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Fanfiction

The Flaw of Perfection - Ruderfahrt zum Lächeln

von Dr. S

Da war jede Menge Blut. Scorpius‘ Roben, seine Haut, alles war aufgerissen, dreckig und blutverschmiert. Ein riesiger Riss teilte sein linkes Hosenbein fast in zwei Teile. Sein Schienenbein und Knie waren aufgeschürft und bluteten heftig. Unter dem Dreck seiner Handflächen konnte man die aufgescheuerten Stellen kaum erkennen. Sein Gesicht versteckte er hinter einem Geschirrtuch, in das Hagrid Eis gewickelt hatte.

James stand noch in der Tür, eine Faust am Rahmen abgestützt, die Brauen immer weiter zusammenziehend. Er kochte innerlich und bebte nach außen. „Wer war das?“, presste er hervor, bereit loszustürmen und wer auch immer dafür verantwortlich war der Riesenkrake zum Fraß vorzuwerfen.

„Ich bin im Wald gestolpert“, nuschelte Scorpius und nahm dabei das Tuch von seinem Mund. Sein Kinn war aufgeschlagen, seine Lippen aufgeplatzt und seine Nase blutete, als wäre er frontal mit dem Gesicht auf den Boden geknallt. James sah das alles wie mit Adleraugen, hörte Scorpius‘ Stimme aber nur wie durch Watte. Hätte Hagrid ihn nicht mit einem Klaps ins Haus getrieben, wäre er wirklich losgerannt um den erstbesten Slytherin umzubringen, der ihm über den Weg lief.

„Stolperfluch, war’s eher. Sehr gefährliche Stelle auch noch. Hab den Kleinen aus dem Wald gefischt. Paar Meter weiter und er wäre in einer Grube voller Teufelsschlingen gelandet. Weigert sich aber zur Krankenschwester zu gehen“, sagte Hagrid. „Da dachte ich, du könntest ihn überzeugen.“

„Es geht mir gut“, behauptete Scorpius. Einer seiner Schneidezähne fehlte. Deutlich zu sprechen kostete ihn Kraft und mehr Blut.

James setzte sich neben ihn auf einen Stuhl, der groß genug war, um sie beide zu tragen. Als Scorpius wegrutschen wollte, packte er ihn am Handgelenk – und fand in seiner Faust eingeschlossen den fehlenden Zahn. Sowas hatte er beim Quidditch oft genug erlebt. Eigentlich hatte er sogar heute beim Klatschertraining damit gerechnet ein paar Zähne einzukleben. Mit einem Zauberspruch bekam er das wieder hin. Dafür musste er erst einmal Scorpius‘ Kopf festhalten, den er immer wieder wegdrehen wollte, und seinen Mund öffnen, den er versuchte fest verschlossen zu halten. Als er das endlich geschafft hatte, lief angesammeltes Blut über Scorpius‘ Lippen direkt auf seine Finger. Er gab Scorpius sein Lächeln zurück, wenn auch rot verschmiert.

„Wegen dem Rest solltest du in den Krankenflügel“, sagte er. Aus der Nähe betrachtet sah die Wunde am Knie schlimmer aus. Hagrids Hundewelpe wuselte schwanzwedelnd um Scorpius‘ Beine herum und sprang immer wieder in die Höhe, um die Bakteriensiedlung auf seiner Zunge auf der Wunde zu verteilen. Zum Glück war er dafür zu klein – oder der Stuhl zu hoch. Sogar James‘ Füße baumelten in der Luft.

„Nein, das passt schon“, sagte Scorpius.

„Selbe Antwort, mit der mich abspeisen wollte.“ Hagrid nahm ächzend ihnen gegenüber Platz. Er stocherte in seinem Kaminfeuer herum, bevor er Teewasser aufsetzte. Die Kekse auf seinem Tisch sollten sie besser vermeiden, sonst verlor Scorpius noch einen Zahn.

„Die Krankenschwester würde mich eh wieder rauswerfen. Sie findet immer Gründe, dass ich simuliere.“

James zog die Augenbrauen hoch. „Sie kann dir nicht vorwerfen, dass du Schürfwunden simulierst.“

„Ja, aber die gebrochene Nase damals hab ich mir eingebildet.“ Scorpius rieb sich über die Nase, einer der wenigen Teile seines Gesichts, der nichts abgekriegt hatte. „Die sei immer schon schief gewesen.“

„Deine Nase ist vollkommen in Ordnung… bis auf den Dreck.“ James nahm sich eine Serviette vom Tisch, feuchtete sie mit einem Zauber an und tupfte vorsichtig Schmutz und Blut weg. Scorpius zuckte bei der ersten Berührung mit seiner aufgeplatzten Lippe zurück. „Entweder lässt du mich das machen oder ich zwinge dich in den Krankenflügel zu gehen.“

Scorpius schob schmollend die Unterlippe vor und machte es James so leichter sie zu versorgen.

„Ich hab immer ein paar Tränke dabei, sollte was beim Training passieren“, sagte James und kramte in den Tiefen seiner Hosentasche herum. Er fand zwei fest verkorkte Fläschchen, die er normalerweise höchstens an sich selbst ausprobieren würde. „Die hab ich selbst gemacht. Sind also nicht sehr effektiv. Allerdings das Beste, für kleine Sturköpfe.“

Scorpius schaute ihn nicht an, geschweige denn hatte er ein Mitleidslächeln übrig.

James träufelte einen violetten Trank auf die Beinwunde und sah zu, wie Dampf von der Wunde aufstieg und sich die Schmutzpartikel innerhalb weniger Sekunden in Luft auflösten. Blut und Wundflüssigkeit blieben. Den anderen Trank verteilte er großzügig. Die Schrammen sogen das frische Blut wieder ein und schlossen sich kurz darauf. Zurück blieb das getrocknete Rot. James wiederholte das an Scorpius‘ Handflächen und seinem Kinn. Dann holte er seinen Zauberstab heraus und entfernte Blutreste mit einem gemurmelten „Tergeo“.

Auch nach dem letzten Schlenker hielt er Scorpius‘ Kinn umfasst.

„Stolperfluch, hm?“ James hatte ihm extra Raum für eine Antwort gegeben. Allerdings bekam er bloß eine von Hagrid und auch keine befriedigende:

„Sind doch alles Idioten“, brummte er und hob den kläffenden Welpen mit seiner riesenhaften Pranke vom Boden auf. „Ich sag immer zu Malfoy, dass er’s sich nicht zu Herzen nehmen soll. Gibt immer Menschen, die nicht damit klar kommen, dass man anders ist.“ Er stopfte den Hund in seine Umhangtasche, wo er mit der Schnauze rausguckte und Scorpius nur noch anhecheln konnte. Der Wasserkessel pfiff und erschreckte den Welpen so sehr, dass er sich in der Tasche zusammenrollte. Hagrid füllte das heiße Wasser in drei Becher und schob zwei davon über den Tisch. „Hab nur Teebeutel, sorry…“

„Schon gut. Danke“, nuschelte Scorpius, noch immer vorsichtig mit seinem Zahn. Er gab sich große Mühe so zu tun, als würde ihn das alles nicht interessieren, als hätte er nicht einmal Schmerzen, und gerade das glaubte James nicht. Er hatte jeden kurzen Zitterschub in Scorpius‘ Muskeln gespürt, als er offene Stellen berührt hatte. Die Tränke selbst brannten genug, dass James sie selbst ungerne benutzte.

„Anders, aha“, sagte James, und ehrlich gesagt brauchte er nicht mehr Hinweise, um sich denken zu können, wer daran beteiligt war. „Scorp, wenn du mir nicht sagst, wer das war, frag ich Hagrid.“

Scorpius wischte seine Hand und das feuchte Tuch weg mit dem James letzte Schmutzreste hatte entfernen wollen. „Das ist nicht wichtig. Mir jedenfalls ist es egal.“ Er griff nach der Teetasse und spülte den Blutgeschmack herunter. Den einen Schluck würgte er sehr schwer herunter. „Ich bin gefallen. Das kann passieren.“

James schaute Hagrid an, hob erwartungsvoll die Augenbrauen.

Hagrid seufzte. „Biste nicht, Scorpius. Ist er nicht, James. Sind fast immer dieselben. Hooper, Warlow, Lynch… den einen vergess ich immer. Hatte nie meinen Kurs. Bisschen korpu…dinges. Na ja, die haben eben Spaß dran jemanden aufzuziehen, und seit die Sache mit den Todessern vor ein paar Jahren wieder aufgewühlt wurde, denken einige eben, sie hätten das Recht Malfoy hier dafür verantwortlich machen, was seine Familie angestellt hat. Manche kommen da eben nicht drüber weg, den Krieg, mein ich. Dabei kannste nichts für deine Familie, nicht wahr? Und selbst wenn, jeder verdient eine zweite Chance, hat Dumbledore immer gesagt. Hat in allen immer was Gutes gesehen.“ Er tätschelte den Welpen, der sich immer noch nicht wieder aus der Tasche traute. „Großartiger Mann, Dumbledore… großartiger Mann…“

Scorpius hatte den Kopf gesenkt, die Augen starr in die Teetasse gerichtet.

„Will ja jetzt auch nichts Positives über deinen Vater sagen, Scorpius – hat mich immer in den Wahnsinn getrieben, der kleine Mistkäfer – aber hat einen guten Job bei dir gemacht. Kann er also nicht so schlecht sein, was?“

Eine große, angestaute Träne tropfte aus Scorpius‘ Auge. Eine zweite folgte nicht viel später, fiel direkt in seinen Tee. Er machte dabei keinen Mucks.

James fasste ihn an der Schulter, rubbelte tröstend über die angespannten Muskeln. Er schien nichts besser zu machen, also wollte er Scorpius an sich ziehen – und wurde dafür weggestoßen. Scorpius drehte ihm den Rücken zu. James‘ Hände blieben leer in der Luft hängen.

Hagrid räusperte sich in seinen Bart. „Find doch, dass du in den Krankenflügel solltest. Nichts gegen dich, James, aber ein Profi sollte sich das ansehen. Würd’s ja selbst tun, bin aber nicht so gut im Zaubern… darf’s auch gar nicht.“ Er kickte den rosafarbenen Regenschirm schnell unter sein riesiges Bett, als wüssten sie nicht alle, was er darin versteckt hatte. Ihm das Geheimnis kaputt zu machen, würde ihnen aber allen das Herz brechen. „Aber ich begleit euch hoch und red mit der Schwester, ja?“

Scorpius sprang auf. Mit seinem Bein stand er überraschend gerade. „Ist schon gut. Mir fehlt wirklich nichts. Die paar Kratzer. Aber danke für die Hilfe… und den Tee, Professor.“

Stolz breitete sich in Hagrids bartumwucherten Gesicht aus, wie immer dann, wenn ihn jemand wirklich Professor nannte. „Kein Problem. Und du James, bring deine Geschwister mal wieder mit, ja?“

James nickte das bloß ab, wünschte Hagrid eine gute Nacht und folgte Scorpius, der hinaus in die hereinbrechende Nacht stapfte. Der See glitzerte in der Ferne unter dem aufsteigenden Vollmond. Schnee und Eis leisteten ebenfalls ihren Teil. Der Weg zum Schloss war frei geschaufelt und ohne Hindernisse, trotzdem stolperte Scorpius kaum dass sie außer Reichweite der Hütte waren. James packte ihn in der Armbeuge und stützte ihn.

„Deinem Bein geht’s nicht gut“, stellte er fest. „Hätte mich auch gewundert, so wie das ausgesehen hat. Ein paar Tränke löschen Schmerz nicht im Handumdrehen aus. Lass mich –“

„Lass gut sein, James.“ Scorpius riss seinen Arm aus James‘ Griff. „Du hast mir schon geholfen. Ich spür schon gar nichts mehr.“

James streckte erneut die Hände aus. „Jetzt sei nicht albern.“

Scorpius wich wie ein scheues Reh zurück. „Ich brauche deine Hilfe nicht. Es geht mir gut.“

„Sag das so oft du willst. Du hast gerade noch geweint.“

„Ich habe nicht geweint.“

„Und wenn schon. Ist doch nichts dabei.“

„Doch“, blaffte Scorpius ihn an. Im Wald stoppte urplötzlich das Schuhuen einer Eule und ein Schwarm Krähen brach aus den Wipfeln. „Da ist was dabei, verdammt nochmal. Ich will nicht, dass du… dass du… mich so siehst.“ Er drehte sich um, kehrte James den Rücken zu, und hob die Hände, um sein Gesicht darin zu verstecken. Seine Schultern zitterten, aber er schluchzte nicht, sondern fluchte in seine Handflächen.

James trat an ihn heran. In der Dunkelheit leuchtete Scorpius‘ Haar fast so sehr wie der weiße Schnee. Er legte seine Hand auf Scorpius‘ Schulter und diesmal ließ er sich nicht abwimmeln. „Ich will’s aber“, sagte er leise.

Scorpius sah ihn über die Schulter an, nur kurz und irgendwie abschätzig. Vielleicht machte das auch das blaue Auge, das sich allmählich in den Vordergrund schlich.

„Komm schon, Scorpius.“ James drehte ihn mit einem Ruck zu sich herum, nur damit Scorpius an ihm vorbeihumpelte. „Scorp, du musst nicht immer super drauf sein, okay? Wenn du dich auf die Fresse legst oder gestoßen oder verflucht wirst, dann darfst du sauer sein.“

„Oh, darf ich das? Schön zu wissen. Sehr schön zu wissen.“ Scorpius rief das in die Nacht hinein, direkt in Richtung des hell erleuchteten Schlosses. Er drehte sich nicht um. „Ist ja nicht so, als würden sie genau das wollen. Mich solange provozieren, bis ich entweder am Boden liege und mir die Augen ausheule, oder ihnen die Unverzeihlichen Flüche auf den Hals hetze – ich bin Scorpius Malfoy, deswegen kenne ich sie alle! Also, nein, James, ich zeige ihnen nicht, wie’s mir geht.“

„Von denen ist doch keiner hier“, gab James zurück. Er holte die paar Schritte Abstand schnell auf, weil Scorpius ihm auch nicht angeschlagen weglaufen könnte. Durch den Schnee schlitterte er um ihn herum und schnitt ihm den Weg ab. Er hob beide Hände an sein Gesicht, als müsse er Scorpius erst zeigen, dass er da war. „Nur ich. Niemand sonst. Du bist wütend, dann lass es raus.“

Scorpius schüttelte den Kopf. Sein Gesicht lag im Schatten, weil James den Mond verdeckte. „Gerade du“, murmelte er.

„Was ich?“ James fühlte sich mehr als nur angegriffen. „Bin ich nicht vertrauenswürdig genug? Deinem Freund gegenüber solltest du offen sein können. Du solltest mir sagen können, was du gerade fühlst.“

„Ich will aber nicht, dass du mich für schwach hältst“, platzte es aus Scorpius heraus, und ehrlich gesagt fühlte James sich wie von einer Portion Bubotubler-Eiter im Gesicht getroffen.

„Schwach?“, fragte er nach, falls er ihn nicht richtig verstanden hatte. Scorpius‘ Schweigen bestätigte das leider nicht. „Wieso sollte ich das tun? Du hast jedes Recht wütend zu sein. Lass es raus. Sag mir wenigstens, was du mit ihnen tun würdest.“

Scorpius schaute ihn verwirrt an. „Was ich…“

„Ich würde ihnen am liebsten die Fresse einschlagen, sie treten, verhexen, und bei Merlins Bart, hätte ich auch nur einen Unverzeihlichen Fluch drauf, würden sie den abkriegen“, sagte James in einem viel zu kurzen Atemzug. „Und du?“

Scorpius senkte den Blick auf seine schlammverdreckten Schuhe. Er runzelte nachdenklich die Stirn. „Ich würde sie diese Klippe runterstoßen“, sagte er leise und gerade deswegen viel bedrohlicher. Er klang ein bisschen nach seinem Vater. „Und ihnen zeigen, dass die Riesenkrake aus der Nähe betrachtet ziemlich angsteinflößend sein kann. Ich würde ihnen klar machen, dass es nicht lustig ist aufzuwachen, wenn deine Bettvorhänge in Flammen stehen. Oder sie zwei Tage lang in einer dunklen Besenkammer in einem total verlassenen Teil des Schlosses vergessen.“

„Gut.“ James musste sich zusammen reißen das überzeugend zu sagen. All das klang zu sehr nach bereits gemachten Erfahrungen anstatt Wunschvorstellungen. „Und was machen wir jetzt, wenn wir zurück ins Schloss gehen?“ Selbst wenn er den fiesen Plan eines perfiden Puppenspielers, also eines Slytherins, serviert bekommen würde, James wäre dabei gewesen.

Scorpius schaute langsam auf, das linke Lid allmählich zu schwellend „Ein Lächeln aufsetzen und so tun, als wäre nichts passiert.“

James seufzte und streckte die Hand aus, fuhr durch Scorpius‘ Haare. An der Schläfe hatte er Schnitte wie von Dornenbüschen, die bis eben hinter seinem Haar versteckt gewesen waren. James strich weitere Haarsträhnen zur Seite, falls noch etwas Schlimmeres verborgen blieb. Boulter, der Treiber der Caerphilly Catapults, war letzte Saison von einem Klatscher am Hinterkopf getroffen worden und an einer Gehirnblutung dahingesiecht, weil er sich nicht vernünftig untersuchen lassen hatte. „Du willst sie anlächeln?“

„Das wurmt sie am meisten“, murmelte Scorpius.

James war sich sicher, dass Louis mit einem Slytherin’scheren Plan dienen könnte. Bei Merlins Bart, sogar Fred könnte das besser. „Du musst dir das nicht gefallen lassen. Sag mir einfach den Namen von dem Klops und ich kümmer mich um ihn. So oder so schmeiß ich ihn gleich nach dem Essen in den See – dann ist er schwerer und versinkt schneller.“

Scorpius zog James‘ Hand aus seinen Haaren. „Du bist nicht mein Bodyguard, James. Ich will nicht, dass du mich beschützen musst, wie einen hilflos umherkullernden Knuddelmuff. Ich muss mich selbst um solche Lappalien kümmern können.“

James kam mit den Fingerspitzen in die Nähe von Scorpius‘ Kinn. Es blutete nicht mehr, sah aber weiterhin schmerzhaft geschwollen aus. Jedenfalls keine Lappalie. „Lächel mich an“, befahl er. „Zeig mir, wie du sie in den Boden stampfen willst.“

Scorpius zwang seine Mundwinkel hoch. Wie ein dickliches Kind, das verzweifelt einen Klimmzug versuchte.

„Nah…“ James schüttelte den Kopf. „Wenn mein Scorpius lächelt, ist das wie ein blendender Lumos. Das hier würde nicht einmal den Tag heller machen.“

Scorpius sagte nichts, aber die Linie seines Mundes verkrampfte sich noch mehr.

James seufzte. „Aufsetzen“, sagte er und drehte sich um, ging leicht in die Hocke. Hinter ihm ertönte ein fragendes Geräusch aus Scorpius‘ Mund. „Ich lass dich nicht laufen. Steig auf.“

Nach kurzem Zögern kletterte Scorpius auf seinen Rücken und wickelte die Arme um James‘ Schultern. James hielt ihn unter den Oberschenkeln fest und richtete sich auf. Früher hatte er das ständig mit seiner Schwester gemacht. Zugegeben, Scorpius war ein wenig schwerer, aber keine Belastung für seine Armmuskulatur.

„Ich mache deine Jacke dreckig“, murmelte Scorpius ihm ins Ohr.

James verdrehte darüber nur die Augen. Seine Jacke oder seine Kleidung waren das Letzte, um das er sich gerade Gedanken machte. Er ging los, aber nicht in Richtung Schloss, sondern bog zum Seeufer ab und folgte einem geschwungenen Pfad am Berghang entlang zum Bootshaus.

Unter anderen Umständen hätte er das sehr genossen. Scorpius‘ Körper so dicht an seinen gedrängt, dass er mehr als nur die Hitze spüren konnte. Seine Hände, die auf seinem Brustbein verknotet waren, und die Arme, die ihn genau richtig umschlangen, ohne ihm die Luft abzuschnüren. Allerdings bekam er den Grund dafür nicht aus dem Kopf.

„Weißt du, was ich mache, wenn ich Aggressionen abbauen will?“, fragte er nach hinten.

„Slytherins mit einem Ruder erschlagen“, sagte Scorpius.

James stieß ein kurzes Lachen aus. „Ja, dazu kommen wir später. Erst schlagen wir das Wasser mit dem Ruder.“

„James…“ Scorpius klang nicht überzeugt. „Ich bin nicht –“

„Vertrau mir“, bat James. „Du wirst dich besser fühlen.“ Er wartete kurz auf einen Einspruch, war aber dankbar, dass keiner kam. Am Bootshaus ließ er Scorpius herunter und schloss die Tür mit seinem Zauberstab auf. Er zündete die Lampen mit einem Zauberspruch an. Die Boote lagen unter Planen versteckt auf dem Steg. Eines weit vorne befreite er von der Winterdecke und stieß es ins Wasser. Am Ufer war der See vereist, aber schon nach wenigen Metern hatte sich diese Eisschicht mittlerweile aufgelöst. Dickere Brocken zerhackte er mit einem Schlag seines Zauberstabs in kleine Einzelteile, die zum tiefen Grund versanken. Sollten die Meermenschen sich damit rumschlagen.

Er half Scorpius in das Boot. James setzte sich mit dem Rücken zur Fahrtrichtung hin und drückte Scorpius beide Ruder in die Hände. Ein ziemlich skeptischer Blick traf ihn, bevor Scorpius die Ruder unelegant ins Wasser schob. Er hielt sie falsch. James drehte seine Hände, bis er einen vernünftigen Griff hatte. Sie hatten das schon einmal gemacht. Auf dem Weg zurück von Hogsmeade hatten sie sich die Ruder geteilt. Es hatte mit Scorpius schweißgetränkt geendet, nachdem sie unfreiwillig extra Kreise auf dem Wasser gezogen hatten.

Zumindest ein bisschen schien Scorpius sich daran noch erinnern zu können. Er setzte die Schläge gut an, zog gleichmäßig, wenn auch wackelig durch und brachte sie mit einem Ächzen in Bewegung. Alleine war das eine ganz andere Anstrengung, und so sehr Scorpius sich auch bemühte, seine Kondition machte schnell schlapp – besonders, weil James‘ Gewicht das Boot noch schwerer machte.

Als Scorpius‘ Schläge langsamer wurden, sagte James: „Wetten, dass diese Bande rückgratloser Primaten sich gerade lustig über dich macht? Oder sie bereiten eimerweise Schleim vor, den sie in dein Bett kippen.“

Scorpius‘ Kiefer verkrampften sich. Er biss die Zähne zusammen, knirschte mit ihnen, und legte mehr Kraft in seine Züge.

„Oder es interessiert sie gar nicht. Vielleicht haben sie’s schon wieder vergessen und stopfen sich mit Braten voll.“

Scorpius rammte die Ruder ins Wasser. Spritzer schlugen in die Höhe, erwischten sogar James an den Wangen. Das Wasser war so kalt, dass es auf seiner Haut brannte. Scorpius interessierte sich dafür nicht. Sein Gesicht brannte, die Wangen glühten vor Zorn, und wenn auch nur ein Teil dieser Wut in seine Muskeln floss, dann hatte sich wirklich viel angestaut. Das Boot stieß schnell wie ein Besen durch das Wasser. Kleinere Eisteile krachten gegen das Holz und gingen sofort unter, drosselten das Tempo nicht. Auf Scorpius‘ Stirn sammelte sich bereits Schweiß, lieferte sich einen Kampf gegen die Kälte, und in seinen Augenwinkeln glitzerte etwas, das weder Eiseskälte noch brennender Zorn trocknen konnte.

Weit draußen auf dem See, die Mitte schon hinter sich gelassen, ließ Scorpius die Ruder plötzlich los. James schnappte sie sich, hielt sie fest und zog sie mit einem Ruck ins Boot hinein, das von der Restgeschwindigkeit noch einige Meter alleine weiter fuhr. Scorpius hatte das Gesicht in den Händen vergraben. Er atmete schwer und laut. Ein Zittern ging durch seinen Körper, und James war sich sicher, dass es nicht von der Kälte herrührte. Er fühlte sich schlecht. Vielleicht war das hier keine gute Idee gewesen.

Das Wasser um sie herum war dunkel und still. In der Ferne strahlte das Ufer schneeweiß im Mondlicht. Hier draußen war es unheimlich ruhig, als wären sie in eine schalldichte Kammer gerutscht. Scorpius‘ Keuchen war umso lauter zu hören, bloß von seinen Handflächen gedämpft. Dann nahm er die Hände herunter. Und da war weder Zorn noch Tränen in seinen Augen. Dafür kehrte sein Lächeln zurück. Er stieß sogar ein atemloses Lachen aus, das die Stille zerbrechen ließ.

„Das war… gar nicht mal so schlecht“, sagte er, immer noch nach Atem ringend. „Ich… Einen Moment wusste ich nicht mehr, weshalb ich sauer war. Ich hab nur dran gedacht, wie verdammt weh das in den Armen tut.“

James grinste zurück. Er streckte die Hand nach Scorpius‘ Knie aus, wurde aber von seiner Hand abgefangen. Scorpius umklammerte sein Handgelenk und zog leicht, aber bestimmend an James‘ Arm. Das Boot schwankte, als James sich auf die andere Seite neben Scorpius setzte. Er legte einen Arm um Scorpius und zog ihn an sich heran. Scorpius‘ Wange glühte, wo sie seinen nackten Nacken berührte.

„Du bist ganz verschwitzt“, sagte James.

Scorpius gluckste gegen James‘ Nacken, schickte so ein warmes Kribbeln über seinen Rücken. Obwohl es nicht möglich schien, drängte er sich noch dichter an James heran. Vielleicht suchte er Wärme, vielleicht auch Trost. James wünschte, er wäre besser so etwas zu erkennen. Er schaute hoch zum Sternenhimmel und hatte eine Idee.

Hinter der Bank versteckt lag die Decke, unter der das Boot verborgen gewesen war. James schnappte sie sich, zog Scorpius mit sich herunter in eine liegende Position und warf die Decke über sich. Ausgestreckt passten sie ziemlich genau zwischen die beiden Sitzbänke. James verschränkte einen Arm hinter seinem Kopf als Kissenersatz und ließ den anderen eng um Scorpius geschlungen.

„Ist doch ganz nett“, murmelte er.

Scorpius hatte mehr Platz um sich mit dem ganzen Körper gegen ihn zu schmiegen. Er war überraschend warm. „Das Ganze war eine nette Idee“, gab er zurück.

„Früher hat mir das hier auch besser geholfen“, murmelte James. Er ließ die Hand durch Scorpius‘ Haar fahren, das besonders in Richtung Hals schon feucht geworden war. „Als es noch mehr weh getan hat. Lenkt einfach besser ab. Und manchmal findet man überraschende Sachen im Wasser.“

„Daran denke ich immer“, sagte Scorpius leise. „Wenn sie mich nicht von da oben runter gestoßen hätte, wärst du immer noch nicht in der Lage meinen Namen auszusprechen. Und eigentlich reicht das, um mich aufzuheitern. Ich würde tausendmal von dieser Klippe springen, wenn bloß eine winzige Möglichkeit bestünde, dein Ruder an den Kopf zu kriegen. Aber manchmal… manchmal wird’s zu viel.“

„Dafür bin ich ja jetzt da. Du solltest dich an mich lehnen können, wenn’s dir schlecht geht. Ich hab eine Schulter frei.“ Er tippte sich auf besagte Schulter, strich über sie, als müsse er Staub herunterwischen. „Kostet nichts.“

Scorpius ließ ein Zucken in seine Mundwinkel, vielleicht auch mehr, drückte sich aber vorher gegen James und vergrub das Gesicht mit oder ohne Lächeln an seiner Schulter. James schloss die Arme um ihn, eine Hand zwischen seinen Schulterblättern platziert, die andere mit allen Fingern durch sein Haar streifend. Das Zittern ging in heftigen Schüben durch Scorpius‘ Körper, endete aber nicht mit Tränen. James wusste nicht, wieso ihm ein paar Tränen auf seinem Nacken lieber gewesen wären.

„Es geht mir gut“, sagte Scorpius heiser, als hätte er sich bereits an James‘ Schulter ausgeweint.

„Wenn nicht, ist das auch nicht schlimm. Ich liebe dein Lächeln, aber dich nicht weniger, wenn’s mal weg ist“, sagte James. Er hatte nicht wirklich darüber nachgedacht, als er also Scorpius‘ Blick in sich bohren spürte, wurde ihm plötzlich unangenehm heiß. Im Grunde hatte er nur jede Menge Müll geredet, der Scorpius aufheitern könnte. James räusperte sich, die Augen starr zum Sternenhimmel gerichtet. „Ohne Professor Sinistras Quietschestimme im Hintergrund sieht das da oben viel interessanter aus. Wusstest du, dass die Muggel Pluto gar nicht für einen Planeten halten? Wunderlich, was?“

Scorpius drückte ihm einen Kuss auf die Wange. Er fasste James am Kinn und drehte seinen Kopf zu sich. Sein zweiter Kuss landete so direkt auf James‘ Lippen. Er erwiderte die Berührungen vorsichtig. Scorpius‘ Lippen schmeckten salzig und noch etwas bleiern vom Blut, aber James kam ihnen dennoch entgegen. Er vermisste es das hier voll auszukosten und sich keinen Kuss zwischen zwei Korridoren oder Tür und Angel stehlen zu müssen.

James musste nicht viel Kraft aufbringen, um Scorpius auf sich zu ziehen. Er ließ seine Hände wandern, öffnete den Mund weiter und vertiefte den Kuss – nur damit Scorpius zurückfuhr.

„Au…“ Er presste sich die Finger gegen den Mund.

„Entschuldige.“ James stemmte sich leicht nach. Er umfasste Scorpius‘ Kinn, um sich genauer anzusehen, ob er vielleicht nicht gründlich genug gewesen war. Scorpius‘ Zähne waren in Ordnung, aber seine Lippen leicht geschwollen. „Entschuldige.“

„Ist schon gut“, sagte Scorpius und mit dem Lächeln hätte er die größten Lügen überzeugend rüber gebracht. „Wär sowieso ein bisschen… äh, schaukelig geworden.“

James hob die Augenbrauen. Ganz unschuldig tuend drückte Scorpius sich zurück an seine Brust. Ein Ruderboot aus Holz durfte ehrlich gesagt nicht gemütlicher als sein Bett sein, aber James hätte hier die ganze Nacht bleiben können. Trotzdem setzte er sich auf und zwang auch Scorpius hoch.

„Wir sollten zurück. Das Essen haben wir schon verpasst.“ Für den Rückweg nahm er die Ruder in Angriff.

Scorpius blieb mit der Decke dicht an seiner Seite, was das Rudern nicht gerade einfacher machte.

„Wenn sie das Passwort zufällig wieder mal genau dann ändern, während du nicht in der Nähe bist um es mitzukriegen“, sagte James, „müsstest du wenigstens nicht in diesen Schlafsaal voller Monster zurück. Mir wird ganz übel bei dem Gedanken daran.“

„Ist schon gut, James“, antwortete Scorpius. „Mach dir keine Sorgen. Ich lächel sie in Grund und Boden.“

James musste nicht so tun, als wäre er skeptisch. „Zeig’s mir“, verlangte er. Und als Scorpius ihm sein strahlendes Lächeln präsentierte, hatte er wirklich das Gefühl, dass es nichts Besseres geben konnte, um fiese Slytherins in den Wahnsinn zu treiben.

Trotzdem wollte er das nicht durchgehen lassen. Irgendwann mal musste es doch zu etwas gut sein Harry Potter zum Vater zu haben, oder dass ein halbes Dutzend der Professoren Babygeschichten von ihm erzählen konnten, oder das sein Cousin der verdammte Schulsprecher war. Konnte er wirklich nichts anderes tun als darauf zu hoffen, dass er Scorpius beim Frühstück gesund wiedersah?


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