von käfer
Vorab: @schildies: Welcome back! Du hast "den Daumen drauf", wie man so schön sagt...
@puroduroo: Ich weiß nicht, wie es sich anfühlt, wenn man sich plötzlich im Kino sieht, aber die gute Rita wird ganz schön geschluckt haben (falls sie den Mut hatte, zu gehen, was ich nicht weiß).
Es rumpelte im Kamin. Rita fluchte und sprang auf. Sie hatte vergessen, den Flohzug zu schließen. Jetzt konnte praktisch jedermann in ihr wie eine Indianerhütte eingerichtetes Wohnzimmer treten.
Es war zu spät. Zwei Füße trafen auf das Rost, die darüber befindlichen Knie knickten ein, eine Gestalt plumpste auf das Grizzlyfell, das vor dem Kamin lag, und wurde von einem staubgrauen Umhang bedeckt.
Rita machte sich auf ein Duell gefasst und zielte mit dem Zauberstab auf die sich langsam hochrappelnde Person, ließ den Stab aber sinken und schloss rasch den Flohzug, als sie sah, wer da angekommen war. „Ken, was machst du denn hier? Woher wusstest du...?“
Kenneth Kimmkorn hievte sich auf seine Füße und hustete trocken.
„Hallo Rita, meine Süße! Ich dachte, ich komme mal bei dir vorbei. Wie geht´s denn so? Hättest dich ruhig mal melden können nach deiner Rückkehr aus dem gelobten Land.“
Rita musterte ihren Zwillingsbruder von oben nach unten und von unten nach oben. Ken war über und über mit Kaminstaub bedeckt. Die Kleidung war etwas fadenscheinig und die Schuhe alt und abgetreten. Ungeniert klopfte sich Ken den Dreck aus den Kleidern, besaß aber immerhin den Anstand, alles wegzuzaubern.
„Ich hatte keine Ahnung, wo du dich versteckt hast. Und ganz ehrlich, bisher hatte ich überhaupt noch keine Zeit, mich nach dir umzusehen, war voll und ganz damit beschäftigt, mich hier einzurichten und ins Stadtleben zurückzufinden. In der Prärie ticken die Uhren ´n bisschen anders, weißt du?“
„Na, jetzt bin ich jedenfalls da.“
Rita bot ihrem Bruder Tee und Gebäck an. Ken griff zu, als hätte er seit Tagen nichts mehr gegessen.
So richtig passte es Rita nicht, dass Ken ausgerechnet jetzt bei ihr auftauchte. Wahrscheinlich wollte er sich wieder mal einnisten und wenn er sich nicht vollkommen geändert hatte, ließ er sich bedienen und sie würde ihn rausekeln müssen, wenn sie ihre Ruhe haben wollte. Eigentlich hatte Rita vor, geruhsam an ihrem Buch über die letzten indianischen Schamanen zu arbeiten und vielleicht hier und da mal einen Artikel bei der „Hexenwoche“ abzuliefern und ansonsten das Leben und den Gewinn aus der amerikanischen Lotterie zu genießen. Doch weder über ihre Arbeit noch über ihr Einkommen wollte sie Ken informieren; sie hatte früher genügend schlechte Erfahrungen mit ihrem faulen Bruder gemacht. Rita ärgerte sich, dass sie vergessen hatte, den Flohzug zuzumachen.
Da ging Ken auch schon zum Angriff über: „Und, Schwesterchen, was treibst du so? Was tust du den lieben langen Tag?“
Rita nahm einen Schluck Tee und antwortete bedächtig: „Ach, im Moment bin ich noch auf Arbeitssuche. Wahrscheinlich werde ich mich irgendwo als Schreiberling verdingen müssen. Vielleicht bewerbe ich mich auch in irgendeiner Buchhandlung oder so. Und du? Womit hast du dich in den letzten Jahren über Wasser gehalten? Hast du endlich den großen Treffer landen können? Hattest du nicht irgendein dickes Ding vor, einen Internatsroman um Snape und Potter oder so was?“
Ken winkte ab. „Hatte ich. Habe ich auch durchgezogen. Aber das Weib hat mich gelinkt und steckt alles selber ein. Sauerei ist das.“
„Red mal Klartext!“, forderte Rita. Sie konnte sich beim besten Willen nicht vorstellen, dass Kenneth Kimmkorn ein angefangenes Projekt zu Ende führte. „Wer hat dich wie gelinkt? Und was hast du durchgezogen?“
„Na die Harry-Potter-Bücher, über die jetzt alle reden. Die sind in Wirklichkeit von mir! ICH hab dem Potter eine Wanze mit Kamera in die Brille gesetzt, schließlich bin ich Geheimagent. Dann hab ich mich von Dumbledore als Schulschreiber einstellen lassen und eine Empfangsanlage installiert. Die hat alles aufgezeichnet, was Potter gesagt, gehört und gesehen hat. Die Aufzeichnungen habe ich meiner Muggelfreundin gegeben. Zur Sicherheit habe ich in ihrem Geist alle Erinnerungen an mich ausgelöscht – das war mein Fehler. Sie glaubt leider felsenfest, sie habe sich die Geschichten selber ausgedacht, dabei brauchte sie bloß das Gehörte aufzuschreiben und die langweiligen Teile rauszumachen. Na ja, ich hatte gehofft, dass ich wenigstens bisschen was abbekomme von dem dicken Kuchen, aber – nix. Und getrennt haben wir uns inzwischen auch.“
Rita stand der Mund offen. In ihrem Kopf schrillten sämtliche Alarmglocken. Wenn sie Ken jetzt gehen ließ…
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