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Fanfiction

Der Phönix und die Hirschkuh - Expecto Patronum (Winter 1996/1997)

von SynthiaSeverin

Hallo zusammen, wieder ist ein absoluter Gänsehautpunkt in der Geschichte erreicht und ich hoffe, ihr bekommt auch bei meinem Kapitel dazu Gänsehaut. Ich hab mir jedenfalls reichlich Mühe gegeben und liefere euch hier das längste Kapitel der Fic. Viel Spaß :)
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Kritisch ließ Severus seinen Blick durch den Raum schweifen, ehe er eintrat. Ehe seine Augen im Halbschatten auf die von Albus Dumbledore trafen. Ein sonderbar klammes Gefühl packte ihn, als er über die Schwelle trat. Warum nur kam es ihm auf einmal so vor als wäre er mehr zu einer Gerichtsverhandlung geladen worden als zu einem Gespräch mit Dumbledore? Etwas warnte Severus davor diesen Raum zu betreten, als stände er im Begriff in eine Falle zu laufen. Zum Teufel! Was für Hirngespinste. Dies war keine Geheimresidenz des Dunklen Lords. Dieses Zimmer kannte er in- und auswendig. Die einzige Gefahr, die hier auf einen lauerte, war eine Zuckervergiftung durch zu viele Brausedrops. Doch heute war etwas anders als sonst. Nur die Hälfte der Lichter war entzündet worden und das Kuppeldach lag in Dunkelheit. Die nebelverhangenen Fenster ließen den Raum noch abgeschiedener erscheinen als sonst. Ein wenig erinnerte das Zimmer an eine nächtliche Kathedrale, hinter deren Scheiben keine Welt lag. Severus fröstelte leicht, selbst als er am prasselnden Kaminfeuer vorrüberging. Etwas stimmte hier nicht. Es lag in der Luft, eine nicht greifbare Ahnung. Es lag in der Dunkelheit. Es lag in der Stille. Es lag – in Dumbledores Schweigen.

Albus war aufgestanden, auf die Türe zugegangen und dann auf halbem Wege stehen geblieben. Wie eine Heiligenstatue verharrte er nun in der Mitte des Raumes und blickte Severus an. Reglos, still. Kein Begrüßungswort, nicht einmal ein Lächeln. Severus erwiderte seinen Blick und spürte, wie ein Funken seines giftigen Zorns erneut in ihm entflammte. Er war heraufgekommen, weil er Antworten von Albus wollte. Und nicht um angestarrt und angeschwiegen zu werden wie ungeladener Besuch.
„Guten Abend, Dumbledore“, sagte er kühl, um ihn an sein vergessenes Versprechen zu erinnern.

Endlich kam Bewegung in Dumbledore. Er lächelte zaghaft, während Schatten über sein Gesicht glitten.
„Severus“, sagte er und verstummte wieder. Severus hob die Augenbraue. Was ging hier denn vor sich? Albus war doch sonst nicht so wortkarg.
„Ich dachte, Sie wollten mich sprechen, Dumbledore? Oder warum haben Sie mich zu sich bestellt?“

Die Frage schien für einen Moment im Raum zu schweben, nachzuhallen in der Stille. Albus sah seinen Gast durch das Halbdunkel reglos an. In seinem Magen und seinem Hals schwollen Kloß und Kugel. Da war sie also. Die Stunde der Wahrheit. Er hatte gewusst, dass sie kommen würde. Und doch traf sie ihn unvorbereitet. Wie diese Momente einen immer unvorbereitet trafen aller Planungen zum Trotz. Da stand Severus vor ihm, aufmerksam, wartend, lauernd auf den Vertrauensbeweis, den er ihm versprochen hatte. Ein Anblick, der sich Albus erschauern ließ. Wie konnte er Severus nur sagen, warum er kaum ein Wort herausbrachte? Warum er sich fühlte, als schnürte ihm jemand die Luft ab?
„Natürlich“, antwortete er, winkte seinen Gast zu sich heran und deutete ihm, sich zu setzen.

Severus zögerte, musterte Albus skeptisch. Dann kam er der Bitte nach. Der Nebel presste schwer gegen die Scheiben wie kurz vor einem Gewitter. Als Severus sich niederließ, hatte er den Blick noch immer erwartungsvoll auf Dumbledore gerichtet. Er brannte nur darauf zu hören, was dieser ihm zu erzählen hatte, sei es zum Guten oder zum Schlechten.
„Warum wollten Sie mich sehen?“

Albus antwortete nicht sofort. Er trat um das Pult herum, holte zwei Wassergläser hervor, schenkte sich und seinem Gast ein. Dann begann er Severus‘ Stuhl zu umkreisen. Sich bewegen, sich den bohrenden Blicken entziehen – ein Versuch, die Nervosität in Schach zu halten. Auch wenn es nur ein Wassertropfen auf dem heißen Stein war. Dies war nicht die Generalprobe, die Albus in seinem Kopf so oft mit Harry durchgespielt hatte. Dies war die Aufführung, mit Severus in der Rolle des Jungen. Und das Lampenfieber war groß. Wahrlich - die nächste Stunde würde eine harte Prüfung werden. Tief atmete Albus ein, schaute auf die dunklen die Fensterscheiben vor sich an, gegen die sich feucht der Nebel drückte. Tropfen rannen daran herab, erstaunlich viele für Kondenswasser.

„Es geht um Harry“
Stille. Schweiß im Nacken. Albus wurde warm.
„Um Potter?“, fragte Severus zu seiner Seite. Klang er höhnisch oder skeptisch? War er überrascht oder hatte er damit gerechnet? Albus konnte es nicht sagen. Er war viel zu sehr mit sich selbst beschäftigt um auf Snapes Tonfall zu achten.
„Ja“, sagte er abwesend, „Es gibt etwas, das der Junge wissen muss. Etwas, das entscheidend ist, damit er seiner Aufgabe gerecht werden kann.“

Severus saß auf seinem Stuhl, schweigend und steif, lauschte. Also war es wahr! Es war wahr, dass Albus Geheimnisse mit diesem Lümmel teilte, wie er schon auf dem Spaziergang angedeutet hatte. Dass hinter den Kulissen Dinge im Gange waren, in die er Severus nicht einweihte. Dass er Potter sogar Aufträge erteilte! Mit wachen Augen beobachtete Severus Dumbledore, der ihn im Halbdunkel umkreiste wie eine Hummel einen Blumenstock. Er hatte das dumpfe Gefühl, nur die Spitze des Eisberges gesehen zu haben. In seinem Magen verschmorte der Wutfunken zu flammendem Ärger.

Kurz wandte Albus sich um, blickte in Snapes blasses, vom flackernden Kaminfeuer beschienenes Gesicht. Noch immer stand die gleiche skeptische, vorwurfsvolle Neugier darin geschrieben. Ach Severus, was bist du ahnungslos, dachte Albus mitleidsvoll. Wie sollte er nur aussprechen können, was gesagt werden musste, wenn er dabei in diese dunklen Augen blicken müsste? Diese Augen vielleicht sogar die allzu brüchige Fassade seiner Okklumentik durchdringen und mehr sehen würden als sie sollten? Doch die Sache duldete keinen Aufschub. Schnell wandte Albus sich wieder ab, umkreiste weiter den Stuhl, während seine Nerven kribbelten.
„Harry darf es nicht erfahren, erst im letzten Moment, erst wenn es notwendig ist, wie könnte er sonst die Kraft haben, zu tun, was getan werden muss?“


„Aber was muss er tun?“
Severus macht sich nicht einmal die Mühe, seine Ungeduld zu verbergen. Er war wie ein Tier, das auf der Lauer nach der Wahrheit lag. Das die Wut noch im Zaum hielt, nur um sich für den Sprung bereit zu machen.

„Das ist eine Sache zwischen Harry und mir“, würgte Albus hastig das leidige Thema ab, „Nun, hören Sie gut zu, Severus. Es wird eine Zeit kommen – nach meinem Tod –“
Ein Stuhlrücken und heftiges Schauben durchschnitten seine Worte. Er wandte sich um. Snape war nach vorne gerückt. Rotglühend schoss ihm die Wut ins Gesicht. Albus brauchte keine Legilimentik um seine Gedanken zu erraten: Wieder Ausflüchte! Wieder Abspeisungen! Snape riss den Mund auf um lauthals protestieren zu wollen.
„Widersprechen Sie nicht, unterbrechen Sie mich nicht!“, erhob Albus sofort die Stimme. Er musste an den Spaziergang denken und sah eine Sturmflut kommen.
Für einen Moment starrten sie sich an als wären ihre Blicke die Zauberstäbe zweier Duellanten. Endlich sank Severus wieder auf den Stuhl zurück – mit blitzenden Augen und einem Gesichtsausdruck, der zu sagen schien: Schön, dann hör ich dir halt zu, hoffentlich lohnt es sich.
Albus atmete ein und fuhr in ruhigem Ton fort.
„Es wird eine Zeit kommen, da Lord Voldemort offensichtlich um das Leben seiner Schlange fürchten wird.“

„Um Nagini?“, fragte Severus, nicht wütend, sondern überrascht. Es war wie so oft in ihren Gesprächen. Gerade in den Momenten, in denen sein Zorn wild aufloderte, ließ Albus eine völlig unerwartete, kryptische Bemerkung fallen. Eine Bemerkung, die wie eine Wasserwelle über seinen Ärger schwappte und die Flammen kläglich erstickte. Wovon zum Bowtruckle redete er? Severus hatte wahrlich Mühe, seinen Gedankengängen zu folgen. Dumbledore schien in Rätseln zu sprechen.

„Genau“, antwortete Albus und wusste, dass sie von dem Kern der Sache nur noch einen kleinen Schritt entfernt waren. Die Aufregung war wie ein Motor für seinen Puls, „Wenn eine Zeit kommt, da Lord Voldemort diese Schlange nicht mehr hinausschickt, um seine Befehle auszuführen, sondern sie sicher an seiner Seite hält, unter magischem Schutz, dann, denke ich, wird es angeraten sein, es Harry zu sagen.“

„Ihm was zu sagen?“, fragte Severus scharf. Das Feuer hatte sich vom Wasser befreit. Nur gegen die Scheiben tippte sanfter Nieselregen, weichte den Nebel auf.

Ein letztes Mal atmete Albus tief ein, dann presste er die Augen zusammen, um Severus nicht anzusehen. Sein Puls nahm weiter an Fahrt auf. Er konnte seinen eigenen Herzschlag hören. Dies war er also, der Moment, dem er so lange bange entgegengesehen hatte. Der alles entscheidende Moment, im dem die Wahrheit endgültig ihr Kleid abstreifen und nackt in dieses Zimmer treten würde. Er durfte nicht scheitern, nicht wieder in Stillschweigen verfallen. Die Luft im Raum war schwer, zusammengepresst, wie in einem Luftballon, der kurz vor dem Platzen stand. Oder war es nur er selbst, der sich so fühlte? Vor seinen Augen blitzen all die Stunden mit Harry wieder auf. Die Stunden, die sie hier oben über dem Denkarium verbracht hatten. Die Stunden, in denen er den Jungen alles über Horkruxe gelehrt hatte, was er nur wusste. Das Geheimnis, das ihn so lange gequält hatte, wollte aus ihm herausbrechen. Und zugleich wehrte sich alles in ihm dagegen, es auszusprechen. Mit aller Macht musste Albus den Gedanken an Severus‘ Augen verdrängen. Severus, die treue Seele, der neben ihm saß und dem er gleich einen Dolch in die Brust rammen würde.

„Sagen Sie ihm, dass in der Nacht, als Lord Voldemort versucht hat ihn zu töten, als Lily ihr eigenes Leben wie ein Schild zwischen sie warf, dass in dieser Nacht der Todesfluch auf Lord Voldemort zurückprallte und ein Bruchstück von Voldemorts Seele vom Ganzen abgesprengt wurde und sich an die einzige lebendige Seele klammerte, die in jenem einstürzenden Gebäude noch übrig war. Ein Teil von Lord Voldemort lebt in Harry, und dies gibt ihm die Macht, mit Schlangen zu sprechen, und eine Verbindung zu Lord Voldemorts Geist, die er nie begriffen hat. Und solange dieses Seelenbruchstück, das von Voldemort nicht vermisst wird, mit Harry verknüpft ist und von ihm geschützt wird, kann Lord Voldemort nicht sterben.“

Albus atmete aus, fühlte sich zittrig. Ein entsetzlich langer Moment der Stille folgte. Kein Wort, kein Flügelrauschen. Nichts. Er wagte es nicht zu atmen, nicht die Augen aufzuschlagen. Die Stille nagte am seinem Verstand. Was war mit Snape geschehen? Was würde er tun? Gänsehaut breitete sich auf Albus‘ Rücken aus. Seine Nerven glichen Fäden - zum Zerreißen gespannt.

„Also muss der Junge… muss der Junge sterben?“, zerschnitt Severus‘ Keuchen endlich die Stille. Er saß auf seinem Stuhl, die Augen aufgerissen bis zum Anschlag, die Glieder bis ins Mark versteinert. Er atmete. Das konnte er spüren. Er atmete ganz flach, wie ein Erstickender. Er spürte seinen Herzschlag. Rasender Puls. Kalter Schweiß, der seinen Rücken hinab lief. Alles deutete darauf, dass er lebte. Doch hatte Severus nicht mehr das Gefühl, noch in seinem Körper zu sein. Etwas war geschehen. Etwas, das ihn mit einem Schlag aus der Welt der Lebenden hinaus gestoßen hatte. Hinaus gestoßen in eine seltsame Zwischenexistenz. Jemand musste den Strom der Zeit plötzlich durchgeschnitten und irgendetwas daran angenäht haben, das nicht mehr die Wirklichkeit war. Das war nicht er, der hier auf dem Stuhl saß. Das war nicht Albus Dumbledore, der zu ihm sprach! Alles um ihn und in ihm waren nur Requisiten. Requisiten eines Schauspiels, eines Theaters des Wahnsinns. Die Zeit war aus den Fugen geraten. Viel zu langsam zogen die Bilder an Severus vorbei und viel zu schnell. Wie durch die Brille eines hochwirksamen Zaubertranks betrachtet. Wie - wie in einem Alptraum.

„Und Voldemort selbst muss es tun, Severus. Das ist entscheidend“, antwortete Albus, hoch konzentriert, in sich eingeschlossen. Er musste die Wahrheit aussprechen, nichts als die nüchterne Wahrheit. Er musste dieses Stück über die Bühne bringen. Snapes Stimme war wie ein Rauschen am Rande seiner Wahrnehmung. Es durfte nicht mehr als ein Rauschen sein, wollte er nicht von der Flut hinweg gerissen werden. Junge… sterben… Worte wie das Kratzen der Sturmflut an einem altersschwachen Staudamm. Nein - Nein, nicht nachdenken!


„Ich dachte… all diese Jahre… dass wir ihn für sie beschützen. Für Lily“

Severus hörte seine Stimme sprechen. Doch es war nicht er, der gesprochen hatte. Jemand anderes saß in ihm, bewegte mechanisch seine Lippen. Er suchte im flackernden Halbschatten nach Dumbledores Augen, wie ein Kind, das im Angsttraum nach die Hand der Mutter tastete, wie ein Ertrinkender, der nach dem Ufer Ausschau hielt. Er musste in Albus‘ Augen sehen, musste sehen, ob es eine Seele dahinter gab. Denn der Dumbledore, den Severus kannte, hätte so etwas nie gesagt. Doch Albus hielt die Augen geschlossen. Dunkel erinnerte sich Severus, dass er in diesem Zimmer schon einmal dem Ertrinken nahe war. Und was er da für einen Scherz gehalten hatte, hatte sich als grausiger Ernst offenbart. Die Erinnerung schimmerte wie ein trübes Licht in der Ferne. Schneckengleich kroch Severus‘ Verstand darauf zu.

„Wir haben ihn beschützt, weil es notwendig war, ihn zu unterrichten, ihn zu erziehen, ihn seine Stärken erproben zu lassen“, antwortete Albus schwerfällig. Vor ihm blitzten die unschuldigen Augen des Kindes auf, das den Stein der Weisen gerettet hatte, die blutverschmierten Hände des Jungen, der den Basiliken besiegt, der Pettigrew verschont und die Dementoren verscheucht hatte. Der den Tod eines Schulkameraden mit ansehen musste und in seinem unerträglichen Schmerz, den Albus nicht lindern konnte, dieses Büro zertrümmert hatte. Kloß und Kugel wurden schwerer und schwerer als wollten sie ihn zu Boden drücken. Er blieb stehen, stütze sich mit einer Hand kurz auf dem Schreibtisch ab.
„Unterdessen wird die Verbindung zwischen ihnen immer stärker. Es ist ein schmarotzerisches Wachstum.“
Seine Lippen wurden rau, sein Hals trocken. Die Wahrheit gleicht einem Sauerteig, dachte er, der unter der Hitze des Krieges aufgeht. Zuerst nur ein Tropfen Bitterkeit, doch am Ende so davon durchtränkt, dass das Brot ungenießbar ist.
„Manchmal denke ich, dass er selbst den Verdacht hegt Wie ich ihn kenne, wird er die Dinge so bestellt haben, dass es, wenn er sich tatsächlich aufmacht, dem Tod entgegenzutreten, wahrhaftig das Ende Voldemorts bedeuten wird.“

Einmal noch atmete Albus tief durch, dann schlug er die Augen auf. Vor sich sah er Snapes Gesicht, wie er es erwartet hatte – blass und die Züge entglitten vor Entsetzen. Ein Gefühl wie ein Riss ging durch Albus, genau an der Stelle, an der sein Herz schlug. Kloß und Kugel brachen entzwei und die Splitter bohrten sich tief in ihn ein. Es war dieser Anblick, den er gefürchtet hatte. Der Grund, warum er die Lider geschlossen hielt, wissend, dass er es nicht über sich bringen würde, die Wahrheit auszusprechen, wenn er in diese dunklen Augen blicken musste. Oh wie sehr war Severus ein Spiegelbild für ihn, schon immer gewesen und sein Entsetzen schnürte Albus die Kehle zu. Etwas regte sich in der Tiefe, angesteckt durch Snapes Bewegtheit.

„Sie haben ihn am Leben erhalten, damit er im richtigen Moment sterben kann?“, sagte Severus und blickte endlich auf in die blauen Augen. Nicht die Spur einer Lüge war darin zu lesen. Langsam, ganz langsam, wie schleichender Nebel, wie schwebende Dementoren kehrte Severus‘ Bewusstsein in seinen Körper zurück. In die düsterere Welt, in der eine furchtbare Erkenntnis auf ihn wartete. Nie hatte er infrage gestellt, dass er und Dumbledore das gleiche Ziel verfolgten. Nie hatte er Zweifel daran gehegt, dass Albus diesen Potterbengel liebte, ja regelrecht vergötterte, so sehr wie er ihn verwöhnte. Nie hatte Severus auch nur im Ansatz in Betracht gezogen, dass der Junge für ihn nur ein Werkzeug sein könnte. Ein Werkzeug, das man gut zu pflegen hatte, damit es nutzbringend war. Er hatte Albus Dumbledore vertraut, von Anfang an blind vertraut. Die Wahrheit war wie ein Damoklesschwert, das auf ihn niederraste, um seinen Lebensfunken auszublasen. Und es gab eine Hand, die es führte, eine schwarz verkohlte Hand…

„Seien Sie nicht schockiert, Severus.“, sagte Albus rasch, als ob er zu sich selber spräche. Als ob er den beschädigten Verteidigungswall einer angegriffenen Festung blitzschnell erneuern musste, um ihren Fall zu verhindern. Snapes Blicke waren schweres Geschütz. Schweigend betete sich Albus das Mantra vor, das ihn in diesem Zimmer so viele Stunden schon begleitet hatte. ‚Menschen sterben tagtäglich, der Tod ist nicht mehr als der Schritt über die Türschwelle in ein anderes Zimmer… es ist nicht schlimm, er würde es freiwillig tun… außerdem wird Harry ganz gewiss überleben‘. Doch der Schmerz in Albus‘ Brust, der Druck in seinen Augen, das Krampfen in seinen Adern bei dem Gedanken an einen Grabstein mit der Aufschrift „Harry
Potter“ im Falle seines Irrens, strafte all seiner Gedanken Lügen. Noch immer blickte er Severus ins Gesicht. „Wie viele Männer und Frauen haben Sie sterben sehen?“


„In jüngster Zeit nur die, die ich nicht retten konnte“, zischte Severus und sprang vom Stuhl auf. Wut, kochende, schäumende, überbordende Wut. Wut, so heiß, so giftig, so stark, wie er sie nicht mehr gefühlt hatte, seitdem er zum ersten Mal wieder dem Dunklen Lord gegenüber gestanden hatte, schoss in ihm hoch, als er in Augen seines Mörders blickte. Die blitzenden, blauen Augen hinter der Halbmondbrille. Dieses verlogene Unschuldsschimmern. Vertrauensbeweis… Vertrauensbeweis! Oh, Severus hatte die Wahrheit verstanden. Er hatte sie endlich verstanden.
„Sie haben mich benutzt“

„Soll heißen?“
Albus fragte es völlig ruhig, obwohl ein Sturm in ihm tobte. Auch damit hatte er gerechnet, mit dem Vorwurf, den er nun zu hören bekam. Armer Severus, von seiner ahnungslosen Warte aus musste es so erscheinen, dass er ihn all die Jahre betrogen hatte. Doch so tief war sein Verrat nicht, selbst wenn ein Körnchen Wahrheit darin lag. Die Wahrheit seines zu langen Schweigens. Doch ehe Albus ihm das Wesentliche offenbaren, ehe er ihm von Harrys Überlebenschancen erzählen konnte, musste er noch Genaueres von Severus hören. Strategische Gründe erforderten es, vorsichtig zu sein. Er musste taktieren, er musste abwägen, wie weit er gezwungen war, zu gehen. Denn jede Information, die er Severus gab, konnte bei dessen Scheitern zu Voldemort gelangen. Und dann gab es da noch den anderen Grund. Den kleinen, gerissenen Plan. Oh, was für ein Gedanke, einmal nur Severus Eisfassade schmelzen zu sehen und dahinter vielleicht mehr Zuneigung für den Jungen zu finden als es schien! Sicherlich kein ganz faires Spiel, doch eine Chance, die sich Albus nicht entgehen lassen konnte. Zu lange hatte er vergebens auf einen solche Gelegenheit gehofft. Er musste sehen, wohin der Weg führte.

„Ich habe für Sie spioniert und für Sie gelogen, mich für Sie in Lebensgefahr begeben. Alles angeblich zu dem Zweck, Lily Potters Sohn zu schützen. Nun erzählen Sie mir, dass Sie ihn wie ein Schwein zum Schlachten aufgezogen haben-“, zischte Severus und spürte, wie der Zauberstab in seiner Hand zitterte. Der Todesfluch lag ihm schon fast auf den Lippen – fast.

„Aber das ist rührend, Severus“, fiel Albus ihm mit ernster Stimme ins Wort. Snape war genau in die Falle gelaufen, die er ihm aufgestellt hatte. Stumm lächelte Albus in sich hinein. Ein Lächeln, das mehr einer Fackel im Sturm glich als der strahlenden Sonne an einem Frühlingstag. Eine uralte Hoffnung, einst innig gehegt, aber seit Jahren fast begraben, flammte erneut in Albus auf. Endlich! Endlich zeigte Severus Gefühle für Harry! Wie sehr er sich nach einem solchen Moment gesehnt hatte. Und wie wenig er daran geglaubt hatte, ihn doch noch erleben zu dürfen. Ein Traum schien wahr zu werden. Doch der Wermutstropfen, dass erst der Tod Severus‘ Sinneswandel bewirkt hatte und nicht seine Mühen, schmeckte bitter. Noch wusste Albus nicht, ob er sich freuen oder weinen sollte oder den Worten auch nur Glauben schenken konnte, die er so ersehnt hatte. Doch er lechzte danach die Bestätigung aus Severus‘ Mund zu hören, ehe er ihm sanft die Hand auf die Schulter legen und erzählen würde, dass Harry nicht ganz verloren war.
„Sind Sie nun doch so weit, dass Sie sich um den Jungen sorgen?“


„Um ihn?“
Severus schnaubte, blickte Albus direkt in die Augen. Dem Mann, den er in diesem Moment mehr hasste als selbst den Dunklen Lord. Denn nur der Hass bewahrte ihn noch davor, sich wieder in Schock und Lähmung zu verlieren, sich aufzulösen im Nichts. Wie konnten diese verlogenen Lippen Worte sagen, die so klangen, als wüsste er nicht, wovon Severus sprach? Wie konnte dieser angeblich so geniale Geist das Versprechen vergessen haben, auf dem einst in diesem Zimmer ihr Bund erbaut worden war? Lügen! Nichts als Lügen, Betrug und gemeine Intrigen. Täuschung, fast zwanzig Jahre lang. Und er war zu dumm gewesen, um es zu begreifen. Zu begreifen, dass er nicht mehr gewesen war als eine Marionette in einem hinterlistigen Spiel. Doch das Spiel war aus!

Wenn der feine Herr wirklich glaubte, sich nicht erinnern zu können, dann musste Severus seinem mottenzerfressenen Hirn wohl auf die Sprünge helfen. Er selbst würde diesen Raum verlassen und nicht mehr zurückkehren. Nicht zu ihm, nicht zum Dunklen Lord, nicht zum Leben. Nicht zu all den Menschen und Dingen, die ihn betrogen hatten. Er würde zu Lily gehen. Doch ehe er dieses Zimmer für immer verließ, sollte Albus Percival Wulfric Brian Dumbledore spüren, was und wen er gerade zu Scherben geschlagen und in den Staub getreten hatte. Und vielleicht, so Severus‘ letzter, bitterer Herzenswunsch, würden seine Füße schmerzen und bluten, wenn er über die Trümmer steigen würde, die einst der Mann gewesen waren, der für seine Mission sein Leben riskierte. Der ihm Treue versprochen, zu ihm aufgesehen und sein Leben gerettet hatte, ehe er gegen alles in sich ankämpfend schwören musste, es zu vernichten. Oh, Severus wünschte es ihm vom ganzen Herzen. Mit dem Gefühl einer giftigen Genugtuung umklammerte er den Zauberstab.

Dann atmete er durch und begann sich zu konzentrieren. Wut und Hass pulsierte noch in ihm. Doch dies waren nicht die Gefühle, die er jetzt brauchte. Zügig begann Severus seinen Geist zu leeren, wie so oft, wenn er vor den Dunklen Lord trat. Doch anstatt wie sonst all seine Gefühle wegzusperren, öffnete er eine Türe und suchte nach anderen dahinter. Er suchte nach den Bildern von Lily. Ihrem roten Haar, das im Sonnenlicht glitzerte, wenn er aus der Dunkelheit von Spinner’s End hinaus lief, ihrem fröhlichen Lachen, das Tobias‘ Schimpfen und Eileens Wimmern verstummen ließ, nach dem liebevollen Blick aus den grünen Augen, der im Nu all seine Tränen fortwischen konnte. Das Schulleiterbüro schwand. Severus war draußen auf dem Spielplatz, ein kleiner Junge. Die Schaukeln flogen leicht wie Federn dem wolkenlosen Sommerhimmel entgegen. Er ließ los, sprang weit und landete im grünen Gras. Etwas purzelte neben ihm zu Boden. Ein Lachen, rote Strähnen, die sein Gesicht kitzelten. Ihre Hand griff nach seiner. Sie rollte sich in seinen Arm, lag ganz nah bei ihm. Pures Glück durchströmte Severus wie siedendes Wasser. Als es seinen Höhepunkt erreichte, hob er den Zauberstab und…

„Expecto patronum!“


Da war sie – die silberne Hirschkuh. Der Patronus einer Toten. Albus‘ Augen weiteten sich. Weiteten sich plötzlich, als er registrierte, welches Tier von Severus‘ Zauberstab sprang. Sah er richtig? War das wirklich… bei Merlin! Wie gleißendes Licht blitze die Erkenntnis in ihm auf: Lily. Grundgütiger, Lily! Wie oft hatte ihm diese Hirschkuh im ersten Orden des Phönix Nachrichten geschickt? Nie, niemals hätte Albus damit gerechnet, sie noch einmal zu sehen. Doch jetzt, hier in diesem Zimmer…

Die Überraschung rang seinen Geist zu Boden. Sie sprengte ein Loch in eine Mauer aus Ignoranz, die er für Wissen und Verständnis gehalten hatte. Natürlich war ihm bewusst, was es bedeutete, wenn ein Patronus die Gestalt wechselte. Wenn er sich dem eines Anderen anglich. Und doch hatte er niemals nachgefragt, niemals darüber nachgedacht, warum Severus sich als Einziger im Phönixorden weigerte, seinen Patronus als Kommunikationsmittel zu verwenden. Nun wusste er es. So viel wusste er plötzlich. Diese Hirschkuh erzählte mehr als tausend Worte.

Stumm beobachtete Albus wie sie eine Runde durch sein Büro drehte, schließlich durch die Scheiben sprang. Er stand vor dem Fenster und sah ihr zu, wie sie langsam in den dunklen Horizont der Regennacht entschwebte, weiter und weiter, bis das silberne Licht verblasste. Ein Gefühl, halb Rührung, halb Entsetzen, brach als kühler Strom durch die Mauerlöcher. Es spülte die letzten Reste seiner mühsam aufrecht erhaltenen Fassade hinfort. Er konnte dem Druck in seinen Augen nicht mehr standhalten. Sie füllten sich mit Tränen - mehr und mehr. Wie die Tropfen, die an der Scheibe herabrannen.

Langsam nur wandte er sich um, sah voller Mitgefühl seinen Schützling an, der noch immer reglos vor dem Schreibtisch stand, Schatten auf dem Gesicht.
„Nach all dieser Zeit?“, fragte Albus heiser.

Severus rührte sich nicht vom Fleck. Seine Hand umklammere steif den Zauberstab. Doch die schmalen Lippen fuhren auseinander für ein einziges Wort.
„Immer“


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