stürzte er vor, ohne Zauberstab, nur mit bloßen Händen, und packte den Klops am Kragen. Er schleuderte ihn mit aller Kraft, die er hatte, gegen das hölzerne Geländer der Tribüne. Unter dem massiven Gewicht des Klopses knarrte es ächzend.

„Denk auch nur dran James anzufassen und ich bring dich um“, zischte Scorpius, und gerade weil er nicht schrie klang er so viel bedrohlicher. „Dafür flieg ich gerne von der Schule. Du elender –“

Der Klops stieß Scorpius herum. Mit beiden Händen tief in Scorpius‘ Hemd verkrallt rammte er ihn gegen das Geländer. Er drängte ihn mit dem Oberkörper über das knarzende Holz. Eine von Scorpius‘ Händen presste sein speckiges Gesicht zusammen und erschwerte es ihm zu sprechen. Er fluchte unverständlich.

James kratzte und riss an dem Eis um seine Füße. Er versuchte sich zumindest zu strecken und seinen Zauberstab ein paar Meter von ihm entfernt zu fassen zu kriegen. Lynch war schneller. Er hob den Stab auf und richtete ihn auf Scorpius und den Klops.

„Scorpius“, rief James, „pass auf!“

Da knallte es schon. Als wäre ein Blitz direkt beim Geländer eingeschlagen verschwanden die beiden in einer Rauchwolke. Er hörte etwas bersten und zerrte heftiger an seinen Füßen. Ein plötzlicher Schmerz ging durch seinen Knöchel und James war frei. Stolpernd zog er sich auf die Füße.

Der Rauch wurde vom Wind aufgelöst. Ein dampfender Brandfleck hatte sich einen Meter neben ihm in den Holzboden gefressen. Von Scorpius, dem Klops und einem Teil des Geländers fehlte jede Spur.

James rannte auf das Loch zu und blickte herunter. Etwas über fünf Meter unter ihm auf der Wiese, gebettet auf einem Haufen hölzerner Trümmer, fand er Scorpius wieder. Der Klops lag nicht weit entfernt von ihm und rappelte sich stöhnend auf.

James zögerte keine Sekunde. Er schwang sich vom Rand der Tribüne und ließ sich herunter auf die Wiese fallen. Sein Knöchel bestrafte ihn dafür. Im Vergleich zu dem Folterfluch nicht mehr als ein Kribbeln.

Der Klops war schwankend auf die Knie gekommen. Scorpius lag noch immer auf der Wiese, drehte den Kopf von rechts nach links, als würde er die Orientierung wiederfinden müssen. Dann bewegten er die Beine und stöhnte auf. Qualvoll und gurgelnd.

James lief mit schmatzenden Schritten vorwärts. Er fiel neben Scorpius auf die Knie, stützte sich auf dem nassen Gras ab. Der Regen fühlte sich warm unter seinen Handflächen an. James schaute herunter. Das Wasser hatte sich mit einer dunklen, rötlichen Flüssigkeit vermischt. Er hob die Hände und sie waren voller Blut.

„J-James.“ Scorpius zwang ihn seinem Blick nach unten zu folgen. Durch seine Hüfte bohrte sich ein spitzes, abgesplittertes Stück des Geländers. Das Holz war blutgetränkt.

„Das wird schon“, hörte James sich sagen, wiederholte das immer wieder, während er nach seinem Zauberstab suchte. Aber der war oben in Lynchs Händen.

Scorpius fasste ihn am Handgelenk.

„Alles wird gut“, sagte James.

„Hinter dir.“

James fuhr herum. Die voluminösen Arme des Klopses griffen nach ihm, packten ihn und zogen, als würde sein Leben davon abhängen.

„Lass ihn“, sagte der Klops. „Das war ein Unfall. Ein Unfall. Und wir sind ihn los. Lass –“

James heulte wie ein verletztes Tier auf. Er rammte die Schulter gegen den Klops, bis seine Umklammerung locker wurde. Dann griff er in sein klitschnasses Haar, drückte seinen Kopf daran herunter und riss im selben Moment sein Knie hoch. Das knirschende Geräusch von Knochen füllte das Stadion. Wieder und wieder. Als der Klops zu Boden sackte, folgte James und schlug seinen Kopf ein letztes Mal auf das nasse Gras. Der Klops blieb regungslos und blutverschmiert liegen.

Stille füllte das Quidditch-Stadion. Der nächste Blitz schien seinen Donner abgehängt zu haben, oder James hörte einfach nichts bis auf das Rauschen in seinem Kopf. Oben auf den Tribünen sah er Lynch und Hooper an dem Loch stehen. Sie schaute ihn an, als würde er sie bei der kleinsten Bewegung anfallen. Warlow hockte ein paar Meter von ihnen entfernt am Boden und klammerte sich mit allem, was er hatte, an den nicht zerstörten Teil des Geländers.

Keuchen drang zu James durch. „Scorpius.“ Er wirbelte herum und eilte zurück an Scorpius‘ Seite. Das Holz war noch da. Er griff Scorpius‘ Hand, die danach tasten wollte, und umklammerte sie. Er schaute zurück zu den Tribünen. „Holt Hilfe“, rief er den Slytherins zu. „Holt jemanden, verdammt!“

Aber keiner rührte sich. Dann sprang Warlow auf und lief davon.

„Er holt jemanden“, murmelte James und streichelte Scorpius‘ zitternde Hand. „Das wird wieder.“

„Natürlich tut er das, James“, sagte Scorpius. Sein Atem war lauter als seine Stimme. „Zieh. Zieh mich rauf.“

„Nein, nein, nein. Da ist zu viel Blut. Ich hab… Ich hab…“ Er durchwühlte seine Taschen, fand dort aber nicht mehr als eine Phiole mit wenigen violetten Tropfen eines wundreinigenden Tranks. Nutzlos. James warf die Phiole hinter sich und suchte nach seinem Zauberstab. Dann fiel ihm erneut ein, dass der oben auf der Tribüne lag.

„James.“ Scorpius machte eine Bewegung, als wolle er ihn am Arm fassen und griff gut zwanzig Zentimeter daneben. „Zieh einfach. Wir gehen zum Krankenflügel und alles wird gut. Außer… die Schwester hat Besseres zu tun.“

„Weil du immer simulierst“, sagte James.

Scorpius lächelte. „Ja. Genau…“

„Okay. Okay…“ James atmete tief durch. Er fasste Scorpius an der Schulter und presste die andere Hand auf das Holz. Dann zog er.

Das Donnergrollen konnte Scorpius‘ Schrei nicht übertönen. Er schwankte, als James ihn auf die Füße zog. Der blutverschmierte Pfahl blieb am Boden zurück. Er stand in einem schrägen Winkel vom Rest des Geländers ab.

James holte sich einen von Scorpius‘ Armen um die Schulter und stützte ihn um die Hüfte herum. „Kannst du laufen?“

Scorpius‘ Nicken war eine dreiste Lüge. Nach zwei Schritten knickte er ein und drohte zurück auf den Rasen zu gleiten. James fing ihn auf. Er zwang Scorpius auf seinen Rücken zu steigen, wie nach seinem letzten Unfall, der von diesen Bastarden verursacht worden war. Scorpius verschränkte die Hände auf James‘ Brustbein und hielt sich tapfer selbst fest, während James ihn in den Kniekehlen festhielt. Eine warme Nässe lief gegen seinen Rücken.

James versuchte das zu ignorieren und lief los. Er kehrte dem Stadion den Rücken zu und lief, trotz des zusätzlichen Gewichts, so schnell er konnte auf die Ländereien heraus.

„Sag was, Scorpius“, bat er. „Oder lieber nicht. Ich weiß nicht, was besser ist.“

Scorpius‘ Lachen war dumpf und erschöpft. Er sagte nichts. Wahrscheinlich war das besser.

Die Ländereien waren grau und verlassen. Die Schüler mussten in Hogsmeade Unterschlupf gefunden haben und das Gröbste vom Regen abwarten. James hatte sich selten so sehr einen Bruchteil seiner Familie gewünscht, der losrennen und Hilfe holen würde.

Scorpius‘ Griff schien lockerer zu werden. James bildete sich das ein. Bestimmt.

„Scorpius? Ich glaub, es ist besser, wenn du mit mir redest“, sagte er nach hinten. Aber anscheinend war Scorpius anderer Meinung. „Scorp?“

Scorpius‘ Hände glitten auseinander und hielten sich nicht länger fest. Er drohte abzurutschen. Der Regen ließ James‘ Blick verschwimmen.

Er bog ab, angetrieben von purer Panik. Anstatt direkt zum Schloss lief er eine leichte Kurve den Hang hinauf, wo Hagrids Hütte stand.

„Hagrid“, brüllte er gegen Wind und Donner an. Er nahm an Tempo zu, spurtete hinauf zur Tür und warf sich mit allem, was er hatte, dagegen. James hämmerte mit einer Faust weiter gegen die Tür. „Hagrid, mach auf! Bitte. Hilf mir, bitte!“

Aus der Hütte drang ein leises Kläffen, dann erschien schummeriges Kerzenlicht im Fenster.


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