von Loup
Als wir wieder unseren heimischen Fuchsbau erreichten, waren wir alle braun gebrannt, gut erholt und bestens gelaunt. Doch dies sollte nicht lange anhalten. Kaum, dass wir die Koffer ausgepackt hatten, trudelten auch schon die ersten Eulen ein und die Urlaubsstimmung war dahin.
Dad wurde darüber informiert, dass Sirius Black aus Askaban geflohen war. Zwar verstand ich, dass dieser Sirius Black wohl ein sehr gefährlicher Zauberer war, doch ich konnte nicht nachvollziehen, warum mein Dad einen bedeutungsschweren Blick mit meiner Mum tauschte und sie uns daraufhin kurzerhand aus dem Zimmer warf.
Doch ich wäre nicht die Schwester von Fred und George Weasley, wenn ich mich dadurch hätte abbringen lassen, die Informationen zu bekommen, welche ich haben wollte. Meine Brüder hatten nichts mitbekommen und trotteten erschöpft von der Rückreise in ihre Zimmer. Ich jedoch schlich mich an die Tür und begann zu lauschen. Was ich dort hörte ließ mich unweigerlich erschauern. Sirius Black war der Pate von Harry. Er war es, der damals Harrys Eltern an Tom Riddle verraten hatte! Und er war aus Askaban ausgebrochen, um Harry zu jagen...
Hatte dieser Junge denn nicht schon genug durchgemacht? Erneut schwebte er in Gefahr, ohne etwas davon zu wissen. Doch damit nicht genug. Harry hatte es doch tatsächlich geschafft, eine Verwandte wie einen Ballon aufzublähen und war dann Hals über Kopf geflohen. Nicht ahnend, welcher Gefahr er sich damit aussetzte... Dad war heilfroh, dass der Zaubereiminister ihn erwischte, als er am Tropfenden Kessel aus dem Fahrenden Ritter stieg... Ich hatte genug gehört. Leise schlich ich mich in mein Zimmer. Das letzte was ich mitbekam war, dass Mum Dad das Versprechen abrang, Harry vorerst nichts davon zu erzählen.
In dieser Nacht fiel ich in einen unruhigen Schlaf. Ich sah Harry durch eine Straße rennen, verfolgt von einer dunklen Gestalt mit glühenden Augen... Dementsprechend blass saß ich dann auch am nächsten Morgen am Frühstückstisch. Mum musterte mich besorgt. „Du wirst dich doch hoffentlich nicht erkältet haben?", fragte sie mich. „Wir wollten heute eigentlich in die Winkelgasse eure Schulsachen kaufen und uns mit Harry treffen. Er wohnt für die restlichen Ferientage in einem Zimmer im Tropfenden Kessel. Wir werden die letzte Nacht ebenfalls dort verbringen, doch wenn du krank wirst, dann werde ich mit dir hier bleiben!"
Rasch richtete ich mich auf und versicherte meiner Mum, dass es mir gut ginge. Die Aussicht, am selben Tag noch Harry wieder zu sehen, gab auch meinem Gesicht etwas von seiner natürlichen Farbe zurück. Ich bemühte mich, meiner Mum keine weiteren Anzeichen für eine Krankheit zu geben und schließlich gelangten wir über den Kamin in den Tropfenden Kessel. Ich war ziemlich aufgeregt und wäre am liebsten sofort hoch zu seinem Zimmer gestürmt, doch Tom der Wirt meinte, Harry wäre in der Winkelgasse unterwegs.
Also brachen auch wir auf und erledigten unsere Einkäufe, wobei ich mehr die Straße im Auge behielt und inständig hoffte, Harry zu entdecken. Doch ich hatte kein Glück. Wir hatten alles notwendige gekauft. Es fehlten lediglich noch neue Umhänge für mich. Mum entließ meine Geschwister als wir Hermine trafen, die mit Ron loszog um nach Harry zu suchen und ich ging mit meinen Eltern zu Madam Malkins. So war es auch nicht verwunderlich, dass es Hermine und Ron waren, die Harry schließlich in einem Eiscafe fanden.
Auf dem Rückweg sammelten Mum und ich dann noch die Zwillinge und Percy ein und kurz darauf erreichten wir, mit Tüten beladen, den Tropfenden Kessel. Als ich dort Harry erblickte, der mit Hermine und Ron bei Dad an einem der Tische saß, drohten mir meine Tüten aus der Hand zu rutschen. Rasch umfasste ich sie fester. Als Harry sich zu uns umwandte und mich erblickte senkte ich rasch beschämt den Blick. Ich spürte, wie mein Kopf die Farbe einer überreifen Tomate annahm, als ich daran dachte, dass ich ohne Harry jetzt nicht hier stehen würde... Mit gesenktem Blick murmelte ich ein kurzes „Hallo.", doch Percy war bereits nach vorne gestürmt um Harry überschwänglich zu begrüßen.
Ich hob den Kopf und sah, wie Harry sich ein Lachen verkneifen musste. Die Zwillinge ließen es sich natürlich nicht nehmen Percy nachzuahmen und begrüßten nun ebenfalls Harry, als ob sie ihn nie zuvor gesehen hätten. Doch Mum beendete das amüsante Schauspiel. Auch sie begrüßte Harry um gleich darauf stolz zu verkünden, dass Percy nun Schulsprecher sei. „Der zweite Schulsprecher in der Familie.", strahlte sie mit vor Stolz geschwellter Brust.
Fred und George ließen daraufhin keinen Zweifel aufkommen, dass Percy auch der letzte Schulsprecher der Familie bleiben würde. Ich musste bei ihrem Wortgefecht mit Mum grinsen und mein Herz machte einen Hüpfer, als ich auch Harry lachen sah.
Nachdem ich meine Schulsachen verstaut hatte, war ich die erste, die zum Abendessen wieder unten war. Ich wollte gerade den Salon betreten, als mich die Stimmen meiner Eltern inne halten ließen: „Molly, denkst du nicht, er sollte es erfahren? Ich weiß, dass er noch jung ist. Doch er ist schon mit so vielem fertig geworden...", hörte ich die zweifelnde Stimme meines Vaters. „Ebendarum, Arthur. Er musste schon so viel Leid ertragen, warum sollte man ihm das Leben unnötig noch schwerer machen?", Mums Stimme klang besorgt. „Ich will doch aber nur, dass er auf sich Acht gibt... Ich glaube kaum, dass er seine Verwandten verlassen und alleine durch die Nacht gestromert wäre, wenn er gewusst hätte, wer Sirius Black ist und das er hinter ihm her ist.", doch er verstummte plötzlich, als Geräusche von mehreren Personen nach unten drangen, die die Treppe hinabstiegen...
Auch ich konnte meine Brüder hören. Wie ich meine Eltern kannte war das Thema damit jedoch noch nicht ausdiskutiert. Insgeheim gab ich meinem Dad recht, Harry musste davon erfahren... Nur wie? Das gemeinschaftliche Abendessen war eine vergnügliche Angelegenheit, doch ich folgte den Gesprächen nur halbherzig. Vielmehr war ich damit beschäftigt einen Plan auszutüfteln, wie Harry von der drohenden Gefahr erfahren könnte...
Meine Gelegenheit kam, als Mum die Tafel aufhob, nachdem Percy Ron angeschwärzt hatte, er hätte seinen Koffer noch nicht gepackt. Ohne lange zu überlegen fischte ich ein kleines Fläschen aus Rons Umhangtasche, welches er für seine kränkelnde Ratte gekauft hatte und platzierte es unauffällig unter dem Tisch. Ich hatte den Blick bemerkt, den meine Eltern getauscht hatten und wusste, dass sie die Sache weiter ausdiskutieren würden, sobald wir oben waren. Jetzt musste ich nur dafür sorgen, dass Ron Harry darum bat, die Flasche zu holen...
Doch ich wäre nicht die Schwester von Fred und George Weasley, wenn ich nicht auch dafür bereits einen Plan gehabt hätte. Ich gähnte theatralisch und erhob mich als erste von der Tafel. Rasch schlüpfte ich aus dem Salon und beeilte mich die Treppe hinaufzukommen. Eilig betrat ich das Zimmer, welches sich Ron mit Percy teilte. Jetzt musste es schnell gehen, ich konnte bereits Stimmen vom Fußende der Treppe hören. Ein goldenes Funkeln lenkte meine Aufmerksamkeit auf sich. Auf Percys Nachttisch lag sein Schulsprecherabzeichen! Mit einem Grinsen auf dem Gesicht steckte ich es in meine Tasche und verließ unauffällig das Zimmer.
Im Schatten eines Wandvorsprunges blieb ich stehen und wartete, bis meine Brüder, Hermine und Harry in ihren Zimmern waren. Kaum war die letzte Tür ins Schloss gefallen, schlich ich auf Zehenspitzen zum Zimmer der Zwillinge und klopfte an.
Als ich die Tür öffnete, blickten mich meine Brüder überrascht an. „Ginny, was verschafft uns die Ehre?", lächelte George. „Ich habe jetzt keine Zeit es zu erklären, aber ich habe hier etwas für euch, was ihr bestimmt nützlich finden werdet, also macht was daraus!", ich zwinkerte ihnen zu und warf das Schulsprecherabzeichen auf eines ihrer Betten. Mit großen Augen blickten sie von dem Abzeichen zu mir und auf ihren Gesichtern bildete sich ein fettes Grinsen. „Du kannst dich auf uns verlassen, Schwesterherz!" Ich wünschte ihnen viel Erfolg und schlüpfte wieder hinaus auf den Flur.
Ich konnte bereits ein zorniges Stimmengewirr aus dem Zimmer von Ron und Percy hören, als plötzlich die mir am nächsten gelegene Tür geöffnet wurde und Harry mit einem neugierigen Gesichtsausdruck in Richtung der Lärmquelle lief. Rasch hatte ich mich in den Schatten der Tür gedrückt, doch er hatte mich nicht bemerkt. Auf Zehenspitzen schlich ich leise hinter ihm her.
Die Tür zum Zimmer von Percy und Ron stand einen Spalt offen und ich konnte die aufgebrachte Stimme von Percy hören: „Es war hier auf dem Nachttisch. Ich habe es zum Polieren abgenommen!" „Ich habe es nicht angerührt, klar?!", brüllte Ron nicht minder aufgebracht zurück. Ich sah wie Harry die Tür aufzog und hörte wie er fragte was denn los sei. „Mein Schulsprecherabzeichen ist verschwunden!", antwortete Percy. „Und Krätzes Rattentonikum auch! Vielleicht habe ich es unten vergessen.", schnitt Ron Percys Worte ab. Hinter meinem Rücken kreuzte ich meine Finger und hoffte, mein Plan würde aufgehen.
„Du gehst nirgendwohin, bis du mein Abzeichen gefunden hast!", polterte Percy nun. „Ich hole das Zeug für Krätze, ich hab schon gepackt.", antwortete Harry und mein Herz machte einen Hüpfer, als er das Zimmer der Streithähne verließ und nach unten ging. Im schummrigen Licht des Flures folgte ich ihm, blieb jedoch auf der Hälfte der Treppe stehen, damit er mich nicht entdecken konnte. Ich sah, wie er in der Mitte des Durchganges plötzlich stehen blieb, als er ein weiteres Paar zorniger Stimmen hörte. Panisch bemerkte ich, dass er bereits ansetzte einfach weiter zu gehen, doch dann erklang sein Name und er näherte sich leise der Tür zum Salon. Mein Plan war aufgegangen! Grinsend schlich ich wieder die Treppe hinauf.
Im Flur angekommen erblickte ich die Zwillinge die sich vor Lachen kugelten, während sie den Streit zwischen Percy und Ron verfolgten. Grinsend hielten sie mir das Abzeichen entgegen, auf dem statt ´Schulsprecher´ jetzt ´Großsprecher´ stand. Ich gratulierte ihnen und schlich dann in das Zimmer, welches ich mir mit Hermine teilte. „Was ist denn da draußen für ein Krach?", fragte sie mich, während sie ihren Koffer schloss. „Ach, die Zwillinge haben das Schulsprecherabzeichen von Percy geklaut und der beschäftigt jetzt Ron um es zu finden.", grinste ich und Hermine schüttelte nur mit dem Kopf.
Doch als ich in meinem Bett lag und an die Decke starrte verging mir mein Grinsen, als ich daran dachte, wie Harry sich jetzt wohl fühlen würde. Hoffentlich machte er sich nicht zu viele Gedanken. Und mit den Gedanken bei Harry, schlief ich schließlich ein.
Wenn Du Lob, Anmerkungen, Kritik etc. über dieses Kapitel loswerden möchtest, kannst Du einen Kommentar verfassen.
Zurück zur Übersicht - Weiter zum nächsten Kapitel
