Forum | Chat | Galerie
 
Startseite | Favoriten
Harry Potter Xperts
Harry Potter Xperts
Startseite
Newsarchiv
Link us
Sitemap
Specials
Shop
Buch 7
Buch 6
Buch 5
Buch 4
Buch 3
Buch 2
Buch 1
Lexikon
Lustige Zitate
Gurkensalat
Hörbücher
Harry, A History
Steckbrief
Biographie
Werke
Erfolgsgeschichte
Interviews
Bilder
Harry Potter & Ich
JKRowling.com
Film 7, Teil 1 & 2
Film 6
Film 5
Film 4
Film 3
Film 2
Film 1
Schauspieler
Autogramme
Galerie
Musik
Videospiele
Downloads
Lesetipps
eBay-Auktionen
Webmaster
RSS-Feed
Geburtstage
Gewinnspiele
Twitter
Fanart
Fanfiction
User-CP
Quiz
Währungsrechner
Forum
F.A.Q.
Ãœber uns
Geschichte
Impressum

Fanfiction

Glimpse of hope - Im Reich des Phönix

von SynthiaSeverin

„Ich kann nicht glauben, dass wir das wirklich tun“ sagte Hermine und schaute kopfwiegend zu den steinernen Fratzen hinauf, die kalt und leblos über ihnen schwebten wie erstarrte Höllenhunde, die das Tor zur Unterwelt bewachten.
„Nicht?“, meinte Ron, „Dabei war es doch deine Idee.“
„Schon, aber… trotzdem“
Harry sagte nichts. Ihn fröstelte, als er in die kalten Augen der Wasserspeier blickte, die im bläulich-fahlem Zauberstablicht noch unheimlicher wirkten als sonst. Fast so als hätten sie ihren Plan durchschaut und würden ihn deswegen mit giftigen Blicken strafen. Schnell drehte Harry sich weg. Er konnte diesen Blick nicht ertragen. Dieses Wissen in den grimmigen Mienen. Etwas schien ihm die Kehle zuzuschnüren, seine Lippen zusammenzupressen. Er schaute stattdessen den Flur hinab und fand Luna. Luna, die am Ende des Korridors im silbernen Mondlicht vor den Bogenfenstern stand und auf ein Zeichen wartete, dass sie den Tarnumhang an sich nehmen und Stellung beziehen sollte. Irgendwo noch tiefer in der Dunkelheit harrten auch Ginny und Neville mit der Karte des Rumtreibers in der Hand.

Es war mutig von ihnen, mitzukommen. Nach allem, was in der vorherigen Nacht geschehen war, barg erwischt zu werden heute noch ein ungleich höheres Risiko drastischer Bestrafungen als sonst. Zwar war der Super-GAU ausgeblieben, vor dem alle gezittert hatten, doch Harry traute dem Frieden nicht. Umbridge verhielt sich unauffällig, das hieß zu unauffällig. Und es würde an ein Wunder grenzen, wenn sie gar nichts mitbekommen haben sollte. Vielleicht wartete sie nur wie ein Raubtier im Schatten auf ihren Angriff. Wartete darauf, dass die anderen Professoren sich Ravenclaw zur Brust nehmen und damit verraten würden. Wie Harry heute Mittag gesehen hatte, hatten die Saphire in den Hauspunktegläsern mächtig abgenommen. Und er konnte sich denken, wer dahintersteckte. Die Gesichter von McGonagall und Snape hatten Bände gesprochen, als sie zum Essen in die Große Halle gekommen waren. Professor Flitwick war gar nicht erst erschienen und am Ravenclawtisch hatte betretenes Schweigen geherrscht. Selbst Luna wirkte nach stundenlangen Strafarbeiten weniger gelassen als sonst. Denn obwohl ihr gestern kaum jemand Beachtung geschenkt hatte, war es den Professoren natürlich nicht entgangen, dass sie sich nachts in den Schlossgründen herumgetrieben hatte. Doch dazu, nachzufragen, was mit den verletzten Schülern geschehen war, welche Gespräche Flitwick und die Siebtklässler noch hinter der verschlossenen Turmtüre der Ravenclaws geführt hatten, dazu hatte Harry auf dem Weg zu Dumbledores Büro keine Zeit mehr gefunden. Schon hatten sie ihr Ziel erreicht gehabt.

„Was glaubst du, wie das Passwort lautet?“, streifte Hermines Stimme sein Ohr.
„Süßigkeiten“, antwortete Harry träge, während er sich wieder zurückdrehte, „Er verwendet oft Süßigkeiten als Passwörter. Das letzte Mal war es ‚Zischende Wisbies‘. Zischende Wisbies!“
Nichts geschah.
„Er wird wohl das Passwort geändert haben, damit Umbridge nicht reinkommt“, meinte Hermine.
Und dann ging es los. Sie probierten alles aus, was ihnen an Leckereien in den Sinn kam.
„Siruptorte!“
„Schokofrosch!“
„Lackritzzauberstab!“
„Bertie Botts Bohnen jeder Geschmacksrichtung!“
„Zuckerfederkiel!“
„Ingwerkeks!“
„Brausedrop!“
Nichts schien zu helfen.
„Nasenblutnugat!“, rief Ron.
Hermine kniff die Augen zusammen und wandte sich ruckartig zu ihm um.
„Nasenblutnugat?!? Mal ehrlich Ron, ich glaube kaum, dass Dumbledore die verbotenen Erfindungen seiner Schüler als Passwort nimmt. Das würde doch ein sehr schlechtes Bild auf ihn werfen.“
„Ja eben, deswegen!“, rechtfertigte sich Ron, „So ein Passwort würde Umbridge doch nie im Leben erwarten. Außerdem hat die keine Ahnung, was Fred und George da verticken. Sonst hätten die noch viel mehr Ärger am Hals. Schätze, die weiß genauso viel über Nasenblutnugat wie über selbstumrührende Schokokessel.“
Plötzlich ließ ein Knirschen Ron, Harry und Hermine zusammenzucken. Sie drehten ihre Köpfe wieder zum Eingang um. Die Wasserspeier, die eben noch hart und massiv vor dem Aufgang gekauert hatten, waren zum Leben erwacht und sprangen beiseite.
Ron zog die Augenbrauen hoch.
„Selbstumrührende Schokokessel?!? Aber die sind doch brandneu!“
„Schätze, Dumbledore ist bestens über die neusten Erfindungen auf dem magischen Süßwarenmarkt informiert“, seufzte Hermine
Harry streifte währenddessen den Tarnumhang von ihnen und winkte Luna, Ginny und Neville heran.
„Wir gehen jetzt rein“, flüsterte er ihnen zu.

Der Schein ihrer Zauberstäbe irrlichterte durch das verwaiste Treppenhaus, als die fahrende Wendeltreppe sie dem Schulleiterbüro näher und näher trug. Mit jeder Stufe, die die Plattform sich nach oben schob, fühlte sich Harry mehr wie Munduges Fletcher. Und es war kein sonderlich angenehmes Gefühl. Nein, es war eines, das ihm auf den Magen schlug. Er konnte es noch immer nicht fassen, dass er sich tatsächlich auf das hier eingelassen hatte. Ein wenig kam es ihm so vor, als würde er schlafwandeln. Endlich rastete die Treppe ein.

Das Schloss unter dem Greifenklopfer knackte verdächtig nachdem Hermine ihren Zauberstab darauf gerichtet hatte. Wie von Geisterhand sprang knarzend die Türe auf, wies ihnen den Weg hinein in das menschenleere Schulleiterbüro, das in ebenso silbriges Mondlicht getaucht war wie die Flure des Schlosses. Ein wenig war Harry enttäuscht darüber, dass man es ihnen so leicht gemacht hatte, hier einzudringen. Er hatte fest damit gerechnet, dass Dumbledore das Schulleiterbüro noch mit vielen weiteren Schutzzaubern und Schwellenbannen belegt hatte. Schutzzauber und Schwellenbanne, an denen sich sogar Hermine die Zähne ausbeißen würde, so dass Ihnen nichts anderes übrig blieb als umzukehren und ihren zweifelhaften Plan aufzugeben. Und doch packte Harry eine kribbelnde Aufregung als sie eintraten, beschleunigte sich sein Pulsschlag. War es vor Neugierde oder schlechtem Gewissen? Er konnte es nicht sagen.
„Somnus“, rauschte ein gezischtes Flüstern an seinen Ohren vorüber. Und noch einmal: „Somnus“.
Hermine hatte ihren Zauberstab erhoben und zielte scheinbar wahllos auf verschiedene Punkte an der Wand über dem Pult.
„Was tust du da?“, fragte Ron leise.
„Ich belege die Porträts mit einem Schlafzauber. Oder wollt ihr etwa, dass irgendwer von denen noch losläuft und Umbridge weckt?“
„Natürlich nicht!“, konterte Ron erschrocken.

Harry hörte nicht länger zu. Er lief weiter in das kreisrunde Zimmer hinein, blickte sich um, während Hermine hinter ihm dazu überging, eine einzelne kleine Ölfunzel auf dem Schreibtisch zu entzünden. Nie hatte Harry das Schulleiterbüro so leer erlebt wie in dieser Nacht. Es war nicht nur Dumbledores ruhige, warme Stimme, die ihm fehlte, es eigentlich schon das ganze Schuljahr lang tat. Nein, er vermisste auch das Flügelflattern, Scharren und Knabbern, das ebenfalls verklungen war. Die Vogelstange in der Ecke war leer. Und das führte Harry deutlicher als alles andere vor Augen, dass Dumbledore Hogwarts verlassen hatte. Fawkes war immer hier gewesen. Selbst dann, wenn Harry einige Minuten allein im Schulleiterbüro auf ihn warten musste.

Nur die vielen, leblosen Gerätschaften ringsumher schienen sich nicht an der Abwesenheit des Hausherrn zu stören. Sie erfüllten die Luft mit ihrem Summen und Surren, Klappern und Klacken wie eh und je. Und während Harry sie betrachtete, fiel ihm ein, dass er ja noch niemals die Gelegenheit gehabt hatte, sie so ungestört in Augenschein zu nehmen wie jetzt. Ron, der noch viel seltener hier gewesen war als er, schien Ähnliches zu denken. Mit einem verklärtem Blick trat er an eines der vielen storchbeinigen Beistelltischchen und schaute mit großen Augen hinab auf eine perfekte Nachbildung einer Galaxie. Rote und blaue Nebel waberten unter einer Glaskuppel umher. Tausend kleine Funken glitzerten dazwischen und in der Mitte drehten sich wie Klicker eine weiß-blau-grüne, eine rötliche und viele weitere, größere und kleinere Kugeln umeinander und um eine große, hellleuchtende Murmel in der Mitte.
„Wow, schau dir das an, Harry“, flüsterte Ron fasziniert und streckte seine Hände danach aus. Doch noch ehe seine Finger die Glaskuppel berührten…

„RON!“, donnerte Hermines Stimme vom Schreibtisch herüber. Sie hatte aufgeblickt und ihn aus dem Augenwinkel erhascht. Ron verzog sofort das Gesicht.
„Was denn? Ich hab nichts kaputt gemacht!“, grollte er und Harry spürte schon den nächsten Streit aufziehen.
„Darum geht es nicht“, schimpfte Hermine und schlug dabei einen schulmeisterlichen Ton an, „Wir haben uns geschworen, dass wir nur nach Dingen suchen, die etwas mit Snape zu tun haben und von allem anderen die Finger lassen. Wir sind nicht hier, um in Dumbledores Privatsachen zu wühlen!“
„Meine Güte! Das ist kein Tagebuch“, keifte Ron zurück, „Das ist nur als ein olles Planetensystem. Aber wahrscheinlich hat Dumbledore in all dem eine geheime Botschaft über sein Leben hinterlassen. Venus für alte Liebesgeschichten und Mars für seine Siege über Schwarze Magier. Und wahrscheinlich auch noch beides zusammen, weil sie unter einer Kuppel -“
„-Das ist nicht witzig, Ron!“
„War auch nicht witzig gemeint. Das ist alles hohe Wissenschaft. Und hat sehr wohl was mit Snape zu tun. Frag mal Trelawney.“

Hermine runzelte die Stirn und starrte Ron an, als hätte dieser ein bisschen zu viel von den schweren Düften im Wahrsagezimmer abbekommen. Harry musste schmunzeln. Sie hatten ihr nichts von Trelawneys Gespräch mit dem Prüfer erzählt. Doch sein Lächeln verblasste, als Hermine sich wieder umdrehte und die Porträts über dem Schreibtisch beäugte. Offensichtlich kontrollierte sie, ob ihre Schlafzauber wirkten.
„Wo willst du hier überhaupt was über Snape herausfinden?“, fragte Ron beiläufig, während er sich schon neugierig dem nächsten Beistelltischchen zuwandte.
„Gut Frage“, bemerkte Hermine, „Ich glaube, wir sollten mit den Personalakten beginnen. Accio Personalakte Severus Snape. RON!“
Während ein dicker Ordner auf den Schreibtisch zuflog, hatte sie Ron dabei erwischt, wie er im Begriff war, an einem Gegenstand herumzuspielen, der an einen goldenen Dudelsack mit zu vielen Pfeifen erinnerte.
Seufzend stand Ron auf.
„Ist ja gut. Du bist echt eine Spielverderberin, Hermine, weißt du das eigentlich?“

Harry hörte nicht mehr, was sie antwortete. Gerade als Ron aufgestanden war, waren seine Augen auf etwas gestoßen, das seine Aufmerksamkeit weit mehr auf sich zog als der Streit seiner Freunde: Eine weiße Schranktür. Eine weiße Schranktür, hinter der, wenn er sich recht erinnerte, Dumbledore das Denkarium aufbewahrte. Ob es dort wohl auch in diesem Moment stand? Ob wohl noch Erinnerungen darin schwammen? Erinnerungen wie die an Karkaroffs Anhörungen? Für einen Augenblick starrte Harry die weiße Türe an, ein Fuß in Richtung Schrank gesetzt, einer zurück in Richtung Regal. Sollte er oder sollte er nicht? Sein letzter Ausflug ins Denkarium hatte nicht gerade glücklich geendet und doch hatte ihm das Denkarium bisher mehr über Snapes Vergangenheit verraten als alles andere. Durfte er es wagen, noch einmal sein Glück zu versuchen? Durfte er es wagen, wenn sie hier waren, um etwas über Snape herauszufinden? Langsam trat Harry nach vorne, bis er die Schranktüre erreichte. Und während Hermine sich papierraschelnd in Snapes Personalakte vertiefte und Ron wohl das nächste Regal inspizierte zog er sie auf.

Tatsächlich: Da stand es, auf einem Schemel, bis auf Bauchhöhe erhoben, fast wie ein verstecktes Waschbecken. Doch der Schrank barg nicht nur das Denkarium. Im sanften, goldenen Schein einiger Deckenlichter, die sofort aufgeleuchtet waren, als Harry die Schranktür geöffnet hatte, sah er direkt vor seiner Brille ein ganzes Hängeregal voller Glasfläschchen und Flakons. Für einen Augenblick fühlte sich Harry, als hätte er seine Nase zu tief in Snapes Vorratsschrank gesteckt. Doch während sich dort Aalaugen, Schneckenschleim und allerlei Lösungen und Elixiere türmten, war jedes der Fläschchen hier gefüllt mit einer silbrigen Substanz. Halb Nebel, halb Flüssigkeit verquirlte sie sich im warmen Schimmer zu glänzenden Wirbeln: ein ganzes Regal voll gut verkorkter Erinnerungen. Vorsichtig fuhr Harry mit dem Finger durch das gläserne, silbrige Meer. Jeder Flakon war beschriftet mit einem Namen und einem Datum, die Etiketten teilweise schon vergilbt. 1937 konnte Harry hier lesen, 1990 dort. Bei einem Fläschchen hielt er plötzlich inne. Es war mit ‚Horace Slughorn‘ beschriftet. War das der gleiche Slughorn, der den Slugclub geleitet hatte? Das Datum ließ Harrys Neugierde noch wachsen: 13.5.1974. Das hieß, diese Erinnerung stammte aus der Schulzeit von James Potter, Remus Lupin und Sirius Black. Vorsichtig zog Harry das Fläschchen aus dem Regal, wog es in den Händen. Würde er seine Mutter noch einmal sehen? Oder vielleicht sogar seinen Vater? Anders als beim letzten Mal? So, wie er ihn sich immer vorgestellt hatte, wie Remus ihn gemahnt hatte, ihn in Erinnerung zu behalten? Harry atmete tief durch, überlegte eine Sekunde. Doch dann zog er den Korken, goss die Erinnerung ins Denkarium und versank im silbrigen Nebel…

Harry schien durch reines Sonnenlicht zu fallen. Es war ein herrlicher, warmer Frühlingstag und noch im Sturz erkannte er den Rasen hinab zum See. Weiches Frühlingsgras breitete sich unter seinen Händen, als er landete und schwerer Blütenduft stieg ihm in die Nase. Schon als er sich aufrappelte, mit der Hand seine Augen gegen die Sonne abschirmte, hörte er Dumbledores Stimme - laut und kräftig wie aus nächster Nähe. Harry blickte sich um und fand ihn direkt neben sich auf dem Gehweg. Er war nicht alleine. Dicht bei ihm stand ein korpulenter Mann, nicht viel jünger als Dumbledore selbst und die beiden schienen in ein ernstes Gespräch vertieft. War das etwa Slughorn? Wie zum Beweis sprach ihn Dumbledore in der nächsten Sekunde mit ‚Horace‘ an. Harry musterte den fremden Mann neugierig, dann mit zunehmender Skepsis. Slughorn machte einen angespannten Eindruck. Er nestelte nervös an einem Hut, den er nicht auf dem Kopf, sondern in den Händen trug. Schweißperlen glänzten auf seiner Stirn, während er Dumbledore immer wieder flüchtig ins Gesicht, dann gleich wieder weg schaute. Verwundert trat Harry näher an die beiden Männer heran. Doch just in diesem Moment gingen sie dazu über, zu flüstern. Harry gelang es nur noch wenige Fetzen ihres Gesprächs zu belauschen. Etwas von Tagesprophet, Tom Riddle, einer Anspielung auf fähige Lehrer und von einem Vorstellungsgespräch konnte er aufschnappen. Er versuchte sich anzustrengen, spitzte die Ohren, konzentrierte sich. Doch vergebens. Mehr als undeutliches Gemurmel konnte er nicht heraushören.

Enttäuscht wandte sich Harry von Dumbledore und Slughorn ab und wieder dem eigentlichen Grund zu, weswegen er in diese Erinnerung getaucht war: Der Suche nach seinen Eltern, vor allem seinem Vater. Bedächtig ließ Harry seinen Blick über den Schulhof schweifen, auf dem es an diesem warmen Maitag nur so vor Schülern wimmelte, hielt Ausschau nach ihm als wäre James Potter der Goldene Schnatz. Und doch konnte Harry nirgendwo in diesem Gewusel sein Spiegelbild erspähen. Vielleicht war sein Vater gerade draußen im Stadion und trainierte fürs nächste Quidditch-Match? Wenn es so wäre, dann wäre seine Suche vergebens. Harry konnte die Schlossgründe nicht verlassen, denn die Erinnerung war an Horace Slughorn gebunden. Schon war er gewillt, seinen Ausflug abzubrechen und ins Schulleiterbüro zurückzukehren, als er plötzlich etwas entdeckte.

Ein roter Haarschopf! Dort unten an der Buche beim See. Harry musste nicht zwei Mal hinschauen, um wissen, wem diese Haare gehörten. Statt seines Vaters hatte Harry seine Mutter gefunden. Sie saß im Schneidersitz über ein Buch gebeugt, zur Linken einen Zinnkessel, zur Rechten eine Ledertasche und auf dem Schoß ein Schneidebrettchen. Offensichtlich lernte sie für Zaubertränke. Doch – sie war nicht alleine. Direkt vor ihr, unter dem Schatten der Buche lag noch jemand ausgestreckt auf dem Boden: Den Kopf am Baumstamm, das Gesicht in ein Buch vergraben, die Kapuze des Schulumhangs über den Kopf gezogen, so dass Harry auf die Ferne nur erkennen konnte, dass dieser jemand dunkle Haare hatte, die unter dem Rand der Kapuze hervorschauten.

War das etwa Sirius? Zumindest war Sirius der Erste, der Harry einfiel. Doch auf den zweiten Blick schien die Gestalt für Sirius viel zu schmächtig. Harry hatte ihn ja in Snapes Erinnerung gesehen. Und es war auch merkwürdig, dass Lily so mit ihm zusammensaß, wo sie beim letzten Mal doch keinen Zweifel daran gelassen hatte, was sie von James und seinen Freunden hielt. Und überhaupt: Wo waren James und Remus und Wurmschwanz, mit denen Sirius immer zusammen war? Und seit wann trug Harrys Pate eigentlich schwarz?

Nein, das konnte nicht Sirius sein. Doch wer war es dann, der da bei Lily im Gras lag? Gerade hatte sie sich lachend zu ihrer Tasche hin gebeugt, zwei Schokofrösche herausgeholt und einen der Gestalt im Gras zugeworfen. Es war unverkennbar ein Junge, wie Harry anhand der fehlenden Rundungen auf seinem Brustkorb erkannte. Doch mehr Details konnte er nicht sehen. Verfluchter Schatten! Wenn der Junge doch nicht nur so dicht am Baum läge oder nur einmal den Kopf heben würde, wäre alles viel leichter. Aber er schien die Sonne nicht sonderlich zu mögen. Wer würde sich sonst an einem so herrlichen Maitag die Kapuze tief übers Gesicht ziehen? Das war ja fast so als würde man seine Pause freiwillig im Kerk-

Harrys Atem stockte. Auf einmal kam ihm ein Gedanke. Ein Gedanke, der seinen Puls augenblicklich in Höhe schnellen ließ. Der ihm einen kalten Schauer über den Rücken goss. Es war ja das Schuljahr 1973/74! Lilys drittes Jahr an Hogwarts. Das Jahr, in dem sie „Jugend braut“ gewonnen hatte, zusammen mit – mit Severus Snape! Konnte es sein, dass der Junge dort im Gras, dass das…? Aber das war doch nicht möglich! Harrys Herzschlag nahm weiter an Fahrt auf. Schnell atmend trat er näher. Noch immer waren die beiden zu weit weg, als dass er mit Sicherheit sagen konnte, ob es wirklich Snape war. Nicht solange der Junge seinen Blick weiter in sein Buch gesenkt hielt. Es konnte wer weiß wer sein. Sirius, James, irgendein Junge, den Harry nicht kannte. Aber wenn es Snape war, wenn das tatsächlich Snape war, wie konnte es sein, dass Lily so unbeschwert bei ihm saß? Wie konnte es sein, dass sie sich überhaupt mit ihm traf? Harry hatte geglaubt, dass dieser Wettbewerb für sie die reinste Tortur gewesen sein musste – dank Snape. Sie war in seinen Augen doch nicht mehr als ein unwürdiges Schlammblut, oder? Oder?!? Harry hatte das Gefühl, dass tausend Lichter durch seinen Kopf rauschten, dass all seine Gewissheiten plötzlich zusammenfielen wie Kartenhäuser und er vor nichts als einem schwarzen Loch stand. Lily steckte sich genüsslich den Schokofrosch in den Mund. Da, endlich kam Bewegung in den Jungen. Er reckte die Nase, er taste nach dem Frosch auf seinem Bauch, er war im Begriff aufzublicken, als plötzlich –

Harry wusste nicht, wie ihm geschah. Etwas zog ihn mit aller Kraft rückwärts. Das Bild vor seinen Augen rauschte mit rasender Geschwindigkeit in die Ferne, fast so als würde Onkel Vernon mit seinem Wagen rückwärts durch einen Autobahntummel brettern.
„Nein!“, rief Harry.
Doch es nützte nichts. Er verlor den Jungen aus dem Blick, noch ehe er sein Gesicht wirklich gesehen hatte. Dann hob er vom Boden ab, schoss raketengleich in die Höhe und kam den Bruchteil einer Sekunde später im Schulleiterbüro über dem Denkarium zu sich. Eine Hand lag auf seiner Schulter und aus dem Augenwinkel sah er buschiges braunes Haar zu seiner Rechten. Ruckartig wandte er sich zu Hermine um. Gerade noch rechtzeitig, um zu sehen, wie hinter ihr ein riesiger, silberner Schmetterling durch eines der Bogenfenster hinaus in die Nacht flatterte. Lunas Patronus! Das abgemachte Zeichen falls Gefahr in Verzug war.

Harry zögerte nicht. Hastig fischte er die Erinnerung aus dem Denkarium, stopfte sie zurück ins Fläschchen, verstaute alles im Schrank. Als er sich umwandte, ließ Hermine einen schweren Ordner zurück ins Aktenregal schweben. Das gleiche Regal, vor dem Ron stand und eine Etage tiefer an einer Art großer Schneekugel herumhantierte, in der eine silberne Eule aus massivem Metall flatterte. Harry schlug die weiße Schranktür zu und drehte sich um, als plötzlich…

„Ups“, schallte es in Rons Stimme durch den Raum. Eben noch konnte Harry aus dem Augenwinkel erhaschen, wie die Schneekugel gleich einer Seifenblase zerplatzte, da flattere die Eule auch schon empor. Einmal rund ums Zimmer, bis sie schließlich in rasender Geschwindigkeit auf eine alte Keramikdose ein Regalbrett über Ron zustieß. Harry rannte los. Doch die Eule war schneller. Mit voller Wucht rammte sie die Dose. Ron riss noch die Hände empor, um das gute Stück zu retten. Doch es zersplitterte unter seinen Fingern und ein undurchsichtiger Regen aus Scherben und kleinen, bunten Glückskeksen prasselte auf ihn nieder. Vor Schreck schlug Ron sich die Hand vor die Brust.

„Finite Incantatem! Reparo!“, erschallte Hermines Stimme. Und im nächsten Moment schon packte eine Hand Ron am Saum seines Umhangs und zog ihn wütend in Richtung Ausgang. Harry warf einen letzten Blick auf das Regal, in dem sich die Dose wieder zusammensetze und eine gläserne Kugel um die Eule schloss. Dann hastete er hinter Ron und Hermine her.

Sie stürmten hinaus zur Wendeltreppe. Sie eilten Stufen hinab. Sie stürzten auf den Flur. In der Ferne am anderen Ende des Korridors schien sich die Dunkelheit zu lichten. Sie rannten los. Harry, Hermine, Neville, Ron, Luna und Ginny. Das Licht hinter ihnen kam näher, der nächste Quergang lag vor ihnen. Der Schein kroch um die Ecke und sie – waren im Dunkel verschwunden. Liefen in ihre Sicherheit - in der letzten Sekunde.


Wenn Du Lob, Anmerkungen, Kritik etc. über dieses Kapitel loswerden möchtest, kannst Du einen Kommentar verfassen.

Zurück zur Übersicht - Weiter zum nächsten Kapitel

Twitter
HPXperts-Shop
Buch: The World of Ice & Fire: The Untold History of Westeros and the Game of Thrones
Top-News
Suche
Updates
Samstag, 01.07.
Neue FF von SarahGranger
Freitag, 02.06.
Neue FF von Laurien87
Mittwoch, 24.05.
Neue FF von Lily Potter
Zitat
Mir gefällt an Harry vor allem, dass er kein Held im klassischen Sinne ist, kein unüberwindlicher Superman.
Daniel Radcliffe über seine Rolle