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Fanfiction

Der Phönix und die Hirschkuh - Der Blick in ein dunkles Tal (Sommer 1994)

von SynthiaSeverin

Es war ein Tag im frühen Juni 1994, an dem ein Kater, ein Hund und eine Ratte endlich die Wahrheit ans Licht bringen sollten. Der Himmel war rabenschwarz, als der Glockenschlag zur Mitternacht durch die menschenleeren Flure hallte und erst vor dem Krankenflügel verklang. Das Schloss lag wie ausgestorben da. Nur die schnellen Schritte auf dem Marmorboden und das Zuknallen einer Türe zeugten von Leben. Ein Mann mit limonengrünem Bowler lief den Schlossweg hinab, passierte ein von geflügelten Eberstatuen flankiertes Tor und disapparierte. Weit hinter ihm, im dunklen Gebäude, stand ein alter Zauberer mit langem, weißem Bart vor den schweren Flügeltüren zur Krankenstation. Noch immer lag ihm ein Schmunzeln über seinen kleinen Geniestreich auf den Lippen. Sein Blick jedoch war nachdenklich, gerade so als überlegte er, was als nächstes zu tun sei. Sie hatten sich noch eine Weile unterhalten, Fudge und er und Dumbledore war es gelungen, Cornelius von Lupins Unschuld zu überzeugen. Doch was war der Zaubereiminister schon im Vergleich zu dem Gespräch, das Albus noch bevorstehen würde? Noch war nicht viel Zeit vergangen, seitdem Severus nach Blacks Flucht wie eine Furie aus der Krankenstation gerauscht war. So außer sich war er gewesen, dass Fudge sogar an seiner geistigen Gesundheit gezweifelt hatte. Natürlich hatte Albus Severus vor dem Zaubereiminister in Schutz genommen, wie er sich stets für jeden seiner Schützlinge einsetzte. Wie er heute auch Sirius geholfen hatte, einer ungerechten Verurteilung zu entkommen. Der Trick mit dem Zeitumkehrer war zugegeben eine seiner genialeren Ideen gewesen, was Albus mit einem gewissen Vergnügen über sich selbst erfüllte. Der Grund allerdings, warum dieses kleine Spiel überhaupt notwendig gewesen war, war alles andere als erfreulich. Blacks Entkommen, das wusste Dumbledore inzwischen, musste für Severus eine bittere Niederlage gewesen sein. Denn wenn Albus im letzten Jahr eines gelernt hatte, dann wie tief der Graben zwischen diesen beiden Männern tatsächlich war. So versessen war Severus darauf gewesen, Sirius verurteilt zu sehen, dass ihm die Besessenheit geradezu aus den Augen sprach. Eine Besessenheit, die ihren Ursprung nicht in der Aufgabe, einen Jungen zu beschützen haben konnte, sondern einzig und allein in einem Gefühl tiefster Rachsucht. Natürlich musste Albus alles in seiner Macht Stehende tun, um zu verhindern, dass ein Unschuldiger hingerichtet würde - oder besser gesagt, ein Schicksal erleiden würde, dass schlimmer war als der Tod. Doch da eine Tat zu vereiteln und zu verurteilen nicht immer bedeutete, auch für die Beweggründe dasselbe gelten zu lassen, überwog Dumbledores Mitleid und Sorge sein Unverständnis und seine Entrüstung. Um eine Aussprache mit Snape würde er jedenfalls nach den jüngsten Ereignissen nicht herum kommen, zumal diese Geschichte auch zwischen ihnen Streit und Missverständnisse heraufbeschworen hatte. Je eher er mit seinem Verbündeten sprechen würde, umso besser. Wo er ihn finden würde, ahnte Albus bereits…

Die Juninacht wehte ihren warmen Atem die Treppenstufen herab, als Dumbledore langsam die Stufen zum Astronomieturm emporstieg. Es war der beste Ort, um seinen Verdacht zu überprüfen. An seinem Ziel angekommen trat der alte Zauberer nah an die Brüstung heran und ließ seinen Blick über die dunklen Schlossgründe schweifen. Er hatte sich nicht geirrt. Am Rande des verbotenen Waldes, nicht weit von den Dementoren entfernt, huschte ein kleines, unscheinbares Licht hastig durchs Unterholz. Auf die Entfernung gerechnet musste es ein sehr hell erleuchteter Zauberstab sein. Dumbledore war sich sicher: Snape würde bis zur völligen Erschöpfung nach Sirius Black suchen und erst dann wieder ins Schloss zurückkehren. Armer Severus - seine Suche war aussichtslos. Schon längst war der Gejagte auf den Schwingen des Hippogreifs in den Nachthimmel aufgestiegen.

In der Stille, die über dem höchsten Punkt des Schlosses lag, schien der Wind längst verklungene Worte noch einmal vor sich hin zu wispern.

„Sirius Black hat schon im Alter von sechszehn Jahren bewiesen, dass er zum Mord fähig ist. Sie haben das nicht vergessen, Direktor? Sie haben nicht vergessen, dass er einst mich umbringen wollte?“

Die Stimme verhallte, einen Nachklang von Angst hinterlassend. Angst vor Missachtung im Angesicht des Feindes. Albus runzelte nachdenklich die Stirn. So sehr ihn seine genialen Einfälle amüsieren konnten, so sehr hasste er es zuweilen doch auch in seiner Position zu sein. Gezwungen zu sein, ein Puzzle zusammenzufügen, dessen Teile sich erbittert dagegen sträubten, war keine leichte Aufgabe. Es war eine, die Sorgen und Grübelfalten mit sich brachte und jene ganz bestimmte Art von Einsamkeit, die nur der erlebt, der von allen geliebt, doch von niemandem wirklich gekannt wird. „Wer in Hogwarts um Hilfe bittet, der wird sie auch bekommen.“ - Es war immer sein Leitspruch gewesen. So viele Schüler beherbergte die Schule unter ihrem Dach. So viele Menschen hatten hier ihr Zuhause gefunden. Hagrid, Lupin, Trelawney, Severus – sie alle hatte Albus unter seine Fittiche genommen, ihnen Zuflucht oder Chancen gewährt, die ihnen die Welt der Zauberer sonst versagte. Er war für zu viele Menschen verantwortlich, zu viele suchten seinen Rat, seinen Zuspruch, seinen Hilfe. Er konnte, durfte seine Liebe nicht nur einem von ihnen schenken. Er musste sie auf viele Schultern verteilen. Auch wenn keiner sie wohl so bitter zu brauchen schien wie Severus Snape. Je tiefer Albus in die Abgründe dieser Seele blickte, umso besser verstand er diese Wahrheit. Snapes Rachsucht war wie ein düsterer Spiegel. Ein Spiegelbild aus Hass und Verbitterung, das doch nur zeigte, wie groß die Verletzung hinter der rachegierenden Maske sein musste. Zutiefst zerrissen wie Severus war, war Liebe wohl das einzige Heilmittel, das ihn vor dem drohenden Sturz in seine eigene Dunkelheit bewahren konnte. Was Severus am meisten brauchte - und am meisten entbehrte - war ein Freund. Jemand, der sich im Streit auf seine Seite, ganz auf seine Seiten stellen würde. Jemand, der ihm Auge in Auge auf gleicher Höhe begegnend die Hand reichen und die tiefsten Geheimnisse ihrer beider Leben teilen würde. Doch Albus konnte es nicht sein. Obgleich seine Tür für die Nöte und Sorgen Anderer immer offenstand, er im Zuhören mehr als geübt war - von sich selbst durfte er doch nicht mehr preisgeben als unbedingt notwendig. Zu viel Nähe war gefährlich, ungünstig für die gemeinsame Mission. Wie sollte, konnte Albus auch all den vielen, die in seiner Obhut standen, Stärke und Führung bieten, wenn er seine Maske verraten würde? Wie sollte er ihnen allen gerecht werden, wenn er einem von ihnen eine größere Gunst erweisen würde als dem Anderen? An der Spitze zu stehen bedeutete das Los der Einsamkeit. Menschen wie er waren niemandes Freund, nicht im üblichen Sinne. Er konnte mit niemandem in lockerer Runde ein Butterbier trinken und ihm, seinem Abneigungen beipflichtend, tröstend auf die Schulter klopfen. Parteilichkeit würde Eifersucht säen. Die Saat eines wuchernden Unkrauts…

Dumbledore seufzte schwer. In einem jähen Anflug von Schwäche, den er sich nur in seinem Alleinsein hier oben gestatte, stütze er sich auf der Brüstung ab. Sehnte er sich in mancher dunklen Stunde seines Lebens nicht auch nach einem solchen Freund? Er war es gewohnt, Anderen zuzuhören, Anderen den Rücken zu stärken, Anderen weise Ratschläge zu erteilen. Doch sich selbst jemanden anzuvertrauen, seine tiefsten Gedanken, seinen Schmerz zu teilen, war Albus fremd. All die Last, die auf seinen Schultern ruhte, trug er alleine. Und obgleich er wusste, dass er nicht schwach sein durfte, weil Andere seine starke Schulter brauchten, beneidete er doch die Jugend darum, ohne Weiteres die Zügel abgeben zu dürfen, in ihm jemanden zu haben, dem sie sich anvertrauen konnten, wo es für ihn nur sich selber gab. So viele Jahrzehnte waren ins Land gegangen, in denen kein Ohr je von seinem Geheimnis gehört hatte. Und der Einzige, der davon wusste, das spürte Dumbledore genau, verachtete ihn dafür noch immer. Obgleich sie im Alter wieder miteinander sprachen, er Albus zuweilen im Eberkopf bewirtete und seinerzeit sogar im Orden des Phönix war.

Dumbledore atmete tief durch, als seine Gedanken um die Vergangenheit zu kreisen begannen. Die Schuld eines einzigen schweren Fehlers hing wie ein dunkler, bleierner Schatten über seinem Leben. So viele Jahrzehnte auch ins Land gegangen sein mochten – was mit Ariana geschehen war, was er ihr angetan hatte, hatte Albus es sich niemals vergeben können. Grindelwald, Voldemort, sein Einsatz für Mugglegeborene und so viele andere, all sein Streben war bestimmt von dieser unverzeihlichen Verfehlung seiner Jugend, von der Schuld, von der es keine Erlösung gab. Als nun Severus Snape vor fast dreizehn Jahren in seinem Büro zusammengebrochen war - er hatte Albus so sehr an sich selbst erinnert. Verschwommen sah er den jungen Mannes vor sich. Er war nicht sonderlich liebevoll mit ihm umgegangen, musste er sich heute eingestehen. Damals sah er noch den Todesser in ihm und Snapes Vorwürfe trafen ihn, trafen auf die Vorwürfe, die er sich selbst machte, nachdem er sich James Potters Tarnumhang ausgeliehen hatte. Er hatte zurückgetreten, nicht die Größe besessen, seine Mitschuld zuzugeben. Genauso wie er nicht die Größe besessen hatte, Snapes Tränen zu ertragen. Zu sehr hatten sie ihn an seine eigenen erinnert. Tränen, die er sich selbst schon lange nicht mehr gestattet hatte zu weinen, geschweige denn mit irgendjemanden zu teilen. Ja, seine eigene Beschämung hatte ihm die Wärme versagt, mit der er jedem anderen, der in Tränen aufgelöst vor ihm gesessen hätte, begegnet wäre. Er war kalt zu Severus gewesen, hatte ihn hart angepackt, genauso hart wie er sich selbst anpackte. Anstatt den jungen Mann aufzubauen, hatte er auf ihn eingeredet, hatte mit Lily an sein Gewissen appelliert. Oh Albus erinnerte sich noch zu gut daran, welche Abscheu er empfunden hatte, als Snape ihr Kind wie eine lästige Fliege weggeschnickt hatte. Sein Selbstmitleid, heute würde er es Trauer nennen, waren ihm unerträglich gewesen. Die Vernachlässigung eines unschuldigen Kindes, Salz auf einer brennenden Wunde, hatte in ihm nur Empörung geweckt. Er wollte den jungen Mann mit aller Macht auf den rechten Weg zwingen. Und trotz seines Mitleids, eines Mitleids, zu dem er vielleicht nicht fähig gewesen wäre, wäre er nicht selbst durch den Abgrund der Schuld gewandert, hatte Albus auf ihn eingetreten, nicht erkennend, dass sein Opfer bereits am Boden lag. Hätte er damals nur geahnt, wie es in Severus aussah, wie verletzt diese Seele wirklich war, wie sehr er unter James Potter und seinen Freunden tatsächlich gelitten hatte. Vielleicht – vielleicht wäre er anders mit ihm umgegangen…

Für einen Augenblick beobachtete Dumbledore noch das Licht, das sich dem Schloss allmählich wieder näherte, ihn aus seinen Gedanken riss. Dann richtete er sich wieder auf und hob den Zauberstab. Rote Funken sprühten in die Luft, malten ein glühendes Bild an den nachtschwarzen Himmel. Ein Signal, das weithin sichtbar war. In der Finsternis am Fuße der Schloßmauern hob sich das bleiche Gesicht einer schwarzgekleideten Gestalt zum Firmament empor. Zunächst konnte Severus in der Dunkelheit nicht erkennen, wer die roten Funken über den Horizont geschickt hatte. Dann jedoch nahm er den blassen Schatten auf dem Astronomieturm wahr. Ein kleiner Punkt wie ein weißer Schleier. Der Stoff einer hellen Robe, die er kannte. Sie gehörte dem Schulleiter von Hogwarts - seinem Mentor, seinem Vertrauten. Zumindest hatte Severus ihn einmal für das gehalten. Doch das letzte Schuljahr hatte starke Zweifel in ihm geweckt, ihn letztendlich eines Besseren belehrt.

Was Dumbledore jetzt nur von ihm wollen könnte? Snape hatte nicht die geringste Lust auf ein Gespräch mit ihm. Nicht mehr, seitdem der alte Zauberer zur Krönung aller Kränkungen seinem Erzfeind Sirius Black und zwei Drittklässlern mehr Glauben geschenkt hatte als ihm und das obwohl deren Geschichte hanebüchener Unsinn war. Viel mehr stand ihm der Sinn danach, die Schlossgründe solange nach Black zu durchforsten, bis er ihn finden oder vor Erschöpfung bewusstlos zusammenbrechen würde. So sehr, so sehr brannte er darauf, noch miterleben zu dürfen, wie ein Dementor Sirius seinen Kuss aufdrücken würde, wie dessen Seele aus seinem Körper gesogen würde. Oh, Rache war ein süßes Brot. Und niemand hatte diesen Kuss mehr verdient als Black, Black der Mörder... Er sollte endlich für seine Sünden bezahlen, büßen dafür, Severus selbst fast umgebracht zu haben. Und doch bewog eine innere, unerklärliche Macht Snape dazu, Dumbledores Ruf zu folgen. Die Suche aufzugeben, stattdessen den Astronomieturm zu erklimmen, widerwillig, doch zielgerichtet. Stufe um Stufe um Stufe.

Der Blick des alten Zauberers glitt noch immer über die schlafenden Ländereien, an deren Rändern die Dementoren wachten, als Severus sein Ziel erreichte. Kein Gesicht, nur das wehende Silberhaar und die weiße Robe, schimmernd im Mondlicht, strahlten ihm geisterhaft von der Brüstung entgegen. Wind zerzauste Dumbledores Haar. Hier oben war es immer leicht windig - wenn nicht gerade Stürme über die Plattform brausten.

„Sie wünschten mich zu sehen, Direktor?“, fragte Snape förmlich. In seiner Stimme lagen weder Wut noch Gekränktheit. Sie war kalt und glatt wie ein geschliffener Diamant.
„Ja, das wünschte ich, Severus“, antwortete Dumbledore, ohne sich umzudrehen.
Snape trat ließ die letzte Treppenstufe hinter sich und verharrte. Vollkommene Stille lag über dem Ort, nur durchbrochen von ihrer beider Stimmen.
„Was gibt es?“, sagte Snape kühl.
„Ich fragte mich, ob Ihre Suche nach Sirius Black wohl erfolgreich war. Sie haben ihn doch gesucht, nehme ich an?“. Dumbledore Tonfall klang verräterisch belanglos.
„Sie dürften wissen, dass ich ihn nicht gefunden habe, wo Sie mich doch scheinbar beobachtet haben?“, raunte Snape ihm zu.
„In der Tat, das habe ich“, antwortete Dumbledore
Und für einen Moment herrschte Schweigen zwischen den Männern.
„Was wollen Sie wirklich von mir, Dumbledore?“, fragte Snape schließlich und diesmal war seine Stimme schneidend scharf – ein geschliffener Diamant im Einsatz.
Endlich wandte der Mann in der weißen Robe sich um.
„Mit Ihnen reden, Severus“, sagte er vollkommen ruhig, „Wir hatten in der letzten Zeit einige Meinungsverschiedenheiten und ich würde diese nur ungerne im Raum stehen lassen.“
Noch immer hatte keiner von beiden sich auch nur einen weiteren Schritt auf den anderen zubewegt. Stumm standen sie da, Dumbledore an der Brüstung, Snape an der Treppe und beobachten einander scharf.
„Meinungsverschiedenheiten, ja?“, sagte Snape finster, „So nennen Sie es also, dass Sie ein ganzes Schuljahr über meine Warnungen ignoriert haben, obgleich Black zwei Mal ins Schloss eingedrungen ist, die fette Dame angegriffen hat und die Schüler mit einem Messer bedrohte?!?“
Dumbledore gab einen Seufzer von sich. Der Wind verschluckte ihn, ehe er Snape erreicht hatte.
„Denken Sie nicht, dass ich Ihren Einsatz nicht zu würdigen wüsste, Severus“, sagte Albus sanft, „dass die Kinder heute nach dem Angriff der Dementoren sicher zurück ins Schloss gelangt sind, ist Ihr Verdienst“
„Achja?!?“, sagte Snape hart, „Mein Eindruck ist ein Anderer“
Dann machte er eine Pause.
„Wenn Sie ernst meinen, was Sie sagen, Dumbledore, darf ich annehmen, dass Sie Ihr Urteil bezüglich Blacks Geschichte inzwischen überdacht haben?“
„Ohne Pettigrews Leiche – oder lebend in Persona - werden wir nicht abschließen beurteilen können, was an dieser Version der Geschichte dran ist“, sagte Albus ruhig.
„Sie glauben also noch immer dem Irrsinn, den dieser Wahnsinnige Granger und Potter eingeimpft hat?!?“ Snape konnte seine Wut nicht mehr unterdrücken.
„Was ich glaube“, antwortete Dumbledore, „ist, dass jeder hier im Schloss, der an der Aufklärung dieser Geschichte interessiert ist, mir nach besten Wissen und Gewissen die Wahrheit darüber berichtete, wie er die Geschehnisse erlebte. Die Wirklichkeit, Severus, ist manchmal ein sehr merkwürdiges Ding. Obwohl sie sich allen Menschen gleichermaßen offenbart, sieht doch jedes Auge etwas anderes. Ich schätze Ihre Aussage nicht weniger als die von Miss Granger oder Harry, doch was in der Heulenden Hütte wirklich geschah -“
„Die Wirklichkeit“, brüllte Snape und begrub Dumbledores letzte Worte unter seiner zornbebenden Stimme, „ist, dass dort draußen in den Wäldern irgendwo der Komplize eines flüchtigen Mörders umherstreift, der es auf Potter abgesehen hat! Aber dies scheint Ihnen völlig ja egal zu sein. Seit drei Jahren erwarten Sie von mir, dass ich jemanden beschütze, der sich liebend gerne in Gefahr bringt. Doch anstatt dem Einhalt zu gebieten, anstatt auf meine Warnungen zu hören, legen Sie mir Steine in den Weg, ja fügen Sie selbst noch weitere Gefahren hinzu!“
„Genug!“, unterbrach ihn Dumbledore harsch, „Unterstellen Sie nicht, dass mir Harrys Sicherheit nicht am Herzen läge oder ich Ihren Einsatz für den Jungen nicht anerkennen würde. Ich weiß sehr wohl, was Sie für Harry leisten, Severus und welche Schwierigkeiten dies mit sich bringt. Doch ich habe Ihnen bereits schon einmal erklärt, dass wir den Jungen nicht festbinden können wie einen Wachhund.“
Snape legte das Gesicht in säuerliche Falten. „Wenn das die Wahrheit ist“, raunte er Albus zu, „dann erklären Sie mir, warum Sie Potter noch immer in Schutz nehmen. Ich weiß nicht, wie er es geschafft hat, aber er hat Black zur Flucht verholfen. Und Sie wissen mehr darüber als Sie zugeben, Dumbledore“
„Niemand weiß wie Black heute Nacht entkommen konnte oder wo er sich derzeit aufhält“, antwortete Albus beschwichtigend, „Und solange er nicht wieder hier auftaucht und die Schüler angreift – und ich bin mir sicher, dass er dies nicht noch einmal versuchen wird, nach dem, was heute Abend geschehen ist – wird uns eine Diskussion über die Umstände seiner Flucht nicht weiterbringen. Harry und Hermine jedenfalls waren die ganze Zeit über auf der Krankenstation. Madame Pomfrey hat dies bestätigt.“

Snape verstummte mit einem Schnauben, doch seine Miene blieb unverändert. Für einen Moment wandte Dumbledore sich ab und ließ seinen Blick über die dunklen Schlossgründe schweifen. Die Wahrheit war ein schönes und schreckliches Ding zugleich und etwas, das mit Bedacht behandelt werden sollte. In diesem Fall würde sie zu viel zerstören – Zwietracht säen, Wunden reißen und niemandem zu Nutze sein. Wieder herrschte Schweigen zwischen ihnen.

„Sie haben Potter erzählt, dass sein Vater mein Leben gerettet hätte“, unterbrach Snape nach einer Weile plötzlich die Stille, „Ein Lügenmärchen von einer tollen Heldentat, wo er doch nur seinen Platz an der Schule retten wollte. Wo seine Freunde mich fast in den Tod geschickt hätten! Dumbledore!“
Albus wandte erneut seinen Blick, schaute in das bleiche, gequälte Gesicht Snapes. Die Nacht hatte es in finstere Schatten gelegt. Obwohl der Weg zwischen ihnen kurz war, schien es Albus als trennten sie Meilen.
„Ja, das habe ich, Severus“, antworte er leise, „und wissen Sie auch warum?“
Snape starrte ihn an, sagte nichts. Sein schwarzes Haar wirbelte um das fahle Gesicht, in dem die dunklen Augen brannten.
„Der Junge wollte wissen, warum Sie ihn hassen. Quirrell hatte ihm von der Feindschaft zwischen Ihnen und James Potter erzählt. Er war drauf und dran, Ihnen gründlich zu misstrauen.“
Snape schwieg noch immer. Albus trat einen Schritt auf ihn zu, neigte sich leicht vor.
„Hören Sie, was ich sage, Severus?“, fuhr er eindringlich fort, „Harry Potter misstraute Ihnen. Nur indem ich ihm erzählte, dass sein Vater Ihr Leben gerettet hat und Sie in seiner Schuld ständen, konnte ich dem Jungen erklären, was Sie in für ihn getan haben, sein Vertrauen in Sie wieder herstellen. Sie würden es sich selbst viel leichter machen, wenn-“
Plötzlich blitzen Snapes Augen auf. Er machte eine jähe Bewegung auf Dumbledore zu.
„SIE GABEN MIR IHR WORT!“, rief er erzürnt.
Albus richtete sich wieder zu seiner vollen Größe auf, eine kraftvolle Erscheinung.
„Beim Barte des Merlin, Sie sind wahrlich mit Blindheit geschlagen, Severus! Sehen Sie nicht, dass die Verachtung des Jungen Ihnen gegenüber, sein Misstrauen, die Blüten Ihres eigenes Hasses sind? Wie ein Echo, das zurückhallt! Wenn Harry die Wahrheit wüsste, er würde ganz anders über Sie denken. Wenn Sie nicht bereit sind, einen Schritt nach vorne zu gehen, Sie werden sich noch einmal ganz alleine auf der Welt wiederfinden - ohne einen Freund, der Ihnen die Hand reicht, ohne einen Vertrauten, der Ihnen zuhört, ohne ein weises Wort, das Sie führt.“
Eine Windböe fegte über den Astronomieturm, blies Snape die schwarzen Haare aus dem Gesicht. Er sagte kein Wort. Reglos wie eine Marmorstatue stand er auf der Plattform, nur wenige Meter von Dumbledore entfernt. Das Mondlicht in Albus Rücken umriss scharf die Konturen des alten Mannes, wie er vor der Brüstung stand, hinter der die Mauer des Turms steil in die Tiefe abfiel. Und wieder schwiegen die beiden Männer sich an.

„Ich nehme an“, durchbrach Snape die Stille und sein Gesicht war hart wie Stein, „dass Sie Fudge berichtet haben, welcher Lehrer Black geholfen hat, ins Schloss einzudringen und Potter aufzulauern?“ Der Wind auf der Plattform schien für einen Moment eine beißende Note erreicht zu haben. Mit dem nächsten Atemzug wandte Dumbledore sich um, trat an das Geländer und versenkte seinen Blick wieder auf die schlafende Welt am Fuße des Schlosses.
„Nein, das habe ich nicht“, antwortete er leise, den Rücken gebeugt, den Kopf gesenkt, „ich bin nachwievor von Remus‘ Unschuld überzeugt und dies habe ich auch Cornelius so gesagt.“ Ein Moment, gespannt wie das Seil eines Bogens, folgte. Albus hatte mit vielem gerechnet, doch nicht mit der Stille, die auf einmal hinter seinem Rücken einsetze. Langsam wandte er sich um. Severus stand vor dem Treppenaufgang, abermals wie zu einer Salzsäule erstarrt. Sein fahles Gesicht war ausdruckslos, doch die dunklen Augen blitzten bedrohlich und voller Hass. „Sie glauben viel zu sehr an das Gute im Menschen, Dumbledore“, sprach er kalt, „Wenn Sie die Schüler nicht vor Lupin schützen, dann ich. Morgen um diese Zeit, das schwöre ich Ihnen, wird ganz Hogwarts Bescheid wissen.“ Und mit einem Ruck wirbelte Snape zur Treppe herum und verschwand in der Tiefe.

Albus folgte ihm nicht. Er versuchte nicht, Snape aufzuhalten, ließ ihn gewähren, so schwer sein Herz Remus wegen dabei auch war. Denn er wusste, jedes weitere Wort würde Severus noch mehr kränken, ihn noch mehr bestätigen in seinem Gefühl, nicht wertgeschätzt zu werden. Konnte er es ihm verdenken? Seine Reaktion war nur allzu verständlich. Niemand mochte das Gefühl, dass seinem Wort nicht geglaubt würde, dass sein Einsatz nicht honoriert würde, dass die Welt sich gegen ihn verschworen und seine Freunde sich mit seinen Feinden verbündet hatten. Erschöpft stütze Dumbledore sich am Geländer der Brüstung ab und blickte hinaus aufs Land. Vielleicht war dies der Preis, den er für einen alten Fehler zu bezahlen hatte. Den Fehler, sich um den blassen Jungen aus Slytherin nicht genügend gekümmert zu haben - achtzehn Jahre zuvor.

Tagelang war die Stimmung zwischen Ihnen angespannter als jemals zuvor. Es brauchte Dumbledores gesamtes diplomatisches Geschick, um die Wogen zwischen Ihnen wieder zu glätten. Und auch wenn Snape, nachdem er seine Rache gehabt hatte, Albus verziehen zu haben schien - ein dunkler Fleck der Erinnerung an die Geschehnisse ließen sich doch aus dem Gedächtnis beider Männer nicht mehr herauswaschen. Das Schuljahr ging und mit ihm Remus Lupin. Doch die Sommerferien versprachen alles andere als langweilig werden. Große Ereignisse in Großbritannien und in Hogwarts warfen ihre Schatten voraus. Als die Schüler in Hogsmeade mit gepackten Koffern den Zug mit der scharlachroten Lock bestiegen, ahnte noch niemand, dass über ihnen selbst dunkle Schatten hängen sollten…


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