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Fanfiction

The Flaw of Perfection - Ein grünes Monster

von Dr. S

„’lo, James, da biste ja. Wir können sofort los. Muss nur noch den kleinen Köter füttern.“

James seufzte und schob die Hände in die Hosentaschen. „Was muss ich denn machen?“

„Wir gehen in den Wald“, sagte Hagrid, der den haarigen Kopf aus seinem kleinen Fenster gesteckt hatte. „Muss dieses Teufelsschlingen-Chaos stutzen. Das breitet sich jeden Tag weiter aus.“

„Toll.“ James ließ sich auf die Treppe fallen, nachdem Hagrid sich in seine Hütte zurückgezogen hatte. „Ganz toll.“

Der Himmel über ihm war blau und mit weißen, bauschigen Wolken überzogen, die sich am Horizont zu einer dichten Mauer türmten. Die Frühlingssonne brachte eine milde Wärme auf die Ländereien, die allerlei Insekten auf die ersten Blumen lockte. Es war das perfekte Wetter für einen Ausflug nach Hogsmeade.

Am Schlosseingang sah er schon die ersten Trauben von Freunden und vornehmlich Freundinnen, die sich trafen um herunter ins Dorf zu gehen. James kannte die Prozedur in- und auswendig. Man schlenderte durch die Geschäfte, kaufte sich Zeug, das dann sowieso nur in der Ecke rumlag, trank das obligatorische Butterbier in den Drei Besen und kehrte nach einem verschwendeten Tag zurück nach Hogwarts.

Die ersten Schüler zogen an ihm vorbei, aufgeregte Drittklässler, die noch nicht genug von dem Dorf hatten. Und so toll war Hogsmeade auch gar nicht. Vor allem nicht dieses furchtbar rosafarbene Café, das Pärchen so gerne anlockte. Seine Ex-Freundin hatte ihn dort immer hingeschleppt, haufenweise Gebäck verdrückt und dabei über ihre Beziehung reden wollen. Nur hatte James dazu nie viel oder überhaupt etwas zu sagen gehabt. Er fragte sich dennoch, ob Scorpius ihn wohl dort hinein treiben würde. Irgendwie konnte er es sich nicht vorstellen.

Aus der Masse von Schülern filterte er das hämische Lachen seines Bruders heraus, der sich die Gelegenheit natürlich nicht entgehen ließ sich über James‘ Strafarbeit lustig zu machen, und James tat schnell so, als hätte er Albus nicht gesehen. Er schaute auf seine Schuhe herunter.

Irgendetwas in ihm wollte sich in dieses nervtötende Chaos von Schülern werfen, Scorpius finden und einen schönen Tag in Hogsmeade verbringen. Wahrscheinlich der Teil, der nach einem langen Quidditch-Training am Morgen sowieso nur noch an Scorpius‘ Schulter liegen und sich ausruhen wollte.

Hastings, das Arschgesicht, hatte Glück gehabt. Professor Belby, ihr Lehrer für Zaubertränke, hatte sich ihn geschnappt, weil er Hilfe dabei brauchte den Schleim von seinen Kröten abzufüllen, und darum beneidete James Hastings nicht, auch wenn er seine Strafarbeit am Morgen hatte erledigen können und sicherlich bald zu der Menge von Schülern aufschließen konnte.

Dafür hatte James ein fast perfektes Training gehabt. Das schöne Wetter stachelte sein Team zu Höchstleistungen an, und vielleicht hatte James sogar die richtigen Worte gefunden, um sie heiß auf den Pokal zu machen. Er hatte das Glitzern in ihren Augen gesehen, die verträumten Lächeln, als er ihnen beschrieben hatte, wie es sich anfühlte den Pokal in den Händen zu halten. Und Nummer eins und Fred hatten sich mit ihm zu gerne daran erinnert, wie sie sich in ihrem fünften Jahr genau dabei gefühlt hatten.

Als sie über das Feld geflogen waren, hatte James sich wie der kleine Junge gefühlt, der hinterm Fuchsbau mit seiner Familie Quidditch gespielt hatte. Ein bisschen legerer Spaß, bevor sie sich um den riesigen Tisch im Garten versammelt und versucht hatten alles aufzuessen, was ihre Großmutter auftischte.

Es hätte ein perfekter Tag werden können. Wunderschönes Wetter, Spaß beim Training und… ein Butterbier in den Drei Besen.

„Was ist so komisch an deinen Füßen?“

James schaute auf und merkte erst jetzt, dass der Gedanke ihn hatte lächeln lassen. Es wurde breiter, als er Scorpius vor sich stehen sah. „Nah… Hab nur gerade an dich gedacht.“

„Ach, wirklich? Und dann lächelst du?“

James verdrehte die Augen und streckte die Hand aus. Scorpius nahm sie und zog ihn mit einem Ruck von der Treppe auf die Füße. Aus der Bewegung heraus holte James sich einen Kuss ab, mit dem Scorpius absolut nicht rechnete, so überrascht wie seine Hände sich an James‘ Hüften klammerten.

„Hey“, murmelte er, als James ihn freiließ.

„Hey“, gab James grinsend zurück. Seine Laune stieg wie die Sonne immer höher, als er mit dem prickelnden Gefühl des Kusses auf den Lippen durch Scorpius‘ Haar strich. Heute Morgen noch war es nicht so ordentlich gescheitelt gewesen, eher zerrauft von James‘ Fingern, die nicht davon hatten lassen können. Was ihm auch jetzt schwer fiel. Als würde Scorpius dieselbe Verbindung im Kopf haben, kämpfte er gegen ein Grinsen an, das am Ende halb und leicht verschmitzt zustande kam.

„Wie war dein Training?“, fragte Scorpius.

James nickte nur und wollte die Hände unter Scorpius‘ Shirt fahren lassen, als ihm auffiel, dass es kein Shirt war. Auch keines der Dinger, bei denen er nicht verstand, warum sie so teuer waren. Es war ein Hemd aus schwarzer Baumwolle, die sich weicher als normal anfühlte. Schlicht besonders, aber verflucht schick für heute. Obendrauf saß es perfekt genug, dass jeder den Unterschied bemerken konnte, den die morgendlichen Laufrunden hinterlassen hatten. Es war ein Weilchen her, dass James ihn in anderen Sachen als Sportklamotten oder der Schuluniform gesehen hatte. Das Frühlingswetter schälte die meisten Schüler aus den Wollschichten des Winters.

Und James dachte gerade nur daran ihn aus dem Rest zu befreien.

„Ich hoffe, dein Gesicht bedeutet, dass alles gut gelaufen ist“, sagte Scorpius.

„Muss ich dich leider enttäuschen. Der Blick gilt schon wieder dir.“

Scorpius tat das mit einem Lachen ab und schaute über James‘ Schulter zu Hagrids Fenster aus dem lautes Kläffen kam. „Was ist deine Strafarbeit?“

„Wir gehen in den Wald und kümmern uns um diese Teufelsschlingen.“ James bekam seine Hände auch unter das Hemd. Scorpius‘ Haut fühlte sich besonders weich an, wie nach einer frischen Dusche. „Du weißt schon…“

„Die Dinger, die mich auffressen wollten?“ Scorpius nickte. „Dann machst du wenigstens was Nützliches. Obwohl ich nichts dagegen gehabt hätte, wenn du Holz hacken würdest.“ Er drängte sich enger an James heran, während seine Hände über James‘ Bauch wanderten, wenn auch nicht unter sein Hemd. „Bei dem Wetter würde dich das sicher wunderbar ins Schwitzen bringen.“

„Also, ich denke, so ein Waldspaziergang hat mehr Vorteile, als mich dabei zu beobachten, wie ich ohne Hemd einen Stapel Holz zerlege“, sagte James spöttisch. Scorpius machte ein Geräusch, als wolle er widersprechen, aber dazu ließ James es nicht kommen. „Wie wär’s… wenn du mit uns kommst? Das könnte nett werden. Und hinterher hätten wir bestimmt noch etwas Zeit vorm Abendessen um –“

„Ich kann nicht“, unterbrach Scorpius ihn, sah aber aus, als würde ihm das wirklich schwer fallen. „Ich hab was in Hogsmeade zu erledigen.“

„Was hast du denn zu erledigen?“, fragte James, immerhin hatte Scorpius kein Wort davon erwähnt.

„Das sag ich dir erst, wenn du es durch einen dummen Zufall herausgefunden hast“, meinte Scorpius zwinkernd. Er strich James über beide Wangen. „Du hättest mitkommen können. Wirklich schade, dass du dir eine Strafarbeit einfangen musstest. Ich hoffe, das Quidditch-Feld war’s wert.“

James runzelte leicht die Stirn. Er hatte Scorpius immer noch nicht gestanden wegen wem er Hastings bluten lassen hatte, aber mit dem Feld hatte es wenig zu tun gehabt. „Wie kommst du darauf, dass es um Quidditch ging?“

Scorpius lächelte. Seinem Lächeln fehlte etwas. James kannte es gleichzeitig so gut wie seinen Handrücken und doch so verschwommen wie die ständig wandernden Räume in Hogwarts, aber er wusste, wann es anders war. Gerade lösten seine gehobenen Mundwinkel kein Feuer in ihm aus. „Es geht immer um Quidditch, nicht wahr?“

James wollte widersprechen, bekam den Mund aber nur einen Spalt breit auf, bevor Scorpius ihn mit einem Kuss verschloss.

„Wir sehen uns beim Abendessen“, sagte Scorpius. Er ließ seine Hände ein letztes Mal zärtlich durch James‘ Haare fahren und nahm dann Abstand. Sein Winken war an jemanden hinter James gerichtet. Hagrid brummte eine Verabschiedung. Der Hundewelpe versuchte aus dem Fenster zu entkommen, wühlte sich aus Hagrids riesigen Händen und sprang vom Brett. Mit dem Schwanz wedelnd lief er hinter Scorpius her – bis James ihn wie einen Schnatz schnappte und zurückhielt. Scorpius, schon einige Meter entfernte, lachte, zeigte ihm den gehobenen Daumen und drehte sich endgültig um.

James gab Hagrid den winselnden Welpen zurück.

„Er mag den kleinen Malfoy“, sagte Hagrid.

Rücklings lehnte James sich gegen das Fenster und blickte Scorpius nach. Er setzte sich ans Ende des Schülerstroms, folgte den letzten Tropfen alleine zum Dorf herunter. Dumpfe Gesprächslaute drangen über die Wiese herüber. Gespräche, die Scorpius mit sich selbst in Hogsmeade nicht führen könnte, auch wenn sein Spiegelbild verdammt hübsch anzusehen war.

Dann hörte er jemanden rufen und die passende Person sauste den Abhang herunter. Hastings war anscheinend mit Belbys Kröten durch. Er passierte Hagrids Hütte, fing James‘ Blick auf und schenkte ihm ein Winken mitsamt hämischen Grinsen. Dann holte er Scorpius ein. Er sprang ihn beinahe an, als er sich auf seinen beiden Schultern abstützte um sich abzubremsen. Scorpius fuhr erschrocken herum. Er schubste Hastings zwar weg, aber nicht weit genug, als dass er den restlichen Weg alleine gegangen wäre. Und James glaubte ihn lachen zu hören.

„Mhm, scheint so, als würden so einige anfangen Scorpius zu mögen“, sagte James zähneknirschend. Er hatte Scorpius vor Augen, schick, gutaussehend, zum Anbeißen, als hätte er irgendetwas Wichtiges vor. Ein Date, vielleicht. Und James war definitiv nicht einmal in der Planung vorgesehen gewesen.

„Bin nich so gut in sowas“, meinte Hagrid, „aber klingst ’n bisschen eifersüchtig, James. Alles okay zwischen Scorpius und dir?“

James nickte. „Alles super.“ Das war die Wahrheit, zumindest dachte er das. Zwischen Scorpius und ihm lief es phantastisch. Sie verbrachten so viel Zeit miteinander, verbrachten ihre Morgen so viel besser als nur mit Laufen, und trennten sich abends so spät voneinander, dass James den Schlafmangel in seinen Knochen spürte – und es war ihm egal gewesen.

James rieb sich über die schweren Augen, nachdem der letzte verschwommene Umriss von Scorpius verschwunden war. „Alles super…“

„So, so… Mit wem is‘ er denn da unterwegs? Hab ich von hier nich erkannt…“

„Hastings.“

„Dick Hastings?“ Hagrid verzog irgendwo unter seinem Bart das Gesicht. „Mit dem haste dich doch angelegt. Nich zum ersten Mal, weiß ich auch. Dachte, es ging um Quidditch. Hatte sogar gedacht, er hätte was mit deinem… na ja, Unfall zu tun. Sag bloß nich, ’s ging um Malfoy.“

James schaute ihn über die Schulter an. „Hast du eigentlich mit Mum geredet? Sie wollte bei dir vorbeischauen.“

Hagrid nickte. „Ich mein, wir ha’m mehr getrunken als geredet. Sollte ich dir wohl nicht verraten. Hätte Ginny nich so gern. Aber sie macht sich viel Sorgen im Moment. Um dich, um Harry… Geht ihr gar nich gut.“ Er kratzte sich den voluminösen Bart. „Versuchst abzulenken, hm?“

James entfernte sich ungeduldig von der Hütte. „Können wir jetzt los, Hagrid? Ich will diese Strafarbeit hinter mich bringen.“

Hagrids Käferaugen beäugten ihn mitleidig. Er hob eine mächtige Pranke und winkte aus dem Fenster heraus ab. „Verschwinde. Na, mach schon“, sagte er, als James ihn verwirrt ansah. „Ich sag Professor Babbling, dass du mir geholfen hast. Geh und hab Spaß in Hogsmeade. Haste ja sonst nie. Bist immer nur am Trainieren und Lernen. Sowas is‘ Strafe genug.“

„Hagrid –“

„Jetzt geh, bevor ich’s mir überlegen tu.“

James fühlte sich nicht wohl dabei, dann dachte er aber an Scorpius und all die möglichen Szenarien, wie sein Ausflug nach Hogsmeade aussehen würde, und ließ sich nicht ein drittes Mal bitten. Er stieg den Abhang herunter, verfiel nach wenigen Metern in einen leichten Laufschritt und legte einige Schritte später sogar noch einen Zahn zu.

Er hatte eine lange Strecke aufzuholen. Auf halbem Wege verlangsamte er allerdings sein Tempo, um nicht komplett verschwitzt anzukommen. Der Wind hatte bereits jeden Ansatz von Frisur zerstört, den er aus seinem Haar geholt hatte, und er machte den Finger darin sicherlich alles noch schlimmer. Trotzdem versuchte er es. Er wusste ja nicht einmal, was ihn erwartete. Und er wollte auch nicht darüber nachdenken. Er wollte Scorpius finden, mehr nicht. Vielleicht noch in einem passenden Moment, der Hastings ins Gesicht klatschte, mit wem Scorpius lieber seine Zeit verbringen würde.

Die Straßen von Hogsmeade waren bereits mit Schülern übersät, als er das Dorf erreichte. Sie tummelten sich vor Schaufenstern, in den Eingängen der Geschäfte und überall auf den Wegen. Es war schwer genug an ihnen vorbei zu kommen, Scorpius zu finden schien eine größere Herausforderung zu werden.

Beim Honigtopf fand er seinen kleinen Bruder und Rose, die zusammen vor der ähnlich großen Herausforderung standen eine Tüte mit Schokolaken zu essen – Kakerlaken aus Schokolade, die jeden Rachen wieder nach oben kletterten, wenn man sie nicht vernünftig zerkaute.

„Hey.“ Als er Albus auf die Schulter klopfte, ließ der vor Schreck das Schokoladeninsekt fallen und es sauste in einen entfernten Abwasserkanal.

„Das zählt nicht“, sagte Albus zu Rose, „aber du bist trotzdem dran.“ Er hielt ihr die Tüte hin, vor der sie angewidert zurück wich, und widmete sich James. „Bist du schon fertig oder ist deine Strafarbeit uns allen mit deiner Anwesenheit den Tag zu vermiesen?“

„Habt ihr Scorpius gesehen?“, kam James gleich zur Sache.

„Wir haben ihn gefragt, ob er ein Butterbier mit uns trinken will“, sagte Rose, eine Kakerlake mit spitzen Fingern am Fühler haltend. „Er hat gesagt, dass er was anderes zu tun – igittigitt, es ist in meinem Ärmel!“ Die Kakerlake war ihrem Griff entschlüpft und war über ihren Unterarm geflohen. Rose schüttelte ihren Arm, bis er knackende Geräusche von sich gab, und drehte sich wie ein außer Kontrolle geratener Kreisel um sich selbst.

Albus lachte sie kaltherzig aus. Er bot James die Tüte mit den wuselnden Schokoinsekten an, ein herausfordernder Blick in den grünen Krötenaugen.

James schüttelte den Kopf. Zu Schokolade konnte er leichter Nein sagen, als zu Versuchungen für seinen Stolz, aber gerade war ihm keins von beidem wichtig.

„Wir sagen deinem Lover, dass du ihn suchst, wenn wir ihn sehen“, sagte Albus.

James ließ die beiden alleine, als Albus sich zitternd eine Kakerlake brutal und mit mehr Fingern als notwendig in den Mund stopfte. Ein widerwärtiges Knirschen, als er sie mit den Zähnen in zwei teilte, gefolgt von Rose‘ Würgen verfolgte James die Straße herunter.

Er schaute bei Dervish & Banges ins Schaufenster, sah dort keinen einzigen Blondschopf und visierte den nächsten Laden an. Zwei Straßen später stand er vor den Drei Besen. Es graute ihm davor Scorpius dort zu finden, wo sie ihr erstes irgendwie-Date gehabt hatten. Am Ende sogar mit jemand anderem, wenn er sich von Hastings auf ein Butterbier bequatschen ließ. Ein Butterbier, zu dem James sich kaum hatte überreden lassen, und wohin hatte es geführt?

In den Drei Besen war es noch recht überschaubar. Die meisten Schüler hielten sich wohl noch bei ihren Shopping-Touren auf. Schnell scannte er die besetzten Tische. In einer hinteren, dunkleren Ecke entdeckte er Nummer eins, der sich von seiner Freundin einen Butterbierschaumbart wegwischen ließ. Alleine sahen sie immer sehr glücklich aus und James wollte es ihnen nicht kaputt machen – er hatte schon zu viele Kopfkissen an eine gewisse Katze verloren. Er bog an die Bar ab, schaute sich von dort aus in der Kneipe um und kassierte ein Schnauben von der ewig genervten Kellnerin, als er nichts bestellen wollte.

Von Scorpius war nichts zu sehen. Er fragte sich, was er zu erledigen hatte, warum er nichts davon wusste, und was Hastings damit zu tun hatte. Ein Monster so grün wie Slytherins Wappen versuchte ihn zu einem Schluck Feuerwhiskey anzustiften, als die Kellnerin ihn erneut nach einer Bestellung fragte.

Er bog um die Theke herum in Richtung der Toiletten. Falls er etwas übersehen hatte. Jemanden.

Und bekam prompt eine Tür ins Gesicht gehauen. Eine Mädchenstimme kreischte erschrocken auf, während er sich den Schmerz aus dem Gesicht rieb.

„James!“ Lily zog seinen Arm herunter. Sie musste sich auf die Zehenspitzen stellen um sich genauer anzusehen, ob sie etwas ernsthaft verletzt hatte. Ihre Erleichterung beruhigte James etwas. Allerdings hielt das nicht lange an. Aus der Nähe betrachtet konnte er die Rötung in Lilys Augen sehen. „Alles okay bei dir?“, fragte sie.

„Hast du geweint?“, gab er zurück.

Lily wich empört zurück. „Was? Nein. Ich war auf der Toilette. Wer weint denn auf der Toilette?“

„Welches Mädchen geht alleine auf die Toilette?“, erwiderte James und schaute sich um. „Wo sind deine Freundinnen?“

„Wir haben einen Tisch bei der Tür“, sagte Lily. Sie wischte sich über das linke Auge und ließ es noch ein wenig röter zurück. In letzter Zeit hatte ihr Blick oft einen Stich ins Rote. Ihr Schniefen gab James den Rest. Er drückte ihr ein Taschentuch auf, nahm sie am Arm und zog sie an die Bar, wo er sie zum Missfallen der Kellnerin auf einen Hocker setzte.

„Du sagst mir jetzt, was los ist“, orderte er und knallte genügend Sickel für ein Butterbier auf den Tresen, blieb aber selbst bei Wasser. Lily schob er den wenig liebevoll gefüllten Krug hin.

Sie nahm ihn widerwillig in beide Hände. Ihr Blick wanderte an den Tisch, wo James ihre herzlosen Freundinnen vermutete, die am Ende über ihre Schuhe gelästert hatten, oder was immer Mädchen eben taten.

„Nichts.“ Lily nippte an dem Butterbier. Sie leckte sich den Schaum von der Oberlippe und lächelte. „Bist du schon mit deiner Strafarbeit fertig? Warum bist du nicht mit Scorpius zusammen? Wenn ihr euch gestritten habt –“

„Hast du ihn gesehen?“, unterbrach James barsch.

Lily nickte. „Ich hab gesehen, wie er mit Slytherins Kapitän zusammen hergekommen ist. Er sah nicht sehr glücklich aus.“

Und genau diese Aussage machte James ein bisschen glücklicher. „Weißt du, wo er hin wollte?“

„Solltest du das nicht eher wissen? Ich bin nicht seine Freundin“, sagte Lily. „Ich bin ganz alleine.“

James nahm das Taschentuch von Lilys Schoß und wischte damit den Tropfen aus ihrem Augenwinkel, den sie ignorieren wollte. „Du bist vierzehn. Du brauchst noch keinen nervigen Kerl. Ich würde sowieso jedem die Finger brechen, der dir zu nahe kommen.“

Lily verdrehte die Augen und drehte ihr Gesicht von James‘ Taschentuch weg.

„Du hast vier Jahre in Hogwarts ohne mich. Such dir dann jemanden“, sagte James und knüllte das Taschentuch, warf es in einem hohen Bogen in den Mülleimer, der am anderen Ende der Theke stand.

Lily beobachtete seinen Wurf missmutig. Sie drehte ihr Butterbier in den Händen. „James?“, fragte sie zögerlich. Aber auch ein Lächeln ermutigte sie nicht weiter zu sprechen. Sie trank einen großen Schluck des Butterbiers, als könnte sie sich damit Mut antrinken. „Das zwischen Scorpius und dir“, haute sie in einem viel höheren Ton heraus, „ist das eigentlich was Ernstes?“

„Äh…“ James verlor die Kontrolle über seinen Mund, der sich zu einer merkwürdigen Schlangenlinie verformte, was selbst fragende Geräusche unverständlich machte.

„Mum hat gesagt, ihr würdet euch nach Hogwarts sowieso nicht mehr sehen“, fuhr Lily fort. „Weil er noch ein Jahr bis zu seinem Abschluss hat und du irgendwo in Australien Quidditch spielst…“

„Ach, hat sie das gesagt? Ich hab nämlich noch keinen Vertrag unterschrieben. Vor allem nicht in Australien.“ James zuckte mit den Achseln. „Und es steht nicht mal fest, ob ich Profi werde.“

Lily schaute ihn aus ihren großen, geschwollenen Augen an, als hätte er sich vor ihr in Luft aufgelöst. Sie senkte abrupt den Blick und schwenkte ihren Butterbierkrug, bis die Schaumkrone verschwunden war. „Wegen der miesen Saison? Du solltest das auf mich schieben. Mich rauswerfen und dir einen anderen Sucher holen.“

„Hey, wir hatten das doch heute Morgen. Die Saison ist noch nicht im Eimer. Und du bist eine phantastische Sucherin.“

„Scorpius hat das auch gesagt“, meinte Lily und erlaubte sich ein schmales Lächeln. „Booker Harris, Ravenclaws Sucher, hat neulich nach Pflege magischer Geschöpfe gesagt, dass ich nur im Team bin, weil du mein Bruder bist. Das würde mir sonst nichts ausmachen, aber… er hat mich auf dem falschen Fuß erwischt und… na ja, ein bisschen wie jetzt. Scorpius hat mich aufgemuntert, und mich mit Hagrids Hundewelpen spielen lassen. Er ist wirklich, wirklich süß. Du solltest ihn behalten, James.“

„Ich hab’s nicht so mit Hunden“, sagte James.

Lily rang sich nicht einmal ein Lachen aus Sympathie zu ihrem Bruder ab. „Ich fang den Schnatz“, murmelte sie. „Nächstes Mal krieg ich ihn. Versprochen.“

„Lily…“ James tätschelte tröstend ihren Arm.

„Ist es wahr, dass dein Besen verhext war?“, fragte Lily ihn leise, zögerlich. „Louis hat gesagt… Na ja, er sagt immer Zeug, das niemand versteht.“

James zuckte die Achseln. Er wollte Lily nicht beunruhigen, wo sie sowieso schon ziemlich durch den Wind schien.

„Ich mochte deinen Besen immer. Onkel Charlie hat mir zwar den neuen Comet geschenkt, und der ist toll. Schnell, wendig, phantastische Präzision… Aber der neueste Besen ist trotzdem keine Konkurrenz für deinen. Du fliegst darauf und jede Kurve, jeder Sturzflug sieht absolut perfekt aus. Ich wollte schon immer lieber deinen haben…“

„Der Besen macht nicht den Flieger, Lily. Er unterstützt ihn nur“, sagte James und lächelte seine Schwester an. Lily schien nur noch deprimierter.

„James, ich muss dir was sagen. Da war –“

„Lily, kommst du?“, rief eines der Gryffindor-Mädchen an dem Tisch bei der Tür. Die anderen zwei lächelten James an.

„Gleich“, gab Lily zurück. „Ich –“

„Wir reden später“, würgte James seine Schwester ab. „Geh dich amüsieren. Wenn ich dich noch einmal mit so einem Gesicht sehe, muss ich Albus sagen, dass du weinst. Das wird er dich nie vergessen lassen.“

Lily schmollte zwar, ließ sich aber von James den letzten Rest Feuchtigkeit aus dem Augenwinkel wischen. Er begleitete seine Schwester zu ihrem Tisch und bog zur Tür ab, nicht ohne, dass er sich ein trällerndes „Hi, James!“ von ihren Freundinnen anhören musste. Ihr Kichern verfolgte ihn bis nach draußen.

Er hatte immer noch Scorpius zu finden.

Auf der Straße hatte sich der Trubel ein wenig gelegt. Links von sich, vor der Filiale von Weasleys Zauberhafte Zauberscherze, sah er die Bande um den Fettklops stehen. Sie starrten ins Schaufenster und deuteten auf irgendetwas, die Köpfe verschwörerisch zusammengesteckt. Der Klops reckte immer wieder das bisschen Hals, das er hatte, und schaute sich nach möglichen Zuhörern um.

James steuerte auf sie zu. Er hatte kein gutes Gefühl bei diesen Kerlen. In letzter Zeit hatten sie sich verblüffend unauffällig verhalten. Nicht einmal neulich, als sie den Eingang zum Gemeinschaftsraum blockiert hatten, und Scorpius ohne einen Potter-Schutzschild vorbei gewollt hatte, war irgendein böses Wort an seinen Kopf geworfen worden. Die Ruhe vor dem Sturm war ohrenbetäubend, wenn man ihn erwartete. James ahnte, dass sie das Ferkel-Fiasko von neulich nicht auf sich sitzenlassen würden. Nicht, nachdem sie Hooper stundenlang durch das Schloss gejagt hatten, bis sie ihn einfangen konnten.

„James!“ Freds Stimme stoppte ihn vorher. Er kam zusammen mit Louis aus der Gasse neben dem Scherzartikelladen, wahrscheinlich aus dem Lagereingang. Sie traten genau vor die Bande des Fettklops und versperrten James den Blick auf ihre Machenschaften.

„Was ist mit deiner Strafarbeit?“, stellte Louis dieselbe Frage wie jeder, den er heute in Hogsmeade zu Gesicht bekam. Er aber hatte seinen autoritären Schulsprecher-Ton drauf, der aus fast jedem eine Antwort quetschte.

„Hagrid hat mich gehen lassen.“ Louis gefiel das offensichtlich gar nicht, aber James ließ ihn nichts sagen: „Habt ihr Scorpius gesehen?“

Louis und Fred tauschten einen Blick, der nichts Gutes ahnen ließ. „Gerade war er noch in Dads Laden“, sagte Fred.

Gerade noch. Das bedeutete, wenn er Lily nicht solange auf die Nerven gegangen wäre, hätte er Scorpius eingeholt.

„Ist nicht so gut gelaufen“, sagte Louis und seufzte schwer. „Es ist proppenvoll da drin. Onkel George ist sogar da. Sie haben einen modifizierten Gripsschärfer im Angebot – und das kurz vor den Prüfungen. Fred wollte sich das kaufen anstatt Verwandlungen für Dummies.“

„Dad hat’s mir nicht erlaubt.“

„Weil es geschummelt wäre.“

„Ich hätte ihn nur zum Lernen benutzt.“

„Wie dem auch sei“, kam Louis zum Thema zurück. „Scorpius hat Onkel George irgendetwas fragen wollen, aber sein Freund –“

„Jordan.“

„Genau. Jordan hat irgendetwas darüber gesagt, dass Malfoys bei ihnen nichts kaufen dürften und bescheuerte Fragen könne er schlucken und dran ersticken, oder sowas. Onkel George hat das gar nicht gefallen.“

„Dad meint immer, wenn wir uns die Kunden aussuchen würden, wären wir ziemlich bald pleite“, sagte Fred.

„Außerdem gehöre Scorpius ja jetzt fast zur Familie“, fuhr Louis fort. „Jordan wusste das aber wohl nicht – ein Wunder, dass die Presse sich sowieso noch nicht auf euch beide gestürzt hat, hm?“

„Dann haben sie sich über peruanisches Finsternispulver gestritten.“ Fred zuckte ahnungslos die Schultern. „Da wurde es schon laut genug, dass wir selbst oben alles ohne zu lauschen mitgekriegt haben.“

„Jordan hat Onkel George vorgeworfen, dass er mit den Leuten Geschäfte machen würde, die Onkel Fred auf dem Gewissen hätten“, sagte Louis etwas ernster. „Er hat zwar mit Onkel George geredet, aber indirekt hat er Scorpius ganz schön… heftige Dinge vorgeworfen.“

„Scorpius hat gesagt, dass er jemand anderem seine Frage stellen würde, hat gelächelt und ist abgehauen.“ Fred schaute sich über James‘ Kopf hinweg um. „Wir wollten ihm nach, aber ins Erdgeschoss zurück zu kommen war schon ziemlich blutig.“ Er zeigte James eine Schürfwunde an seinem Ellenbogen, die nach langen Mädchen-Fingernägeln aussah. „Haben ihn wohl verpasst.“

Louis ignorierte Freds aufgekratzten Arm, auch als er direkt unter seiner Nase auftauchte. „Er hat blasser als sonst gewirkt. Ist schon ein bisschen her, dass jemand ihn so angegangen hat. Wonach wollte er fragen, James? Schien wichtig zu sein.“

„Keine Ahnung.“ James schob sich zwischen seinen Cousins durch. Der Fettklops und seine Bande hatten den Platz vorm Schaufenster freigegeben und waren verschwunden. James schaute auf einen Käfig mit Minimuffs in Regenbogenfarben. Daneben machte ein Schild Werbung für Instant-Gefrierzauber, die einzelne Gliedmaßen deiner Opfer einfrieren sollten, damit sie allerlei Scherzen wehrlos ausgesetzt waren. Und daneben wiederrum erschrak sich eine Hexe über ihr Haar, das sich wie die Minimuffs durch das ganze Farbspektrum eines Regenbogens zappte.

„War Hastings bei ihm?“, fragte er Louis und Fred.

„Sie sind zusammen reingekommen. Dick hat sich von dem Gripsschärfer weglocken lassen“, sagte Louis.

James ließ es sich nicht nehmen einen langen Blick ins Ladeninnere zu werfen. Es war zu voll um Hastings‘ unauffälligen Haarschopf ausfindig zu machen. Louis folgte James‘ Blick, indem er über seine Schulter lugte.

„Du bist doch nicht eifersüchtig, oder?“, fragte er direkt in James‘ Ohr und starrte ihn über die Reflektion in der Fensterscheibe direkt an. Keine Antwort schien ihm leider Antwort genug zu sein. „Du hast deine Strafarbeit doch nicht sausen lassen und bist den ganzen Weg nach Hogsmeade gerannt, weil du eifersüchtig bist, James. Das wäre dämlich. Weil du dir bei Scorpius keine Sorgen machen musst.“

James sagte sich das selbst oft genug, aber es ausgerechnet von seinem besserwisserischen, neunmalklugen Cousin zu hören, zertrümmerte zumindest einige der Steine in seinem Magen. Meistens hatte Louis nämlich Recht.

„Wie auch immer“, reagierte James nicht weiter darauf. „Ich muss ihn finden.“

„Wir helfen“, bot Fred an. „Wenn wir uns aufteilen, haben wir ihn schneller gefunden. So groß ist Hogsmeade auch wieder nicht. Und dann treffen wir uns auf ein Butterbier in den Drei Besen. Hatten wir ewig nicht mehr zusammen.“

„Du meinst auf Butterbier und Wasser“, sagte Louis und sparte sich nicht den herablassenden Blick in James‘ Richtung. „Gut, ich gehe weiter geradeaus zum Bahnhof, Fred in Richtung Schloss und James zur Heulenden Hütte. Okay?“

Sie trennten sich widerspruchslos voneinander und gingen in drei entgegengesetzte Richtungen. James bog um die Ecke von Weasleys Zauberhafte Zauberscherze und folgte dem Pfad einen kleineren Abhang hoch, der zur Heulenden Hütte führte. Die Geschäfte wurden weniger und es brach immer mehr Wald zwischen den Häusern hervor. Am Himmel verdunkelten die bauschigen Wattewolken sich merklich. Der Duft von Regen lag in der Luft.

Hastings interessierte ihn mit jedem Schritt weniger. Der wollte ihn sowieso nur in den Wahnsinn treiben. Wenn Scorpius einen Freund brauchte, wäre er nicht da. Von so einer falschen Schlange würde Scorpius sich nicht hinters Ohr führen lassen, auch nicht, wenn ein Teil von ihm die Aufmerksamkeit vielleicht mehr genoss als gut für ihn war.

Gerade aber wollte James sich keine Sorgen machen. Er wollte Scorpius finden und ihm sagen, dass er keinen Grund hatte auf irgendeinen fremden Kerl zu hören, der ihn als verdorrten Ast eines etwas schiefen Stammbaums sah. Scorpius würde sicher versuchen das mit einem Lächeln abzutun, aber natürlich nagte es an ihm. Und sie waren weit genug gekommen, um sich gegenseitig Trost zu spenden. Sie vertrauten einander.

Kurz vor dem Rand des Dorfes, machte er Scorpius‘ Stimme aus: „– aber James ist nicht hier, also…“

James beschleunigte seine Schritte und erklomm die letzte Steigung vor der Heulenden Hütte. Dort fand er genau das, wovor er sich gefürchtet hatte. Hastings küsste seinen Scorpius.


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